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| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-02-05 21:06:34 -0800 |
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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - -Title: Ein Tag / Ivar Bye - Zwei Erzählungen - -Author: Bjørnstjerne Bjørnson - -Translator: Maria von Borch - G. I. Klett - -Release Date: May 7, 2016 [EBook #52016] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE *** - - - - -Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - Kleine Bibliothek Langen Band 58 - - Björnstjerne Björnson - - - - - Ein Tag - Ivar Bye - - - Zwei Erzählungen - - Einzige berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen - von - Maria von Borch und G. I. Klett - - Albert Langen - Verlag für Litteratur und Kunst - München 1903 - - - - - Inhalt - - - Seite - Ein Tag 9 - Ivar Bye 95 - - - - - Ein Tag - - - Deutsch von Maria von Borch - - - I - -Man nannte Ella gewöhnlich »die mit dem Zopf«. Aber wie dick der Zopf -auch war, -- hätte ihn eine getragen, die minder hübsch, minder -freundlich und unbefangen gewesen, so würde kaum jemand ihn bemerkt -haben; das muntere Leben, das er da hinten für sich allein lebte, wäre -dann mit Schweigen übergangen worden. Und das, trotzdem er der dickste -Zopf war, den irgend jemand dort in der kleinen Stadt je getragen hatte. -Vielleicht nahm er sich auch stärker aus, als er war, weil Ella selbst -klein war. Wie weit er hinunter reichte, kann man nicht gut sagen; er -reichte ein gutes Stück bis unter die Taille, ein _sehr_ gutes Stück -sogar. Seine Farbe war unbestimmt, und folglich auch unnennbar. Sie fiel -ein wenig ins Rötliche; aber dort in der Stadt pflegte man zu sagen, er -sei blond, und dabei können wir ja bleiben, da wir die Mittelfarben -nicht besonders zu bezeichnen pflegen. Das Gesicht zeichnete sich durch -seine weiße Haut aus, war hübsch geformt mit geraden Zügen von der Stirn -bis zum Kinn, hatte einen kurzen, aber vollen Mund und selten -unbefangene Augen. Sie hatte bei ihrer Kleinheit eine starke Figur, aber -etwas zu kurze Beine; um so schnell vorwärts zu kommen, wie sie ihrer -Natur nach mußte, hatte sie sich einen raschen Trab angewöhnen müssen. -Dies Rasche hatte sie übrigens bei allem, was sie vornahm, und daher -hatte der Zopf es auch wohl eiliger, als Zöpfe es gewöhnlich haben. - -Ihre Mutter war die Witwe eines Beamten, hatte ein kleines Vermögen -neben ihrer Pension und wohnte in ihrem eigenen kleinen Hause, dem Hotel -gegenüber, gleich am Marktplatz der Stadt. Sie war eine von den Stillen; -der Mann war ihre Bestimmung, ihr Stolz, ihr Licht gewesen. Als sie ihn -verlor, wich der Lebensmut von ihr; sie kroch in religiösen Grübeleien -in sich zusammen. Da sie aber nicht herrschsüchtig war, ließ sie ihr -einziges Kind der eigenen Natur folgen, welche der des Vaters glich. Die -Mutter verkehrte mit niemandem, als mit einer älteren Schwester, die auf -einem großen Gute, ein Stück von der Stadt entfernt, ansässig war; aber -Ella durfte Gefährtinnen von der Schule, von Bootfahrten, vom -Schlittschuhlaufen, Skifahren, ins Haus bringen; diese blieben übrigens -beständig dieselben. Ihrer Wahl haftete eine angeborene Vorsicht an, -ihre Lebhaftigkeit wurde durch den Umgang mit der Mutter und die Stille -des Hauses gedämpft. Es lag also in ihr, daß sie munter und leicht, ohne -Lärmen, war -- ziemlich unbefangen, aber mit Herrschaft über sich, und -daher achtsam. - -Um so wunderlicher war das, was ihr passierte, als sie im Heranwachsen -war, so ungefähr vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Sie begleitete ein paar -Freundinnen in ein Konzert, das der Gesangverein der Stadt und ein paar -Dilettanten zu Weihnachten für die Armen gaben. In diesem Konzert sang -Axel Aarö »Schlaf in Ruh!« von Möhring. Wie allgemein bekannt, leitet -ein gedämpfter Männerchor den Gesang ein; er breitet Mondenschein vor -ihm aus, und immer mehr Mondenschein, und darin kam Aarö's Stimme mit -langen Ruderschlägen daher. Die Stimme war ein voller, runder -Baßbaryton, an dem die Leute großes Behagen fanden. Ohne Riß und ohne -Fehl, hätte man ihn gerade wie eine Schnur von dort nach Wien spannen -können. Aber Ella hörte aus dieser gleichmäßigen Stimme noch eine zweite -heraus, einen Nebenklang von Schwäche oder Schmerz, und sie meinte, alle -müßten ihn hören. Eine Bewegung im innersten Innern, eine rührende -Vertraulichkeit, die sie ums Herz faßte und sagte: »Trauer! O Trauer ist -das Los meines Lebens! Ich kann nicht dafür, ich bin verloren!« Ehe sie -sich's versah, war sie nahe am Weinen. Etwas Eindringlicheres als diese -Stimme war ihr noch nicht vorgekommen. Von Ton zu Ton stieg es: sie -verlor die Macht über sich und merkte es nicht. Er stand dort so -hochgewachsen, schlank, der blonde, weiche Bart fiel auf die Brust -herab; der Kopf war klein mit großen, schwermütigen Augen, Geschwistern -der Stimme; auch auf dem Grunde der Augen lag etwas, das sagte: »Trauer, -Trauer!« Diese Schwermut in den Augen hatte sie vorher schon gesehen, -hatte aber nicht gewußt, was sie sah, bis jetzt, wo sie die Stimme -hörte. Und die Thränen wollten heraus. Sie durften nicht. Sie sah sich -um; sonst weinte niemand; sie preßte die Zähne zusammen, drückte die -Arme an den Körper und die Kniee zusammen, so daß es schmerzte, ja, sie -bebte. Weshalb in aller Welt mußte dies gerade ihr und keinem andern -geschehen? Sie drückte das Taschentuch an den Mund und jagte ihre -Gedanken hinaus bis an die äußerste Scheereninsel, wo sie den Leuchtturm -hatte aufleuchten und wieder verlöschen und die See jedesmal voll -Gespenster gesehen hatte. Aber nein! Sie kehrten wieder zurück zu ihr, -dort wollten sie nicht bleiben. Das Taschentuch, die Hände, warnende -Augen vermochten das erste Schluchzen nicht aufzuhalten, das -hervorbrach! Vor den entsetzten Augen aller stand sie auf, kam schnell -und behende hinaus und ließ sich dort gehen. Niemand folgte ihr, niemand -wagte, sich zu ihr zu bekennen. - -Du, der du dies liest, begreifst du, wie entsetzlich es war? Warst du -einmal in solch einem -- beinahe hätte ich geschrieben, »stillen« -Konzert in einer norwegischen Küstenstadt von halb pietistischer Zucht? -Männer sind beinahe keine da; entweder liegt die Musik den Männern in -den Küstenstädten nicht, oder sie sind hier im Klub in einem andern Raum --- am Billard, am Kartentisch, in der Restauration, bei Punsch und -Zeitungen. Einige von ihnen sind einen Augenblick heraufgekommen und -stehen hinten an der Thür; stehen wie Leute, die zum Hause gehören und -sich die Gäste ein wenig ansehen wollen. Oder es sitzt wirklich hie und -da eine Mannsperson auf der Bank, und ist zwischen die buntscheckige -Unterrocks-Rinde eingeklemmt wie ein abgebrochener Zweig; oder es sind -ein paar Exemplare an der Wand entlang festgeklebt wie vergessene -Paletots. - -Nein, was sich zum Konzert einstellt, das sind die Harems der Stadt. Die -älteren Einwohnerinnen der Harems, um unter holdem Text und beweglicher -Musik noch einmal wieder zu träumen, was sie einst selbst zu sein -geglaubt, und was sie damals glaubten, daß ihrer harrte. Dort oben kennt -man sie eigentlich besser, als hier unten; wenn auch ein bißchen -Küchengeruch, ein wenig Hauslärm in die Träume hineinschlägt -- das -stört nicht. - -Die jüngeren Bewohnerinnen des Harems träumen, daß sie so sind, wie die -älteren gewesen zu sein glauben und daß _sie_ sicher ein wenig von dem -erreichen werden, was die älteren nicht erreichten. _Sie_ wissen gut -Bescheid über das Leben. In _einem_ gleichen sich beide Alter, sie sind -von praktischer Abstammung in kleinen Verhältnissen; sie trauen sich -nicht zu weit fort. Sie sind so vollkommen darüber im Reinen, daß das -Leuchten, welches aus dem Text und den Tönen größerer Geister auf sie -herabfällt, nicht vollständig Ernst ist, sondern ein bißchen »von allem -möglichen«. - -Wenn daher eine einzelne es allzu ernst nimmt und anfängt zu flennen -- -du lieber Gott, im frivolen Leben nennt man es Albernheit, im -öffentlichen heißt es, sich bloßstellen. - -Ella hatte sich bloßgestellt. - -Ihr eigener Schrecken kannte kaum irgendwelche Grenzen. Von allen -Mädchen, mit denen sie verkehrte, war sie diejenige, der die Tränen am -schwersten kamen, davon war sie überzeugt. Sie fürchtete es wohl so gut -wie irgend eine, daß man sie ansah und besprach. Was in aller Welt war -daher dies? Sie liebte Musik, sie spielte Klavier; aber für besonders -musikalisch begabt hielt sie sich nicht. Weshalb mußte denn gerade sie -so seltsam von einem Gesang gepackt werden? - -Was mußte er von dem halberwachsenen Mädel denken? Dies letztere quälte -sie am meisten. Hierüber wagte sie sich zu keiner lebenden Seele -auszusprechen. Das Erstaunen der meisten begnügte sich damit, daß sie -krank gewesen sei; sie blieb eine Zeitlang nachher auch zu Hause und war -bleich, als sie wieder ausging. Die Freundinnen neckten sie, aber sie -ließ es unbeachtet. - -In diesem Winter wurden mehrere Kinderbälle abgehalten. Der vierte in -der Reihe war bei »Arnesens an der Ecke«, und Ella war auch dort. Der -Ball war bis zum Ende der zweiten Française gekommen, als sie flüstern -hörte: »Axel Aarö! Axel Aarö!« Und da stand er in der Thür mit drei -andern jungen Herren hinter sich. Die Hausfrau war seine ältere -Schwester. Die vier jungen Herren kamen von einer Spielgesellschaft; sie -wollten zusehen. - -Ella fühlte, daß sie wie mit Glut übergossen war; zugleich fühlte sie -eine Schwäche in den Knieen, als wollten sie zusammenknicken. Sie -begriff es nicht recht, fühlte aber große Augen auf sich gerichtet. Sie -war ganz in eine Falte ihres Kleides vertieft, die nicht in derselben -Linie fiel wie die anderen, da stand er vor ihr und sagte: »Sie haben -doch einen herrlichen Zopf.« Die Stimme überschüttete diesen gleichsam -mit Goldstaub. Er hob die Hand, als wolle er ihn berühren, statt dessen -aber führte er sie an seinen Bart. Als er ihre tiefe Verlegenheit -bemerkte, wollte er nicht länger stehen bleiben und wandte sich ab. - -Später fühlte sie seine Blicke noch mehreremal; aber er kam nicht mehr -zu ihr. Die andern Herren nahmen teil am Tanz, Aarö tanzte nie. Er hatte -etwas im Wesen an sich, das in seiner Weise das Angenehmste war, was sie -kannte. Eine zurückhaltende Vornehmheit, ein Stil im Auftreten, eine -rücksichtsvolle, langsam zögernde Art, wohl auch die einzige Art, die -sie verstanden haben würde. Sein Gang machte den Eindruck, als halte er -die Hälfte seiner Kraft zurück, und so war es in allem. Er war -hochgewachsen; der kleine, etwas schmale Kopf saß auf einem ziemlich -hohen Hals, die Schultern waren nicht breit; aber bis jetzt hatte sie -nie die Weise beachtet, wie er Kopf und Oberkörper drehte, noch hatte -sie gewußt, daß etwas beinahe Musikalisches darin liegen könne. - -Was hiernach geschah, und das Zimmer, in dem es geschah, alles floß -zusammen in Licht. Aber mit einem Mal war es nicht mehr so. Gleich -darauf hörte sie auch: »Wo ist Axel Aarö? ist er fortgegangen?« - -Er war in diesem Winter nicht lange zu Hause. Er war zwei Jahre in Havre -gewesen und kam gerade von dort; nun wollte er auf zwei Jahre nach Hull. - -Bis jetzt war die Musik eine liebe Beschäftigung für Ella gewesen; -besonders hatte sie Harmonieen geliebt und sie gesucht. Jetzt gab sie -sich den Melodieen hin. Sie hatte dem Klange gelauscht und sich darin -versucht. Jetzt wurde die Musik zur Sprache. Sie selbst sprach darin, -oder jemand sprach zu ihr. - -Außer all den Leuten, die in einer Gesellschaft waren, war von jetzt ab -immer _noch_ einer da. Nie mehr allein, nicht auf der Straße, nicht zu -Hause. Und der Zopf war das heilige Zeichen geworden. - -Im Frühling begegnete Frau Holmbo ihr auf der Straße. Ella kam mit -ihrem Psalmbuch in der Hand vom Prediger. »Gehen Sie zum -Konfirmationsunterricht?« -- »Ja.« -- »Ich habe einen Gruß für Sie. -Können Sie raten, von wem?« -- Nun war Frau Holmbo eine Freundin von -Axel Aarö's Schwester und beständig mit der Familie zusammen. Ella wurde -rot und konnte nicht antworten. »Ich sehe schon, Sie wissen, von wem,« -sagte Frau Holmbo, und noch roter wurde Ella. Mit einem Lächeln, das -ziemlich überlegen war -- und davon hatte die schönste Dame der Stadt im -Überfluß -- sagte sie: »Axel Aarö schreibt nicht gern. Jetzt bekamen wir -den ersten Brief nach seiner Abreise. Aber darin schrieb er, wenn wir -»die mit dem Zopf« sähen, sollten wir sie von ihm grüßen. Sie hat bei -Möhrings Lied geweint; das hättet ihr andern auch tun können, schreibt -er.« - -Die Tränen kamen Ella in die Augen. »Na, na,« tröstete Frau Holmbo, -»dabei ist doch nichts Böses.« - - - II - -Zwei Jahre später, im Winter, kam Ella mit ihren Schlittschuhen in der -Hand hurtig vom Eise herauf. Sie hatte zum erstenmal die neue -anschließende Jacke an; es war wirklich hauptsächlich diese, die sie -hinaus getrieben hatte. Der Zopf kam munter unter der grauen Mütze -hervor, er war dicker und länger denn je; es ging ihm vortrefflich. - -Sie machte wie immer einen Umweg bei »Andresens an der Ecke« vorbei; das -Haus zu sehen genügte ihr. - -Und gerade, als ihr Auge auf das Haus fiel, stand Axel Aarö in der Tür. -Er kam langsam die Treppe herunter; er war wieder zu Hause! Der blonde -Bart fiel zierlich auf das schwarze Pelzwerk, die Pelzmütze bedeckte die -kurze Stirn ganz und gar, so daß sie die Augen einrahmte, die großen -anziehenden Augen. - -Sie sahen sich an, sie mußten aufeinander zu, an einander vorübergehen; -er lächelte, indem er an die schwarze Pelzmütze griff, und sie -- blieb -stehen und knixte wie ein Schulmädchen im kurzen Kleidchen! - -Seit zwei Jahren war sie nicht stehen geblieben, hatte nicht anders, als -mit dem Kopfe gegrüßt, ja, wie jede erwachsene Dame; wer klein ist, hält -mehr als andere auf dieses Vorrecht. Aber vor ihm, vor dem sie am -liebsten erwachsen sein wollte, vor ihm blieb sie stehen und knixte, wie -damals, als er sie zuletzt gesehen! Noch von diesem Unglück verwirrt, -stürzte sie in ein zweites hinein. Sie sagte sich: »Sieh dich nicht um! -Halt dich stramm, sieh dich nicht um, hörst du!« -- Aber an der Ecke, -als sie gerade umbiegen mußte, kehrte sie sich doch um -- und sah ihn -dasselbe tun! Von diesem Augenblick an gab es keine Menschen, keine -Häuser, nicht Zeit, nicht Ort mehr. Sie wußte nicht, wie sie sich nach -Hause fand, oder weshalb sie auf ihrem Bette lag, das Gesicht ins Kissen -vergrub und weinte. - -Vierzehn Tage darauf große Jugend-Gesellschaft im Klub. Axel Aarö zu -Ehren. Alle wollten dabei sein, alle wollten ihren beliebten Kameraden -zu Hause willkommen heißen. Von Hull hatten sie auch gehört, wie -unentbehrlich er nach und nach dort drüben in der Gesellschaft geworden -war. Wenn seine Stimme größeren Umfang gehabt hätte, -- sie umfaßte -nämlich nicht viele Töne -- so wäre er jetzt an »^Her Majesty's -Theatre^«. So wurde erzählt. Auf dem Balle sollte der Gesangverein -- -sein alter Gesangverein wieder mit ihm zusammen singen. - -Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, -- vor ihr waren nur vier da. Sie -fror vor Erwartung in den leeren Zimmern und halb offenen Gängen, meist -aber im Saal, in dem sie sich einst »bloßgestellt« hatte! Sie trug ein -rotes Ballkleid ohne irgend welchen Schmuck, ohne Blume; die Mutter -wünschte es so. Sie fürchtete, sich verraten zu haben, indem sie so früh -kam; sie hielt sich allein in einem Nebenzimmer auf und kroch nicht eher -hervor, als bis mehr Licht angezündet war und Duft und Geplauder und das -Stimmen der Instrumente dazu einlud. Mit den Bällen jetzt und früher ist -es _der_ Unterschied, daß es jetzt sofort lebhaft zugeht; das hat der -Sport bewirkt; er hat größere Vertraulichkeit zwischen den Geschlechtern -geschaffen. Klein, wie Ella war, verschwand sie in der Menge und sah -Axel Aarö nicht eher, als bis sie mehrere flüstern hörte: »Da ist er!« -und jemand hinzufügte: »Er kommt hierher zu uns!« Frau Holmbo war es, -die er suchte und begrüßte; aber dicht hinter dieser stand Ella. Als sie -sich entdeckt sah, wurde die Knospe noch roter als die Deckblätter. -Sofort verließ er Frau Holmbo. »Guten Abend!« sagte er ganz leise und -streckte die Hand aus, die sie annahm ohne aufzusehen. »Guten Abend!« -sagte er noch einmal, noch leiser und noch näher. Sie spürte einen -leichten Druck und mußte aufblicken; es geschah mit einer schüchternen -Botschaft von Treuherzigkeit und Angst, die hastete an allen vorüber, -erklärte nichts und gab niemandem Ärgernis. Er sah auf sie hinab und -strich sich den Bart dabei; aber ob er nun nichts zu sagen hatte (er war -ja wortkarg) oder ob er nicht sagen konnte, was er wollte, -- alle -schwiegen mit ihm. Mit der ihm eigenen milden Art wandte er sich und -ging, wurde von Kameraden aufgefangen, und später sah sie ihn nur dann -und wann in der Ferne; er tanzte nicht. - -Sie aber tanzte; alle waren sich einig darüber, daß sie »süß« sei (das -wurde mit Respekt gesagt), und dann lag an diesem Abend ein lieblicher -Hauch von Freude auf ihr. Wo Axel Aarö auch im Saal stand, sie fühlte -ihn und empfand einen stillen Jubel, an ihm vorüber schweben zu können. -Seine Augen begegneten den ihren und folgten ihr; seine Nähe machte, daß -sie alle und alles strahlend fand. - -An den Türrahmen gelehnt, sah man einen großen, starken Mann -»Aufsichtskomitee« bilden. Er mochte zwischen dreißig und vierzig Jahren -sein, letzterem näher; ein sturmfestes Gesicht, breitgeschnitten, aber -kühn; schwarzes Haar, braungrüne Augen, die Gestalt eines Riesen. -Jedermann im Saal kannte ihn, Hjalmar Olsen, den mutigen Führer des -größten Dampfschiffes im Lande. Er musterte alle, die vorbeitanzten, -fand aber, daß der Kleinen im roten Kleide der Preis gebühre; sie -anzusehen bereitete am meisten Vergnügen. Einesteils war sie -außerordentlich hübsch und dann sprang ihre unbefangene Glückseligkeit -auf ihn selbst über. Als Axel Aarö ihm näher kam, bekam Hjalmar Olsen -jedesmal auch ein klein wenig von der Verliebtheit ab, die ihr aus den -Augen strahlte. Sie tanzte jeden einzigen Tanz. Hjalmar Olsen war groß -genug, um durch den ganzen Saal einen Schimmer von ihr zu erhaschen. -Auch sie bemerkte ihn; bald wurde er zum Leuchtturm in ihrem Fahrwasser. -Aber ein Leuchtturm, der Herz für die Schiffe hatte, -- so fühlte er -beispielsweise jetzt, daß sie dort an Peter Klaussons Weste in Gefahr -sei. Er kannte Peter Klausson. - -Ihre winzig kleinen Füße trippelten Walzer, ihr Zopf hüpfte Polka, die -Füße dreiviertel Takt, der Zopf vierviertel. Aber Peter Klausson drückte -sie zu fest an die Weste! - -Darum suchte er sie gleich auf, als der Walzer zu Ende war; aber es war -nicht so leicht, sich einen Tanz zu erhandeln; erst der nächste Walzer -war frei, und den bekam er. Im selben Augenblick, als dies abgemacht -war, strömten alle nach der Tribüne; der Gesangverein zeigte sich da -oben. Sie war hilflos klein, die Ella, wenn alle drauf los stürmten und -sich zusammen packten; Hjalmar Olsen, der ihre unglücklichen Versuche, -ein Guckloch zu erhaschen, sah, erbot sich, sie auf die Bank zu heben, -die an der Wand entlang lief, an der sie standen. Sie wagte es nicht; -aber im selben Augenblick sah er andere hinauf klettern, und eh sie's -noch hindern konnte, war sie selbst oben. Gerade da trat Axel Aarö -zwischen seine Kameraden und wurde mit dem lebhaftesten Händeklatschen -von allen anwesenden Freunden, Männern und Frauen begrüßt. Er verbeugte -sich ehrerbietig und zurückhaltend; aber die Willkommgrüße wollten kein -Ende nehmen, bevor die Kameraden sich nicht ein wenig zurückzogen und er -ganz vortrat. Zuerst stimmte der Verein eins von den ältesten Liedern -an; Aarö sang seine Stimme zwischen all den andern, was allgemein -gefiel. Darauf trat der Dirigent an das Klavier, um ein Lied zu -begleiten, das Aarö allein singen wollte. Das Lied war von Selmer und in -der Hauptstadt schon in der Mode; es wurde von Männern wie von Frauen -gesungen, das »sie« der letzten Strophe wurde nur in »er« umgeändert. -Hier war es noch nie gehört worden. - -Schon während der Verein sang, hatte Aarö im Saal umhergespäht, und von -dem Augenblick an, wo er dort hin geblickt, wo Ella stand, hatte er kein -Auge von da verwandt. Jetzt stellte er sich an jene Seite des Klaviers -und während des Singens blickte er unverwandt dorthin. Je nachdem er -hineinkam, wurden seine schwermütigen Augen durchleuchtet, seine Gestalt -wurde plastisch. - - Ich sing' nur für die einzige, - Wenn And're auch mein Lied erfreut, - So ist es doch die einzige, - Der ich es hab' geweiht. - Ihr, die Ihr lauschet, stärkt den Klang; - Denn wär' nicht jene einzige, - Die machte, daß mein Lied gelang, -- - Ihr hörtet keinen Sang. - - Jeg synger for een eneste, - om ogsaa alle hörer paa, - og bare denne eneste - kan Sangen helt forstaa. - Men I, som höhrer, styrk dens Klang; - for var ej denne eneste, - som vakte nu min Tonetrang, - da fick I ingen Sang. - - Der Weg ist nicht der kürzeste, - Er schlinget sich durch Alle hier, - Jedoch er ist der einzige, - Der führet hin zu ihr! - Ihr Guten, höret, stärkt das Wort, - Damit es werd das einzige, - Das in der Brust ihr tönet fort, - Ein lieblicher Akkord! - - Er Vejen ej den beneste, - forgrenet gjennem alle her, - so er den dog den eneste, - som kommer ganske naer. - Aa, gode Hjerter, styrk hvert Ord; - so de maa bli de eneste - I hele Kjaerlighedens Kor, - som hun af Hjaertet tror. - -Seine Stimme war berückend; eine solche Liebesbotschaft hatte noch -keiner je gehört. Jetzt waren außer Ella noch andere da, die Tränen in -den Augen hatten. - -Sie standen eine Weile, als warteten sie auf einen weiteren Vers, -- -daher Stille; aber dann brach ein Beifall los, desgleichen niemand je -gehört hatte. Sie wollten das Lied noch einmal hören. Aber noch hatte -keiner je erlebt, daß Axel Aarö etwas zweimal hintereinander gesungen -hatte. Sie mußten es also aufgeben. - -Ella hatte das Lied nie gehört, weder die Worte noch die Töne. Als er -anfing, den Blick auf sie gerichtet, glaubte sie umfallen zu müssen; -etwas so unerhört Kühnes hatte sie nicht geahnt. Er, sonst so wortkarg, -rücksichtsvoll und zurückhaltend, ihr dies entgegenzusingen, so daß alle -es hörten! Weiß wie die Wand, an die sie sich stützte, bekam sie eine -solche Atemnot, daß sie sich nach Hilfe umsehen mußte. Gleich hinter -ihr, ebenfalls auf der Bank, stand Frau Holmbo, magnetisiert, schön wie -eine Statue. - -Sie sah nicht mehr von Ellas Not als von der Uhr auf dem Marktplatz. -Diese absolute Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder zu sich. -Die Gegenwart der andern, die ihr so entsetzlich gewesen, hatte ja -nichts zu bedeuten, solange keiner was begriff. Schließlich hörte sie -ohne Angst zu. Den zweiten Vers ganz und gar. Heimlicher, reizender -konnte es ihr nicht gesagt werden, obgleich alle zuhörten. Wenn er sie -nur nicht angesehen hätte! Wenn sie sich nur hätte verstecken können! -- - -Sobald der letzte Ton verhallte, sprang sie herunter. Unten zwischen all -den Schultern fand sie ihre Schamhaftigkeit wieder, ihren wonneerfüllten -Traum, ihr Geheimnis in bräutlicher Kleidung. Was war doch geschehen, -und was würde nun das nächste sein? Rund umher funkelnde Augen, jubelnde -Stimmen, klatschende Hände, -- war das nicht wie Fackeln und -Huldigungsrufe, war das nicht auch für sie mit? Drinnen nur er und sie, --- all die andern draußen! -- - -Der Tanz begann sofort, -- und sie hinein! Hinein, als sei alles ihr zu -Ehren, oder als sei sie die einzige! Ihre Kavaliere versuchten einer -nach dem andern mit ihr zu plaudern, aber es nützte nichts. Sie lachte, --- lachte ihnen in die Augen, als wären _sie_ verrückt, und sie allein -die verständige. Sie tanzte, strahlte, lachte aus den Armen des einen -hinüber in die Arme des andern. So daß Hjalmar Olsen, als er seinen -Walzer bekam, gleichsam achtzehn frische Bouquets und ein »Hjalmar Olsen -soll leben!« entgegennahm. Er fühlte sich mehr als geschmeichelt. Als -sie ihren Arm wie harmlos fröhliches Kindergeplauder auf seinen -schwarzen Frack legte, fühlte er, daß er eigentlich ebenso unwürdig sei -wie Peter Klausson. Er wollte sie wahrlich nicht entweihen; er hielt sie -tadellos weit von sich, und als ihm war, als lache sie, und er das -Gesicht der kleinen Person irgendwo unten an seiner Weste erspähen -wollte und auf dieser Expedition mehr zu sehen bekam, als er sehen -durfte (denn er hob ihre Arme so schrecklich hoch hinauf), da schämte -Hjalmar Olsen sich und starrte beim Weitertanzen wie ein Nachtwandler -geradeaus in den Saal. Tanzte in Selbstgefühl und Entzücken fort über -Stock und Stein. Ella versuchte dann und wann den Boden zu berühren; sie -wünschte ein mehr sicheres Einhalten des Takts. Unmöglich. Das besorgte -er alles selbst, sowohl ihr Tanzen wie sein eigenes, sowohl ihren wie -seinen Takt; den Tanzboden erreichte sie nicht anders als zum Besuch; im -übrigen war es eine Luftreise. Er hörte sie von unten her lachen; es -freute ihn, daß sie sich wohlbefand. Aber er sah sie nicht. Die, mit -denen er Zusammenstöße hatte, freuten sich weniger; das war _ihre_ -Sache. Er war vollständig verblüfft, als die Musik aufhörte; jetzt -wollten sie ja erst allen Ernstes anfangen. Aber er mußte sie an der -unfreiwilligen Haltestelle absetzen. - -Gleich darauf wieder Gesang. Zuerst vom Verein allein; dann von ihm und -Aarö zusammen Griegs »Landkjending«. Schließlich sang Aarö zum Klavier. -Diesmal hatte Ella sich hinter die allerletzten verkrochen. Da diese -aber beständig vorwärts drängten, blieb sie allein stehen. Dabei befand -sie sich wohl; sie sah ihn, aber er sah sie nicht; er blickte auch nicht -dorthin, wo sie stand. - -Sie kannte das Lied nicht, wußte nicht einmal, daß es existierte, -obgleich sie bei den ersten Worten und Tönen hörte, daß andere es -kannten. Natürlich wußte sie, daß weder Worte noch Musik von ihm seien; -aber gleichwie er das vorige Mal gewählt hatte, was zu jener dringen -konnte, für die er singen wollte, zweifelte sie nicht daran, daß er -jetzt dasselbe tat. Schon die ersten Worte: »Mein junges Lieb' den -Schleier trägt« -- heimliche Liebe kann ja kein wahreres Bild finden! Es -war wiederum an sie! Daß der Schleier nur für ihn gehoben wurde, daß er -fällt, sobald ein anderer hinsieht, -- war das nicht so, wie es zwischen -ihnen werden mußte? Daß das Geheimnis der Liebe einem Heiligtum gleicht, -daß es das höchste Glück auf Erden birgt -- sie erbebte beim -Wiedererkennen! Die Töne schütteten die Worte wie kalte Wogen über sie; -dieses Verständnis bis zum Verrat machte sie zu Eis erstarren. Sie bebte -vor Angst und Wonne zugleich. Niemand sah sie, das war ihre Rettung. Sie -fürchtete jedes neue Wort, bevor es kam, und jedes brachte neues -Erbeben. Die Arme an den Busen gedrückt, den Kopf über die Hände -gebeugt, stand sie da und zitterte wie in Wasserfluten. Und als der -zweite Vers mit seiner letzten Zeile kam, und besonders als sie -wiederholt wurde, wollten die großen Tränen aufsteigen -- wie schon -einmal früher im selben Saal. Sie stemmte sich mit aller Kraft dagegen; -aber die Erinnerung daran, wie schlecht es damals gegangen, schwächte -die Widerstandskraft; sie war nahe daran zu schluchzen, als das Lied -auch _dieses_ Wort brachte! Das Zusammentreffen war zu großartig, es -schob alle Erregung beiseite, sie hätte jetzt laut auflachen mögen. Nun -war sie ganz, ganz sicher! So kam es, daß die letzte Zeile des Liedes in -ihrem klaren Sinne, in ihrem jubelnden Zusammenempfinden sie traf -- wie -ein Blitzstrahl, wie ein Messerstich bis ans Heft. - -Das Lied lautete: - - Mein junges Lieb den Schleier trägt, - Für mich nur hebt sie ihn empor, - Das Auge, das kein and'rer ahnet, - Das strahlet, schmelzet, lieblich mahnet - Soll niemand schaun -- den Schleier vor! - - Min unge Elskov baerer Slör. - For mig hun löfter den og ler - af Öjne, ingen anden aner, - de straaler, smelter, svaerger, maner; -- - men Slöret for, straks nogen ser. - - Wo Zwei vereint das Gute tun, - Wird's zwiefach auch gesegnet sein. - Wenn gleiches Sehnen, gleich Empfinden - In zweien Seelen sich verbinden, - Das größte Glück ist da allein. - - Alt godt, som to er ene om, - har tvefold Ynde, Hellighed. - At Livets lange Laengsler mödes - i to, som Sjael i Sjael genfödes, - er störste Lykke, Jorden ved. - - Doch weshalb sie den Schleier trägt - Und schluchzet in ihm ohne Laut, - Als bebte Jammer ihr im Herzen? - Weil er gewebt aus Gram und Schmerzen, - All uns're Lieb' auf Qual erbaut. - - Men hvorfor baerer hun saa Slör - og hulker i det uden Lyd, - som skulde briste hendes Hjerte? - Fordi det vaevet er af Smerte, -- - i Savn og Angst er al vor Fryd. - -Ein erschreckender, ohrenbetäubender Beifall. Sie wollten, sie mußten -das Lied noch einmal haben; diesmal sollte Aarös vornehmer Widerstand -sich für besiegt erklären. - -Aber er leistete nicht Folge, und endlich gaben einige es auf, andere -fuhren eigensinnig fort. In der Zwischenzeit trennten einige Damen sich -von dem Haufen; sie kamen an Ella vorüber. »Hast du Frau Holmbo gesehen, -wie sie sich versteckt und geweint hat?« -- »Ja. Aber hast du sie -während des ersten Liedes gesehen? Oben auf der Bank? _Ihr_ hat er die -ganze Zeit zugesungen.« - -Kurz darauf -- es mochte zwei Uhr nachts sein -- schoß eine kleine, -dicht verhüllte Dame pfeilschnell durch die Straßen. An der -Kopfbedeckung und anderm sahen die Wächter, daß es eine von den -Balldamen sein müsse. Sonst pflegten sie begleitet zu werden; aber der -Ball war noch nicht zu Ende; da war gewiß irgend etwas nicht in Ordnung, -sie ging auch so schnell. - -Es war Ella. Sie eilte gerade an dem verlassenen Rathause vorüber, aus -dem jetzt ein Speicher gemacht war. Die äußeren Mauern waren stehen -geblieben, aber innen das schöne Holzwerk war verkauft und -forttransportiert worden. - -Das ist gerade wie mit mir, dachte Ella; sie eilte, so sehr sie konnte, -Nächten ohne Schlaf und Tagen ohne Freude entgegen. - -Gegen Morgen wurde Axel Aarö sinnlos betrunken von Kameraden nach Hause -gebracht. Einige sagten, er habe ein Bierglas voll Whisky hinunter -gegossen in dem Glauben, daß es Bier sei; andere sagten, er sei -»Quartalssäufer« geworden, sei es lange gewesen, habe es jedoch -verheimlicht. »Quartalssäufer« heißen Leute, die in längeren -Zwischenräumen trinken müssen. Sein Vater war es vor ihm gewesen. - -Ein paar Tage darauf ging Axel Aarö in aller Stille nach Amerika. - - - III - -Noch einer von jenem Balle dampfte gleichzeitig über den Atlantischen -Ozean; das war Hjalmar Olsen. Das Schiff wurde von einem ewigen -Nordweststurm verfolgt, und wenn es allzu arg wurde, trank er Grog dazu. -Aber jedesmal wenn er es tat, wunderte er sich, daß er einer Erinnerung -vom Balle von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand; der kleinen -Rosenroten, »der mit dem Zopf«. Hjalmar Olsen meinte, er habe sich ihr -gegenüber ziemlich gentlemanlike benommen. - -Anfangs dachte er nicht weiter darüber nach. Zweimal war er verlobt -gewesen, und beide Male war es auseinander gegangen; sollte er zum -dritten Male daran gehen, so mußte er auch gleich heiraten. Diese -Erwägungen stellte er wohl an, ja, hatte sie schon öfter angestellt, -aber er achtete nicht genauer auf seine eigenen Gedanken. Ein Dampfer -brauchte nicht viele Tage und Nächte zwischen den Häfen, und jedesmal -fand sich Unterhaltung genug. Er ging nach New-York, von dort nach -New-Orleans, er fuhr hinunter nach Brasilien und von da wieder herauf. -Dann wieder hinunter und endlich von dort direkt nach England und -Norwegen. Aber oft unterwegs, wenn er allein war, und meistens beim -Glase Grog, traf er »die mit dem Zopf«. Merkwürdig, wie sie ihn -angesehen hatte. Er wurde innerlich gut, wenn er daran dachte. Vom -Briefschreiben hielt er nicht viel, sonst hätte er es diesmal vielleicht -getan. Als er aber nach Christiania kam und von einem Manne aus der -Stadt dort unten hörte, daß ihre Mutter im Sterben liege, da dachte er -gleich: ich will mich wirklich nach ihr umsehen. Vielleicht findet sie -es hübsch von mir, wenn ich es gerade jetzt tue. - -Zwei Tage später saß er vor ihr in dem kleinen Wohnzimmer, das auf den -Markt und nach dem Hotel hinaus ging. Seine starken Hände, dunkel von -der Sonne und von Haaren, strichen über die Knie, während er sich -lächelnd vorbeugte und fragte, ob sie ihn haben wolle. - -Sie saß niedriger als er; ihr voller Busen und die festen Arme waren von -einem braunen Kleide umspannt, auf das er niederblickte, wenn er ihr -nicht ins Gesicht sah, das so bleich und zart war. Sie fühlte das -Wandern seiner Augen; sie kam aus dem Nebenzimmer und von Todesgedanken; -sie hörte oben eine kleine Uhr melden, daß es sieben Uhr sei; es melden -wie ein Kuckuck, und diese kleine Erinnerung an alles, was hier jetzt -vorüber war ... eins mit dem andern machte, daß sie sich mit Tränen in -den Augen von ihm abwandte: »Ich kann jetzt unmöglich an dergleichen -denken.« Sie stand auf und trat zu ihren Blumen im Fenster. - -Da mußte auch er aufstehen. Vielleicht antwortet sie mir später, dachte -er, und diese Gedanken gaben ihm Worte, ein wenig unbeholfen wohl, aber -deutlich. Sie schüttelte den Kopf und blickte nicht auf. - -Er ging. Draußen nahm er den verkehrten Weg, und als er umkehrte und das -Haus wiedersah, das kleine Puppenhaus, da verspürte er Lust, alles ins -Wasser zu werfen. - -Die Nacht hindurch wartete er auf das Dampfschiff aus Christiania; Peter -Klausson und ein paar andere Kameraden halfen ihm dabei, und es dauerte -nicht lange, so hatten sie ausfindig gemacht, in welcher Angelegenheit -er gekommen, und wie es ihm ergangen war. Sie wußten auch, wie es ihm -früher schon zweimal gegangen war. Hjalmar Olsen trank entsetzlich zu -dem, was er litt. Tags darauf erwachte er in den größten Qualen auf dem -Dampfschiff. - -Kurz darauf erhielt Ella einen gut geschriebenen Entschuldigungsbrief, -in dem er erklärte, daß er es gut gemeint habe, als er gerade jetzt kam; -aber erst als er vor ihr gesessen, habe er gefühlt, wie verkehrt es -gewesen. Sie möge ihm darum nicht zürnen. - -Nach Verlauf eines Monats bekam sie wieder einen Brief; er hoffe, sie -habe ihm vergeben. Er seinerseits könne sie nicht vergessen. Mehr stand -nicht drin. Ella nahm beide Briefe gut auf, es war Form darin, auch -Beständigkeit. Aber nicht einen Augenblick fiel es ihr ein, seinen -indirekten Antrag jetzt anders aufzufassen als damals. Sie war nach -Christiania gegangen, um sich im Klavier auszubilden -- und in der -Handelsrechnung. Letzteres nahm sie mit, weil Rechnen ihr stets leicht -geworden, und weil sie unsicher geworden war. Ihre Mutter war gestorben; -sie besaß das Haus und ein kleines Vermögen; sie wollte versuchen, sich -selbständig zu machen. Sie verkehrte mit niemand in der fremden Stadt; -sie war es gewöhnt, ohne eine Vertraute zu träumen und Pläne zu machen. - -Von Axel Aarö kam eine wunderliche Nachricht. Nachdem er in New-York vor -einer größeren Gesellschaft gesungen, hatte ein alter, reicher Mann ihn -zu sich eingeladen, und seitdem lebten die beiden wie Vater und Sohn -zusammen. So erzählte man sich in der Stadt lange, bevor ein Brief von -Axel selbst kam; dieser aber bestärkte das Gerücht in allen Teilen. - -Darauf erhielt Ella einen dritten Brief von Hjalmar Olsen; er fragte in -ehrerbietiger Form an, ob sie es schlecht aufnehmen würde, wenn er ihr -bei einer Heimkunft einen Besuch abstattete. Er wußte, wo sie wohnte. - -Bevor sie noch mit sich im reinen darüber war, ob sie überhaupt -antworten solle, las man in allen norwegischen Zeitungen, die es aus -amerikanischen abgedruckt hatten, Hjalmar Olsen, habe mit ungewöhnlicher -Tüchtigkeit und mit Gefahr für Schiff und Mannschaft in einem Orkan die -Passagiere und Besatzung eines Ozeandampfers gerettet, dem dicht vor der -amerikanischen Küste die Schraube gebrochen war. Zwei Dampfer waren -vorüber gekommen, ohne den Versuch zu wagen, so entsetzlich war das -Wetter. Er hatte sich einen ganzen Tag bei dem Dampfer aufgehalten. - -Es war eine seltene Tat, die er da vollbracht hatte. In New-York und -später, als er nach Liverpool kam, wurde er in den Seemannsklubs -gefeiert, bekam Ehrenzeichen und Adressen. - -Als er von dort nach Christiania kam, bekam er der Auszeichnungen -mannigfache. Groß und ansehnlich wie er war, wurde ihm die Huldigung des -Volkes gar leicht zu teil. Sie wurde ihm jetzt im großen Stil -dargebracht. - -Mitten drin suchte er Ella auf. Sie hatte sich gut versteckt; sie dachte -seit ihrer Niederlage so gering von sich. Im voraus war sein Bild ein -wenig zu übernatürlicher Größe herangewachsen, und als er nun selbst kam -und sie heraus holte, war es, als ob sie aus der Stubenluft wieder in -Wind und Sonnenschein hinauskäme. Ja, sie empfand etwas von dem alten -Selbstvertrauen. Seine Gefühle für sie waren dieselben; das merkte sie -bald, als sie ihn studierte. Gesellschaftliche Formen hatte er, und voll -Würde nahm er Huldigungen und Aufmerksamkeiten entgegen; hielt keine -unzeitigen Reden. Sie hatte gehört, daß er gerne ein Glas zuviel trank, -aber sie sah davon nichts. Ein schöner Mann, ja, ein Mann wie wenige, -- -vielleicht ein wenig abgearbeitet, aber das waren ja die meisten -Seeleute. Vor etwas Unbestimmtem in den Augen hatte sie Angst, ebenso -vor seiner Gier, wenn er bei Tische saß. Zuweilen erschrak sie auch vor -dem Gewaltsamen in seinen Ansichten. Wäre sie zu Hause gewesen und hätte -sich erkundigen können! Aber er wollte sofort wieder abreisen und hatte -im Scherz geäußert, wenn er jetzt freite, so wolle er sich zugleich -verloben und verheiraten. Diese Einfachheit und Hast gefielen ihr. Auch -die Kraft und auch die Eigenmächtigkeit, obgleich sie sie fürchtete. -Fürchtete und sich außerordentlich wohl dabei befand, daß soviel Kraft -und Eigenmächtigkeit sich gerade vor ihr beugten, und das jetzt, wo alle -um ihn warben. - -Da kam sie auf etwas, was sie außerordentlich verständig dünkte; für den -Fall wollte sie zwei Bedingungen stellen: Verwaltung des eigenen -Vermögens und niemals mit ihm reisen. Wenn seine Kraft und -Eigenmächtigkeit etwa zügellos werden sollten, so wurde dadurch eine -Grenze gesetzt, und sie konnte ihm von Anfang an zu verstehen geben, -daß, wie klein sie auch sei, sie sich und das Ihre zu schützen gedächte. - -Als der Antrag kam -- es war in einer Theaterloge -- fehlte es ihr -jedoch an Mut, es zu sagen. Sie bat um Bedenkzeit. Der Ausdruck, den -sein Gesicht annahm, flößte ihr Furcht ein -- zum erstenmal. - -Später dachte sie oft daran. Anstatt diesem unmittelbaren Eindruck -nachzugeben, fing sie an zu sinnen, was wohl geschehen würde, wenn sie -jetzt wieder nein sagte! Sie hatte ja seine Freundlichkeit angenommen, -obgleich sie wußte, was kommen würde. Die Bedingungen, die Bedingungen --- mögen sie entscheiden! Nahm er sie an, so sollte es sein, und dann -hatte es auch wohl keine besondere Gefahr. So schrieb sie und nannte die -Bedingungen. - -Er kam am nächsten Tage und bat um die notwendigen Papiere, dann würde -er selbst alles ordnen, sowohl das mit dem Ausschluß der -Gütergemeinschaft wie mit dem Kontrakt; er faßte es also als Geschäft -auf und schien wohl zufrieden. - -Drei Tage darauf wurden sie getraut. Große Feierlichkeit und großer -Zulauf; die Zeitungen hatten nämlich darauf aufmerksam gemacht. -Huldigung und Ehrenbezeugungen hinterher, Prunk und Reden untermischt -mit Witzen über seine Größe und ihre Kleinheit -- es dauerte von fünf -Uhr nachmittags bis zwölf, ein Uhr nachts in ziemlich gemischter -Gesellschaft. Als es spät wurde und der Champagner gar kein Ende nahm, -wurden viele lärmend und tüchtig zudringlich. Darunter auch der junge -Ehemann. - -Am nächsten Morgen sieben Uhr saß Ella angekleidet und ganz allein in -einem Zimmer neben der Schlafstube, deren Tür offen stand; sie hörte -ihren Mann dort schnarchen. - -Leichenblaß und still saß sie, gelähmt durch die Schrecken der Nacht, -ohne Tränen, ohne Empfindung. Sie teilte die Ereignisse der Nacht in -zwei Teile: in das, was geschehen war, und das was gesagt worden -- sie -wußte nicht, was am schlimmsten gewesen. - -Die Begierde dieses Mannes war von tödlichem Haß entflammt! Als sie das -erste Mal nein gesagt, hatte er es zum Ziel seines Lebens gemacht, sie -dahin zu bringen, daß sie ja sagte; das erzählte er. Erzählte, daß _sie_ -für den Verruf büßen solle, in den er gekommen, -- nahe daran, zum -drittenmal bloßgestellt zu werden. Sie solle für alle büßen, sie, die es -gewagt hatte, kränkende Bedingungen zu stellen! Wie ein Ding, wie eine -Dirne würde er sie behandeln! - -Ihrer Berechnung werde er das Genick brechen, wie einer Garneele, -- sie -solle sich nur unterstehen, nicht mit an Bord gehen oder irgend etwas -selbst verwalten zu wollen! - -Dann das, was geschehen war --! Die Schale einer Fliege in einem -Spinngewebe, zerfressen und leergeschlürft, das war's woran sie dachte. - -Aber ungefähr Ähnliches hatte sie schon einmal empfunden! O Gott, die -Nacht nach dem Balle! Eine unbestimmte Empfindung, daß sie in jener -Nacht für diese letzte bestimmt wurde ..... aber sie konnte es sich -nicht klar machen. Hingegen fragte sie sich, ob das, was uns _nicht_ -glückt, tiefer über uns bestimmt als das, was glückt? - -Drei, vier Stunden später saß Hjalmar Olsen am Frühstückstisch, -schwerfällig und schweigend; aber er beobachtete höfliche Formen, als ob -nichts vorgefallen sei. Vielleicht war er zu betrunken gewesen, um ganz -verantwortlich gemacht werden zu können; oder vielleicht war die -Höflichkeit Berechnung, um sie für einen Besuch an Bord zu gewinnen. Er -bat nämlich darum, als er vom Tische aufstand. - -Aber weder durch Drohungen noch durch Lockungen, weder zum Aufenthalt -noch zum Besuch bekam er sie mit an Bord. Die Furcht rettete sie. - -Einige Monate später saß sie in ihrer Vaterstadt im eigenen kleinen -Hause. Die Zeitungen machten bekannt, daß sie Schülerinnen für -Klavierspiel und Handelsrechnung suche. - -Sie war schwanger. - -Ein Jugendfreund Axel Aarö's besuchte sie. Er solle sie vielmals von -Aarö grüßen und ihr Glück zu ihrer Heirat wünschen. Sie zwang die -aufquellende Bewegung nieder und fragte sanft, wie es Axel Aarö gehe. O, -ganz ausgezeichnet; er sei immer noch bei demselben alten Manne, der -nach und nach alles für ihn geworden sei. Dies sei so recht etwas für -Aarö; es paßte ihm daß einer alles für ihn geworden. Und dann habe er -eine Kur gegen sein ererbtes Übel durchgemacht; er selbst glaube, daß er -geheilt sei. Wie es Frau Holmbo gehe, fragte Ella. Sie erschrak, als sie -es ausgesprochen hatte; aber es war eine unwillkürliche Bitterkeit, die -hervorbrach. Sie hatte Frau Holmbo so mager und bleich gesehen; Frau -Holmbo vermißte ihn wohl, und das war zuviel. - -Der Freund lächelte: »O, Sie haben das dumme Gerücht gehört? Nein, Axel -Aarö war nur der Vermittler zwischen ihr und dem, den sie heimlich -liebte. Die beiden Freunde hatten im Auslande zusammen gewohnt. Vor -einigen Monaten war der Betreffende auf einer Geschäftsreise in -Kopenhagen, und Frau Holmbo war auch hinunter gereist. Aber es war gewiß -schon lange irgend etwas zwischen ihnen nicht mehr in Ordnung.« - -An diesem Abend weinte Ella noch lange, bevor sie einschlief. Sie lag -und streichelte ihren Zopf, den sie über die Brust gezogen hatte. Oft -hatte sie daran gedacht, ihn abzuschneiden; aber er war noch da. - - - IV - -Im ersten Jahre bekam sie einen Knaben und noch einen im nächsten. So -oft sie allein war, teilte sie ihre Zeit zwischen ihnen und den -Unterrichtsstunden. Der Mann steuerte so gut wie nichts zum Haushalt -bei, mit Ausnahme der kurzen Zeiten, wenn er zu Hause war. Dann wurde -das Geld mit Kameraden in flottem Leben verschwendet. »Die Jungen« -wurden so lange zur Tante geschickt; »man konnte ja nicht vier Schritte -in dem Lumpenhause machen, ohne durch die Wand zu gehen.« Solange sagte -sie auch ihre Stunden ab; sie konnte nicht mehr leisten, als daß sie ihm -aufwartete. - -Daß sie nicht glücklich sein könne, begriffen alle; aber daß sie ein -Leben in Angst lebte, davon hatte niemand eine Ahnung. In Angst vor dem -Telegramm, das sein Kommen meldete, wenn auch nur für einige Tage, in -Angst vor dem, was dann geschehen würde. Wenn er kam, wagte sie nicht -den leisesten Widerspruch und zeigte ihm und allen die unbefangenen -Augen, dieselbe rasche, ein wenig gedämpfte Art, die machte, daß sie -ging und kam, ohne daß man sie bemerkte. Wenn er dann abgereist war, -wurde sie mit einem Male so übermüde nach der Spannung der Tage und -Nächte, daß sie zu Bette mußte. - -Jedesmal, wenn er zu Hause war, wurde er weniger achtsam auf sich -selbst, unverschämter gegen andere; wenn sie aber begriffen hätte, wie -Männer mit seiner Verausgabung von Kraft in der Regel um die vierziger -Jahre herum fertig sind (und deren sind gar viele in den Küstenstädten), -dann hätte sie auch schon begriffen, daß gerade dies die Zeichen des -Niederganges waren; er war weit vorgeschritten. Ihr erschien er nur -immer widerlicher. - -Er war wenig zu Hause, das half ihr. Sie hatte sich vorgenommen, daß sie -und die Knaben ausgezeichnet miteinander leben würden; das half ihr -auch, meist aber ihre rastlose Arbeit und die Achtung aller. Nach -fünfjähriger Ehe schien sie ebenso niedlich, wie damals, schien auch -ebenso unbefangen und munter; sie war so daran gewöhnt, sich zu -verstellen. - -Nun waren ihre Jungen der eine vier, der andere drei Jahre alt, und -selten fand man sie anderswo, als auf dem Marktplatz -- in den -Schneehaufen im Winter, in den Sandhaufen im Sommer. Oder auf dem Lande -bei der Tante, ihrer »Großmutter«. - -Nächst der Beschäftigung mit den Knaben war die mit den Blumen ihr die -liebste. Sie hatte deren eine Menge, die das Haus kleiner machten, als -es eigentlich war. Mit den Knaben konnte sie spielen, aber mit den -Blumen konnte sie denken. Wenn sie den Blumen Wasser gab, empfand sie am -stärksten, wie gequält sie selbst war. Wenn sie ihre Blätter abwischte, -sehnte sie sich nach guten Worten, freundlichen Augen. Wenn sie trockne -Zweige entfernte, überflüssige Schüsse, wenn sie ihnen andere Erde gab, -weinte es oft in ihr vor Sehnen, wallte das in ihr auf, was nichts -bekam. - -Fünf Jahre waren also vergangen, -- als eines Tages das Gerücht durch -die Stadt ging, daß Axel Aarö ein reicher Mann geworden sei; sein alter -Freund war gestorben und hatte ihm eine große Leibrente hinterlassen! -Gleich darauf wurde auch erzählt, daß Axel Aarö zum zweitenmal die Kur -gegen die Trunksucht durchgemacht habe; die erste sei nicht von Erfolg -gewesen; jetzt aber sei er geheilt. Man konnte sehen, wie beliebt Axel -Aarö war; denn es gab kaum einen, den es nicht freute. - -Am Mittwoch den 16. März 1892, um vier Uhr nachmittags, saß sie mit -einer Arbeit zwischen ihren Blumen, als sie nach dem Hotel hinüber sehen -mußte. Im Eckfenster der zweiten Etage stand der, an den sie dachte; er -sah auf sie nieder. - -Sie stand auf, und er grüßte zweimal. Sie stand noch da, als er über die -Straße kam, in dunkler Pelzmütze, schwarzer Seidenweste, auf die der -lange, blonde Bart herab fiel, das Gesicht ziemlich bleich, aber die -Augen klarer im Ausdruck. Er klopfte an; sie konnte kein Wort -hervorbringen, sich nicht rühren. Als er aber die Tür öffnete und im -Zimmer stand, sank sie auf einen Stuhl nieder und weinte. - -Er kam langsam auf sie zu, nahm einen Stuhl und setzte sich ihr -gegenüber. »Sie dürfen nicht erschrecken, weil ich so geradezu komme. Es -freut mich zu sehr, Sie wiederzusehen.« Nein, wie das in diesem Hause -klang, diese wenigen gedämpften Worte, so rücksichtsvoll, vertraulich. -Der Tonfall war fremd geworden, aber die Stimme, die Stimme! Und daß er -ihre Schwäche nicht mißdeutete, sondern ihr darüber forthalf! Nach und -nach wurde sie wieder dieselbe, wie in alter Zeit, zuversichtlich, -fröhlich, verschämt. »Es war so seltsam unerwartet,« sagte sie. - -Er fügte ehrerbietig hinzu: »Das, was inzwischen passiert ist, stürmt ja -auf einen ein.« - -Viel mehr wurde nicht gesprochen; er hatte gerade bereit gestanden, -auszugehen, und nun kam der Schwager. Er betrachtete ihre Jungen draußen -im Schneehaufen, er sah ihre Blumen, ihr Klavier, ihre Noten an; dann -bat er, wiederkommen zu dürfen. Das Ganze dauerte fünf Minuten. - -Aber etwas blieb in ihrer Vorstellung zurück -- etwas wie der zierliche -blonde Bart, der auf die Seidenweste herab fiel. Das Zimmer war -geheiligt, das Klavier, die Noten, der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, -ja, der Teppich, über den er gegangen war; -- sogar in seinem Gang lag -Rücksicht für sie. Sie empfand alles, was er gesagt und getan hatte als -Mitgefühl für ihr Schicksal. - -An diesem Tage konnte sie nichts mehr vornehmen; sie schlief kaum in der -Nacht. Aber was in ihr vorging, war auch nichts geringeres, als daß sie -etwas, das fünf Jahre -- eigentlich sechs -- zurücklag, in die Sonne -hinaustrug -- es hinaustrug, wie man Blumen aus dem Keller holt, wohin -sie zum Winterschlaf gestellt worden, und sie wieder hinauf zum Frühling -trägt. Dabei machte sie dieselbe Bewegung, gewiß mehr als zwanzigmal: -sie legte beide Hände auf die Brust, die eine Handfläche über die -andere, wie um die Brust niederzuhalten; es durfte nicht zu laut reden. - -Tags darauf ging ihr Gespräch leichter. Die Knaben wurden herein -gerufen. Nachdem er sie eine Weile angesehen hatte, sagte er: »Da haben -Sie doch etwas Reelles!« - -Binnen kurzem waren sie so gute Freunde, er und die Knaben, daß er sich -auf alle Viere legte, ihnen als Pferd diente und andere ganz neue -Kunststücke machte, die sie furchtbar amüsant fanden. Und dann lud er -sie zu einer Schlittenfahrt für den nächsten Tag ein! Nach scharfem -Tauwetter war gerade eine ungewöhnliche Menge Schnee gefallen; die Stadt -war weiß und die Schlittenbahn wieder vorzüglich. Bevor er ging, mußte -Ella bitten, ihn abbürsten zu dürfen; der Teppich sei nicht so sauber -gewesen, wie er sein müßte. Er nahm ihr die Bürste ab und tat es selbst; -aber leider hatte er auch auf dem Rücken gelegen, und so mußte er sie es -tun lassen. Sie bürstete dann sein feines Jackett ab, machte es so nett -und leicht, aber es wollte gar nicht gut werden. Auch vorn war es nicht, -wie es sein sollte, er mußte die Bürste noch einmal nehmen; sie stand -dabei und sah zu. Als er fertig war trug sie die Bürste in die Küche -hinaus. »Wie hübsch, daß Sie noch den Zopf haben,« sagte er hinter ihr. -Sie blieb ziemlich lange fort und kam von einer anderen Seite wieder -herein. Da war er fort; die Knaben sagten, jemand habe ihn geholt. - -Am nächsten Vormittag Schlittenfahrt. Erst am Nachmittag kamen sie -zurück; sie waren in Baadshaug eingekehrt, ein Badeort mit Hotel und -vorzüglicher Restauration, wohin die Leute auch im Winter gern -wallfahrteten. Der jüngste Knabe seiner Schwester war mit, und während -alle drei das Pferd zu »Andresens an der Ecke« nach Hause brachten, -blieb Aarö im Gange stehen. Noch nie hatte Ella ihn so aufgeräumt -gesehen; die Augen hatten das Leuchtende wie damals beim Gesang, und -dann sprach er von dem Augenblick an, wo er kam, bis er wieder ging. -Sprach vom norwegischen Winter, den er nie zuvor gesehen; woher mochte -das kommen? Seit vielen Jahren hatte er ein Lied zum Preis des Winters -auf seinem Repertoire, das alte Winterlied, das auch sie kannte: »Der -Sommer schlief ein in des Winters Arm'« -- freilich sie kenne es, -- und -jetzt erst sollte er lernen, wie wahr das Lied war? Der Eindruck vom -Winter auf die Menschen mußte doch entscheidend sein. Der Winter war -beinahe ihr halbes Leben! Was für Gesundheit und Schönheit -- und -Phantasie er geben mußte! Er begann zu schildern, was er heute im Walde -gesehen habe; er brauchte nicht viele Worte, aber die Bilder waren klar. -Sprach, bis er bewegt wurde und sah sie währenddessen an wie ein -Verzückter. - -Alles in einem einzigen Augenblick; er hatte ja seinen Reiseanzug an. -Aber als er gegangen war, schien es ihr, als hätte sie ihn nie zuvor zu -Gesicht bekommen. Ein Schwärmer also, -- ein Schwärmer bis in die -tiefste Tiefe, der sich für gewöhnlich nie verriet? Von dieser -Schwärmerei war das Lied der Bote? Deshalb nahm seine Stimme alle mit in -ein anderes Reich hinüber? Sein schwermütiger Vater -- wenn der trinken -wollte, schloß er sich mit seiner Violine ein, spielte und spielte, bis -er da lag. Hatte auch der Sohn diese Scheu vor den Menschen gehabt, -diese Verzückung in seiner eigenen Schwärmerei? - -Gott sei Dank, Axel Aarö war gerettet! Gerade aus seiner Schwärmerei -heraus hatte er sie so angeblickt --! Jetzt erst drang es ein, sie war -zu sehr mit dem Neuen an ihm selbst beschäftigt gewesen. Jetzt erst -drang es ein, -- drang mit großer Wärme ein mit überwältigender Furcht -und Wonne, ein Freudenbote, der noch bebte vor Zweifel. Sollte die -Bestimmung ihres Lebens nahe sein --! Sie fühlte, daß sie rot wurde, sie -konnte nicht mehr ruhig bleiben, sie ging ans Fenster, um ihn dort -wieder zu suchen, dann umher, um zu suchen, was sie selbst glauben -solle. Jedes Wort von ihm zu ihr, jede Miene und Bewegung vom ersten Mal -an, da er hier gewesen, wurden gegenwärtig; aber sie schienen alle so -vorsichtig, fast spärlich. Gerade das war ihr Reiz. Seine Augen hatten -sie jetzt gedeutet, und diese Augen hüllten Ella ein, sie gab sich ihnen -ganz und gar hin. - -Das Mädchen reichte einen Brief herein; es war eine Weihnachtskarte in -einem Kuvert ohne Aufschrift von Axel Aarö. Eine von den gebräuchlichen -Weihnachtskarten, die eine jugendliche Schar auf Schneeschuhen -darstellte; darunter stand gedruckt: - - »Der weiße Winter - Hat rote Rosen.« - -Auf der andern in zierlicher, runder Schrift: »Im Walde heute muß ich an -Sie denken. A. A.« Das war alles. - -Aber so ist er. Er sagt nicht mehr. Wenn er an einem Fenster -vorbeikommt, in dem eine solche Karte liegt, so denkt er doch an mich. -Und er denkt nicht allein an mich, sondern er schickt mir einen -Gedanken. Oder irrte sie? Ella war bescheiden; dies ihr gegenüber konnte -doch nicht mißdeutet werden? Die Weihnachtskarte, .... war sie nicht ein -Vorbote? Die beiden jungen Paare darauf, und die Worte, .... er meinte -doch wohl etwas damit? - -Sie sah seine entzückten Augen wieder; sie hüllten sie nicht allein ein, -sie liebkosten sie. Sie dachte nicht zurück, sie dachte nicht vorwärts, -sie atmete nur weit auf, lebte. Noch in der mondhellen Nacht lag sie auf -ihrem Bette -- nicht nur ganz wach, sondern durchstrahlt. Jetzt, jetzt, -jetzt, flüsterte es. Hätte sie am Traum ihres Lebens festgehalten, auch -als die Wirklichkeit so grausam schien, sie hätte bestanden; weil sie -unsicher darin geworden, war alles unsicher geworden. Aber je größer das -Leiden gewesen, je größer würde vielleicht die Seligkeit werden! Sie -schlief in etwas Kreideweißem ein, das sie mit hinein in ihre Träume -nahm; sie erwachte leichten, hellen Wolken entgegen, die sich -zerstreuten vor den zusammenströmenden Gedanken an das, was ihrer heute -harrte. In der Nacht war das Ganze fertig geworden; sie erwachte mit der -vollsten Sicherheit. Heute würde es geschehen. Er hatte nicht _ein_ Wort -gesagt; diese seine Schüchternheit liebte sie von allem am meisten an -ihm. Gerade das war das sichere Pfand. Heute geschah es. - - - V - -Ihr Baden nahm viel Zeit in Anspruch, die Pflege ihres Haars fast sogar -noch mehr. Aus ihrer Kommode, dieselbe auf demselben Platz, die sie von -Kind auf benützt hatte, -- aus dem untersten Schubfach nahm sie das -allerfeinste Unterzeug hervor, das sie getragen hatte. Getragen nur ein -einziges Mal, nämlich an ihrem Hochzeitstage -- _vor_ der Entweihung. -Nachher nie wieder. Aber heute -- jetzt, jetzt, jetzt! Jedes Stück, daß -sie außerdem noch anzog, war etwas, das kein anderer berührt hatte. Sie -wollte sein wie die, die sie in ihren Träumen gewesen. - -Sie ging zu den Knaben hinein, die wach, aber noch nicht angezogen -waren: »Wißt Ihr was, Kinder, heute soll Tea Euch zur Großmutter -bringen!« Große Zustimmung -- auch von Tea, denn das bedeutete einen -freien Tag. »Mama, Mama!« hörte sie hinter sich her rufen, als sie in -die Küche hinunter lief, um eine Tasse Kaffee zu trinken, und dann fort. -Zuerst wollte sie Blumen holen, dann wollte sie ihre Stunden absagen. -Denn jetzt, jetzt, jetzt --! - -Auf der Straße fiel ihr ein, daß es zu früh sei, um jemand aufzusuchen. -Darum machte sie einen Spaziergang vor die Stadt, den frischesten, -fröhlichsten, den sie je gemacht. Sie kam gerade zurück, als Frau Holme -aufmachte. Als Ella eintrat, hielt die »Blumenfrau« ein kostbares -Bouquet in der Hand, das gerade fortgeschickt werden sollte. »Das will -ich haben!« rief Ella, sie schloß die Thür hinter sich. »Sie?« -entgegnete Frau Holme, etwas mißtrauisch; das Bouquet war sehr teuer. -»Ja, ich! Ich muß es durchaus haben!« Ella's kleine grüne Börse war -schon heraus. Das Bouquet war vom reichsten Hause der Stadt bestellt, -und Frau Holme sagte das. »Das macht nichts!« antwortete Ella. So viel -ehrliche Anbetung für ein Bouquet hatte die andere nie gesehen -- und -Ella bekam es. - -Von da zu Andresens an der Ecke; einer von den Kommis nahm bei Ella -Unterricht in Handelsrechnung; sie wollte ihm absagen und ihn ersuchen, -dem ganzen großen Kreis Bescheid zu sagen. Sie bat ihn darum mit -zündenden Augen, und er versprach es mit Feuer. Das appetitlichste rote -Tuch hing gerade vor ihr. Das mußte sie heute um den Kopf binden, wenn -sie ausfuhr, denn daß sie heute ausfahren würde, daran war kein Zweifel! -Andresen selbst kam dazu, als sie gerade nach dem Preis des Tuches -fragte; er sah ein Paar Blumen aus der Papierhülle hervorkommen; »das -sind ja herrliche Rosen,« sagte er. Sofort brach sie eine ab und gab sie -ihm. Von der Rose sah er zu ihr hin; sie lachte und fragte, ob er ein -wenig von dem Tuche ablassen würde; sie habe nicht ganz soviel Geld bei -sich. »Wieviel haben Sie?« fragte er. »Genau eine halbe Krone zu wenig.« -Er selbst packte ihr das Tuch ein. -- Auf der Straße traf sie Cäcilie -Monrad; Ella gab einer ihrer Schwestern Klavierunterricht und sparte es -sich nun, bis ans andere Ende der Stadt zu traben. Heute glückt mir -alles. »Haben Sie von den beiden gelesen; die sich in Kopenhagen -zusammen umgebracht haben?« fragte Cäcilie. Ja, Ella hatte es gelesen; -Fräulein Monrad fand es grauenhaft. »Weshalb?« -- Der Mann war ja -verheiratet. -- »Allerdings,« erwiderte Ella, »aber nun liebten sie -sich!« Ihre Augen waren ein Glutmeer; Cäcilie schlug die ihren nieder -und wurde rot. Da nahm Ella ihre Hand und drückte sie. -- Da bin ich in -eine Liebesgeschichte hineingekommen, dachte sie und flog mehr als sie -ging durchs Villenviertel; der größte Teil ihrer Eleven wohnte dort -oben. Auf einem Dache sah sie zwei Staare, die ersten vom Jahr; das -Tauwetter vor einigen Tagen hatte sie wohl verlockt. Aber nicht, daß die -Staare etwa verzagt gewesen wären; keineswegs, sie liebten! »Mama, -Mama!« hörte sie im selben Augenblick. Das waren doch deutlich ihre -Jungen! Sie hatte wohl an sie gedacht, als sie die Staare sah. So sehr -hatte es sie in Anspruch genommen, daß sie zu weit an den Straßenrand -kam; dabei trat sie auf ein Brettende, das ins Schwanken kam; sie wäre -beinahe gefallen. Aber unter dem Brett war es Frühling! Von der -Tauwetterzeit übrig geblieben stand da -- ja freilich war es Löwenzahn! -So langweilig wie er weiter in den Sommer hinein wird -- als erster Mann -ist er willkommen! Sie beugte sich nieder und nahm die Blumen. Sie -steckte sie zwischen die Rosen; der Löwenzahn nahm sich dort dürftig -aus; aber der erste im Jahr, und heute gefunden! - -Hiernach war sie ganz ausgelassen. Hüpfte die Anhöhen hinunter, als sie -fertig war; grüßte gleichmäßig Bekannte und Halbbekannte, und als sie -dann Cäcilie wiedersah, legte sie die Blumen aus der Hand, machte einen -Schneeball und warf ihr den in den Rücken. - -Zu Hause angekommen, ließ sie die Knaben zusammen mit Tea in den -Schlitten packen. »Mama, Mama!« riefen sie und zeigten nach dem Hotel -hinauf; Axel Aarö stand dort und grüßte. - -Gleich darauf kam er herüber. »Sie sind wohl ganz allein?« er trat zu -ihr. -- »Ja;« -- sie machte sich mit den Blumen zu schaffen und blickte -nicht auf, denn sie zitterte. »Ist heute Geburtstag im Hause?« -- »Sie -meinen wegen der Blumen --?« -- »Ja. Das sind ja herrliche Rosen! Und -die da im Glase? Löwenzahn!« -- -- »Die ersten im Jahr.« Er sah sie -nicht an. Er stand so unentschlossen da, als überlege er etwas. »Darf -ich Ihnen etwas vorsingen?« sagte er endlich. -- »Ja, bester --!« sie -ließ die Blumen, um das Klavier zu öffnen und den Stuhl herunter zu -schrauben -- und zog sich dann bescheiden zurück. Nach einem längeren, -gedämpften Vorspiel, begann er Ole Olsen's »Sonnenuntergang« ganz ruhig, -ja, so wie er gesprochen und gewesen war, seit er bei ihr eingetreten. -Nie hatte er schöner gesungen; seine Gesangskunst war so viel größer -geworden. Aber in der Stimme lag derselbe, nein, ein noch trostloserer -Schmerz als der, den sie das erste Mal vernommen. »Trauer, Trauer, -- -ach, ich bin verloren!« -- sie hörte es wieder so deutlich. Als er den -ersten Vers zu Ende gesungen hatte, saß sie vorübergebeugt und weinte; -sie hatte nicht einmal versucht, sich Zwang aufzulegen. Er hörte es und -drehte sich um; gleich darauf fühlte sie daß er ihren Zopf berührte, ja, -ihr war, als küsse er ihn; jedenfalls hatte er sich ganz über sie -niedergebeugt, denn sie fühlte seinen Atemzug. Aber sie hob den Kopf -nicht, sie hatte nicht den Mut. - -Er ging durchs Zimmer. Kam zurück, ging wieder. Da wurde es still in -ihr, sie saß unbeweglich und wartete. - -»Darf ich Sie heute spazieren fahren?« vernahm sie. Den ganzen Tag wußte -sie schon, daß sie zusammen ausfahren würden, sie wunderte sich daher -nicht. Gleichwie _dies_ nun in Erfüllung gegangen war, würde das andere -kommen. Alles. Sie blickte durch Tränen auf und lächelte. Er lächelte -ebenfalls! »Ich gehe und bestelle das Pferd.« Und als sie nicht -antwortete, tat er's. - -Wieder zu den Blumen. Sie hatte sie ihm also nicht geben dürfen. Die -paar Blüten Löwenzahn wollte sie fortwerfen. - -Als sie sie aus dem Glase nahm, fielen ihr die Worte ein: »Da haben Sie -doch etwas Reelles.« Die Worte waren allerdings nicht vom Löwenzahn -gesagt: aber sie waren ihr oft wieder eingefallen; es war nicht -wunderlich, daß sie ihr jetzt einfielen. Sie ließ den Löwenzahn stehen. - -Aarö blieb lange fort, länger als eine Stunde. Als er aber kam, war er -außerordentlich munter. Er saß hinten auf einem flotten Damenschlitten -in dem eleganten Pelz von gestern, dem kostbarsten, den sie je gesehen; -grüßte mit der Peitsche hinein und sprach und lachte mit den Kindern -sowohl wie mit den Erwachsenen, die sich um ihn sammelten, während sie -sich ankleidete. Das war bald geschehen; sie hatte nicht viel -anzuziehen, brauchte es auch nicht. - -Er stand sofort auf, grüßte, packte sie ein, und fort ging es im Trabe. -Unterwegs beugte er sich zu ihr und flüsterte: »Wie gütig von Ihnen, daß -Sie mitkommen!« Seine Stimme war so warm, aber sein Atemhauch war anders -als vorhin. Sobald der prächtige Hengst im Laufe nachließ, beugte er -sich wieder vor: »Ich habe per Telephon ein Lunch in Baadshaug bestellt. -Es ist bereit, wenn wir kommen. Sie haben doch wohl nichts dagegen?« Sie -drehte sich um damit sie ihm den Kopf zuwenden konnte; sie stießen -beinahe zusammen: »Ich habe vergessen, Ihnen für die Karte von gestern -zu danken.« -- Er wurde rot: »Ich habe es nachher bereut,« sagte er; -»aber in dem Augenblick, wo ich die Karte sah, mußte ich an Sie denken. -Wie Sie hier heraus passen!« Jetzt wurde _sie_ rot und zog sich zurück. -Da hörte sie dicht neben sich: »Sie dürfen nicht böse werden. Es pflegt -so zu gehen; wenn man eine Dummheit wieder gutmachen will, so macht man -eine zweite.« Gern hätte sie seine Augen gesehen während er das sagte; -aber sie wagte es nicht. Jedenfalls war es mehr, als was er bis jetzt -gesagt hatte. Die Worte fielen weich wie Flaum! Bis heute hatte sie -seine Zurückhaltung beinahe mißdeutet, -- aber wie schön sie doch alles -machte; sie betete sie an. »In einer Weile sind wir im Walde; dort -werden wir anhalten und uns umsehen,« sagte er. _Dort_ dachte sie! Er -fuhr im raschen Trabe dahin; sie freute sich, freute sich. Die Sonne -funkelte auf dem Schnee, die Luft war warm, sie mußte das Kopftuch -lösen, und dabei half er ihr. Wieder fühlte sie seinen Atem; es war -etwas -- nicht wie Tabak, feiner, angenehmer, aber was war es? Es -entsprach ihm selbst gleichsam. Ihr war so wohl, mit solchem Überfluß -von Glück in der Landschaft, durch die sie nun fuhren, und die beständig -schöner wurde. Auf der einen Seite des Weges die Berge, die weißen -Berge, denen die Sonne einen rötlichen Glanz gab! vor den Bergen -Anhöhen, zum Teil mit Wald bewachsen, und zwischen den Anhöhen lagen -Höfe. Auf der anderen Seite des Weges hatten sie die ganze Zeit das -Meer; aber zwischen ihnen und dem Meer flache Strecken, vielleicht -Moore. Das Meer selbst grauschwarz gegen die Schneegrenze; das sprach -herein von anderen Seiten des Lebens. Von ewiger Unruhe, salzigem Ernst, -nur Protest auf Protest gegen das Schnee-Idyll. - -Während des Tauwetters waren Zweige, Stämme, Zäune feucht gewesen; der -erste Schnee der dann kam, war ebenfalls feucht an sich und klebte gut -fest. Als dies dann zusammenfror, und das Schneegestöber immer -gleichmäßig überwältigend blieb, da bildeten sich Figuren über den -ersten erstarrten Formen, wie man selten etwas Ähnliches sieht. Die -Schwere des ersten feuchten Schnees machte, daß er hinabsickerte, an -irgend einer Unebenheit haften blieb und sich dort sammelte; oder unter -die Zweige hinabglitt oder zu beiden Seiten der Zaunpfähle. Als dies -sich nun in Ruhe fügte und vermehrte, kamen die schnurrigsten Tiere zum -Vorschein, -- weiße Katzen, weiße Hasen, die mit krummem Rücken und -gestrecktem Vorderleib an den Baumstämmen in die Höhe kletterten, oder -unter den Zweigen manövrierten, oder oben auf den Hürdenstangen einen -Buckel machten. Zottige, weiße Tiere, oft so groß wie der Marder, aber -sogar auch groß wie der Luchs, ja, wie der Tiger. Demnächst allerhand -kleines Getier, weiße Mäuse, Hermeline, oben und unten und drüben. Und -alle möglichen Raritäten, Kobolde, die an den Beinen hingen, Pierrots, -Gnomen auf den äußersten Spitzen der Hürdenpfähle, Heinzelmännchen mit -Rucksäcken; oder eine hingeworfene Kappe, eine Nachtmütze, ein Tier ohne -Kopf, ein anderes mit einem Schweif von ungeheurer Länge, ein großer -Fausthandschuh, eine umgestülpte Wasserkanne. An einigen Stellen bloßes, -schwarzes Laubwerk als Verzierung an der weißen Wand, an andern große -Schneelasten in den Nadelbäumen mit Grün drüber und drunter, mächtige -Farbenmengen gegeneinander. - -Aarö hielt an; sie stiegen beide ab. - -Da stürmte eine Reihe ganz anderer Eindrücke hervor. Dicht neben ihnen -lag ein alter Bursche von einem Stamm, halb umgestürzt im Spiel des -Lebens. Aber träumte er nicht jetzt im Winter den schönsten Traum, -nämlich daß er jung sei? Beim ausgelassenen Aufbauen schneeweißer -Herrlichkeit hatte er alle Schmerzen und Hinfälligkeit vergessen; -versteckt war das Moos auf seiner Haut, die Fäulnis der Wurzel war -zugedeckt, die Narben von den verlorenen Zweigen unsichtbar. Eine -gebrechliche Pforte war ausgehängt und an den Zaun gelehnt, sie war -zerbrochen und unbrauchbar. Auch sie hatte des Winters Künstlerhand -aufgesucht und erneuert; jetzt war sie ein architektonisches -Meisterwerk. Die schiefstehenden, dunklen Zaunpfähle waren junge Stutzer -mit schiefem Hut und munteren Mienen. Die alten, schmutziggrauen, -moosbewachsenen Hürdenstangen -- man kann sich das Paradies hinter -keiner schöneren Einfriedung träumen! Ihre Schwäche war bei der -Auferstehung ihre Stärke geworden, Sprünge und Äste im Holz der -vorzüglichste Baugrund für den Schnee, jedes Loch mit einem Wisch -himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende Unebenheiten schon seit -der Zeit, wo sie gespalten worden, waren nun zugedeckt und geküßt, -beruhigt und geschmückt, alle Fehler mit aufgenommen in die weiße -Gemeinschaft. - -Eine verfallene Tenne unterhalb des Weges, ein wohlausgedienter -Mutterarm für Laub und Torf, -- ebenfalls aufgesucht und -verschwenderischer übergossen, als die reichste Braut der Welt. Aus des -Himmels reichstem Schoß mit solchem Überfluß beschüttet, daß der Schnee -in weißen Fahnen einen halben Meter weit über das Dach hing, an einigen -Stellen mit hoher Kunst wieder aufgefaltet. Die grauschwarze Wand unter -den Fahnen sah dadurch aus wie ein altes persisches Gewebe; die ganze -Tenne hätte fertig in einem Shakespeareschen Drama auf die Bühne -gestellt werden können. Hinten die Berge, vorn die Höhen, alles glänzte -in der Sonne wie einst im Hosianna der Juden. - -Ella vernahm aus der Ferne fortwährend zwei zarte Stimmen »Mama, Mama!« -die in dies alles hineinklangen. Als sie sich nach ihrem Begleiter -umsehen wollte, saß er tiefergriffen auf dem Schlitten, während die -Tränen ihm über die Backen liefen. - -Bald fuhren sie weiter, aber langsam. »Ich erinnere mich dieses -schmutzigen Weges,« sagte er; die Stimme klang so wehmütig, »die Bäume -gaben so viel Schatten, so daß er selten trocken wurde; aber jetzt ist -er doch sehr fein!« Da drehte sie sich um und hob den Kopf empor: »Ach, -singen Sie etwas!« -- Er antwortete nicht gleich; sie bereute, daß sie -darum gebeten hatte; dann aber sagte er: »Ich wollte schon, aber da kam -eine solche Erregung über mich. -- Sprechen Sie jetzt eine Weile nichts, -dann kann ich's vielleicht. Das alte Winterlied nämlich.« -- Sie sah -ein, daß er nicht eher singen konnte, als bis es für ihn selbst so recht -zur Wahrheit wurde. Solche stillen Schwärmer dachte sie, sind -wählerischer in Bezug auf das, was echt ist. Das meiste ist ihnen nicht -echt genug. Deshalb berauschten sie sich auch so gern, sie wollten -hinaus, mußten eine Welt für sich allein schaffen. Ja, nun sang er: - - Müde schlummert der Sommer ein, - Winter decket ihn sorglich zu. - »Bächlein,« sagt er, »geht nun zur Ruh, - Wogen, lasset das Plätschern sein!« - Weste schweigen die kosenden, - Stürme heulen, die tosenden. - - Somren sovned i Vintrens Favn, - Vintren rejste sig, daekked til, - »rolig« sa han til Elvens Spil, - »rolig« sa han til Gaard og Havn. - Tause blev de saa, Skogerne. - Hjemme hörtes kun Slogerne. - - All den Duft, den der Sommer gab, - Fein verwahrt er fürs nächste Blüh'n, - Ruhen durft er für all sein Müh'n. - Bäume senken das Laub herab, - All, die Blumen, die prächtigen, - Bergen sich vor dem Mächtigen. - - Al den Ting, som var Somren kjaer, - fint forvartes til naeste Gang; - Hvile fick det for al sin Trang, - Markens Spirer og Vand og Traer. - Gjemtes som Kjaernen i Nödderne, - Mulden smuldred am Rödderne. - - Was der Sommer an Krankheit bracht, - Pestkeim, den seine Glut erzeugt, - Winterkälte hat ihn verscheucht, - Hoch auf Bergeshöh er erwacht, - Atmet die Lüfte, die tauenden, - Grüßet die Gipfel die blauenden. - - Alt, hvad Somren af Sygdom led, - Pestfrö over dens Liv og Frugt, - Vintren draebte i Frost og Flugt -- - vaagne skal hun i fjaeldblaa Freed, - toet af Sneen og Vindene, - hilset af Sundhed i Sindene. - - Über des schlafenden Sommers Stirn - Streut der Winter gar holden Traum, - Sternenhoch trug er im Weltenraum - Ihn zu der Nordlicht umstrahlten Firn, - Durch die Zeit, die nie säumende - Fort -- bis erwacht der Träumende. - - Over den sovendes höstgraa Bryn - Vintren strödde saa fager Dröm, - stjaernehöj, hvid-hvid i Nordlys-Ström - bar den hende fra Syn til Syn - gjennem de lange Dögnene - frem, til hun opslog Öjnene. - - Er, den grausam und bös' sie schmähn, - Schaffet, was er doch nie darf seh'n; - Er, der Räuber und Mörder genannt, - Schirmet und wachet all Jahr im Land, -- - Weiter eilt dann der Flüchtige, - Harrt auf die Zeit, die richtige. - - Han, som skjaeldtes for vond og vred, - lever for det, han ej faar se; - han, som skjaeldtes for Morder, han - skjaermer og tor hvert Aar vort Land, -- - gjemmer sig saa i Fjaeldene, - til det blir kaldt am Kvaeldene. - -Die vielen kleinen Schellen begleiteten den Gesang wie -Sperlingszwitschern; seine Stimme läutete zwischen den Bäumen den -Gottesdienst des Menschengeistes in den weißen Hallen ein. - -_Ein_ Tag, das fühlte Ella, bezahlte für tausend. _Ein_ Tag tut das, was -das Winterlied erzählt, er wiegt einen müden Sommer zur Ruhe, dämpft -seine Krankheitskeime, zerbröckelt die Erde für den neuen, macht die -Nerven stark und die dunkelste Zeit hell. In ihm sammeln sich all unsere -langen Träume. Was hätte nicht auch aus ihr werden können, wie klein sie -auch war, wenn sie _viele_ solche Tage gehabt hätte? Was hätte sie dann -nicht für ihre Knaben werden können? - -Sie kamen an ein langes, weißes Gebäude zwischen zwei Flügeln, alle von -Holz. Auf dem Hofplatz standen viele Schlitten mit aufgestellten -Gabeldeichseln; es waren also schon mehrere Gesellschaften hier. Ein -Stallknecht führte ihr Pferd fort; der Diener, der sie bedienen sollte, -war gleich zur Hand, um ihnen zu helfen, und ein Mann im bloßen Kopf mit -jovialem Gesicht kam dazu; es war Peter Klausson! Er schien sie erwartet -zu haben und wollte Ella durchaus beim Ablegen behilflich sein. Aber er -roch nach Cognac oder was es war; um ihn los zu werden, fragte sie nach -dem Zimmer, in dem sie speisen sollten. Sie wurden in ein warmes, -gemütliches Zimmer mit gedecktem Tische geführt; dort half Aarö ihr mit -den Sachen. »Ich konnte Peter Klaussons Atem nicht ertragen,« sagte sie. -Da lächelte Aarö. - -»In Amerika hat man Mittel gegen dergleichen.« -- »Was meinen Sie?« -- -»Man nimmt etwas, das den Atem anders macht.« -- Gleich darauf bat er, -ihn zu entschuldigen, er habe noch dies und jenes anzuordnen. Sie war -also allein, bis angeklopft wurde; es war wiederum Peter Klausson! Er -sah ihr Erstaunen und lächelte: »Wir werden ja zusammen speisen,« sagte -er. -- »So?« -- Sie sah nach dem Tisch; er war für fünf gedeckt! -- -»Haben Sie kürzlich von Ihrem Manne gehört?« -- »Nein.« -- Lange Pause. -Ist Peter Klausson eine Gesellschaft für Axel Aarö? Der beste Kumpan -ihres Mannes? Aarö, der nur haben wollte, was echt war? Aber im selben -Augenblick, da sie dies gedacht hatte, mußte sie auch zugeben, daß Peter -Klaussons unmittelbare Natur vollkommen ehrlich sei, was er sonst auch -immer sein mochte. - -Der Diener brachte einen Korb mit Wein ins Zimmer, schloß die Tür aber -nicht eher hinter sich, als bis er von draußen noch mehr hereingeholt -hatte, nämlich Champagner in Eis. »Ist all der Wein für uns?« fragte -Ella. -- »Wie ich sehe,« erwiderte Peter Klausson; er war sichtlich -erfreut. -- »Aarö trinkt doch keinen Wein?« -- »Aarö? Er hat mich -aufgefordert, heute herauszukommen -- ich kam zufällig zu ihm hinauf, -- -und da haben wir beide den allerfeinsten Cognac getrunken.« -- Ella -kehrte sich nach dem Fenster um, denn sie fühlte, wie sie erbleichte. - -Gleich darauf trat Aarö ein, so höflich und vornehm, daß Peter Klausson -die Hände aus den Hosentaschen ziehen mußte; er wagte beinahe nicht zu -sprechen. Aarö teilte mit, daß er Holmbos eingeladen habe; gerade eben -hätten sie abgesagt; sie mußten sich jetzt alle drei an ihrer -gegenseitigen Gesellschaft genügen lassen. Er führte Ella zu Tisch. Aarö -zeigte sich als der liebenswürdigste und der erfahrenste Wirt. Mit dem -deutschen Diener sprach er englisch und gab fortwährend kleine Winke in -Bezug auf das Anrichten; er verdeckte die Sünden des Dieners, brachte -Kleinigkeiten zur Geltung -- alles so, daß man es kaum merkte. -Gleichzeitig nährte er eine einfache Unterhaltung durch kleine Anekdoten -aus seinem gesellschaftlichen Leben. Er schenkte niemals selbst ein; -wenn er trank, zitterte ihm die Hand. Auch früher glaubte sie dies schon -bei ihm gesehen zu haben; jetzt quälte es sie. - -Der erste Gang waren Austern, und davon aß sie tüchtig; sie war sehr -hungrig. Aber später konnte sie weniger und immer weniger mitkommen, ja, -zuletzt war es, als würde ihr die Kehle zusammengeschnürt. Sie hätte -ebenso gut weinen wie essen und trinken können. - -Anfangs war es ihr nicht recht klar, weshalb. Wohl, daß es so ganz -anders war, als sie geträumt hatte: der herrliche Tag war im Begriff -eine Enttäuschung zu werden. Im Beginn dachte sie: dies wird wohl einmal -ein Ende nehmen, und dann haben wir es auf dem Heimwege wieder angenehm. -Aber nach und nach, als seine Laune immer ausgelassener wurde, erwies er -ihr alle erdenkliche Aufmerksamkeit, ja, sie wurde von beiden Kavalieren -zugleich gefeiert -- bis sie hätte schreien mögen. Nach der Mahlzeit -wurde sie elegant an Aarös Arm in ein anderes Zimmer geführt, das -ebenfalls in Bereitschaft gehalten war -- gemütlich, prächtig mit einem -Klavier. - -Der Kaffee wurde sofort serviert (mit einem »^Avec^«) und unmittelbar -darauf baten die Herren um Erlaubnis, einen Augenblick rauchen zu -dürfen, es solle nur ganz kurz sein. Sie gingen -- und ließen sie -allein. Dies war nicht einmal mehr höflich -- und nun erst begriff sie, -daß nicht nur der Tag, sondern Aarö ein anderer geworden, als sie -gedacht hatte! Das große Dunkel der Ballnacht kam über sie hergezogen; -sie kämpfte dagegen, sie erhob sich und ging, wollte hinaus, als könne -sie ihn dort so wiederfinden, wie sie ihn in ihrer Vorstellung hatte. -Sie suchte den Weg nach dem ersten Zimmer, nahm dort ihr rotes Tuch um -und war gerade auf den breiten Platz vor dem Gebäude gekommen, als der -Diener vom Mittag hinter ihr her kam und etwas auf englisch sagte, was -sie anfangs nicht verstand; sie war nämlich zu sehr mit den eigenen -Gedanken beschäftigt, um sofort die Sprache wechseln zu können. Der -Diener erzählte, daß einer von ihren Begleitern krank geworden sei; der -andere sei nicht zu finden. Als sie die Worte bereits verstand, begriff -sie nicht, was es sei, sondern folgte ihm mechanisch. Unterwegs fiel ihr -ein, daß Aarös Zunge ihm nicht ganz gehorcht habe, als er nach dem -»^Avec^« um Erlaubnis gebeten, hinausgehen und ein wenig rauchen zu -dürfen; ihn hatte doch wohl nicht der Schlag getroffen --! - -Sie kamen am Rauchzimmer vorbei, das ihr im Vorübergehen voll erschien --- jedenfalls voll Rauch und Gelächter. Die Tür zu einem kleinen Zimmer -daneben wurde geöffnet; dort lag Axel Aarö auf dem Bette; er mußte sich -dort hinein geschlichen haben -- vielleicht um noch mehr zu trinken. Er -hatte nämlich eine kleine, dicke Flasche mit hineingenommen, die auf -einem Tische neben dem Bette stand. Auf diesem lag er selbst, -vollständig angezogen mit erloschenen Augen, ohne Kraft oder Empfindung; -er sagte zu ihr: »Tip, tip, Peté!« Er wiederholte es mit ausgestrecktem -Finger: »Tip, tip, Peté!« Beidemal in der Fistel. Sollte das Peter -heißen? Glaubte er, sie sei ein Mann? Hinter ihm auf dem Kopfkissen lag -etwas Haariges; es war ein Toupet; jetzt sah sie's, er hatte eine -Glatze. »Tip, tip, Peté!« hörte sie hinter sich, als sie hinausstürzte. - -Armseliger als jetzt Ella in ihren Pelzschuhen und Winterkleidern so -schnell, wie ihre kurzen Beine sie tragen konnten, nach der Stadt -zurücktrabte, ist wohl selten jemand über einen Landweg gelaufen. Der -schwere Mantel, den sie auf der Fahrt gehabt, war aufgeknöpft, das -Kopftuch trug sie in der Hand, und doch schwitzte sie, daß es herab -tropfte; die Vorstellung beherrschte sie, daß es die Träume seien, die -von ihr abfielen! - -Anfangs dachte sie nur an Axel Aarö, den unglückselig Verlorenen! Morgen -oder übermorgen hatte er das Land verlassen, sie wußte es bereits, und -diesmal für alle Zeiten! - -Aber wenn sie es sich so recht entsetzlich ausmalen wollte, wie es war, -dann lag das Toupet auf dem Kopfkissen und sagte: »Es war doch wohl -nicht alles so echt mit Axel Aarö?« Doch, doch, -- was konnte er dafür, -daß er so früh kahl geworden war? Hm, erwiderte das Toupet, er hätte es -eingestehen können. - -Ella arbeitete sich vorwärts. Glücklicherweise begegnete sie niemand, -auch kam niemand von all denen, die jetzt auf Baadshaug waren, hinter -ihr her; sie mußte ja komisch aussehen, schwitzend und weinend mit -aufgeknöpftem Mantel, in Pelzschuhen mit dem Tuch in der Hand. Sie -versuchte ein paarmal, langsamer zu gehen, aber der Aufruhr in ihr war -zu stark, und dann lag es in ihrer Natur, sich vorwärts zu arbeiten. - -Aber in ihrem gejagten Blut meldete sich die kräftige Frage: Möchtest -du, Ella, nun all deine Träume entbehren, da es jedesmal so jämmerlich -damit gegangen ist? Da flennte Ella laut auf und erwiderte: nicht, wenn -es mein Leben gälte! Nein, denn die Träume sind das Beste, was ich -gehabt habe; sie haben mich gelehrt auszuhalten, sie haben mir gegeben, -womit ich all das andere messen kann, so daß ich niemals etwas für hoch -halte, was niedrig ist. Nein, meine Träume, die habe ich auch um meine -Kinder gewebt, so daß ich jetzt tausendmal mehr Vergnügen an ihnen habe. -Die, und dann die Blumen, das ist alles, was ich habe. Und sie flennte -und arbeitete sich vorwärts. - -Aber nun sind dir ja keine Träume mehr geblieben, Ella! - -Anfangs wußte sie nicht, was sie darauf antworten sollte; es schien ja -allzu wahr, allzu entsetzlich wahr, -- und das Toupet zeigte sich -wieder. - -Gerade hier hatte Aarö das Winterlied gesungen. Wie das Zwitschern der -Schellen die Weise begleitet hatte, so begleitete jetzt das »Mama, -Mama!« der zarten Stimmen ihre Tränen. Es war nicht wunderlich, denn sie -lief ja zu ihren Knaben, aber jetzt meldeten sie sich, als wären sie's, -von denen sie träumen sollte. Nein, nein, »da haben Sie doch etwas -Reelles,« antwortete es mit Aarös Stimme; sie erinnerte sich, wie er es -gesagt, sie erinnerte sich seiner Wehmut dabei. Hatte er wirklich an sie -und sich gedacht und an die Knaben und sie? Hatte er seine eigene -Schwäche mit ihrer Gesundheit und Zukunft gemessen? Sie kam wieder weit -von den Knaben ab; sie war wieder bei all seinen Worten und Blicken, um -das Rätsel zu deuten; aber darunter brach das Sehnen und der Schmerz -wieder auf, wie nie zuvor; das ganze Leben war vorbei, der Traum zu alt -in ihr, zu stark, zu lieb, die Wurzeln konnten nicht ausgerissen werden, -unmöglich! Sie waren ja ungefähr alles, was sie den nächsten Tag sehen -würde, berühren, vornehmen würde! -- -- Zu aller Verzweiflung kam noch, -daß die Knaben nicht zu Hause waren; sie kam an ein leeres Haus. - -Aber Kräfte waren in ihr. Denn als sie nach Hause kam und gebadet und -sich schlafen gelegt hatte, und der Mondschein von gestern abend ins -Zimmer sah und erwähnte, was sie mit einander gehabt hatten, da warf sie -sich im Bett umher und weinte laut wie ein Kind; hier konnte niemand sie -hören, niemand hereinkommen. Ihr Herz war jung, wie damals, als sie -siebzehn Jahre alt war; es konnte und wollte nicht aufgeben! - -Was war es denn eigentlich, was sie heute gewollt hatte? Ja, das wußte -sie nicht; -- nein, sie wußte es nicht! Sie wußte nur, daß _dort_ ihr -Glück sei, und nun hatte sie es darauf ankommen lassen. Jetzt lag sie -hier enttäuscht und betrogen in einer Weise, wie gewiß wenige vor ihr es -gewesen. - -Sie vermochte aber auch nicht, ihn zu entheiligen. Deshalb zog die -Winterweise mit seiner Stimme vorüber, gut, voll, traurig; die wollte -gleichsam alles für sie ordnen. Und gehorsam wie ein Kind legte sie sich -zurecht und lauschte. Was sagte sie? Freilich, die sagte, daß die Träume -zwei Sommer zusammenbänden, den, der war, und den, der sich langsam aufs -neue emporarbeitete, dank den Träumen, die gewacht hatten. Sie sagte -auch, daß die Träume etwas für sie seien, oft höhere Wirklichkeit, als -die der Verhältnisse. Sie hatte das ja oft so empfunden, wenn sie mit -ihren Blumen beschäftigt war. - -Bei all ihrer Ruhelosigkeit im Bette war der Zopf an ihre Seite geraten. -Wehmütig zog sie ihn herauf; noch heute hatte er ihn geküßt. - -Und dann legte sie sich auf die Seite und nahm ihn zwischen die Hände -und weinte. - -»Mama, Mama,« flüsterte es. Und so schlief sie ein. - - - - - Ivar Bye - - - Deutsch von G. I. Klett - -An seinem Sterbebett gab ich mir selbst das Versprechen, sobald seine -Geschichte einst öffentlich erzählt werden könnte, wollte ich es tun. -Aber ich wußte, in dem ersten darauf folgenden Menschenalter konnte dies -kaum geschehen. - - * * * * * - -Nun hat sich öffentlich vor aller Augen in Norwegen etwas ereignet, das -bis zu mir dringt und fragt: Ist die Zeit noch nicht gekommen?[1] - -Ivar Bye's Name war den Meisten bekannt, welche die Eröffnung des -norwegischen Theaters in Christiania sahen. Bis in die fünfziger Jahre -waren wir künstlerisch ein von Dänemark abhängiges Land; wir waren ohne -dramatische Literatur, ohne Schauspieler und, der Ansicht vieler -gebildeter Norweger zufolge, absolut unfähig, dies Beides zu erlangen, --- bis Ole Bull den Braven zeigte, daß dennoch ein großes -Schauspielertalent im Volk steckte, und daß die Stücke von selbst kamen. -Nach dem Bergenser norwegischen Theater, das er errichtete, erstand das -Christianiaer norwegische Theater, in Gang gebracht von einigen -Patrioten, deren einziger überlebender der alte Oberlehrer K. Knudsen[2] -ist. Am Eröffnungstag des norwegischen Theaters war Ivar Bye mit dabei. -Ein dunkler, breitschultriger Mann von schlanker Taille, einen Kopf so -schön von Form, so gut und edel von Gesichtsausdruck, daß keiner ihn -vergaß. Die Stirn breit und hoch, das Haar fast schwarz, die Augenbrauen -gewölbt, eine Adlernase, schmal, fein, -- und dazu die guten, grauen -Augen mit einem Schelm drin, sobald er sprach. Dann verzog sich auch der -Mund gern zu einem Lächeln, voll von Erotik und erhellt von einem -Schimmer herrlicher Zähne in breiter Rundung. Diese grauen Augen und der -Mund taten gute Dienste zusammen, machten unablässig Eroberungen unter -Männern und Frauen, alten und jungen. Aber im Stillen. Obgleich sein -Kopf auf einem recht langen Hals aufrecht getragen wurde, und obschon -das Kinn vorspringend war und Mut bekundete und obschon das hagere, -bräunliche Antlitz Energie verhieß, -- immer kam er gedämpft und -rücksichtsvoll. - -[Fußnote 1: Ein begabter Arbeiter war im Jahr 1894 zum Stortings-Mann -für Trontheim gewählt worden, gab sich aber darauf selber als wegen -einiger Jugendvergehen vorbestraft an.] - -[Fußnote 2: + im Jahr 1895.] - -Zwei Mängel hatte der Körper; er war nicht rund ausgebaut, sondern eher -flachgedrückt, und die Kniee waren nicht frei von der Neigung, -auseinander zu gehen. Die Meisten sahen das nicht; sie hielten sich an -seinen schönen Gang, dessen angenehmen Rhythmus sie empfanden. Nie hat -jemand ihn irgendwo im Vordergrund gesehen, wo sie ihn aber zu Gesicht -bekamen, da zog er die feineren Naturen an. Und auch die andern fühlten, -hier war ein Mann von Rasse. - -Und das war er. Aus einer alten norwegischen Beamtenfamilie, in der das -Erbe unsrer ältesten Geschlechter steckte, er hieß nicht Bye. - -Sein Großvater hatte als Beamter Kassendefraudation begangen, und obwohl -die Umstände nicht sonderlich gravierend waren, empfanden es die Kinder -als eine solche Schande, daß sie einen andern Namen annahmen. Ivars -Vater war zum Offizier bestimmt, ich glaube auch, er war auf der -Kriegsschule; aber nach des Vaters Fall mußte er sich damit zufrieden -geben, Sergeant zu werden. - -Jeder Moldenser Schuljunge aus meiner Zeit erinnert sich an Sergeant -Bye, wenn er in der Stadt war .... stets betrunken. Ein mittelgroßer, -breit ausgehauener Mann mit großer Adlernase und mit einer gewissen -Würde in seinen Bewegungen. Selbst wenn er am allerbetrunkensten war, -bewahrte er die. Er konnte nicht gedeihen in der Umgebung, zu der er -herabgesunken war, und so schuf sein romantisches Naturell sich manche -sonnige Stunde, in denen er den Herrn spielte. Alle rühmten seine Güte -und Rechtschaffenheit. - -Der Sohn hatte denselben Drang aus dem Bauernleben heraus. Draußen an -der Küste ging es damals recht eng und ärmlich zu. Da saß er als Hirte -und träumte davon, das Geschlecht zu ehemaliger Herrlichkeit -emporzuheben; er erzählte diese großen Träume bloß seiner kleinen -Schwester, sonst niemand. Die beiden Geschwister hielten sich ganz für -sich. - -Der kleine Ivar hatte ein unglaubliches Talent, sie und sich selbst -herauszuputzen. »Etwas zu machen aus nichts oder aus einer ungeeigneten -Materie,« wie das religiöse Lehrbuch meiner Zeit »die Schöpfung« -definierte. Zum Lohn für dies Talent wurde, als er älter war, Vaters -abgelegte Uniform für ihn gewendet und zugeschnitten, so daß er sich -eines Tages in der Stadt in blauem Tuchanzug, mit blauer Mütze zeigen -konnte! Das war wohl der höchste Festtag seines Lebens! Er wurde auch -gleich um seiner ungewöhnlichen Schönheit willen bewundert. Die -Gesellschaft anderer als der Zöglinge der höheren Schule verschmähte er. -Er erzählte mir später, wie er lange vergebens darauf brannte, mit in -das Spiel der großen, vornehmen Jungens zu kommen. Und es glückte, -- -dank Einem insbesondere, dem Herrn über alle andern. Die Hingebung und -der Stolz des kleinen Jungen kannte keine Grenzen. - -Hier hatte er auch seine erste Liebe. Es war kein Mädchen, sondern ein -fast erwachsener Kamerad unter denen, die sich seiner angenommen hatten, --- schön, verwegen, herrschsüchtig, schon recht lebenserfahren, schon -ziemlich verdorben. Aber das verstand Ivar nicht; er bewunderte seine -Flottheit, sein Befehlshabertalent, seine herablassende Leutseligkeit, --- und vielleicht vor allem seine große Schönheit, seine hohe, schlanke -Figur, seine ungewöhnlich weiße Haut zu schwarzem Haar -- nicht zu -vergessen seine gesellschaftliche Gewandtheit und die Gunstbeweise der -Frauen ihm gegenüber; das war für den Knaben etwas ganz Neues. Das war -der Herrentyp, das Ideal des Knaben. - -Unter all diesen Kameraden war Ivar der kleinste und behendeste, wenn es -gefahrvolle Schelmenstreiche galt, z. B. Äpfel und Beeren in den Gärten -stehlen und verschwunden sein, wenn der Eigentümer oder andre den Lärm -hörten und herbeikamen. Jedesmal, wenn sie etwas derartiges angestellt -hatten, wie eine Schnur über den Weg spannen, so daß die Bauern, wenn -sie betrunken von der Stadt zurückkehrten, drüber fielen und die Pferde -durchgingen, oder wenn sie die Leinen an den Booten der Bauern -durchschnitten hatten, so daß sie ins Meer hinaustrieben ... jedesmal, -wenn sie etwas derartiges angestellt hatten, ohne entdeckt zu werden, so -hielten sie das für »eine Tat«. In Stadt und Umgegend davon reden zu -hören, das war ein Jux! - -An einem Ende der Stadt lebte eine geizige, zornmütige Witwe, die einen -Laden und einen großen Garten besaß; mit diesem Zornbesen lagen sie ganz -besonders in Fehde, d. h. _sie_ wußten, wem sie ihren Schabernack -spielten; aber die Alte wußte nicht, gegen wen sie Wachen ausstellte, -den Hund hetzte, in die dunkeln Herbstabende hinaus schalt und drohte. -So lange trieben sie das, bis sie fanden, es sei nötig, noch mehr zu -tun. Der Vorschlag des Anführers, daß sie sich eines Abends in den -geschlossenen Laden schleichen und ihre Kleingeldkasse (sie wußten, in -welcher Schiebelade sie stand) entwenden wollten, fand allgemeine -Zustimmung. Das war ein »Hauptulk«; ihr Zorn würde gradezu in -»Besessenheit« ausarten! Der Jüngste und Behendste wurde durchs -Kellerfenster hineinkommandiert, die Andern standen Wache. - -Aber wie es nun zuging, -- der Jüngste und Behendste wurde entdeckt. Und -mit einem Mal erhielt die Sache ein Aussehen, wie es keiner der -Spaßmacher sich gedacht hatte. - -An die Einzelheiten erinnere ich mich nicht mehr. Das Ende war, daß er, -der den Streich auf Befehl ausgeführt, die Kasse abgeliefert und keinen -Vorteil davon gehabt hatte, -- der Einzige war, der gefaßt, angeklagt -und verurteilt wurde. Die andern waren »guter Leute Kinder«. Es waren -auch verschiedene Konfirmierte unter ihnen, für die die Strafe allzu -ernst geworden wäre; denn die Gesetze jener Zeit waren streng. - -So drangen denn die andern Knaben und deren Eltern mit Bitten und -Versprechungen auf ihn ein; der Gefängniswärter gab freien Zutritt. Es -wäre gar nicht notwendig gewesen, ihn zu bitten, alles auf sich zu -nehmen; er hätte gern sein Leben für die Kameraden gegeben. Besonders -für den Großen mit der weißen Haut und dem schwarzen Haar. Es war eine -Freude für ihn, als schließlich auch der kam und sagte: »Du sollst es -nicht bereuen,« -- und ihm dazu übers Haar strich. - -Wohl tat es weh, als Vater und Mutter kamen und ihn gar nicht verstehen -konnten. »Er, der immer so lieb und gut gewesen war, -- er sollte nun -ihre Schande werden!« Der Knabe weinte bitterlich mit ihnen; aber -schwieg. - -Und dabei bliebs auch an dem schweren Tag, als er in seinem hübschen -blauen Anzug an Bord des Dampfschiffes mußte; er sollte in das -Trontheimer Zuchthaus überführt werden, um dort »konfirmiert« zu werden. -Er durfte an der Reeling stehen und nach der Stadt hinüberblicken; er -wollte gern aufpassen, ob keiner von denen, für die er die Reise tat, in -einem der Boote drunten war. Er durfte an der Reeling stehen, bis das -Dampfboot abfuhr. Aber er sah keinen von ihnen. - -Im Zuchthaus wurde er vom ersten Tag an aller Liebling. Sie hatten -Mitleid mit dem schönen, lieben Jungen; sie wetteiferten darin, etwas -für ihn zu tun, damit er vorwärts käme, wenn er einst entlassen würde. - -Hier, im Trontheimer Zuchthaus, wurde er auch konfirmiert. Hier las, -rechnete und schrieb er, und noch eh er heraus kam, war ihm eine Stelle -als Laufbursche bei einer der ersten Familien der Stadt gesichert. An -dem neuen Platz wiederholte sich dasselbe, -- alle nahmen sich seiner -an. Sein Unterricht wurde fortgesetzt, er bekam hübsche Kleider; es -machte ihnen Spaß, ihn zierlich gekleidet zu sehen, so schön, wie er -war. Ja, er erhielt eine Guitarre geschenkt und lernte darauf spielen, -denn er hatte Stimme und begleitete sich nun selbst. Die guten Feen, die -in dieser Weise Rosen auf seinen Weg streuten, waren natürlich -hauptsächlich Damen; auch ein Liebesverhältnis spielte dabei mit. - -Und bald mehrere. - -Er erlebte in dieser Richtung die wunderlichsten Dinge, von denen ich je -gehört habe. Ich bin wohl der Einzige, zu dem er davon gesprochen hat; -aber auch da fast nur in Andeutungen. Näheres darüber zu erzählen, habe -ich nicht das Recht. Ich glaube, daß diese seine Gabe, zu schweigen, -eben weil sie aus rücksichtsvoller Güte geboren war, die Frauen zu ihm -hinzog, -- mehr noch als seine Schönheit; mehr noch als andre erotische -Eigenschaften, die wie ein Geheimnis unter ihnen umgingen. Über -derartiges können Frauen ja nicht schweigen. - -Nach außen hin war dies sicherlich seine glücklichste Zeit. Aber wenn -ich später darüber nachgedacht habe, ist mir mehr und mehr der Glaube -gekommen, daß er da einen Knax fürs Leben bekommen hat. - -Man darf ja wohl annehmen, daß die Knabenträume, die er mir erzählte, -aus Kräften in ihm entsprangen, aus einer Energie, die später nicht zur -Reife gedieh. Ich gebe jedoch zu, daß ich sein Geschlecht nicht kenne -und es deshalb so genau nicht wissen kann. Nicht alle Träume sind eine -Selbstprophezeihung von Kräften; sie können auch nur als Erinnerungen -aus der Vergangenheit des Geschlechts mittreiben. - -Später, als ich ihn traf, war er ohne starken Lebensdrang, ohne -sonderliche Unternehmungslust; und unter all der Liebe, in deren Mitte -er lebte, war keine, die seinen Sinn ganz erfüllte. Seine Schwärmerei -war damals, mit einem oder dem andern seiner Freunde unter den Kapitänen -hinauszukommen. Eine Reise nach Hamburg, Bremen, Kopenhagen, Schweden -machen, oder andre Städte in Norwegen besuchen zu können. Ich erwähne -dies besonders, weil es besonders charakteristisch ist. - -Die Sache war nämlich die: er wußte nicht, oder wollte nicht wissen, -wohin. - -Es war, als müßte ein andrer kommen und bestimmen. Er verließ Trontheim -und kam nach Christiania, wo man den hübschen Menschen in einem Laden -sehen konnte. Rasch hatte er einen neuen Kreis von Freunden und -Freundinnen; aber immer dieselbe Unentschlossenheit. - -Da liest er in der Zeitung, daß seine Bewunderung aus den Kindertagen, -der Mann mit der weißen Haut und dem schwarzen Haar, im ersten Hotel der -Stadt wohnt! - -Er hat mir später erzählt, daß er vor Erregung zitterte und sich krank -melden mußte; er konnte seine Gedanken nicht zur Arbeit sammeln. All die -Jahre hindurch hatte er, oft ohne es sich selbst zu gestehen, auf ihn -gewartet. Das Letzte, was er aus dem Mund des Freundes, in dem ihm -eigenen, selbstherrlichen Ton gehört hatte, war ja: »Du sollst es nicht -bereuen!« Eine runde, volle Anweisung, ausgestellt von einem Mann, der -die Ritterlichkeit selbst war. Bye hatte ihn in all diesen Jahren nicht -belästigt; zu der Schuldsumme hatten sich also Zinsen gehäuft. Der -Freund war nun auch im Auslande ein reicher Mann geworden, wenn das -Gerücht nicht trog; Bye würde auch ins Ausland kommen, das fühlte er! -Nun galt es also, ihm zu sagen, daß er hier war. Aber es mußte so -geschehen, daß andre es nicht hörten oder sahen; das hätte den -Nichtsahnenden in Verlegenheit bringen können! Er erkundigte sich -deshalb im Hotel, wo der Fremde abends hinginge; und Nacht für Nacht -ging er selbst vor sein Hotel; er wollte ihm begegnen, wenn er heimkam. -Aber es traf sich nie günstig. Da faßte er Mut und schrieb. Erzählte -ihm, daß er in der Stadt sei, und erbat sich eine Unterredung, -gestattete sich, die Zeit und den Ort ihres Zusammentreffens, des -Freundes Zimmer im Hotel, vorzuschlagen. - -Zur bestimmten Zeit fand er sich vor der bestimmten Tür ein. Er stand -und lauschte, eh er anklopfte; es war Licht darin -- aber kein Geräusch. -Endlich klopfte er. Ein kräftiges »Herein!« antwortete ihm. Als Bye -nicht sogleich zu öffnen vermochte, wurde es wiederholt -- noch -kräftiger -- vom besten Gewissen der Welt. - -Ivar Bye stand vor einem hohen, stattlichen Mann in eleganter -Gesellschaftstoilette, der eben Parfüm auf sein Taschentuch goß. - -Sie sahen einander an; und die erste Folge davon war, daß keiner von -ihnen grüßte. »Ich habe Ihren Brief erhalten; aber ich bedaure, daß die -Zeit, die Sie vorgeschlagen haben, nicht günstig ist; ich bin im Begriff -auszugehen. Bitte, nehmen Sie Platz!« - -Bye blieb stehen. - -»Ich sehe, es geht Ihnen gut. Was treiben Sie?« -- »Ich bin im -Handelsfach.« -- »So, wirklich? Sind Sie schon lange hier?« -- »Ein Jahr -oder so.« -- Er wußte nicht mehr, was er redete, das Zimmer fing an, -sich im Kreis zu drehen. »Ja, Sie müssen wirklich entschuldigen, aber -ich höre eben den Schlitten vorfahren.« Er wandte sich um und legte ein -großes seidnes Halstuch um, eh er den Pelz umnahm. Es klopfte. Ein -Diener meldete, daß der Schlitten da war, eilte herbei und half dem -Herrn in den Pelz. Bye stand noch immer unbeweglich, als der Herr mit -einem höflichen Adieu an ihm vorbei in den Gang hinaus und die Treppe -hinab ging. - -Bye war über dreißig Jahre alt, als er mir dies erzählte, und mehrere -Jahre waren vergangen, seit es geschehen war. Aber er weinte wie ein -betrogenes Weib. - -Nach dieser Begegnung wurde er langsam ein anderer. Wie ich es später -begriff, müssen die ersten äußeren Anzeichen davon gewesen sein, daß er -seine Lieder nicht mehr sang, es kaum ertrug, sie von andern singen zu -hören; die Guitarre rührte er nicht mehr an. Es ist dies nicht so zu -verstehen, daß das Leben der Erwartung, das er bisher geführt hatte, von -dem energischen Bestreben abgelöst wurde, sich eine Zukunft zu schaffen. -Das lag ihm gar nicht mehr, wenn er das je getan hatte. Sondern so, daß -die Schwärmerei, die er im Innersten genährt hatte, ihre sentimentalen -Erinnerungen fahren ließ und statt dessen ihre Dichtung um die zu -spinnen begann, in deren Kreis er gerade stand; wenigstens um Einzelne -von ihnen. Es begann damit, daß er bei guten Menschen Trost und Zuflucht -suchte für das Beste in ihm; aber auf die Dauer ward es zu einer -Lebenskette, welche die Geschichte des einen Freundes oder der einen -Freundin an die der andern schloß, und alle zusammen bildeten sein -Glück. Nach und nach lebte er ausschließlich für Andere. - -Wie andre junge Leute nach Enttäuschungen und Wunden in einem Kloster -eindämmern, so er in guten Werken. - -Als das norwegische Theater in Christiania errichtet werden sollte, war -der ehemalige sentimentale Sänger und Guitarreklimperer der erste, der -sich meldete. Viele Moldenser erschraken, als sie seinen Namen hörten. -Daß _er_ es wagte, auf einer Bühne aufzutreten! Kurz darauf lernte ich -ihn kennen und begriff sofort, wie natürlich es für diesen Träumer war, -nach Aladdins Schloß zu suchen. Da würde er leben -- nicht in den -Prachtgemächern, nicht an den Fenstern und auf den Balkons paradierend, -bereit, Huldigungen zu empfangen; sondern in den weinlaubumschatteten -Bogengängen, in den Alkoven, in den heimlichen Plätzchen rund um die -Kaskaden draußen im großen Park. Der Mitwisser aller Geheimnisse, der -Vertraute und Helfer aller. Immer im Hintergrund mit kleinen Diensten -und guten Ratschlägen bereit; immer bereit, die Jüngsten zu loben, die -Unglücklichen zu trösten, sich mit den Glücklichen zu freuen. Er selber -hatte keinen Ehrgeiz; sein Trontheimer Dialekt (welchen die Bühnenleiter -nicht zu brechen verstanden, solange es noch Zeit war), und seine -Dilettanten-Furcht vor dem Unnatürlichen, die ihn verhinderte, -ordentlich loszulegen, waren ihm überall im Wege. Aber wenn wir fragen, -so wird uns jeder Einzelne von denen, die noch vom ersten Personal des -norwegischen Theaters leben, erzählen, was er für die war, die er gern -hatte, denn er war ein verwöhnter Menschenkenner! Sie werden uns -erzählen, was sie seinem Geschmack, seiner Erfindungsgabe, wo es ihr -Wohl galt, seiner taktvollen Aufrichtigkeit, seiner Treue und Diskretion -verdanken. Heiter und warmherzig, phantasievoll und vertrauenerweckend, -ihre kleinen Fehler verspottend und züchtigend; das, was er liebte, -hervorlockend. - -Er war noch nicht lange da, als er zum ersten Mal in seinem Leben festen -Boden unter den Füßen zu fühlen begann; es schwankte nicht mehr alles. -Aber just da erhielt er einen anonymen Brief von »einem Moldenser«. -Darin wurde er gefragt, »wie _er_ es wagen könne --?« - -Und hier war's, wo ich dazu kam. - -Eins von den ersten Dingen, die ich erzählen hörte, als ich Zögling der -höheren Schule zu Molde wurde, war, wie dieser gutherzige, schöne Junge -von älteren, »vornehmeren« Kameraden mißbraucht und dann schmählich -verlassen worden war. Darüber herrschte in Molde sowohl damals als -später nur _eine_ Stimme. Als es nun mit Schlangenzungen zu zischen -begann, schien es mir deshalb, wir Moldenser müßten die Ersten sein, sie -in ihre Löcher zurückzupeitschen. Ich habe ein Talent für Organisation; -in aller Eile veranlaßte ich die Moldenser Studenten, eine Leibwache um -ihn zu schließen, eine Wache des Schweigens und der Freundschaft. Und zu -äußerer Sicherheit nahmen wir ihn in die Studentenkolonie auf, die ein -paar von uns gegründet hatten. Er zog mit seiner langen Pfeife, seinem -kleinen Hausrat -- vor allem seiner kleinen Beefsteakpfanne, an der so -viele von uns sich erfreut haben! -- bei uns ein; seine Bude oben wurde -bald unser Lieblingsaufenthalt. - -Als Theaterkritiker konnte ich ihm auch indirekt eine Stütze sein, wenn -die Leute uns überall zusammen sahen. Ich stutzte einen französischen -Lustspiel-Einakter für ihn und noch einen andern Notleidenden, Kapitän -David Thrane, zurecht; letzterer hatte Walzer- und Operettenmelodien -komponiert, die er darin angebracht haben wollte. Bye erhielt eine -kleine erotische Rolle; ich wollte sehen, ob er vielleicht am Ende doch -einmal mit etwas von dem, was er besaß, herauskommen könnte. Er wagte -sich jedoch kaum zu rühren, so daß das Stück glänzend Fiasko machte. Wir -tranken unter großem Gelächter auf seinen Tod. - -Für das norwegische Theater kamen bald böse Tage. Wir Norweger haben -nämlich die Gewohnheit, jedes nationale Unternehmen dreimal an unsrer -Gleichgiltigkeit oder Uneinigkeit zugrunde gehen zu lassen. Erst beim -viertenmal ist es lebensfähig. Bye ging mit einer schlechten Truppe auf -die Wanderschaft. Aber eben damals war ich Direktor am Bergenser Theater -geworden und schickte ihm Reisegeld. - -Ich seh ihn noch, wie er am ersten Tag meine Garderobe musterte und sich -daraus ein paar Hosen mit Seidenstickerei an den Säumen herunter -auswählte; ich seh ihn mit einem Taschenmesser sitzen und diese -Verzierungen austrennen; denn grade diese Hosen hatte er sich nun einmal -ausgesucht. Er war bettelarm. Er hatte nämlich alles, was er hatte, -weggegeben, solchen, die es nötiger brauchten, als er. »Für mich war ja -noch immer Rat,« sagte Bye, »ich wußte ja, ich hatte dich in der -Hinterhand.« Ich möchte wissen, ob ich jemals in meinem Leben stolzer -auf etwas gewesen bin, das er mir gesagt hat. Es war auch das Einzige -dieser Sorte, was er mir zu spendieren für zuträglich hielt. - -Er nannte mich -- wie alle Kameraden -- »Björnen« (Bär) oder »Bjö'en« -und behandelte mich wie ein Kind, oder wie einen hellen Toren -- -insonderheit wie das letztere, indem er mich vollständig entmündigte. -Ich bekam mein eignes Geld nicht in die Hand, -- wobei ich mich -ausgezeichnet stand, -- sondern mußte ab und zu etwas von ihm »leihen«. -Er umgarnte mich geradezu mit den abscheulichsten Schlichen und stiftete -Verschwörungen gegen mich unter meinen Freunden an. Obschon es immer zu -meinem eignen Besten geschah, -- wenn ich dahinter kam, oder wenn es zu -stark gegen meine Passionen ging, so kriegte er Prügel; aber in der -Regel ging's nach seinem Willen. Wenn alles vorüber war, hielt er mich -unbarmherzig zum Narren, und dann lachten wir alle beide. - -Im Frühling zogen wir nach Trontheim, um wieder vor den Trontheimern zu -spielen -- ich darf wohl sagen, ein gut einstudiertes Repertoire. Die -Trontheimer wollten uns erst das Theater nicht vermieten; »es sollte -repariert werden«. Ich mußte hinauf und es erobern, und die andern kamen -nach. Bye war mit dabei. Eine lustige Gesellschaft waren wir -- lauter -junge Leute, der Direktor der zweitjüngste von allen! Eine Sommerreise, -wie sie kaum ihresgleichen gehabt hat in Norwegen! Sie hätte ihren -Dichter haben müssen; -- der aber starb mit Georg Krohn. - -Proben und Vorstellungen, Gesellschaften, Ausflüge, Tollheiten und -Reden, -- ich hielt zu jener Zeit beständig Reden! ... man kann sich -eine Vorstellung davon machen, wie wir mit den Trontheimern umsprangen, -wenn ich erzähle, daß wir jeden Abend bei gutem Wetter damit endeten, -daß Rektor Müller -- man denke, der Rektor der Stadt! -- auf der -Feuerleiter in den Stiftsgarten stieg, ohne sich festzuhalten, und -weiter über die Dachrinne und wieder zurück! - -Ich wohnte im ersten Hotel der Stadt.[3] Ivar Bye wohnte natürlich bei -mir. _Er_ sagte nichts und _ich_ sagte nichts; aber wir waren im voraus -darüber einig, so und nicht anders mußte er Trontheim wiedersehen. - -Den Tag, nachdem wir angekommen waren, gingen wir miteinander an dem -langen, düstern Haus vorbei, in dem er einmal als Gefangener gesessen -hatte. Nie vergeß' ich, welche Stimmung in mir zitterte, meine Augen -begegneten den seinen. Er sagte irgend etwas, wie: sie haben ein neues -Tor; oder: das Tor ist neu angestrichen. Ich weiß nicht mehr, was. Ich -sagte nichts; d. h. ich schwatzte unaufhörlich von ganz andern Dingen. - -In Trontheim waren nur Wenige, die sein Geheimnis kannten, und diese -Wenigen waren seine guten Freunde. Hier war er also sicher. Ich seh ihn -noch draußen auf einem Stein mitten in dem großen Lerfoß, ein Stück weit -von der Stadt; Gott weiß, wie er da hinaus gekommen war. Er hockte da -- -nackt. Da war er einmal ganz losgelassen! Eine solche Wildheit und ein -solcher Übermut offenbarte sich da, daß man erwartete, er würde sich in -den Strom werfen. Ich stand und dachte: Jetzt ist Bye froh! - -[Fußnote 3: In einer wehmütigen Stunde, mitten unter allem Jubel, -schrieb ich da: - - »Auf Sankte-Hans - ist Lachen und Tanz; - ich aber weiß nicht, ob sie flicht ihren Kranz.« -] - -Später sagte ich zu ihm: »Was hätte aus dir werden können, Bye, wenn du -dich hättest frei entwickeln können.« - -»Ja,« antwortete er, »etwas zwischen Aschenputtel und Nöck. Auch wenn -der Nöck weint.« - -Und eine Weile darauf: »Aber für mich war von Anfang an die Schranke -gezogen.« - -Zwei Tage zuvor hatte ich mich verlobt, deshalb lebt der Tag in meinem -Gedächtnis wie Sonnenschein; jedes Wort steht vor mir in gleicher -Klarheit wie die Landschaft. Solange diese Verlobung sich vorbereitet -hatte, schwieg er; nicht mit einem Hauch seines Mundes, so schwach, daß -er die kleinste Feder bewegt hätte, versuchte er auf meinen Entschluß -einzuwirken. Und doch sagte er mir, sogleich nachdem es geschehen war, -daß es sein höchster Wunsch gewesen war! Herrliche Tage hatten wir drei! -Und es blieb so, als ich mich verheiratete, obwohl er ausziehen mußte -und meine Frau einzog; er kam beständig zu uns. - -Jenes Jahr ist zweifellos das für meinen Charakter gefahrvollste -gewesen. Ich hatte eine unbändige Arbeitskraft; ich leitete das Theater -und das Oppositionsblatt der Stadt und damit die große Wahl, die erste -in Norwegen auf ganz nationalem Grund. Gleichzeitig nahm ich in -ausgedehntestem Grad am Vereinsleben und an Gesellschaften teil, schrieb -an einer Erzählung und dichtete Lieder. Aber mir war nicht leicht eine -Schranke zu setzen, wenn ich etwas erreichen wollte; ich hatte ja auch -immer Glück. - -Ihm und ihr verdanke ich es, und der Mithilfe meiner teuren Freunde -Georg und Henrik Krohn, Dankert Roggen, Andreas Behrens, Henrichsen, -Dahl u. a., daß ich so einigermaßen unversehrt daraus hervorgegangen -bin. - -Unter den warmen, unmittelbaren Menschen in Bergen fanden sich Freunde -für Ivar Bye. Als Garderobier am Theater, wo man ihn seines guten -Geschmacks willen angestellt hatte, kam er mit vielen verschiedenen -Schichten der Bevölkerung zusammen, und er traf wie gewöhnlich, seine -Auswahl. Durch uns andre lernte er noch mehr kennen, -- so daß er nun -endlich Menschen gefunden hatte, die er brandschatzen konnte für seine -armen Freunde in allen Ecken und Winkeln des Landes! Nach und nach -gewann er, -- das war unausbleiblich -- vollständige Herrschaft über -die, die er gern hatte, und er erhielt sie sich auch, weil er genau -wußte, wie er jeden Einzelnen zu nehmen hatte. Eine alte Verwandte -meiner Frau liebte ihn so, daß sie den Tag für verloren hielt, an dem er -nicht vorgesprochen hatte. Trotzdem wollte sie ihm das Kleid nicht -geben, das sie eben an hatte; es war ja auch wirklich zu toll, um so -etwas zu bitten. Bye hatte nämlich ein altes armes Fräulein, dem dies -Kleid akkurat paßte; es war so hübsch warm, so recht ein gutes -Winterkleid, und sie besaß mehrere, das alte Fräulein aber gar keines. -Kaum war Bye gegangen, so fing das, was er gesagt hatte zu wirken an. -Vielleicht mußte es eben grade solch ein Kleid sein? Sie zog es aus und -packte es ein. Eh' Bye von seinen vielen Besorgungen nach Hause kam, lag -das Kleid auf seinem Zimmer. -- Für andre hatte er eine andere Art des -Vorgehens. Wenn sie mit einem ausgedienten Kleidungsstück nicht -herausrücken wollten (es gibt ja liebenswürdige Menschen, die in diesem -Punkt unglaubliche Gewohnheitstiere sind), so nahm er es ganz einfach -und ließ uns andre dann arglos fragen: »Aber, Liebe, haben Sie denn das -graue Kleid nicht mehr? Es stand Ihnen so gut!« - -Was er sich und uns Spaß machte mit all seinen Schlichen, um uns Geld -für seine alten Fräuleins abzulocken! Er hatte ein wahres Genie dafür, -solche aufzustöbern und sie mit seinem Geplauder und seinen diskreten -Gaben zu erfreuen. - -Ivar Bye hat uns in Wahrheit gelehrt, gut zu sein, und viele, viele -außer uns. - -Als Beweis dafür, wie sicher er sich seiner Freunde fühlte, muß ich -einen kleinen Streich erzählen, über den seinerzeit halb Bergen lachte. -Wir waren in Gesellschaft bei einer Dame, die für ihre ausgezeichneten -Kuchen bekannt war. »O,« sagte meine Frau, »besonders _der_ da schmeckt -köstlich!« -- »Den sollst du mit nach Hause nehmen,« antwortete Bye. -Alle Kuchen wurden aufgegessen, nur nicht diese Sorte; sie waren fast -unberührt. »Ich begreif' es nicht,« sagte die Wirtin, als die andern -Gäste fort waren und wir noch allein da waren. »Ich glaubte, die Kuchen -seien die Besten.« -- »_Ich_ begreif' es gut,« sagte Bye, »ich bin -nämlich zu allen Leuten gegangen und habe ihnen gesagt, daß in den -Kuchen da faule Eier seien!« -- - -Der reichste Teil aber seiner Menschenkenntnis, seiner Wärme und Güte -sammelte sich in seinem Beruf als Ratgeber und Vertrauter. Er war dazu -geboren. Keine Instinkte sind im Menschen feiner entwickelt, als die, -die Verständnis ahnen! Und andrerseits gibt es kein sichereres Zeugnis -moralischer Macht, als das, Bekenntnisse zu erzwingen einfach dadurch, -daß man ist, der man ist! Und diese Macht hatte er. - -Unsre Literatur hat ein Denkzeichen für seine Art und Weise, Vertrauen -entgegen zu nehmen. Es ist niedergelegt in dem Gedicht: - - Ich hab' einen Freund -- In schlafloser Nacht -- -- - -Ich schrieb es fern von ihm -- nicht, damit er es bekommen sollte, sein -Name ist nicht genannt und er hat es nie erhalten; sondern weil das -Leben damals schwer für mich war. - --- -- Als meine Frau und ich mit unsrem kleinen Jungen vom Auslande -heimkehrten, vier Jahre nach meinem Abschied von ihm und vom Theater, -sehnten wir uns tiefinnerlichst nach Bergen und ich ganz besonders nach -ihm. Das Theater war aufgehoben. Natürlich. Aber Bye hatte sich -Vertrauen erworben, er blieb zurück als Aufseher über Haus und Habe, und -die kleine Einnahme genügte für ihn. - -Wir hatten uns darauf gefreut, ihm unsern Jungen zu zeigen, -- und wir -mußten hören, daß Bye gefährlich krank sei. Trotzdem war viel Freude bei -der Rührung des Wiedersehens, denn er war ja auf, er hob unsern Jungen -hoch; wir wollten viel zusammen sein, sagte er. - -Darin aber täuschten wir uns. Den Tag darauf mußte er zu Bett, um nicht -mehr aufzustehen. Es war, als hätten die Kräfte ausgehalten, bis wir -kamen; jetzt ging es rasch bergab. - -Daß es schnell zu Ende ging, begriff ich zum erstenmal bei einem -Vorfall, einige Tage später; ich will ihn nicht verschweigen. Ich kam zu -ihm -- »kam« ist nicht das Wort, denn ich war wütend und stürmte die -Treppen hinauf. Ich war mit einer Sache beschäftigt, die mich erregte -und ich vergaß, -- wie junge gesunde Leute nur allzu oft tun, -- wie es -Schwachen und Kranken zumute ist. Nach alter Gewohnheit wollte ich mich -vor allem vor ihm austoben, und das tat ich auch. Da traf mich auf -einmal ein hilfloser Blick und ich hörte die Worte: »Ach nein -- ich -kann nicht fassen, was du sagst!« ... Wie ich erschrak, wie ich mich -schämte und unglücklich war! Und wie das sich verschärfte, als er ein -paar Tage darauf starb! So nahe war er dem Tod, und wir ahnten es nicht! - -Es ist mir leider oft passiert, daß ich mit meinem unbändigen Eifer -denen weh getan habe, die ich am wenigsten kränken wollte, -- und alle -diese Fälle haben mich später heimgesucht, einzeln oder miteinander, -mich gequält, mich gedemütigt. Keiner aber öfter als dieser. - -Denn war es nicht, zum Ausgang seines Lebens, wie eine letzte -Wiederholung all des rücksichtslosen Gebrauchs, den andre von seiner -hingebenden Natur gemacht hatten? - -Wie wenn Anfang und Ende sich zusammenschließen sollten, stand, als die -Wirtin seine Augen geschlossen hatte und in seine Wohnung hinunter kam, -ein Fremder da; er fragte nach Ivar Bye. Sie erzählte ihm weinend, daß -sie ihm soeben die Augen geschlossen habe; der Fremde ward davon so -stark ergriffen, daß er sich setzen mußte. Er fing an, sie auszufragen, -und der Wirtin war es eine Erquickung, grade jetzt ihn aus ihres Herzens -reichster Fülle preisen und zuletzt sein geduldiges, ruhiges Sterbebett -schildern zu können. All das machte einen tiefen Eindruck auf den -Fremden. Er blieb lange sitzen. Als er sich erhob, um zu gehen, wollte -er aber seinen Namen nicht nennen. Er habe wie ein Beamter ausgesehen, -sagte sie. Sollte es einer der Kameraden von Molde gewesen sein, den -späte Reue grade in diesem Augenblick herbeigezogen hatte? - -Der Anführer von damals war es nicht; der war längst tot. - -Ich stand an Ivar Byes Grab und sagte mir, daß ich dies alles einmal -niederschreiben wollte. Für das juristische norwegische Volk. - -Ich stand am Grab und blickte auf das Gefolge. Das war ja eine große -Beerdigung; ich kannte nicht den zwanzigsten Teil! Theatervolk, -Handwerker, Kaufleute, Seeleute, Beamte, arme Kerle, Reiche, die -Ältesten und die Jüngsten. Und am Grab erwarteten uns die Frauen. Mütter -waren da, die ihre Kinder mit sich hatten, und Mütter und Kinder weinten -um die Wette. Alte Fräulein aus dem Jungfernstift, arme Weiber, junge -Mädchen, alle mit Blumen und Tränen. - -Ich kenne manche, die ihre Tränen wiederfinden werden, wenn sie dies -lesen. -- - -Wenn ich mir meine verstorbenen Lieben denke, so mag ich sie mir nicht -als Leichen, geschweige denn als abgemagerte Skelette denken. Ich denke -sie mir wieder mit der Röte des Lebens auf den Wangen, ihre Augen auf -mich gerichtet. Bye aber kann ich mir denken, so wie er jetzt aussehen -muß, -- ja, ich denke ihn mir meistens so, mit seiner Reihe herrlicher -Zähne in breiter Rundung, mit dem Nasenbein und den Höhlen unter dem -schönen Schädel. Ohne Scheu seh' ich die kalkgrauen Kniee, -- etwas -aufwärts- und auseinandergekrümmt, und die langen, gegeneinander -gelegten Knochenfinger. - -Ich glaube nicht, daß dies ist, weil sein Gesicht hager war, so daß es -der Phantasie Vorschub leistete. Auch nicht, weil er, als Nöck draußen -in Lerfoß hockend, mitten im Sturz und Schaum des Wassers, mehr aus -Höhlen als aus Augen um sich starrte, während seine Zähne gleißten. - -Nein, es ist wohl, weil sein Verstehen der Menschen und Dinge ein so -tiefes geworden war, ein so liebevolles, daß es für ihn nichts -Abstoßendes gab. Nicht in den Formen des Lebens und nicht in den Formen -des Todes. Und _das_ symbolisiert sich auf diese Weise in meiner -Erinnerung. - - - Einsame Reue - - Ich hab' einen Freund -- in schlafloser Nacht - tönt mir sein Friedensgruß. - Wenn das Licht erstirbt und das Grau'n erwacht - naht er auf leisem Fuß. - - Nie redet in harten Worten sein Mund -- - selbst kennt er Leid und Reu' -- - sein weicher Blick macht Krankes gesund -- - wer ist, wie er, so treu? - - Begangene Sünde, die mich kränkt, - nimmt still er auf sein Herz, - und wenn mein Glaube die Flügel senkt, - hebt er ihn himmelwärts. - - So kämpft er auch heute, wie immerdar, - mein einsames Ringen mit -- - Übers Jahr, mein Freund, wird offenbar, - um was ich heute stritt! - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Das Original ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im Original -g e s p e r r t sind, wurden mit Unterstrichen wie _hier_ -gekennzeichnet. Textstellen, die im Original in Antiqua gesetzt sind, -wurden ^so^ markiert. - -Offensichtliche Fehler wurden, zum Teil unter Zuhilfename der -norwegischen Originale, korrigiert wie hier aufgeführt -(vorher/nachher): - - [S. 14]: - ... »Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens ... - ... »Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens! ... - - [S. 24]: - ... stehen und knixte wie ein Schulmädchen in kurzen ... - ... stehen und knixte wie ein Schulmädchen im kurzen ... - - [S. 25]: - ... Elsa war mit dabei! Sie kam zu früh, -- ... - ... Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, -- ... - - [S. 31]: - ... Men I, som höhrer, styrk deus Klang; ... - ... Men I, som höhrer, styrk dens Klang; ... - - [S. 32]: - ... Teilnahmlosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder ... - ... Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder ... - - [S. 34]: - ... der kleinen Person irgenwo unten an seiner Weste ... - ... der kleinen Person irgendwo unten an seiner Weste ... - - [S. 38]: - ... for mig hun löfter den og ler ... - ... For mig hun löfter den og ler ... - - [S. 38]: - ... Fordi det aevet er af Smerte, -- ... - ... Fordi det vaevet er af Smerte, -- ... - - [S. 44]: - ... wie es ihm füher schon zweimal gegangen war. ... - ... wie es ihm früher schon zweimal gegangen war. ... - - [S. 58]: - ... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen ... - ... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen, ... - - [S. 61]: - ... kenne es, -- und jetzte erst sollte er lernen, wie ... - ... kenne es, -- und jetzt erst sollte er lernen, wie ... - - [S. 70]: - ... auf ein Brettende, das ins schwanken kam; sie wäre ... - ... auf ein Brettende, das ins Schwanken kam; sie wäre ... - - [S. 72]: - ... Worte ein: »Da haben Sie doch etwas reelles.« ... - ... Worte ein: »Da haben Sie doch etwas Reelles.« ... - - [S. 73]: - ... ihnen, daß Sie mitkommen!« Seine Stimme war ... - ... Ihnen, daß Sie mitkommen!« Seine Stimme war ... - - [S. 78]: - ... Wisch himmlicher Krystalle zugestopft; entstellende ... - ... Wisch himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende ... - - [S. 81]: - ... frem, til hun optlog Öjnene. ... - ... frem, til hun opslog Öjnene. ... - - [S. 82]: - ... Han, som skjaeldtes for ond og vred, ... - ... Han, som skjaeldtes for vond og vred, ... - - [S. 91]: - ... Weise bekleidet hatte, so begleitete jetzt das »Mama, ... - ... Weise begleitet hatte, so begleitete jetzt das »Mama, ... - - [S. 91]: - ... Mama!« der zarten Stimmen ihrer Tränen. Es ... - ... Mama!« der zarten Stimmen ihre Tränen. Es ... - - [S. 99]: - ... dessen angenehmen Rythmus sie empfanden. Nie ... - ... dessen angenehmen Rhythmus sie empfanden. Nie ... - - [S. 101]: - ... diese großen Träume blos seiner kleinen Schwester, ... - ... diese großen Träume bloß seiner kleinen Schwester, ... - - [S. 103]: - ... Leinen an den Boten der Bauern durchschnitten ... - ... Leinen an den Booten der Bauern durchschnitten ... - - [S. 105]: - ... als er in seinen hübschen blauen Anzug an Bord ... - ... als er in seinem hübschen blauen Anzug an Bord ... - - [S. 108]: - ... bestimmen. Er verlies Trontheim und kam nach ... - ... bestimmen. Er verließ Trontheim und kam nach ... - - [S. 109]: - ... selbst vor sein Hotel; er wollte ihn begegnen, ... - ... selbst vor sein Hotel; er wollte ihm begegnen, ... - - [S. 126]: - ... ich erschrack, wie ich mich schämte und unglücklich ... - ... ich erschrak, wie ich mich schämte und unglücklich ... - - [S. 127]: - ... wie eine letzte Wiederholung all des rücksichtlosen ... - ... wie eine letzte Wiederholung all des rücksichtslosen ... - - - - - - -End of Project Gutenberg's Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE *** - -***** This file should be named 52016-8.txt or 52016-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/0/1/52016/ - -Produced by Norbert H. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - -Title: Ein Tag / Ivar Bye - Zwei Erzählungen - -Author: Bjørnstjerne Bjørnson - -Translator: Maria von Borch - G. I. Klett - -Release Date: May 7, 2016 [EBook #52016] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE *** - - - - -Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - - -<div class="centerpic" id="img-cover-page"> -<img src="images/cover-page.jpg" alt="" /></div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="ser"> -Kleine Bibliothek Langen Band 58 -</p> - -<p class="aut"> -Björnstjerne Björnson -</p> - -<h1 class="title"> -<span class="line1">Ein Tag</span><br /> -<span class="line2">Ivar Bye</span> -</h1> - -<p class="subt"> -Zwei Erzählungen -</p> - -<p class="trn"> -<span class="line1">Einzige berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">Maria von Borch und G. I. Klett</span> -</p> - -<div class="centerpic" id="img-logo"> -<img src="images/logo.jpg" alt="" /></div> - -<p class="pub"> -<span class="line1">Albert Langen</span><br /> -<span class="line2">Verlag für Litteratur und Kunst</span><br /> -<span class="line3">München 1903</span> -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-1"> -Inhalt -</h2> - -<div class="table"> -<table class="toc" summary="TOC"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col_page">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Ein Tag</td> - <td class="col_page"><a href="#page-9">9</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Ivar Bye</td> - <td class="col_page"><a href="#page-95">95</a></td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-2"> -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -Ein Tag -</h2> - -<p class="trn"> -<span class="line1">Deutsch von <b>Maria von Borch</b></span> -</p> - -<h3 class="no" id="subchap-0-2-1"> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -<span class="centerpic"><img src="images/011.jpg" alt="" /></span> -<br />I -</h3> - -<p class="first"> -Man nannte Ella gewöhnlich „die mit dem -Zopf“. Aber wie dick der Zopf auch war, — -hätte ihn eine getragen, die minder hübsch, minder -freundlich und unbefangen gewesen, so würde -kaum jemand ihn bemerkt haben; das muntere -Leben, das er da hinten für sich allein lebte, -wäre dann mit Schweigen übergangen worden. -Und das, trotzdem er der dickste Zopf war, den -irgend jemand dort in der kleinen Stadt je getragen -hatte. Vielleicht nahm er sich auch stärker -aus, als er war, weil Ella selbst klein war. Wie -weit er hinunter reichte, kann man nicht gut sagen; -er reichte ein gutes Stück bis unter die Taille, -ein <em>sehr</em> gutes Stück sogar. Seine Farbe war -unbestimmt, und folglich auch unnennbar. Sie -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -fiel ein wenig ins Rötliche; aber dort in der -Stadt pflegte man zu sagen, er sei blond, und -dabei können wir ja bleiben, da wir die Mittelfarben -nicht besonders zu bezeichnen pflegen. Das -Gesicht zeichnete sich durch seine weiße Haut aus, -war hübsch geformt mit geraden Zügen von der -Stirn bis zum Kinn, hatte einen kurzen, aber -vollen Mund und selten unbefangene Augen. Sie -hatte bei ihrer Kleinheit eine starke Figur, aber -etwas zu kurze Beine; um so schnell vorwärts zu -kommen, wie sie ihrer Natur nach mußte, hatte -sie sich einen raschen Trab angewöhnen müssen. -Dies Rasche hatte sie übrigens bei allem, was sie -vornahm, und daher hatte der Zopf es auch wohl -eiliger, als Zöpfe es gewöhnlich haben. -</p> - -<p> -Ihre Mutter war die Witwe eines Beamten, -hatte ein kleines Vermögen neben ihrer Pension -und wohnte in ihrem eigenen kleinen Hause, dem -Hotel gegenüber, gleich am Marktplatz der Stadt. -Sie war eine von den Stillen; der Mann war -ihre Bestimmung, ihr Stolz, ihr Licht gewesen. -Als sie ihn verlor, wich der Lebensmut von ihr; -sie kroch in religiösen Grübeleien in sich zusammen. -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -Da sie aber nicht herrschsüchtig war, ließ sie ihr -einziges Kind der eigenen Natur folgen, welche -der des Vaters glich. Die Mutter verkehrte mit -niemandem, als mit einer älteren Schwester, die -auf einem großen Gute, ein Stück von der Stadt -entfernt, ansässig war; aber Ella durfte Gefährtinnen -von der Schule, von Bootfahrten, vom -Schlittschuhlaufen, Skifahren, ins Haus bringen; -diese blieben übrigens beständig dieselben. Ihrer -Wahl haftete eine angeborene Vorsicht an, ihre -Lebhaftigkeit wurde durch den Umgang mit der -Mutter und die Stille des Hauses gedämpft. Es -lag also in ihr, daß sie munter und leicht, ohne -Lärmen, war — ziemlich unbefangen, aber mit -Herrschaft über sich, und daher achtsam. -</p> - -<p> -Um so wunderlicher war das, was ihr -passierte, als sie im Heranwachsen war, so ungefähr -vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Sie begleitete -ein paar Freundinnen in ein Konzert, das der -Gesangverein der Stadt und ein paar Dilettanten -zu Weihnachten für die Armen gaben. In diesem -Konzert sang Axel Aarö „Schlaf in Ruh!“ von -Möhring. Wie allgemein bekannt, leitet ein gedämpfter -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -Männerchor den Gesang ein; er breitet -Mondenschein vor ihm aus, und immer mehr -Mondenschein, und darin kam Aarö’s Stimme mit -langen Ruderschlägen daher. Die Stimme war -ein voller, runder Baßbaryton, an dem die Leute -großes Behagen fanden. Ohne Riß und ohne -Fehl, hätte man ihn gerade wie eine Schnur von -dort nach Wien spannen können. Aber Ella hörte -aus dieser gleichmäßigen Stimme noch eine zweite -heraus, einen Nebenklang von Schwäche oder -Schmerz, und sie meinte, alle müßten ihn hören. -Eine Bewegung im innersten Innern, eine rührende -Vertraulichkeit, die sie ums Herz faßte und sagte: -„Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens<a id="corr-0"></a>! -Ich kann nicht dafür, ich bin verloren!“ Ehe sie -sich’s versah, war sie nahe am Weinen. Etwas -Eindringlicheres als diese Stimme war ihr noch -nicht vorgekommen. Von Ton zu Ton stieg es: -sie verlor die Macht über sich und merkte es -nicht. Er stand dort so hochgewachsen, schlank, -der blonde, weiche Bart fiel auf die Brust herab; -der Kopf war klein mit großen, schwermütigen -Augen, Geschwistern der Stimme; auch auf dem -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -Grunde der Augen lag etwas, das sagte: „Trauer, -Trauer!“ Diese Schwermut in den Augen hatte -sie vorher schon gesehen, hatte aber nicht gewußt, -was sie sah, bis jetzt, wo sie die Stimme hörte. -Und die Thränen wollten heraus. Sie durften -nicht. Sie sah sich um; sonst weinte niemand; -sie preßte die Zähne zusammen, drückte die Arme -an den Körper und die Kniee zusammen, so daß -es schmerzte, ja, sie bebte. Weshalb in aller -Welt mußte dies gerade ihr und keinem andern -geschehen? Sie drückte das Taschentuch an den -Mund und jagte ihre Gedanken hinaus bis an -die äußerste Scheereninsel, wo sie den Leuchtturm -hatte aufleuchten und wieder verlöschen und die -See jedesmal voll Gespenster gesehen hatte. Aber -nein! Sie kehrten wieder zurück zu ihr, dort -wollten sie nicht bleiben. Das Taschentuch, die -Hände, warnende Augen vermochten das erste -Schluchzen nicht aufzuhalten, das hervorbrach! -Vor den entsetzten Augen aller stand sie auf, kam -schnell und behende hinaus und ließ sich dort -gehen. Niemand folgte ihr, niemand wagte, sich -zu ihr zu bekennen. -</p> - -<p> -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -Du, der du dies liest, begreifst du, wie entsetzlich -es war? Warst du einmal in solch einem -— beinahe hätte ich geschrieben, „stillen“ Konzert -in einer norwegischen Küstenstadt von halb pietistischer -Zucht? Männer sind beinahe keine da; -entweder liegt die Musik den Männern in den -Küstenstädten nicht, oder sie sind hier im Klub in -einem andern Raum — am Billard, am Kartentisch, -in der Restauration, bei Punsch und Zeitungen. -Einige von ihnen sind einen Augenblick -heraufgekommen und stehen hinten an der Thür; -stehen wie Leute, die zum Hause gehören und sich -die Gäste ein wenig ansehen wollen. Oder es -sitzt wirklich hie und da eine Mannsperson auf -der Bank, und ist zwischen die buntscheckige Unterrocks-Rinde -eingeklemmt wie ein abgebrochener -Zweig; oder es sind ein paar Exemplare an der -Wand entlang festgeklebt wie vergessene Paletots. -</p> - -<p> -Nein, was sich zum Konzert einstellt, das sind -die Harems der Stadt. Die älteren Einwohnerinnen -der Harems, um unter holdem Text und beweglicher -Musik noch einmal wieder zu träumen, was -sie einst selbst zu sein geglaubt, und was sie damals -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -glaubten, daß ihrer harrte. Dort oben kennt -man sie eigentlich besser, als hier unten; wenn -auch ein bißchen Küchengeruch, ein wenig Hauslärm -in die Träume hineinschlägt — das stört -nicht. -</p> - -<p> -Die jüngeren Bewohnerinnen des Harems -träumen, daß sie so sind, wie die älteren gewesen -zu sein glauben und daß <em>sie</em> sicher ein wenig -von dem erreichen werden, was die älteren nicht -erreichten. <em>Sie</em> wissen gut Bescheid über das -Leben. In <em>einem</em> gleichen sich beide Alter, sie -sind von praktischer Abstammung in kleinen Verhältnissen; -sie trauen sich nicht zu weit fort. Sie -sind so vollkommen darüber im Reinen, daß das -Leuchten, welches aus dem Text und den Tönen -größerer Geister auf sie herabfällt, nicht vollständig -Ernst ist, sondern ein bißchen „von allem -möglichen“. -</p> - -<p> -Wenn daher eine einzelne es allzu ernst nimmt -und anfängt zu flennen — du lieber Gott, im -frivolen Leben nennt man es Albernheit, im öffentlichen -heißt es, sich bloßstellen. -</p> - -<p> -Ella hatte sich bloßgestellt. -</p> - -<p> -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -Ihr eigener Schrecken kannte kaum irgendwelche -Grenzen. Von allen Mädchen, mit denen -sie verkehrte, war sie diejenige, der die Tränen -am schwersten kamen, davon war sie überzeugt. -Sie fürchtete es wohl so gut wie irgend eine, -daß man sie ansah und besprach. Was in aller -Welt war daher dies? Sie liebte Musik, sie spielte -Klavier; aber für besonders musikalisch begabt -hielt sie sich nicht. Weshalb mußte denn gerade -sie so seltsam von einem Gesang gepackt werden? -</p> - -<p> -Was mußte er von dem halberwachsenen -Mädel denken? Dies letztere quälte sie am meisten. -Hierüber wagte sie sich zu keiner lebenden Seele -auszusprechen. Das Erstaunen der meisten begnügte -sich damit, daß sie krank gewesen sei; sie -blieb eine Zeitlang nachher auch zu Hause und -war bleich, als sie wieder ausging. Die Freundinnen -neckten sie, aber sie ließ es unbeachtet. -</p> - -<p> -In diesem Winter wurden mehrere Kinderbälle -abgehalten. Der vierte in der Reihe war -bei „Arnesens an der Ecke“, und Ella war auch -dort. Der Ball war bis zum Ende der zweiten -Française gekommen, als sie flüstern hörte: „Axel -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -Aarö! Axel Aarö!“ Und da stand er in der -Thür mit drei andern jungen Herren hinter sich. -Die Hausfrau war seine ältere Schwester. Die -vier jungen Herren kamen von einer Spielgesellschaft; -sie wollten zusehen. -</p> - -<p> -Ella fühlte, daß sie wie mit Glut übergossen -war; zugleich fühlte sie eine Schwäche in den -Knieen, als wollten sie zusammenknicken. Sie -begriff es nicht recht, fühlte aber große Augen -auf sich gerichtet. Sie war ganz in eine Falte -ihres Kleides vertieft, die nicht in derselben Linie -fiel wie die anderen, da stand er vor ihr und -sagte: „Sie haben doch einen herrlichen Zopf.“ -Die Stimme überschüttete diesen gleichsam mit -Goldstaub. Er hob die Hand, als wolle er ihn -berühren, statt dessen aber führte er sie an seinen -Bart. Als er ihre tiefe Verlegenheit bemerkte, -wollte er nicht länger stehen bleiben und wandte -sich ab. -</p> - -<p> -Später fühlte sie seine Blicke noch mehreremal; -aber er kam nicht mehr zu ihr. Die andern -Herren nahmen teil am Tanz, Aarö tanzte nie. -Er hatte etwas im Wesen an sich, das in seiner -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -Weise das Angenehmste war, was sie kannte. -Eine zurückhaltende Vornehmheit, ein Stil im -Auftreten, eine rücksichtsvolle, langsam zögernde -Art, wohl auch die einzige Art, die sie verstanden -haben würde. Sein Gang machte den Eindruck, -als halte er die Hälfte seiner Kraft zurück, und -so war es in allem. Er war hochgewachsen; der -kleine, etwas schmale Kopf saß auf einem ziemlich -hohen Hals, die Schultern waren nicht breit; aber -bis jetzt hatte sie nie die Weise beachtet, wie er -Kopf und Oberkörper drehte, noch hatte sie gewußt, -daß etwas beinahe Musikalisches darin -liegen könne. -</p> - -<p> -Was hiernach geschah, und das Zimmer, in -dem es geschah, alles floß zusammen in Licht. -Aber mit einem Mal war es nicht mehr so. -Gleich darauf hörte sie auch: „Wo ist Axel Aarö? -ist er fortgegangen?“ -</p> - -<p> -Er war in diesem Winter nicht lange zu -Hause. Er war zwei Jahre in Havre gewesen -und kam gerade von dort; nun wollte er auf -zwei Jahre nach Hull. -</p> - -<p> -Bis jetzt war die Musik eine liebe Beschäftigung -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -für Ella gewesen; besonders hatte sie -Harmonieen geliebt und sie gesucht. Jetzt gab -sie sich den Melodieen hin. Sie hatte dem Klange -gelauscht und sich darin versucht. Jetzt wurde -die Musik zur Sprache. Sie selbst sprach darin, -oder jemand sprach zu ihr. -</p> - -<p> -Außer all den Leuten, die in einer Gesellschaft -waren, war von jetzt ab immer <em>noch</em> einer da. -Nie mehr allein, nicht auf der Straße, nicht zu -Hause. Und der Zopf war das heilige Zeichen -geworden. -</p> - -<p> -Im Frühling begegnete Frau Holmbo ihr auf -der Straße. Ella kam mit ihrem Psalmbuch in -der Hand vom Prediger. „Gehen Sie zum Konfirmationsunterricht?“ -— „Ja.“ — „Ich habe -einen Gruß für Sie. Können Sie raten, von -wem?“ — Nun war Frau Holmbo eine Freundin -von Axel Aarö’s Schwester und beständig mit der -Familie zusammen. Ella wurde rot und konnte -nicht antworten. „Ich sehe schon, Sie wissen, von -wem,“ sagte Frau Holmbo, und noch roter wurde -Ella. Mit einem Lächeln, das ziemlich überlegen -war — und davon hatte die schönste Dame der -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -Stadt im Überfluß — sagte sie: „Axel Aarö schreibt -nicht gern. Jetzt bekamen wir den ersten Brief -nach seiner Abreise. Aber darin schrieb er, wenn -wir „die mit dem Zopf“ sähen, sollten wir sie -von ihm grüßen. Sie hat bei Möhrings Lied -geweint; das hättet ihr andern auch tun können, -schreibt er.“ -</p> - -<p> -Die Tränen kamen Ella in die Augen. „Na, -na,“ tröstete Frau Holmbo, „dabei ist doch nichts -Böses.“ -</p> - -<div class="centerpic" id="img-022"> -<img src="images/022.jpg" alt="" /></div> - -<h3 class="no" id="subchap-0-2-2"> -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -<span class="centerpic"><img src="images/023.jpg" alt="" /></span> -<br />II -</h3> - -<p class="first"> -Zwei Jahre später, im Winter, kam Ella mit -ihren Schlittschuhen in der Hand hurtig vom -Eise herauf. Sie hatte zum erstenmal die neue -anschließende Jacke an; es war wirklich hauptsächlich -diese, die sie hinaus getrieben hatte. Der -Zopf kam munter unter der grauen Mütze hervor, -er war dicker und länger denn je; es ging -ihm vortrefflich. -</p> - -<p> -Sie machte wie immer einen Umweg bei „Andresens -an der Ecke“ vorbei; das Haus zu sehen -genügte ihr. -</p> - -<p> -Und gerade, als ihr Auge auf das Haus -fiel, stand Axel Aarö in der Tür. Er kam langsam -die Treppe herunter; er war wieder zu -Hause! Der blonde Bart fiel zierlich auf das -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -schwarze Pelzwerk, die Pelzmütze bedeckte die kurze -Stirn ganz und gar, so daß sie die Augen einrahmte, -die großen anziehenden Augen. -</p> - -<p> -Sie sahen sich an, sie mußten aufeinander zu, -an einander vorübergehen; er lächelte, indem er -an die schwarze Pelzmütze griff, und sie — blieb -stehen und knixte wie ein Schulmädchen <a id="corr-2"></a>im kurzen -Kleidchen! -</p> - -<p> -Seit zwei Jahren war sie nicht stehen geblieben, -hatte nicht anders, als mit dem Kopfe -gegrüßt, ja, wie jede erwachsene Dame; wer klein -ist, hält mehr als andere auf dieses Vorrecht. -Aber vor ihm, vor dem sie am liebsten erwachsen -sein wollte, vor ihm blieb sie stehen und knixte, -wie damals, als er sie zuletzt gesehen! Noch von -diesem Unglück verwirrt, stürzte sie in ein zweites -hinein. Sie sagte sich: „Sieh dich nicht um! -Halt dich stramm, sieh dich nicht um, hörst du!“ — -Aber an der Ecke, als sie gerade umbiegen mußte, -kehrte sie sich doch um — und sah ihn dasselbe -tun! Von diesem Augenblick an gab es keine -Menschen, keine Häuser, nicht Zeit, nicht Ort -mehr. Sie wußte nicht, wie sie sich nach Hause fand, -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> -oder weshalb sie auf ihrem Bette lag, das Gesicht -ins Kissen vergrub und weinte. -</p> - -<p> -Vierzehn Tage darauf große Jugend-Gesellschaft -im Klub. Axel Aarö zu Ehren. Alle -wollten dabei sein, alle wollten ihren beliebten -Kameraden zu Hause willkommen heißen. Von -Hull hatten sie auch gehört, wie unentbehrlich er -nach und nach dort drüben in der Gesellschaft -geworden war. Wenn seine Stimme größeren -Umfang gehabt hätte, — sie umfaßte nämlich -nicht viele Töne — so wäre er jetzt an „<span class="antiqua">Her -Majesty’s Theatre</span>“. So wurde erzählt. Auf dem -Balle sollte der Gesangverein — sein alter Gesangverein -wieder mit ihm zusammen singen. -</p> - -<p> -<a id="corr-4"></a>Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, — -vor ihr waren nur vier da. Sie fror vor Erwartung -in den leeren Zimmern und halb offenen -Gängen, meist aber im Saal, in dem sie sich einst -„bloßgestellt“ hatte! Sie trug ein rotes Ballkleid -ohne irgend welchen Schmuck, ohne Blume; die -Mutter wünschte es so. Sie fürchtete, sich verraten -zu haben, indem sie so früh kam; sie hielt -sich allein in einem Nebenzimmer auf und kroch -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -nicht eher hervor, als bis mehr Licht angezündet -war und Duft und Geplauder und das Stimmen -der Instrumente dazu einlud. Mit den Bällen -jetzt und früher ist es <em>der</em> Unterschied, daß es -jetzt sofort lebhaft zugeht; das hat der Sport -bewirkt; er hat größere Vertraulichkeit zwischen -den Geschlechtern geschaffen. Klein, wie Ella war, -verschwand sie in der Menge und sah Axel Aarö -nicht eher, als bis sie mehrere flüstern hörte: „Da -ist er!“ und jemand hinzufügte: „Er kommt hierher -zu uns!“ Frau Holmbo war es, die er suchte -und begrüßte; aber dicht hinter dieser stand Ella. -Als sie sich entdeckt sah, wurde die Knospe noch -roter als die Deckblätter. Sofort verließ er Frau -Holmbo. „Guten Abend!“ sagte er ganz leise -und streckte die Hand aus, die sie annahm ohne -aufzusehen. „Guten Abend!“ sagte er noch einmal, -noch leiser und noch näher. Sie spürte -einen leichten Druck und mußte aufblicken; es -geschah mit einer schüchternen Botschaft von -Treuherzigkeit und Angst, die hastete an allen -vorüber, erklärte nichts und gab niemandem -Ärgernis. Er sah auf sie hinab und strich sich -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -den Bart dabei; aber ob er nun nichts zu sagen -hatte (er war ja wortkarg) oder ob er nicht -sagen konnte, was er wollte, — alle schwiegen -mit ihm. Mit der ihm eigenen milden Art -wandte er sich und ging, wurde von Kameraden -aufgefangen, und später sah sie ihn nur dann -und wann in der Ferne; er tanzte nicht. -</p> - -<p> -Sie aber tanzte; alle waren sich einig darüber, -daß sie „süß“ sei (das wurde mit Respekt gesagt), -und dann lag an diesem Abend ein lieblicher -Hauch von Freude auf ihr. Wo Axel Aarö auch -im Saal stand, sie fühlte ihn und empfand einen -stillen Jubel, an ihm vorüber schweben zu können. -Seine Augen begegneten den ihren und folgten -ihr; seine Nähe machte, daß sie alle und alles -strahlend fand. -</p> - -<p> -An den Türrahmen gelehnt, sah man einen -großen, starken Mann „Aufsichtskomitee“ bilden. -Er mochte zwischen dreißig und vierzig Jahren -sein, letzterem näher; ein sturmfestes Gesicht, breitgeschnitten, -aber kühn; schwarzes Haar, braungrüne -Augen, die Gestalt eines Riesen. Jedermann -im Saal kannte ihn, Hjalmar Olsen, den mutigen -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -Führer des größten Dampfschiffes im Lande. -Er musterte alle, die vorbeitanzten, fand aber, daß -der Kleinen im roten Kleide der Preis gebühre; -sie anzusehen bereitete am meisten Vergnügen. -Einesteils war sie außerordentlich hübsch und -dann sprang ihre unbefangene Glückseligkeit auf -ihn selbst über. Als Axel Aarö ihm näher kam, -bekam Hjalmar Olsen jedesmal auch ein klein -wenig von der Verliebtheit ab, die ihr aus den -Augen strahlte. Sie tanzte jeden einzigen Tanz. -Hjalmar Olsen war groß genug, um durch den -ganzen Saal einen Schimmer von ihr zu erhaschen. -Auch sie bemerkte ihn; bald wurde er zum Leuchtturm -in ihrem Fahrwasser. Aber ein Leuchtturm, der -Herz für die Schiffe hatte, — so fühlte er beispielsweise -jetzt, daß sie dort an Peter Klaussons -Weste in Gefahr sei. Er kannte Peter Klausson. -</p> - -<p> -Ihre winzig kleinen Füße trippelten Walzer, -ihr Zopf hüpfte Polka, die Füße dreiviertel Takt, -der Zopf vierviertel. Aber Peter Klausson drückte -sie zu fest an die Weste! -</p> - -<p> -Darum suchte er sie gleich auf, als der Walzer -zu Ende war; aber es war nicht so leicht, sich -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -einen Tanz zu erhandeln; erst der nächste Walzer -war frei, und den bekam er. Im selben Augenblick, -als dies abgemacht war, strömten alle nach -der Tribüne; der Gesangverein zeigte sich da oben. -Sie war hilflos klein, die Ella, wenn alle drauf -los stürmten und sich zusammen packten; Hjalmar -Olsen, der ihre unglücklichen Versuche, ein Guckloch -zu erhaschen, sah, erbot sich, sie auf die Bank -zu heben, die an der Wand entlang lief, an der -sie standen. Sie wagte es nicht; aber im selben -Augenblick sah er andere hinauf klettern, und eh -sie’s noch hindern konnte, war sie selbst oben. -Gerade da trat Axel Aarö zwischen seine Kameraden -und wurde mit dem lebhaftesten Händeklatschen -von allen anwesenden Freunden, Männern -und Frauen begrüßt. Er verbeugte sich ehrerbietig -und zurückhaltend; aber die Willkommgrüße -wollten kein Ende nehmen, bevor die Kameraden -sich nicht ein wenig zurückzogen und er ganz vortrat. -Zuerst stimmte der Verein eins von den -ältesten Liedern an; Aarö sang seine Stimme -zwischen all den andern, was allgemein gefiel. -Darauf trat der Dirigent an das Klavier, um -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -ein Lied zu begleiten, das Aarö allein singen -wollte. Das Lied war von Selmer und in -der Hauptstadt schon in der Mode; es wurde -von Männern wie von Frauen gesungen, das -„sie“ der letzten Strophe wurde nur in „er“ -umgeändert. Hier war es noch nie gehört -worden. -</p> - -<p> -Schon während der Verein sang, hatte Aarö -im Saal umhergespäht, und von dem Augenblick -an, wo er dort hin geblickt, wo Ella stand, -hatte er kein Auge von da verwandt. Jetzt -stellte er sich an jene Seite des Klaviers und -während des Singens blickte er unverwandt dorthin. -Je nachdem er hineinkam, wurden seine -schwermütigen Augen durchleuchtet, seine Gestalt -wurde plastisch. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ich sing’ nur für die einzige,</p> - <p class="verse">Wenn And’re auch mein Lied erfreut,</p> - <p class="verse">So ist es doch die einzige,</p> - <p class="verse">Der ich es hab’ geweiht.</p> - <p class="verse">Ihr, die Ihr lauschet, stärkt den Klang;</p> - <p class="verse">Denn wär’ nicht jene einzige,</p> - <p class="verse">Die machte, daß mein Lied gelang, —</p> - <p class="verse">Ihr hörtet keinen Sang.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> - <p class="verse">Jeg synger for een eneste,</p> - <p class="verse">om ogsaa alle hörer paa,</p> - <p class="verse">og bare denne eneste</p> - <p class="verse">kan Sangen helt forstaa.</p> - <p class="verse">Men I, som höhrer, styrk <a id="corr-6"></a>dens Klang;</p> - <p class="verse">for var ej denne eneste,</p> - <p class="verse">som vakte nu min Tonetrang,</p> - <p class="verse">da fick I ingen Sang.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Der Weg ist nicht der kürzeste,</p> - <p class="verse">Er schlinget sich durch Alle hier,</p> - <p class="verse">Jedoch er ist der einzige,</p> - <p class="verse">Der führet hin zu ihr!</p> - <p class="verse">Ihr Guten, höret, stärkt das Wort,</p> - <p class="verse">Damit es werd das einzige,</p> - <p class="verse">Das in der Brust ihr tönet fort,</p> - <p class="verse">Ein lieblicher Akkord!</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Er Vejen ej den beneste,</p> - <p class="verse">forgrenet gjennem alle her,</p> - <p class="verse">so er den dog den eneste,</p> - <p class="verse">som kommer ganske naer.</p> - <p class="verse">Aa, gode Hjerter, styrk hvert Ord;</p> - <p class="verse">so de maa bli de eneste</p> - <p class="verse">I hele Kjaerlighedens Kor,</p> - <p class="verse">som hun af Hjaertet tror.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Seine Stimme war berückend; eine solche -Liebesbotschaft hatte noch keiner je gehört. Jetzt -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -waren außer Ella noch andere da, die Tränen -in den Augen hatten. -</p> - -<p> -Sie standen eine Weile, als warteten sie auf -einen weiteren Vers, — daher Stille; aber dann -brach ein Beifall los, desgleichen niemand je -gehört hatte. Sie wollten das Lied noch einmal -hören. Aber noch hatte keiner je erlebt, daß -Axel Aarö etwas zweimal hintereinander gesungen -hatte. Sie mußten es also aufgeben. -</p> - -<p> -Ella hatte das Lied nie gehört, weder die -Worte noch die Töne. Als er anfing, den Blick -auf sie gerichtet, glaubte sie umfallen zu müssen; -etwas so unerhört Kühnes hatte sie nicht geahnt. -Er, sonst so wortkarg, rücksichtsvoll und zurückhaltend, -ihr dies entgegenzusingen, so daß alle es -hörten! Weiß wie die Wand, an die sie sich stützte, -bekam sie eine solche Atemnot, daß sie sich nach -Hilfe umsehen mußte. Gleich hinter ihr, ebenfalls -auf der Bank, stand Frau Holmbo, magnetisiert, -schön wie eine Statue. -</p> - -<p> -Sie sah nicht mehr von Ellas Not als von -der Uhr auf dem Marktplatz. Diese absolute -<a id="corr-7"></a>Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -zu sich. Die Gegenwart der andern, die ihr so -entsetzlich gewesen, hatte ja nichts zu bedeuten, -solange keiner was begriff. Schließlich hörte sie -ohne Angst zu. Den zweiten Vers ganz und gar. -Heimlicher, reizender konnte es ihr nicht gesagt -werden, obgleich alle zuhörten. Wenn er sie nur -nicht angesehen hätte! Wenn sie sich nur hätte -verstecken können! — -</p> - -<p> -Sobald der letzte Ton verhallte, sprang sie -herunter. Unten zwischen all den Schultern fand -sie ihre Schamhaftigkeit wieder, ihren wonneerfüllten -Traum, ihr Geheimnis in bräutlicher -Kleidung. Was war doch geschehen, und was -würde nun das nächste sein? Rund umher -funkelnde Augen, jubelnde Stimmen, klatschende -Hände, — war das nicht wie Fackeln und Huldigungsrufe, -war das nicht auch für sie mit? -Drinnen nur er und sie, — all die andern -draußen! — -</p> - -<p> -Der Tanz begann sofort, — und sie hinein! -Hinein, als sei alles ihr zu Ehren, oder als sei -sie die einzige! Ihre Kavaliere versuchten einer -nach dem andern mit ihr zu plaudern, aber es -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -nützte nichts. Sie lachte, — lachte ihnen in die -Augen, als wären <em>sie</em> verrückt, und sie allein -die verständige. Sie tanzte, strahlte, lachte aus -den Armen des einen hinüber in die Arme des -andern. So daß Hjalmar Olsen, als er seinen -Walzer bekam, gleichsam achtzehn frische Bouquets -und ein „Hjalmar Olsen soll leben!“ entgegennahm. -Er fühlte sich mehr als geschmeichelt. -Als sie ihren Arm wie harmlos fröhliches Kindergeplauder -auf seinen schwarzen Frack legte, fühlte -er, daß er eigentlich ebenso unwürdig sei wie -Peter Klausson. Er wollte sie wahrlich nicht entweihen; -er hielt sie tadellos weit von sich, und -als ihm war, als lache sie, und er das Gesicht -der kleinen Person <a id="corr-8"></a>irgendwo unten an seiner Weste -erspähen wollte und auf dieser Expedition mehr -zu sehen bekam, als er sehen durfte (denn er hob -ihre Arme so schrecklich hoch hinauf), da schämte -Hjalmar Olsen sich und starrte beim Weitertanzen -wie ein Nachtwandler geradeaus in den -Saal. Tanzte in Selbstgefühl und Entzücken fort -über Stock und Stein. Ella versuchte dann und -wann den Boden zu berühren; sie wünschte ein -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -mehr sicheres Einhalten des Takts. Unmöglich. -Das besorgte er alles selbst, sowohl ihr Tanzen -wie sein eigenes, sowohl ihren wie seinen Takt; -den Tanzboden erreichte sie nicht anders als zum -Besuch; im übrigen war es eine Luftreise. Er -hörte sie von unten her lachen; es freute ihn, -daß sie sich wohlbefand. Aber er sah sie nicht. -Die, mit denen er Zusammenstöße hatte, freuten -sich weniger; das war <em>ihre</em> Sache. Er war -vollständig verblüfft, als die Musik aufhörte; jetzt -wollten sie ja erst allen Ernstes anfangen. Aber -er mußte sie an der unfreiwilligen Haltestelle absetzen. -</p> - -<p> -Gleich darauf wieder Gesang. Zuerst vom -Verein allein; dann von ihm und Aarö zusammen -Griegs „Landkjending“. Schließlich sang -Aarö zum Klavier. Diesmal hatte Ella sich -hinter die allerletzten verkrochen. Da diese aber -beständig vorwärts drängten, blieb sie allein stehen. -Dabei befand sie sich wohl; sie sah ihn, aber er -sah sie nicht; er blickte auch nicht dorthin, wo -sie stand. -</p> - -<p> -Sie kannte das Lied nicht, wußte nicht einmal, -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -daß es existierte, obgleich sie bei den ersten -Worten und Tönen hörte, daß andere es kannten. -Natürlich wußte sie, daß weder Worte noch -Musik von ihm seien; aber gleichwie er das -vorige Mal gewählt hatte, was zu jener dringen -konnte, für die er singen wollte, zweifelte sie nicht -daran, daß er jetzt dasselbe tat. Schon die ersten -Worte: „Mein junges Lieb’ den Schleier trägt“ -— heimliche Liebe kann ja kein wahreres Bild -finden! Es war wiederum an sie! Daß der -Schleier nur für ihn gehoben wurde, daß er fällt, -sobald ein anderer hinsieht, — war das nicht -so, wie es zwischen ihnen werden mußte? Daß -das Geheimnis der Liebe einem Heiligtum gleicht, -daß es das höchste Glück auf Erden birgt — -sie erbebte beim Wiedererkennen! Die Töne -schütteten die Worte wie kalte Wogen über sie; -dieses Verständnis bis zum Verrat machte sie zu -Eis erstarren. Sie bebte vor Angst und Wonne -zugleich. Niemand sah sie, das war ihre Rettung. -Sie fürchtete jedes neue Wort, bevor es kam, und -jedes brachte neues Erbeben. Die Arme an -den Busen gedrückt, den Kopf über die Hände -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -gebeugt, stand sie da und zitterte wie in Wasserfluten. -Und als der zweite Vers mit seiner letzten -Zeile kam, und besonders als sie wiederholt -wurde, wollten die großen Tränen aufsteigen — -wie schon einmal früher im selben Saal. Sie -stemmte sich mit aller Kraft dagegen; aber die -Erinnerung daran, wie schlecht es damals gegangen, -schwächte die Widerstandskraft; sie war -nahe daran zu schluchzen, als das Lied auch -<em>dieses</em> Wort brachte! Das Zusammentreffen -war zu großartig, es schob alle Erregung beiseite, -sie hätte jetzt laut auflachen mögen. Nun war -sie ganz, ganz sicher! So kam es, daß die letzte -Zeile des Liedes in ihrem klaren Sinne, in -ihrem jubelnden Zusammenempfinden sie traf — -wie ein Blitzstrahl, wie ein Messerstich bis ans -Heft. -</p> - -<p> -Das Lied lautete: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Mein junges Lieb den Schleier trägt,</p> - <p class="verse">Für mich nur hebt sie ihn empor,</p> - <p class="verse">Das Auge, das kein and’rer ahnet,</p> - <p class="verse">Das strahlet, schmelzet, lieblich mahnet</p> - <p class="verse">Soll niemand schaun — den Schleier vor!</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> - <p class="verse">Min unge Elskov baerer Slör.</p> - <p class="verse"><a id="corr-10"></a>For mig hun löfter den og ler</p> - <p class="verse">af Öjne, ingen anden aner,</p> - <p class="verse">de straaler, smelter, svaerger, maner; —</p> - <p class="verse">men Slöret for, straks nogen ser.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Wo Zwei vereint das Gute tun,</p> - <p class="verse">Wird’s zwiefach auch gesegnet sein.</p> - <p class="verse">Wenn gleiches Sehnen, gleich Empfinden</p> - <p class="verse">In zweien Seelen sich verbinden,</p> - <p class="verse">Das größte Glück ist da allein.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Alt godt, som to er ene om,</p> - <p class="verse">har tvefold Ynde, Hellighed.</p> - <p class="verse">At Livets lange Laengsler mödes</p> - <p class="verse">i to, som Sjael i Sjael genfödes,</p> - <p class="verse">er störste Lykke, Jorden ved.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Doch weshalb sie den Schleier trägt</p> - <p class="verse">Und schluchzet in ihm ohne Laut,</p> - <p class="verse">Als bebte Jammer ihr im Herzen?</p> - <p class="verse">Weil er gewebt aus Gram und Schmerzen,</p> - <p class="verse">All uns’re Lieb’ auf Qual erbaut.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Men hvorfor baerer hun saa Slör</p> - <p class="verse">og hulker i det uden Lyd,</p> - <p class="verse">som skulde briste hendes Hjerte?</p> - <p class="verse">Fordi det <a id="corr-11"></a>vaevet er af Smerte, —</p> - <p class="verse">i Savn og Angst er al vor Fryd.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -Ein erschreckender, ohrenbetäubender Beifall. -Sie wollten, sie mußten das Lied noch einmal -haben; diesmal sollte Aarös vornehmer Widerstand -sich für besiegt erklären. -</p> - -<p> -Aber er leistete nicht Folge, und endlich gaben -einige es auf, andere fuhren eigensinnig fort. In -der Zwischenzeit trennten einige Damen sich von -dem Haufen; sie kamen an Ella vorüber. „Hast -du Frau Holmbo gesehen, wie sie sich versteckt -und geweint hat?“ — „Ja. Aber hast du sie -während des ersten Liedes gesehen? Oben auf -der Bank? <em>Ihr</em> hat er die ganze Zeit zugesungen.“ -</p> - -<p> -Kurz darauf — es mochte zwei Uhr nachts -sein — schoß eine kleine, dicht verhüllte Dame -pfeilschnell durch die Straßen. An der Kopfbedeckung -und anderm sahen die Wächter, daß es -eine von den Balldamen sein müsse. Sonst -pflegten sie begleitet zu werden; aber der Ball -war noch nicht zu Ende; da war gewiß irgend -etwas nicht in Ordnung, sie ging auch so schnell. -</p> - -<p> -Es war Ella. Sie eilte gerade an dem verlassenen -Rathause vorüber, aus dem jetzt ein -Speicher gemacht war. Die äußeren Mauern -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -waren stehen geblieben, aber innen das schöne -Holzwerk war verkauft und forttransportiert worden. -</p> - -<p> -Das ist gerade wie mit mir, dachte Ella; sie -eilte, so sehr sie konnte, Nächten ohne Schlaf und -Tagen ohne Freude entgegen. -</p> - -<p> -Gegen Morgen wurde Axel Aarö sinnlos betrunken -von Kameraden nach Hause gebracht. -Einige sagten, er habe ein Bierglas voll Whisky -hinunter gegossen in dem Glauben, daß es Bier -sei; andere sagten, er sei „Quartalssäufer“ geworden, -sei es lange gewesen, habe es jedoch verheimlicht. -„Quartalssäufer“ heißen Leute, die in -längeren Zwischenräumen trinken müssen. Sein -Vater war es vor ihm gewesen. -</p> - -<p> -Ein paar Tage darauf ging Axel Aarö in -aller Stille nach Amerika. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-040"> -<img src="images/040.jpg" alt="" /></div> - -<h3 class="no" id="subchap-0-2-3"> -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -<span class="centerpic"><img src="images/041.jpg" alt="" /></span> -<br />III -</h3> - -<p class="first"> -Noch einer von jenem Balle dampfte gleichzeitig -über den Atlantischen Ozean; das war -Hjalmar Olsen. Das Schiff wurde von einem -ewigen Nordweststurm verfolgt, und wenn es allzu -arg wurde, trank er Grog dazu. Aber jedesmal -wenn er es tat, wunderte er sich, daß er einer -Erinnerung vom Balle von Angesicht zu Angesicht -gegenüberstand; der kleinen Rosenroten, -„der mit dem Zopf“. Hjalmar Olsen meinte, -er habe sich ihr gegenüber ziemlich gentlemanlike -benommen. -</p> - -<p> -Anfangs dachte er nicht weiter darüber nach. -Zweimal war er verlobt gewesen, und beide -Male war es auseinander gegangen; sollte er -zum dritten Male daran gehen, so mußte er auch -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> -gleich heiraten. Diese Erwägungen stellte er wohl -an, ja, hatte sie schon öfter angestellt, aber er -achtete nicht genauer auf seine eigenen Gedanken. -Ein Dampfer brauchte nicht viele Tage und -Nächte zwischen den Häfen, und jedesmal fand -sich Unterhaltung genug. Er ging nach New-York, -von dort nach New-Orleans, er fuhr hinunter -nach Brasilien und von da wieder herauf. -Dann wieder hinunter und endlich von dort direkt -nach England und Norwegen. Aber oft unterwegs, -wenn er allein war, und meistens beim -Glase Grog, traf er „die mit dem Zopf“. Merkwürdig, -wie sie ihn angesehen hatte. Er wurde -innerlich gut, wenn er daran dachte. Vom Briefschreiben -hielt er nicht viel, sonst hätte er es diesmal -vielleicht getan. Als er aber nach Christiania -kam und von einem Manne aus der Stadt dort -unten hörte, daß ihre Mutter im Sterben liege, -da dachte er gleich: ich will mich wirklich nach -ihr umsehen. Vielleicht findet sie es hübsch von -mir, wenn ich es gerade jetzt tue. -</p> - -<p> -Zwei Tage später saß er vor ihr in dem -kleinen Wohnzimmer, das auf den Markt und -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -nach dem Hotel hinaus ging. Seine starken Hände, -dunkel von der Sonne und von Haaren, strichen -über die Knie, während er sich lächelnd vorbeugte -und fragte, ob sie ihn haben wolle. -</p> - -<p> -Sie saß niedriger als er; ihr voller Busen -und die festen Arme waren von einem braunen -Kleide umspannt, auf das er niederblickte, wenn -er ihr nicht ins Gesicht sah, das so bleich und -zart war. Sie fühlte das Wandern seiner Augen; -sie kam aus dem Nebenzimmer und von Todesgedanken; -sie hörte oben eine kleine Uhr melden, -daß es sieben Uhr sei; es melden wie ein Kuckuck, -und diese kleine Erinnerung an alles, was hier -jetzt vorüber war ... eins mit dem andern -machte, daß sie sich mit Tränen in den Augen -von ihm abwandte: „Ich kann jetzt unmöglich -an dergleichen denken.“ Sie stand auf und trat -zu ihren Blumen im Fenster. -</p> - -<p> -Da mußte auch er aufstehen. Vielleicht antwortet -sie mir später, dachte er, und diese Gedanken -gaben ihm Worte, ein wenig unbeholfen -wohl, aber deutlich. Sie schüttelte den Kopf und -blickte nicht auf. -</p> - -<p> -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -Er ging. Draußen nahm er den verkehrten -Weg, und als er umkehrte und das Haus wiedersah, -das kleine Puppenhaus, da verspürte er Lust, -alles ins Wasser zu werfen. -</p> - -<p> -Die Nacht hindurch wartete er auf das Dampfschiff -aus Christiania; Peter Klausson und ein -paar andere Kameraden halfen ihm dabei, und -es dauerte nicht lange, so hatten sie ausfindig -gemacht, in welcher Angelegenheit er gekommen, -und wie es ihm ergangen war. Sie wußten auch, -wie es ihm <a id="corr-12"></a>früher schon zweimal gegangen war. -Hjalmar Olsen trank entsetzlich zu dem, was er -litt. Tags darauf erwachte er in den größten -Qualen auf dem Dampfschiff. -</p> - -<p> -Kurz darauf erhielt Ella einen gut geschriebenen -Entschuldigungsbrief, in dem er erklärte, -daß er es gut gemeint habe, als er gerade jetzt -kam; aber erst als er vor ihr gesessen, habe er -gefühlt, wie verkehrt es gewesen. Sie möge ihm -darum nicht zürnen. -</p> - -<p> -Nach Verlauf eines Monats bekam sie wieder -einen Brief; er hoffe, sie habe ihm vergeben. -Er seinerseits könne sie nicht vergessen. Mehr -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> -stand nicht drin. Ella nahm beide Briefe gut -auf, es war Form darin, auch Beständigkeit. -Aber nicht einen Augenblick fiel es ihr ein, seinen -indirekten Antrag jetzt anders aufzufassen als -damals. Sie war nach Christiania gegangen, um -sich im Klavier auszubilden — und in der Handelsrechnung. -Letzteres nahm sie mit, weil Rechnen ihr -stets leicht geworden, und weil sie unsicher geworden -war. Ihre Mutter war gestorben; sie besaß das Haus -und ein kleines Vermögen; sie wollte versuchen, sich -selbständig zu machen. Sie verkehrte mit niemand -in der fremden Stadt; sie war es gewöhnt, ohne -eine Vertraute zu träumen und Pläne zu machen. -</p> - -<p> -Von Axel Aarö kam eine wunderliche Nachricht. -Nachdem er in New-York vor einer -größeren Gesellschaft gesungen, hatte ein alter, -reicher Mann ihn zu sich eingeladen, und seitdem -lebten die beiden wie Vater und Sohn zusammen. -So erzählte man sich in der Stadt lange, bevor -ein Brief von Axel selbst kam; dieser aber bestärkte -das Gerücht in allen Teilen. -</p> - -<p> -Darauf erhielt Ella einen dritten Brief von -Hjalmar Olsen; er fragte in ehrerbietiger Form -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -an, ob sie es schlecht aufnehmen würde, wenn -er ihr bei einer Heimkunft einen Besuch abstattete. -Er wußte, wo sie wohnte. -</p> - -<p> -Bevor sie noch mit sich im reinen darüber -war, ob sie überhaupt antworten solle, las man -in allen norwegischen Zeitungen, die es aus -amerikanischen abgedruckt hatten, Hjalmar Olsen, -habe mit ungewöhnlicher Tüchtigkeit und mit -Gefahr für Schiff und Mannschaft in einem -Orkan die Passagiere und Besatzung eines Ozeandampfers -gerettet, dem dicht vor der amerikanischen -Küste die Schraube gebrochen war. Zwei -Dampfer waren vorüber gekommen, ohne den -Versuch zu wagen, so entsetzlich war das Wetter. -Er hatte sich einen ganzen Tag bei dem Dampfer -aufgehalten. -</p> - -<p> -Es war eine seltene Tat, die er da vollbracht -hatte. In New-York und später, als er nach -Liverpool kam, wurde er in den Seemannsklubs -gefeiert, bekam Ehrenzeichen und Adressen. -</p> - -<p> -Als er von dort nach Christiania kam, bekam -er der Auszeichnungen mannigfache. Groß und -ansehnlich wie er war, wurde ihm die Huldigung -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> -des Volkes gar leicht zu teil. Sie wurde ihm -jetzt im großen Stil dargebracht. -</p> - -<p> -Mitten drin suchte er Ella auf. Sie hatte -sich gut versteckt; sie dachte seit ihrer Niederlage -so gering von sich. Im voraus war sein Bild -ein wenig zu übernatürlicher Größe herangewachsen, -und als er nun selbst kam und sie heraus holte, -war es, als ob sie aus der Stubenluft wieder in -Wind und Sonnenschein hinauskäme. Ja, sie -empfand etwas von dem alten Selbstvertrauen. -Seine Gefühle für sie waren dieselben; das merkte -sie bald, als sie ihn studierte. Gesellschaftliche -Formen hatte er, und voll Würde nahm er Huldigungen -und Aufmerksamkeiten entgegen; hielt -keine unzeitigen Reden. Sie hatte gehört, daß -er gerne ein Glas zuviel trank, aber sie sah davon -nichts. Ein schöner Mann, ja, ein Mann -wie wenige, — vielleicht ein wenig abgearbeitet, -aber das waren ja die meisten Seeleute. Vor -etwas Unbestimmtem in den Augen hatte sie Angst, -ebenso vor seiner Gier, wenn er bei Tische saß. -Zuweilen erschrak sie auch vor dem Gewaltsamen -in seinen Ansichten. Wäre sie zu Hause gewesen -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -und hätte sich erkundigen können! Aber er wollte -sofort wieder abreisen und hatte im Scherz -geäußert, wenn er jetzt freite, so wolle er sich -zugleich verloben und verheiraten. Diese Einfachheit -und Hast gefielen ihr. Auch die Kraft und -auch die Eigenmächtigkeit, obgleich sie sie fürchtete. -Fürchtete und sich außerordentlich wohl dabei -befand, daß soviel Kraft und Eigenmächtigkeit sich -gerade vor ihr beugten, und das jetzt, wo alle -um ihn warben. -</p> - -<p> -Da kam sie auf etwas, was sie außerordentlich -verständig dünkte; für den Fall wollte sie zwei -Bedingungen stellen: Verwaltung des eigenen Vermögens -und niemals mit ihm reisen. Wenn seine -Kraft und Eigenmächtigkeit etwa zügellos werden -sollten, so wurde dadurch eine Grenze gesetzt, und -sie konnte ihm von Anfang an zu verstehen geben, -daß, wie klein sie auch sei, sie sich und das Ihre -zu schützen gedächte. -</p> - -<p> -Als der Antrag kam — es war in einer Theaterloge -— fehlte es ihr jedoch an Mut, es zu sagen. -Sie bat um Bedenkzeit. Der Ausdruck, den sein Gesicht -annahm, flößte ihr Furcht ein — zum erstenmal. -</p> - -<p> -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> -Später dachte sie oft daran. Anstatt diesem -unmittelbaren Eindruck nachzugeben, fing sie an -zu sinnen, was wohl geschehen würde, wenn sie -jetzt wieder nein sagte! Sie hatte ja seine Freundlichkeit -angenommen, obgleich sie wußte, was -kommen würde. Die Bedingungen, die Bedingungen -— mögen sie entscheiden! Nahm er -sie an, so sollte es sein, und dann hatte es auch -wohl keine besondere Gefahr. So schrieb sie und -nannte die Bedingungen. -</p> - -<p> -Er kam am nächsten Tage und bat um die -notwendigen Papiere, dann würde er selbst alles -ordnen, sowohl das mit dem Ausschluß der Gütergemeinschaft -wie mit dem Kontrakt; er faßte es -also als Geschäft auf und schien wohl zufrieden. -</p> - -<p> -Drei Tage darauf wurden sie getraut. Große -Feierlichkeit und großer Zulauf; die Zeitungen -hatten nämlich darauf aufmerksam gemacht. -Huldigung und Ehrenbezeugungen hinterher, Prunk -und Reden untermischt mit Witzen über seine -Größe und ihre Kleinheit — es dauerte von -fünf Uhr nachmittags bis zwölf, ein Uhr nachts -in ziemlich gemischter Gesellschaft. Als es spät -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -wurde und der Champagner gar kein Ende nahm, -wurden viele lärmend und tüchtig zudringlich. -Darunter auch der junge Ehemann. -</p> - -<p> -Am nächsten Morgen sieben Uhr saß Ella -angekleidet und ganz allein in einem Zimmer -neben der Schlafstube, deren Tür offen stand; -sie hörte ihren Mann dort schnarchen. -</p> - -<p> -Leichenblaß und still saß sie, gelähmt durch -die Schrecken der Nacht, ohne Tränen, ohne Empfindung. -Sie teilte die Ereignisse der Nacht in -zwei Teile: in das, was geschehen war, und das -was gesagt worden — sie wußte nicht, was am -schlimmsten gewesen. -</p> - -<p> -Die Begierde dieses Mannes war von tödlichem -Haß entflammt! Als sie das erste Mal -nein gesagt, hatte er es zum Ziel seines Lebens -gemacht, sie dahin zu bringen, daß sie ja sagte; -das erzählte er. Erzählte, daß <em>sie</em> für den Verruf -büßen solle, in den er gekommen, — nahe -daran, zum drittenmal bloßgestellt zu werden. Sie -solle für alle büßen, sie, die es gewagt hatte, -kränkende Bedingungen zu stellen! Wie ein Ding, -wie eine Dirne würde er sie behandeln! -</p> - -<p> -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -Ihrer Berechnung werde er das Genick -brechen, wie einer Garneele, — sie solle sich nur -unterstehen, nicht mit an Bord gehen oder irgend -etwas selbst verwalten zu wollen! -</p> - -<p> -Dann das, was geschehen war —! Die -Schale einer Fliege in einem Spinngewebe, zerfressen -und leergeschlürft, das war’s woran sie dachte. -</p> - -<p> -Aber ungefähr Ähnliches hatte sie schon einmal -empfunden! O Gott, die Nacht nach dem -Balle! Eine unbestimmte Empfindung, daß sie -in jener Nacht für diese letzte bestimmt wurde ..... -aber sie konnte es sich nicht klar machen. Hingegen -fragte sie sich, ob das, was uns <em>nicht</em> glückt, -tiefer über uns bestimmt als das, was glückt? -</p> - -<p> -Drei, vier Stunden später saß Hjalmar Olsen -am Frühstückstisch, schwerfällig und schweigend; -aber er beobachtete höfliche Formen, als ob nichts -vorgefallen sei. Vielleicht war er zu betrunken -gewesen, um ganz verantwortlich gemacht werden -zu können; oder vielleicht war die Höflichkeit -Berechnung, um sie für einen Besuch an Bord -zu gewinnen. Er bat nämlich darum, als er vom -Tische aufstand. -</p> - -<p> -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -Aber weder durch Drohungen noch durch -Lockungen, weder zum Aufenthalt noch zum Besuch -bekam er sie mit an Bord. Die Furcht -rettete sie. -</p> - -<p> -Einige Monate später saß sie in ihrer Vaterstadt -im eigenen kleinen Hause. Die Zeitungen -machten bekannt, daß sie Schülerinnen für Klavierspiel -und Handelsrechnung suche. -</p> - -<p> -Sie war schwanger. -</p> - -<p> -Ein Jugendfreund Axel Aarö’s besuchte sie. -Er solle sie vielmals von Aarö grüßen und ihr -Glück zu ihrer Heirat wünschen. Sie zwang die -aufquellende Bewegung nieder und fragte sanft, -wie es Axel Aarö gehe. O, ganz ausgezeichnet; -er sei immer noch bei demselben alten Manne, -der nach und nach alles für ihn geworden sei. -Dies sei so recht etwas für Aarö; es paßte ihm -daß einer alles für ihn geworden. Und dann -habe er eine Kur gegen sein ererbtes Übel durchgemacht; -er selbst glaube, daß er geheilt sei. Wie -es Frau Holmbo gehe, fragte Ella. Sie erschrak, -als sie es ausgesprochen hatte; aber es war eine -unwillkürliche Bitterkeit, die hervorbrach. Sie -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -hatte Frau Holmbo so mager und bleich gesehen; -Frau Holmbo vermißte ihn wohl, und das war -zuviel. -</p> - -<p> -Der Freund lächelte: „O, Sie haben das -dumme Gerücht gehört? Nein, Axel Aarö war -nur der Vermittler zwischen ihr und dem, den -sie heimlich liebte. Die beiden Freunde hatten -im Auslande zusammen gewohnt. Vor einigen -Monaten war der Betreffende auf einer Geschäftsreise -in Kopenhagen, und Frau Holmbo war auch -hinunter gereist. Aber es war gewiß schon lange -irgend etwas zwischen ihnen nicht mehr in Ordnung.“ -</p> - -<p> -An diesem Abend weinte Ella noch lange, -bevor sie einschlief. Sie lag und streichelte ihren -Zopf, den sie über die Brust gezogen hatte. Oft -hatte sie daran gedacht, ihn abzuschneiden; aber -er war noch da. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-053"> -<img src="images/053.jpg" alt="" /></div> - -<h3 class="no" id="subchap-0-2-4"> -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -<span class="centerpic"><img src="images/054.jpg" alt="" /></span> -<br />IV -</h3> - -<p class="first"> -Im ersten Jahre bekam sie einen Knaben und -noch einen im nächsten. So oft sie allein war, -teilte sie ihre Zeit zwischen ihnen und den Unterrichtsstunden. -Der Mann steuerte so gut wie -nichts zum Haushalt bei, mit Ausnahme der -kurzen Zeiten, wenn er zu Hause war. Dann -wurde das Geld mit Kameraden in flottem Leben -verschwendet. „Die Jungen“ wurden so lange -zur Tante geschickt; „man konnte ja nicht vier -Schritte in dem Lumpenhause machen, ohne durch -die Wand zu gehen.“ Solange sagte sie auch -ihre Stunden ab; sie konnte nicht mehr leisten, -als daß sie ihm aufwartete. -</p> - -<p> -Daß sie nicht glücklich sein könne, begriffen -alle; aber daß sie ein Leben in Angst lebte, davon -hatte niemand eine Ahnung. In Angst vor -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -dem Telegramm, das sein Kommen meldete, wenn -auch nur für einige Tage, in Angst vor dem, -was dann geschehen würde. Wenn er kam, -wagte sie nicht den leisesten Widerspruch und -zeigte ihm und allen die unbefangenen Augen, -dieselbe rasche, ein wenig gedämpfte Art, die machte, -daß sie ging und kam, ohne daß man sie bemerkte. -Wenn er dann abgereist war, wurde sie mit einem -Male so übermüde nach der Spannung der Tage -und Nächte, daß sie zu Bette mußte. -</p> - -<p> -Jedesmal, wenn er zu Hause war, wurde er -weniger achtsam auf sich selbst, unverschämter -gegen andere; wenn sie aber begriffen hätte, wie -Männer mit seiner Verausgabung von Kraft in -der Regel um die vierziger Jahre herum fertig sind -(und deren sind gar viele in den Küstenstädten), -dann hätte sie auch schon begriffen, daß gerade dies -die Zeichen des Niederganges waren; er war weit -vorgeschritten. Ihr erschien er nur immer widerlicher. -</p> - -<p> -Er war wenig zu Hause, das half ihr. Sie -hatte sich vorgenommen, daß sie und die Knaben -ausgezeichnet miteinander leben würden; das half -ihr auch, meist aber ihre rastlose Arbeit und die -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -Achtung aller. Nach fünfjähriger Ehe schien sie -ebenso niedlich, wie damals, schien auch ebenso -unbefangen und munter; sie war so daran gewöhnt, -sich zu verstellen. -</p> - -<p> -Nun waren ihre Jungen der eine vier, der -andere drei Jahre alt, und selten fand man sie -anderswo, als auf dem Marktplatz — in den -Schneehaufen im Winter, in den Sandhaufen im -Sommer. Oder auf dem Lande bei der Tante, -ihrer „Großmutter“. -</p> - -<p> -Nächst der Beschäftigung mit den Knaben -war die mit den Blumen ihr die liebste. Sie -hatte deren eine Menge, die das Haus kleiner -machten, als es eigentlich war. Mit den Knaben -konnte sie spielen, aber mit den Blumen konnte -sie denken. Wenn sie den Blumen Wasser gab, -empfand sie am stärksten, wie gequält sie selbst -war. Wenn sie ihre Blätter abwischte, sehnte -sie sich nach guten Worten, freundlichen Augen. -Wenn sie trockne Zweige entfernte, überflüssige -Schüsse, wenn sie ihnen andere Erde gab, weinte -es oft in ihr vor Sehnen, wallte das in ihr auf, -was nichts bekam. -</p> - -<p> -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -Fünf Jahre waren also vergangen, — als -eines Tages das Gerücht durch die Stadt ging, -daß Axel Aarö ein reicher Mann geworden sei; -sein alter Freund war gestorben und hatte ihm -eine große Leibrente hinterlassen! Gleich darauf -wurde auch erzählt, daß Axel Aarö zum zweitenmal -die Kur gegen die Trunksucht durchgemacht -habe; die erste sei nicht von Erfolg gewesen; jetzt -aber sei er geheilt. Man konnte sehen, wie beliebt -Axel Aarö war; denn es gab kaum einen, -den es nicht freute. -</p> - -<p> -Am Mittwoch den 16. März 1892, um -vier Uhr nachmittags, saß sie mit einer Arbeit -zwischen ihren Blumen, als sie nach dem Hotel -hinüber sehen mußte. Im Eckfenster der zweiten -Etage stand der, an den sie dachte; er sah auf -sie nieder. -</p> - -<p> -Sie stand auf, und er grüßte zweimal. Sie -stand noch da, als er über die Straße kam, in -dunkler Pelzmütze, schwarzer Seidenweste, auf die -der lange, blonde Bart herab fiel, das Gesicht -ziemlich bleich, aber die Augen klarer im Ausdruck. -Er klopfte an; sie konnte kein Wort hervorbringen, -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -sich nicht rühren. Als er aber die -Tür öffnete und im Zimmer stand, sank sie auf -einen Stuhl nieder und weinte. -</p> - -<p> -Er kam langsam auf sie zu, nahm einen -Stuhl und setzte sich ihr gegenüber. „Sie dürfen -nicht erschrecken, weil ich so geradezu komme. Es -freut mich zu sehr, Sie wiederzusehen.“ Nein, -wie das in diesem Hause klang, diese wenigen -gedämpften Worte, so rücksichtsvoll, vertraulich. -Der Tonfall war fremd geworden, aber die -Stimme, die Stimme! Und daß er ihre Schwäche -nicht mißdeutete, sondern ihr darüber forthalf! -Nach und nach wurde sie wieder dieselbe, wie -in alter Zeit, zuversichtlich, fröhlich, verschämt. -„Es war so seltsam unerwartet,“ sagte sie. -</p> - -<p> -Er fügte ehrerbietig hinzu: „Das, was inzwischen -passiert ist, stürmt ja auf einen ein.“ -</p> - -<p> -Viel mehr wurde nicht gesprochen; er hatte -gerade bereit gestanden, auszugehen, und nun kam -der Schwager. Er betrachtete ihre Jungen -draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen<a id="corr-13"></a>, -ihr Klavier, ihre Noten an; dann bat er, wiederkommen -zu dürfen. Das Ganze dauerte fünf Minuten. -</p> - -<p> -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -Aber etwas blieb in ihrer Vorstellung zurück -— etwas wie der zierliche blonde Bart, der auf -die Seidenweste herab fiel. Das Zimmer war -geheiligt, das Klavier, die Noten, der Stuhl, auf -dem er gesessen hatte, ja, der Teppich, über den -er gegangen war; — sogar in seinem Gang lag -Rücksicht für sie. Sie empfand alles, was er -gesagt und getan hatte als Mitgefühl für ihr -Schicksal. -</p> - -<p> -An diesem Tage konnte sie nichts mehr vornehmen; -sie schlief kaum in der Nacht. Aber -was in ihr vorging, war auch nichts geringeres, -als daß sie etwas, das fünf Jahre — eigentlich -sechs — zurücklag, in die Sonne hinaustrug — -es hinaustrug, wie man Blumen aus dem Keller -holt, wohin sie zum Winterschlaf gestellt worden, -und sie wieder hinauf zum Frühling trägt. Dabei -machte sie dieselbe Bewegung, gewiß mehr als -zwanzigmal: sie legte beide Hände auf die Brust, -die eine Handfläche über die andere, wie um die -Brust niederzuhalten; es durfte nicht zu laut reden. -</p> - -<p> -Tags darauf ging ihr Gespräch leichter. Die -Knaben wurden herein gerufen. Nachdem er sie -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -eine Weile angesehen hatte, sagte er: „Da haben -Sie doch etwas Reelles!“ -</p> - -<p> -Binnen kurzem waren sie so gute Freunde, -er und die Knaben, daß er sich auf alle Viere -legte, ihnen als Pferd diente und andere ganz -neue Kunststücke machte, die sie furchtbar amüsant -fanden. Und dann lud er sie zu einer Schlittenfahrt -für den nächsten Tag ein! Nach scharfem -Tauwetter war gerade eine ungewöhnliche Menge -Schnee gefallen; die Stadt war weiß und die -Schlittenbahn wieder vorzüglich. Bevor er ging, -mußte Ella bitten, ihn abbürsten zu dürfen; der -Teppich sei nicht so sauber gewesen, wie er sein -müßte. Er nahm ihr die Bürste ab und tat es -selbst; aber leider hatte er auch auf dem Rücken -gelegen, und so mußte er sie es tun lassen. Sie -bürstete dann sein feines Jackett ab, machte es -so nett und leicht, aber es wollte gar nicht gut -werden. Auch vorn war es nicht, wie es sein -sollte, er mußte die Bürste noch einmal nehmen; -sie stand dabei und sah zu. Als er fertig war -trug sie die Bürste in die Küche hinaus. „Wie -hübsch, daß Sie noch den Zopf haben,“ sagte er -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -hinter ihr. Sie blieb ziemlich lange fort und kam -von einer anderen Seite wieder herein. Da war -er fort; die Knaben sagten, jemand habe ihn -geholt. -</p> - -<p> -Am nächsten Vormittag Schlittenfahrt. Erst -am Nachmittag kamen sie zurück; sie waren in -Baadshaug eingekehrt, ein Badeort mit Hotel und -vorzüglicher Restauration, wohin die Leute auch -im Winter gern wallfahrteten. Der jüngste -Knabe seiner Schwester war mit, und während -alle drei das Pferd zu „Andresens an der Ecke“ -nach Hause brachten, blieb Aarö im Gange -stehen. Noch nie hatte Ella ihn so aufgeräumt -gesehen; die Augen hatten das Leuchtende wie -damals beim Gesang, und dann sprach er von -dem Augenblick an, wo er kam, bis er wieder -ging. Sprach vom norwegischen Winter, den er -nie zuvor gesehen; woher mochte das kommen? -Seit vielen Jahren hatte er ein Lied zum Preis -des Winters auf seinem Repertoire, das alte -Winterlied, das auch sie kannte: „Der Sommer -schlief ein in des Winters Arm’“ — freilich sie -kenne es, — und <a id="corr-14"></a>jetzt erst sollte er lernen, wie -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -wahr das Lied war? Der Eindruck vom Winter -auf die Menschen mußte doch entscheidend sein. -Der Winter war beinahe ihr halbes Leben! Was -für Gesundheit und Schönheit — und Phantasie -er geben mußte! Er begann zu schildern, was -er heute im Walde gesehen habe; er brauchte -nicht viele Worte, aber die Bilder waren klar. -Sprach, bis er bewegt wurde und sah sie währenddessen -an wie ein Verzückter. -</p> - -<p> -Alles in einem einzigen Augenblick; er hatte -ja seinen Reiseanzug an. Aber als er gegangen -war, schien es ihr, als hätte sie ihn nie zuvor zu -Gesicht bekommen. Ein Schwärmer also, — ein -Schwärmer bis in die tiefste Tiefe, der sich für -gewöhnlich nie verriet? Von dieser Schwärmerei -war das Lied der Bote? Deshalb nahm seine -Stimme alle mit in ein anderes Reich hinüber? -Sein schwermütiger Vater — wenn der trinken -wollte, schloß er sich mit seiner Violine ein, spielte -und spielte, bis er da lag. Hatte auch der Sohn -diese Scheu vor den Menschen gehabt, diese Verzückung -in seiner eigenen Schwärmerei? -</p> - -<p> -Gott sei Dank, Axel Aarö war gerettet! -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> -Gerade aus seiner Schwärmerei heraus hatte er -sie so angeblickt —! Jetzt erst drang es ein, sie -war zu sehr mit dem Neuen an ihm selbst beschäftigt -gewesen. Jetzt erst drang es ein, — -drang mit großer Wärme ein mit überwältigender -Furcht und Wonne, ein Freudenbote, der noch -bebte vor Zweifel. Sollte die Bestimmung ihres -Lebens nahe sein —! Sie fühlte, daß sie rot -wurde, sie konnte nicht mehr ruhig bleiben, sie -ging ans Fenster, um ihn dort wieder zu suchen, -dann umher, um zu suchen, was sie selbst glauben -solle. Jedes Wort von ihm zu ihr, jede Miene -und Bewegung vom ersten Mal an, da er hier -gewesen, wurden gegenwärtig; aber sie schienen -alle so vorsichtig, fast spärlich. Gerade das war -ihr Reiz. Seine Augen hatten sie jetzt gedeutet, -und diese Augen hüllten Ella ein, sie gab sich -ihnen ganz und gar hin. -</p> - -<p> -Das Mädchen reichte einen Brief herein; es -war eine Weihnachtskarte in einem Kuvert ohne -Aufschrift von Axel Aarö. Eine von den gebräuchlichen -Weihnachtskarten, die eine jugendliche Schar -auf Schneeschuhen darstellte; darunter stand gedruckt: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> - <p class="verse">„Der weiße Winter</p> - <p class="verse">Hat rote Rosen.“</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Auf der andern in zierlicher, runder Schrift: -„Im Walde heute muß ich an Sie denken. A. A.“ -Das war alles. -</p> - -<p> -Aber so ist er. Er sagt nicht mehr. Wenn -er an einem Fenster vorbeikommt, in dem eine -solche Karte liegt, so denkt er doch an mich. Und -er denkt nicht allein an mich, sondern er schickt mir -einen Gedanken. Oder irrte sie? Ella war bescheiden; -dies ihr gegenüber konnte doch nicht -mißdeutet werden? Die Weihnachtskarte, .... -war sie nicht ein Vorbote? Die beiden jungen -Paare darauf, und die Worte, .... er meinte -doch wohl etwas damit? -</p> - -<p> -Sie sah seine entzückten Augen wieder; sie -hüllten sie nicht allein ein, sie liebkosten sie. Sie -dachte nicht zurück, sie dachte nicht vorwärts, sie -atmete nur weit auf, lebte. Noch in der mondhellen -Nacht lag sie auf ihrem Bette — nicht -nur ganz wach, sondern durchstrahlt. Jetzt, jetzt, -jetzt, flüsterte es. Hätte sie am Traum ihres -Lebens festgehalten, auch als die Wirklichkeit so -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -grausam schien, sie hätte bestanden; weil sie -unsicher darin geworden, war alles unsicher geworden. -Aber je größer das Leiden gewesen, -je größer würde vielleicht die Seligkeit werden! -Sie schlief in etwas Kreideweißem ein, das sie -mit hinein in ihre Träume nahm; sie erwachte -leichten, hellen Wolken entgegen, die sich zerstreuten -vor den zusammenströmenden Gedanken -an das, was ihrer heute harrte. In der Nacht -war das Ganze fertig geworden; sie erwachte -mit der vollsten Sicherheit. Heute würde es -geschehen. Er hatte nicht <em>ein</em> Wort gesagt; diese -seine Schüchternheit liebte sie von allem am meisten -an ihm. Gerade das war das sichere Pfand. -Heute geschah es. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-065"> -<img src="images/065.jpg" alt="" /></div> - -<h3 class="no" id="subchap-0-2-5"> -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -<span class="centerpic"><img src="images/066.jpg" alt="" /></span> -<br />V -</h3> - -<p class="first"> -Ihr Baden nahm viel Zeit in Anspruch, die -Pflege ihres Haars fast sogar noch mehr. Aus -ihrer Kommode, dieselbe auf demselben Platz, die -sie von Kind auf benützt hatte, — aus dem -untersten Schubfach nahm sie das allerfeinste -Unterzeug hervor, das sie getragen hatte. Getragen -nur ein einziges Mal, nämlich an ihrem -Hochzeitstage — <em>vor</em> der Entweihung. Nachher -nie wieder. Aber heute — jetzt, jetzt, jetzt! -Jedes Stück, daß sie außerdem noch anzog, war -etwas, das kein anderer berührt hatte. Sie wollte -sein wie die, die sie in ihren Träumen gewesen. -</p> - -<p> -Sie ging zu den Knaben hinein, die wach, -aber noch nicht angezogen waren: „Wißt Ihr -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -was, Kinder, heute soll Tea Euch zur Großmutter -bringen!“ Große Zustimmung — auch von Tea, -denn das bedeutete einen freien Tag. „Mama, -Mama!“ hörte sie hinter sich her rufen, als sie -in die Küche hinunter lief, um eine Tasse Kaffee -zu trinken, und dann fort. Zuerst wollte sie -Blumen holen, dann wollte sie ihre Stunden absagen. -Denn jetzt, jetzt, jetzt —! -</p> - -<p> -Auf der Straße fiel ihr ein, daß es zu früh -sei, um jemand aufzusuchen. Darum machte sie -einen Spaziergang vor die Stadt, den frischesten, -fröhlichsten, den sie je gemacht. Sie kam gerade -zurück, als Frau Holme aufmachte. Als Ella -eintrat, hielt die „Blumenfrau“ ein kostbares -Bouquet in der Hand, das gerade fortgeschickt -werden sollte. „Das will ich haben!“ rief Ella, -sie schloß die Thür hinter sich. „Sie?“ entgegnete -Frau Holme, etwas mißtrauisch; das Bouquet -war sehr teuer. „Ja, ich! Ich muß es -durchaus haben!“ Ella’s kleine grüne Börse war -schon heraus. Das Bouquet war vom reichsten -Hause der Stadt bestellt, und Frau Holme sagte -das. „Das macht nichts!“ antwortete Ella. So -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -viel ehrliche Anbetung für ein Bouquet hatte die -andere nie gesehen — und Ella bekam es. -</p> - -<p> -Von da zu Andresens an der Ecke; einer von -den Kommis nahm bei Ella Unterricht in Handelsrechnung; -sie wollte ihm absagen und ihn -ersuchen, dem ganzen großen Kreis Bescheid zu -sagen. Sie bat ihn darum mit zündenden Augen, -und er versprach es mit Feuer. Das appetitlichste -rote Tuch hing gerade vor ihr. Das mußte sie -heute um den Kopf binden, wenn sie ausfuhr, -denn daß sie heute ausfahren würde, daran war -kein Zweifel! Andresen selbst kam dazu, als sie -gerade nach dem Preis des Tuches fragte; er sah -ein Paar Blumen aus der Papierhülle hervorkommen; -„das sind ja herrliche Rosen,“ sagte er. -Sofort brach sie eine ab und gab sie ihm. Von -der Rose sah er zu ihr hin; sie lachte und fragte, -ob er ein wenig von dem Tuche ablassen würde; -sie habe nicht ganz soviel Geld bei sich. „Wieviel -haben Sie?“ fragte er. „Genau eine halbe -Krone zu wenig.“ Er selbst packte ihr das Tuch -ein. — Auf der Straße traf sie Cäcilie Monrad; -Ella gab einer ihrer Schwestern Klavierunterricht -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> -und sparte es sich nun, bis ans andere Ende der -Stadt zu traben. Heute glückt mir alles. „Haben -Sie von den beiden gelesen; die sich in Kopenhagen -zusammen umgebracht haben?“ fragte -Cäcilie. Ja, Ella hatte es gelesen; Fräulein -Monrad fand es grauenhaft. „Weshalb?“ — -Der Mann war ja verheiratet. — „Allerdings,“ -erwiderte Ella, „aber nun liebten sie sich!“ Ihre -Augen waren ein Glutmeer; Cäcilie schlug die -ihren nieder und wurde rot. Da nahm Ella -ihre Hand und drückte sie. — Da bin ich in eine -Liebesgeschichte hineingekommen, dachte sie und -flog mehr als sie ging durchs Villenviertel; der größte -Teil ihrer Eleven wohnte dort oben. Auf einem -Dache sah sie zwei Staare, die ersten vom Jahr; -das Tauwetter vor einigen Tagen hatte sie wohl -verlockt. Aber nicht, daß die Staare etwa verzagt -gewesen wären; keineswegs, sie liebten! -„Mama, Mama!“ hörte sie im selben Augenblick. -Das waren doch deutlich ihre Jungen! Sie hatte -wohl an sie gedacht, als sie die Staare sah. So -sehr hatte es sie in Anspruch genommen, daß sie -zu weit an den Straßenrand kam; dabei trat sie -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> -auf ein Brettende, das ins <a id="corr-16"></a>Schwanken kam; sie wäre -beinahe gefallen. Aber unter dem Brett war es -Frühling! Von der Tauwetterzeit übrig geblieben -stand da — ja freilich war es Löwenzahn! So -langweilig wie er weiter in den Sommer hinein -wird — als erster Mann ist er willkommen! -Sie beugte sich nieder und nahm die Blumen. -Sie steckte sie zwischen die Rosen; der Löwenzahn -nahm sich dort dürftig aus; aber der erste im -Jahr, und heute gefunden! -</p> - -<p> -Hiernach war sie ganz ausgelassen. Hüpfte -die Anhöhen hinunter, als sie fertig war; grüßte -gleichmäßig Bekannte und Halbbekannte, und als -sie dann Cäcilie wiedersah, legte sie die Blumen -aus der Hand, machte einen Schneeball und warf -ihr den in den Rücken. -</p> - -<p> -Zu Hause angekommen, ließ sie die Knaben -zusammen mit Tea in den Schlitten packen. -„Mama, Mama!“ riefen sie und zeigten nach dem -Hotel hinauf; Axel Aarö stand dort und grüßte. -</p> - -<p> -Gleich darauf kam er herüber. „Sie sind -wohl ganz allein?“ er trat zu ihr. — „Ja;“ — -sie machte sich mit den Blumen zu schaffen und -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> -blickte nicht auf, denn sie zitterte. „Ist heute -Geburtstag im Hause?“ — „Sie meinen wegen -der Blumen —?“ — „Ja. Das sind ja herrliche -Rosen! Und die da im Glase? Löwenzahn!“ -— — „Die ersten im Jahr.“ Er sah -sie nicht an. Er stand so unentschlossen da, als -überlege er etwas. „Darf ich Ihnen etwas vorsingen?“ -sagte er endlich. — „Ja, bester —!“ -sie ließ die Blumen, um das Klavier zu öffnen -und den Stuhl herunter zu schrauben — und zog -sich dann bescheiden zurück. Nach einem längeren, -gedämpften Vorspiel, begann er Ole Olsen’s -„Sonnenuntergang“ ganz ruhig, ja, so wie er -gesprochen und gewesen war, seit er bei ihr eingetreten. -Nie hatte er schöner gesungen; seine -Gesangskunst war so viel größer geworden. Aber -in der Stimme lag derselbe, nein, ein noch trostloserer -Schmerz als der, den sie das erste Mal -vernommen. „Trauer, Trauer, — ach, ich bin -verloren!“ — sie hörte es wieder so deutlich. -Als er den ersten Vers zu Ende gesungen hatte, -saß sie vorübergebeugt und weinte; sie hatte nicht -einmal versucht, sich Zwang aufzulegen. Er hörte -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> -es und drehte sich um; gleich darauf fühlte sie -daß er ihren Zopf berührte, ja, ihr war, als -küsse er ihn; jedenfalls hatte er sich ganz über -sie niedergebeugt, denn sie fühlte seinen Atemzug. -Aber sie hob den Kopf nicht, sie hatte nicht den Mut. -</p> - -<p> -Er ging durchs Zimmer. Kam zurück, ging -wieder. Da wurde es still in ihr, sie saß unbeweglich -und wartete. -</p> - -<p> -„Darf ich Sie heute spazieren fahren?“ vernahm -sie. Den ganzen Tag wußte sie schon, daß -sie zusammen ausfahren würden, sie wunderte -sich daher nicht. Gleichwie <em>dies</em> nun in Erfüllung -gegangen war, würde das andere kommen. Alles. -Sie blickte durch Tränen auf und lächelte. Er -lächelte ebenfalls! „Ich gehe und bestelle das -Pferd.“ Und als sie nicht antwortete, tat er’s. -</p> - -<p> -Wieder zu den Blumen. Sie hatte sie ihm -also nicht geben dürfen. Die paar Blüten Löwenzahn -wollte sie fortwerfen. -</p> - -<p> -Als sie sie aus dem Glase nahm, fielen ihr die -Worte ein: „Da haben Sie doch etwas <a id="corr-18"></a>Reelles.“ -Die Worte waren allerdings nicht vom Löwenzahn -gesagt: aber sie waren ihr oft wieder eingefallen; -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> -es war nicht wunderlich, daß sie ihr jetzt -einfielen. Sie ließ den Löwenzahn stehen. -</p> - -<p> -Aarö blieb lange fort, länger als eine Stunde. -Als er aber kam, war er außerordentlich munter. -Er saß hinten auf einem flotten Damenschlitten -in dem eleganten Pelz von gestern, dem kostbarsten, -den sie je gesehen; grüßte mit der Peitsche hinein -und sprach und lachte mit den Kindern sowohl -wie mit den Erwachsenen, die sich um ihn -sammelten, während sie sich ankleidete. Das war -bald geschehen; sie hatte nicht viel anzuziehen, -brauchte es auch nicht. -</p> - -<p> -Er stand sofort auf, grüßte, packte sie ein, -und fort ging es im Trabe. Unterwegs beugte -er sich zu ihr und flüsterte: „Wie gütig von -<a id="corr-19"></a>Ihnen, daß Sie mitkommen!“ Seine Stimme war -so warm, aber sein Atemhauch war anders als -vorhin. Sobald der prächtige Hengst im Laufe -nachließ, beugte er sich wieder vor: „Ich habe -per Telephon ein Lunch in Baadshaug bestellt. -Es ist bereit, wenn wir kommen. Sie haben -doch wohl nichts dagegen?“ Sie drehte sich um -damit sie ihm den Kopf zuwenden konnte; sie -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -stießen beinahe zusammen: „Ich habe vergessen, -Ihnen für die Karte von gestern zu danken.“ — -Er wurde rot: „Ich habe es nachher bereut,“ -sagte er; „aber in dem Augenblick, wo ich die -Karte sah, mußte ich an Sie denken. Wie Sie -hier heraus passen!“ Jetzt wurde <em>sie</em> rot und -zog sich zurück. Da hörte sie dicht neben sich: -„Sie dürfen nicht böse werden. Es pflegt so zu -gehen; wenn man eine Dummheit wieder gutmachen -will, so macht man eine zweite.“ Gern -hätte sie seine Augen gesehen während er das -sagte; aber sie wagte es nicht. Jedenfalls war -es mehr, als was er bis jetzt gesagt hatte. Die -Worte fielen weich wie Flaum! Bis heute hatte -sie seine Zurückhaltung beinahe mißdeutet, — aber -wie schön sie doch alles machte; sie betete sie an. -„In einer Weile sind wir im Walde; dort werden -wir anhalten und uns umsehen,“ sagte er. <em>Dort</em> -dachte sie! Er fuhr im raschen Trabe dahin; -sie freute sich, freute sich. Die Sonne funkelte -auf dem Schnee, die Luft war warm, sie mußte -das Kopftuch lösen, und dabei half er ihr. Wieder -fühlte sie seinen Atem; es war etwas — nicht -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> -wie Tabak, feiner, angenehmer, aber was war -es? Es entsprach ihm selbst gleichsam. Ihr war -so wohl, mit solchem Überfluß von Glück in der Landschaft, -durch die sie nun fuhren, und die beständig -schöner wurde. Auf der einen Seite des Weges die -Berge, die weißen Berge, denen die Sonne einen -rötlichen Glanz gab! vor den Bergen Anhöhen, zum -Teil mit Wald bewachsen, und zwischen den Anhöhen -lagen Höfe. Auf der anderen Seite des Weges hatten -sie die ganze Zeit das Meer; aber zwischen ihnen -und dem Meer flache Strecken, vielleicht Moore. -Das Meer selbst grauschwarz gegen die Schneegrenze; -das sprach herein von anderen Seiten des -Lebens. Von ewiger Unruhe, salzigem Ernst, nur -Protest auf Protest gegen das Schnee-Idyll. -</p> - -<p> -Während des Tauwetters waren Zweige, -Stämme, Zäune feucht gewesen; der erste Schnee -der dann kam, war ebenfalls feucht an sich und -klebte gut fest. Als dies dann zusammenfror, -und das Schneegestöber immer gleichmäßig überwältigend -blieb, da bildeten sich Figuren über -den ersten erstarrten Formen, wie man selten etwas -Ähnliches sieht. Die Schwere des ersten feuchten -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> -Schnees machte, daß er hinabsickerte, an irgend -einer Unebenheit haften blieb und sich dort -sammelte; oder unter die Zweige hinabglitt oder -zu beiden Seiten der Zaunpfähle. Als dies sich -nun in Ruhe fügte und vermehrte, kamen die -schnurrigsten Tiere zum Vorschein, — weiße -Katzen, weiße Hasen, die mit krummem Rücken -und gestrecktem Vorderleib an den Baumstämmen -in die Höhe kletterten, oder unter den Zweigen -manövrierten, oder oben auf den Hürdenstangen -einen Buckel machten. Zottige, weiße Tiere, oft -so groß wie der Marder, aber sogar auch groß -wie der Luchs, ja, wie der Tiger. Demnächst -allerhand kleines Getier, weiße Mäuse, Hermeline, -oben und unten und drüben. Und alle möglichen -Raritäten, Kobolde, die an den Beinen hingen, -Pierrots, Gnomen auf den äußersten Spitzen der -Hürdenpfähle, Heinzelmännchen mit Rucksäcken; -oder eine hingeworfene Kappe, eine Nachtmütze, -ein Tier ohne Kopf, ein anderes mit einem Schweif -von ungeheurer Länge, ein großer Fausthandschuh, -eine umgestülpte Wasserkanne. An einigen Stellen -bloßes, schwarzes Laubwerk als Verzierung an der -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> -weißen Wand, an andern große Schneelasten in -den Nadelbäumen mit Grün drüber und drunter, -mächtige Farbenmengen gegeneinander. -</p> - -<p> -Aarö hielt an; sie stiegen beide ab. -</p> - -<p> -Da stürmte eine Reihe ganz anderer Eindrücke -hervor. Dicht neben ihnen lag ein alter Bursche -von einem Stamm, halb umgestürzt im Spiel des -Lebens. Aber träumte er nicht jetzt im Winter -den schönsten Traum, nämlich daß er jung sei? -Beim ausgelassenen Aufbauen schneeweißer Herrlichkeit -hatte er alle Schmerzen und Hinfälligkeit -vergessen; versteckt war das Moos auf seiner -Haut, die Fäulnis der Wurzel war zugedeckt, die -Narben von den verlorenen Zweigen unsichtbar. -Eine gebrechliche Pforte war ausgehängt und an -den Zaun gelehnt, sie war zerbrochen und unbrauchbar. -Auch sie hatte des Winters Künstlerhand -aufgesucht und erneuert; jetzt war sie ein -architektonisches Meisterwerk. Die schiefstehenden, -dunklen Zaunpfähle waren junge Stutzer mit -schiefem Hut und munteren Mienen. Die alten, -schmutziggrauen, moosbewachsenen Hürdenstangen -— man kann sich das Paradies hinter keiner -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> -schöneren Einfriedung träumen! Ihre Schwäche -war bei der Auferstehung ihre Stärke geworden, -Sprünge und Äste im Holz der vorzüglichste Baugrund -für den Schnee, jedes Loch mit einem -Wisch <a id="corr-23"></a>himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende -Unebenheiten schon seit der Zeit, wo sie gespalten -worden, waren nun zugedeckt und geküßt, beruhigt -und geschmückt, alle Fehler mit aufgenommen in -die weiße Gemeinschaft. -</p> - -<p> -Eine verfallene Tenne unterhalb des Weges, -ein wohlausgedienter Mutterarm für Laub und -Torf, — ebenfalls aufgesucht und verschwenderischer -übergossen, als die reichste Braut der -Welt. Aus des Himmels reichstem Schoß mit -solchem Überfluß beschüttet, daß der Schnee in -weißen Fahnen einen halben Meter weit über das -Dach hing, an einigen Stellen mit hoher Kunst -wieder aufgefaltet. Die grauschwarze Wand unter -den Fahnen sah dadurch aus wie ein altes persisches -Gewebe; die ganze Tenne hätte fertig in einem -Shakespeareschen Drama auf die Bühne gestellt werden -können. Hinten die Berge, vorn die Höhen, alles -glänzte in der Sonne wie einst im Hosianna der Juden. -</p> - -<p> -<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a> -Ella vernahm aus der Ferne fortwährend zwei -zarte Stimmen „Mama, Mama!“ die in dies -alles hineinklangen. Als sie sich nach ihrem Begleiter -umsehen wollte, saß er tiefergriffen auf -dem Schlitten, während die Tränen ihm über die -Backen liefen. -</p> - -<p> -Bald fuhren sie weiter, aber langsam. „Ich -erinnere mich dieses schmutzigen Weges,“ sagte er; -die Stimme klang so wehmütig, „die Bäume -gaben so viel Schatten, so daß er selten trocken -wurde; aber jetzt ist er doch sehr fein!“ Da drehte -sie sich um und hob den Kopf empor: „Ach, -singen Sie etwas!“ — Er antwortete nicht gleich; -sie bereute, daß sie darum gebeten hatte; dann -aber sagte er: „Ich wollte schon, aber da kam -eine solche Erregung über mich. — Sprechen Sie -jetzt eine Weile nichts, dann kann ich’s vielleicht. -Das alte Winterlied nämlich.“ — Sie sah ein, -daß er nicht eher singen konnte, als bis es für -ihn selbst so recht zur Wahrheit wurde. Solche -stillen Schwärmer dachte sie, sind wählerischer in -Bezug auf das, was echt ist. Das meiste ist ihnen -nicht echt genug. Deshalb berauschten sie sich -<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a> -auch so gern, sie wollten hinaus, mußten eine -Welt für sich allein schaffen. Ja, nun sang er: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Müde schlummert der Sommer ein,</p> - <p class="verse">Winter decket ihn sorglich zu.</p> - <p class="verse">„Bächlein,“ sagt er, „geht nun zur Ruh,</p> - <p class="verse">Wogen, lasset das Plätschern sein!“</p> - <p class="verse2">Weste schweigen die kosenden,</p> - <p class="verse2">Stürme heulen, die tosenden.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Somren sovned i Vintrens Favn,</p> - <p class="verse">Vintren rejste sig, daekked til,</p> - <p class="verse">„rolig“ sa han til Elvens Spil,</p> - <p class="verse">„rolig“ sa han til Gaard og Havn.</p> - <p class="verse2">Tause blev de saa, Skogerne.</p> - <p class="verse2">Hjemme hörtes kun Slogerne.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">All den Duft, den der Sommer gab,</p> - <p class="verse">Fein verwahrt er fürs nächste Blüh’n,</p> - <p class="verse">Ruhen durft er für all sein Müh’n.</p> - <p class="verse">Bäume senken das Laub herab,</p> - <p class="verse2">All, die Blumen, die prächtigen,</p> - <p class="verse2">Bergen sich vor dem Mächtigen.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Al den Ting, som var Somren kjaer,</p> - <p class="verse">fint forvartes til naeste Gang;</p> - <p class="verse">Hvile fick det for al sin Trang,</p> - <p class="verse">Markens Spirer og Vand og Traer.</p> - <p class="verse2">Gjemtes som Kjaernen i Nödderne,</p> - <p class="verse2">Mulden smuldred am Rödderne.</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a> - <p class="verse">Was der Sommer an Krankheit bracht,</p> - <p class="verse">Pestkeim, den seine Glut erzeugt,</p> - <p class="verse">Winterkälte hat ihn verscheucht,</p> - <p class="verse">Hoch auf Bergeshöh er erwacht,</p> - <p class="verse2">Atmet die Lüfte, die tauenden,</p> - <p class="verse2">Grüßet die Gipfel die blauenden.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Alt, hvad Somren af Sygdom led,</p> - <p class="verse">Pestfrö over dens Liv og Frugt,</p> - <p class="verse">Vintren draebte i Frost og Flugt —</p> - <p class="verse">vaagne skal hun i fjaeldblaa Freed,</p> - <p class="verse2">toet af Sneen og Vindene,</p> - <p class="verse2">hilset af Sundhed i Sindene.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Über des schlafenden Sommers Stirn</p> - <p class="verse">Streut der Winter gar holden Traum,</p> - <p class="verse">Sternenhoch trug er im Weltenraum</p> - <p class="verse">Ihn zu der Nordlicht umstrahlten Firn,</p> - <p class="verse2">Durch die Zeit, die nie säumende</p> - <p class="verse2">Fort — bis erwacht der Träumende.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Over den sovendes höstgraa Bryn</p> - <p class="verse">Vintren strödde saa fager Dröm,</p> - <p class="verse">stjaernehöj, hvid-hvid i Nordlys-Ström</p> - <p class="verse">bar den hende fra Syn til Syn</p> - <p class="verse2">gjennem de lange Dögnene</p> - <p class="verse2">frem, til hun <a id="corr-26"></a>opslog Öjnene.</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a> - <p class="verse">Er, den grausam und bös’ sie schmähn,</p> - <p class="verse">Schaffet, was er doch nie darf seh’n;</p> - <p class="verse">Er, der Räuber und Mörder genannt,</p> - <p class="verse">Schirmet und wachet all Jahr im Land, —</p> - <p class="verse2">Weiter eilt dann der Flüchtige,</p> - <p class="verse2">Harrt auf die Zeit, die richtige.</p> - </div> - <div class="stanza nor" lang="no"> - <p class="verse">Han, som skjaeldtes for <a id="corr-27"></a>vond og vred,</p> - <p class="verse">lever for det, han ej faar se;</p> - <p class="verse">han, som skjaeldtes for Morder, han</p> - <p class="verse">skjaermer og tor hvert Aar vort Land, —</p> - <p class="verse2">gjemmer sig saa i Fjaeldene,</p> - <p class="verse2">til det blir kaldt am Kvaeldene.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Die vielen kleinen Schellen begleiteten den -Gesang wie Sperlingszwitschern; seine Stimme -läutete zwischen den Bäumen den Gottesdienst des -Menschengeistes in den weißen Hallen ein. -</p> - -<p> -<em>Ein</em> Tag, das fühlte Ella, bezahlte für tausend. -<em>Ein</em> Tag tut das, was das Winterlied erzählt, -er wiegt einen müden Sommer zur Ruhe, dämpft -seine Krankheitskeime, zerbröckelt die Erde für -den neuen, macht die Nerven stark und die -dunkelste Zeit hell. In ihm sammeln sich all -unsere langen Träume. Was hätte nicht auch -<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a> -aus ihr werden können, wie klein sie auch war, -wenn sie <em>viele</em> solche Tage gehabt hätte? Was -hätte sie dann nicht für ihre Knaben werden -können? -</p> - -<p> -Sie kamen an ein langes, weißes Gebäude -zwischen zwei Flügeln, alle von Holz. Auf dem -Hofplatz standen viele Schlitten mit aufgestellten -Gabeldeichseln; es waren also schon mehrere Gesellschaften -hier. Ein Stallknecht führte ihr Pferd -fort; der Diener, der sie bedienen sollte, war -gleich zur Hand, um ihnen zu helfen, und ein -Mann im bloßen Kopf mit jovialem Gesicht kam -dazu; es war Peter Klausson! Er schien sie erwartet -zu haben und wollte Ella durchaus beim -Ablegen behilflich sein. Aber er roch nach Cognac -oder was es war; um ihn los zu werden, fragte -sie nach dem Zimmer, in dem sie speisen sollten. -Sie wurden in ein warmes, gemütliches Zimmer -mit gedecktem Tische geführt; dort half Aarö ihr -mit den Sachen. „Ich konnte Peter Klaussons -Atem nicht ertragen,“ sagte sie. Da lächelte Aarö. -</p> - -<p> -„In Amerika hat man Mittel gegen dergleichen.“ -— „Was meinen Sie?“ — „Man -<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a> -nimmt etwas, das den Atem anders macht.“ — -Gleich darauf bat er, ihn zu entschuldigen, er -habe noch dies und jenes anzuordnen. Sie war -also allein, bis angeklopft wurde; es war wiederum -Peter Klausson! Er sah ihr Erstaunen und -lächelte: „Wir werden ja zusammen speisen,“ -sagte er. — „So?“ — Sie sah nach dem Tisch; -er war für fünf gedeckt! — „Haben Sie kürzlich -von Ihrem Manne gehört?“ — „Nein.“ — -Lange Pause. Ist Peter Klausson eine Gesellschaft -für Axel Aarö? Der beste Kumpan ihres -Mannes? Aarö, der nur haben wollte, was echt -war? Aber im selben Augenblick, da sie dies gedacht -hatte, mußte sie auch zugeben, daß Peter -Klaussons unmittelbare Natur vollkommen ehrlich -sei, was er sonst auch immer sein mochte. -</p> - -<p> -Der Diener brachte einen Korb mit Wein ins -Zimmer, schloß die Tür aber nicht eher hinter -sich, als bis er von draußen noch mehr hereingeholt -hatte, nämlich Champagner in Eis. „Ist -all der Wein für uns?“ fragte Ella. — „Wie -ich sehe,“ erwiderte Peter Klausson; er war sichtlich -erfreut. — „Aarö trinkt doch keinen Wein?“ -<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a> -— „Aarö? Er hat mich aufgefordert, heute -herauszukommen — ich kam zufällig zu ihm -hinauf, — und da haben wir beide den allerfeinsten -Cognac getrunken.“ — Ella kehrte sich -nach dem Fenster um, denn sie fühlte, wie sie -erbleichte. -</p> - -<p> -Gleich darauf trat Aarö ein, so höflich und -vornehm, daß Peter Klausson die Hände aus den -Hosentaschen ziehen mußte; er wagte beinahe -nicht zu sprechen. Aarö teilte mit, daß er Holmbos -eingeladen habe; gerade eben hätten sie abgesagt; -sie mußten sich jetzt alle drei an ihrer gegenseitigen -Gesellschaft genügen lassen. Er führte -Ella zu Tisch. Aarö zeigte sich als der liebenswürdigste -und der erfahrenste Wirt. Mit dem -deutschen Diener sprach er englisch und gab fortwährend -kleine Winke in Bezug auf das Anrichten; -er verdeckte die Sünden des Dieners, -brachte Kleinigkeiten zur Geltung — alles so, daß -man es kaum merkte. Gleichzeitig nährte er -eine einfache Unterhaltung durch kleine Anekdoten -aus seinem gesellschaftlichen Leben. Er schenkte -niemals selbst ein; wenn er trank, zitterte ihm die -<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a> -Hand. Auch früher glaubte sie dies schon bei -ihm gesehen zu haben; jetzt quälte es sie. -</p> - -<p> -Der erste Gang waren Austern, und davon -aß sie tüchtig; sie war sehr hungrig. Aber später -konnte sie weniger und immer weniger mitkommen, -ja, zuletzt war es, als würde ihr die Kehle zusammengeschnürt. -Sie hätte ebenso gut weinen -wie essen und trinken können. -</p> - -<p> -Anfangs war es ihr nicht recht klar, weshalb. -Wohl, daß es so ganz anders war, als sie geträumt -hatte: der herrliche Tag war im Begriff -eine Enttäuschung zu werden. Im Beginn dachte -sie: dies wird wohl einmal ein Ende nehmen, -und dann haben wir es auf dem Heimwege wieder -angenehm. Aber nach und nach, als seine Laune -immer ausgelassener wurde, erwies er ihr alle -erdenkliche Aufmerksamkeit, ja, sie wurde von -beiden Kavalieren zugleich gefeiert — bis sie -hätte schreien mögen. Nach der Mahlzeit wurde -sie elegant an Aarös Arm in ein anderes Zimmer -geführt, das ebenfalls in Bereitschaft gehalten -war — gemütlich, prächtig mit einem Klavier. -</p> - -<p> -Der Kaffee wurde sofort serviert (mit einem -<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a> -„<span class="antiqua">Avec</span>“) und unmittelbar darauf baten die Herren -um Erlaubnis, einen Augenblick rauchen zu dürfen, -es solle nur ganz kurz sein. Sie gingen — und -ließen sie allein. Dies war nicht einmal mehr -höflich — und nun erst begriff sie, daß nicht nur -der Tag, sondern Aarö ein anderer geworden, als -sie gedacht hatte! Das große Dunkel der Ballnacht -kam über sie hergezogen; sie kämpfte dagegen, -sie erhob sich und ging, wollte hinaus, als -könne sie ihn dort so wiederfinden, wie sie ihn in -ihrer Vorstellung hatte. Sie suchte den Weg nach -dem ersten Zimmer, nahm dort ihr rotes Tuch -um und war gerade auf den breiten Platz vor -dem Gebäude gekommen, als der Diener vom -Mittag hinter ihr her kam und etwas auf englisch -sagte, was sie anfangs nicht verstand; sie war -nämlich zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt, -um sofort die Sprache wechseln zu können. -Der Diener erzählte, daß einer von ihren Begleitern -krank geworden sei; der andere sei nicht -zu finden. Als sie die Worte bereits verstand, -begriff sie nicht, was es sei, sondern folgte ihm -mechanisch. Unterwegs fiel ihr ein, daß Aarös -<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a> -Zunge ihm nicht ganz gehorcht habe, als er nach -dem „<span class="antiqua">Avec</span>“ um Erlaubnis gebeten, hinausgehen -und ein wenig rauchen zu dürfen; ihn hatte doch -wohl nicht der Schlag getroffen —! -</p> - -<p> -Sie kamen am Rauchzimmer vorbei, das ihr -im Vorübergehen voll erschien — jedenfalls voll -Rauch und Gelächter. Die Tür zu einem kleinen -Zimmer daneben wurde geöffnet; dort lag Axel -Aarö auf dem Bette; er mußte sich dort hinein -geschlichen haben — vielleicht um noch mehr zu -trinken. Er hatte nämlich eine kleine, dicke -Flasche mit hineingenommen, die auf einem Tische -neben dem Bette stand. Auf diesem lag er selbst, -vollständig angezogen mit erloschenen Augen, ohne -Kraft oder Empfindung; er sagte zu ihr: „Tip, -tip, Peté!“ Er wiederholte es mit ausgestrecktem -Finger: „Tip, tip, Peté!“ Beidemal in der Fistel. -Sollte das Peter heißen? Glaubte er, sie sei ein -Mann? Hinter ihm auf dem Kopfkissen lag etwas -Haariges; es war ein Toupet; jetzt sah sie’s, er -hatte eine Glatze. „Tip, tip, Peté!“ hörte sie -hinter sich, als sie hinausstürzte. -</p> - -<p> -Armseliger als jetzt Ella in ihren Pelzschuhen -<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a> -und Winterkleidern so schnell, wie ihre kurzen -Beine sie tragen konnten, nach der Stadt zurücktrabte, -ist wohl selten jemand über einen Landweg -gelaufen. Der schwere Mantel, den sie auf -der Fahrt gehabt, war aufgeknöpft, das Kopftuch -trug sie in der Hand, und doch schwitzte sie, daß -es herab tropfte; die Vorstellung beherrschte sie, -daß es die Träume seien, die von ihr abfielen! -</p> - -<p> -Anfangs dachte sie nur an Axel Aarö, den -unglückselig Verlorenen! Morgen oder übermorgen -hatte er das Land verlassen, sie wußte es bereits, -und diesmal für alle Zeiten! -</p> - -<p> -Aber wenn sie es sich so recht entsetzlich ausmalen -wollte, wie es war, dann lag das Toupet -auf dem Kopfkissen und sagte: „Es war doch -wohl nicht alles so echt mit Axel Aarö?“ Doch, -doch, — was konnte er dafür, daß er so früh -kahl geworden war? Hm, erwiderte das Toupet, -er hätte es eingestehen können. -</p> - -<p> -Ella arbeitete sich vorwärts. Glücklicherweise -begegnete sie niemand, auch kam niemand von -all denen, die jetzt auf Baadshaug waren, hinter -ihr her; sie mußte ja komisch aussehen, schwitzend -<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a> -und weinend mit aufgeknöpftem Mantel, in Pelzschuhen -mit dem Tuch in der Hand. Sie versuchte -ein paarmal, langsamer zu gehen, aber der -Aufruhr in ihr war zu stark, und dann lag es -in ihrer Natur, sich vorwärts zu arbeiten. -</p> - -<p> -Aber in ihrem gejagten Blut meldete sich die -kräftige Frage: Möchtest du, Ella, nun all deine -Träume entbehren, da es jedesmal so jämmerlich -damit gegangen ist? Da flennte Ella laut auf -und erwiderte: nicht, wenn es mein Leben gälte! -Nein, denn die Träume sind das Beste, was ich -gehabt habe; sie haben mich gelehrt auszuhalten, -sie haben mir gegeben, womit ich all das andere -messen kann, so daß ich niemals etwas für hoch -halte, was niedrig ist. Nein, meine Träume, die -habe ich auch um meine Kinder gewebt, so daß -ich jetzt tausendmal mehr Vergnügen an ihnen -habe. Die, und dann die Blumen, das ist alles, -was ich habe. Und sie flennte und arbeitete sich -vorwärts. -</p> - -<p> -Aber nun sind dir ja keine Träume mehr geblieben, -Ella! -</p> - -<p> -Anfangs wußte sie nicht, was sie darauf antworten -<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a> -sollte; es schien ja allzu wahr, allzu entsetzlich -wahr, — und das Toupet zeigte sich -wieder. -</p> - -<p> -Gerade hier hatte Aarö das Winterlied gesungen. -Wie das Zwitschern der Schellen die -Weise <a id="corr-28"></a>begleitet hatte, so begleitete jetzt das „Mama, -Mama!“ der zarten Stimmen <a id="corr-29"></a>ihre Tränen. Es -war nicht wunderlich, denn sie lief ja zu ihren -Knaben, aber jetzt meldeten sie sich, als wären -sie’s, von denen sie träumen sollte. Nein, nein, -„da haben Sie doch etwas Reelles,“ antwortete -es mit Aarös Stimme; sie erinnerte sich, wie er -es gesagt, sie erinnerte sich seiner Wehmut dabei. -Hatte er wirklich an sie und sich gedacht und an -die Knaben und sie? Hatte er seine eigene Schwäche -mit ihrer Gesundheit und Zukunft gemessen? Sie -kam wieder weit von den Knaben ab; sie war -wieder bei all seinen Worten und Blicken, um -das Rätsel zu deuten; aber darunter brach das -Sehnen und der Schmerz wieder auf, wie nie zuvor; -das ganze Leben war vorbei, der Traum -zu alt in ihr, zu stark, zu lieb, die Wurzeln -konnten nicht ausgerissen werden, unmöglich! Sie -<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a> -waren ja ungefähr alles, was sie den nächsten -Tag sehen würde, berühren, vornehmen würde! — -— Zu aller Verzweiflung kam noch, daß die Knaben -nicht zu Hause waren; sie kam an ein leeres -Haus. -</p> - -<p> -Aber Kräfte waren in ihr. Denn als sie -nach Hause kam und gebadet und sich schlafen -gelegt hatte, und der Mondschein von gestern -abend ins Zimmer sah und erwähnte, was sie mit -einander gehabt hatten, da warf sie sich im Bett -umher und weinte laut wie ein Kind; hier konnte -niemand sie hören, niemand hereinkommen. Ihr -Herz war jung, wie damals, als sie siebzehn Jahre -alt war; es konnte und wollte nicht aufgeben! -</p> - -<p> -Was war es denn eigentlich, was sie heute -gewollt hatte? Ja, das wußte sie nicht; — nein, -sie wußte es nicht! Sie wußte nur, daß <em>dort</em> -ihr Glück sei, und nun hatte sie es darauf ankommen -lassen. Jetzt lag sie hier enttäuscht und -betrogen in einer Weise, wie gewiß wenige vor -ihr es gewesen. -</p> - -<p> -Sie vermochte aber auch nicht, ihn zu entheiligen. -Deshalb zog die Winterweise mit seiner -<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a> -Stimme vorüber, gut, voll, traurig; die wollte -gleichsam alles für sie ordnen. Und gehorsam -wie ein Kind legte sie sich zurecht und lauschte. -Was sagte sie? Freilich, die sagte, daß die Träume -zwei Sommer zusammenbänden, den, der war, und -den, der sich langsam aufs neue emporarbeitete, -dank den Träumen, die gewacht hatten. Sie sagte -auch, daß die Träume etwas für sie seien, oft -höhere Wirklichkeit, als die der Verhältnisse. Sie -hatte das ja oft so empfunden, wenn sie mit ihren -Blumen beschäftigt war. -</p> - -<p> -Bei all ihrer Ruhelosigkeit im Bette war der -Zopf an ihre Seite geraten. Wehmütig zog sie -ihn herauf; noch heute hatte er ihn geküßt. -</p> - -<p> -Und dann legte sie sich auf die Seite und -nahm ihn zwischen die Hände und weinte. -</p> - -<p> -„Mama, Mama,“ flüsterte es. Und so schlief -sie ein. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-093"> -<img src="images/093.jpg" alt="" /></div> - -<div class="centerpic page" id="img-094"> -<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a><img src="images/094.jpg" alt="" /></div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-3"> -<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a> -Ivar Bye -</h2> - -<p class="trn"> -<span class="line1">Deutsch von <b>G. I. Klett</b></span> -</p> - -<div class="centerpic ch" id="img-097"> -<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a><img src="images/097.jpg" alt="" /></div> - -<p class="first"> -An seinem Sterbebett gab ich mir selbst das -Versprechen, sobald seine Geschichte einst öffentlich -erzählt werden könnte, wollte ich es tun. Aber -ich wußte, in dem ersten darauf folgenden Menschenalter -konnte dies kaum geschehen. -</p> - -<p class="tb"> -— — — — — — — — — — -</p> - -<p class="noindent"> -Nun hat sich öffentlich vor aller Augen in -Norwegen etwas ereignet, das bis zu mir dringt -und fragt: Ist die Zeit noch nicht gekommen?<a class="fnote" href="#footnote-1" id="fnote-1">[1]</a> -</p> - -<p> -Ivar Bye’s Name war den Meisten bekannt, -welche die Eröffnung des norwegischen Theaters -<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a> -in Christiania sahen. Bis in die fünfziger Jahre -waren wir künstlerisch ein von Dänemark abhängiges -Land; wir waren ohne dramatische -Literatur, ohne Schauspieler und, der Ansicht vieler -gebildeter Norweger zufolge, absolut unfähig, dies -Beides zu erlangen, — bis Ole Bull den Braven -zeigte, daß dennoch ein großes Schauspielertalent -im Volk steckte, und daß die Stücke von selbst -kamen. Nach dem Bergenser norwegischen Theater, -das er errichtete, erstand das Christianiaer norwegische -Theater, in Gang gebracht von einigen -Patrioten, deren einziger überlebender der alte -Oberlehrer K. Knudsen<a class="fnote" href="#footnote-2" id="fnote-2">[2]</a> ist. Am Eröffnungstag -des norwegischen Theaters war Ivar Bye -mit dabei. Ein dunkler, breitschultriger Mann -von schlanker Taille, einen Kopf so schön von -Form, so gut und edel von Gesichtsausdruck, daß -keiner ihn vergaß. Die Stirn breit und hoch, -das Haar fast schwarz, die Augenbrauen gewölbt, -eine Adlernase, schmal, fein, — und dazu die -guten, grauen Augen mit einem Schelm drin, -<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a> -sobald er sprach. Dann verzog sich auch der -Mund gern zu einem Lächeln, voll von Erotik -und erhellt von einem Schimmer herrlicher Zähne -in breiter Rundung. Diese grauen Augen und -der Mund taten gute Dienste zusammen, machten -unablässig Eroberungen unter Männern und -Frauen, alten und jungen. Aber im Stillen. -Obgleich sein Kopf auf einem recht langen Hals -aufrecht getragen wurde, und obschon das Kinn -vorspringend war und Mut bekundete und obschon -das hagere, bräunliche Antlitz Energie verhieß, — -immer kam er gedämpft und rücksichtsvoll. -</p> - -<p> -Zwei Mängel hatte der Körper; er war nicht -rund ausgebaut, sondern eher flachgedrückt, und -die Kniee waren nicht frei von der Neigung, -auseinander zu gehen. Die Meisten sahen das -nicht; sie hielten sich an seinen schönen Gang, -dessen angenehmen <a id="corr-31"></a>Rhythmus sie empfanden. Nie -hat jemand ihn irgendwo im Vordergrund gesehen, -wo sie ihn aber zu Gesicht bekamen, da zog er -die feineren Naturen an. Und auch die andern -fühlten, hier war ein Mann von Rasse. -</p> - -<p> -Und das war er. Aus einer alten norwegischen -<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a> -Beamtenfamilie, in der das Erbe unsrer -ältesten Geschlechter steckte, er hieß nicht Bye. -</p> - -<p> -Sein Großvater hatte als Beamter Kassendefraudation -begangen, und obwohl die Umstände -nicht sonderlich gravierend waren, empfanden es -die Kinder als eine solche Schande, daß sie einen -andern Namen annahmen. Ivars Vater war -zum Offizier bestimmt, ich glaube auch, er war auf -der Kriegsschule; aber nach des Vaters Fall mußte -er sich damit zufrieden geben, Sergeant zu werden. -</p> - -<p> -Jeder Moldenser Schuljunge aus meiner Zeit -erinnert sich an Sergeant Bye, wenn er in der -Stadt war .... stets betrunken. Ein mittelgroßer, -breit ausgehauener Mann mit großer -Adlernase und mit einer gewissen Würde in seinen -Bewegungen. Selbst wenn er am allerbetrunkensten -war, bewahrte er die. Er konnte nicht gedeihen -in der Umgebung, zu der er herabgesunken war, -und so schuf sein romantisches Naturell sich manche -sonnige Stunde, in denen er den Herrn spielte. -Alle rühmten seine Güte und Rechtschaffenheit. -</p> - -<p> -Der Sohn hatte denselben Drang aus dem -Bauernleben heraus. Draußen an der Küste ging -<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a> -es damals recht eng und ärmlich zu. Da saß er -als Hirte und träumte davon, das Geschlecht zu -ehemaliger Herrlichkeit emporzuheben; er erzählte -diese großen Träume <a id="corr-32"></a>bloß seiner kleinen Schwester, -sonst niemand. Die beiden Geschwister hielten sich -ganz für sich. -</p> - -<p> -Der kleine Ivar hatte ein unglaubliches -Talent, sie und sich selbst herauszuputzen. -„Etwas zu machen aus nichts oder aus einer -ungeeigneten Materie,“ wie das religiöse Lehrbuch -meiner Zeit „die Schöpfung“ definierte. -Zum Lohn für dies Talent wurde, als er älter -war, Vaters abgelegte Uniform für ihn gewendet -und zugeschnitten, so daß er sich eines Tages in -der Stadt in blauem Tuchanzug, mit blauer -Mütze zeigen konnte! Das war wohl der höchste -Festtag seines Lebens! Er wurde auch gleich um -seiner ungewöhnlichen Schönheit willen bewundert. -Die Gesellschaft anderer als der Zöglinge der -höheren Schule verschmähte er. Er erzählte mir -später, wie er lange vergebens darauf brannte, -mit in das Spiel der großen, vornehmen Jungens -zu kommen. Und es glückte, — dank Einem insbesondere, -<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a> -dem Herrn über alle andern. Die -Hingebung und der Stolz des kleinen Jungen -kannte keine Grenzen. -</p> - -<p> -Hier hatte er auch seine erste Liebe. Es war -kein Mädchen, sondern ein fast erwachsener Kamerad -unter denen, die sich seiner angenommen hatten, — -schön, verwegen, herrschsüchtig, schon recht lebenserfahren, -schon ziemlich verdorben. Aber das -verstand Ivar nicht; er bewunderte seine Flottheit, -sein Befehlshabertalent, seine herablassende -Leutseligkeit, — und vielleicht vor allem seine -große Schönheit, seine hohe, schlanke Figur, seine -ungewöhnlich weiße Haut zu schwarzem Haar — -nicht zu vergessen seine gesellschaftliche Gewandtheit -und die Gunstbeweise der Frauen ihm gegenüber; -das war für den Knaben etwas ganz Neues. -Das war der Herrentyp, das Ideal des Knaben. -</p> - -<p> -Unter all diesen Kameraden war Ivar der -kleinste und behendeste, wenn es gefahrvolle -Schelmenstreiche galt, z. B. Äpfel und Beeren in -den Gärten stehlen und verschwunden sein, wenn -der Eigentümer oder andre den Lärm hörten und -herbeikamen. Jedesmal, wenn sie etwas derartiges -<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a> -angestellt hatten, wie eine Schnur über -den Weg spannen, so daß die Bauern, wenn sie -betrunken von der Stadt zurückkehrten, drüber fielen -und die Pferde durchgingen, oder wenn sie die -Leinen an den <a id="corr-33"></a>Booten der Bauern durchschnitten -hatten, so daß sie ins Meer hinaustrieben ... -jedesmal, wenn sie etwas derartiges angestellt -hatten, ohne entdeckt zu werden, so hielten sie das -für „eine Tat“. In Stadt und Umgegend davon -reden zu hören, das war ein Jux! -</p> - -<p> -An einem Ende der Stadt lebte eine geizige, -zornmütige Witwe, die einen Laden und einen -großen Garten besaß; mit diesem Zornbesen lagen -sie ganz besonders in Fehde, d. h. <em>sie</em> wußten, -wem sie ihren Schabernack spielten; aber die Alte -wußte nicht, gegen wen sie Wachen ausstellte, den -Hund hetzte, in die dunkeln Herbstabende hinaus -schalt und drohte. So lange trieben sie das, bis -sie fanden, es sei nötig, noch mehr zu tun. -Der Vorschlag des Anführers, daß sie sich eines -Abends in den geschlossenen Laden schleichen und -ihre Kleingeldkasse (sie wußten, in welcher Schiebelade -sie stand) entwenden wollten, fand allgemeine -<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a> -Zustimmung. Das war ein „Hauptulk“; ihr -Zorn würde gradezu in „Besessenheit“ ausarten! -Der Jüngste und Behendste wurde durchs Kellerfenster -hineinkommandiert, die Andern standen -Wache. -</p> - -<p> -Aber wie es nun zuging, — der Jüngste und -Behendste wurde entdeckt. Und mit einem Mal -erhielt die Sache ein Aussehen, wie es keiner der -Spaßmacher sich gedacht hatte. -</p> - -<p> -An die Einzelheiten erinnere ich mich nicht -mehr. Das Ende war, daß er, der den Streich -auf Befehl ausgeführt, die Kasse abgeliefert und -keinen Vorteil davon gehabt hatte, — der Einzige -war, der gefaßt, angeklagt und verurteilt wurde. -Die andern waren „guter Leute Kinder“. Es -waren auch verschiedene Konfirmierte unter ihnen, -für die die Strafe allzu ernst geworden wäre; -denn die Gesetze jener Zeit waren streng. -</p> - -<p> -So drangen denn die andern Knaben und -deren Eltern mit Bitten und Versprechungen auf -ihn ein; der Gefängniswärter gab freien Zutritt. -Es wäre gar nicht notwendig gewesen, ihn zu -bitten, alles auf sich zu nehmen; er hätte gern -<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a> -sein Leben für die Kameraden gegeben. Besonders -für den Großen mit der weißen Haut -und dem schwarzen Haar. Es war eine Freude -für ihn, als schließlich auch der kam und sagte: -„Du sollst es nicht bereuen,“ — und ihm dazu -übers Haar strich. -</p> - -<p> -Wohl tat es weh, als Vater und Mutter kamen -und ihn gar nicht verstehen konnten. „Er, der -immer so lieb und gut gewesen war, — er sollte -nun ihre Schande werden!“ Der Knabe weinte -bitterlich mit ihnen; aber schwieg. -</p> - -<p> -Und dabei bliebs auch an dem schweren Tag, -als er in <a id="corr-34"></a>seinem hübschen blauen Anzug an Bord -des Dampfschiffes mußte; er sollte in das Trontheimer -Zuchthaus überführt werden, um dort -„konfirmiert“ zu werden. Er durfte an der Reeling -stehen und nach der Stadt hinüberblicken; er wollte -gern aufpassen, ob keiner von denen, für die er -die Reise tat, in einem der Boote drunten war. -Er durfte an der Reeling stehen, bis das Dampfboot -abfuhr. Aber er sah keinen von ihnen. -</p> - -<p> -Im Zuchthaus wurde er vom ersten Tag an -aller Liebling. Sie hatten Mitleid mit dem -<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a> -schönen, lieben Jungen; sie wetteiferten darin, -etwas für ihn zu tun, damit er vorwärts käme, -wenn er einst entlassen würde. -</p> - -<p> -Hier, im Trontheimer Zuchthaus, wurde er -auch konfirmiert. Hier las, rechnete und schrieb -er, und noch eh er heraus kam, war ihm eine -Stelle als Laufbursche bei einer der ersten Familien -der Stadt gesichert. An dem neuen Platz wiederholte -sich dasselbe, — alle nahmen sich seiner an. -Sein Unterricht wurde fortgesetzt, er bekam hübsche -Kleider; es machte ihnen Spaß, ihn zierlich gekleidet -zu sehen, so schön, wie er war. Ja, er -erhielt eine Guitarre geschenkt und lernte darauf -spielen, denn er hatte Stimme und begleitete sich -nun selbst. Die guten Feen, die in dieser Weise -Rosen auf seinen Weg streuten, waren natürlich -hauptsächlich Damen; auch ein Liebesverhältnis -spielte dabei mit. -</p> - -<p> -Und bald mehrere. -</p> - -<p> -Er erlebte in dieser Richtung die wunderlichsten -Dinge, von denen ich je gehört habe. Ich bin -wohl der Einzige, zu dem er davon gesprochen -hat; aber auch da fast nur in Andeutungen. -<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a> -Näheres darüber zu erzählen, habe ich nicht das -Recht. Ich glaube, daß diese seine Gabe, zu -schweigen, eben weil sie aus rücksichtsvoller Güte -geboren war, die Frauen zu ihm hinzog, — mehr -noch als seine Schönheit; mehr noch als andre -erotische Eigenschaften, die wie ein Geheimnis -unter ihnen umgingen. Über derartiges können -Frauen ja nicht schweigen. -</p> - -<p> -Nach außen hin war dies sicherlich seine -glücklichste Zeit. Aber wenn ich später darüber -nachgedacht habe, ist mir mehr und mehr der -Glaube gekommen, daß er da einen Knax fürs -Leben bekommen hat. -</p> - -<p> -Man darf ja wohl annehmen, daß die Knabenträume, -die er mir erzählte, aus Kräften in ihm -entsprangen, aus einer Energie, die später nicht -zur Reife gedieh. Ich gebe jedoch zu, daß ich -sein Geschlecht nicht kenne und es deshalb so genau -nicht wissen kann. Nicht alle Träume sind eine -Selbstprophezeihung von Kräften; sie können auch -nur als Erinnerungen aus der Vergangenheit des -Geschlechts mittreiben. -</p> - -<p> -Später, als ich ihn traf, war er ohne starken -<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a> -Lebensdrang, ohne sonderliche Unternehmungslust; -und unter all der Liebe, in deren Mitte er lebte, -war keine, die seinen Sinn ganz erfüllte. Seine -Schwärmerei war damals, mit einem oder dem -andern seiner Freunde unter den Kapitänen hinauszukommen. -Eine Reise nach Hamburg, Bremen, -Kopenhagen, Schweden machen, oder andre -Städte in Norwegen besuchen zu können. Ich -erwähne dies besonders, weil es besonders charakteristisch -ist. -</p> - -<p> -Die Sache war nämlich die: er wußte nicht, -oder wollte nicht wissen, wohin. -</p> - -<p> -Es war, als müßte ein andrer kommen und -bestimmen. Er <a id="corr-35"></a>verließ Trontheim und kam nach -Christiania, wo man den hübschen Menschen in -einem Laden sehen konnte. Rasch hatte er einen -neuen Kreis von Freunden und Freundinnen; aber -immer dieselbe Unentschlossenheit. -</p> - -<p> -Da liest er in der Zeitung, daß seine Bewunderung -aus den Kindertagen, der Mann mit -der weißen Haut und dem schwarzen Haar, im -ersten Hotel der Stadt wohnt! -</p> - -<p> -Er hat mir später erzählt, daß er vor Erregung -<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a> -zitterte und sich krank melden mußte; er -konnte seine Gedanken nicht zur Arbeit sammeln. -All die Jahre hindurch hatte er, oft ohne es sich -selbst zu gestehen, auf ihn gewartet. Das Letzte, -was er aus dem Mund des Freundes, in dem -ihm eigenen, selbstherrlichen Ton gehört hatte, -war ja: „Du sollst es nicht bereuen!“ Eine runde, -volle Anweisung, ausgestellt von einem Mann, -der die Ritterlichkeit selbst war. Bye hatte ihn -in all diesen Jahren nicht belästigt; zu der Schuldsumme -hatten sich also Zinsen gehäuft. Der -Freund war nun auch im Auslande ein reicher -Mann geworden, wenn das Gerücht nicht trog; -Bye würde auch ins Ausland kommen, das fühlte -er! Nun galt es also, ihm zu sagen, daß er hier -war. Aber es mußte so geschehen, daß andre es -nicht hörten oder sahen; das hätte den Nichtsahnenden -in Verlegenheit bringen können! Er -erkundigte sich deshalb im Hotel, wo der Fremde -abends hinginge; und Nacht für Nacht ging er -selbst vor sein Hotel; er wollte <a id="corr-37"></a>ihm begegnen, -wenn er heimkam. Aber es traf sich nie günstig. -Da faßte er Mut und schrieb. Erzählte ihm, -<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a> -daß er in der Stadt sei, und erbat sich eine -Unterredung, gestattete sich, die Zeit und den -Ort ihres Zusammentreffens, des Freundes Zimmer -im Hotel, vorzuschlagen. -</p> - -<p> -Zur bestimmten Zeit fand er sich vor der bestimmten -Tür ein. Er stand und lauschte, eh er -anklopfte; es war Licht darin — aber kein -Geräusch. Endlich klopfte er. Ein kräftiges -„Herein!“ antwortete ihm. Als Bye nicht sogleich -zu öffnen vermochte, wurde es wiederholt — noch -kräftiger — vom besten Gewissen der Welt. -</p> - -<p> -Ivar Bye stand vor einem hohen, stattlichen -Mann in eleganter Gesellschaftstoilette, der eben -Parfüm auf sein Taschentuch goß. -</p> - -<p> -Sie sahen einander an; und die erste Folge -davon war, daß keiner von ihnen grüßte. „Ich -habe Ihren Brief erhalten; aber ich bedaure, -daß die Zeit, die Sie vorgeschlagen haben, nicht -günstig ist; ich bin im Begriff auszugehen. Bitte, -nehmen Sie Platz!“ -</p> - -<p> -Bye blieb stehen. -</p> - -<p> -„Ich sehe, es geht Ihnen gut. Was treiben -Sie?“ — „Ich bin im Handelsfach.“ — „So, -<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a> -wirklich? Sind Sie schon lange hier?“ — „Ein -Jahr oder so.“ — Er wußte nicht mehr, was er -redete, das Zimmer fing an, sich im Kreis zu -drehen. „Ja, Sie müssen wirklich entschuldigen, -aber ich höre eben den Schlitten vorfahren.“ Er -wandte sich um und legte ein großes seidnes -Halstuch um, eh er den Pelz umnahm. Es -klopfte. Ein Diener meldete, daß der Schlitten -da war, eilte herbei und half dem Herrn in den -Pelz. Bye stand noch immer unbeweglich, als -der Herr mit einem höflichen Adieu an ihm vorbei -in den Gang hinaus und die Treppe hinab -ging. -</p> - -<p> -Bye war über dreißig Jahre alt, als er mir -dies erzählte, und mehrere Jahre waren vergangen, -seit es geschehen war. Aber er weinte -wie ein betrogenes Weib. -</p> - -<p> -Nach dieser Begegnung wurde er langsam -ein anderer. Wie ich es später begriff, müssen -die ersten äußeren Anzeichen davon gewesen sein, -daß er seine Lieder nicht mehr sang, es kaum -ertrug, sie von andern singen zu hören; die -Guitarre rührte er nicht mehr an. Es ist dies -<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a> -nicht so zu verstehen, daß das Leben der Erwartung, -das er bisher geführt hatte, von dem -energischen Bestreben abgelöst wurde, sich eine -Zukunft zu schaffen. Das lag ihm gar nicht -mehr, wenn er das je getan hatte. Sondern so, -daß die Schwärmerei, die er im Innersten genährt -hatte, ihre sentimentalen Erinnerungen -fahren ließ und statt dessen ihre Dichtung um die -zu spinnen begann, in deren Kreis er gerade -stand; wenigstens um Einzelne von ihnen. Es -begann damit, daß er bei guten Menschen Trost -und Zuflucht suchte für das Beste in ihm; aber -auf die Dauer ward es zu einer Lebenskette, -welche die Geschichte des einen Freundes oder der -einen Freundin an die der andern schloß, und alle -zusammen bildeten sein Glück. Nach und nach -lebte er ausschließlich für Andere. -</p> - -<p> -Wie andre junge Leute nach Enttäuschungen -und Wunden in einem Kloster eindämmern, so -er in guten Werken. -</p> - -<p> -Als das norwegische Theater in Christiania -errichtet werden sollte, war der ehemalige sentimentale -Sänger und Guitarreklimperer der erste, -<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a> -der sich meldete. Viele Moldenser erschraken, als -sie seinen Namen hörten. Daß <em>er</em> es wagte, auf -einer Bühne aufzutreten! Kurz darauf lernte ich -ihn kennen und begriff sofort, wie natürlich es -für diesen Träumer war, nach Aladdins Schloß -zu suchen. Da würde er leben — nicht in den -Prachtgemächern, nicht an den Fenstern und auf -den Balkons paradierend, bereit, Huldigungen zu -empfangen; sondern in den weinlaubumschatteten -Bogengängen, in den Alkoven, in den heimlichen -Plätzchen rund um die Kaskaden draußen im -großen Park. Der Mitwisser aller Geheimnisse, -der Vertraute und Helfer aller. Immer im -Hintergrund mit kleinen Diensten und guten Ratschlägen -bereit; immer bereit, die Jüngsten zu -loben, die Unglücklichen zu trösten, sich mit den -Glücklichen zu freuen. Er selber hatte keinen -Ehrgeiz; sein Trontheimer Dialekt (welchen die -Bühnenleiter nicht zu brechen verstanden, solange -es noch Zeit war), und seine Dilettanten-Furcht -vor dem Unnatürlichen, die ihn verhinderte, ordentlich -loszulegen, waren ihm überall im Wege. -Aber wenn wir fragen, so wird uns jeder Einzelne -<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a> -von denen, die noch vom ersten Personal -des norwegischen Theaters leben, erzählen, was -er für die war, die er gern hatte, denn er war -ein verwöhnter Menschenkenner! Sie werden uns -erzählen, was sie seinem Geschmack, seiner Erfindungsgabe, -wo es ihr Wohl galt, seiner taktvollen -Aufrichtigkeit, seiner Treue und Diskretion -verdanken. Heiter und warmherzig, phantasievoll -und vertrauenerweckend, ihre kleinen Fehler verspottend -und züchtigend; das, was er liebte, hervorlockend. -</p> - -<p> -Er war noch nicht lange da, als er zum ersten -Mal in seinem Leben festen Boden unter den -Füßen zu fühlen begann; es schwankte nicht mehr -alles. Aber just da erhielt er einen anonymen -Brief von „einem Moldenser“. Darin wurde er -gefragt, „wie <em>er</em> es wagen könne —?“ -</p> - -<p> -Und hier war’s, wo ich dazu kam. -</p> - -<p> -Eins von den ersten Dingen, die ich erzählen -hörte, als ich Zögling der höheren Schule zu -Molde wurde, war, wie dieser gutherzige, schöne -Junge von älteren, „vornehmeren“ Kameraden -mißbraucht und dann schmählich verlassen worden -<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a> -war. Darüber herrschte in Molde sowohl damals -als später nur <em>eine</em> Stimme. Als es nun mit -Schlangenzungen zu zischen begann, schien es mir -deshalb, wir Moldenser müßten die Ersten sein, -sie in ihre Löcher zurückzupeitschen. Ich habe -ein Talent für Organisation; in aller Eile veranlaßte -ich die Moldenser Studenten, eine Leibwache -um ihn zu schließen, eine Wache des -Schweigens und der Freundschaft. Und zu äußerer -Sicherheit nahmen wir ihn in die Studentenkolonie -auf, die ein paar von uns gegründet hatten. Er -zog mit seiner langen Pfeife, seinem kleinen Hausrat -— vor allem seiner kleinen Beefsteakpfanne, -an der so viele von uns sich erfreut haben! — -bei uns ein; seine Bude oben wurde bald unser -Lieblingsaufenthalt. -</p> - -<p> -Als Theaterkritiker konnte ich ihm auch indirekt -eine Stütze sein, wenn die Leute uns überall -zusammen sahen. Ich stutzte einen französischen -Lustspiel-Einakter für ihn und noch einen andern -Notleidenden, Kapitän David Thrane, zurecht; -letzterer hatte Walzer- und Operettenmelodien -komponiert, die er darin angebracht haben wollte. -<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a> -Bye erhielt eine kleine erotische Rolle; ich wollte -sehen, ob er vielleicht am Ende doch einmal mit -etwas von dem, was er besaß, herauskommen -könnte. Er wagte sich jedoch kaum zu rühren, so -daß das Stück glänzend Fiasko machte. Wir tranken -unter großem Gelächter auf seinen Tod. -</p> - -<p> -Für das norwegische Theater kamen bald -böse Tage. Wir Norweger haben nämlich die -Gewohnheit, jedes nationale Unternehmen dreimal -an unsrer Gleichgiltigkeit oder Uneinigkeit zugrunde -gehen zu lassen. Erst beim viertenmal -ist es lebensfähig. Bye ging mit einer schlechten -Truppe auf die Wanderschaft. Aber eben damals -war ich Direktor am Bergenser Theater geworden -und schickte ihm Reisegeld. -</p> - -<p> -Ich seh ihn noch, wie er am ersten Tag meine -Garderobe musterte und sich daraus ein paar Hosen -mit Seidenstickerei an den Säumen herunter auswählte; -ich seh ihn mit einem Taschenmesser sitzen -und diese Verzierungen austrennen; denn grade -diese Hosen hatte er sich nun einmal ausgesucht. -Er war bettelarm. Er hatte nämlich alles, was er -hatte, weggegeben, solchen, die es nötiger brauchten, -<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a> -als er. „Für mich war ja noch immer Rat,“ sagte -Bye, „ich wußte ja, ich hatte dich in der Hinterhand.“ -Ich möchte wissen, ob ich jemals in meinem -Leben stolzer auf etwas gewesen bin, das er mir gesagt -hat. Es war auch das Einzige dieser Sorte, -was er mir zu spendieren für zuträglich hielt. -</p> - -<p> -Er nannte mich — wie alle Kameraden — -„Björnen“ (Bär) oder „Bjö’en“ und behandelte -mich wie ein Kind, oder wie einen hellen Toren -— insonderheit wie das letztere, indem er mich -vollständig entmündigte. Ich bekam mein eignes -Geld nicht in die Hand, — wobei ich mich ausgezeichnet -stand, — sondern mußte ab und zu etwas -von ihm „leihen“. Er umgarnte mich geradezu -mit den abscheulichsten Schlichen und stiftete Verschwörungen -gegen mich unter meinen Freunden -an. Obschon es immer zu meinem eignen Besten -geschah, — wenn ich dahinter kam, oder wenn -es zu stark gegen meine Passionen ging, so kriegte -er Prügel; aber in der Regel ging’s nach seinem -Willen. Wenn alles vorüber war, hielt er mich -unbarmherzig zum Narren, und dann lachten wir -alle beide. -</p> - -<p> -<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a> -Im Frühling zogen wir nach Trontheim, um -wieder vor den Trontheimern zu spielen — ich -darf wohl sagen, ein gut einstudiertes Repertoire. -Die Trontheimer wollten uns erst das Theater -nicht vermieten; „es sollte repariert werden“. Ich -mußte hinauf und es erobern, und die andern -kamen nach. Bye war mit dabei. Eine lustige -Gesellschaft waren wir — lauter junge Leute, der -Direktor der zweitjüngste von allen! Eine Sommerreise, -wie sie kaum ihresgleichen gehabt hat in -Norwegen! Sie hätte ihren Dichter haben müssen; -— der aber starb mit Georg Krohn. -</p> - -<p> -Proben und Vorstellungen, Gesellschaften, Ausflüge, -Tollheiten und Reden, — ich hielt zu jener -Zeit beständig Reden! ... man kann sich eine -Vorstellung davon machen, wie wir mit den -Trontheimern umsprangen, wenn ich erzähle, -daß wir jeden Abend bei gutem Wetter damit -endeten, daß Rektor Müller — man -denke, der Rektor der Stadt! — auf der Feuerleiter -in den Stiftsgarten stieg, ohne sich festzuhalten, -und weiter über die Dachrinne und -wieder zurück! -</p> - -<p> -<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a> -Ich wohnte im ersten Hotel der Stadt.<a class="fnote" href="#footnote-3" id="fnote-3">[3]</a> -Ivar Bye wohnte natürlich bei mir. <em>Er</em> sagte -nichts und <em>ich</em> sagte nichts; aber wir waren im -voraus darüber einig, so und nicht anders mußte -er Trontheim wiedersehen. -</p> - -<p> -Den Tag, nachdem wir angekommen waren, -gingen wir miteinander an dem langen, düstern -Haus vorbei, in dem er einmal als Gefangener -gesessen hatte. Nie vergeß’ ich, welche Stimmung -in mir zitterte, meine Augen begegneten den seinen. -Er sagte irgend etwas, wie: sie haben ein neues -Tor; oder: das Tor ist neu angestrichen. Ich -weiß nicht mehr, was. Ich sagte nichts; d. h. -ich schwatzte unaufhörlich von ganz andern -Dingen. -</p> - -<p> -In Trontheim waren nur Wenige, die sein -Geheimnis kannten, und diese Wenigen waren -seine guten Freunde. Hier war er also sicher. -<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a> -Ich seh ihn noch draußen auf einem Stein mitten -in dem großen Lerfoß, ein Stück weit von der -Stadt; Gott weiß, wie er da hinaus gekommen -war. Er hockte da — nackt. Da war er einmal -ganz losgelassen! Eine solche Wildheit und -ein solcher Übermut offenbarte sich da, daß man -erwartete, er würde sich in den Strom werfen. -Ich stand und dachte: Jetzt ist Bye froh! -</p> - -<p> -Später sagte ich zu ihm: „Was hätte aus dir -werden können, Bye, wenn du dich hättest frei -entwickeln können.“ -</p> - -<p> -„Ja,“ antwortete er, „etwas zwischen Aschenputtel -und Nöck. Auch wenn der Nöck weint.“ -</p> - -<p> -Und eine Weile darauf: „Aber für mich war -von Anfang an die Schranke gezogen.“ -</p> - -<p> -Zwei Tage zuvor hatte ich mich verlobt, deshalb -lebt der Tag in meinem Gedächtnis wie -Sonnenschein; jedes Wort steht vor mir in gleicher -Klarheit wie die Landschaft. Solange diese Verlobung -sich vorbereitet hatte, schwieg er; nicht -mit einem Hauch seines Mundes, so schwach, daß -er die kleinste Feder bewegt hätte, versuchte er -auf meinen Entschluß einzuwirken. Und doch -<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a> -sagte er mir, sogleich nachdem es geschehen war, -daß es sein höchster Wunsch gewesen war! Herrliche -Tage hatten wir drei! Und es blieb so, als -ich mich verheiratete, obwohl er ausziehen -mußte und meine Frau einzog; er kam beständig -zu uns. -</p> - -<p> -Jenes Jahr ist zweifellos das für meinen -Charakter gefahrvollste gewesen. Ich hatte eine -unbändige Arbeitskraft; ich leitete das Theater -und das Oppositionsblatt der Stadt und damit -die große Wahl, die erste in Norwegen auf ganz -nationalem Grund. Gleichzeitig nahm ich in -ausgedehntestem Grad am Vereinsleben und an -Gesellschaften teil, schrieb an einer Erzählung und -dichtete Lieder. Aber mir war nicht leicht eine -Schranke zu setzen, wenn ich etwas erreichen wollte; -ich hatte ja auch immer Glück. -</p> - -<p> -Ihm und ihr verdanke ich es, und der Mithilfe -meiner teuren Freunde Georg und Henrik -Krohn, Dankert Roggen, Andreas Behrens, -Henrichsen, Dahl u. a., daß ich so einigermaßen -unversehrt daraus hervorgegangen bin. -</p> - -<p> -Unter den warmen, unmittelbaren Menschen -<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a> -in Bergen fanden sich Freunde für Ivar Bye. -Als Garderobier am Theater, wo man ihn seines -guten Geschmacks willen angestellt hatte, kam er -mit vielen verschiedenen Schichten der Bevölkerung -zusammen, und er traf wie gewöhnlich, seine -Auswahl. Durch uns andre lernte er noch mehr -kennen, — so daß er nun endlich Menschen gefunden -hatte, die er brandschatzen konnte für seine -armen Freunde in allen Ecken und Winkeln des -Landes! Nach und nach gewann er, — das war -unausbleiblich — vollständige Herrschaft über die, -die er gern hatte, und er erhielt sie sich auch, -weil er genau wußte, wie er jeden Einzelnen zu -nehmen hatte. Eine alte Verwandte meiner Frau -liebte ihn so, daß sie den Tag für verloren hielt, -an dem er nicht vorgesprochen hatte. Trotzdem -wollte sie ihm das Kleid nicht geben, das sie eben -an hatte; es war ja auch wirklich zu toll, um -so etwas zu bitten. Bye hatte nämlich ein altes -armes Fräulein, dem dies Kleid akkurat paßte; -es war so hübsch warm, so recht ein gutes Winterkleid, -und sie besaß mehrere, das alte Fräulein -aber gar keines. Kaum war Bye gegangen, so -<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a> -fing das, was er gesagt hatte zu wirken an. -Vielleicht mußte es eben grade solch ein Kleid -sein? Sie zog es aus und packte es ein. Eh’ -Bye von seinen vielen Besorgungen nach Hause -kam, lag das Kleid auf seinem Zimmer. — Für -andre hatte er eine andere Art des Vorgehens. -Wenn sie mit einem ausgedienten Kleidungsstück -nicht herausrücken wollten (es gibt ja liebenswürdige -Menschen, die in diesem Punkt unglaubliche -Gewohnheitstiere sind), so nahm er es ganz -einfach und ließ uns andre dann arglos fragen: -„Aber, Liebe, haben Sie denn das graue Kleid -nicht mehr? Es stand Ihnen so gut!“ -</p> - -<p> -Was er sich und uns Spaß machte mit all -seinen Schlichen, um uns Geld für seine alten -Fräuleins abzulocken! Er hatte ein wahres Genie -dafür, solche aufzustöbern und sie mit seinem Geplauder -und seinen diskreten Gaben zu erfreuen. -</p> - -<p> -Ivar Bye hat uns in Wahrheit gelehrt, gut -zu sein, und viele, viele außer uns. -</p> - -<p> -Als Beweis dafür, wie sicher er sich seiner -Freunde fühlte, muß ich einen kleinen Streich -erzählen, über den seinerzeit halb Bergen lachte. -<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a> -Wir waren in Gesellschaft bei einer Dame, die -für ihre ausgezeichneten Kuchen bekannt war. -„O,“ sagte meine Frau, „besonders <em>der</em> da -schmeckt köstlich!“ — „Den sollst du mit nach -Hause nehmen,“ antwortete Bye. Alle Kuchen -wurden aufgegessen, nur nicht diese Sorte; sie -waren fast unberührt. „Ich begreif’ es nicht,“ -sagte die Wirtin, als die andern Gäste fort waren -und wir noch allein da waren. „Ich glaubte, die -Kuchen seien die Besten.“ — „<em>Ich</em> begreif’ es -gut,“ sagte Bye, „ich bin nämlich zu allen Leuten -gegangen und habe ihnen gesagt, daß in den -Kuchen da faule Eier seien!“ — -</p> - -<p> -Der reichste Teil aber seiner Menschenkenntnis, -seiner Wärme und Güte sammelte sich in -seinem Beruf als Ratgeber und Vertrauter. Er -war dazu geboren. Keine Instinkte sind im -Menschen feiner entwickelt, als die, die Verständnis -ahnen! Und andrerseits gibt es kein sichereres -Zeugnis moralischer Macht, als das, Bekenntnisse -zu erzwingen einfach dadurch, daß man ist, der -man ist! Und diese Macht hatte er. -</p> - -<p> -Unsre Literatur hat ein Denkzeichen für seine -<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a> -Art und Weise, Vertrauen entgegen zu nehmen. -Es ist niedergelegt in dem Gedicht: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ich hab’ einen Freund — In schlafloser Nacht — —</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Ich schrieb es fern von ihm — nicht, damit -er es bekommen sollte, sein Name ist nicht genannt -und er hat es nie erhalten; sondern weil das -Leben damals schwer für mich war. -</p> - -<p> -— — Als meine Frau und ich mit unsrem -kleinen Jungen vom Auslande heimkehrten, vier -Jahre nach meinem Abschied von ihm und vom -Theater, sehnten wir uns tiefinnerlichst nach Bergen -und ich ganz besonders nach ihm. Das Theater -war aufgehoben. Natürlich. Aber Bye hatte -sich Vertrauen erworben, er blieb zurück als Aufseher -über Haus und Habe, und die kleine Einnahme -genügte für ihn. -</p> - -<p> -Wir hatten uns darauf gefreut, ihm unsern -Jungen zu zeigen, — und wir mußten hören, -daß Bye gefährlich krank sei. Trotzdem war viel -Freude bei der Rührung des Wiedersehens, denn -er war ja auf, er hob unsern Jungen hoch; wir -wollten viel zusammen sein, sagte er. -</p> - -<p> -<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a> -Darin aber täuschten wir uns. Den Tag -darauf mußte er zu Bett, um nicht mehr aufzustehen. -Es war, als hätten die Kräfte ausgehalten, -bis wir kamen; jetzt ging es rasch -bergab. -</p> - -<p> -Daß es schnell zu Ende ging, begriff ich zum -erstenmal bei einem Vorfall, einige Tage später; -ich will ihn nicht verschweigen. Ich kam zu -ihm — „kam“ ist nicht das Wort, denn ich war -wütend und stürmte die Treppen hinauf. Ich -war mit einer Sache beschäftigt, die mich erregte -und ich vergaß, — wie junge gesunde Leute nur -allzu oft tun, — wie es Schwachen und Kranken -zumute ist. Nach alter Gewohnheit wollte ich -mich vor allem vor ihm austoben, und das tat -ich auch. Da traf mich auf einmal ein hilfloser -Blick und ich hörte die Worte: „Ach nein — ich -kann nicht fassen, was du sagst!“ ... Wie -ich <a id="corr-39"></a>erschrak, wie ich mich schämte und unglücklich -war! Und wie das sich verschärfte, als er ein -paar Tage darauf starb! So nahe war er dem -Tod, und wir ahnten es nicht! -</p> - -<p> -Es ist mir leider oft passiert, daß ich mit -<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a> -meinem unbändigen Eifer denen weh getan habe, -die ich am wenigsten kränken wollte, — und alle -diese Fälle haben mich später heimgesucht, einzeln -oder miteinander, mich gequält, mich gedemütigt. -Keiner aber öfter als dieser. -</p> - -<p> -Denn war es nicht, zum Ausgang seines Lebens, -wie eine letzte Wiederholung all des <a id="corr-40"></a>rücksichtslosen -Gebrauchs, den andre von seiner hingebenden -Natur gemacht hatten? -</p> - -<p> -Wie wenn Anfang und Ende sich zusammenschließen -sollten, stand, als die Wirtin seine Augen -geschlossen hatte und in seine Wohnung hinunter -kam, ein Fremder da; er fragte nach Ivar Bye. -Sie erzählte ihm weinend, daß sie ihm soeben die -Augen geschlossen habe; der Fremde ward davon -so stark ergriffen, daß er sich setzen mußte. Er -fing an, sie auszufragen, und der Wirtin war es -eine Erquickung, grade jetzt ihn aus ihres Herzens -reichster Fülle preisen und zuletzt sein geduldiges, -ruhiges Sterbebett schildern zu können. All das -machte einen tiefen Eindruck auf den Fremden. -Er blieb lange sitzen. Als er sich erhob, um zu -gehen, wollte er aber seinen Namen nicht nennen. -<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a> -Er habe wie ein Beamter ausgesehen, sagte sie. -Sollte es einer der Kameraden von Molde gewesen -sein, den späte Reue grade in diesem Augenblick -herbeigezogen hatte? -</p> - -<p> -Der Anführer von damals war es nicht; der -war längst tot. -</p> - -<p> -Ich stand an Ivar Byes Grab und sagte -mir, daß ich dies alles einmal niederschreiben -wollte. Für das juristische norwegische Volk. -</p> - -<p> -Ich stand am Grab und blickte auf das Gefolge. -Das war ja eine große Beerdigung; ich -kannte nicht den zwanzigsten Teil! Theatervolk, -Handwerker, Kaufleute, Seeleute, Beamte, arme -Kerle, Reiche, die Ältesten und die Jüngsten. Und -am Grab erwarteten uns die Frauen. Mütter -waren da, die ihre Kinder mit sich hatten, und -Mütter und Kinder weinten um die Wette. Alte -Fräulein aus dem Jungfernstift, arme Weiber, -junge Mädchen, alle mit Blumen und Tränen. -</p> - -<p> -Ich kenne manche, die ihre Tränen wiederfinden -werden, wenn sie dies lesen. — -</p> - -<p> -Wenn ich mir meine verstorbenen Lieben denke, -so mag ich sie mir nicht als Leichen, geschweige -<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a> -denn als abgemagerte Skelette denken. Ich denke -sie mir wieder mit der Röte des Lebens auf -den Wangen, ihre Augen auf mich gerichtet. -Bye aber kann ich mir denken, so wie er jetzt -aussehen muß, — ja, ich denke ihn mir meistens -so, mit seiner Reihe herrlicher Zähne in breiter -Rundung, mit dem Nasenbein und den Höhlen -unter dem schönen Schädel. Ohne Scheu seh’ ich -die kalkgrauen Kniee, — etwas aufwärts- und -auseinandergekrümmt, und die langen, gegeneinander -gelegten Knochenfinger. -</p> - -<p> -Ich glaube nicht, daß dies ist, weil sein Gesicht -hager war, so daß es der Phantasie Vorschub -leistete. Auch nicht, weil er, als Nöck draußen in -Lerfoß hockend, mitten im Sturz und Schaum des -Wassers, mehr aus Höhlen als aus Augen um -sich starrte, während seine Zähne gleißten. -</p> - -<p> -Nein, es ist wohl, weil sein Verstehen der -Menschen und Dinge ein so tiefes geworden war, -ein so liebevolles, daß es für ihn nichts Abstoßendes -gab. Nicht in den Formen des Lebens und -nicht in den Formen des Todes. Und <em>das</em> symbolisiert -sich auf diese Weise in meiner Erinnerung. -</p> - -<h3 class="subchap" id="subchap-0-3-1"> -<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a> -Einsame Reue -</h3> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ich hab’ einen Freund — in schlafloser Nacht</p> - <p class="verse">tönt mir sein Friedensgruß.</p> - <p class="verse">Wenn das Licht erstirbt und das Grau’n erwacht</p> - <p class="verse">naht er auf leisem Fuß.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Nie redet in harten Worten sein Mund —</p> - <p class="verse">selbst kennt er Leid und Reu’ —</p> - <p class="verse">sein weicher Blick macht Krankes gesund —</p> - <p class="verse">wer ist, wie er, so treu?</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Begangene Sünde, die mich kränkt,</p> - <p class="verse">nimmt still er auf sein Herz,</p> - <p class="verse">und wenn mein Glaube die Flügel senkt,</p> - <p class="verse">hebt er ihn himmelwärts.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So kämpft er auch heute, wie immerdar,</p> - <p class="verse">mein einsames Ringen mit —</p> - <p class="verse">Übers Jahr, mein Freund, wird offenbar,</p> - <p class="verse">um was ich heute stritt!</p> - </div> - </div> -</div> - -<div class="centerpic" id="img-130"> -<img src="images/130.jpg" alt="" /></div> - -<hr class="footnote" /> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-1" id="footnote-1">[1]</a> Ein begabter Arbeiter war im Jahr 1894 zum -Stortings-Mann für Trontheim gewählt worden, gab sich -aber darauf selber als wegen einiger Jugendvergehen -vorbestraft an. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-2" id="footnote-2">[2]</a> † im Jahr 1895. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-3" id="footnote-3">[3]</a> In einer wehmütigen Stunde, mitten unter allem -Jubel, schrieb ich da: -</p> - -<div class="stanza footnote2"> - <p class="verse5">„Auf Sankte-Hans</p> - <p class="verse5">ist Lachen und Tanz;</p> - <p class="verse">ich aber weiß nicht, ob sie flicht ihren Kranz.“</p> -<p class="verse"></p> -</div> - - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="handheld-only"> -Das Original ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im Original -g e s p e r r t -sind, wurden mit einem <span class="antiqua">anderen Schriftstil</span> -gekennzeichnet. -</p> - -<p> -Offensichtliche Fehler wurden, zum Teil unter Zuhilfename der norwegischen -Originale, korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher): -</p> - -<ul> - -<li> -... „Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens ...<br /> -... „Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens<a href="#corr-0"><span class="underline">!</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... stehen und knixte wie ein Schulmädchen <span class="underline">in</span> kurzen ...<br /> -... stehen und knixte wie ein Schulmädchen <a href="#corr-2"><span class="underline">im</span></a> kurzen ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">Elsa</span> war mit dabei! Sie kam zu früh, — ...<br /> -... <a href="#corr-4"><span class="underline">Ella</span></a> war mit dabei! Sie kam zu früh, — ...<br /> -</li> - -<li> -... Men I, som höhrer, styrk <span class="underline">deus</span> Klang; ...<br /> -... Men I, som höhrer, styrk <a href="#corr-6"><span class="underline">dens</span></a> Klang; ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">Teilnahmlosigkeit</span> kühlte sie ab; sie kam wieder ...<br /> -... <a href="#corr-7"><span class="underline">Teilnahmslosigkeit</span></a> kühlte sie ab; sie kam wieder ...<br /> -</li> - -<li> -... der kleinen Person <span class="underline">irgenwo</span> unten an seiner Weste ...<br /> -... der kleinen Person <a href="#corr-8"><span class="underline">irgendwo</span></a> unten an seiner Weste ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">for</span> mig hun löfter den og ler ...<br /> -... <a href="#corr-10"><span class="underline">For</span></a> mig hun löfter den og ler ...<br /> -</li> - -<li> -... Fordi det <span class="underline">aevet</span> er af Smerte, — ...<br /> -... Fordi det <a href="#corr-11"><span class="underline">vaevet</span></a> er af Smerte, — ...<br /> -</li> - -<li> -... wie es ihm <span class="underline">füher</span> schon zweimal gegangen war. ...<br /> -... wie es ihm <a href="#corr-12"><span class="underline">früher</span></a> schon zweimal gegangen war. ...<br /> -</li> - -<li> -... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen ...<br /> -... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen<a href="#corr-13"><span class="underline">,</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... kenne es, — und <span class="underline">jetzte</span> erst sollte er lernen, wie ...<br /> -... kenne es, — und <a href="#corr-14"><span class="underline">jetzt</span></a> erst sollte er lernen, wie ...<br /> -</li> - -<li> -... auf ein Brettende, das ins <span class="underline">schwanken</span> kam; sie wäre ...<br /> -... auf ein Brettende, das ins <a href="#corr-16"><span class="underline">Schwanken</span></a> kam; sie wäre ...<br /> -</li> - -<li> -... Worte ein: „Da haben Sie doch etwas <span class="underline">reelles</span>.“ ...<br /> -... Worte ein: „Da haben Sie doch etwas <a href="#corr-18"><span class="underline">Reelles</span></a>.“ ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">ihnen</span>, daß Sie mitkommen!“ Seine Stimme war ...<br /> -... <a href="#corr-19"><span class="underline">Ihnen</span></a>, daß Sie mitkommen!“ Seine Stimme war ...<br /> -</li> - -<li> -... Wisch <span class="underline">himmlicher</span> Krystalle zugestopft; entstellende ...<br /> -... Wisch <a href="#corr-23"><span class="underline">himmlischer</span></a> Krystalle zugestopft; entstellende ...<br /> -</li> - -<li> -... frem, til hun <span class="underline">optlog</span> Öjnene. ...<br /> -... frem, til hun <a href="#corr-26"><span class="underline">opslog</span></a> Öjnene. ...<br /> -</li> - -<li> -... Han, som skjaeldtes for <span class="underline">ond</span> og vred, ...<br /> -... Han, som skjaeldtes for <a href="#corr-27"><span class="underline">vond</span></a> og vred, ...<br /> -</li> - -<li> -... Weise <span class="underline">bekleidet</span> hatte, so begleitete jetzt das „Mama, ...<br /> -... Weise <a href="#corr-28"><span class="underline">begleitet</span></a> hatte, so begleitete jetzt das „Mama, ...<br /> -</li> - -<li> -... Mama!“ der zarten Stimmen <span class="underline">ihrer</span> Tränen. Es ...<br /> -... Mama!“ der zarten Stimmen <a href="#corr-29"><span class="underline">ihre</span></a> Tränen. Es ...<br /> -</li> - -<li> -... dessen angenehmen <span class="underline">Rythmus</span> sie empfanden. Nie ...<br /> -... dessen angenehmen <a href="#corr-31"><span class="underline">Rhythmus</span></a> sie empfanden. Nie ...<br /> -</li> - -<li> -... diese großen Träume <span class="underline">blos</span> seiner kleinen Schwester, ...<br /> -... diese großen Träume <a href="#corr-32"><span class="underline">bloß</span></a> seiner kleinen Schwester, ...<br /> -</li> - -<li> -... Leinen an den <span class="underline">Boten</span> der Bauern durchschnitten ...<br /> -... Leinen an den <a href="#corr-33"><span class="underline">Booten</span></a> der Bauern durchschnitten ...<br /> -</li> - -<li> -... als er in <span class="underline">seinen</span> hübschen blauen Anzug an Bord ...<br /> -... als er in <a href="#corr-34"><span class="underline">seinem</span></a> hübschen blauen Anzug an Bord ...<br /> -</li> - -<li> -... bestimmen. Er <span class="underline">verlies</span> Trontheim und kam nach ...<br /> -... bestimmen. Er <a href="#corr-35"><span class="underline">verließ</span></a> Trontheim und kam nach ...<br /> -</li> - -<li> -... selbst vor sein Hotel; er wollte <span class="underline">ihn</span> begegnen, ...<br /> -... selbst vor sein Hotel; er wollte <a href="#corr-37"><span class="underline">ihm</span></a> begegnen, ...<br /> -</li> - -<li> -... ich <span class="underline">erschrack</span>, wie ich mich schämte und unglücklich ...<br /> -... ich <a href="#corr-39"><span class="underline">erschrak</span></a>, wie ich mich schämte und unglücklich ...<br /> -</li> - -<li> -... wie eine letzte Wiederholung all des <span class="underline">rücksichtlosen</span> ...<br /> -... wie eine letzte Wiederholung all des <a href="#corr-40"><span class="underline">rücksichtslosen</span></a> ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of Project Gutenberg's Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE *** - -***** This file should be named 52016-h.htm or 52016-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/0/1/52016/ - -Produced by Norbert H. 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It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate - -Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. - -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - - - -</pre> - -</body> -</html> diff --git a/old/52016-h/images/011.jpg b/old/52016-h/images/011.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 7b0dbdb..0000000 --- a/old/52016-h/images/011.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/022.jpg b/old/52016-h/images/022.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 26a7527..0000000 --- a/old/52016-h/images/022.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/023.jpg b/old/52016-h/images/023.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index a77b78f..0000000 --- a/old/52016-h/images/023.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/040.jpg b/old/52016-h/images/040.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index b42e1aa..0000000 --- a/old/52016-h/images/040.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/041.jpg b/old/52016-h/images/041.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index fee5ac7..0000000 --- a/old/52016-h/images/041.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/053.jpg b/old/52016-h/images/053.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 212256a..0000000 --- a/old/52016-h/images/053.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/054.jpg b/old/52016-h/images/054.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 274bbbd..0000000 --- a/old/52016-h/images/054.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/065.jpg b/old/52016-h/images/065.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index bda4e46..0000000 --- a/old/52016-h/images/065.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/066.jpg b/old/52016-h/images/066.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index a1fef98..0000000 --- a/old/52016-h/images/066.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/093.jpg b/old/52016-h/images/093.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index db92e75..0000000 --- a/old/52016-h/images/093.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/094.jpg b/old/52016-h/images/094.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index e5c792e..0000000 --- a/old/52016-h/images/094.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/097.jpg b/old/52016-h/images/097.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 1791b8a..0000000 --- a/old/52016-h/images/097.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/130.jpg b/old/52016-h/images/130.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 9a0101e..0000000 --- a/old/52016-h/images/130.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/cover-page.jpg b/old/52016-h/images/cover-page.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 723b429..0000000 --- a/old/52016-h/images/cover-page.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/52016-h/images/logo.jpg b/old/52016-h/images/logo.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 1c711b5..0000000 --- a/old/52016-h/images/logo.jpg +++ /dev/null |
