summaryrefslogtreecommitdiff
diff options
context:
space:
mode:
authornfenwick <nfenwick@pglaf.org>2025-02-05 21:06:34 -0800
committernfenwick <nfenwick@pglaf.org>2025-02-05 21:06:34 -0800
commit4fcd41b25c0e3fd7f32ce77a9a6e3b64c6f12c6e (patch)
treeab01f3c75934bc6052e0c0a1ca3664abccb846ac
parentba817540e529422e9ae8c7220a88fe360edd13ef (diff)
NormalizeHEADmain
-rw-r--r--.gitattributes4
-rw-r--r--LICENSE.txt11
-rw-r--r--README.md2
-rw-r--r--old/52016-8.txt2670
-rw-r--r--old/52016-8.zipbin57000 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h.zipbin318253 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/52016-h.htm4309
-rw-r--r--old/52016-h/images/011.jpgbin18102 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/022.jpgbin3443 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/023.jpgbin11327 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/040.jpgbin2829 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/041.jpgbin16926 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/053.jpgbin3461 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/054.jpgbin17400 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/065.jpgbin2692 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/066.jpgbin18075 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/093.jpgbin4902 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/094.jpgbin11416 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/097.jpgbin22558 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/130.jpgbin1937 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/cover-page.jpgbin116404 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/52016-h/images/logo.jpgbin3480 -> 0 bytes
22 files changed, 17 insertions, 6979 deletions
diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes
new file mode 100644
index 0000000..d7b82bc
--- /dev/null
+++ b/.gitattributes
@@ -0,0 +1,4 @@
+*.txt text eol=lf
+*.htm text eol=lf
+*.html text eol=lf
+*.md text eol=lf
diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt
new file mode 100644
index 0000000..6312041
--- /dev/null
+++ b/LICENSE.txt
@@ -0,0 +1,11 @@
+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
+
+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
diff --git a/README.md b/README.md
new file mode 100644
index 0000000..0075de9
--- /dev/null
+++ b/README.md
@@ -0,0 +1,2 @@
+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #52016 (https://www.gutenberg.org/ebooks/52016)
diff --git a/old/52016-8.txt b/old/52016-8.txt
deleted file mode 100644
index 09d9c0b..0000000
--- a/old/52016-8.txt
+++ /dev/null
@@ -1,2670 +0,0 @@
-The Project Gutenberg EBook of Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Ein Tag / Ivar Bye
- Zwei Erzählungen
-
-Author: Bjørnstjerne Bjørnson
-
-Translator: Maria von Borch
- G. I. Klett
-
-Release Date: May 7, 2016 [EBook #52016]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE ***
-
-
-
-
-Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the
-Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
- Kleine Bibliothek Langen Band 58
-
- Björnstjerne Björnson
-
-
-
-
- Ein Tag
- Ivar Bye
-
-
- Zwei Erzählungen
-
- Einzige berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen
- von
- Maria von Borch und G. I. Klett
-
- Albert Langen
- Verlag für Litteratur und Kunst
- München 1903
-
-
-
-
- Inhalt
-
-
- Seite
- Ein Tag 9
- Ivar Bye 95
-
-
-
-
- Ein Tag
-
-
- Deutsch von Maria von Borch
-
-
- I
-
-Man nannte Ella gewöhnlich »die mit dem Zopf«. Aber wie dick der Zopf
-auch war, -- hätte ihn eine getragen, die minder hübsch, minder
-freundlich und unbefangen gewesen, so würde kaum jemand ihn bemerkt
-haben; das muntere Leben, das er da hinten für sich allein lebte, wäre
-dann mit Schweigen übergangen worden. Und das, trotzdem er der dickste
-Zopf war, den irgend jemand dort in der kleinen Stadt je getragen hatte.
-Vielleicht nahm er sich auch stärker aus, als er war, weil Ella selbst
-klein war. Wie weit er hinunter reichte, kann man nicht gut sagen; er
-reichte ein gutes Stück bis unter die Taille, ein _sehr_ gutes Stück
-sogar. Seine Farbe war unbestimmt, und folglich auch unnennbar. Sie fiel
-ein wenig ins Rötliche; aber dort in der Stadt pflegte man zu sagen, er
-sei blond, und dabei können wir ja bleiben, da wir die Mittelfarben
-nicht besonders zu bezeichnen pflegen. Das Gesicht zeichnete sich durch
-seine weiße Haut aus, war hübsch geformt mit geraden Zügen von der Stirn
-bis zum Kinn, hatte einen kurzen, aber vollen Mund und selten
-unbefangene Augen. Sie hatte bei ihrer Kleinheit eine starke Figur, aber
-etwas zu kurze Beine; um so schnell vorwärts zu kommen, wie sie ihrer
-Natur nach mußte, hatte sie sich einen raschen Trab angewöhnen müssen.
-Dies Rasche hatte sie übrigens bei allem, was sie vornahm, und daher
-hatte der Zopf es auch wohl eiliger, als Zöpfe es gewöhnlich haben.
-
-Ihre Mutter war die Witwe eines Beamten, hatte ein kleines Vermögen
-neben ihrer Pension und wohnte in ihrem eigenen kleinen Hause, dem Hotel
-gegenüber, gleich am Marktplatz der Stadt. Sie war eine von den Stillen;
-der Mann war ihre Bestimmung, ihr Stolz, ihr Licht gewesen. Als sie ihn
-verlor, wich der Lebensmut von ihr; sie kroch in religiösen Grübeleien
-in sich zusammen. Da sie aber nicht herrschsüchtig war, ließ sie ihr
-einziges Kind der eigenen Natur folgen, welche der des Vaters glich. Die
-Mutter verkehrte mit niemandem, als mit einer älteren Schwester, die auf
-einem großen Gute, ein Stück von der Stadt entfernt, ansässig war; aber
-Ella durfte Gefährtinnen von der Schule, von Bootfahrten, vom
-Schlittschuhlaufen, Skifahren, ins Haus bringen; diese blieben übrigens
-beständig dieselben. Ihrer Wahl haftete eine angeborene Vorsicht an,
-ihre Lebhaftigkeit wurde durch den Umgang mit der Mutter und die Stille
-des Hauses gedämpft. Es lag also in ihr, daß sie munter und leicht, ohne
-Lärmen, war -- ziemlich unbefangen, aber mit Herrschaft über sich, und
-daher achtsam.
-
-Um so wunderlicher war das, was ihr passierte, als sie im Heranwachsen
-war, so ungefähr vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Sie begleitete ein paar
-Freundinnen in ein Konzert, das der Gesangverein der Stadt und ein paar
-Dilettanten zu Weihnachten für die Armen gaben. In diesem Konzert sang
-Axel Aarö »Schlaf in Ruh!« von Möhring. Wie allgemein bekannt, leitet
-ein gedämpfter Männerchor den Gesang ein; er breitet Mondenschein vor
-ihm aus, und immer mehr Mondenschein, und darin kam Aarö's Stimme mit
-langen Ruderschlägen daher. Die Stimme war ein voller, runder
-Baßbaryton, an dem die Leute großes Behagen fanden. Ohne Riß und ohne
-Fehl, hätte man ihn gerade wie eine Schnur von dort nach Wien spannen
-können. Aber Ella hörte aus dieser gleichmäßigen Stimme noch eine zweite
-heraus, einen Nebenklang von Schwäche oder Schmerz, und sie meinte, alle
-müßten ihn hören. Eine Bewegung im innersten Innern, eine rührende
-Vertraulichkeit, die sie ums Herz faßte und sagte: »Trauer! O Trauer ist
-das Los meines Lebens! Ich kann nicht dafür, ich bin verloren!« Ehe sie
-sich's versah, war sie nahe am Weinen. Etwas Eindringlicheres als diese
-Stimme war ihr noch nicht vorgekommen. Von Ton zu Ton stieg es: sie
-verlor die Macht über sich und merkte es nicht. Er stand dort so
-hochgewachsen, schlank, der blonde, weiche Bart fiel auf die Brust
-herab; der Kopf war klein mit großen, schwermütigen Augen, Geschwistern
-der Stimme; auch auf dem Grunde der Augen lag etwas, das sagte: »Trauer,
-Trauer!« Diese Schwermut in den Augen hatte sie vorher schon gesehen,
-hatte aber nicht gewußt, was sie sah, bis jetzt, wo sie die Stimme
-hörte. Und die Thränen wollten heraus. Sie durften nicht. Sie sah sich
-um; sonst weinte niemand; sie preßte die Zähne zusammen, drückte die
-Arme an den Körper und die Kniee zusammen, so daß es schmerzte, ja, sie
-bebte. Weshalb in aller Welt mußte dies gerade ihr und keinem andern
-geschehen? Sie drückte das Taschentuch an den Mund und jagte ihre
-Gedanken hinaus bis an die äußerste Scheereninsel, wo sie den Leuchtturm
-hatte aufleuchten und wieder verlöschen und die See jedesmal voll
-Gespenster gesehen hatte. Aber nein! Sie kehrten wieder zurück zu ihr,
-dort wollten sie nicht bleiben. Das Taschentuch, die Hände, warnende
-Augen vermochten das erste Schluchzen nicht aufzuhalten, das
-hervorbrach! Vor den entsetzten Augen aller stand sie auf, kam schnell
-und behende hinaus und ließ sich dort gehen. Niemand folgte ihr, niemand
-wagte, sich zu ihr zu bekennen.
-
-Du, der du dies liest, begreifst du, wie entsetzlich es war? Warst du
-einmal in solch einem -- beinahe hätte ich geschrieben, »stillen«
-Konzert in einer norwegischen Küstenstadt von halb pietistischer Zucht?
-Männer sind beinahe keine da; entweder liegt die Musik den Männern in
-den Küstenstädten nicht, oder sie sind hier im Klub in einem andern Raum
--- am Billard, am Kartentisch, in der Restauration, bei Punsch und
-Zeitungen. Einige von ihnen sind einen Augenblick heraufgekommen und
-stehen hinten an der Thür; stehen wie Leute, die zum Hause gehören und
-sich die Gäste ein wenig ansehen wollen. Oder es sitzt wirklich hie und
-da eine Mannsperson auf der Bank, und ist zwischen die buntscheckige
-Unterrocks-Rinde eingeklemmt wie ein abgebrochener Zweig; oder es sind
-ein paar Exemplare an der Wand entlang festgeklebt wie vergessene
-Paletots.
-
-Nein, was sich zum Konzert einstellt, das sind die Harems der Stadt. Die
-älteren Einwohnerinnen der Harems, um unter holdem Text und beweglicher
-Musik noch einmal wieder zu träumen, was sie einst selbst zu sein
-geglaubt, und was sie damals glaubten, daß ihrer harrte. Dort oben kennt
-man sie eigentlich besser, als hier unten; wenn auch ein bißchen
-Küchengeruch, ein wenig Hauslärm in die Träume hineinschlägt -- das
-stört nicht.
-
-Die jüngeren Bewohnerinnen des Harems träumen, daß sie so sind, wie die
-älteren gewesen zu sein glauben und daß _sie_ sicher ein wenig von dem
-erreichen werden, was die älteren nicht erreichten. _Sie_ wissen gut
-Bescheid über das Leben. In _einem_ gleichen sich beide Alter, sie sind
-von praktischer Abstammung in kleinen Verhältnissen; sie trauen sich
-nicht zu weit fort. Sie sind so vollkommen darüber im Reinen, daß das
-Leuchten, welches aus dem Text und den Tönen größerer Geister auf sie
-herabfällt, nicht vollständig Ernst ist, sondern ein bißchen »von allem
-möglichen«.
-
-Wenn daher eine einzelne es allzu ernst nimmt und anfängt zu flennen --
-du lieber Gott, im frivolen Leben nennt man es Albernheit, im
-öffentlichen heißt es, sich bloßstellen.
-
-Ella hatte sich bloßgestellt.
-
-Ihr eigener Schrecken kannte kaum irgendwelche Grenzen. Von allen
-Mädchen, mit denen sie verkehrte, war sie diejenige, der die Tränen am
-schwersten kamen, davon war sie überzeugt. Sie fürchtete es wohl so gut
-wie irgend eine, daß man sie ansah und besprach. Was in aller Welt war
-daher dies? Sie liebte Musik, sie spielte Klavier; aber für besonders
-musikalisch begabt hielt sie sich nicht. Weshalb mußte denn gerade sie
-so seltsam von einem Gesang gepackt werden?
-
-Was mußte er von dem halberwachsenen Mädel denken? Dies letztere quälte
-sie am meisten. Hierüber wagte sie sich zu keiner lebenden Seele
-auszusprechen. Das Erstaunen der meisten begnügte sich damit, daß sie
-krank gewesen sei; sie blieb eine Zeitlang nachher auch zu Hause und war
-bleich, als sie wieder ausging. Die Freundinnen neckten sie, aber sie
-ließ es unbeachtet.
-
-In diesem Winter wurden mehrere Kinderbälle abgehalten. Der vierte in
-der Reihe war bei »Arnesens an der Ecke«, und Ella war auch dort. Der
-Ball war bis zum Ende der zweiten Française gekommen, als sie flüstern
-hörte: »Axel Aarö! Axel Aarö!« Und da stand er in der Thür mit drei
-andern jungen Herren hinter sich. Die Hausfrau war seine ältere
-Schwester. Die vier jungen Herren kamen von einer Spielgesellschaft; sie
-wollten zusehen.
-
-Ella fühlte, daß sie wie mit Glut übergossen war; zugleich fühlte sie
-eine Schwäche in den Knieen, als wollten sie zusammenknicken. Sie
-begriff es nicht recht, fühlte aber große Augen auf sich gerichtet. Sie
-war ganz in eine Falte ihres Kleides vertieft, die nicht in derselben
-Linie fiel wie die anderen, da stand er vor ihr und sagte: »Sie haben
-doch einen herrlichen Zopf.« Die Stimme überschüttete diesen gleichsam
-mit Goldstaub. Er hob die Hand, als wolle er ihn berühren, statt dessen
-aber führte er sie an seinen Bart. Als er ihre tiefe Verlegenheit
-bemerkte, wollte er nicht länger stehen bleiben und wandte sich ab.
-
-Später fühlte sie seine Blicke noch mehreremal; aber er kam nicht mehr
-zu ihr. Die andern Herren nahmen teil am Tanz, Aarö tanzte nie. Er hatte
-etwas im Wesen an sich, das in seiner Weise das Angenehmste war, was sie
-kannte. Eine zurückhaltende Vornehmheit, ein Stil im Auftreten, eine
-rücksichtsvolle, langsam zögernde Art, wohl auch die einzige Art, die
-sie verstanden haben würde. Sein Gang machte den Eindruck, als halte er
-die Hälfte seiner Kraft zurück, und so war es in allem. Er war
-hochgewachsen; der kleine, etwas schmale Kopf saß auf einem ziemlich
-hohen Hals, die Schultern waren nicht breit; aber bis jetzt hatte sie
-nie die Weise beachtet, wie er Kopf und Oberkörper drehte, noch hatte
-sie gewußt, daß etwas beinahe Musikalisches darin liegen könne.
-
-Was hiernach geschah, und das Zimmer, in dem es geschah, alles floß
-zusammen in Licht. Aber mit einem Mal war es nicht mehr so. Gleich
-darauf hörte sie auch: »Wo ist Axel Aarö? ist er fortgegangen?«
-
-Er war in diesem Winter nicht lange zu Hause. Er war zwei Jahre in Havre
-gewesen und kam gerade von dort; nun wollte er auf zwei Jahre nach Hull.
-
-Bis jetzt war die Musik eine liebe Beschäftigung für Ella gewesen;
-besonders hatte sie Harmonieen geliebt und sie gesucht. Jetzt gab sie
-sich den Melodieen hin. Sie hatte dem Klange gelauscht und sich darin
-versucht. Jetzt wurde die Musik zur Sprache. Sie selbst sprach darin,
-oder jemand sprach zu ihr.
-
-Außer all den Leuten, die in einer Gesellschaft waren, war von jetzt ab
-immer _noch_ einer da. Nie mehr allein, nicht auf der Straße, nicht zu
-Hause. Und der Zopf war das heilige Zeichen geworden.
-
-Im Frühling begegnete Frau Holmbo ihr auf der Straße. Ella kam mit
-ihrem Psalmbuch in der Hand vom Prediger. »Gehen Sie zum
-Konfirmationsunterricht?« -- »Ja.« -- »Ich habe einen Gruß für Sie.
-Können Sie raten, von wem?« -- Nun war Frau Holmbo eine Freundin von
-Axel Aarö's Schwester und beständig mit der Familie zusammen. Ella wurde
-rot und konnte nicht antworten. »Ich sehe schon, Sie wissen, von wem,«
-sagte Frau Holmbo, und noch roter wurde Ella. Mit einem Lächeln, das
-ziemlich überlegen war -- und davon hatte die schönste Dame der Stadt im
-Überfluß -- sagte sie: »Axel Aarö schreibt nicht gern. Jetzt bekamen wir
-den ersten Brief nach seiner Abreise. Aber darin schrieb er, wenn wir
-»die mit dem Zopf« sähen, sollten wir sie von ihm grüßen. Sie hat bei
-Möhrings Lied geweint; das hättet ihr andern auch tun können, schreibt
-er.«
-
-Die Tränen kamen Ella in die Augen. »Na, na,« tröstete Frau Holmbo,
-»dabei ist doch nichts Böses.«
-
-
- II
-
-Zwei Jahre später, im Winter, kam Ella mit ihren Schlittschuhen in der
-Hand hurtig vom Eise herauf. Sie hatte zum erstenmal die neue
-anschließende Jacke an; es war wirklich hauptsächlich diese, die sie
-hinaus getrieben hatte. Der Zopf kam munter unter der grauen Mütze
-hervor, er war dicker und länger denn je; es ging ihm vortrefflich.
-
-Sie machte wie immer einen Umweg bei »Andresens an der Ecke« vorbei; das
-Haus zu sehen genügte ihr.
-
-Und gerade, als ihr Auge auf das Haus fiel, stand Axel Aarö in der Tür.
-Er kam langsam die Treppe herunter; er war wieder zu Hause! Der blonde
-Bart fiel zierlich auf das schwarze Pelzwerk, die Pelzmütze bedeckte die
-kurze Stirn ganz und gar, so daß sie die Augen einrahmte, die großen
-anziehenden Augen.
-
-Sie sahen sich an, sie mußten aufeinander zu, an einander vorübergehen;
-er lächelte, indem er an die schwarze Pelzmütze griff, und sie -- blieb
-stehen und knixte wie ein Schulmädchen im kurzen Kleidchen!
-
-Seit zwei Jahren war sie nicht stehen geblieben, hatte nicht anders, als
-mit dem Kopfe gegrüßt, ja, wie jede erwachsene Dame; wer klein ist, hält
-mehr als andere auf dieses Vorrecht. Aber vor ihm, vor dem sie am
-liebsten erwachsen sein wollte, vor ihm blieb sie stehen und knixte, wie
-damals, als er sie zuletzt gesehen! Noch von diesem Unglück verwirrt,
-stürzte sie in ein zweites hinein. Sie sagte sich: »Sieh dich nicht um!
-Halt dich stramm, sieh dich nicht um, hörst du!« -- Aber an der Ecke,
-als sie gerade umbiegen mußte, kehrte sie sich doch um -- und sah ihn
-dasselbe tun! Von diesem Augenblick an gab es keine Menschen, keine
-Häuser, nicht Zeit, nicht Ort mehr. Sie wußte nicht, wie sie sich nach
-Hause fand, oder weshalb sie auf ihrem Bette lag, das Gesicht ins Kissen
-vergrub und weinte.
-
-Vierzehn Tage darauf große Jugend-Gesellschaft im Klub. Axel Aarö zu
-Ehren. Alle wollten dabei sein, alle wollten ihren beliebten Kameraden
-zu Hause willkommen heißen. Von Hull hatten sie auch gehört, wie
-unentbehrlich er nach und nach dort drüben in der Gesellschaft geworden
-war. Wenn seine Stimme größeren Umfang gehabt hätte, -- sie umfaßte
-nämlich nicht viele Töne -- so wäre er jetzt an »^Her Majesty's
-Theatre^«. So wurde erzählt. Auf dem Balle sollte der Gesangverein --
-sein alter Gesangverein wieder mit ihm zusammen singen.
-
-Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, -- vor ihr waren nur vier da. Sie
-fror vor Erwartung in den leeren Zimmern und halb offenen Gängen, meist
-aber im Saal, in dem sie sich einst »bloßgestellt« hatte! Sie trug ein
-rotes Ballkleid ohne irgend welchen Schmuck, ohne Blume; die Mutter
-wünschte es so. Sie fürchtete, sich verraten zu haben, indem sie so früh
-kam; sie hielt sich allein in einem Nebenzimmer auf und kroch nicht eher
-hervor, als bis mehr Licht angezündet war und Duft und Geplauder und das
-Stimmen der Instrumente dazu einlud. Mit den Bällen jetzt und früher ist
-es _der_ Unterschied, daß es jetzt sofort lebhaft zugeht; das hat der
-Sport bewirkt; er hat größere Vertraulichkeit zwischen den Geschlechtern
-geschaffen. Klein, wie Ella war, verschwand sie in der Menge und sah
-Axel Aarö nicht eher, als bis sie mehrere flüstern hörte: »Da ist er!«
-und jemand hinzufügte: »Er kommt hierher zu uns!« Frau Holmbo war es,
-die er suchte und begrüßte; aber dicht hinter dieser stand Ella. Als sie
-sich entdeckt sah, wurde die Knospe noch roter als die Deckblätter.
-Sofort verließ er Frau Holmbo. »Guten Abend!« sagte er ganz leise und
-streckte die Hand aus, die sie annahm ohne aufzusehen. »Guten Abend!«
-sagte er noch einmal, noch leiser und noch näher. Sie spürte einen
-leichten Druck und mußte aufblicken; es geschah mit einer schüchternen
-Botschaft von Treuherzigkeit und Angst, die hastete an allen vorüber,
-erklärte nichts und gab niemandem Ärgernis. Er sah auf sie hinab und
-strich sich den Bart dabei; aber ob er nun nichts zu sagen hatte (er war
-ja wortkarg) oder ob er nicht sagen konnte, was er wollte, -- alle
-schwiegen mit ihm. Mit der ihm eigenen milden Art wandte er sich und
-ging, wurde von Kameraden aufgefangen, und später sah sie ihn nur dann
-und wann in der Ferne; er tanzte nicht.
-
-Sie aber tanzte; alle waren sich einig darüber, daß sie »süß« sei (das
-wurde mit Respekt gesagt), und dann lag an diesem Abend ein lieblicher
-Hauch von Freude auf ihr. Wo Axel Aarö auch im Saal stand, sie fühlte
-ihn und empfand einen stillen Jubel, an ihm vorüber schweben zu können.
-Seine Augen begegneten den ihren und folgten ihr; seine Nähe machte, daß
-sie alle und alles strahlend fand.
-
-An den Türrahmen gelehnt, sah man einen großen, starken Mann
-»Aufsichtskomitee« bilden. Er mochte zwischen dreißig und vierzig Jahren
-sein, letzterem näher; ein sturmfestes Gesicht, breitgeschnitten, aber
-kühn; schwarzes Haar, braungrüne Augen, die Gestalt eines Riesen.
-Jedermann im Saal kannte ihn, Hjalmar Olsen, den mutigen Führer des
-größten Dampfschiffes im Lande. Er musterte alle, die vorbeitanzten,
-fand aber, daß der Kleinen im roten Kleide der Preis gebühre; sie
-anzusehen bereitete am meisten Vergnügen. Einesteils war sie
-außerordentlich hübsch und dann sprang ihre unbefangene Glückseligkeit
-auf ihn selbst über. Als Axel Aarö ihm näher kam, bekam Hjalmar Olsen
-jedesmal auch ein klein wenig von der Verliebtheit ab, die ihr aus den
-Augen strahlte. Sie tanzte jeden einzigen Tanz. Hjalmar Olsen war groß
-genug, um durch den ganzen Saal einen Schimmer von ihr zu erhaschen.
-Auch sie bemerkte ihn; bald wurde er zum Leuchtturm in ihrem Fahrwasser.
-Aber ein Leuchtturm, der Herz für die Schiffe hatte, -- so fühlte er
-beispielsweise jetzt, daß sie dort an Peter Klaussons Weste in Gefahr
-sei. Er kannte Peter Klausson.
-
-Ihre winzig kleinen Füße trippelten Walzer, ihr Zopf hüpfte Polka, die
-Füße dreiviertel Takt, der Zopf vierviertel. Aber Peter Klausson drückte
-sie zu fest an die Weste!
-
-Darum suchte er sie gleich auf, als der Walzer zu Ende war; aber es war
-nicht so leicht, sich einen Tanz zu erhandeln; erst der nächste Walzer
-war frei, und den bekam er. Im selben Augenblick, als dies abgemacht
-war, strömten alle nach der Tribüne; der Gesangverein zeigte sich da
-oben. Sie war hilflos klein, die Ella, wenn alle drauf los stürmten und
-sich zusammen packten; Hjalmar Olsen, der ihre unglücklichen Versuche,
-ein Guckloch zu erhaschen, sah, erbot sich, sie auf die Bank zu heben,
-die an der Wand entlang lief, an der sie standen. Sie wagte es nicht;
-aber im selben Augenblick sah er andere hinauf klettern, und eh sie's
-noch hindern konnte, war sie selbst oben. Gerade da trat Axel Aarö
-zwischen seine Kameraden und wurde mit dem lebhaftesten Händeklatschen
-von allen anwesenden Freunden, Männern und Frauen begrüßt. Er verbeugte
-sich ehrerbietig und zurückhaltend; aber die Willkommgrüße wollten kein
-Ende nehmen, bevor die Kameraden sich nicht ein wenig zurückzogen und er
-ganz vortrat. Zuerst stimmte der Verein eins von den ältesten Liedern
-an; Aarö sang seine Stimme zwischen all den andern, was allgemein
-gefiel. Darauf trat der Dirigent an das Klavier, um ein Lied zu
-begleiten, das Aarö allein singen wollte. Das Lied war von Selmer und in
-der Hauptstadt schon in der Mode; es wurde von Männern wie von Frauen
-gesungen, das »sie« der letzten Strophe wurde nur in »er« umgeändert.
-Hier war es noch nie gehört worden.
-
-Schon während der Verein sang, hatte Aarö im Saal umhergespäht, und von
-dem Augenblick an, wo er dort hin geblickt, wo Ella stand, hatte er kein
-Auge von da verwandt. Jetzt stellte er sich an jene Seite des Klaviers
-und während des Singens blickte er unverwandt dorthin. Je nachdem er
-hineinkam, wurden seine schwermütigen Augen durchleuchtet, seine Gestalt
-wurde plastisch.
-
- Ich sing' nur für die einzige,
- Wenn And're auch mein Lied erfreut,
- So ist es doch die einzige,
- Der ich es hab' geweiht.
- Ihr, die Ihr lauschet, stärkt den Klang;
- Denn wär' nicht jene einzige,
- Die machte, daß mein Lied gelang, --
- Ihr hörtet keinen Sang.
-
- Jeg synger for een eneste,
- om ogsaa alle hörer paa,
- og bare denne eneste
- kan Sangen helt forstaa.
- Men I, som höhrer, styrk dens Klang;
- for var ej denne eneste,
- som vakte nu min Tonetrang,
- da fick I ingen Sang.
-
- Der Weg ist nicht der kürzeste,
- Er schlinget sich durch Alle hier,
- Jedoch er ist der einzige,
- Der führet hin zu ihr!
- Ihr Guten, höret, stärkt das Wort,
- Damit es werd das einzige,
- Das in der Brust ihr tönet fort,
- Ein lieblicher Akkord!
-
- Er Vejen ej den beneste,
- forgrenet gjennem alle her,
- so er den dog den eneste,
- som kommer ganske naer.
- Aa, gode Hjerter, styrk hvert Ord;
- so de maa bli de eneste
- I hele Kjaerlighedens Kor,
- som hun af Hjaertet tror.
-
-Seine Stimme war berückend; eine solche Liebesbotschaft hatte noch
-keiner je gehört. Jetzt waren außer Ella noch andere da, die Tränen in
-den Augen hatten.
-
-Sie standen eine Weile, als warteten sie auf einen weiteren Vers, --
-daher Stille; aber dann brach ein Beifall los, desgleichen niemand je
-gehört hatte. Sie wollten das Lied noch einmal hören. Aber noch hatte
-keiner je erlebt, daß Axel Aarö etwas zweimal hintereinander gesungen
-hatte. Sie mußten es also aufgeben.
-
-Ella hatte das Lied nie gehört, weder die Worte noch die Töne. Als er
-anfing, den Blick auf sie gerichtet, glaubte sie umfallen zu müssen;
-etwas so unerhört Kühnes hatte sie nicht geahnt. Er, sonst so wortkarg,
-rücksichtsvoll und zurückhaltend, ihr dies entgegenzusingen, so daß alle
-es hörten! Weiß wie die Wand, an die sie sich stützte, bekam sie eine
-solche Atemnot, daß sie sich nach Hilfe umsehen mußte. Gleich hinter
-ihr, ebenfalls auf der Bank, stand Frau Holmbo, magnetisiert, schön wie
-eine Statue.
-
-Sie sah nicht mehr von Ellas Not als von der Uhr auf dem Marktplatz.
-Diese absolute Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder zu sich.
-Die Gegenwart der andern, die ihr so entsetzlich gewesen, hatte ja
-nichts zu bedeuten, solange keiner was begriff. Schließlich hörte sie
-ohne Angst zu. Den zweiten Vers ganz und gar. Heimlicher, reizender
-konnte es ihr nicht gesagt werden, obgleich alle zuhörten. Wenn er sie
-nur nicht angesehen hätte! Wenn sie sich nur hätte verstecken können! --
-
-Sobald der letzte Ton verhallte, sprang sie herunter. Unten zwischen all
-den Schultern fand sie ihre Schamhaftigkeit wieder, ihren wonneerfüllten
-Traum, ihr Geheimnis in bräutlicher Kleidung. Was war doch geschehen,
-und was würde nun das nächste sein? Rund umher funkelnde Augen, jubelnde
-Stimmen, klatschende Hände, -- war das nicht wie Fackeln und
-Huldigungsrufe, war das nicht auch für sie mit? Drinnen nur er und sie,
--- all die andern draußen! --
-
-Der Tanz begann sofort, -- und sie hinein! Hinein, als sei alles ihr zu
-Ehren, oder als sei sie die einzige! Ihre Kavaliere versuchten einer
-nach dem andern mit ihr zu plaudern, aber es nützte nichts. Sie lachte,
--- lachte ihnen in die Augen, als wären _sie_ verrückt, und sie allein
-die verständige. Sie tanzte, strahlte, lachte aus den Armen des einen
-hinüber in die Arme des andern. So daß Hjalmar Olsen, als er seinen
-Walzer bekam, gleichsam achtzehn frische Bouquets und ein »Hjalmar Olsen
-soll leben!« entgegennahm. Er fühlte sich mehr als geschmeichelt. Als
-sie ihren Arm wie harmlos fröhliches Kindergeplauder auf seinen
-schwarzen Frack legte, fühlte er, daß er eigentlich ebenso unwürdig sei
-wie Peter Klausson. Er wollte sie wahrlich nicht entweihen; er hielt sie
-tadellos weit von sich, und als ihm war, als lache sie, und er das
-Gesicht der kleinen Person irgendwo unten an seiner Weste erspähen
-wollte und auf dieser Expedition mehr zu sehen bekam, als er sehen
-durfte (denn er hob ihre Arme so schrecklich hoch hinauf), da schämte
-Hjalmar Olsen sich und starrte beim Weitertanzen wie ein Nachtwandler
-geradeaus in den Saal. Tanzte in Selbstgefühl und Entzücken fort über
-Stock und Stein. Ella versuchte dann und wann den Boden zu berühren; sie
-wünschte ein mehr sicheres Einhalten des Takts. Unmöglich. Das besorgte
-er alles selbst, sowohl ihr Tanzen wie sein eigenes, sowohl ihren wie
-seinen Takt; den Tanzboden erreichte sie nicht anders als zum Besuch; im
-übrigen war es eine Luftreise. Er hörte sie von unten her lachen; es
-freute ihn, daß sie sich wohlbefand. Aber er sah sie nicht. Die, mit
-denen er Zusammenstöße hatte, freuten sich weniger; das war _ihre_
-Sache. Er war vollständig verblüfft, als die Musik aufhörte; jetzt
-wollten sie ja erst allen Ernstes anfangen. Aber er mußte sie an der
-unfreiwilligen Haltestelle absetzen.
-
-Gleich darauf wieder Gesang. Zuerst vom Verein allein; dann von ihm und
-Aarö zusammen Griegs »Landkjending«. Schließlich sang Aarö zum Klavier.
-Diesmal hatte Ella sich hinter die allerletzten verkrochen. Da diese
-aber beständig vorwärts drängten, blieb sie allein stehen. Dabei befand
-sie sich wohl; sie sah ihn, aber er sah sie nicht; er blickte auch nicht
-dorthin, wo sie stand.
-
-Sie kannte das Lied nicht, wußte nicht einmal, daß es existierte,
-obgleich sie bei den ersten Worten und Tönen hörte, daß andere es
-kannten. Natürlich wußte sie, daß weder Worte noch Musik von ihm seien;
-aber gleichwie er das vorige Mal gewählt hatte, was zu jener dringen
-konnte, für die er singen wollte, zweifelte sie nicht daran, daß er
-jetzt dasselbe tat. Schon die ersten Worte: »Mein junges Lieb' den
-Schleier trägt« -- heimliche Liebe kann ja kein wahreres Bild finden! Es
-war wiederum an sie! Daß der Schleier nur für ihn gehoben wurde, daß er
-fällt, sobald ein anderer hinsieht, -- war das nicht so, wie es zwischen
-ihnen werden mußte? Daß das Geheimnis der Liebe einem Heiligtum gleicht,
-daß es das höchste Glück auf Erden birgt -- sie erbebte beim
-Wiedererkennen! Die Töne schütteten die Worte wie kalte Wogen über sie;
-dieses Verständnis bis zum Verrat machte sie zu Eis erstarren. Sie bebte
-vor Angst und Wonne zugleich. Niemand sah sie, das war ihre Rettung. Sie
-fürchtete jedes neue Wort, bevor es kam, und jedes brachte neues
-Erbeben. Die Arme an den Busen gedrückt, den Kopf über die Hände
-gebeugt, stand sie da und zitterte wie in Wasserfluten. Und als der
-zweite Vers mit seiner letzten Zeile kam, und besonders als sie
-wiederholt wurde, wollten die großen Tränen aufsteigen -- wie schon
-einmal früher im selben Saal. Sie stemmte sich mit aller Kraft dagegen;
-aber die Erinnerung daran, wie schlecht es damals gegangen, schwächte
-die Widerstandskraft; sie war nahe daran zu schluchzen, als das Lied
-auch _dieses_ Wort brachte! Das Zusammentreffen war zu großartig, es
-schob alle Erregung beiseite, sie hätte jetzt laut auflachen mögen. Nun
-war sie ganz, ganz sicher! So kam es, daß die letzte Zeile des Liedes in
-ihrem klaren Sinne, in ihrem jubelnden Zusammenempfinden sie traf -- wie
-ein Blitzstrahl, wie ein Messerstich bis ans Heft.
-
-Das Lied lautete:
-
- Mein junges Lieb den Schleier trägt,
- Für mich nur hebt sie ihn empor,
- Das Auge, das kein and'rer ahnet,
- Das strahlet, schmelzet, lieblich mahnet
- Soll niemand schaun -- den Schleier vor!
-
- Min unge Elskov baerer Slör.
- For mig hun löfter den og ler
- af Öjne, ingen anden aner,
- de straaler, smelter, svaerger, maner; --
- men Slöret for, straks nogen ser.
-
- Wo Zwei vereint das Gute tun,
- Wird's zwiefach auch gesegnet sein.
- Wenn gleiches Sehnen, gleich Empfinden
- In zweien Seelen sich verbinden,
- Das größte Glück ist da allein.
-
- Alt godt, som to er ene om,
- har tvefold Ynde, Hellighed.
- At Livets lange Laengsler mödes
- i to, som Sjael i Sjael genfödes,
- er störste Lykke, Jorden ved.
-
- Doch weshalb sie den Schleier trägt
- Und schluchzet in ihm ohne Laut,
- Als bebte Jammer ihr im Herzen?
- Weil er gewebt aus Gram und Schmerzen,
- All uns're Lieb' auf Qual erbaut.
-
- Men hvorfor baerer hun saa Slör
- og hulker i det uden Lyd,
- som skulde briste hendes Hjerte?
- Fordi det vaevet er af Smerte, --
- i Savn og Angst er al vor Fryd.
-
-Ein erschreckender, ohrenbetäubender Beifall. Sie wollten, sie mußten
-das Lied noch einmal haben; diesmal sollte Aarös vornehmer Widerstand
-sich für besiegt erklären.
-
-Aber er leistete nicht Folge, und endlich gaben einige es auf, andere
-fuhren eigensinnig fort. In der Zwischenzeit trennten einige Damen sich
-von dem Haufen; sie kamen an Ella vorüber. »Hast du Frau Holmbo gesehen,
-wie sie sich versteckt und geweint hat?« -- »Ja. Aber hast du sie
-während des ersten Liedes gesehen? Oben auf der Bank? _Ihr_ hat er die
-ganze Zeit zugesungen.«
-
-Kurz darauf -- es mochte zwei Uhr nachts sein -- schoß eine kleine,
-dicht verhüllte Dame pfeilschnell durch die Straßen. An der
-Kopfbedeckung und anderm sahen die Wächter, daß es eine von den
-Balldamen sein müsse. Sonst pflegten sie begleitet zu werden; aber der
-Ball war noch nicht zu Ende; da war gewiß irgend etwas nicht in Ordnung,
-sie ging auch so schnell.
-
-Es war Ella. Sie eilte gerade an dem verlassenen Rathause vorüber, aus
-dem jetzt ein Speicher gemacht war. Die äußeren Mauern waren stehen
-geblieben, aber innen das schöne Holzwerk war verkauft und
-forttransportiert worden.
-
-Das ist gerade wie mit mir, dachte Ella; sie eilte, so sehr sie konnte,
-Nächten ohne Schlaf und Tagen ohne Freude entgegen.
-
-Gegen Morgen wurde Axel Aarö sinnlos betrunken von Kameraden nach Hause
-gebracht. Einige sagten, er habe ein Bierglas voll Whisky hinunter
-gegossen in dem Glauben, daß es Bier sei; andere sagten, er sei
-»Quartalssäufer« geworden, sei es lange gewesen, habe es jedoch
-verheimlicht. »Quartalssäufer« heißen Leute, die in längeren
-Zwischenräumen trinken müssen. Sein Vater war es vor ihm gewesen.
-
-Ein paar Tage darauf ging Axel Aarö in aller Stille nach Amerika.
-
-
- III
-
-Noch einer von jenem Balle dampfte gleichzeitig über den Atlantischen
-Ozean; das war Hjalmar Olsen. Das Schiff wurde von einem ewigen
-Nordweststurm verfolgt, und wenn es allzu arg wurde, trank er Grog dazu.
-Aber jedesmal wenn er es tat, wunderte er sich, daß er einer Erinnerung
-vom Balle von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand; der kleinen
-Rosenroten, »der mit dem Zopf«. Hjalmar Olsen meinte, er habe sich ihr
-gegenüber ziemlich gentlemanlike benommen.
-
-Anfangs dachte er nicht weiter darüber nach. Zweimal war er verlobt
-gewesen, und beide Male war es auseinander gegangen; sollte er zum
-dritten Male daran gehen, so mußte er auch gleich heiraten. Diese
-Erwägungen stellte er wohl an, ja, hatte sie schon öfter angestellt,
-aber er achtete nicht genauer auf seine eigenen Gedanken. Ein Dampfer
-brauchte nicht viele Tage und Nächte zwischen den Häfen, und jedesmal
-fand sich Unterhaltung genug. Er ging nach New-York, von dort nach
-New-Orleans, er fuhr hinunter nach Brasilien und von da wieder herauf.
-Dann wieder hinunter und endlich von dort direkt nach England und
-Norwegen. Aber oft unterwegs, wenn er allein war, und meistens beim
-Glase Grog, traf er »die mit dem Zopf«. Merkwürdig, wie sie ihn
-angesehen hatte. Er wurde innerlich gut, wenn er daran dachte. Vom
-Briefschreiben hielt er nicht viel, sonst hätte er es diesmal vielleicht
-getan. Als er aber nach Christiania kam und von einem Manne aus der
-Stadt dort unten hörte, daß ihre Mutter im Sterben liege, da dachte er
-gleich: ich will mich wirklich nach ihr umsehen. Vielleicht findet sie
-es hübsch von mir, wenn ich es gerade jetzt tue.
-
-Zwei Tage später saß er vor ihr in dem kleinen Wohnzimmer, das auf den
-Markt und nach dem Hotel hinaus ging. Seine starken Hände, dunkel von
-der Sonne und von Haaren, strichen über die Knie, während er sich
-lächelnd vorbeugte und fragte, ob sie ihn haben wolle.
-
-Sie saß niedriger als er; ihr voller Busen und die festen Arme waren von
-einem braunen Kleide umspannt, auf das er niederblickte, wenn er ihr
-nicht ins Gesicht sah, das so bleich und zart war. Sie fühlte das
-Wandern seiner Augen; sie kam aus dem Nebenzimmer und von Todesgedanken;
-sie hörte oben eine kleine Uhr melden, daß es sieben Uhr sei; es melden
-wie ein Kuckuck, und diese kleine Erinnerung an alles, was hier jetzt
-vorüber war ... eins mit dem andern machte, daß sie sich mit Tränen in
-den Augen von ihm abwandte: »Ich kann jetzt unmöglich an dergleichen
-denken.« Sie stand auf und trat zu ihren Blumen im Fenster.
-
-Da mußte auch er aufstehen. Vielleicht antwortet sie mir später, dachte
-er, und diese Gedanken gaben ihm Worte, ein wenig unbeholfen wohl, aber
-deutlich. Sie schüttelte den Kopf und blickte nicht auf.
-
-Er ging. Draußen nahm er den verkehrten Weg, und als er umkehrte und das
-Haus wiedersah, das kleine Puppenhaus, da verspürte er Lust, alles ins
-Wasser zu werfen.
-
-Die Nacht hindurch wartete er auf das Dampfschiff aus Christiania; Peter
-Klausson und ein paar andere Kameraden halfen ihm dabei, und es dauerte
-nicht lange, so hatten sie ausfindig gemacht, in welcher Angelegenheit
-er gekommen, und wie es ihm ergangen war. Sie wußten auch, wie es ihm
-früher schon zweimal gegangen war. Hjalmar Olsen trank entsetzlich zu
-dem, was er litt. Tags darauf erwachte er in den größten Qualen auf dem
-Dampfschiff.
-
-Kurz darauf erhielt Ella einen gut geschriebenen Entschuldigungsbrief,
-in dem er erklärte, daß er es gut gemeint habe, als er gerade jetzt kam;
-aber erst als er vor ihr gesessen, habe er gefühlt, wie verkehrt es
-gewesen. Sie möge ihm darum nicht zürnen.
-
-Nach Verlauf eines Monats bekam sie wieder einen Brief; er hoffe, sie
-habe ihm vergeben. Er seinerseits könne sie nicht vergessen. Mehr stand
-nicht drin. Ella nahm beide Briefe gut auf, es war Form darin, auch
-Beständigkeit. Aber nicht einen Augenblick fiel es ihr ein, seinen
-indirekten Antrag jetzt anders aufzufassen als damals. Sie war nach
-Christiania gegangen, um sich im Klavier auszubilden -- und in der
-Handelsrechnung. Letzteres nahm sie mit, weil Rechnen ihr stets leicht
-geworden, und weil sie unsicher geworden war. Ihre Mutter war gestorben;
-sie besaß das Haus und ein kleines Vermögen; sie wollte versuchen, sich
-selbständig zu machen. Sie verkehrte mit niemand in der fremden Stadt;
-sie war es gewöhnt, ohne eine Vertraute zu träumen und Pläne zu machen.
-
-Von Axel Aarö kam eine wunderliche Nachricht. Nachdem er in New-York vor
-einer größeren Gesellschaft gesungen, hatte ein alter, reicher Mann ihn
-zu sich eingeladen, und seitdem lebten die beiden wie Vater und Sohn
-zusammen. So erzählte man sich in der Stadt lange, bevor ein Brief von
-Axel selbst kam; dieser aber bestärkte das Gerücht in allen Teilen.
-
-Darauf erhielt Ella einen dritten Brief von Hjalmar Olsen; er fragte in
-ehrerbietiger Form an, ob sie es schlecht aufnehmen würde, wenn er ihr
-bei einer Heimkunft einen Besuch abstattete. Er wußte, wo sie wohnte.
-
-Bevor sie noch mit sich im reinen darüber war, ob sie überhaupt
-antworten solle, las man in allen norwegischen Zeitungen, die es aus
-amerikanischen abgedruckt hatten, Hjalmar Olsen, habe mit ungewöhnlicher
-Tüchtigkeit und mit Gefahr für Schiff und Mannschaft in einem Orkan die
-Passagiere und Besatzung eines Ozeandampfers gerettet, dem dicht vor der
-amerikanischen Küste die Schraube gebrochen war. Zwei Dampfer waren
-vorüber gekommen, ohne den Versuch zu wagen, so entsetzlich war das
-Wetter. Er hatte sich einen ganzen Tag bei dem Dampfer aufgehalten.
-
-Es war eine seltene Tat, die er da vollbracht hatte. In New-York und
-später, als er nach Liverpool kam, wurde er in den Seemannsklubs
-gefeiert, bekam Ehrenzeichen und Adressen.
-
-Als er von dort nach Christiania kam, bekam er der Auszeichnungen
-mannigfache. Groß und ansehnlich wie er war, wurde ihm die Huldigung des
-Volkes gar leicht zu teil. Sie wurde ihm jetzt im großen Stil
-dargebracht.
-
-Mitten drin suchte er Ella auf. Sie hatte sich gut versteckt; sie dachte
-seit ihrer Niederlage so gering von sich. Im voraus war sein Bild ein
-wenig zu übernatürlicher Größe herangewachsen, und als er nun selbst kam
-und sie heraus holte, war es, als ob sie aus der Stubenluft wieder in
-Wind und Sonnenschein hinauskäme. Ja, sie empfand etwas von dem alten
-Selbstvertrauen. Seine Gefühle für sie waren dieselben; das merkte sie
-bald, als sie ihn studierte. Gesellschaftliche Formen hatte er, und voll
-Würde nahm er Huldigungen und Aufmerksamkeiten entgegen; hielt keine
-unzeitigen Reden. Sie hatte gehört, daß er gerne ein Glas zuviel trank,
-aber sie sah davon nichts. Ein schöner Mann, ja, ein Mann wie wenige, --
-vielleicht ein wenig abgearbeitet, aber das waren ja die meisten
-Seeleute. Vor etwas Unbestimmtem in den Augen hatte sie Angst, ebenso
-vor seiner Gier, wenn er bei Tische saß. Zuweilen erschrak sie auch vor
-dem Gewaltsamen in seinen Ansichten. Wäre sie zu Hause gewesen und hätte
-sich erkundigen können! Aber er wollte sofort wieder abreisen und hatte
-im Scherz geäußert, wenn er jetzt freite, so wolle er sich zugleich
-verloben und verheiraten. Diese Einfachheit und Hast gefielen ihr. Auch
-die Kraft und auch die Eigenmächtigkeit, obgleich sie sie fürchtete.
-Fürchtete und sich außerordentlich wohl dabei befand, daß soviel Kraft
-und Eigenmächtigkeit sich gerade vor ihr beugten, und das jetzt, wo alle
-um ihn warben.
-
-Da kam sie auf etwas, was sie außerordentlich verständig dünkte; für den
-Fall wollte sie zwei Bedingungen stellen: Verwaltung des eigenen
-Vermögens und niemals mit ihm reisen. Wenn seine Kraft und
-Eigenmächtigkeit etwa zügellos werden sollten, so wurde dadurch eine
-Grenze gesetzt, und sie konnte ihm von Anfang an zu verstehen geben,
-daß, wie klein sie auch sei, sie sich und das Ihre zu schützen gedächte.
-
-Als der Antrag kam -- es war in einer Theaterloge -- fehlte es ihr
-jedoch an Mut, es zu sagen. Sie bat um Bedenkzeit. Der Ausdruck, den
-sein Gesicht annahm, flößte ihr Furcht ein -- zum erstenmal.
-
-Später dachte sie oft daran. Anstatt diesem unmittelbaren Eindruck
-nachzugeben, fing sie an zu sinnen, was wohl geschehen würde, wenn sie
-jetzt wieder nein sagte! Sie hatte ja seine Freundlichkeit angenommen,
-obgleich sie wußte, was kommen würde. Die Bedingungen, die Bedingungen
--- mögen sie entscheiden! Nahm er sie an, so sollte es sein, und dann
-hatte es auch wohl keine besondere Gefahr. So schrieb sie und nannte die
-Bedingungen.
-
-Er kam am nächsten Tage und bat um die notwendigen Papiere, dann würde
-er selbst alles ordnen, sowohl das mit dem Ausschluß der
-Gütergemeinschaft wie mit dem Kontrakt; er faßte es also als Geschäft
-auf und schien wohl zufrieden.
-
-Drei Tage darauf wurden sie getraut. Große Feierlichkeit und großer
-Zulauf; die Zeitungen hatten nämlich darauf aufmerksam gemacht.
-Huldigung und Ehrenbezeugungen hinterher, Prunk und Reden untermischt
-mit Witzen über seine Größe und ihre Kleinheit -- es dauerte von fünf
-Uhr nachmittags bis zwölf, ein Uhr nachts in ziemlich gemischter
-Gesellschaft. Als es spät wurde und der Champagner gar kein Ende nahm,
-wurden viele lärmend und tüchtig zudringlich. Darunter auch der junge
-Ehemann.
-
-Am nächsten Morgen sieben Uhr saß Ella angekleidet und ganz allein in
-einem Zimmer neben der Schlafstube, deren Tür offen stand; sie hörte
-ihren Mann dort schnarchen.
-
-Leichenblaß und still saß sie, gelähmt durch die Schrecken der Nacht,
-ohne Tränen, ohne Empfindung. Sie teilte die Ereignisse der Nacht in
-zwei Teile: in das, was geschehen war, und das was gesagt worden -- sie
-wußte nicht, was am schlimmsten gewesen.
-
-Die Begierde dieses Mannes war von tödlichem Haß entflammt! Als sie das
-erste Mal nein gesagt, hatte er es zum Ziel seines Lebens gemacht, sie
-dahin zu bringen, daß sie ja sagte; das erzählte er. Erzählte, daß _sie_
-für den Verruf büßen solle, in den er gekommen, -- nahe daran, zum
-drittenmal bloßgestellt zu werden. Sie solle für alle büßen, sie, die es
-gewagt hatte, kränkende Bedingungen zu stellen! Wie ein Ding, wie eine
-Dirne würde er sie behandeln!
-
-Ihrer Berechnung werde er das Genick brechen, wie einer Garneele, -- sie
-solle sich nur unterstehen, nicht mit an Bord gehen oder irgend etwas
-selbst verwalten zu wollen!
-
-Dann das, was geschehen war --! Die Schale einer Fliege in einem
-Spinngewebe, zerfressen und leergeschlürft, das war's woran sie dachte.
-
-Aber ungefähr Ähnliches hatte sie schon einmal empfunden! O Gott, die
-Nacht nach dem Balle! Eine unbestimmte Empfindung, daß sie in jener
-Nacht für diese letzte bestimmt wurde ..... aber sie konnte es sich
-nicht klar machen. Hingegen fragte sie sich, ob das, was uns _nicht_
-glückt, tiefer über uns bestimmt als das, was glückt?
-
-Drei, vier Stunden später saß Hjalmar Olsen am Frühstückstisch,
-schwerfällig und schweigend; aber er beobachtete höfliche Formen, als ob
-nichts vorgefallen sei. Vielleicht war er zu betrunken gewesen, um ganz
-verantwortlich gemacht werden zu können; oder vielleicht war die
-Höflichkeit Berechnung, um sie für einen Besuch an Bord zu gewinnen. Er
-bat nämlich darum, als er vom Tische aufstand.
-
-Aber weder durch Drohungen noch durch Lockungen, weder zum Aufenthalt
-noch zum Besuch bekam er sie mit an Bord. Die Furcht rettete sie.
-
-Einige Monate später saß sie in ihrer Vaterstadt im eigenen kleinen
-Hause. Die Zeitungen machten bekannt, daß sie Schülerinnen für
-Klavierspiel und Handelsrechnung suche.
-
-Sie war schwanger.
-
-Ein Jugendfreund Axel Aarö's besuchte sie. Er solle sie vielmals von
-Aarö grüßen und ihr Glück zu ihrer Heirat wünschen. Sie zwang die
-aufquellende Bewegung nieder und fragte sanft, wie es Axel Aarö gehe. O,
-ganz ausgezeichnet; er sei immer noch bei demselben alten Manne, der
-nach und nach alles für ihn geworden sei. Dies sei so recht etwas für
-Aarö; es paßte ihm daß einer alles für ihn geworden. Und dann habe er
-eine Kur gegen sein ererbtes Übel durchgemacht; er selbst glaube, daß er
-geheilt sei. Wie es Frau Holmbo gehe, fragte Ella. Sie erschrak, als sie
-es ausgesprochen hatte; aber es war eine unwillkürliche Bitterkeit, die
-hervorbrach. Sie hatte Frau Holmbo so mager und bleich gesehen; Frau
-Holmbo vermißte ihn wohl, und das war zuviel.
-
-Der Freund lächelte: »O, Sie haben das dumme Gerücht gehört? Nein, Axel
-Aarö war nur der Vermittler zwischen ihr und dem, den sie heimlich
-liebte. Die beiden Freunde hatten im Auslande zusammen gewohnt. Vor
-einigen Monaten war der Betreffende auf einer Geschäftsreise in
-Kopenhagen, und Frau Holmbo war auch hinunter gereist. Aber es war gewiß
-schon lange irgend etwas zwischen ihnen nicht mehr in Ordnung.«
-
-An diesem Abend weinte Ella noch lange, bevor sie einschlief. Sie lag
-und streichelte ihren Zopf, den sie über die Brust gezogen hatte. Oft
-hatte sie daran gedacht, ihn abzuschneiden; aber er war noch da.
-
-
- IV
-
-Im ersten Jahre bekam sie einen Knaben und noch einen im nächsten. So
-oft sie allein war, teilte sie ihre Zeit zwischen ihnen und den
-Unterrichtsstunden. Der Mann steuerte so gut wie nichts zum Haushalt
-bei, mit Ausnahme der kurzen Zeiten, wenn er zu Hause war. Dann wurde
-das Geld mit Kameraden in flottem Leben verschwendet. »Die Jungen«
-wurden so lange zur Tante geschickt; »man konnte ja nicht vier Schritte
-in dem Lumpenhause machen, ohne durch die Wand zu gehen.« Solange sagte
-sie auch ihre Stunden ab; sie konnte nicht mehr leisten, als daß sie ihm
-aufwartete.
-
-Daß sie nicht glücklich sein könne, begriffen alle; aber daß sie ein
-Leben in Angst lebte, davon hatte niemand eine Ahnung. In Angst vor dem
-Telegramm, das sein Kommen meldete, wenn auch nur für einige Tage, in
-Angst vor dem, was dann geschehen würde. Wenn er kam, wagte sie nicht
-den leisesten Widerspruch und zeigte ihm und allen die unbefangenen
-Augen, dieselbe rasche, ein wenig gedämpfte Art, die machte, daß sie
-ging und kam, ohne daß man sie bemerkte. Wenn er dann abgereist war,
-wurde sie mit einem Male so übermüde nach der Spannung der Tage und
-Nächte, daß sie zu Bette mußte.
-
-Jedesmal, wenn er zu Hause war, wurde er weniger achtsam auf sich
-selbst, unverschämter gegen andere; wenn sie aber begriffen hätte, wie
-Männer mit seiner Verausgabung von Kraft in der Regel um die vierziger
-Jahre herum fertig sind (und deren sind gar viele in den Küstenstädten),
-dann hätte sie auch schon begriffen, daß gerade dies die Zeichen des
-Niederganges waren; er war weit vorgeschritten. Ihr erschien er nur
-immer widerlicher.
-
-Er war wenig zu Hause, das half ihr. Sie hatte sich vorgenommen, daß sie
-und die Knaben ausgezeichnet miteinander leben würden; das half ihr
-auch, meist aber ihre rastlose Arbeit und die Achtung aller. Nach
-fünfjähriger Ehe schien sie ebenso niedlich, wie damals, schien auch
-ebenso unbefangen und munter; sie war so daran gewöhnt, sich zu
-verstellen.
-
-Nun waren ihre Jungen der eine vier, der andere drei Jahre alt, und
-selten fand man sie anderswo, als auf dem Marktplatz -- in den
-Schneehaufen im Winter, in den Sandhaufen im Sommer. Oder auf dem Lande
-bei der Tante, ihrer »Großmutter«.
-
-Nächst der Beschäftigung mit den Knaben war die mit den Blumen ihr die
-liebste. Sie hatte deren eine Menge, die das Haus kleiner machten, als
-es eigentlich war. Mit den Knaben konnte sie spielen, aber mit den
-Blumen konnte sie denken. Wenn sie den Blumen Wasser gab, empfand sie am
-stärksten, wie gequält sie selbst war. Wenn sie ihre Blätter abwischte,
-sehnte sie sich nach guten Worten, freundlichen Augen. Wenn sie trockne
-Zweige entfernte, überflüssige Schüsse, wenn sie ihnen andere Erde gab,
-weinte es oft in ihr vor Sehnen, wallte das in ihr auf, was nichts
-bekam.
-
-Fünf Jahre waren also vergangen, -- als eines Tages das Gerücht durch
-die Stadt ging, daß Axel Aarö ein reicher Mann geworden sei; sein alter
-Freund war gestorben und hatte ihm eine große Leibrente hinterlassen!
-Gleich darauf wurde auch erzählt, daß Axel Aarö zum zweitenmal die Kur
-gegen die Trunksucht durchgemacht habe; die erste sei nicht von Erfolg
-gewesen; jetzt aber sei er geheilt. Man konnte sehen, wie beliebt Axel
-Aarö war; denn es gab kaum einen, den es nicht freute.
-
-Am Mittwoch den 16. März 1892, um vier Uhr nachmittags, saß sie mit
-einer Arbeit zwischen ihren Blumen, als sie nach dem Hotel hinüber sehen
-mußte. Im Eckfenster der zweiten Etage stand der, an den sie dachte; er
-sah auf sie nieder.
-
-Sie stand auf, und er grüßte zweimal. Sie stand noch da, als er über die
-Straße kam, in dunkler Pelzmütze, schwarzer Seidenweste, auf die der
-lange, blonde Bart herab fiel, das Gesicht ziemlich bleich, aber die
-Augen klarer im Ausdruck. Er klopfte an; sie konnte kein Wort
-hervorbringen, sich nicht rühren. Als er aber die Tür öffnete und im
-Zimmer stand, sank sie auf einen Stuhl nieder und weinte.
-
-Er kam langsam auf sie zu, nahm einen Stuhl und setzte sich ihr
-gegenüber. »Sie dürfen nicht erschrecken, weil ich so geradezu komme. Es
-freut mich zu sehr, Sie wiederzusehen.« Nein, wie das in diesem Hause
-klang, diese wenigen gedämpften Worte, so rücksichtsvoll, vertraulich.
-Der Tonfall war fremd geworden, aber die Stimme, die Stimme! Und daß er
-ihre Schwäche nicht mißdeutete, sondern ihr darüber forthalf! Nach und
-nach wurde sie wieder dieselbe, wie in alter Zeit, zuversichtlich,
-fröhlich, verschämt. »Es war so seltsam unerwartet,« sagte sie.
-
-Er fügte ehrerbietig hinzu: »Das, was inzwischen passiert ist, stürmt ja
-auf einen ein.«
-
-Viel mehr wurde nicht gesprochen; er hatte gerade bereit gestanden,
-auszugehen, und nun kam der Schwager. Er betrachtete ihre Jungen draußen
-im Schneehaufen, er sah ihre Blumen, ihr Klavier, ihre Noten an; dann
-bat er, wiederkommen zu dürfen. Das Ganze dauerte fünf Minuten.
-
-Aber etwas blieb in ihrer Vorstellung zurück -- etwas wie der zierliche
-blonde Bart, der auf die Seidenweste herab fiel. Das Zimmer war
-geheiligt, das Klavier, die Noten, der Stuhl, auf dem er gesessen hatte,
-ja, der Teppich, über den er gegangen war; -- sogar in seinem Gang lag
-Rücksicht für sie. Sie empfand alles, was er gesagt und getan hatte als
-Mitgefühl für ihr Schicksal.
-
-An diesem Tage konnte sie nichts mehr vornehmen; sie schlief kaum in der
-Nacht. Aber was in ihr vorging, war auch nichts geringeres, als daß sie
-etwas, das fünf Jahre -- eigentlich sechs -- zurücklag, in die Sonne
-hinaustrug -- es hinaustrug, wie man Blumen aus dem Keller holt, wohin
-sie zum Winterschlaf gestellt worden, und sie wieder hinauf zum Frühling
-trägt. Dabei machte sie dieselbe Bewegung, gewiß mehr als zwanzigmal:
-sie legte beide Hände auf die Brust, die eine Handfläche über die
-andere, wie um die Brust niederzuhalten; es durfte nicht zu laut reden.
-
-Tags darauf ging ihr Gespräch leichter. Die Knaben wurden herein
-gerufen. Nachdem er sie eine Weile angesehen hatte, sagte er: »Da haben
-Sie doch etwas Reelles!«
-
-Binnen kurzem waren sie so gute Freunde, er und die Knaben, daß er sich
-auf alle Viere legte, ihnen als Pferd diente und andere ganz neue
-Kunststücke machte, die sie furchtbar amüsant fanden. Und dann lud er
-sie zu einer Schlittenfahrt für den nächsten Tag ein! Nach scharfem
-Tauwetter war gerade eine ungewöhnliche Menge Schnee gefallen; die Stadt
-war weiß und die Schlittenbahn wieder vorzüglich. Bevor er ging, mußte
-Ella bitten, ihn abbürsten zu dürfen; der Teppich sei nicht so sauber
-gewesen, wie er sein müßte. Er nahm ihr die Bürste ab und tat es selbst;
-aber leider hatte er auch auf dem Rücken gelegen, und so mußte er sie es
-tun lassen. Sie bürstete dann sein feines Jackett ab, machte es so nett
-und leicht, aber es wollte gar nicht gut werden. Auch vorn war es nicht,
-wie es sein sollte, er mußte die Bürste noch einmal nehmen; sie stand
-dabei und sah zu. Als er fertig war trug sie die Bürste in die Küche
-hinaus. »Wie hübsch, daß Sie noch den Zopf haben,« sagte er hinter ihr.
-Sie blieb ziemlich lange fort und kam von einer anderen Seite wieder
-herein. Da war er fort; die Knaben sagten, jemand habe ihn geholt.
-
-Am nächsten Vormittag Schlittenfahrt. Erst am Nachmittag kamen sie
-zurück; sie waren in Baadshaug eingekehrt, ein Badeort mit Hotel und
-vorzüglicher Restauration, wohin die Leute auch im Winter gern
-wallfahrteten. Der jüngste Knabe seiner Schwester war mit, und während
-alle drei das Pferd zu »Andresens an der Ecke« nach Hause brachten,
-blieb Aarö im Gange stehen. Noch nie hatte Ella ihn so aufgeräumt
-gesehen; die Augen hatten das Leuchtende wie damals beim Gesang, und
-dann sprach er von dem Augenblick an, wo er kam, bis er wieder ging.
-Sprach vom norwegischen Winter, den er nie zuvor gesehen; woher mochte
-das kommen? Seit vielen Jahren hatte er ein Lied zum Preis des Winters
-auf seinem Repertoire, das alte Winterlied, das auch sie kannte: »Der
-Sommer schlief ein in des Winters Arm'« -- freilich sie kenne es, -- und
-jetzt erst sollte er lernen, wie wahr das Lied war? Der Eindruck vom
-Winter auf die Menschen mußte doch entscheidend sein. Der Winter war
-beinahe ihr halbes Leben! Was für Gesundheit und Schönheit -- und
-Phantasie er geben mußte! Er begann zu schildern, was er heute im Walde
-gesehen habe; er brauchte nicht viele Worte, aber die Bilder waren klar.
-Sprach, bis er bewegt wurde und sah sie währenddessen an wie ein
-Verzückter.
-
-Alles in einem einzigen Augenblick; er hatte ja seinen Reiseanzug an.
-Aber als er gegangen war, schien es ihr, als hätte sie ihn nie zuvor zu
-Gesicht bekommen. Ein Schwärmer also, -- ein Schwärmer bis in die
-tiefste Tiefe, der sich für gewöhnlich nie verriet? Von dieser
-Schwärmerei war das Lied der Bote? Deshalb nahm seine Stimme alle mit in
-ein anderes Reich hinüber? Sein schwermütiger Vater -- wenn der trinken
-wollte, schloß er sich mit seiner Violine ein, spielte und spielte, bis
-er da lag. Hatte auch der Sohn diese Scheu vor den Menschen gehabt,
-diese Verzückung in seiner eigenen Schwärmerei?
-
-Gott sei Dank, Axel Aarö war gerettet! Gerade aus seiner Schwärmerei
-heraus hatte er sie so angeblickt --! Jetzt erst drang es ein, sie war
-zu sehr mit dem Neuen an ihm selbst beschäftigt gewesen. Jetzt erst
-drang es ein, -- drang mit großer Wärme ein mit überwältigender Furcht
-und Wonne, ein Freudenbote, der noch bebte vor Zweifel. Sollte die
-Bestimmung ihres Lebens nahe sein --! Sie fühlte, daß sie rot wurde, sie
-konnte nicht mehr ruhig bleiben, sie ging ans Fenster, um ihn dort
-wieder zu suchen, dann umher, um zu suchen, was sie selbst glauben
-solle. Jedes Wort von ihm zu ihr, jede Miene und Bewegung vom ersten Mal
-an, da er hier gewesen, wurden gegenwärtig; aber sie schienen alle so
-vorsichtig, fast spärlich. Gerade das war ihr Reiz. Seine Augen hatten
-sie jetzt gedeutet, und diese Augen hüllten Ella ein, sie gab sich ihnen
-ganz und gar hin.
-
-Das Mädchen reichte einen Brief herein; es war eine Weihnachtskarte in
-einem Kuvert ohne Aufschrift von Axel Aarö. Eine von den gebräuchlichen
-Weihnachtskarten, die eine jugendliche Schar auf Schneeschuhen
-darstellte; darunter stand gedruckt:
-
- »Der weiße Winter
- Hat rote Rosen.«
-
-Auf der andern in zierlicher, runder Schrift: »Im Walde heute muß ich an
-Sie denken. A. A.« Das war alles.
-
-Aber so ist er. Er sagt nicht mehr. Wenn er an einem Fenster
-vorbeikommt, in dem eine solche Karte liegt, so denkt er doch an mich.
-Und er denkt nicht allein an mich, sondern er schickt mir einen
-Gedanken. Oder irrte sie? Ella war bescheiden; dies ihr gegenüber konnte
-doch nicht mißdeutet werden? Die Weihnachtskarte, .... war sie nicht ein
-Vorbote? Die beiden jungen Paare darauf, und die Worte, .... er meinte
-doch wohl etwas damit?
-
-Sie sah seine entzückten Augen wieder; sie hüllten sie nicht allein ein,
-sie liebkosten sie. Sie dachte nicht zurück, sie dachte nicht vorwärts,
-sie atmete nur weit auf, lebte. Noch in der mondhellen Nacht lag sie auf
-ihrem Bette -- nicht nur ganz wach, sondern durchstrahlt. Jetzt, jetzt,
-jetzt, flüsterte es. Hätte sie am Traum ihres Lebens festgehalten, auch
-als die Wirklichkeit so grausam schien, sie hätte bestanden; weil sie
-unsicher darin geworden, war alles unsicher geworden. Aber je größer das
-Leiden gewesen, je größer würde vielleicht die Seligkeit werden! Sie
-schlief in etwas Kreideweißem ein, das sie mit hinein in ihre Träume
-nahm; sie erwachte leichten, hellen Wolken entgegen, die sich
-zerstreuten vor den zusammenströmenden Gedanken an das, was ihrer heute
-harrte. In der Nacht war das Ganze fertig geworden; sie erwachte mit der
-vollsten Sicherheit. Heute würde es geschehen. Er hatte nicht _ein_ Wort
-gesagt; diese seine Schüchternheit liebte sie von allem am meisten an
-ihm. Gerade das war das sichere Pfand. Heute geschah es.
-
-
- V
-
-Ihr Baden nahm viel Zeit in Anspruch, die Pflege ihres Haars fast sogar
-noch mehr. Aus ihrer Kommode, dieselbe auf demselben Platz, die sie von
-Kind auf benützt hatte, -- aus dem untersten Schubfach nahm sie das
-allerfeinste Unterzeug hervor, das sie getragen hatte. Getragen nur ein
-einziges Mal, nämlich an ihrem Hochzeitstage -- _vor_ der Entweihung.
-Nachher nie wieder. Aber heute -- jetzt, jetzt, jetzt! Jedes Stück, daß
-sie außerdem noch anzog, war etwas, das kein anderer berührt hatte. Sie
-wollte sein wie die, die sie in ihren Träumen gewesen.
-
-Sie ging zu den Knaben hinein, die wach, aber noch nicht angezogen
-waren: »Wißt Ihr was, Kinder, heute soll Tea Euch zur Großmutter
-bringen!« Große Zustimmung -- auch von Tea, denn das bedeutete einen
-freien Tag. »Mama, Mama!« hörte sie hinter sich her rufen, als sie in
-die Küche hinunter lief, um eine Tasse Kaffee zu trinken, und dann fort.
-Zuerst wollte sie Blumen holen, dann wollte sie ihre Stunden absagen.
-Denn jetzt, jetzt, jetzt --!
-
-Auf der Straße fiel ihr ein, daß es zu früh sei, um jemand aufzusuchen.
-Darum machte sie einen Spaziergang vor die Stadt, den frischesten,
-fröhlichsten, den sie je gemacht. Sie kam gerade zurück, als Frau Holme
-aufmachte. Als Ella eintrat, hielt die »Blumenfrau« ein kostbares
-Bouquet in der Hand, das gerade fortgeschickt werden sollte. »Das will
-ich haben!« rief Ella, sie schloß die Thür hinter sich. »Sie?«
-entgegnete Frau Holme, etwas mißtrauisch; das Bouquet war sehr teuer.
-»Ja, ich! Ich muß es durchaus haben!« Ella's kleine grüne Börse war
-schon heraus. Das Bouquet war vom reichsten Hause der Stadt bestellt,
-und Frau Holme sagte das. »Das macht nichts!« antwortete Ella. So viel
-ehrliche Anbetung für ein Bouquet hatte die andere nie gesehen -- und
-Ella bekam es.
-
-Von da zu Andresens an der Ecke; einer von den Kommis nahm bei Ella
-Unterricht in Handelsrechnung; sie wollte ihm absagen und ihn ersuchen,
-dem ganzen großen Kreis Bescheid zu sagen. Sie bat ihn darum mit
-zündenden Augen, und er versprach es mit Feuer. Das appetitlichste rote
-Tuch hing gerade vor ihr. Das mußte sie heute um den Kopf binden, wenn
-sie ausfuhr, denn daß sie heute ausfahren würde, daran war kein Zweifel!
-Andresen selbst kam dazu, als sie gerade nach dem Preis des Tuches
-fragte; er sah ein Paar Blumen aus der Papierhülle hervorkommen; »das
-sind ja herrliche Rosen,« sagte er. Sofort brach sie eine ab und gab sie
-ihm. Von der Rose sah er zu ihr hin; sie lachte und fragte, ob er ein
-wenig von dem Tuche ablassen würde; sie habe nicht ganz soviel Geld bei
-sich. »Wieviel haben Sie?« fragte er. »Genau eine halbe Krone zu wenig.«
-Er selbst packte ihr das Tuch ein. -- Auf der Straße traf sie Cäcilie
-Monrad; Ella gab einer ihrer Schwestern Klavierunterricht und sparte es
-sich nun, bis ans andere Ende der Stadt zu traben. Heute glückt mir
-alles. »Haben Sie von den beiden gelesen; die sich in Kopenhagen
-zusammen umgebracht haben?« fragte Cäcilie. Ja, Ella hatte es gelesen;
-Fräulein Monrad fand es grauenhaft. »Weshalb?« -- Der Mann war ja
-verheiratet. -- »Allerdings,« erwiderte Ella, »aber nun liebten sie
-sich!« Ihre Augen waren ein Glutmeer; Cäcilie schlug die ihren nieder
-und wurde rot. Da nahm Ella ihre Hand und drückte sie. -- Da bin ich in
-eine Liebesgeschichte hineingekommen, dachte sie und flog mehr als sie
-ging durchs Villenviertel; der größte Teil ihrer Eleven wohnte dort
-oben. Auf einem Dache sah sie zwei Staare, die ersten vom Jahr; das
-Tauwetter vor einigen Tagen hatte sie wohl verlockt. Aber nicht, daß die
-Staare etwa verzagt gewesen wären; keineswegs, sie liebten! »Mama,
-Mama!« hörte sie im selben Augenblick. Das waren doch deutlich ihre
-Jungen! Sie hatte wohl an sie gedacht, als sie die Staare sah. So sehr
-hatte es sie in Anspruch genommen, daß sie zu weit an den Straßenrand
-kam; dabei trat sie auf ein Brettende, das ins Schwanken kam; sie wäre
-beinahe gefallen. Aber unter dem Brett war es Frühling! Von der
-Tauwetterzeit übrig geblieben stand da -- ja freilich war es Löwenzahn!
-So langweilig wie er weiter in den Sommer hinein wird -- als erster Mann
-ist er willkommen! Sie beugte sich nieder und nahm die Blumen. Sie
-steckte sie zwischen die Rosen; der Löwenzahn nahm sich dort dürftig
-aus; aber der erste im Jahr, und heute gefunden!
-
-Hiernach war sie ganz ausgelassen. Hüpfte die Anhöhen hinunter, als sie
-fertig war; grüßte gleichmäßig Bekannte und Halbbekannte, und als sie
-dann Cäcilie wiedersah, legte sie die Blumen aus der Hand, machte einen
-Schneeball und warf ihr den in den Rücken.
-
-Zu Hause angekommen, ließ sie die Knaben zusammen mit Tea in den
-Schlitten packen. »Mama, Mama!« riefen sie und zeigten nach dem Hotel
-hinauf; Axel Aarö stand dort und grüßte.
-
-Gleich darauf kam er herüber. »Sie sind wohl ganz allein?« er trat zu
-ihr. -- »Ja;« -- sie machte sich mit den Blumen zu schaffen und blickte
-nicht auf, denn sie zitterte. »Ist heute Geburtstag im Hause?« -- »Sie
-meinen wegen der Blumen --?« -- »Ja. Das sind ja herrliche Rosen! Und
-die da im Glase? Löwenzahn!« -- -- »Die ersten im Jahr.« Er sah sie
-nicht an. Er stand so unentschlossen da, als überlege er etwas. »Darf
-ich Ihnen etwas vorsingen?« sagte er endlich. -- »Ja, bester --!« sie
-ließ die Blumen, um das Klavier zu öffnen und den Stuhl herunter zu
-schrauben -- und zog sich dann bescheiden zurück. Nach einem längeren,
-gedämpften Vorspiel, begann er Ole Olsen's »Sonnenuntergang« ganz ruhig,
-ja, so wie er gesprochen und gewesen war, seit er bei ihr eingetreten.
-Nie hatte er schöner gesungen; seine Gesangskunst war so viel größer
-geworden. Aber in der Stimme lag derselbe, nein, ein noch trostloserer
-Schmerz als der, den sie das erste Mal vernommen. »Trauer, Trauer, --
-ach, ich bin verloren!« -- sie hörte es wieder so deutlich. Als er den
-ersten Vers zu Ende gesungen hatte, saß sie vorübergebeugt und weinte;
-sie hatte nicht einmal versucht, sich Zwang aufzulegen. Er hörte es und
-drehte sich um; gleich darauf fühlte sie daß er ihren Zopf berührte, ja,
-ihr war, als küsse er ihn; jedenfalls hatte er sich ganz über sie
-niedergebeugt, denn sie fühlte seinen Atemzug. Aber sie hob den Kopf
-nicht, sie hatte nicht den Mut.
-
-Er ging durchs Zimmer. Kam zurück, ging wieder. Da wurde es still in
-ihr, sie saß unbeweglich und wartete.
-
-»Darf ich Sie heute spazieren fahren?« vernahm sie. Den ganzen Tag wußte
-sie schon, daß sie zusammen ausfahren würden, sie wunderte sich daher
-nicht. Gleichwie _dies_ nun in Erfüllung gegangen war, würde das andere
-kommen. Alles. Sie blickte durch Tränen auf und lächelte. Er lächelte
-ebenfalls! »Ich gehe und bestelle das Pferd.« Und als sie nicht
-antwortete, tat er's.
-
-Wieder zu den Blumen. Sie hatte sie ihm also nicht geben dürfen. Die
-paar Blüten Löwenzahn wollte sie fortwerfen.
-
-Als sie sie aus dem Glase nahm, fielen ihr die Worte ein: »Da haben Sie
-doch etwas Reelles.« Die Worte waren allerdings nicht vom Löwenzahn
-gesagt: aber sie waren ihr oft wieder eingefallen; es war nicht
-wunderlich, daß sie ihr jetzt einfielen. Sie ließ den Löwenzahn stehen.
-
-Aarö blieb lange fort, länger als eine Stunde. Als er aber kam, war er
-außerordentlich munter. Er saß hinten auf einem flotten Damenschlitten
-in dem eleganten Pelz von gestern, dem kostbarsten, den sie je gesehen;
-grüßte mit der Peitsche hinein und sprach und lachte mit den Kindern
-sowohl wie mit den Erwachsenen, die sich um ihn sammelten, während sie
-sich ankleidete. Das war bald geschehen; sie hatte nicht viel
-anzuziehen, brauchte es auch nicht.
-
-Er stand sofort auf, grüßte, packte sie ein, und fort ging es im Trabe.
-Unterwegs beugte er sich zu ihr und flüsterte: »Wie gütig von Ihnen, daß
-Sie mitkommen!« Seine Stimme war so warm, aber sein Atemhauch war anders
-als vorhin. Sobald der prächtige Hengst im Laufe nachließ, beugte er
-sich wieder vor: »Ich habe per Telephon ein Lunch in Baadshaug bestellt.
-Es ist bereit, wenn wir kommen. Sie haben doch wohl nichts dagegen?« Sie
-drehte sich um damit sie ihm den Kopf zuwenden konnte; sie stießen
-beinahe zusammen: »Ich habe vergessen, Ihnen für die Karte von gestern
-zu danken.« -- Er wurde rot: »Ich habe es nachher bereut,« sagte er;
-»aber in dem Augenblick, wo ich die Karte sah, mußte ich an Sie denken.
-Wie Sie hier heraus passen!« Jetzt wurde _sie_ rot und zog sich zurück.
-Da hörte sie dicht neben sich: »Sie dürfen nicht böse werden. Es pflegt
-so zu gehen; wenn man eine Dummheit wieder gutmachen will, so macht man
-eine zweite.« Gern hätte sie seine Augen gesehen während er das sagte;
-aber sie wagte es nicht. Jedenfalls war es mehr, als was er bis jetzt
-gesagt hatte. Die Worte fielen weich wie Flaum! Bis heute hatte sie
-seine Zurückhaltung beinahe mißdeutet, -- aber wie schön sie doch alles
-machte; sie betete sie an. »In einer Weile sind wir im Walde; dort
-werden wir anhalten und uns umsehen,« sagte er. _Dort_ dachte sie! Er
-fuhr im raschen Trabe dahin; sie freute sich, freute sich. Die Sonne
-funkelte auf dem Schnee, die Luft war warm, sie mußte das Kopftuch
-lösen, und dabei half er ihr. Wieder fühlte sie seinen Atem; es war
-etwas -- nicht wie Tabak, feiner, angenehmer, aber was war es? Es
-entsprach ihm selbst gleichsam. Ihr war so wohl, mit solchem Überfluß
-von Glück in der Landschaft, durch die sie nun fuhren, und die beständig
-schöner wurde. Auf der einen Seite des Weges die Berge, die weißen
-Berge, denen die Sonne einen rötlichen Glanz gab! vor den Bergen
-Anhöhen, zum Teil mit Wald bewachsen, und zwischen den Anhöhen lagen
-Höfe. Auf der anderen Seite des Weges hatten sie die ganze Zeit das
-Meer; aber zwischen ihnen und dem Meer flache Strecken, vielleicht
-Moore. Das Meer selbst grauschwarz gegen die Schneegrenze; das sprach
-herein von anderen Seiten des Lebens. Von ewiger Unruhe, salzigem Ernst,
-nur Protest auf Protest gegen das Schnee-Idyll.
-
-Während des Tauwetters waren Zweige, Stämme, Zäune feucht gewesen; der
-erste Schnee der dann kam, war ebenfalls feucht an sich und klebte gut
-fest. Als dies dann zusammenfror, und das Schneegestöber immer
-gleichmäßig überwältigend blieb, da bildeten sich Figuren über den
-ersten erstarrten Formen, wie man selten etwas Ähnliches sieht. Die
-Schwere des ersten feuchten Schnees machte, daß er hinabsickerte, an
-irgend einer Unebenheit haften blieb und sich dort sammelte; oder unter
-die Zweige hinabglitt oder zu beiden Seiten der Zaunpfähle. Als dies
-sich nun in Ruhe fügte und vermehrte, kamen die schnurrigsten Tiere zum
-Vorschein, -- weiße Katzen, weiße Hasen, die mit krummem Rücken und
-gestrecktem Vorderleib an den Baumstämmen in die Höhe kletterten, oder
-unter den Zweigen manövrierten, oder oben auf den Hürdenstangen einen
-Buckel machten. Zottige, weiße Tiere, oft so groß wie der Marder, aber
-sogar auch groß wie der Luchs, ja, wie der Tiger. Demnächst allerhand
-kleines Getier, weiße Mäuse, Hermeline, oben und unten und drüben. Und
-alle möglichen Raritäten, Kobolde, die an den Beinen hingen, Pierrots,
-Gnomen auf den äußersten Spitzen der Hürdenpfähle, Heinzelmännchen mit
-Rucksäcken; oder eine hingeworfene Kappe, eine Nachtmütze, ein Tier ohne
-Kopf, ein anderes mit einem Schweif von ungeheurer Länge, ein großer
-Fausthandschuh, eine umgestülpte Wasserkanne. An einigen Stellen bloßes,
-schwarzes Laubwerk als Verzierung an der weißen Wand, an andern große
-Schneelasten in den Nadelbäumen mit Grün drüber und drunter, mächtige
-Farbenmengen gegeneinander.
-
-Aarö hielt an; sie stiegen beide ab.
-
-Da stürmte eine Reihe ganz anderer Eindrücke hervor. Dicht neben ihnen
-lag ein alter Bursche von einem Stamm, halb umgestürzt im Spiel des
-Lebens. Aber träumte er nicht jetzt im Winter den schönsten Traum,
-nämlich daß er jung sei? Beim ausgelassenen Aufbauen schneeweißer
-Herrlichkeit hatte er alle Schmerzen und Hinfälligkeit vergessen;
-versteckt war das Moos auf seiner Haut, die Fäulnis der Wurzel war
-zugedeckt, die Narben von den verlorenen Zweigen unsichtbar. Eine
-gebrechliche Pforte war ausgehängt und an den Zaun gelehnt, sie war
-zerbrochen und unbrauchbar. Auch sie hatte des Winters Künstlerhand
-aufgesucht und erneuert; jetzt war sie ein architektonisches
-Meisterwerk. Die schiefstehenden, dunklen Zaunpfähle waren junge Stutzer
-mit schiefem Hut und munteren Mienen. Die alten, schmutziggrauen,
-moosbewachsenen Hürdenstangen -- man kann sich das Paradies hinter
-keiner schöneren Einfriedung träumen! Ihre Schwäche war bei der
-Auferstehung ihre Stärke geworden, Sprünge und Äste im Holz der
-vorzüglichste Baugrund für den Schnee, jedes Loch mit einem Wisch
-himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende Unebenheiten schon seit
-der Zeit, wo sie gespalten worden, waren nun zugedeckt und geküßt,
-beruhigt und geschmückt, alle Fehler mit aufgenommen in die weiße
-Gemeinschaft.
-
-Eine verfallene Tenne unterhalb des Weges, ein wohlausgedienter
-Mutterarm für Laub und Torf, -- ebenfalls aufgesucht und
-verschwenderischer übergossen, als die reichste Braut der Welt. Aus des
-Himmels reichstem Schoß mit solchem Überfluß beschüttet, daß der Schnee
-in weißen Fahnen einen halben Meter weit über das Dach hing, an einigen
-Stellen mit hoher Kunst wieder aufgefaltet. Die grauschwarze Wand unter
-den Fahnen sah dadurch aus wie ein altes persisches Gewebe; die ganze
-Tenne hätte fertig in einem Shakespeareschen Drama auf die Bühne
-gestellt werden können. Hinten die Berge, vorn die Höhen, alles glänzte
-in der Sonne wie einst im Hosianna der Juden.
-
-Ella vernahm aus der Ferne fortwährend zwei zarte Stimmen »Mama, Mama!«
-die in dies alles hineinklangen. Als sie sich nach ihrem Begleiter
-umsehen wollte, saß er tiefergriffen auf dem Schlitten, während die
-Tränen ihm über die Backen liefen.
-
-Bald fuhren sie weiter, aber langsam. »Ich erinnere mich dieses
-schmutzigen Weges,« sagte er; die Stimme klang so wehmütig, »die Bäume
-gaben so viel Schatten, so daß er selten trocken wurde; aber jetzt ist
-er doch sehr fein!« Da drehte sie sich um und hob den Kopf empor: »Ach,
-singen Sie etwas!« -- Er antwortete nicht gleich; sie bereute, daß sie
-darum gebeten hatte; dann aber sagte er: »Ich wollte schon, aber da kam
-eine solche Erregung über mich. -- Sprechen Sie jetzt eine Weile nichts,
-dann kann ich's vielleicht. Das alte Winterlied nämlich.« -- Sie sah
-ein, daß er nicht eher singen konnte, als bis es für ihn selbst so recht
-zur Wahrheit wurde. Solche stillen Schwärmer dachte sie, sind
-wählerischer in Bezug auf das, was echt ist. Das meiste ist ihnen nicht
-echt genug. Deshalb berauschten sie sich auch so gern, sie wollten
-hinaus, mußten eine Welt für sich allein schaffen. Ja, nun sang er:
-
- Müde schlummert der Sommer ein,
- Winter decket ihn sorglich zu.
- »Bächlein,« sagt er, »geht nun zur Ruh,
- Wogen, lasset das Plätschern sein!«
- Weste schweigen die kosenden,
- Stürme heulen, die tosenden.
-
- Somren sovned i Vintrens Favn,
- Vintren rejste sig, daekked til,
- »rolig« sa han til Elvens Spil,
- »rolig« sa han til Gaard og Havn.
- Tause blev de saa, Skogerne.
- Hjemme hörtes kun Slogerne.
-
- All den Duft, den der Sommer gab,
- Fein verwahrt er fürs nächste Blüh'n,
- Ruhen durft er für all sein Müh'n.
- Bäume senken das Laub herab,
- All, die Blumen, die prächtigen,
- Bergen sich vor dem Mächtigen.
-
- Al den Ting, som var Somren kjaer,
- fint forvartes til naeste Gang;
- Hvile fick det for al sin Trang,
- Markens Spirer og Vand og Traer.
- Gjemtes som Kjaernen i Nödderne,
- Mulden smuldred am Rödderne.
-
- Was der Sommer an Krankheit bracht,
- Pestkeim, den seine Glut erzeugt,
- Winterkälte hat ihn verscheucht,
- Hoch auf Bergeshöh er erwacht,
- Atmet die Lüfte, die tauenden,
- Grüßet die Gipfel die blauenden.
-
- Alt, hvad Somren af Sygdom led,
- Pestfrö over dens Liv og Frugt,
- Vintren draebte i Frost og Flugt --
- vaagne skal hun i fjaeldblaa Freed,
- toet af Sneen og Vindene,
- hilset af Sundhed i Sindene.
-
- Über des schlafenden Sommers Stirn
- Streut der Winter gar holden Traum,
- Sternenhoch trug er im Weltenraum
- Ihn zu der Nordlicht umstrahlten Firn,
- Durch die Zeit, die nie säumende
- Fort -- bis erwacht der Träumende.
-
- Over den sovendes höstgraa Bryn
- Vintren strödde saa fager Dröm,
- stjaernehöj, hvid-hvid i Nordlys-Ström
- bar den hende fra Syn til Syn
- gjennem de lange Dögnene
- frem, til hun opslog Öjnene.
-
- Er, den grausam und bös' sie schmähn,
- Schaffet, was er doch nie darf seh'n;
- Er, der Räuber und Mörder genannt,
- Schirmet und wachet all Jahr im Land, --
- Weiter eilt dann der Flüchtige,
- Harrt auf die Zeit, die richtige.
-
- Han, som skjaeldtes for vond og vred,
- lever for det, han ej faar se;
- han, som skjaeldtes for Morder, han
- skjaermer og tor hvert Aar vort Land, --
- gjemmer sig saa i Fjaeldene,
- til det blir kaldt am Kvaeldene.
-
-Die vielen kleinen Schellen begleiteten den Gesang wie
-Sperlingszwitschern; seine Stimme läutete zwischen den Bäumen den
-Gottesdienst des Menschengeistes in den weißen Hallen ein.
-
-_Ein_ Tag, das fühlte Ella, bezahlte für tausend. _Ein_ Tag tut das, was
-das Winterlied erzählt, er wiegt einen müden Sommer zur Ruhe, dämpft
-seine Krankheitskeime, zerbröckelt die Erde für den neuen, macht die
-Nerven stark und die dunkelste Zeit hell. In ihm sammeln sich all unsere
-langen Träume. Was hätte nicht auch aus ihr werden können, wie klein sie
-auch war, wenn sie _viele_ solche Tage gehabt hätte? Was hätte sie dann
-nicht für ihre Knaben werden können?
-
-Sie kamen an ein langes, weißes Gebäude zwischen zwei Flügeln, alle von
-Holz. Auf dem Hofplatz standen viele Schlitten mit aufgestellten
-Gabeldeichseln; es waren also schon mehrere Gesellschaften hier. Ein
-Stallknecht führte ihr Pferd fort; der Diener, der sie bedienen sollte,
-war gleich zur Hand, um ihnen zu helfen, und ein Mann im bloßen Kopf mit
-jovialem Gesicht kam dazu; es war Peter Klausson! Er schien sie erwartet
-zu haben und wollte Ella durchaus beim Ablegen behilflich sein. Aber er
-roch nach Cognac oder was es war; um ihn los zu werden, fragte sie nach
-dem Zimmer, in dem sie speisen sollten. Sie wurden in ein warmes,
-gemütliches Zimmer mit gedecktem Tische geführt; dort half Aarö ihr mit
-den Sachen. »Ich konnte Peter Klaussons Atem nicht ertragen,« sagte sie.
-Da lächelte Aarö.
-
-»In Amerika hat man Mittel gegen dergleichen.« -- »Was meinen Sie?« --
-»Man nimmt etwas, das den Atem anders macht.« -- Gleich darauf bat er,
-ihn zu entschuldigen, er habe noch dies und jenes anzuordnen. Sie war
-also allein, bis angeklopft wurde; es war wiederum Peter Klausson! Er
-sah ihr Erstaunen und lächelte: »Wir werden ja zusammen speisen,« sagte
-er. -- »So?« -- Sie sah nach dem Tisch; er war für fünf gedeckt! --
-»Haben Sie kürzlich von Ihrem Manne gehört?« -- »Nein.« -- Lange Pause.
-Ist Peter Klausson eine Gesellschaft für Axel Aarö? Der beste Kumpan
-ihres Mannes? Aarö, der nur haben wollte, was echt war? Aber im selben
-Augenblick, da sie dies gedacht hatte, mußte sie auch zugeben, daß Peter
-Klaussons unmittelbare Natur vollkommen ehrlich sei, was er sonst auch
-immer sein mochte.
-
-Der Diener brachte einen Korb mit Wein ins Zimmer, schloß die Tür aber
-nicht eher hinter sich, als bis er von draußen noch mehr hereingeholt
-hatte, nämlich Champagner in Eis. »Ist all der Wein für uns?« fragte
-Ella. -- »Wie ich sehe,« erwiderte Peter Klausson; er war sichtlich
-erfreut. -- »Aarö trinkt doch keinen Wein?« -- »Aarö? Er hat mich
-aufgefordert, heute herauszukommen -- ich kam zufällig zu ihm hinauf, --
-und da haben wir beide den allerfeinsten Cognac getrunken.« -- Ella
-kehrte sich nach dem Fenster um, denn sie fühlte, wie sie erbleichte.
-
-Gleich darauf trat Aarö ein, so höflich und vornehm, daß Peter Klausson
-die Hände aus den Hosentaschen ziehen mußte; er wagte beinahe nicht zu
-sprechen. Aarö teilte mit, daß er Holmbos eingeladen habe; gerade eben
-hätten sie abgesagt; sie mußten sich jetzt alle drei an ihrer
-gegenseitigen Gesellschaft genügen lassen. Er führte Ella zu Tisch. Aarö
-zeigte sich als der liebenswürdigste und der erfahrenste Wirt. Mit dem
-deutschen Diener sprach er englisch und gab fortwährend kleine Winke in
-Bezug auf das Anrichten; er verdeckte die Sünden des Dieners, brachte
-Kleinigkeiten zur Geltung -- alles so, daß man es kaum merkte.
-Gleichzeitig nährte er eine einfache Unterhaltung durch kleine Anekdoten
-aus seinem gesellschaftlichen Leben. Er schenkte niemals selbst ein;
-wenn er trank, zitterte ihm die Hand. Auch früher glaubte sie dies schon
-bei ihm gesehen zu haben; jetzt quälte es sie.
-
-Der erste Gang waren Austern, und davon aß sie tüchtig; sie war sehr
-hungrig. Aber später konnte sie weniger und immer weniger mitkommen, ja,
-zuletzt war es, als würde ihr die Kehle zusammengeschnürt. Sie hätte
-ebenso gut weinen wie essen und trinken können.
-
-Anfangs war es ihr nicht recht klar, weshalb. Wohl, daß es so ganz
-anders war, als sie geträumt hatte: der herrliche Tag war im Begriff
-eine Enttäuschung zu werden. Im Beginn dachte sie: dies wird wohl einmal
-ein Ende nehmen, und dann haben wir es auf dem Heimwege wieder angenehm.
-Aber nach und nach, als seine Laune immer ausgelassener wurde, erwies er
-ihr alle erdenkliche Aufmerksamkeit, ja, sie wurde von beiden Kavalieren
-zugleich gefeiert -- bis sie hätte schreien mögen. Nach der Mahlzeit
-wurde sie elegant an Aarös Arm in ein anderes Zimmer geführt, das
-ebenfalls in Bereitschaft gehalten war -- gemütlich, prächtig mit einem
-Klavier.
-
-Der Kaffee wurde sofort serviert (mit einem »^Avec^«) und unmittelbar
-darauf baten die Herren um Erlaubnis, einen Augenblick rauchen zu
-dürfen, es solle nur ganz kurz sein. Sie gingen -- und ließen sie
-allein. Dies war nicht einmal mehr höflich -- und nun erst begriff sie,
-daß nicht nur der Tag, sondern Aarö ein anderer geworden, als sie
-gedacht hatte! Das große Dunkel der Ballnacht kam über sie hergezogen;
-sie kämpfte dagegen, sie erhob sich und ging, wollte hinaus, als könne
-sie ihn dort so wiederfinden, wie sie ihn in ihrer Vorstellung hatte.
-Sie suchte den Weg nach dem ersten Zimmer, nahm dort ihr rotes Tuch um
-und war gerade auf den breiten Platz vor dem Gebäude gekommen, als der
-Diener vom Mittag hinter ihr her kam und etwas auf englisch sagte, was
-sie anfangs nicht verstand; sie war nämlich zu sehr mit den eigenen
-Gedanken beschäftigt, um sofort die Sprache wechseln zu können. Der
-Diener erzählte, daß einer von ihren Begleitern krank geworden sei; der
-andere sei nicht zu finden. Als sie die Worte bereits verstand, begriff
-sie nicht, was es sei, sondern folgte ihm mechanisch. Unterwegs fiel ihr
-ein, daß Aarös Zunge ihm nicht ganz gehorcht habe, als er nach dem
-»^Avec^« um Erlaubnis gebeten, hinausgehen und ein wenig rauchen zu
-dürfen; ihn hatte doch wohl nicht der Schlag getroffen --!
-
-Sie kamen am Rauchzimmer vorbei, das ihr im Vorübergehen voll erschien
--- jedenfalls voll Rauch und Gelächter. Die Tür zu einem kleinen Zimmer
-daneben wurde geöffnet; dort lag Axel Aarö auf dem Bette; er mußte sich
-dort hinein geschlichen haben -- vielleicht um noch mehr zu trinken. Er
-hatte nämlich eine kleine, dicke Flasche mit hineingenommen, die auf
-einem Tische neben dem Bette stand. Auf diesem lag er selbst,
-vollständig angezogen mit erloschenen Augen, ohne Kraft oder Empfindung;
-er sagte zu ihr: »Tip, tip, Peté!« Er wiederholte es mit ausgestrecktem
-Finger: »Tip, tip, Peté!« Beidemal in der Fistel. Sollte das Peter
-heißen? Glaubte er, sie sei ein Mann? Hinter ihm auf dem Kopfkissen lag
-etwas Haariges; es war ein Toupet; jetzt sah sie's, er hatte eine
-Glatze. »Tip, tip, Peté!« hörte sie hinter sich, als sie hinausstürzte.
-
-Armseliger als jetzt Ella in ihren Pelzschuhen und Winterkleidern so
-schnell, wie ihre kurzen Beine sie tragen konnten, nach der Stadt
-zurücktrabte, ist wohl selten jemand über einen Landweg gelaufen. Der
-schwere Mantel, den sie auf der Fahrt gehabt, war aufgeknöpft, das
-Kopftuch trug sie in der Hand, und doch schwitzte sie, daß es herab
-tropfte; die Vorstellung beherrschte sie, daß es die Träume seien, die
-von ihr abfielen!
-
-Anfangs dachte sie nur an Axel Aarö, den unglückselig Verlorenen! Morgen
-oder übermorgen hatte er das Land verlassen, sie wußte es bereits, und
-diesmal für alle Zeiten!
-
-Aber wenn sie es sich so recht entsetzlich ausmalen wollte, wie es war,
-dann lag das Toupet auf dem Kopfkissen und sagte: »Es war doch wohl
-nicht alles so echt mit Axel Aarö?« Doch, doch, -- was konnte er dafür,
-daß er so früh kahl geworden war? Hm, erwiderte das Toupet, er hätte es
-eingestehen können.
-
-Ella arbeitete sich vorwärts. Glücklicherweise begegnete sie niemand,
-auch kam niemand von all denen, die jetzt auf Baadshaug waren, hinter
-ihr her; sie mußte ja komisch aussehen, schwitzend und weinend mit
-aufgeknöpftem Mantel, in Pelzschuhen mit dem Tuch in der Hand. Sie
-versuchte ein paarmal, langsamer zu gehen, aber der Aufruhr in ihr war
-zu stark, und dann lag es in ihrer Natur, sich vorwärts zu arbeiten.
-
-Aber in ihrem gejagten Blut meldete sich die kräftige Frage: Möchtest
-du, Ella, nun all deine Träume entbehren, da es jedesmal so jämmerlich
-damit gegangen ist? Da flennte Ella laut auf und erwiderte: nicht, wenn
-es mein Leben gälte! Nein, denn die Träume sind das Beste, was ich
-gehabt habe; sie haben mich gelehrt auszuhalten, sie haben mir gegeben,
-womit ich all das andere messen kann, so daß ich niemals etwas für hoch
-halte, was niedrig ist. Nein, meine Träume, die habe ich auch um meine
-Kinder gewebt, so daß ich jetzt tausendmal mehr Vergnügen an ihnen habe.
-Die, und dann die Blumen, das ist alles, was ich habe. Und sie flennte
-und arbeitete sich vorwärts.
-
-Aber nun sind dir ja keine Träume mehr geblieben, Ella!
-
-Anfangs wußte sie nicht, was sie darauf antworten sollte; es schien ja
-allzu wahr, allzu entsetzlich wahr, -- und das Toupet zeigte sich
-wieder.
-
-Gerade hier hatte Aarö das Winterlied gesungen. Wie das Zwitschern der
-Schellen die Weise begleitet hatte, so begleitete jetzt das »Mama,
-Mama!« der zarten Stimmen ihre Tränen. Es war nicht wunderlich, denn sie
-lief ja zu ihren Knaben, aber jetzt meldeten sie sich, als wären sie's,
-von denen sie träumen sollte. Nein, nein, »da haben Sie doch etwas
-Reelles,« antwortete es mit Aarös Stimme; sie erinnerte sich, wie er es
-gesagt, sie erinnerte sich seiner Wehmut dabei. Hatte er wirklich an sie
-und sich gedacht und an die Knaben und sie? Hatte er seine eigene
-Schwäche mit ihrer Gesundheit und Zukunft gemessen? Sie kam wieder weit
-von den Knaben ab; sie war wieder bei all seinen Worten und Blicken, um
-das Rätsel zu deuten; aber darunter brach das Sehnen und der Schmerz
-wieder auf, wie nie zuvor; das ganze Leben war vorbei, der Traum zu alt
-in ihr, zu stark, zu lieb, die Wurzeln konnten nicht ausgerissen werden,
-unmöglich! Sie waren ja ungefähr alles, was sie den nächsten Tag sehen
-würde, berühren, vornehmen würde! -- -- Zu aller Verzweiflung kam noch,
-daß die Knaben nicht zu Hause waren; sie kam an ein leeres Haus.
-
-Aber Kräfte waren in ihr. Denn als sie nach Hause kam und gebadet und
-sich schlafen gelegt hatte, und der Mondschein von gestern abend ins
-Zimmer sah und erwähnte, was sie mit einander gehabt hatten, da warf sie
-sich im Bett umher und weinte laut wie ein Kind; hier konnte niemand sie
-hören, niemand hereinkommen. Ihr Herz war jung, wie damals, als sie
-siebzehn Jahre alt war; es konnte und wollte nicht aufgeben!
-
-Was war es denn eigentlich, was sie heute gewollt hatte? Ja, das wußte
-sie nicht; -- nein, sie wußte es nicht! Sie wußte nur, daß _dort_ ihr
-Glück sei, und nun hatte sie es darauf ankommen lassen. Jetzt lag sie
-hier enttäuscht und betrogen in einer Weise, wie gewiß wenige vor ihr es
-gewesen.
-
-Sie vermochte aber auch nicht, ihn zu entheiligen. Deshalb zog die
-Winterweise mit seiner Stimme vorüber, gut, voll, traurig; die wollte
-gleichsam alles für sie ordnen. Und gehorsam wie ein Kind legte sie sich
-zurecht und lauschte. Was sagte sie? Freilich, die sagte, daß die Träume
-zwei Sommer zusammenbänden, den, der war, und den, der sich langsam aufs
-neue emporarbeitete, dank den Träumen, die gewacht hatten. Sie sagte
-auch, daß die Träume etwas für sie seien, oft höhere Wirklichkeit, als
-die der Verhältnisse. Sie hatte das ja oft so empfunden, wenn sie mit
-ihren Blumen beschäftigt war.
-
-Bei all ihrer Ruhelosigkeit im Bette war der Zopf an ihre Seite geraten.
-Wehmütig zog sie ihn herauf; noch heute hatte er ihn geküßt.
-
-Und dann legte sie sich auf die Seite und nahm ihn zwischen die Hände
-und weinte.
-
-»Mama, Mama,« flüsterte es. Und so schlief sie ein.
-
-
-
-
- Ivar Bye
-
-
- Deutsch von G. I. Klett
-
-An seinem Sterbebett gab ich mir selbst das Versprechen, sobald seine
-Geschichte einst öffentlich erzählt werden könnte, wollte ich es tun.
-Aber ich wußte, in dem ersten darauf folgenden Menschenalter konnte dies
-kaum geschehen.
-
- * * * * *
-
-Nun hat sich öffentlich vor aller Augen in Norwegen etwas ereignet, das
-bis zu mir dringt und fragt: Ist die Zeit noch nicht gekommen?[1]
-
-Ivar Bye's Name war den Meisten bekannt, welche die Eröffnung des
-norwegischen Theaters in Christiania sahen. Bis in die fünfziger Jahre
-waren wir künstlerisch ein von Dänemark abhängiges Land; wir waren ohne
-dramatische Literatur, ohne Schauspieler und, der Ansicht vieler
-gebildeter Norweger zufolge, absolut unfähig, dies Beides zu erlangen,
--- bis Ole Bull den Braven zeigte, daß dennoch ein großes
-Schauspielertalent im Volk steckte, und daß die Stücke von selbst kamen.
-Nach dem Bergenser norwegischen Theater, das er errichtete, erstand das
-Christianiaer norwegische Theater, in Gang gebracht von einigen
-Patrioten, deren einziger überlebender der alte Oberlehrer K. Knudsen[2]
-ist. Am Eröffnungstag des norwegischen Theaters war Ivar Bye mit dabei.
-Ein dunkler, breitschultriger Mann von schlanker Taille, einen Kopf so
-schön von Form, so gut und edel von Gesichtsausdruck, daß keiner ihn
-vergaß. Die Stirn breit und hoch, das Haar fast schwarz, die Augenbrauen
-gewölbt, eine Adlernase, schmal, fein, -- und dazu die guten, grauen
-Augen mit einem Schelm drin, sobald er sprach. Dann verzog sich auch der
-Mund gern zu einem Lächeln, voll von Erotik und erhellt von einem
-Schimmer herrlicher Zähne in breiter Rundung. Diese grauen Augen und der
-Mund taten gute Dienste zusammen, machten unablässig Eroberungen unter
-Männern und Frauen, alten und jungen. Aber im Stillen. Obgleich sein
-Kopf auf einem recht langen Hals aufrecht getragen wurde, und obschon
-das Kinn vorspringend war und Mut bekundete und obschon das hagere,
-bräunliche Antlitz Energie verhieß, -- immer kam er gedämpft und
-rücksichtsvoll.
-
-[Fußnote 1: Ein begabter Arbeiter war im Jahr 1894 zum Stortings-Mann
-für Trontheim gewählt worden, gab sich aber darauf selber als wegen
-einiger Jugendvergehen vorbestraft an.]
-
-[Fußnote 2: + im Jahr 1895.]
-
-Zwei Mängel hatte der Körper; er war nicht rund ausgebaut, sondern eher
-flachgedrückt, und die Kniee waren nicht frei von der Neigung,
-auseinander zu gehen. Die Meisten sahen das nicht; sie hielten sich an
-seinen schönen Gang, dessen angenehmen Rhythmus sie empfanden. Nie hat
-jemand ihn irgendwo im Vordergrund gesehen, wo sie ihn aber zu Gesicht
-bekamen, da zog er die feineren Naturen an. Und auch die andern fühlten,
-hier war ein Mann von Rasse.
-
-Und das war er. Aus einer alten norwegischen Beamtenfamilie, in der das
-Erbe unsrer ältesten Geschlechter steckte, er hieß nicht Bye.
-
-Sein Großvater hatte als Beamter Kassendefraudation begangen, und obwohl
-die Umstände nicht sonderlich gravierend waren, empfanden es die Kinder
-als eine solche Schande, daß sie einen andern Namen annahmen. Ivars
-Vater war zum Offizier bestimmt, ich glaube auch, er war auf der
-Kriegsschule; aber nach des Vaters Fall mußte er sich damit zufrieden
-geben, Sergeant zu werden.
-
-Jeder Moldenser Schuljunge aus meiner Zeit erinnert sich an Sergeant
-Bye, wenn er in der Stadt war .... stets betrunken. Ein mittelgroßer,
-breit ausgehauener Mann mit großer Adlernase und mit einer gewissen
-Würde in seinen Bewegungen. Selbst wenn er am allerbetrunkensten war,
-bewahrte er die. Er konnte nicht gedeihen in der Umgebung, zu der er
-herabgesunken war, und so schuf sein romantisches Naturell sich manche
-sonnige Stunde, in denen er den Herrn spielte. Alle rühmten seine Güte
-und Rechtschaffenheit.
-
-Der Sohn hatte denselben Drang aus dem Bauernleben heraus. Draußen an
-der Küste ging es damals recht eng und ärmlich zu. Da saß er als Hirte
-und träumte davon, das Geschlecht zu ehemaliger Herrlichkeit
-emporzuheben; er erzählte diese großen Träume bloß seiner kleinen
-Schwester, sonst niemand. Die beiden Geschwister hielten sich ganz für
-sich.
-
-Der kleine Ivar hatte ein unglaubliches Talent, sie und sich selbst
-herauszuputzen. »Etwas zu machen aus nichts oder aus einer ungeeigneten
-Materie,« wie das religiöse Lehrbuch meiner Zeit »die Schöpfung«
-definierte. Zum Lohn für dies Talent wurde, als er älter war, Vaters
-abgelegte Uniform für ihn gewendet und zugeschnitten, so daß er sich
-eines Tages in der Stadt in blauem Tuchanzug, mit blauer Mütze zeigen
-konnte! Das war wohl der höchste Festtag seines Lebens! Er wurde auch
-gleich um seiner ungewöhnlichen Schönheit willen bewundert. Die
-Gesellschaft anderer als der Zöglinge der höheren Schule verschmähte er.
-Er erzählte mir später, wie er lange vergebens darauf brannte, mit in
-das Spiel der großen, vornehmen Jungens zu kommen. Und es glückte, --
-dank Einem insbesondere, dem Herrn über alle andern. Die Hingebung und
-der Stolz des kleinen Jungen kannte keine Grenzen.
-
-Hier hatte er auch seine erste Liebe. Es war kein Mädchen, sondern ein
-fast erwachsener Kamerad unter denen, die sich seiner angenommen hatten,
--- schön, verwegen, herrschsüchtig, schon recht lebenserfahren, schon
-ziemlich verdorben. Aber das verstand Ivar nicht; er bewunderte seine
-Flottheit, sein Befehlshabertalent, seine herablassende Leutseligkeit,
--- und vielleicht vor allem seine große Schönheit, seine hohe, schlanke
-Figur, seine ungewöhnlich weiße Haut zu schwarzem Haar -- nicht zu
-vergessen seine gesellschaftliche Gewandtheit und die Gunstbeweise der
-Frauen ihm gegenüber; das war für den Knaben etwas ganz Neues. Das war
-der Herrentyp, das Ideal des Knaben.
-
-Unter all diesen Kameraden war Ivar der kleinste und behendeste, wenn es
-gefahrvolle Schelmenstreiche galt, z. B. Äpfel und Beeren in den Gärten
-stehlen und verschwunden sein, wenn der Eigentümer oder andre den Lärm
-hörten und herbeikamen. Jedesmal, wenn sie etwas derartiges angestellt
-hatten, wie eine Schnur über den Weg spannen, so daß die Bauern, wenn
-sie betrunken von der Stadt zurückkehrten, drüber fielen und die Pferde
-durchgingen, oder wenn sie die Leinen an den Booten der Bauern
-durchschnitten hatten, so daß sie ins Meer hinaustrieben ... jedesmal,
-wenn sie etwas derartiges angestellt hatten, ohne entdeckt zu werden, so
-hielten sie das für »eine Tat«. In Stadt und Umgegend davon reden zu
-hören, das war ein Jux!
-
-An einem Ende der Stadt lebte eine geizige, zornmütige Witwe, die einen
-Laden und einen großen Garten besaß; mit diesem Zornbesen lagen sie ganz
-besonders in Fehde, d. h. _sie_ wußten, wem sie ihren Schabernack
-spielten; aber die Alte wußte nicht, gegen wen sie Wachen ausstellte,
-den Hund hetzte, in die dunkeln Herbstabende hinaus schalt und drohte.
-So lange trieben sie das, bis sie fanden, es sei nötig, noch mehr zu
-tun. Der Vorschlag des Anführers, daß sie sich eines Abends in den
-geschlossenen Laden schleichen und ihre Kleingeldkasse (sie wußten, in
-welcher Schiebelade sie stand) entwenden wollten, fand allgemeine
-Zustimmung. Das war ein »Hauptulk«; ihr Zorn würde gradezu in
-»Besessenheit« ausarten! Der Jüngste und Behendste wurde durchs
-Kellerfenster hineinkommandiert, die Andern standen Wache.
-
-Aber wie es nun zuging, -- der Jüngste und Behendste wurde entdeckt. Und
-mit einem Mal erhielt die Sache ein Aussehen, wie es keiner der
-Spaßmacher sich gedacht hatte.
-
-An die Einzelheiten erinnere ich mich nicht mehr. Das Ende war, daß er,
-der den Streich auf Befehl ausgeführt, die Kasse abgeliefert und keinen
-Vorteil davon gehabt hatte, -- der Einzige war, der gefaßt, angeklagt
-und verurteilt wurde. Die andern waren »guter Leute Kinder«. Es waren
-auch verschiedene Konfirmierte unter ihnen, für die die Strafe allzu
-ernst geworden wäre; denn die Gesetze jener Zeit waren streng.
-
-So drangen denn die andern Knaben und deren Eltern mit Bitten und
-Versprechungen auf ihn ein; der Gefängniswärter gab freien Zutritt. Es
-wäre gar nicht notwendig gewesen, ihn zu bitten, alles auf sich zu
-nehmen; er hätte gern sein Leben für die Kameraden gegeben. Besonders
-für den Großen mit der weißen Haut und dem schwarzen Haar. Es war eine
-Freude für ihn, als schließlich auch der kam und sagte: »Du sollst es
-nicht bereuen,« -- und ihm dazu übers Haar strich.
-
-Wohl tat es weh, als Vater und Mutter kamen und ihn gar nicht verstehen
-konnten. »Er, der immer so lieb und gut gewesen war, -- er sollte nun
-ihre Schande werden!« Der Knabe weinte bitterlich mit ihnen; aber
-schwieg.
-
-Und dabei bliebs auch an dem schweren Tag, als er in seinem hübschen
-blauen Anzug an Bord des Dampfschiffes mußte; er sollte in das
-Trontheimer Zuchthaus überführt werden, um dort »konfirmiert« zu werden.
-Er durfte an der Reeling stehen und nach der Stadt hinüberblicken; er
-wollte gern aufpassen, ob keiner von denen, für die er die Reise tat, in
-einem der Boote drunten war. Er durfte an der Reeling stehen, bis das
-Dampfboot abfuhr. Aber er sah keinen von ihnen.
-
-Im Zuchthaus wurde er vom ersten Tag an aller Liebling. Sie hatten
-Mitleid mit dem schönen, lieben Jungen; sie wetteiferten darin, etwas
-für ihn zu tun, damit er vorwärts käme, wenn er einst entlassen würde.
-
-Hier, im Trontheimer Zuchthaus, wurde er auch konfirmiert. Hier las,
-rechnete und schrieb er, und noch eh er heraus kam, war ihm eine Stelle
-als Laufbursche bei einer der ersten Familien der Stadt gesichert. An
-dem neuen Platz wiederholte sich dasselbe, -- alle nahmen sich seiner
-an. Sein Unterricht wurde fortgesetzt, er bekam hübsche Kleider; es
-machte ihnen Spaß, ihn zierlich gekleidet zu sehen, so schön, wie er
-war. Ja, er erhielt eine Guitarre geschenkt und lernte darauf spielen,
-denn er hatte Stimme und begleitete sich nun selbst. Die guten Feen, die
-in dieser Weise Rosen auf seinen Weg streuten, waren natürlich
-hauptsächlich Damen; auch ein Liebesverhältnis spielte dabei mit.
-
-Und bald mehrere.
-
-Er erlebte in dieser Richtung die wunderlichsten Dinge, von denen ich je
-gehört habe. Ich bin wohl der Einzige, zu dem er davon gesprochen hat;
-aber auch da fast nur in Andeutungen. Näheres darüber zu erzählen, habe
-ich nicht das Recht. Ich glaube, daß diese seine Gabe, zu schweigen,
-eben weil sie aus rücksichtsvoller Güte geboren war, die Frauen zu ihm
-hinzog, -- mehr noch als seine Schönheit; mehr noch als andre erotische
-Eigenschaften, die wie ein Geheimnis unter ihnen umgingen. Über
-derartiges können Frauen ja nicht schweigen.
-
-Nach außen hin war dies sicherlich seine glücklichste Zeit. Aber wenn
-ich später darüber nachgedacht habe, ist mir mehr und mehr der Glaube
-gekommen, daß er da einen Knax fürs Leben bekommen hat.
-
-Man darf ja wohl annehmen, daß die Knabenträume, die er mir erzählte,
-aus Kräften in ihm entsprangen, aus einer Energie, die später nicht zur
-Reife gedieh. Ich gebe jedoch zu, daß ich sein Geschlecht nicht kenne
-und es deshalb so genau nicht wissen kann. Nicht alle Träume sind eine
-Selbstprophezeihung von Kräften; sie können auch nur als Erinnerungen
-aus der Vergangenheit des Geschlechts mittreiben.
-
-Später, als ich ihn traf, war er ohne starken Lebensdrang, ohne
-sonderliche Unternehmungslust; und unter all der Liebe, in deren Mitte
-er lebte, war keine, die seinen Sinn ganz erfüllte. Seine Schwärmerei
-war damals, mit einem oder dem andern seiner Freunde unter den Kapitänen
-hinauszukommen. Eine Reise nach Hamburg, Bremen, Kopenhagen, Schweden
-machen, oder andre Städte in Norwegen besuchen zu können. Ich erwähne
-dies besonders, weil es besonders charakteristisch ist.
-
-Die Sache war nämlich die: er wußte nicht, oder wollte nicht wissen,
-wohin.
-
-Es war, als müßte ein andrer kommen und bestimmen. Er verließ Trontheim
-und kam nach Christiania, wo man den hübschen Menschen in einem Laden
-sehen konnte. Rasch hatte er einen neuen Kreis von Freunden und
-Freundinnen; aber immer dieselbe Unentschlossenheit.
-
-Da liest er in der Zeitung, daß seine Bewunderung aus den Kindertagen,
-der Mann mit der weißen Haut und dem schwarzen Haar, im ersten Hotel der
-Stadt wohnt!
-
-Er hat mir später erzählt, daß er vor Erregung zitterte und sich krank
-melden mußte; er konnte seine Gedanken nicht zur Arbeit sammeln. All die
-Jahre hindurch hatte er, oft ohne es sich selbst zu gestehen, auf ihn
-gewartet. Das Letzte, was er aus dem Mund des Freundes, in dem ihm
-eigenen, selbstherrlichen Ton gehört hatte, war ja: »Du sollst es nicht
-bereuen!« Eine runde, volle Anweisung, ausgestellt von einem Mann, der
-die Ritterlichkeit selbst war. Bye hatte ihn in all diesen Jahren nicht
-belästigt; zu der Schuldsumme hatten sich also Zinsen gehäuft. Der
-Freund war nun auch im Auslande ein reicher Mann geworden, wenn das
-Gerücht nicht trog; Bye würde auch ins Ausland kommen, das fühlte er!
-Nun galt es also, ihm zu sagen, daß er hier war. Aber es mußte so
-geschehen, daß andre es nicht hörten oder sahen; das hätte den
-Nichtsahnenden in Verlegenheit bringen können! Er erkundigte sich
-deshalb im Hotel, wo der Fremde abends hinginge; und Nacht für Nacht
-ging er selbst vor sein Hotel; er wollte ihm begegnen, wenn er heimkam.
-Aber es traf sich nie günstig. Da faßte er Mut und schrieb. Erzählte
-ihm, daß er in der Stadt sei, und erbat sich eine Unterredung,
-gestattete sich, die Zeit und den Ort ihres Zusammentreffens, des
-Freundes Zimmer im Hotel, vorzuschlagen.
-
-Zur bestimmten Zeit fand er sich vor der bestimmten Tür ein. Er stand
-und lauschte, eh er anklopfte; es war Licht darin -- aber kein Geräusch.
-Endlich klopfte er. Ein kräftiges »Herein!« antwortete ihm. Als Bye
-nicht sogleich zu öffnen vermochte, wurde es wiederholt -- noch
-kräftiger -- vom besten Gewissen der Welt.
-
-Ivar Bye stand vor einem hohen, stattlichen Mann in eleganter
-Gesellschaftstoilette, der eben Parfüm auf sein Taschentuch goß.
-
-Sie sahen einander an; und die erste Folge davon war, daß keiner von
-ihnen grüßte. »Ich habe Ihren Brief erhalten; aber ich bedaure, daß die
-Zeit, die Sie vorgeschlagen haben, nicht günstig ist; ich bin im Begriff
-auszugehen. Bitte, nehmen Sie Platz!«
-
-Bye blieb stehen.
-
-»Ich sehe, es geht Ihnen gut. Was treiben Sie?« -- »Ich bin im
-Handelsfach.« -- »So, wirklich? Sind Sie schon lange hier?« -- »Ein Jahr
-oder so.« -- Er wußte nicht mehr, was er redete, das Zimmer fing an,
-sich im Kreis zu drehen. »Ja, Sie müssen wirklich entschuldigen, aber
-ich höre eben den Schlitten vorfahren.« Er wandte sich um und legte ein
-großes seidnes Halstuch um, eh er den Pelz umnahm. Es klopfte. Ein
-Diener meldete, daß der Schlitten da war, eilte herbei und half dem
-Herrn in den Pelz. Bye stand noch immer unbeweglich, als der Herr mit
-einem höflichen Adieu an ihm vorbei in den Gang hinaus und die Treppe
-hinab ging.
-
-Bye war über dreißig Jahre alt, als er mir dies erzählte, und mehrere
-Jahre waren vergangen, seit es geschehen war. Aber er weinte wie ein
-betrogenes Weib.
-
-Nach dieser Begegnung wurde er langsam ein anderer. Wie ich es später
-begriff, müssen die ersten äußeren Anzeichen davon gewesen sein, daß er
-seine Lieder nicht mehr sang, es kaum ertrug, sie von andern singen zu
-hören; die Guitarre rührte er nicht mehr an. Es ist dies nicht so zu
-verstehen, daß das Leben der Erwartung, das er bisher geführt hatte, von
-dem energischen Bestreben abgelöst wurde, sich eine Zukunft zu schaffen.
-Das lag ihm gar nicht mehr, wenn er das je getan hatte. Sondern so, daß
-die Schwärmerei, die er im Innersten genährt hatte, ihre sentimentalen
-Erinnerungen fahren ließ und statt dessen ihre Dichtung um die zu
-spinnen begann, in deren Kreis er gerade stand; wenigstens um Einzelne
-von ihnen. Es begann damit, daß er bei guten Menschen Trost und Zuflucht
-suchte für das Beste in ihm; aber auf die Dauer ward es zu einer
-Lebenskette, welche die Geschichte des einen Freundes oder der einen
-Freundin an die der andern schloß, und alle zusammen bildeten sein
-Glück. Nach und nach lebte er ausschließlich für Andere.
-
-Wie andre junge Leute nach Enttäuschungen und Wunden in einem Kloster
-eindämmern, so er in guten Werken.
-
-Als das norwegische Theater in Christiania errichtet werden sollte, war
-der ehemalige sentimentale Sänger und Guitarreklimperer der erste, der
-sich meldete. Viele Moldenser erschraken, als sie seinen Namen hörten.
-Daß _er_ es wagte, auf einer Bühne aufzutreten! Kurz darauf lernte ich
-ihn kennen und begriff sofort, wie natürlich es für diesen Träumer war,
-nach Aladdins Schloß zu suchen. Da würde er leben -- nicht in den
-Prachtgemächern, nicht an den Fenstern und auf den Balkons paradierend,
-bereit, Huldigungen zu empfangen; sondern in den weinlaubumschatteten
-Bogengängen, in den Alkoven, in den heimlichen Plätzchen rund um die
-Kaskaden draußen im großen Park. Der Mitwisser aller Geheimnisse, der
-Vertraute und Helfer aller. Immer im Hintergrund mit kleinen Diensten
-und guten Ratschlägen bereit; immer bereit, die Jüngsten zu loben, die
-Unglücklichen zu trösten, sich mit den Glücklichen zu freuen. Er selber
-hatte keinen Ehrgeiz; sein Trontheimer Dialekt (welchen die Bühnenleiter
-nicht zu brechen verstanden, solange es noch Zeit war), und seine
-Dilettanten-Furcht vor dem Unnatürlichen, die ihn verhinderte,
-ordentlich loszulegen, waren ihm überall im Wege. Aber wenn wir fragen,
-so wird uns jeder Einzelne von denen, die noch vom ersten Personal des
-norwegischen Theaters leben, erzählen, was er für die war, die er gern
-hatte, denn er war ein verwöhnter Menschenkenner! Sie werden uns
-erzählen, was sie seinem Geschmack, seiner Erfindungsgabe, wo es ihr
-Wohl galt, seiner taktvollen Aufrichtigkeit, seiner Treue und Diskretion
-verdanken. Heiter und warmherzig, phantasievoll und vertrauenerweckend,
-ihre kleinen Fehler verspottend und züchtigend; das, was er liebte,
-hervorlockend.
-
-Er war noch nicht lange da, als er zum ersten Mal in seinem Leben festen
-Boden unter den Füßen zu fühlen begann; es schwankte nicht mehr alles.
-Aber just da erhielt er einen anonymen Brief von »einem Moldenser«.
-Darin wurde er gefragt, »wie _er_ es wagen könne --?«
-
-Und hier war's, wo ich dazu kam.
-
-Eins von den ersten Dingen, die ich erzählen hörte, als ich Zögling der
-höheren Schule zu Molde wurde, war, wie dieser gutherzige, schöne Junge
-von älteren, »vornehmeren« Kameraden mißbraucht und dann schmählich
-verlassen worden war. Darüber herrschte in Molde sowohl damals als
-später nur _eine_ Stimme. Als es nun mit Schlangenzungen zu zischen
-begann, schien es mir deshalb, wir Moldenser müßten die Ersten sein, sie
-in ihre Löcher zurückzupeitschen. Ich habe ein Talent für Organisation;
-in aller Eile veranlaßte ich die Moldenser Studenten, eine Leibwache um
-ihn zu schließen, eine Wache des Schweigens und der Freundschaft. Und zu
-äußerer Sicherheit nahmen wir ihn in die Studentenkolonie auf, die ein
-paar von uns gegründet hatten. Er zog mit seiner langen Pfeife, seinem
-kleinen Hausrat -- vor allem seiner kleinen Beefsteakpfanne, an der so
-viele von uns sich erfreut haben! -- bei uns ein; seine Bude oben wurde
-bald unser Lieblingsaufenthalt.
-
-Als Theaterkritiker konnte ich ihm auch indirekt eine Stütze sein, wenn
-die Leute uns überall zusammen sahen. Ich stutzte einen französischen
-Lustspiel-Einakter für ihn und noch einen andern Notleidenden, Kapitän
-David Thrane, zurecht; letzterer hatte Walzer- und Operettenmelodien
-komponiert, die er darin angebracht haben wollte. Bye erhielt eine
-kleine erotische Rolle; ich wollte sehen, ob er vielleicht am Ende doch
-einmal mit etwas von dem, was er besaß, herauskommen könnte. Er wagte
-sich jedoch kaum zu rühren, so daß das Stück glänzend Fiasko machte. Wir
-tranken unter großem Gelächter auf seinen Tod.
-
-Für das norwegische Theater kamen bald böse Tage. Wir Norweger haben
-nämlich die Gewohnheit, jedes nationale Unternehmen dreimal an unsrer
-Gleichgiltigkeit oder Uneinigkeit zugrunde gehen zu lassen. Erst beim
-viertenmal ist es lebensfähig. Bye ging mit einer schlechten Truppe auf
-die Wanderschaft. Aber eben damals war ich Direktor am Bergenser Theater
-geworden und schickte ihm Reisegeld.
-
-Ich seh ihn noch, wie er am ersten Tag meine Garderobe musterte und sich
-daraus ein paar Hosen mit Seidenstickerei an den Säumen herunter
-auswählte; ich seh ihn mit einem Taschenmesser sitzen und diese
-Verzierungen austrennen; denn grade diese Hosen hatte er sich nun einmal
-ausgesucht. Er war bettelarm. Er hatte nämlich alles, was er hatte,
-weggegeben, solchen, die es nötiger brauchten, als er. »Für mich war ja
-noch immer Rat,« sagte Bye, »ich wußte ja, ich hatte dich in der
-Hinterhand.« Ich möchte wissen, ob ich jemals in meinem Leben stolzer
-auf etwas gewesen bin, das er mir gesagt hat. Es war auch das Einzige
-dieser Sorte, was er mir zu spendieren für zuträglich hielt.
-
-Er nannte mich -- wie alle Kameraden -- »Björnen« (Bär) oder »Bjö'en«
-und behandelte mich wie ein Kind, oder wie einen hellen Toren --
-insonderheit wie das letztere, indem er mich vollständig entmündigte.
-Ich bekam mein eignes Geld nicht in die Hand, -- wobei ich mich
-ausgezeichnet stand, -- sondern mußte ab und zu etwas von ihm »leihen«.
-Er umgarnte mich geradezu mit den abscheulichsten Schlichen und stiftete
-Verschwörungen gegen mich unter meinen Freunden an. Obschon es immer zu
-meinem eignen Besten geschah, -- wenn ich dahinter kam, oder wenn es zu
-stark gegen meine Passionen ging, so kriegte er Prügel; aber in der
-Regel ging's nach seinem Willen. Wenn alles vorüber war, hielt er mich
-unbarmherzig zum Narren, und dann lachten wir alle beide.
-
-Im Frühling zogen wir nach Trontheim, um wieder vor den Trontheimern zu
-spielen -- ich darf wohl sagen, ein gut einstudiertes Repertoire. Die
-Trontheimer wollten uns erst das Theater nicht vermieten; »es sollte
-repariert werden«. Ich mußte hinauf und es erobern, und die andern kamen
-nach. Bye war mit dabei. Eine lustige Gesellschaft waren wir -- lauter
-junge Leute, der Direktor der zweitjüngste von allen! Eine Sommerreise,
-wie sie kaum ihresgleichen gehabt hat in Norwegen! Sie hätte ihren
-Dichter haben müssen; -- der aber starb mit Georg Krohn.
-
-Proben und Vorstellungen, Gesellschaften, Ausflüge, Tollheiten und
-Reden, -- ich hielt zu jener Zeit beständig Reden! ... man kann sich
-eine Vorstellung davon machen, wie wir mit den Trontheimern umsprangen,
-wenn ich erzähle, daß wir jeden Abend bei gutem Wetter damit endeten,
-daß Rektor Müller -- man denke, der Rektor der Stadt! -- auf der
-Feuerleiter in den Stiftsgarten stieg, ohne sich festzuhalten, und
-weiter über die Dachrinne und wieder zurück!
-
-Ich wohnte im ersten Hotel der Stadt.[3] Ivar Bye wohnte natürlich bei
-mir. _Er_ sagte nichts und _ich_ sagte nichts; aber wir waren im voraus
-darüber einig, so und nicht anders mußte er Trontheim wiedersehen.
-
-Den Tag, nachdem wir angekommen waren, gingen wir miteinander an dem
-langen, düstern Haus vorbei, in dem er einmal als Gefangener gesessen
-hatte. Nie vergeß' ich, welche Stimmung in mir zitterte, meine Augen
-begegneten den seinen. Er sagte irgend etwas, wie: sie haben ein neues
-Tor; oder: das Tor ist neu angestrichen. Ich weiß nicht mehr, was. Ich
-sagte nichts; d. h. ich schwatzte unaufhörlich von ganz andern Dingen.
-
-In Trontheim waren nur Wenige, die sein Geheimnis kannten, und diese
-Wenigen waren seine guten Freunde. Hier war er also sicher. Ich seh ihn
-noch draußen auf einem Stein mitten in dem großen Lerfoß, ein Stück weit
-von der Stadt; Gott weiß, wie er da hinaus gekommen war. Er hockte da --
-nackt. Da war er einmal ganz losgelassen! Eine solche Wildheit und ein
-solcher Übermut offenbarte sich da, daß man erwartete, er würde sich in
-den Strom werfen. Ich stand und dachte: Jetzt ist Bye froh!
-
-[Fußnote 3: In einer wehmütigen Stunde, mitten unter allem Jubel,
-schrieb ich da:
-
- »Auf Sankte-Hans
- ist Lachen und Tanz;
- ich aber weiß nicht, ob sie flicht ihren Kranz.«
-]
-
-Später sagte ich zu ihm: »Was hätte aus dir werden können, Bye, wenn du
-dich hättest frei entwickeln können.«
-
-»Ja,« antwortete er, »etwas zwischen Aschenputtel und Nöck. Auch wenn
-der Nöck weint.«
-
-Und eine Weile darauf: »Aber für mich war von Anfang an die Schranke
-gezogen.«
-
-Zwei Tage zuvor hatte ich mich verlobt, deshalb lebt der Tag in meinem
-Gedächtnis wie Sonnenschein; jedes Wort steht vor mir in gleicher
-Klarheit wie die Landschaft. Solange diese Verlobung sich vorbereitet
-hatte, schwieg er; nicht mit einem Hauch seines Mundes, so schwach, daß
-er die kleinste Feder bewegt hätte, versuchte er auf meinen Entschluß
-einzuwirken. Und doch sagte er mir, sogleich nachdem es geschehen war,
-daß es sein höchster Wunsch gewesen war! Herrliche Tage hatten wir drei!
-Und es blieb so, als ich mich verheiratete, obwohl er ausziehen mußte
-und meine Frau einzog; er kam beständig zu uns.
-
-Jenes Jahr ist zweifellos das für meinen Charakter gefahrvollste
-gewesen. Ich hatte eine unbändige Arbeitskraft; ich leitete das Theater
-und das Oppositionsblatt der Stadt und damit die große Wahl, die erste
-in Norwegen auf ganz nationalem Grund. Gleichzeitig nahm ich in
-ausgedehntestem Grad am Vereinsleben und an Gesellschaften teil, schrieb
-an einer Erzählung und dichtete Lieder. Aber mir war nicht leicht eine
-Schranke zu setzen, wenn ich etwas erreichen wollte; ich hatte ja auch
-immer Glück.
-
-Ihm und ihr verdanke ich es, und der Mithilfe meiner teuren Freunde
-Georg und Henrik Krohn, Dankert Roggen, Andreas Behrens, Henrichsen,
-Dahl u. a., daß ich so einigermaßen unversehrt daraus hervorgegangen
-bin.
-
-Unter den warmen, unmittelbaren Menschen in Bergen fanden sich Freunde
-für Ivar Bye. Als Garderobier am Theater, wo man ihn seines guten
-Geschmacks willen angestellt hatte, kam er mit vielen verschiedenen
-Schichten der Bevölkerung zusammen, und er traf wie gewöhnlich, seine
-Auswahl. Durch uns andre lernte er noch mehr kennen, -- so daß er nun
-endlich Menschen gefunden hatte, die er brandschatzen konnte für seine
-armen Freunde in allen Ecken und Winkeln des Landes! Nach und nach
-gewann er, -- das war unausbleiblich -- vollständige Herrschaft über
-die, die er gern hatte, und er erhielt sie sich auch, weil er genau
-wußte, wie er jeden Einzelnen zu nehmen hatte. Eine alte Verwandte
-meiner Frau liebte ihn so, daß sie den Tag für verloren hielt, an dem er
-nicht vorgesprochen hatte. Trotzdem wollte sie ihm das Kleid nicht
-geben, das sie eben an hatte; es war ja auch wirklich zu toll, um so
-etwas zu bitten. Bye hatte nämlich ein altes armes Fräulein, dem dies
-Kleid akkurat paßte; es war so hübsch warm, so recht ein gutes
-Winterkleid, und sie besaß mehrere, das alte Fräulein aber gar keines.
-Kaum war Bye gegangen, so fing das, was er gesagt hatte zu wirken an.
-Vielleicht mußte es eben grade solch ein Kleid sein? Sie zog es aus und
-packte es ein. Eh' Bye von seinen vielen Besorgungen nach Hause kam, lag
-das Kleid auf seinem Zimmer. -- Für andre hatte er eine andere Art des
-Vorgehens. Wenn sie mit einem ausgedienten Kleidungsstück nicht
-herausrücken wollten (es gibt ja liebenswürdige Menschen, die in diesem
-Punkt unglaubliche Gewohnheitstiere sind), so nahm er es ganz einfach
-und ließ uns andre dann arglos fragen: »Aber, Liebe, haben Sie denn das
-graue Kleid nicht mehr? Es stand Ihnen so gut!«
-
-Was er sich und uns Spaß machte mit all seinen Schlichen, um uns Geld
-für seine alten Fräuleins abzulocken! Er hatte ein wahres Genie dafür,
-solche aufzustöbern und sie mit seinem Geplauder und seinen diskreten
-Gaben zu erfreuen.
-
-Ivar Bye hat uns in Wahrheit gelehrt, gut zu sein, und viele, viele
-außer uns.
-
-Als Beweis dafür, wie sicher er sich seiner Freunde fühlte, muß ich
-einen kleinen Streich erzählen, über den seinerzeit halb Bergen lachte.
-Wir waren in Gesellschaft bei einer Dame, die für ihre ausgezeichneten
-Kuchen bekannt war. »O,« sagte meine Frau, »besonders _der_ da schmeckt
-köstlich!« -- »Den sollst du mit nach Hause nehmen,« antwortete Bye.
-Alle Kuchen wurden aufgegessen, nur nicht diese Sorte; sie waren fast
-unberührt. »Ich begreif' es nicht,« sagte die Wirtin, als die andern
-Gäste fort waren und wir noch allein da waren. »Ich glaubte, die Kuchen
-seien die Besten.« -- »_Ich_ begreif' es gut,« sagte Bye, »ich bin
-nämlich zu allen Leuten gegangen und habe ihnen gesagt, daß in den
-Kuchen da faule Eier seien!« --
-
-Der reichste Teil aber seiner Menschenkenntnis, seiner Wärme und Güte
-sammelte sich in seinem Beruf als Ratgeber und Vertrauter. Er war dazu
-geboren. Keine Instinkte sind im Menschen feiner entwickelt, als die,
-die Verständnis ahnen! Und andrerseits gibt es kein sichereres Zeugnis
-moralischer Macht, als das, Bekenntnisse zu erzwingen einfach dadurch,
-daß man ist, der man ist! Und diese Macht hatte er.
-
-Unsre Literatur hat ein Denkzeichen für seine Art und Weise, Vertrauen
-entgegen zu nehmen. Es ist niedergelegt in dem Gedicht:
-
- Ich hab' einen Freund -- In schlafloser Nacht -- --
-
-Ich schrieb es fern von ihm -- nicht, damit er es bekommen sollte, sein
-Name ist nicht genannt und er hat es nie erhalten; sondern weil das
-Leben damals schwer für mich war.
-
--- -- Als meine Frau und ich mit unsrem kleinen Jungen vom Auslande
-heimkehrten, vier Jahre nach meinem Abschied von ihm und vom Theater,
-sehnten wir uns tiefinnerlichst nach Bergen und ich ganz besonders nach
-ihm. Das Theater war aufgehoben. Natürlich. Aber Bye hatte sich
-Vertrauen erworben, er blieb zurück als Aufseher über Haus und Habe, und
-die kleine Einnahme genügte für ihn.
-
-Wir hatten uns darauf gefreut, ihm unsern Jungen zu zeigen, -- und wir
-mußten hören, daß Bye gefährlich krank sei. Trotzdem war viel Freude bei
-der Rührung des Wiedersehens, denn er war ja auf, er hob unsern Jungen
-hoch; wir wollten viel zusammen sein, sagte er.
-
-Darin aber täuschten wir uns. Den Tag darauf mußte er zu Bett, um nicht
-mehr aufzustehen. Es war, als hätten die Kräfte ausgehalten, bis wir
-kamen; jetzt ging es rasch bergab.
-
-Daß es schnell zu Ende ging, begriff ich zum erstenmal bei einem
-Vorfall, einige Tage später; ich will ihn nicht verschweigen. Ich kam zu
-ihm -- »kam« ist nicht das Wort, denn ich war wütend und stürmte die
-Treppen hinauf. Ich war mit einer Sache beschäftigt, die mich erregte
-und ich vergaß, -- wie junge gesunde Leute nur allzu oft tun, -- wie es
-Schwachen und Kranken zumute ist. Nach alter Gewohnheit wollte ich mich
-vor allem vor ihm austoben, und das tat ich auch. Da traf mich auf
-einmal ein hilfloser Blick und ich hörte die Worte: »Ach nein -- ich
-kann nicht fassen, was du sagst!« ... Wie ich erschrak, wie ich mich
-schämte und unglücklich war! Und wie das sich verschärfte, als er ein
-paar Tage darauf starb! So nahe war er dem Tod, und wir ahnten es nicht!
-
-Es ist mir leider oft passiert, daß ich mit meinem unbändigen Eifer
-denen weh getan habe, die ich am wenigsten kränken wollte, -- und alle
-diese Fälle haben mich später heimgesucht, einzeln oder miteinander,
-mich gequält, mich gedemütigt. Keiner aber öfter als dieser.
-
-Denn war es nicht, zum Ausgang seines Lebens, wie eine letzte
-Wiederholung all des rücksichtslosen Gebrauchs, den andre von seiner
-hingebenden Natur gemacht hatten?
-
-Wie wenn Anfang und Ende sich zusammenschließen sollten, stand, als die
-Wirtin seine Augen geschlossen hatte und in seine Wohnung hinunter kam,
-ein Fremder da; er fragte nach Ivar Bye. Sie erzählte ihm weinend, daß
-sie ihm soeben die Augen geschlossen habe; der Fremde ward davon so
-stark ergriffen, daß er sich setzen mußte. Er fing an, sie auszufragen,
-und der Wirtin war es eine Erquickung, grade jetzt ihn aus ihres Herzens
-reichster Fülle preisen und zuletzt sein geduldiges, ruhiges Sterbebett
-schildern zu können. All das machte einen tiefen Eindruck auf den
-Fremden. Er blieb lange sitzen. Als er sich erhob, um zu gehen, wollte
-er aber seinen Namen nicht nennen. Er habe wie ein Beamter ausgesehen,
-sagte sie. Sollte es einer der Kameraden von Molde gewesen sein, den
-späte Reue grade in diesem Augenblick herbeigezogen hatte?
-
-Der Anführer von damals war es nicht; der war längst tot.
-
-Ich stand an Ivar Byes Grab und sagte mir, daß ich dies alles einmal
-niederschreiben wollte. Für das juristische norwegische Volk.
-
-Ich stand am Grab und blickte auf das Gefolge. Das war ja eine große
-Beerdigung; ich kannte nicht den zwanzigsten Teil! Theatervolk,
-Handwerker, Kaufleute, Seeleute, Beamte, arme Kerle, Reiche, die
-Ältesten und die Jüngsten. Und am Grab erwarteten uns die Frauen. Mütter
-waren da, die ihre Kinder mit sich hatten, und Mütter und Kinder weinten
-um die Wette. Alte Fräulein aus dem Jungfernstift, arme Weiber, junge
-Mädchen, alle mit Blumen und Tränen.
-
-Ich kenne manche, die ihre Tränen wiederfinden werden, wenn sie dies
-lesen. --
-
-Wenn ich mir meine verstorbenen Lieben denke, so mag ich sie mir nicht
-als Leichen, geschweige denn als abgemagerte Skelette denken. Ich denke
-sie mir wieder mit der Röte des Lebens auf den Wangen, ihre Augen auf
-mich gerichtet. Bye aber kann ich mir denken, so wie er jetzt aussehen
-muß, -- ja, ich denke ihn mir meistens so, mit seiner Reihe herrlicher
-Zähne in breiter Rundung, mit dem Nasenbein und den Höhlen unter dem
-schönen Schädel. Ohne Scheu seh' ich die kalkgrauen Kniee, -- etwas
-aufwärts- und auseinandergekrümmt, und die langen, gegeneinander
-gelegten Knochenfinger.
-
-Ich glaube nicht, daß dies ist, weil sein Gesicht hager war, so daß es
-der Phantasie Vorschub leistete. Auch nicht, weil er, als Nöck draußen
-in Lerfoß hockend, mitten im Sturz und Schaum des Wassers, mehr aus
-Höhlen als aus Augen um sich starrte, während seine Zähne gleißten.
-
-Nein, es ist wohl, weil sein Verstehen der Menschen und Dinge ein so
-tiefes geworden war, ein so liebevolles, daß es für ihn nichts
-Abstoßendes gab. Nicht in den Formen des Lebens und nicht in den Formen
-des Todes. Und _das_ symbolisiert sich auf diese Weise in meiner
-Erinnerung.
-
-
- Einsame Reue
-
- Ich hab' einen Freund -- in schlafloser Nacht
- tönt mir sein Friedensgruß.
- Wenn das Licht erstirbt und das Grau'n erwacht
- naht er auf leisem Fuß.
-
- Nie redet in harten Worten sein Mund --
- selbst kennt er Leid und Reu' --
- sein weicher Blick macht Krankes gesund --
- wer ist, wie er, so treu?
-
- Begangene Sünde, die mich kränkt,
- nimmt still er auf sein Herz,
- und wenn mein Glaube die Flügel senkt,
- hebt er ihn himmelwärts.
-
- So kämpft er auch heute, wie immerdar,
- mein einsames Ringen mit --
- Übers Jahr, mein Freund, wird offenbar,
- um was ich heute stritt!
-
-
-
-
-Anmerkungen zur Transkription
-
-
-Das Original ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im Original
-g e s p e r r t sind, wurden mit Unterstrichen wie _hier_
-gekennzeichnet. Textstellen, die im Original in Antiqua gesetzt sind,
-wurden ^so^ markiert.
-
-Offensichtliche Fehler wurden, zum Teil unter Zuhilfename der
-norwegischen Originale, korrigiert wie hier aufgeführt
-(vorher/nachher):
-
- [S. 14]:
- ... »Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens ...
- ... »Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens! ...
-
- [S. 24]:
- ... stehen und knixte wie ein Schulmädchen in kurzen ...
- ... stehen und knixte wie ein Schulmädchen im kurzen ...
-
- [S. 25]:
- ... Elsa war mit dabei! Sie kam zu früh, -- ...
- ... Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, -- ...
-
- [S. 31]:
- ... Men I, som höhrer, styrk deus Klang; ...
- ... Men I, som höhrer, styrk dens Klang; ...
-
- [S. 32]:
- ... Teilnahmlosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder ...
- ... Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder ...
-
- [S. 34]:
- ... der kleinen Person irgenwo unten an seiner Weste ...
- ... der kleinen Person irgendwo unten an seiner Weste ...
-
- [S. 38]:
- ... for mig hun löfter den og ler ...
- ... For mig hun löfter den og ler ...
-
- [S. 38]:
- ... Fordi det aevet er af Smerte, -- ...
- ... Fordi det vaevet er af Smerte, -- ...
-
- [S. 44]:
- ... wie es ihm füher schon zweimal gegangen war. ...
- ... wie es ihm früher schon zweimal gegangen war. ...
-
- [S. 58]:
- ... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen ...
- ... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen, ...
-
- [S. 61]:
- ... kenne es, -- und jetzte erst sollte er lernen, wie ...
- ... kenne es, -- und jetzt erst sollte er lernen, wie ...
-
- [S. 70]:
- ... auf ein Brettende, das ins schwanken kam; sie wäre ...
- ... auf ein Brettende, das ins Schwanken kam; sie wäre ...
-
- [S. 72]:
- ... Worte ein: »Da haben Sie doch etwas reelles.« ...
- ... Worte ein: »Da haben Sie doch etwas Reelles.« ...
-
- [S. 73]:
- ... ihnen, daß Sie mitkommen!« Seine Stimme war ...
- ... Ihnen, daß Sie mitkommen!« Seine Stimme war ...
-
- [S. 78]:
- ... Wisch himmlicher Krystalle zugestopft; entstellende ...
- ... Wisch himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende ...
-
- [S. 81]:
- ... frem, til hun optlog Öjnene. ...
- ... frem, til hun opslog Öjnene. ...
-
- [S. 82]:
- ... Han, som skjaeldtes for ond og vred, ...
- ... Han, som skjaeldtes for vond og vred, ...
-
- [S. 91]:
- ... Weise bekleidet hatte, so begleitete jetzt das »Mama, ...
- ... Weise begleitet hatte, so begleitete jetzt das »Mama, ...
-
- [S. 91]:
- ... Mama!« der zarten Stimmen ihrer Tränen. Es ...
- ... Mama!« der zarten Stimmen ihre Tränen. Es ...
-
- [S. 99]:
- ... dessen angenehmen Rythmus sie empfanden. Nie ...
- ... dessen angenehmen Rhythmus sie empfanden. Nie ...
-
- [S. 101]:
- ... diese großen Träume blos seiner kleinen Schwester, ...
- ... diese großen Träume bloß seiner kleinen Schwester, ...
-
- [S. 103]:
- ... Leinen an den Boten der Bauern durchschnitten ...
- ... Leinen an den Booten der Bauern durchschnitten ...
-
- [S. 105]:
- ... als er in seinen hübschen blauen Anzug an Bord ...
- ... als er in seinem hübschen blauen Anzug an Bord ...
-
- [S. 108]:
- ... bestimmen. Er verlies Trontheim und kam nach ...
- ... bestimmen. Er verließ Trontheim und kam nach ...
-
- [S. 109]:
- ... selbst vor sein Hotel; er wollte ihn begegnen, ...
- ... selbst vor sein Hotel; er wollte ihm begegnen, ...
-
- [S. 126]:
- ... ich erschrack, wie ich mich schämte und unglücklich ...
- ... ich erschrak, wie ich mich schämte und unglücklich ...
-
- [S. 127]:
- ... wie eine letzte Wiederholung all des rücksichtlosen ...
- ... wie eine letzte Wiederholung all des rücksichtslosen ...
-
-
-
-
-
-
-End of Project Gutenberg's Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE ***
-
-***** This file should be named 52016-8.txt or 52016-8.zip *****
-This and all associated files of various formats will be found in:
- http://www.gutenberg.org/5/2/0/1/52016/
-
-Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the
-Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
-
-Updated editions will replace the previous one--the old editions will
-be renamed.
-
-Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright
-law means that no one owns a United States copyright in these works,
-so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United
-States without permission and without paying copyright
-royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part
-of this license, apply to copying and distributing Project
-Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm
-concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark,
-and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive
-specific permission. If you do not charge anything for copies of this
-eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook
-for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports,
-performances and research. They may be modified and printed and given
-away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks
-not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the
-trademark license, especially commercial redistribution.
-
-START: FULL LICENSE
-
-THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
-PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK
-
-To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
-distribution of electronic works, by using or distributing this work
-(or any other work associated in any way with the phrase "Project
-Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full
-Project Gutenberg-tm License available with this file or online at
-www.gutenberg.org/license.
-
-Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project
-Gutenberg-tm electronic works
-
-1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
-electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
-and accept all the terms of this license and intellectual property
-(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all
-the terms of this agreement, you must cease using and return or
-destroy all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your
-possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a
-Project Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound
-by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the
-person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph
-1.E.8.
-
-1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be
-used on or associated in any way with an electronic work by people who
-agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
-things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
-even without complying with the full terms of this agreement. See
-paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
-Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this
-agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm
-electronic works. See paragraph 1.E below.
-
-1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the
-Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection
-of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual
-works in the collection are in the public domain in the United
-States. If an individual work is unprotected by copyright law in the
-United States and you are located in the United States, we do not
-claim a right to prevent you from copying, distributing, performing,
-displaying or creating derivative works based on the work as long as
-all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope
-that you will support the Project Gutenberg-tm mission of promoting
-free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg-tm
-works in compliance with the terms of this agreement for keeping the
-Project Gutenberg-tm name associated with the work. You can easily
-comply with the terms of this agreement by keeping this work in the
-same format with its attached full Project Gutenberg-tm License when
-you share it without charge with others.
-
-1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern
-what you can do with this work. Copyright laws in most countries are
-in a constant state of change. If you are outside the United States,
-check the laws of your country in addition to the terms of this
-agreement before downloading, copying, displaying, performing,
-distributing or creating derivative works based on this work or any
-other Project Gutenberg-tm work. The Foundation makes no
-representations concerning the copyright status of any work in any
-country outside the United States.
-
-1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:
-
-1.E.1. The following sentence, with active links to, or other
-immediate access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear
-prominently whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work
-on which the phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the
-phrase "Project Gutenberg" is associated) is accessed, displayed,
-performed, viewed, copied or distributed:
-
- This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and
- most other parts of the world at no cost and with almost no
- restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it
- under the terms of the Project Gutenberg License included with this
- eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the
- United States, you'll have to check the laws of the country where you
- are located before using this ebook.
-
-1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is
-derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not
-contain a notice indicating that it is posted with permission of the
-copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in
-the United States without paying any fees or charges. If you are
-redistributing or providing access to a work with the phrase "Project
-Gutenberg" associated with or appearing on the work, you must comply
-either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or
-obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg-tm
-trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
-with the permission of the copyright holder, your use and distribution
-must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any
-additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms
-will be linked to the Project Gutenberg-tm License for all works
-posted with the permission of the copyright holder found at the
-beginning of this work.
-
-1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
-License terms from this work, or any files containing a part of this
-work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.
-
-1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
-electronic work, or any part of this electronic work, without
-prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
-active links or immediate access to the full terms of the Project
-Gutenberg-tm License.
-
-1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
-compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including
-any word processing or hypertext form. However, if you provide access
-to or distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format
-other than "Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official
-version posted on the official Project Gutenberg-tm web site
-(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense
-to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means
-of obtaining a copy upon request, of the work in its original "Plain
-Vanilla ASCII" or other form. Any alternate format must include the
-full Project Gutenberg-tm License as specified in paragraph 1.E.1.
-
-1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
-performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
-unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
-access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works
-provided that
-
-* You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
- the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
- you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed
- to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he has
- agreed to donate royalties under this paragraph to the Project
- Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid
- within 60 days following each date on which you prepare (or are
- legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty
- payments should be clearly marked as such and sent to the Project
- Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in
- Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg
- Literary Archive Foundation."
-
-* You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
- you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
- does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
- License. You must require such a user to return or destroy all
- copies of the works possessed in a physical medium and discontinue
- all use of and all access to other copies of Project Gutenberg-tm
- works.
-
-* You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of
- any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
- electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
- receipt of the work.
-
-* You comply with all other terms of this agreement for free
- distribution of Project Gutenberg-tm works.
-
-1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project
-Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than
-are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing
-from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The
-Project Gutenberg Trademark LLC, the owner of the Project Gutenberg-tm
-trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below.
-
-1.F.
-
-1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
-effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
-works not protected by U.S. copyright law in creating the Project
-Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm
-electronic works, and the medium on which they may be stored, may
-contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate
-or corrupt data, transcription errors, a copyright or other
-intellectual property infringement, a defective or damaged disk or
-other medium, a computer virus, or computer codes that damage or
-cannot be read by your equipment.
-
-1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
-of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
-Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
-Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
-liability to you for damages, costs and expenses, including legal
-fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
-LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
-PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
-TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
-LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
-INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
-DAMAGE.
-
-1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
-defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
-receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
-written explanation to the person you received the work from. If you
-received the work on a physical medium, you must return the medium
-with your written explanation. The person or entity that provided you
-with the defective work may elect to provide a replacement copy in
-lieu of a refund. If you received the work electronically, the person
-or entity providing it to you may choose to give you a second
-opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
-the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
-without further opportunities to fix the problem.
-
-1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
-in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
-OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
-LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
-
-1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
-warranties or the exclusion or limitation of certain types of
-damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
-violates the law of the state applicable to this agreement, the
-agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
-limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
-unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
-remaining provisions.
-
-1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
-trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
-providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in
-accordance with this agreement, and any volunteers associated with the
-production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
-electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
-including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
-the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
-or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
-additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
-Defect you cause.
-
-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
-
-Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of
-computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
-exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
-from people in all walks of life.
-
-Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
-goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
-generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
-Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
-www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
-U.S. federal laws and your state's laws.
-
-The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
-mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
-volunteers and employees are scattered throughout numerous
-locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
-Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
-date contact information can be found at the Foundation's web site and
-official page at www.gutenberg.org/contact
-
-For additional contact information:
-
- Dr. Gregory B. Newby
- Chief Executive and Director
- gbnewby@pglaf.org
-
-Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
-spread public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.
-
-The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
-DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
-state visit www.gutenberg.org/donate
-
-While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.
-
-International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
-
-Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations. To
-donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
-
-Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.
-
-Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
-Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
-freely shared with anyone. For forty years, he produced and
-distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
-volunteer support.
-
-Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
-the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
-necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
-edition.
-
-Most people start at our Web site which has the main PG search
-facility: www.gutenberg.org
-
-This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
-
diff --git a/old/52016-8.zip b/old/52016-8.zip
deleted file mode 100644
index baea7cd..0000000
--- a/old/52016-8.zip
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h.zip b/old/52016-h.zip
deleted file mode 100644
index a10ddb3..0000000
--- a/old/52016-h.zip
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/52016-h.htm b/old/52016-h/52016-h.htm
deleted file mode 100644
index 2d6a476..0000000
--- a/old/52016-h/52016-h.htm
+++ /dev/null
@@ -1,4309 +0,0 @@
-<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN"
-"http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd">
-<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" lang="de" xml:lang="de">
-<head>
-<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" />
-<title>The Project Gutenberg eBook of Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson</title>
- <link rel="coverpage" href="images/cover-page.jpg" />
- <!-- TITLE="Ein Tag / Ivar Bye" -->
- <!-- AUTHOR="Bjørnstjerne Bjørnson" -->
- <!-- LANGUAGE="de" -->
- <!-- PUBLISHER="Albert Langen, München" -->
- <!-- DATE="1903" -->
- <!-- COVER="images/cover-page.jpg" -->
-
-<style type='text/css'>
-
-body { margin-left:15%; margin-right:15%; }
-
-div.frontmatter { page-break-before:always; }
-
-.ser { text-indent:0; text-align:center; margin-top:0.5em; margin-bottom:1em; }
-.aut { text-indent:0; text-align:center; margin-bottom:1em; }
-h1.title { text-align:center; font-weight:normal; margin-bottom:0.5em; }
-h1.title .line2 { font-size:0.8em; }
-.subt { text-indent:0; text-align:center; line-height:1.5em; margin-bottom:1em; }
-.trn { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; margin-bottom:1em; }
-.trn .line3 { font-weight:bold; }
-.pub { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; }
-.pub .line1{ letter-spacing:0.2em; }
-.pub .line3{ font-weight:bold; }
-
-h2 { text-align:center; margin-top:3em; margin-bottom:1em;
- page-break-before:always; }
-div.ch { margin-bottom:3em; page-break-before:always; }
-h3 { text-align:center; margin-bottom:1em; page-break-before:always; }
-h3.no { margin-top:0.5em; }
-h3.no span.centerpic { display:inline-block; padding-bottom:2em; }
-h3.subchap { margin-top:3em; }
-div.page { page-break-before:always; margin-top:6em; margin-bottom:6em; }
-
-p { margin-left:0; margin-right:0; margin-top:0; margin-bottom:0;
- text-align:justify; text-indent:1em; }
-p.first { text-indent:0; }
-p.noindent { text-indent:0; }
-p.tb { text-indent:0; text-align:center; margin:1em; }
-p.footnote { text-indent:0; margin:1em; font-size:0.8em; }
-hr.footnote { margin-left:0; margin-top:1em; border:0; border-top:1px solid black; width:20%; }
-
-/* poetry */
-div.poem-container { text-align:center; }
-div.poem-container div.poem { display:inline-block; font-size:0.8em; }
-div.stanza { text-align:left; text-indent:0; margin-top:1em; margin-bottom:1em; }
-div.stanza.nor { font-style:italic; }
-div.stanza.footnote2 { font-size:0.8em; margin-left:2em; }
-.stanza .verse { text-align:left; text-indent:-2em; margin-left:2em; }
-.stanza .verse2 { text-align:left; text-indent:-2em; margin-left:4em; }
-.stanza .verse5 { text-align:left; text-indent:-2em; margin-left:8em; }
-
-/* "emphasis"--used for spaced out text */
-em { letter-spacing:0.2em; font-style:normal; }
-span.antiqua { font-style:italic; }
-
-span.underline { text-decoration: underline; }
-
-/* tables */
-div.table { text-align:center; }
-table { margin-left:auto; margin-right:auto; border-collapse:collapse; }
-table td { vertical-align:top; }
-table.toc td.col1 { padding-right:0.2em; text-align:right; }
-table.toc td.col_page { text-align:right; vertical-align:bottom; }
-
-a:link { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); }
-a:visited { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); }
-a:hover { text-decoration: underline; }
-a:active { text-decoration: underline; }
-
-/* Transcriber's note */
-.trnote { font-size:0.8em; background-color: #ccc;
- color: #000; border: black 1px dotted; margin: 2em; padding: 1em;
- page-break-before:always; }
-.trnote ul { margin-left: 0; padding-left: 0; }
-.trnote li { text-align: left; margin-bottom: 0.5em; margin-left: 1em; }
-.trnote ul li { list-style-type: square; }
-.trnote p { text-indent:0; margin-top:1em; }
-.trnote p.handheld-only { display:none; }
-
-/* page numbers */
-a[title].pagenum { position: absolute; right: 1%; }
-a[title].pagenum:after { content: attr(title); color: gray; background-color: inherit;
- letter-spacing: 0; text-indent: 0; text-align: right; font-style: normal;
- font-variant: normal; font-weight: normal; font-size: x-small;
- border: 1px solid silver; padding: 1px 4px 1px 4px;
- display: inline; }
-
-div.centerpic { text-align:center; text-indent:0; display:block; margin:0; padding:10px;
- page-break-inside:avoid; clear:both; }
-
-@media handheld {
- body { margin-left:0; margin-right:0; }
- div.poem-container div.poem { display:block; margin-left:2em; }
- em { letter-spacing:0; margin-right:0; font-style:italic; }
- a.pagenum { display:none; }
- a.pagenum:after { display:none; }
- .trnote p.handheld-only { display:block; }
-}
-
-</style>
-</head>
-
-<body>
-
-
-<pre>
-
-The Project Gutenberg EBook of Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Ein Tag / Ivar Bye
- Zwei Erzählungen
-
-Author: Bjørnstjerne Bjørnson
-
-Translator: Maria von Borch
- G. I. Klett
-
-Release Date: May 7, 2016 [EBook #52016]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE ***
-
-
-
-
-Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the
-Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
-</pre>
-
-
-<div class="centerpic" id="img-cover-page">
-<img src="images/cover-page.jpg" alt="" /></div>
-
-<div class="frontmatter">
-<p class="ser">
-Kleine Bibliothek Langen Band 58
-</p>
-
-<p class="aut">
-Björnstjerne Björnson
-</p>
-
-<h1 class="title">
-<span class="line1">Ein Tag</span><br />
-<span class="line2">Ivar Bye</span>
-</h1>
-
-<p class="subt">
-Zwei Erzählungen
-</p>
-
-<p class="trn">
-<span class="line1">Einzige berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen</span><br />
-<span class="line2">von</span><br />
-<span class="line3">Maria von Borch und G. I. Klett</span>
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-logo">
-<img src="images/logo.jpg" alt="" /></div>
-
-<p class="pub">
-<span class="line1">Albert Langen</span><br />
-<span class="line2">Verlag für Litteratur und Kunst</span><br />
-<span class="line3">München 1903</span>
-</p>
-
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="chapter-0-1">
-Inhalt
-</h2>
-
-<div class="table">
-<table class="toc" summary="TOC">
-<tbody>
- <tr>
- <td class="col1">&nbsp;</td>
- <td class="col_page">Seite</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="col1">Ein Tag</td>
- <td class="col_page"><a href="#page-9">9</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="col1">Ivar Bye</td>
- <td class="col_page"><a href="#page-95">95</a></td>
- </tr>
-</tbody>
-</table>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="chapter-0-2">
-<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
-Ein Tag
-</h2>
-
-<p class="trn">
-<span class="line1">Deutsch von <b>Maria von Borch</b></span>
-</p>
-
-<h3 class="no" id="subchap-0-2-1">
-<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
-<span class="centerpic"><img src="images/011.jpg" alt="" /></span>
-<br />I
-</h3>
-
-<p class="first">
-Man nannte Ella gewöhnlich &bdquo;die mit dem
-Zopf&ldquo;. Aber wie dick der Zopf auch war, &mdash;
-hätte ihn eine getragen, die minder hübsch, minder
-freundlich und unbefangen gewesen, so würde
-kaum jemand ihn bemerkt haben; das muntere
-Leben, das er da hinten für sich allein lebte,
-wäre dann mit Schweigen übergangen worden.
-Und das, trotzdem er der dickste Zopf war, den
-irgend jemand dort in der kleinen Stadt je getragen
-hatte. Vielleicht nahm er sich auch stärker
-aus, als er war, weil Ella selbst klein war. Wie
-weit er hinunter reichte, kann man nicht gut sagen;
-er reichte ein gutes Stück bis unter die Taille,
-ein <em>sehr</em> gutes Stück sogar. Seine Farbe war
-unbestimmt, und folglich auch unnennbar. Sie
-<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
-fiel ein wenig ins Rötliche; aber dort in der
-Stadt pflegte man zu sagen, er sei blond, und
-dabei können wir ja bleiben, da wir die Mittelfarben
-nicht besonders zu bezeichnen pflegen. Das
-Gesicht zeichnete sich durch seine weiße Haut aus,
-war hübsch geformt mit geraden Zügen von der
-Stirn bis zum Kinn, hatte einen kurzen, aber
-vollen Mund und selten unbefangene Augen. Sie
-hatte bei ihrer Kleinheit eine starke Figur, aber
-etwas zu kurze Beine; um so schnell vorwärts zu
-kommen, wie sie ihrer Natur nach mußte, hatte
-sie sich einen raschen Trab angewöhnen müssen.
-Dies Rasche hatte sie übrigens bei allem, was sie
-vornahm, und daher hatte der Zopf es auch wohl
-eiliger, als Zöpfe es gewöhnlich haben.
-</p>
-
-<p>
-Ihre Mutter war die Witwe eines Beamten,
-hatte ein kleines Vermögen neben ihrer Pension
-und wohnte in ihrem eigenen kleinen Hause, dem
-Hotel gegenüber, gleich am Marktplatz der Stadt.
-Sie war eine von den Stillen; der Mann war
-ihre Bestimmung, ihr Stolz, ihr Licht gewesen.
-Als sie ihn verlor, wich der Lebensmut von ihr;
-sie kroch in religiösen Grübeleien in sich zusammen.
-<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
-Da sie aber nicht herrschsüchtig war, ließ sie ihr
-einziges Kind der eigenen Natur folgen, welche
-der des Vaters glich. Die Mutter verkehrte mit
-niemandem, als mit einer älteren Schwester, die
-auf einem großen Gute, ein Stück von der Stadt
-entfernt, ansässig war; aber Ella durfte Gefährtinnen
-von der Schule, von Bootfahrten, vom
-Schlittschuhlaufen, Skifahren, ins Haus bringen;
-diese blieben übrigens beständig dieselben. Ihrer
-Wahl haftete eine angeborene Vorsicht an, ihre
-Lebhaftigkeit wurde durch den Umgang mit der
-Mutter und die Stille des Hauses gedämpft. Es
-lag also in ihr, daß sie munter und leicht, ohne
-Lärmen, war &mdash; ziemlich unbefangen, aber mit
-Herrschaft über sich, und daher achtsam.
-</p>
-
-<p>
-Um so wunderlicher war das, was ihr
-passierte, als sie im Heranwachsen war, so ungefähr
-vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Sie begleitete
-ein paar Freundinnen in ein Konzert, das der
-Gesangverein der Stadt und ein paar Dilettanten
-zu Weihnachten für die Armen gaben. In diesem
-Konzert sang Axel Aarö &bdquo;Schlaf in Ruh!&ldquo; von
-Möhring. Wie allgemein bekannt, leitet ein gedämpfter
-<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
-Männerchor den Gesang ein; er breitet
-Mondenschein vor ihm aus, und immer mehr
-Mondenschein, und darin kam Aarö&rsquo;s Stimme mit
-langen Ruderschlägen daher. Die Stimme war
-ein voller, runder Baßbaryton, an dem die Leute
-großes Behagen fanden. Ohne Riß und ohne
-Fehl, hätte man ihn gerade wie eine Schnur von
-dort nach Wien spannen können. Aber Ella hörte
-aus dieser gleichmäßigen Stimme noch eine zweite
-heraus, einen Nebenklang von Schwäche oder
-Schmerz, und sie meinte, alle müßten ihn hören.
-Eine Bewegung im innersten Innern, eine rührende
-Vertraulichkeit, die sie ums Herz faßte und sagte:
-&bdquo;Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens<a id="corr-0"></a>!
-Ich kann nicht dafür, ich bin verloren!&ldquo; Ehe sie
-sich&rsquo;s versah, war sie nahe am Weinen. Etwas
-Eindringlicheres als diese Stimme war ihr noch
-nicht vorgekommen. Von Ton zu Ton stieg es:
-sie verlor die Macht über sich und merkte es
-nicht. Er stand dort so hochgewachsen, schlank,
-der blonde, weiche Bart fiel auf die Brust herab;
-der Kopf war klein mit großen, schwermütigen
-Augen, Geschwistern der Stimme; auch auf dem
-<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
-Grunde der Augen lag etwas, das sagte: &bdquo;Trauer,
-Trauer!&ldquo; Diese Schwermut in den Augen hatte
-sie vorher schon gesehen, hatte aber nicht gewußt,
-was sie sah, bis jetzt, wo sie die Stimme hörte.
-Und die Thränen wollten heraus. Sie durften
-nicht. Sie sah sich um; sonst weinte niemand;
-sie preßte die Zähne zusammen, drückte die Arme
-an den Körper und die Kniee zusammen, so daß
-es schmerzte, ja, sie bebte. Weshalb in aller
-Welt mußte dies gerade ihr und keinem andern
-geschehen? Sie drückte das Taschentuch an den
-Mund und jagte ihre Gedanken hinaus bis an
-die äußerste Scheereninsel, wo sie den Leuchtturm
-hatte aufleuchten und wieder verlöschen und die
-See jedesmal voll Gespenster gesehen hatte. Aber
-nein! Sie kehrten wieder zurück zu ihr, dort
-wollten sie nicht bleiben. Das Taschentuch, die
-Hände, warnende Augen vermochten das erste
-Schluchzen nicht aufzuhalten, das hervorbrach!
-Vor den entsetzten Augen aller stand sie auf, kam
-schnell und behende hinaus und ließ sich dort
-gehen. Niemand folgte ihr, niemand wagte, sich
-zu ihr zu bekennen.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
-Du, der du dies liest, begreifst du, wie entsetzlich
-es war? Warst du einmal in solch einem
-&mdash; beinahe hätte ich geschrieben, &bdquo;stillen&ldquo; Konzert
-in einer norwegischen Küstenstadt von halb pietistischer
-Zucht? Männer sind beinahe keine da;
-entweder liegt die Musik den Männern in den
-Küstenstädten nicht, oder sie sind hier im Klub in
-einem andern Raum &mdash; am Billard, am Kartentisch,
-in der Restauration, bei Punsch und Zeitungen.
-Einige von ihnen sind einen Augenblick
-heraufgekommen und stehen hinten an der Thür;
-stehen wie Leute, die zum Hause gehören und sich
-die Gäste ein wenig ansehen wollen. Oder es
-sitzt wirklich hie und da eine Mannsperson auf
-der Bank, und ist zwischen die buntscheckige Unterrocks-Rinde
-eingeklemmt wie ein abgebrochener
-Zweig; oder es sind ein paar Exemplare an der
-Wand entlang festgeklebt wie vergessene Paletots.
-</p>
-
-<p>
-Nein, was sich zum Konzert einstellt, das sind
-die Harems der Stadt. Die älteren Einwohnerinnen
-der Harems, um unter holdem Text und beweglicher
-Musik noch einmal wieder zu träumen, was
-sie einst selbst zu sein geglaubt, und was sie damals
-<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a>
-glaubten, daß ihrer harrte. Dort oben kennt
-man sie eigentlich besser, als hier unten; wenn
-auch ein bißchen Küchengeruch, ein wenig Hauslärm
-in die Träume hineinschlägt &mdash; das stört
-nicht.
-</p>
-
-<p>
-Die jüngeren Bewohnerinnen des Harems
-träumen, daß sie so sind, wie die älteren gewesen
-zu sein glauben und daß <em>sie</em> sicher ein wenig
-von dem erreichen werden, was die älteren nicht
-erreichten. <em>Sie</em> wissen gut Bescheid über das
-Leben. In <em>einem</em> gleichen sich beide Alter, sie
-sind von praktischer Abstammung in kleinen Verhältnissen;
-sie trauen sich nicht zu weit fort. Sie
-sind so vollkommen darüber im Reinen, daß das
-Leuchten, welches aus dem Text und den Tönen
-größerer Geister auf sie herabfällt, nicht vollständig
-Ernst ist, sondern ein bißchen &bdquo;von allem
-möglichen&ldquo;.
-</p>
-
-<p>
-Wenn daher eine einzelne es allzu ernst nimmt
-und anfängt zu flennen &mdash; du lieber Gott, im
-frivolen Leben nennt man es Albernheit, im öffentlichen
-heißt es, sich bloßstellen.
-</p>
-
-<p>
-Ella hatte sich bloßgestellt.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a>
-Ihr eigener Schrecken kannte kaum irgendwelche
-Grenzen. Von allen Mädchen, mit denen
-sie verkehrte, war sie diejenige, der die Tränen
-am schwersten kamen, davon war sie überzeugt.
-Sie fürchtete es wohl so gut wie irgend eine,
-daß man sie ansah und besprach. Was in aller
-Welt war daher dies? Sie liebte Musik, sie spielte
-Klavier; aber für besonders musikalisch begabt
-hielt sie sich nicht. Weshalb mußte denn gerade
-sie so seltsam von einem Gesang gepackt werden?
-</p>
-
-<p>
-Was mußte er von dem halberwachsenen
-Mädel denken? Dies letztere quälte sie am meisten.
-Hierüber wagte sie sich zu keiner lebenden Seele
-auszusprechen. Das Erstaunen der meisten begnügte
-sich damit, daß sie krank gewesen sei; sie
-blieb eine Zeitlang nachher auch zu Hause und
-war bleich, als sie wieder ausging. Die Freundinnen
-neckten sie, aber sie ließ es unbeachtet.
-</p>
-
-<p>
-In diesem Winter wurden mehrere Kinderbälle
-abgehalten. Der vierte in der Reihe war
-bei &bdquo;Arnesens an der Ecke&ldquo;, und Ella war auch
-dort. Der Ball war bis zum Ende der zweiten
-Française gekommen, als sie flüstern hörte: &bdquo;Axel
-<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a>
-Aarö! Axel Aarö!&ldquo; Und da stand er in der
-Thür mit drei andern jungen Herren hinter sich.
-Die Hausfrau war seine ältere Schwester. Die
-vier jungen Herren kamen von einer Spielgesellschaft;
-sie wollten zusehen.
-</p>
-
-<p>
-Ella fühlte, daß sie wie mit Glut übergossen
-war; zugleich fühlte sie eine Schwäche in den
-Knieen, als wollten sie zusammenknicken. Sie
-begriff es nicht recht, fühlte aber große Augen
-auf sich gerichtet. Sie war ganz in eine Falte
-ihres Kleides vertieft, die nicht in derselben Linie
-fiel wie die anderen, da stand er vor ihr und
-sagte: &bdquo;Sie haben doch einen herrlichen Zopf.&ldquo;
-Die Stimme überschüttete diesen gleichsam mit
-Goldstaub. Er hob die Hand, als wolle er ihn
-berühren, statt dessen aber führte er sie an seinen
-Bart. Als er ihre tiefe Verlegenheit bemerkte,
-wollte er nicht länger stehen bleiben und wandte
-sich ab.
-</p>
-
-<p>
-Später fühlte sie seine Blicke noch mehreremal;
-aber er kam nicht mehr zu ihr. Die andern
-Herren nahmen teil am Tanz, Aarö tanzte nie.
-Er hatte etwas im Wesen an sich, das in seiner
-<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a>
-Weise das Angenehmste war, was sie kannte.
-Eine zurückhaltende Vornehmheit, ein Stil im
-Auftreten, eine rücksichtsvolle, langsam zögernde
-Art, wohl auch die einzige Art, die sie verstanden
-haben würde. Sein Gang machte den Eindruck,
-als halte er die Hälfte seiner Kraft zurück, und
-so war es in allem. Er war hochgewachsen; der
-kleine, etwas schmale Kopf saß auf einem ziemlich
-hohen Hals, die Schultern waren nicht breit; aber
-bis jetzt hatte sie nie die Weise beachtet, wie er
-Kopf und Oberkörper drehte, noch hatte sie gewußt,
-daß etwas beinahe Musikalisches darin
-liegen könne.
-</p>
-
-<p>
-Was hiernach geschah, und das Zimmer, in
-dem es geschah, alles floß zusammen in Licht.
-Aber mit einem Mal war es nicht mehr so.
-Gleich darauf hörte sie auch: &bdquo;Wo ist Axel Aarö?
-ist er fortgegangen?&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Er war in diesem Winter nicht lange zu
-Hause. Er war zwei Jahre in Havre gewesen
-und kam gerade von dort; nun wollte er auf
-zwei Jahre nach Hull.
-</p>
-
-<p>
-Bis jetzt war die Musik eine liebe Beschäftigung
-<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a>
-für Ella gewesen; besonders hatte sie
-Harmonieen geliebt und sie gesucht. Jetzt gab
-sie sich den Melodieen hin. Sie hatte dem Klange
-gelauscht und sich darin versucht. Jetzt wurde
-die Musik zur Sprache. Sie selbst sprach darin,
-oder jemand sprach zu ihr.
-</p>
-
-<p>
-Außer all den Leuten, die in einer Gesellschaft
-waren, war von jetzt ab immer <em>noch</em> einer da.
-Nie mehr allein, nicht auf der Straße, nicht zu
-Hause. Und der Zopf war das heilige Zeichen
-geworden.
-</p>
-
-<p>
-Im Frühling begegnete Frau Holmbo ihr auf
-der Straße. Ella kam mit ihrem Psalmbuch in
-der Hand vom Prediger. &bdquo;Gehen Sie zum Konfirmationsunterricht?&ldquo;
-&mdash; &bdquo;Ja.&ldquo; &mdash; &bdquo;Ich habe
-einen Gruß für Sie. Können Sie raten, von
-wem?&ldquo; &mdash; Nun war Frau Holmbo eine Freundin
-von Axel Aarö&rsquo;s Schwester und beständig mit der
-Familie zusammen. Ella wurde rot und konnte
-nicht antworten. &bdquo;Ich sehe schon, Sie wissen, von
-wem,&ldquo; sagte Frau Holmbo, und noch roter wurde
-Ella. Mit einem Lächeln, das ziemlich überlegen
-war &mdash; und davon hatte die schönste Dame der
-<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a>
-Stadt im Überfluß &mdash; sagte sie: &bdquo;Axel Aarö schreibt
-nicht gern. Jetzt bekamen wir den ersten Brief
-nach seiner Abreise. Aber darin schrieb er, wenn
-wir &bdquo;die mit dem Zopf&ldquo; sähen, sollten wir sie
-von ihm grüßen. Sie hat bei Möhrings Lied
-geweint; das hättet ihr andern auch tun können,
-schreibt er.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Die Tränen kamen Ella in die Augen. &bdquo;Na,
-na,&ldquo; tröstete Frau Holmbo, &bdquo;dabei ist doch nichts
-Böses.&ldquo;
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-022">
-<img src="images/022.jpg" alt="" /></div>
-
-<h3 class="no" id="subchap-0-2-2">
-<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a>
-<span class="centerpic"><img src="images/023.jpg" alt="" /></span>
-<br />II
-</h3>
-
-<p class="first">
-Zwei Jahre später, im Winter, kam Ella mit
-ihren Schlittschuhen in der Hand hurtig vom
-Eise herauf. Sie hatte zum erstenmal die neue
-anschließende Jacke an; es war wirklich hauptsächlich
-diese, die sie hinaus getrieben hatte. Der
-Zopf kam munter unter der grauen Mütze hervor,
-er war dicker und länger denn je; es ging
-ihm vortrefflich.
-</p>
-
-<p>
-Sie machte wie immer einen Umweg bei &bdquo;Andresens
-an der Ecke&ldquo; vorbei; das Haus zu sehen
-genügte ihr.
-</p>
-
-<p>
-Und gerade, als ihr Auge auf das Haus
-fiel, stand Axel Aarö in der Tür. Er kam langsam
-die Treppe herunter; er war wieder zu
-Hause! Der blonde Bart fiel zierlich auf das
-<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a>
-schwarze Pelzwerk, die Pelzmütze bedeckte die kurze
-Stirn ganz und gar, so daß sie die Augen einrahmte,
-die großen anziehenden Augen.
-</p>
-
-<p>
-Sie sahen sich an, sie mußten aufeinander zu,
-an einander vorübergehen; er lächelte, indem er
-an die schwarze Pelzmütze griff, und sie &mdash; blieb
-stehen und knixte wie ein Schulmädchen <a id="corr-2"></a>im kurzen
-Kleidchen!
-</p>
-
-<p>
-Seit zwei Jahren war sie nicht stehen geblieben,
-hatte nicht anders, als mit dem Kopfe
-gegrüßt, ja, wie jede erwachsene Dame; wer klein
-ist, hält mehr als andere auf dieses Vorrecht.
-Aber vor ihm, vor dem sie am liebsten erwachsen
-sein wollte, vor ihm blieb sie stehen und knixte,
-wie damals, als er sie zuletzt gesehen! Noch von
-diesem Unglück verwirrt, stürzte sie in ein zweites
-hinein. Sie sagte sich: &bdquo;Sieh dich nicht um!
-Halt dich stramm, sieh dich nicht um, hörst du!&ldquo; &mdash;
-Aber an der Ecke, als sie gerade umbiegen mußte,
-kehrte sie sich doch um &mdash; und sah ihn dasselbe
-tun! Von diesem Augenblick an gab es keine
-Menschen, keine Häuser, nicht Zeit, nicht Ort
-mehr. Sie wußte nicht, wie sie sich nach Hause fand,
-<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a>
-oder weshalb sie auf ihrem Bette lag, das Gesicht
-ins Kissen vergrub und weinte.
-</p>
-
-<p>
-Vierzehn Tage darauf große Jugend-Gesellschaft
-im Klub. Axel Aarö zu Ehren. Alle
-wollten dabei sein, alle wollten ihren beliebten
-Kameraden zu Hause willkommen heißen. Von
-Hull hatten sie auch gehört, wie unentbehrlich er
-nach und nach dort drüben in der Gesellschaft
-geworden war. Wenn seine Stimme größeren
-Umfang gehabt hätte, &mdash; sie umfaßte nämlich
-nicht viele Töne &mdash; so wäre er jetzt an &bdquo;<span class="antiqua">Her
-Majesty&rsquo;s Theatre</span>&ldquo;. So wurde erzählt. Auf dem
-Balle sollte der Gesangverein &mdash; sein alter Gesangverein
-wieder mit ihm zusammen singen.
-</p>
-
-<p>
-<a id="corr-4"></a>Ella war mit dabei! Sie kam zu früh, &mdash;
-vor ihr waren nur vier da. Sie fror vor Erwartung
-in den leeren Zimmern und halb offenen
-Gängen, meist aber im Saal, in dem sie sich einst
-&bdquo;bloßgestellt&ldquo; hatte! Sie trug ein rotes Ballkleid
-ohne irgend welchen Schmuck, ohne Blume; die
-Mutter wünschte es so. Sie fürchtete, sich verraten
-zu haben, indem sie so früh kam; sie hielt
-sich allein in einem Nebenzimmer auf und kroch
-<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a>
-nicht eher hervor, als bis mehr Licht angezündet
-war und Duft und Geplauder und das Stimmen
-der Instrumente dazu einlud. Mit den Bällen
-jetzt und früher ist es <em>der</em> Unterschied, daß es
-jetzt sofort lebhaft zugeht; das hat der Sport
-bewirkt; er hat größere Vertraulichkeit zwischen
-den Geschlechtern geschaffen. Klein, wie Ella war,
-verschwand sie in der Menge und sah Axel Aarö
-nicht eher, als bis sie mehrere flüstern hörte: &bdquo;Da
-ist er!&ldquo; und jemand hinzufügte: &bdquo;Er kommt hierher
-zu uns!&ldquo; Frau Holmbo war es, die er suchte
-und begrüßte; aber dicht hinter dieser stand Ella.
-Als sie sich entdeckt sah, wurde die Knospe noch
-roter als die Deckblätter. Sofort verließ er Frau
-Holmbo. &bdquo;Guten Abend!&ldquo; sagte er ganz leise
-und streckte die Hand aus, die sie annahm ohne
-aufzusehen. &bdquo;Guten Abend!&ldquo; sagte er noch einmal,
-noch leiser und noch näher. Sie spürte
-einen leichten Druck und mußte aufblicken; es
-geschah mit einer schüchternen Botschaft von
-Treuherzigkeit und Angst, die hastete an allen
-vorüber, erklärte nichts und gab niemandem
-Ärgernis. Er sah auf sie hinab und strich sich
-<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a>
-den Bart dabei; aber ob er nun nichts zu sagen
-hatte (er war ja wortkarg) oder ob er nicht
-sagen konnte, was er wollte, &mdash; alle schwiegen
-mit ihm. Mit der ihm eigenen milden Art
-wandte er sich und ging, wurde von Kameraden
-aufgefangen, und später sah sie ihn nur dann
-und wann in der Ferne; er tanzte nicht.
-</p>
-
-<p>
-Sie aber tanzte; alle waren sich einig darüber,
-daß sie &bdquo;süß&ldquo; sei (das wurde mit Respekt gesagt),
-und dann lag an diesem Abend ein lieblicher
-Hauch von Freude auf ihr. Wo Axel Aarö auch
-im Saal stand, sie fühlte ihn und empfand einen
-stillen Jubel, an ihm vorüber schweben zu können.
-Seine Augen begegneten den ihren und folgten
-ihr; seine Nähe machte, daß sie alle und alles
-strahlend fand.
-</p>
-
-<p>
-An den Türrahmen gelehnt, sah man einen
-großen, starken Mann &bdquo;Aufsichtskomitee&ldquo; bilden.
-Er mochte zwischen dreißig und vierzig Jahren
-sein, letzterem näher; ein sturmfestes Gesicht, breitgeschnitten,
-aber kühn; schwarzes Haar, braungrüne
-Augen, die Gestalt eines Riesen. Jedermann
-im Saal kannte ihn, Hjalmar Olsen, den mutigen
-<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a>
-Führer des größten Dampfschiffes im Lande.
-Er musterte alle, die vorbeitanzten, fand aber, daß
-der Kleinen im roten Kleide der Preis gebühre;
-sie anzusehen bereitete am meisten Vergnügen.
-Einesteils war sie außerordentlich hübsch und
-dann sprang ihre unbefangene Glückseligkeit auf
-ihn selbst über. Als Axel Aarö ihm näher kam,
-bekam Hjalmar Olsen jedesmal auch ein klein
-wenig von der Verliebtheit ab, die ihr aus den
-Augen strahlte. Sie tanzte jeden einzigen Tanz.
-Hjalmar Olsen war groß genug, um durch den
-ganzen Saal einen Schimmer von ihr zu erhaschen.
-Auch sie bemerkte ihn; bald wurde er zum Leuchtturm
-in ihrem Fahrwasser. Aber ein Leuchtturm, der
-Herz für die Schiffe hatte, &mdash; so fühlte er beispielsweise
-jetzt, daß sie dort an Peter Klaussons
-Weste in Gefahr sei. Er kannte Peter Klausson.
-</p>
-
-<p>
-Ihre winzig kleinen Füße trippelten Walzer,
-ihr Zopf hüpfte Polka, die Füße dreiviertel Takt,
-der Zopf vierviertel. Aber Peter Klausson drückte
-sie zu fest an die Weste!
-</p>
-
-<p>
-Darum suchte er sie gleich auf, als der Walzer
-zu Ende war; aber es war nicht so leicht, sich
-<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a>
-einen Tanz zu erhandeln; erst der nächste Walzer
-war frei, und den bekam er. Im selben Augenblick,
-als dies abgemacht war, strömten alle nach
-der Tribüne; der Gesangverein zeigte sich da oben.
-Sie war hilflos klein, die Ella, wenn alle drauf
-los stürmten und sich zusammen packten; Hjalmar
-Olsen, der ihre unglücklichen Versuche, ein Guckloch
-zu erhaschen, sah, erbot sich, sie auf die Bank
-zu heben, die an der Wand entlang lief, an der
-sie standen. Sie wagte es nicht; aber im selben
-Augenblick sah er andere hinauf klettern, und eh
-sie&rsquo;s noch hindern konnte, war sie selbst oben.
-Gerade da trat Axel Aarö zwischen seine Kameraden
-und wurde mit dem lebhaftesten Händeklatschen
-von allen anwesenden Freunden, Männern
-und Frauen begrüßt. Er verbeugte sich ehrerbietig
-und zurückhaltend; aber die Willkommgrüße
-wollten kein Ende nehmen, bevor die Kameraden
-sich nicht ein wenig zurückzogen und er ganz vortrat.
-Zuerst stimmte der Verein eins von den
-ältesten Liedern an; Aarö sang seine Stimme
-zwischen all den andern, was allgemein gefiel.
-Darauf trat der Dirigent an das Klavier, um
-<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a>
-ein Lied zu begleiten, das Aarö allein singen
-wollte. Das Lied war von Selmer und in
-der Hauptstadt schon in der Mode; es wurde
-von Männern wie von Frauen gesungen, das
-&bdquo;sie&ldquo; der letzten Strophe wurde nur in &bdquo;er&ldquo;
-umgeändert. Hier war es noch nie gehört
-worden.
-</p>
-
-<p>
-Schon während der Verein sang, hatte Aarö
-im Saal umhergespäht, und von dem Augenblick
-an, wo er dort hin geblickt, wo Ella stand,
-hatte er kein Auge von da verwandt. Jetzt
-stellte er sich an jene Seite des Klaviers und
-während des Singens blickte er unverwandt dorthin.
-Je nachdem er hineinkam, wurden seine
-schwermütigen Augen durchleuchtet, seine Gestalt
-wurde plastisch.
-</p>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Ich sing&rsquo; nur für die einzige,</p>
- <p class="verse">Wenn And&rsquo;re auch mein Lied erfreut,</p>
- <p class="verse">So ist es doch die einzige,</p>
- <p class="verse">Der ich es hab&rsquo; geweiht.</p>
- <p class="verse">Ihr, die Ihr lauschet, stärkt den Klang;</p>
- <p class="verse">Denn wär&rsquo; nicht jene einzige,</p>
- <p class="verse">Die machte, daß mein Lied gelang, &mdash;</p>
- <p class="verse">Ihr hörtet keinen Sang.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
-<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a>
- <p class="verse">Jeg synger for een eneste,</p>
- <p class="verse">om ogsaa alle hörer paa,</p>
- <p class="verse">og bare denne eneste</p>
- <p class="verse">kan Sangen helt forstaa.</p>
- <p class="verse">Men I, som höhrer, styrk <a id="corr-6"></a>dens Klang;</p>
- <p class="verse">for var ej denne eneste,</p>
- <p class="verse">som vakte nu min Tonetrang,</p>
- <p class="verse">da fick I ingen Sang.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Der Weg ist nicht der kürzeste,</p>
- <p class="verse">Er schlinget sich durch Alle hier,</p>
- <p class="verse">Jedoch er ist der einzige,</p>
- <p class="verse">Der führet hin zu ihr!</p>
- <p class="verse">Ihr Guten, höret, stärkt das Wort,</p>
- <p class="verse">Damit es werd das einzige,</p>
- <p class="verse">Das in der Brust ihr tönet fort,</p>
- <p class="verse">Ein lieblicher Akkord!</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Er Vejen ej den beneste,</p>
- <p class="verse">forgrenet gjennem alle her,</p>
- <p class="verse">so er den dog den eneste,</p>
- <p class="verse">som kommer ganske naer.</p>
- <p class="verse">Aa, gode Hjerter, styrk hvert Ord;</p>
- <p class="verse">so de maa bli de eneste</p>
- <p class="verse">I hele Kjaerlighedens Kor,</p>
- <p class="verse">som hun af Hjaertet tror.</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="noindent">
-Seine Stimme war berückend; eine solche
-Liebesbotschaft hatte noch keiner je gehört. Jetzt
-<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a>
-waren außer Ella noch andere da, die Tränen
-in den Augen hatten.
-</p>
-
-<p>
-Sie standen eine Weile, als warteten sie auf
-einen weiteren Vers, &mdash; daher Stille; aber dann
-brach ein Beifall los, desgleichen niemand je
-gehört hatte. Sie wollten das Lied noch einmal
-hören. Aber noch hatte keiner je erlebt, daß
-Axel Aarö etwas zweimal hintereinander gesungen
-hatte. Sie mußten es also aufgeben.
-</p>
-
-<p>
-Ella hatte das Lied nie gehört, weder die
-Worte noch die Töne. Als er anfing, den Blick
-auf sie gerichtet, glaubte sie umfallen zu müssen;
-etwas so unerhört Kühnes hatte sie nicht geahnt.
-Er, sonst so wortkarg, rücksichtsvoll und zurückhaltend,
-ihr dies entgegenzusingen, so daß alle es
-hörten! Weiß wie die Wand, an die sie sich stützte,
-bekam sie eine solche Atemnot, daß sie sich nach
-Hilfe umsehen mußte. Gleich hinter ihr, ebenfalls
-auf der Bank, stand Frau Holmbo, magnetisiert,
-schön wie eine Statue.
-</p>
-
-<p>
-Sie sah nicht mehr von Ellas Not als von
-der Uhr auf dem Marktplatz. Diese absolute
-<a id="corr-7"></a>Teilnahmslosigkeit kühlte sie ab; sie kam wieder
-<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a>
-zu sich. Die Gegenwart der andern, die ihr so
-entsetzlich gewesen, hatte ja nichts zu bedeuten,
-solange keiner was begriff. Schließlich hörte sie
-ohne Angst zu. Den zweiten Vers ganz und gar.
-Heimlicher, reizender konnte es ihr nicht gesagt
-werden, obgleich alle zuhörten. Wenn er sie nur
-nicht angesehen hätte! Wenn sie sich nur hätte
-verstecken können! &mdash;
-</p>
-
-<p>
-Sobald der letzte Ton verhallte, sprang sie
-herunter. Unten zwischen all den Schultern fand
-sie ihre Schamhaftigkeit wieder, ihren wonneerfüllten
-Traum, ihr Geheimnis in bräutlicher
-Kleidung. Was war doch geschehen, und was
-würde nun das nächste sein? Rund umher
-funkelnde Augen, jubelnde Stimmen, klatschende
-Hände, &mdash; war das nicht wie Fackeln und Huldigungsrufe,
-war das nicht auch für sie mit?
-Drinnen nur er und sie, &mdash; all die andern
-draußen! &mdash;
-</p>
-
-<p>
-Der Tanz begann sofort, &mdash; und sie hinein!
-Hinein, als sei alles ihr zu Ehren, oder als sei
-sie die einzige! Ihre Kavaliere versuchten einer
-nach dem andern mit ihr zu plaudern, aber es
-<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a>
-nützte nichts. Sie lachte, &mdash; lachte ihnen in die
-Augen, als wären <em>sie</em> verrückt, und sie allein
-die verständige. Sie tanzte, strahlte, lachte aus
-den Armen des einen hinüber in die Arme des
-andern. So daß Hjalmar Olsen, als er seinen
-Walzer bekam, gleichsam achtzehn frische Bouquets
-und ein &bdquo;Hjalmar Olsen soll leben!&ldquo; entgegennahm.
-Er fühlte sich mehr als geschmeichelt.
-Als sie ihren Arm wie harmlos fröhliches Kindergeplauder
-auf seinen schwarzen Frack legte, fühlte
-er, daß er eigentlich ebenso unwürdig sei wie
-Peter Klausson. Er wollte sie wahrlich nicht entweihen;
-er hielt sie tadellos weit von sich, und
-als ihm war, als lache sie, und er das Gesicht
-der kleinen Person <a id="corr-8"></a>irgendwo unten an seiner Weste
-erspähen wollte und auf dieser Expedition mehr
-zu sehen bekam, als er sehen durfte (denn er hob
-ihre Arme so schrecklich hoch hinauf), da schämte
-Hjalmar Olsen sich und starrte beim Weitertanzen
-wie ein Nachtwandler geradeaus in den
-Saal. Tanzte in Selbstgefühl und Entzücken fort
-über Stock und Stein. Ella versuchte dann und
-wann den Boden zu berühren; sie wünschte ein
-<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a>
-mehr sicheres Einhalten des Takts. Unmöglich.
-Das besorgte er alles selbst, sowohl ihr Tanzen
-wie sein eigenes, sowohl ihren wie seinen Takt;
-den Tanzboden erreichte sie nicht anders als zum
-Besuch; im übrigen war es eine Luftreise. Er
-hörte sie von unten her lachen; es freute ihn,
-daß sie sich wohlbefand. Aber er sah sie nicht.
-Die, mit denen er Zusammenstöße hatte, freuten
-sich weniger; das war <em>ihre</em> Sache. Er war
-vollständig verblüfft, als die Musik aufhörte; jetzt
-wollten sie ja erst allen Ernstes anfangen. Aber
-er mußte sie an der unfreiwilligen Haltestelle absetzen.
-</p>
-
-<p>
-Gleich darauf wieder Gesang. Zuerst vom
-Verein allein; dann von ihm und Aarö zusammen
-Griegs &bdquo;Landkjending&ldquo;. Schließlich sang
-Aarö zum Klavier. Diesmal hatte Ella sich
-hinter die allerletzten verkrochen. Da diese aber
-beständig vorwärts drängten, blieb sie allein stehen.
-Dabei befand sie sich wohl; sie sah ihn, aber er
-sah sie nicht; er blickte auch nicht dorthin, wo
-sie stand.
-</p>
-
-<p>
-Sie kannte das Lied nicht, wußte nicht einmal,
-<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a>
-daß es existierte, obgleich sie bei den ersten
-Worten und Tönen hörte, daß andere es kannten.
-Natürlich wußte sie, daß weder Worte noch
-Musik von ihm seien; aber gleichwie er das
-vorige Mal gewählt hatte, was zu jener dringen
-konnte, für die er singen wollte, zweifelte sie nicht
-daran, daß er jetzt dasselbe tat. Schon die ersten
-Worte: &bdquo;Mein junges Lieb&rsquo; den Schleier trägt&ldquo;
-&mdash; heimliche Liebe kann ja kein wahreres Bild
-finden! Es war wiederum an sie! Daß der
-Schleier nur für ihn gehoben wurde, daß er fällt,
-sobald ein anderer hinsieht, &mdash; war das nicht
-so, wie es zwischen ihnen werden mußte? Daß
-das Geheimnis der Liebe einem Heiligtum gleicht,
-daß es das höchste Glück auf Erden birgt &mdash;
-sie erbebte beim Wiedererkennen! Die Töne
-schütteten die Worte wie kalte Wogen über sie;
-dieses Verständnis bis zum Verrat machte sie zu
-Eis erstarren. Sie bebte vor Angst und Wonne
-zugleich. Niemand sah sie, das war ihre Rettung.
-Sie fürchtete jedes neue Wort, bevor es kam, und
-jedes brachte neues Erbeben. Die Arme an
-den Busen gedrückt, den Kopf über die Hände
-<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a>
-gebeugt, stand sie da und zitterte wie in Wasserfluten.
-Und als der zweite Vers mit seiner letzten
-Zeile kam, und besonders als sie wiederholt
-wurde, wollten die großen Tränen aufsteigen &mdash;
-wie schon einmal früher im selben Saal. Sie
-stemmte sich mit aller Kraft dagegen; aber die
-Erinnerung daran, wie schlecht es damals gegangen,
-schwächte die Widerstandskraft; sie war
-nahe daran zu schluchzen, als das Lied auch
-<em>dieses</em> Wort brachte! Das Zusammentreffen
-war zu großartig, es schob alle Erregung beiseite,
-sie hätte jetzt laut auflachen mögen. Nun war
-sie ganz, ganz sicher! So kam es, daß die letzte
-Zeile des Liedes in ihrem klaren Sinne, in
-ihrem jubelnden Zusammenempfinden sie traf &mdash;
-wie ein Blitzstrahl, wie ein Messerstich bis ans
-Heft.
-</p>
-
-<p>
-Das Lied lautete:
-</p>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Mein junges Lieb den Schleier trägt,</p>
- <p class="verse">Für mich nur hebt sie ihn empor,</p>
- <p class="verse">Das Auge, das kein and&rsquo;rer ahnet,</p>
- <p class="verse">Das strahlet, schmelzet, lieblich mahnet</p>
- <p class="verse">Soll niemand schaun &mdash; den Schleier vor!</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
-<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a>
- <p class="verse">Min unge Elskov baerer Slör.</p>
- <p class="verse"><a id="corr-10"></a>For mig hun löfter den og ler</p>
- <p class="verse">af Öjne, ingen anden aner,</p>
- <p class="verse">de straaler, smelter, svaerger, maner; &mdash;</p>
- <p class="verse">men Slöret for, straks nogen ser.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Wo Zwei vereint das Gute tun,</p>
- <p class="verse">Wird&rsquo;s zwiefach auch gesegnet sein.</p>
- <p class="verse">Wenn gleiches Sehnen, gleich Empfinden</p>
- <p class="verse">In zweien Seelen sich verbinden,</p>
- <p class="verse">Das größte Glück ist da allein.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Alt godt, som to er ene om,</p>
- <p class="verse">har tvefold Ynde, Hellighed.</p>
- <p class="verse">At Livets lange Laengsler mödes</p>
- <p class="verse">i to, som Sjael i Sjael genfödes,</p>
- <p class="verse">er störste Lykke, Jorden ved.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Doch weshalb sie den Schleier trägt</p>
- <p class="verse">Und schluchzet in ihm ohne Laut,</p>
- <p class="verse">Als bebte Jammer ihr im Herzen?</p>
- <p class="verse">Weil er gewebt aus Gram und Schmerzen,</p>
- <p class="verse">All uns&rsquo;re Lieb&rsquo; auf Qual erbaut.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Men hvorfor baerer hun saa Slör</p>
- <p class="verse">og hulker i det uden Lyd,</p>
- <p class="verse">som skulde briste hendes Hjerte?</p>
- <p class="verse">Fordi det <a id="corr-11"></a>vaevet er af Smerte, &mdash;</p>
- <p class="verse">i Savn og Angst er al vor Fryd.</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="noindent">
-<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a>
-Ein erschreckender, ohrenbetäubender Beifall.
-Sie wollten, sie mußten das Lied noch einmal
-haben; diesmal sollte Aarös vornehmer Widerstand
-sich für besiegt erklären.
-</p>
-
-<p>
-Aber er leistete nicht Folge, und endlich gaben
-einige es auf, andere fuhren eigensinnig fort. In
-der Zwischenzeit trennten einige Damen sich von
-dem Haufen; sie kamen an Ella vorüber. &bdquo;Hast
-du Frau Holmbo gesehen, wie sie sich versteckt
-und geweint hat?&ldquo; &mdash; &bdquo;Ja. Aber hast du sie
-während des ersten Liedes gesehen? Oben auf
-der Bank? <em>Ihr</em> hat er die ganze Zeit zugesungen.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Kurz darauf &mdash; es mochte zwei Uhr nachts
-sein &mdash; schoß eine kleine, dicht verhüllte Dame
-pfeilschnell durch die Straßen. An der Kopfbedeckung
-und anderm sahen die Wächter, daß es
-eine von den Balldamen sein müsse. Sonst
-pflegten sie begleitet zu werden; aber der Ball
-war noch nicht zu Ende; da war gewiß irgend
-etwas nicht in Ordnung, sie ging auch so schnell.
-</p>
-
-<p>
-Es war Ella. Sie eilte gerade an dem verlassenen
-Rathause vorüber, aus dem jetzt ein
-Speicher gemacht war. Die äußeren Mauern
-<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a>
-waren stehen geblieben, aber innen das schöne
-Holzwerk war verkauft und forttransportiert worden.
-</p>
-
-<p>
-Das ist gerade wie mit mir, dachte Ella; sie
-eilte, so sehr sie konnte, Nächten ohne Schlaf und
-Tagen ohne Freude entgegen.
-</p>
-
-<p>
-Gegen Morgen wurde Axel Aarö sinnlos betrunken
-von Kameraden nach Hause gebracht.
-Einige sagten, er habe ein Bierglas voll Whisky
-hinunter gegossen in dem Glauben, daß es Bier
-sei; andere sagten, er sei &bdquo;Quartalssäufer&ldquo; geworden,
-sei es lange gewesen, habe es jedoch verheimlicht.
-&bdquo;Quartalssäufer&ldquo; heißen Leute, die in
-längeren Zwischenräumen trinken müssen. Sein
-Vater war es vor ihm gewesen.
-</p>
-
-<p>
-Ein paar Tage darauf ging Axel Aarö in
-aller Stille nach Amerika.
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-040">
-<img src="images/040.jpg" alt="" /></div>
-
-<h3 class="no" id="subchap-0-2-3">
-<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a>
-<span class="centerpic"><img src="images/041.jpg" alt="" /></span>
-<br />III
-</h3>
-
-<p class="first">
-Noch einer von jenem Balle dampfte gleichzeitig
-über den Atlantischen Ozean; das war
-Hjalmar Olsen. Das Schiff wurde von einem
-ewigen Nordweststurm verfolgt, und wenn es allzu
-arg wurde, trank er Grog dazu. Aber jedesmal
-wenn er es tat, wunderte er sich, daß er einer
-Erinnerung vom Balle von Angesicht zu Angesicht
-gegenüberstand; der kleinen Rosenroten,
-&bdquo;der mit dem Zopf&ldquo;. Hjalmar Olsen meinte,
-er habe sich ihr gegenüber ziemlich gentlemanlike
-benommen.
-</p>
-
-<p>
-Anfangs dachte er nicht weiter darüber nach.
-Zweimal war er verlobt gewesen, und beide
-Male war es auseinander gegangen; sollte er
-zum dritten Male daran gehen, so mußte er auch
-<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a>
-gleich heiraten. Diese Erwägungen stellte er wohl
-an, ja, hatte sie schon öfter angestellt, aber er
-achtete nicht genauer auf seine eigenen Gedanken.
-Ein Dampfer brauchte nicht viele Tage und
-Nächte zwischen den Häfen, und jedesmal fand
-sich Unterhaltung genug. Er ging nach New-York,
-von dort nach New-Orleans, er fuhr hinunter
-nach Brasilien und von da wieder herauf.
-Dann wieder hinunter und endlich von dort direkt
-nach England und Norwegen. Aber oft unterwegs,
-wenn er allein war, und meistens beim
-Glase Grog, traf er &bdquo;die mit dem Zopf&ldquo;. Merkwürdig,
-wie sie ihn angesehen hatte. Er wurde
-innerlich gut, wenn er daran dachte. Vom Briefschreiben
-hielt er nicht viel, sonst hätte er es diesmal
-vielleicht getan. Als er aber nach Christiania
-kam und von einem Manne aus der Stadt dort
-unten hörte, daß ihre Mutter im Sterben liege,
-da dachte er gleich: ich will mich wirklich nach
-ihr umsehen. Vielleicht findet sie es hübsch von
-mir, wenn ich es gerade jetzt tue.
-</p>
-
-<p>
-Zwei Tage später saß er vor ihr in dem
-kleinen Wohnzimmer, das auf den Markt und
-<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a>
-nach dem Hotel hinaus ging. Seine starken Hände,
-dunkel von der Sonne und von Haaren, strichen
-über die Knie, während er sich lächelnd vorbeugte
-und fragte, ob sie ihn haben wolle.
-</p>
-
-<p>
-Sie saß niedriger als er; ihr voller Busen
-und die festen Arme waren von einem braunen
-Kleide umspannt, auf das er niederblickte, wenn
-er ihr nicht ins Gesicht sah, das so bleich und
-zart war. Sie fühlte das Wandern seiner Augen;
-sie kam aus dem Nebenzimmer und von Todesgedanken;
-sie hörte oben eine kleine Uhr melden,
-daß es sieben Uhr sei; es melden wie ein Kuckuck,
-und diese kleine Erinnerung an alles, was hier
-jetzt vorüber war ... eins mit dem andern
-machte, daß sie sich mit Tränen in den Augen
-von ihm abwandte: &bdquo;Ich kann jetzt unmöglich
-an dergleichen denken.&ldquo; Sie stand auf und trat
-zu ihren Blumen im Fenster.
-</p>
-
-<p>
-Da mußte auch er aufstehen. Vielleicht antwortet
-sie mir später, dachte er, und diese Gedanken
-gaben ihm Worte, ein wenig unbeholfen
-wohl, aber deutlich. Sie schüttelte den Kopf und
-blickte nicht auf.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a>
-Er ging. Draußen nahm er den verkehrten
-Weg, und als er umkehrte und das Haus wiedersah,
-das kleine Puppenhaus, da verspürte er Lust,
-alles ins Wasser zu werfen.
-</p>
-
-<p>
-Die Nacht hindurch wartete er auf das Dampfschiff
-aus Christiania; Peter Klausson und ein
-paar andere Kameraden halfen ihm dabei, und
-es dauerte nicht lange, so hatten sie ausfindig
-gemacht, in welcher Angelegenheit er gekommen,
-und wie es ihm ergangen war. Sie wußten auch,
-wie es ihm <a id="corr-12"></a>früher schon zweimal gegangen war.
-Hjalmar Olsen trank entsetzlich zu dem, was er
-litt. Tags darauf erwachte er in den größten
-Qualen auf dem Dampfschiff.
-</p>
-
-<p>
-Kurz darauf erhielt Ella einen gut geschriebenen
-Entschuldigungsbrief, in dem er erklärte,
-daß er es gut gemeint habe, als er gerade jetzt
-kam; aber erst als er vor ihr gesessen, habe er
-gefühlt, wie verkehrt es gewesen. Sie möge ihm
-darum nicht zürnen.
-</p>
-
-<p>
-Nach Verlauf eines Monats bekam sie wieder
-einen Brief; er hoffe, sie habe ihm vergeben.
-Er seinerseits könne sie nicht vergessen. Mehr
-<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a>
-stand nicht drin. Ella nahm beide Briefe gut
-auf, es war Form darin, auch Beständigkeit.
-Aber nicht einen Augenblick fiel es ihr ein, seinen
-indirekten Antrag jetzt anders aufzufassen als
-damals. Sie war nach Christiania gegangen, um
-sich im Klavier auszubilden &mdash; und in der Handelsrechnung.
-Letzteres nahm sie mit, weil Rechnen ihr
-stets leicht geworden, und weil sie unsicher geworden
-war. Ihre Mutter war gestorben; sie besaß das Haus
-und ein kleines Vermögen; sie wollte versuchen, sich
-selbständig zu machen. Sie verkehrte mit niemand
-in der fremden Stadt; sie war es gewöhnt, ohne
-eine Vertraute zu träumen und Pläne zu machen.
-</p>
-
-<p>
-Von Axel Aarö kam eine wunderliche Nachricht.
-Nachdem er in New-York vor einer
-größeren Gesellschaft gesungen, hatte ein alter,
-reicher Mann ihn zu sich eingeladen, und seitdem
-lebten die beiden wie Vater und Sohn zusammen.
-So erzählte man sich in der Stadt lange, bevor
-ein Brief von Axel selbst kam; dieser aber bestärkte
-das Gerücht in allen Teilen.
-</p>
-
-<p>
-Darauf erhielt Ella einen dritten Brief von
-Hjalmar Olsen; er fragte in ehrerbietiger Form
-<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a>
-an, ob sie es schlecht aufnehmen würde, wenn
-er ihr bei einer Heimkunft einen Besuch abstattete.
-Er wußte, wo sie wohnte.
-</p>
-
-<p>
-Bevor sie noch mit sich im reinen darüber
-war, ob sie überhaupt antworten solle, las man
-in allen norwegischen Zeitungen, die es aus
-amerikanischen abgedruckt hatten, Hjalmar Olsen,
-habe mit ungewöhnlicher Tüchtigkeit und mit
-Gefahr für Schiff und Mannschaft in einem
-Orkan die Passagiere und Besatzung eines Ozeandampfers
-gerettet, dem dicht vor der amerikanischen
-Küste die Schraube gebrochen war. Zwei
-Dampfer waren vorüber gekommen, ohne den
-Versuch zu wagen, so entsetzlich war das Wetter.
-Er hatte sich einen ganzen Tag bei dem Dampfer
-aufgehalten.
-</p>
-
-<p>
-Es war eine seltene Tat, die er da vollbracht
-hatte. In New-York und später, als er nach
-Liverpool kam, wurde er in den Seemannsklubs
-gefeiert, bekam Ehrenzeichen und Adressen.
-</p>
-
-<p>
-Als er von dort nach Christiania kam, bekam
-er der Auszeichnungen mannigfache. Groß und
-ansehnlich wie er war, wurde ihm die Huldigung
-<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a>
-des Volkes gar leicht zu teil. Sie wurde ihm
-jetzt im großen Stil dargebracht.
-</p>
-
-<p>
-Mitten drin suchte er Ella auf. Sie hatte
-sich gut versteckt; sie dachte seit ihrer Niederlage
-so gering von sich. Im voraus war sein Bild
-ein wenig zu übernatürlicher Größe herangewachsen,
-und als er nun selbst kam und sie heraus holte,
-war es, als ob sie aus der Stubenluft wieder in
-Wind und Sonnenschein hinauskäme. Ja, sie
-empfand etwas von dem alten Selbstvertrauen.
-Seine Gefühle für sie waren dieselben; das merkte
-sie bald, als sie ihn studierte. Gesellschaftliche
-Formen hatte er, und voll Würde nahm er Huldigungen
-und Aufmerksamkeiten entgegen; hielt
-keine unzeitigen Reden. Sie hatte gehört, daß
-er gerne ein Glas zuviel trank, aber sie sah davon
-nichts. Ein schöner Mann, ja, ein Mann
-wie wenige, &mdash; vielleicht ein wenig abgearbeitet,
-aber das waren ja die meisten Seeleute. Vor
-etwas Unbestimmtem in den Augen hatte sie Angst,
-ebenso vor seiner Gier, wenn er bei Tische saß.
-Zuweilen erschrak sie auch vor dem Gewaltsamen
-in seinen Ansichten. Wäre sie zu Hause gewesen
-<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a>
-und hätte sich erkundigen können! Aber er wollte
-sofort wieder abreisen und hatte im Scherz
-geäußert, wenn er jetzt freite, so wolle er sich
-zugleich verloben und verheiraten. Diese Einfachheit
-und Hast gefielen ihr. Auch die Kraft und
-auch die Eigenmächtigkeit, obgleich sie sie fürchtete.
-Fürchtete und sich außerordentlich wohl dabei
-befand, daß soviel Kraft und Eigenmächtigkeit sich
-gerade vor ihr beugten, und das jetzt, wo alle
-um ihn warben.
-</p>
-
-<p>
-Da kam sie auf etwas, was sie außerordentlich
-verständig dünkte; für den Fall wollte sie zwei
-Bedingungen stellen: Verwaltung des eigenen Vermögens
-und niemals mit ihm reisen. Wenn seine
-Kraft und Eigenmächtigkeit etwa zügellos werden
-sollten, so wurde dadurch eine Grenze gesetzt, und
-sie konnte ihm von Anfang an zu verstehen geben,
-daß, wie klein sie auch sei, sie sich und das Ihre
-zu schützen gedächte.
-</p>
-
-<p>
-Als der Antrag kam &mdash; es war in einer Theaterloge
-&mdash; fehlte es ihr jedoch an Mut, es zu sagen.
-Sie bat um Bedenkzeit. Der Ausdruck, den sein Gesicht
-annahm, flößte ihr Furcht ein &mdash; zum erstenmal.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a>
-Später dachte sie oft daran. Anstatt diesem
-unmittelbaren Eindruck nachzugeben, fing sie an
-zu sinnen, was wohl geschehen würde, wenn sie
-jetzt wieder nein sagte! Sie hatte ja seine Freundlichkeit
-angenommen, obgleich sie wußte, was
-kommen würde. Die Bedingungen, die Bedingungen
-&mdash; mögen sie entscheiden! Nahm er
-sie an, so sollte es sein, und dann hatte es auch
-wohl keine besondere Gefahr. So schrieb sie und
-nannte die Bedingungen.
-</p>
-
-<p>
-Er kam am nächsten Tage und bat um die
-notwendigen Papiere, dann würde er selbst alles
-ordnen, sowohl das mit dem Ausschluß der Gütergemeinschaft
-wie mit dem Kontrakt; er faßte es
-also als Geschäft auf und schien wohl zufrieden.
-</p>
-
-<p>
-Drei Tage darauf wurden sie getraut. Große
-Feierlichkeit und großer Zulauf; die Zeitungen
-hatten nämlich darauf aufmerksam gemacht.
-Huldigung und Ehrenbezeugungen hinterher, Prunk
-und Reden untermischt mit Witzen über seine
-Größe und ihre Kleinheit &mdash; es dauerte von
-fünf Uhr nachmittags bis zwölf, ein Uhr nachts
-in ziemlich gemischter Gesellschaft. Als es spät
-<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a>
-wurde und der Champagner gar kein Ende nahm,
-wurden viele lärmend und tüchtig zudringlich.
-Darunter auch der junge Ehemann.
-</p>
-
-<p>
-Am nächsten Morgen sieben Uhr saß Ella
-angekleidet und ganz allein in einem Zimmer
-neben der Schlafstube, deren Tür offen stand;
-sie hörte ihren Mann dort schnarchen.
-</p>
-
-<p>
-Leichenblaß und still saß sie, gelähmt durch
-die Schrecken der Nacht, ohne Tränen, ohne Empfindung.
-Sie teilte die Ereignisse der Nacht in
-zwei Teile: in das, was geschehen war, und das
-was gesagt worden &mdash; sie wußte nicht, was am
-schlimmsten gewesen.
-</p>
-
-<p>
-Die Begierde dieses Mannes war von tödlichem
-Haß entflammt! Als sie das erste Mal
-nein gesagt, hatte er es zum Ziel seines Lebens
-gemacht, sie dahin zu bringen, daß sie ja sagte;
-das erzählte er. Erzählte, daß <em>sie</em> für den Verruf
-büßen solle, in den er gekommen, &mdash; nahe
-daran, zum drittenmal bloßgestellt zu werden. Sie
-solle für alle büßen, sie, die es gewagt hatte,
-kränkende Bedingungen zu stellen! Wie ein Ding,
-wie eine Dirne würde er sie behandeln!
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a>
-Ihrer Berechnung werde er das Genick
-brechen, wie einer Garneele, &mdash; sie solle sich nur
-unterstehen, nicht mit an Bord gehen oder irgend
-etwas selbst verwalten zu wollen!
-</p>
-
-<p>
-Dann das, was geschehen war &mdash;! Die
-Schale einer Fliege in einem Spinngewebe, zerfressen
-und leergeschlürft, das war&rsquo;s woran sie dachte.
-</p>
-
-<p>
-Aber ungefähr Ähnliches hatte sie schon einmal
-empfunden! O Gott, die Nacht nach dem
-Balle! Eine unbestimmte Empfindung, daß sie
-in jener Nacht für diese letzte bestimmt wurde .....
-aber sie konnte es sich nicht klar machen. Hingegen
-fragte sie sich, ob das, was uns <em>nicht</em> glückt,
-tiefer über uns bestimmt als das, was glückt?
-</p>
-
-<p>
-Drei, vier Stunden später saß Hjalmar Olsen
-am Frühstückstisch, schwerfällig und schweigend;
-aber er beobachtete höfliche Formen, als ob nichts
-vorgefallen sei. Vielleicht war er zu betrunken
-gewesen, um ganz verantwortlich gemacht werden
-zu können; oder vielleicht war die Höflichkeit
-Berechnung, um sie für einen Besuch an Bord
-zu gewinnen. Er bat nämlich darum, als er vom
-Tische aufstand.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a>
-Aber weder durch Drohungen noch durch
-Lockungen, weder zum Aufenthalt noch zum Besuch
-bekam er sie mit an Bord. Die Furcht
-rettete sie.
-</p>
-
-<p>
-Einige Monate später saß sie in ihrer Vaterstadt
-im eigenen kleinen Hause. Die Zeitungen
-machten bekannt, daß sie Schülerinnen für Klavierspiel
-und Handelsrechnung suche.
-</p>
-
-<p>
-Sie war schwanger.
-</p>
-
-<p>
-Ein Jugendfreund Axel Aarö&rsquo;s besuchte sie.
-Er solle sie vielmals von Aarö grüßen und ihr
-Glück zu ihrer Heirat wünschen. Sie zwang die
-aufquellende Bewegung nieder und fragte sanft,
-wie es Axel Aarö gehe. O, ganz ausgezeichnet;
-er sei immer noch bei demselben alten Manne,
-der nach und nach alles für ihn geworden sei.
-Dies sei so recht etwas für Aarö; es paßte ihm
-daß einer alles für ihn geworden. Und dann
-habe er eine Kur gegen sein ererbtes Übel durchgemacht;
-er selbst glaube, daß er geheilt sei. Wie
-es Frau Holmbo gehe, fragte Ella. Sie erschrak,
-als sie es ausgesprochen hatte; aber es war eine
-unwillkürliche Bitterkeit, die hervorbrach. Sie
-<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a>
-hatte Frau Holmbo so mager und bleich gesehen;
-Frau Holmbo vermißte ihn wohl, und das war
-zuviel.
-</p>
-
-<p>
-Der Freund lächelte: &bdquo;O, Sie haben das
-dumme Gerücht gehört? Nein, Axel Aarö war
-nur der Vermittler zwischen ihr und dem, den
-sie heimlich liebte. Die beiden Freunde hatten
-im Auslande zusammen gewohnt. Vor einigen
-Monaten war der Betreffende auf einer Geschäftsreise
-in Kopenhagen, und Frau Holmbo war auch
-hinunter gereist. Aber es war gewiß schon lange
-irgend etwas zwischen ihnen nicht mehr in Ordnung.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-An diesem Abend weinte Ella noch lange,
-bevor sie einschlief. Sie lag und streichelte ihren
-Zopf, den sie über die Brust gezogen hatte. Oft
-hatte sie daran gedacht, ihn abzuschneiden; aber
-er war noch da.
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-053">
-<img src="images/053.jpg" alt="" /></div>
-
-<h3 class="no" id="subchap-0-2-4">
-<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a>
-<span class="centerpic"><img src="images/054.jpg" alt="" /></span>
-<br />IV
-</h3>
-
-<p class="first">
-Im ersten Jahre bekam sie einen Knaben und
-noch einen im nächsten. So oft sie allein war,
-teilte sie ihre Zeit zwischen ihnen und den Unterrichtsstunden.
-Der Mann steuerte so gut wie
-nichts zum Haushalt bei, mit Ausnahme der
-kurzen Zeiten, wenn er zu Hause war. Dann
-wurde das Geld mit Kameraden in flottem Leben
-verschwendet. &bdquo;Die Jungen&ldquo; wurden so lange
-zur Tante geschickt; &bdquo;man konnte ja nicht vier
-Schritte in dem Lumpenhause machen, ohne durch
-die Wand zu gehen.&ldquo; Solange sagte sie auch
-ihre Stunden ab; sie konnte nicht mehr leisten,
-als daß sie ihm aufwartete.
-</p>
-
-<p>
-Daß sie nicht glücklich sein könne, begriffen
-alle; aber daß sie ein Leben in Angst lebte, davon
-hatte niemand eine Ahnung. In Angst vor
-<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a>
-dem Telegramm, das sein Kommen meldete, wenn
-auch nur für einige Tage, in Angst vor dem,
-was dann geschehen würde. Wenn er kam,
-wagte sie nicht den leisesten Widerspruch und
-zeigte ihm und allen die unbefangenen Augen,
-dieselbe rasche, ein wenig gedämpfte Art, die machte,
-daß sie ging und kam, ohne daß man sie bemerkte.
-Wenn er dann abgereist war, wurde sie mit einem
-Male so übermüde nach der Spannung der Tage
-und Nächte, daß sie zu Bette mußte.
-</p>
-
-<p>
-Jedesmal, wenn er zu Hause war, wurde er
-weniger achtsam auf sich selbst, unverschämter
-gegen andere; wenn sie aber begriffen hätte, wie
-Männer mit seiner Verausgabung von Kraft in
-der Regel um die vierziger Jahre herum fertig sind
-(und deren sind gar viele in den Küstenstädten),
-dann hätte sie auch schon begriffen, daß gerade dies
-die Zeichen des Niederganges waren; er war weit
-vorgeschritten. Ihr erschien er nur immer widerlicher.
-</p>
-
-<p>
-Er war wenig zu Hause, das half ihr. Sie
-hatte sich vorgenommen, daß sie und die Knaben
-ausgezeichnet miteinander leben würden; das half
-ihr auch, meist aber ihre rastlose Arbeit und die
-<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a>
-Achtung aller. Nach fünfjähriger Ehe schien sie
-ebenso niedlich, wie damals, schien auch ebenso
-unbefangen und munter; sie war so daran gewöhnt,
-sich zu verstellen.
-</p>
-
-<p>
-Nun waren ihre Jungen der eine vier, der
-andere drei Jahre alt, und selten fand man sie
-anderswo, als auf dem Marktplatz &mdash; in den
-Schneehaufen im Winter, in den Sandhaufen im
-Sommer. Oder auf dem Lande bei der Tante,
-ihrer &bdquo;Großmutter&ldquo;.
-</p>
-
-<p>
-Nächst der Beschäftigung mit den Knaben
-war die mit den Blumen ihr die liebste. Sie
-hatte deren eine Menge, die das Haus kleiner
-machten, als es eigentlich war. Mit den Knaben
-konnte sie spielen, aber mit den Blumen konnte
-sie denken. Wenn sie den Blumen Wasser gab,
-empfand sie am stärksten, wie gequält sie selbst
-war. Wenn sie ihre Blätter abwischte, sehnte
-sie sich nach guten Worten, freundlichen Augen.
-Wenn sie trockne Zweige entfernte, überflüssige
-Schüsse, wenn sie ihnen andere Erde gab, weinte
-es oft in ihr vor Sehnen, wallte das in ihr auf,
-was nichts bekam.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a>
-Fünf Jahre waren also vergangen, &mdash; als
-eines Tages das Gerücht durch die Stadt ging,
-daß Axel Aarö ein reicher Mann geworden sei;
-sein alter Freund war gestorben und hatte ihm
-eine große Leibrente hinterlassen! Gleich darauf
-wurde auch erzählt, daß Axel Aarö zum zweitenmal
-die Kur gegen die Trunksucht durchgemacht
-habe; die erste sei nicht von Erfolg gewesen; jetzt
-aber sei er geheilt. Man konnte sehen, wie beliebt
-Axel Aarö war; denn es gab kaum einen,
-den es nicht freute.
-</p>
-
-<p>
-Am Mittwoch den 16. März 1892, um
-vier Uhr nachmittags, saß sie mit einer Arbeit
-zwischen ihren Blumen, als sie nach dem Hotel
-hinüber sehen mußte. Im Eckfenster der zweiten
-Etage stand der, an den sie dachte; er sah auf
-sie nieder.
-</p>
-
-<p>
-Sie stand auf, und er grüßte zweimal. Sie
-stand noch da, als er über die Straße kam, in
-dunkler Pelzmütze, schwarzer Seidenweste, auf die
-der lange, blonde Bart herab fiel, das Gesicht
-ziemlich bleich, aber die Augen klarer im Ausdruck.
-Er klopfte an; sie konnte kein Wort hervorbringen,
-<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a>
-sich nicht rühren. Als er aber die
-Tür öffnete und im Zimmer stand, sank sie auf
-einen Stuhl nieder und weinte.
-</p>
-
-<p>
-Er kam langsam auf sie zu, nahm einen
-Stuhl und setzte sich ihr gegenüber. &bdquo;Sie dürfen
-nicht erschrecken, weil ich so geradezu komme. Es
-freut mich zu sehr, Sie wiederzusehen.&ldquo; Nein,
-wie das in diesem Hause klang, diese wenigen
-gedämpften Worte, so rücksichtsvoll, vertraulich.
-Der Tonfall war fremd geworden, aber die
-Stimme, die Stimme! Und daß er ihre Schwäche
-nicht mißdeutete, sondern ihr darüber forthalf!
-Nach und nach wurde sie wieder dieselbe, wie
-in alter Zeit, zuversichtlich, fröhlich, verschämt.
-&bdquo;Es war so seltsam unerwartet,&ldquo; sagte sie.
-</p>
-
-<p>
-Er fügte ehrerbietig hinzu: &bdquo;Das, was inzwischen
-passiert ist, stürmt ja auf einen ein.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Viel mehr wurde nicht gesprochen; er hatte
-gerade bereit gestanden, auszugehen, und nun kam
-der Schwager. Er betrachtete ihre Jungen
-draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen<a id="corr-13"></a>,
-ihr Klavier, ihre Noten an; dann bat er, wiederkommen
-zu dürfen. Das Ganze dauerte fünf Minuten.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a>
-Aber etwas blieb in ihrer Vorstellung zurück
-&mdash; etwas wie der zierliche blonde Bart, der auf
-die Seidenweste herab fiel. Das Zimmer war
-geheiligt, das Klavier, die Noten, der Stuhl, auf
-dem er gesessen hatte, ja, der Teppich, über den
-er gegangen war; &mdash; sogar in seinem Gang lag
-Rücksicht für sie. Sie empfand alles, was er
-gesagt und getan hatte als Mitgefühl für ihr
-Schicksal.
-</p>
-
-<p>
-An diesem Tage konnte sie nichts mehr vornehmen;
-sie schlief kaum in der Nacht. Aber
-was in ihr vorging, war auch nichts geringeres,
-als daß sie etwas, das fünf Jahre &mdash; eigentlich
-sechs &mdash; zurücklag, in die Sonne hinaustrug &mdash;
-es hinaustrug, wie man Blumen aus dem Keller
-holt, wohin sie zum Winterschlaf gestellt worden,
-und sie wieder hinauf zum Frühling trägt. Dabei
-machte sie dieselbe Bewegung, gewiß mehr als
-zwanzigmal: sie legte beide Hände auf die Brust,
-die eine Handfläche über die andere, wie um die
-Brust niederzuhalten; es durfte nicht zu laut reden.
-</p>
-
-<p>
-Tags darauf ging ihr Gespräch leichter. Die
-Knaben wurden herein gerufen. Nachdem er sie
-<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a>
-eine Weile angesehen hatte, sagte er: &bdquo;Da haben
-Sie doch etwas Reelles!&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Binnen kurzem waren sie so gute Freunde,
-er und die Knaben, daß er sich auf alle Viere
-legte, ihnen als Pferd diente und andere ganz
-neue Kunststücke machte, die sie furchtbar amüsant
-fanden. Und dann lud er sie zu einer Schlittenfahrt
-für den nächsten Tag ein! Nach scharfem
-Tauwetter war gerade eine ungewöhnliche Menge
-Schnee gefallen; die Stadt war weiß und die
-Schlittenbahn wieder vorzüglich. Bevor er ging,
-mußte Ella bitten, ihn abbürsten zu dürfen; der
-Teppich sei nicht so sauber gewesen, wie er sein
-müßte. Er nahm ihr die Bürste ab und tat es
-selbst; aber leider hatte er auch auf dem Rücken
-gelegen, und so mußte er sie es tun lassen. Sie
-bürstete dann sein feines Jackett ab, machte es
-so nett und leicht, aber es wollte gar nicht gut
-werden. Auch vorn war es nicht, wie es sein
-sollte, er mußte die Bürste noch einmal nehmen;
-sie stand dabei und sah zu. Als er fertig war
-trug sie die Bürste in die Küche hinaus. &bdquo;Wie
-hübsch, daß Sie noch den Zopf haben,&ldquo; sagte er
-<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a>
-hinter ihr. Sie blieb ziemlich lange fort und kam
-von einer anderen Seite wieder herein. Da war
-er fort; die Knaben sagten, jemand habe ihn
-geholt.
-</p>
-
-<p>
-Am nächsten Vormittag Schlittenfahrt. Erst
-am Nachmittag kamen sie zurück; sie waren in
-Baadshaug eingekehrt, ein Badeort mit Hotel und
-vorzüglicher Restauration, wohin die Leute auch
-im Winter gern wallfahrteten. Der jüngste
-Knabe seiner Schwester war mit, und während
-alle drei das Pferd zu &bdquo;Andresens an der Ecke&ldquo;
-nach Hause brachten, blieb Aarö im Gange
-stehen. Noch nie hatte Ella ihn so aufgeräumt
-gesehen; die Augen hatten das Leuchtende wie
-damals beim Gesang, und dann sprach er von
-dem Augenblick an, wo er kam, bis er wieder
-ging. Sprach vom norwegischen Winter, den er
-nie zuvor gesehen; woher mochte das kommen?
-Seit vielen Jahren hatte er ein Lied zum Preis
-des Winters auf seinem Repertoire, das alte
-Winterlied, das auch sie kannte: &bdquo;Der Sommer
-schlief ein in des Winters Arm&rsquo;&ldquo; &mdash; freilich sie
-kenne es, &mdash; und <a id="corr-14"></a>jetzt erst sollte er lernen, wie
-<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a>
-wahr das Lied war? Der Eindruck vom Winter
-auf die Menschen mußte doch entscheidend sein.
-Der Winter war beinahe ihr halbes Leben! Was
-für Gesundheit und Schönheit &mdash; und Phantasie
-er geben mußte! Er begann zu schildern, was
-er heute im Walde gesehen habe; er brauchte
-nicht viele Worte, aber die Bilder waren klar.
-Sprach, bis er bewegt wurde und sah sie währenddessen
-an wie ein Verzückter.
-</p>
-
-<p>
-Alles in einem einzigen Augenblick; er hatte
-ja seinen Reiseanzug an. Aber als er gegangen
-war, schien es ihr, als hätte sie ihn nie zuvor zu
-Gesicht bekommen. Ein Schwärmer also, &mdash; ein
-Schwärmer bis in die tiefste Tiefe, der sich für
-gewöhnlich nie verriet? Von dieser Schwärmerei
-war das Lied der Bote? Deshalb nahm seine
-Stimme alle mit in ein anderes Reich hinüber?
-Sein schwermütiger Vater &mdash; wenn der trinken
-wollte, schloß er sich mit seiner Violine ein, spielte
-und spielte, bis er da lag. Hatte auch der Sohn
-diese Scheu vor den Menschen gehabt, diese Verzückung
-in seiner eigenen Schwärmerei?
-</p>
-
-<p>
-Gott sei Dank, Axel Aarö war gerettet!
-<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a>
-Gerade aus seiner Schwärmerei heraus hatte er
-sie so angeblickt &mdash;! Jetzt erst drang es ein, sie
-war zu sehr mit dem Neuen an ihm selbst beschäftigt
-gewesen. Jetzt erst drang es ein, &mdash;
-drang mit großer Wärme ein mit überwältigender
-Furcht und Wonne, ein Freudenbote, der noch
-bebte vor Zweifel. Sollte die Bestimmung ihres
-Lebens nahe sein &mdash;! Sie fühlte, daß sie rot
-wurde, sie konnte nicht mehr ruhig bleiben, sie
-ging ans Fenster, um ihn dort wieder zu suchen,
-dann umher, um zu suchen, was sie selbst glauben
-solle. Jedes Wort von ihm zu ihr, jede Miene
-und Bewegung vom ersten Mal an, da er hier
-gewesen, wurden gegenwärtig; aber sie schienen
-alle so vorsichtig, fast spärlich. Gerade das war
-ihr Reiz. Seine Augen hatten sie jetzt gedeutet,
-und diese Augen hüllten Ella ein, sie gab sich
-ihnen ganz und gar hin.
-</p>
-
-<p>
-Das Mädchen reichte einen Brief herein; es
-war eine Weihnachtskarte in einem Kuvert ohne
-Aufschrift von Axel Aarö. Eine von den gebräuchlichen
-Weihnachtskarten, die eine jugendliche Schar
-auf Schneeschuhen darstellte; darunter stand gedruckt:
-</p>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
-<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a>
- <p class="verse">&bdquo;Der weiße Winter</p>
- <p class="verse">Hat rote Rosen.&ldquo;</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="noindent">
-Auf der andern in zierlicher, runder Schrift:
-&bdquo;Im Walde heute muß ich an Sie denken. A. A.&ldquo;
-Das war alles.
-</p>
-
-<p>
-Aber so ist er. Er sagt nicht mehr. Wenn
-er an einem Fenster vorbeikommt, in dem eine
-solche Karte liegt, so denkt er doch an mich. Und
-er denkt nicht allein an mich, sondern er schickt mir
-einen Gedanken. Oder irrte sie? Ella war bescheiden;
-dies ihr gegenüber konnte doch nicht
-mißdeutet werden? Die Weihnachtskarte, ....
-war sie nicht ein Vorbote? Die beiden jungen
-Paare darauf, und die Worte, .... er meinte
-doch wohl etwas damit?
-</p>
-
-<p>
-Sie sah seine entzückten Augen wieder; sie
-hüllten sie nicht allein ein, sie liebkosten sie. Sie
-dachte nicht zurück, sie dachte nicht vorwärts, sie
-atmete nur weit auf, lebte. Noch in der mondhellen
-Nacht lag sie auf ihrem Bette &mdash; nicht
-nur ganz wach, sondern durchstrahlt. Jetzt, jetzt,
-jetzt, flüsterte es. Hätte sie am Traum ihres
-Lebens festgehalten, auch als die Wirklichkeit so
-<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a>
-grausam schien, sie hätte bestanden; weil sie
-unsicher darin geworden, war alles unsicher geworden.
-Aber je größer das Leiden gewesen,
-je größer würde vielleicht die Seligkeit werden!
-Sie schlief in etwas Kreideweißem ein, das sie
-mit hinein in ihre Träume nahm; sie erwachte
-leichten, hellen Wolken entgegen, die sich zerstreuten
-vor den zusammenströmenden Gedanken
-an das, was ihrer heute harrte. In der Nacht
-war das Ganze fertig geworden; sie erwachte
-mit der vollsten Sicherheit. Heute würde es
-geschehen. Er hatte nicht <em>ein</em> Wort gesagt; diese
-seine Schüchternheit liebte sie von allem am meisten
-an ihm. Gerade das war das sichere Pfand.
-Heute geschah es.
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-065">
-<img src="images/065.jpg" alt="" /></div>
-
-<h3 class="no" id="subchap-0-2-5">
-<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a>
-<span class="centerpic"><img src="images/066.jpg" alt="" /></span>
-<br />V
-</h3>
-
-<p class="first">
-Ihr Baden nahm viel Zeit in Anspruch, die
-Pflege ihres Haars fast sogar noch mehr. Aus
-ihrer Kommode, dieselbe auf demselben Platz, die
-sie von Kind auf benützt hatte, &mdash; aus dem
-untersten Schubfach nahm sie das allerfeinste
-Unterzeug hervor, das sie getragen hatte. Getragen
-nur ein einziges Mal, nämlich an ihrem
-Hochzeitstage &mdash; <em>vor</em> der Entweihung. Nachher
-nie wieder. Aber heute &mdash; jetzt, jetzt, jetzt!
-Jedes Stück, daß sie außerdem noch anzog, war
-etwas, das kein anderer berührt hatte. Sie wollte
-sein wie die, die sie in ihren Träumen gewesen.
-</p>
-
-<p>
-Sie ging zu den Knaben hinein, die wach,
-aber noch nicht angezogen waren: &bdquo;Wißt Ihr
-<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a>
-was, Kinder, heute soll Tea Euch zur Großmutter
-bringen!&ldquo; Große Zustimmung &mdash; auch von Tea,
-denn das bedeutete einen freien Tag. &bdquo;Mama,
-Mama!&ldquo; hörte sie hinter sich her rufen, als sie
-in die Küche hinunter lief, um eine Tasse Kaffee
-zu trinken, und dann fort. Zuerst wollte sie
-Blumen holen, dann wollte sie ihre Stunden absagen.
-Denn jetzt, jetzt, jetzt &mdash;!
-</p>
-
-<p>
-Auf der Straße fiel ihr ein, daß es zu früh
-sei, um jemand aufzusuchen. Darum machte sie
-einen Spaziergang vor die Stadt, den frischesten,
-fröhlichsten, den sie je gemacht. Sie kam gerade
-zurück, als Frau Holme aufmachte. Als Ella
-eintrat, hielt die &bdquo;Blumenfrau&ldquo; ein kostbares
-Bouquet in der Hand, das gerade fortgeschickt
-werden sollte. &bdquo;Das will ich haben!&ldquo; rief Ella,
-sie schloß die Thür hinter sich. &bdquo;Sie?&ldquo; entgegnete
-Frau Holme, etwas mißtrauisch; das Bouquet
-war sehr teuer. &bdquo;Ja, ich! Ich muß es
-durchaus haben!&ldquo; Ella&rsquo;s kleine grüne Börse war
-schon heraus. Das Bouquet war vom reichsten
-Hause der Stadt bestellt, und Frau Holme sagte
-das. &bdquo;Das macht nichts!&ldquo; antwortete Ella. So
-<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a>
-viel ehrliche Anbetung für ein Bouquet hatte die
-andere nie gesehen &mdash; und Ella bekam es.
-</p>
-
-<p>
-Von da zu Andresens an der Ecke; einer von
-den Kommis nahm bei Ella Unterricht in Handelsrechnung;
-sie wollte ihm absagen und ihn
-ersuchen, dem ganzen großen Kreis Bescheid zu
-sagen. Sie bat ihn darum mit zündenden Augen,
-und er versprach es mit Feuer. Das appetitlichste
-rote Tuch hing gerade vor ihr. Das mußte sie
-heute um den Kopf binden, wenn sie ausfuhr,
-denn daß sie heute ausfahren würde, daran war
-kein Zweifel! Andresen selbst kam dazu, als sie
-gerade nach dem Preis des Tuches fragte; er sah
-ein Paar Blumen aus der Papierhülle hervorkommen;
-&bdquo;das sind ja herrliche Rosen,&ldquo; sagte er.
-Sofort brach sie eine ab und gab sie ihm. Von
-der Rose sah er zu ihr hin; sie lachte und fragte,
-ob er ein wenig von dem Tuche ablassen würde;
-sie habe nicht ganz soviel Geld bei sich. &bdquo;Wieviel
-haben Sie?&ldquo; fragte er. &bdquo;Genau eine halbe
-Krone zu wenig.&ldquo; Er selbst packte ihr das Tuch
-ein. &mdash; Auf der Straße traf sie Cäcilie Monrad;
-Ella gab einer ihrer Schwestern Klavierunterricht
-<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a>
-und sparte es sich nun, bis ans andere Ende der
-Stadt zu traben. Heute glückt mir alles. &bdquo;Haben
-Sie von den beiden gelesen; die sich in Kopenhagen
-zusammen umgebracht haben?&ldquo; fragte
-Cäcilie. Ja, Ella hatte es gelesen; Fräulein
-Monrad fand es grauenhaft. &bdquo;Weshalb?&ldquo; &mdash;
-Der Mann war ja verheiratet. &mdash; &bdquo;Allerdings,&ldquo;
-erwiderte Ella, &bdquo;aber nun liebten sie sich!&ldquo; Ihre
-Augen waren ein Glutmeer; Cäcilie schlug die
-ihren nieder und wurde rot. Da nahm Ella
-ihre Hand und drückte sie. &mdash; Da bin ich in eine
-Liebesgeschichte hineingekommen, dachte sie und
-flog mehr als sie ging durchs Villenviertel; der größte
-Teil ihrer Eleven wohnte dort oben. Auf einem
-Dache sah sie zwei Staare, die ersten vom Jahr;
-das Tauwetter vor einigen Tagen hatte sie wohl
-verlockt. Aber nicht, daß die Staare etwa verzagt
-gewesen wären; keineswegs, sie liebten!
-&bdquo;Mama, Mama!&ldquo; hörte sie im selben Augenblick.
-Das waren doch deutlich ihre Jungen! Sie hatte
-wohl an sie gedacht, als sie die Staare sah. So
-sehr hatte es sie in Anspruch genommen, daß sie
-zu weit an den Straßenrand kam; dabei trat sie
-<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a>
-auf ein Brettende, das ins <a id="corr-16"></a>Schwanken kam; sie wäre
-beinahe gefallen. Aber unter dem Brett war es
-Frühling! Von der Tauwetterzeit übrig geblieben
-stand da &mdash; ja freilich war es Löwenzahn! So
-langweilig wie er weiter in den Sommer hinein
-wird &mdash; als erster Mann ist er willkommen!
-Sie beugte sich nieder und nahm die Blumen.
-Sie steckte sie zwischen die Rosen; der Löwenzahn
-nahm sich dort dürftig aus; aber der erste im
-Jahr, und heute gefunden!
-</p>
-
-<p>
-Hiernach war sie ganz ausgelassen. Hüpfte
-die Anhöhen hinunter, als sie fertig war; grüßte
-gleichmäßig Bekannte und Halbbekannte, und als
-sie dann Cäcilie wiedersah, legte sie die Blumen
-aus der Hand, machte einen Schneeball und warf
-ihr den in den Rücken.
-</p>
-
-<p>
-Zu Hause angekommen, ließ sie die Knaben
-zusammen mit Tea in den Schlitten packen.
-&bdquo;Mama, Mama!&ldquo; riefen sie und zeigten nach dem
-Hotel hinauf; Axel Aarö stand dort und grüßte.
-</p>
-
-<p>
-Gleich darauf kam er herüber. &bdquo;Sie sind
-wohl ganz allein?&ldquo; er trat zu ihr. &mdash; &bdquo;Ja;&ldquo; &mdash;
-sie machte sich mit den Blumen zu schaffen und
-<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a>
-blickte nicht auf, denn sie zitterte. &bdquo;Ist heute
-Geburtstag im Hause?&ldquo; &mdash; &bdquo;Sie meinen wegen
-der Blumen &mdash;?&ldquo; &mdash; &bdquo;Ja. Das sind ja herrliche
-Rosen! Und die da im Glase? Löwenzahn!&ldquo;
-&mdash; &mdash; &bdquo;Die ersten im Jahr.&ldquo; Er sah
-sie nicht an. Er stand so unentschlossen da, als
-überlege er etwas. &bdquo;Darf ich Ihnen etwas vorsingen?&ldquo;
-sagte er endlich. &mdash; &bdquo;Ja, bester &mdash;!&ldquo;
-sie ließ die Blumen, um das Klavier zu öffnen
-und den Stuhl herunter zu schrauben &mdash; und zog
-sich dann bescheiden zurück. Nach einem längeren,
-gedämpften Vorspiel, begann er Ole Olsen&rsquo;s
-&bdquo;Sonnenuntergang&ldquo; ganz ruhig, ja, so wie er
-gesprochen und gewesen war, seit er bei ihr eingetreten.
-Nie hatte er schöner gesungen; seine
-Gesangskunst war so viel größer geworden. Aber
-in der Stimme lag derselbe, nein, ein noch trostloserer
-Schmerz als der, den sie das erste Mal
-vernommen. &bdquo;Trauer, Trauer, &mdash; ach, ich bin
-verloren!&ldquo; &mdash; sie hörte es wieder so deutlich.
-Als er den ersten Vers zu Ende gesungen hatte,
-saß sie vorübergebeugt und weinte; sie hatte nicht
-einmal versucht, sich Zwang aufzulegen. Er hörte
-<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a>
-es und drehte sich um; gleich darauf fühlte sie
-daß er ihren Zopf berührte, ja, ihr war, als
-küsse er ihn; jedenfalls hatte er sich ganz über
-sie niedergebeugt, denn sie fühlte seinen Atemzug.
-Aber sie hob den Kopf nicht, sie hatte nicht den Mut.
-</p>
-
-<p>
-Er ging durchs Zimmer. Kam zurück, ging
-wieder. Da wurde es still in ihr, sie saß unbeweglich
-und wartete.
-</p>
-
-<p>
-&bdquo;Darf ich Sie heute spazieren fahren?&ldquo; vernahm
-sie. Den ganzen Tag wußte sie schon, daß
-sie zusammen ausfahren würden, sie wunderte
-sich daher nicht. Gleichwie <em>dies</em> nun in Erfüllung
-gegangen war, würde das andere kommen. Alles.
-Sie blickte durch Tränen auf und lächelte. Er
-lächelte ebenfalls! &bdquo;Ich gehe und bestelle das
-Pferd.&ldquo; Und als sie nicht antwortete, tat er&rsquo;s.
-</p>
-
-<p>
-Wieder zu den Blumen. Sie hatte sie ihm
-also nicht geben dürfen. Die paar Blüten Löwenzahn
-wollte sie fortwerfen.
-</p>
-
-<p>
-Als sie sie aus dem Glase nahm, fielen ihr die
-Worte ein: &bdquo;Da haben Sie doch etwas <a id="corr-18"></a>Reelles.&ldquo;
-Die Worte waren allerdings nicht vom Löwenzahn
-gesagt: aber sie waren ihr oft wieder eingefallen;
-<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a>
-es war nicht wunderlich, daß sie ihr jetzt
-einfielen. Sie ließ den Löwenzahn stehen.
-</p>
-
-<p>
-Aarö blieb lange fort, länger als eine Stunde.
-Als er aber kam, war er außerordentlich munter.
-Er saß hinten auf einem flotten Damenschlitten
-in dem eleganten Pelz von gestern, dem kostbarsten,
-den sie je gesehen; grüßte mit der Peitsche hinein
-und sprach und lachte mit den Kindern sowohl
-wie mit den Erwachsenen, die sich um ihn
-sammelten, während sie sich ankleidete. Das war
-bald geschehen; sie hatte nicht viel anzuziehen,
-brauchte es auch nicht.
-</p>
-
-<p>
-Er stand sofort auf, grüßte, packte sie ein,
-und fort ging es im Trabe. Unterwegs beugte
-er sich zu ihr und flüsterte: &bdquo;Wie gütig von
-<a id="corr-19"></a>Ihnen, daß Sie mitkommen!&ldquo; Seine Stimme war
-so warm, aber sein Atemhauch war anders als
-vorhin. Sobald der prächtige Hengst im Laufe
-nachließ, beugte er sich wieder vor: &bdquo;Ich habe
-per Telephon ein Lunch in Baadshaug bestellt.
-Es ist bereit, wenn wir kommen. Sie haben
-doch wohl nichts dagegen?&ldquo; Sie drehte sich um
-damit sie ihm den Kopf zuwenden konnte; sie
-<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a>
-stießen beinahe zusammen: &bdquo;Ich habe vergessen,
-Ihnen für die Karte von gestern zu danken.&ldquo; &mdash;
-Er wurde rot: &bdquo;Ich habe es nachher bereut,&ldquo;
-sagte er; &bdquo;aber in dem Augenblick, wo ich die
-Karte sah, mußte ich an Sie denken. Wie Sie
-hier heraus passen!&ldquo; Jetzt wurde <em>sie</em> rot und
-zog sich zurück. Da hörte sie dicht neben sich:
-&bdquo;Sie dürfen nicht böse werden. Es pflegt so zu
-gehen; wenn man eine Dummheit wieder gutmachen
-will, so macht man eine zweite.&ldquo; Gern
-hätte sie seine Augen gesehen während er das
-sagte; aber sie wagte es nicht. Jedenfalls war
-es mehr, als was er bis jetzt gesagt hatte. Die
-Worte fielen weich wie Flaum! Bis heute hatte
-sie seine Zurückhaltung beinahe mißdeutet, &mdash; aber
-wie schön sie doch alles machte; sie betete sie an.
-&bdquo;In einer Weile sind wir im Walde; dort werden
-wir anhalten und uns umsehen,&ldquo; sagte er. <em>Dort</em>
-dachte sie! Er fuhr im raschen Trabe dahin;
-sie freute sich, freute sich. Die Sonne funkelte
-auf dem Schnee, die Luft war warm, sie mußte
-das Kopftuch lösen, und dabei half er ihr. Wieder
-fühlte sie seinen Atem; es war etwas &mdash; nicht
-<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a>
-wie Tabak, feiner, angenehmer, aber was war
-es? Es entsprach ihm selbst gleichsam. Ihr war
-so wohl, mit solchem Überfluß von Glück in der Landschaft,
-durch die sie nun fuhren, und die beständig
-schöner wurde. Auf der einen Seite des Weges die
-Berge, die weißen Berge, denen die Sonne einen
-rötlichen Glanz gab! vor den Bergen Anhöhen, zum
-Teil mit Wald bewachsen, und zwischen den Anhöhen
-lagen Höfe. Auf der anderen Seite des Weges hatten
-sie die ganze Zeit das Meer; aber zwischen ihnen
-und dem Meer flache Strecken, vielleicht Moore.
-Das Meer selbst grauschwarz gegen die Schneegrenze;
-das sprach herein von anderen Seiten des
-Lebens. Von ewiger Unruhe, salzigem Ernst, nur
-Protest auf Protest gegen das Schnee-Idyll.
-</p>
-
-<p>
-Während des Tauwetters waren Zweige,
-Stämme, Zäune feucht gewesen; der erste Schnee
-der dann kam, war ebenfalls feucht an sich und
-klebte gut fest. Als dies dann zusammenfror,
-und das Schneegestöber immer gleichmäßig überwältigend
-blieb, da bildeten sich Figuren über
-den ersten erstarrten Formen, wie man selten etwas
-Ähnliches sieht. Die Schwere des ersten feuchten
-<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a>
-Schnees machte, daß er hinabsickerte, an irgend
-einer Unebenheit haften blieb und sich dort
-sammelte; oder unter die Zweige hinabglitt oder
-zu beiden Seiten der Zaunpfähle. Als dies sich
-nun in Ruhe fügte und vermehrte, kamen die
-schnurrigsten Tiere zum Vorschein, &mdash; weiße
-Katzen, weiße Hasen, die mit krummem Rücken
-und gestrecktem Vorderleib an den Baumstämmen
-in die Höhe kletterten, oder unter den Zweigen
-manövrierten, oder oben auf den Hürdenstangen
-einen Buckel machten. Zottige, weiße Tiere, oft
-so groß wie der Marder, aber sogar auch groß
-wie der Luchs, ja, wie der Tiger. Demnächst
-allerhand kleines Getier, weiße Mäuse, Hermeline,
-oben und unten und drüben. Und alle möglichen
-Raritäten, Kobolde, die an den Beinen hingen,
-Pierrots, Gnomen auf den äußersten Spitzen der
-Hürdenpfähle, Heinzelmännchen mit Rucksäcken;
-oder eine hingeworfene Kappe, eine Nachtmütze,
-ein Tier ohne Kopf, ein anderes mit einem Schweif
-von ungeheurer Länge, ein großer Fausthandschuh,
-eine umgestülpte Wasserkanne. An einigen Stellen
-bloßes, schwarzes Laubwerk als Verzierung an der
-<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a>
-weißen Wand, an andern große Schneelasten in
-den Nadelbäumen mit Grün drüber und drunter,
-mächtige Farbenmengen gegeneinander.
-</p>
-
-<p>
-Aarö hielt an; sie stiegen beide ab.
-</p>
-
-<p>
-Da stürmte eine Reihe ganz anderer Eindrücke
-hervor. Dicht neben ihnen lag ein alter Bursche
-von einem Stamm, halb umgestürzt im Spiel des
-Lebens. Aber träumte er nicht jetzt im Winter
-den schönsten Traum, nämlich daß er jung sei?
-Beim ausgelassenen Aufbauen schneeweißer Herrlichkeit
-hatte er alle Schmerzen und Hinfälligkeit
-vergessen; versteckt war das Moos auf seiner
-Haut, die Fäulnis der Wurzel war zugedeckt, die
-Narben von den verlorenen Zweigen unsichtbar.
-Eine gebrechliche Pforte war ausgehängt und an
-den Zaun gelehnt, sie war zerbrochen und unbrauchbar.
-Auch sie hatte des Winters Künstlerhand
-aufgesucht und erneuert; jetzt war sie ein
-architektonisches Meisterwerk. Die schiefstehenden,
-dunklen Zaunpfähle waren junge Stutzer mit
-schiefem Hut und munteren Mienen. Die alten,
-schmutziggrauen, moosbewachsenen Hürdenstangen
-&mdash; man kann sich das Paradies hinter keiner
-<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a>
-schöneren Einfriedung träumen! Ihre Schwäche
-war bei der Auferstehung ihre Stärke geworden,
-Sprünge und Äste im Holz der vorzüglichste Baugrund
-für den Schnee, jedes Loch mit einem
-Wisch <a id="corr-23"></a>himmlischer Krystalle zugestopft; entstellende
-Unebenheiten schon seit der Zeit, wo sie gespalten
-worden, waren nun zugedeckt und geküßt, beruhigt
-und geschmückt, alle Fehler mit aufgenommen in
-die weiße Gemeinschaft.
-</p>
-
-<p>
-Eine verfallene Tenne unterhalb des Weges,
-ein wohlausgedienter Mutterarm für Laub und
-Torf, &mdash; ebenfalls aufgesucht und verschwenderischer
-übergossen, als die reichste Braut der
-Welt. Aus des Himmels reichstem Schoß mit
-solchem Überfluß beschüttet, daß der Schnee in
-weißen Fahnen einen halben Meter weit über das
-Dach hing, an einigen Stellen mit hoher Kunst
-wieder aufgefaltet. Die grauschwarze Wand unter
-den Fahnen sah dadurch aus wie ein altes persisches
-Gewebe; die ganze Tenne hätte fertig in einem
-Shakespeareschen Drama auf die Bühne gestellt werden
-können. Hinten die Berge, vorn die Höhen, alles
-glänzte in der Sonne wie einst im Hosianna der Juden.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a>
-Ella vernahm aus der Ferne fortwährend zwei
-zarte Stimmen &bdquo;Mama, Mama!&ldquo; die in dies
-alles hineinklangen. Als sie sich nach ihrem Begleiter
-umsehen wollte, saß er tiefergriffen auf
-dem Schlitten, während die Tränen ihm über die
-Backen liefen.
-</p>
-
-<p>
-Bald fuhren sie weiter, aber langsam. &bdquo;Ich
-erinnere mich dieses schmutzigen Weges,&ldquo; sagte er;
-die Stimme klang so wehmütig, &bdquo;die Bäume
-gaben so viel Schatten, so daß er selten trocken
-wurde; aber jetzt ist er doch sehr fein!&ldquo; Da drehte
-sie sich um und hob den Kopf empor: &bdquo;Ach,
-singen Sie etwas!&ldquo; &mdash; Er antwortete nicht gleich;
-sie bereute, daß sie darum gebeten hatte; dann
-aber sagte er: &bdquo;Ich wollte schon, aber da kam
-eine solche Erregung über mich. &mdash; Sprechen Sie
-jetzt eine Weile nichts, dann kann ich&rsquo;s vielleicht.
-Das alte Winterlied nämlich.&ldquo; &mdash; Sie sah ein,
-daß er nicht eher singen konnte, als bis es für
-ihn selbst so recht zur Wahrheit wurde. Solche
-stillen Schwärmer dachte sie, sind wählerischer in
-Bezug auf das, was echt ist. Das meiste ist ihnen
-nicht echt genug. Deshalb berauschten sie sich
-<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a>
-auch so gern, sie wollten hinaus, mußten eine
-Welt für sich allein schaffen. Ja, nun sang er:
-</p>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Müde schlummert der Sommer ein,</p>
- <p class="verse">Winter decket ihn sorglich zu.</p>
- <p class="verse">&bdquo;Bächlein,&ldquo; sagt er, &bdquo;geht nun zur Ruh,</p>
- <p class="verse">Wogen, lasset das Plätschern sein!&ldquo;</p>
- <p class="verse2">Weste schweigen die kosenden,</p>
- <p class="verse2">Stürme heulen, die tosenden.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Somren sovned i Vintrens Favn,</p>
- <p class="verse">Vintren rejste sig, daekked til,</p>
- <p class="verse">&bdquo;rolig&ldquo; sa han til Elvens Spil,</p>
- <p class="verse">&bdquo;rolig&ldquo; sa han til Gaard og Havn.</p>
- <p class="verse2">Tause blev de saa, Skogerne.</p>
- <p class="verse2">Hjemme hörtes kun Slogerne.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">All den Duft, den der Sommer gab,</p>
- <p class="verse">Fein verwahrt er fürs nächste Blüh&rsquo;n,</p>
- <p class="verse">Ruhen durft er für all sein Müh&rsquo;n.</p>
- <p class="verse">Bäume senken das Laub herab,</p>
- <p class="verse2">All, die Blumen, die prächtigen,</p>
- <p class="verse2">Bergen sich vor dem Mächtigen.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Al den Ting, som var Somren kjaer,</p>
- <p class="verse">fint forvartes til naeste Gang;</p>
- <p class="verse">Hvile fick det for al sin Trang,</p>
- <p class="verse">Markens Spirer og Vand og Traer.</p>
- <p class="verse2">Gjemtes som Kjaernen i Nödderne,</p>
- <p class="verse2">Mulden smuldred am Rödderne.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
-<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a>
- <p class="verse">Was der Sommer an Krankheit bracht,</p>
- <p class="verse">Pestkeim, den seine Glut erzeugt,</p>
- <p class="verse">Winterkälte hat ihn verscheucht,</p>
- <p class="verse">Hoch auf Bergeshöh er erwacht,</p>
- <p class="verse2">Atmet die Lüfte, die tauenden,</p>
- <p class="verse2">Grüßet die Gipfel die blauenden.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Alt, hvad Somren af Sygdom led,</p>
- <p class="verse">Pestfrö over dens Liv og Frugt,</p>
- <p class="verse">Vintren draebte i Frost og Flugt &mdash;</p>
- <p class="verse">vaagne skal hun i fjaeldblaa Freed,</p>
- <p class="verse2">toet af Sneen og Vindene,</p>
- <p class="verse2">hilset af Sundhed i Sindene.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Über des schlafenden Sommers Stirn</p>
- <p class="verse">Streut der Winter gar holden Traum,</p>
- <p class="verse">Sternenhoch trug er im Weltenraum</p>
- <p class="verse">Ihn zu der Nordlicht umstrahlten Firn,</p>
- <p class="verse2">Durch die Zeit, die nie säumende</p>
- <p class="verse2">Fort &mdash; bis erwacht der Träumende.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Over den sovendes höstgraa Bryn</p>
- <p class="verse">Vintren strödde saa fager Dröm,</p>
- <p class="verse">stjaernehöj, hvid-hvid i Nordlys-Ström</p>
- <p class="verse">bar den hende fra Syn til Syn</p>
- <p class="verse2">gjennem de lange Dögnene</p>
- <p class="verse2">frem, til hun <a id="corr-26"></a>opslog Öjnene.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
-<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a>
- <p class="verse">Er, den grausam und bös&rsquo; sie schmähn,</p>
- <p class="verse">Schaffet, was er doch nie darf seh&rsquo;n;</p>
- <p class="verse">Er, der Räuber und Mörder genannt,</p>
- <p class="verse">Schirmet und wachet all Jahr im Land, &mdash;</p>
- <p class="verse2">Weiter eilt dann der Flüchtige,</p>
- <p class="verse2">Harrt auf die Zeit, die richtige.</p>
- </div>
- <div class="stanza nor" lang="no">
- <p class="verse">Han, som skjaeldtes for <a id="corr-27"></a>vond og vred,</p>
- <p class="verse">lever for det, han ej faar se;</p>
- <p class="verse">han, som skjaeldtes for Morder, han</p>
- <p class="verse">skjaermer og tor hvert Aar vort Land, &mdash;</p>
- <p class="verse2">gjemmer sig saa i Fjaeldene,</p>
- <p class="verse2">til det blir kaldt am Kvaeldene.</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="noindent">
-Die vielen kleinen Schellen begleiteten den
-Gesang wie Sperlingszwitschern; seine Stimme
-läutete zwischen den Bäumen den Gottesdienst des
-Menschengeistes in den weißen Hallen ein.
-</p>
-
-<p>
-<em>Ein</em> Tag, das fühlte Ella, bezahlte für tausend.
-<em>Ein</em> Tag tut das, was das Winterlied erzählt,
-er wiegt einen müden Sommer zur Ruhe, dämpft
-seine Krankheitskeime, zerbröckelt die Erde für
-den neuen, macht die Nerven stark und die
-dunkelste Zeit hell. In ihm sammeln sich all
-unsere langen Träume. Was hätte nicht auch
-<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a>
-aus ihr werden können, wie klein sie auch war,
-wenn sie <em>viele</em> solche Tage gehabt hätte? Was
-hätte sie dann nicht für ihre Knaben werden
-können?
-</p>
-
-<p>
-Sie kamen an ein langes, weißes Gebäude
-zwischen zwei Flügeln, alle von Holz. Auf dem
-Hofplatz standen viele Schlitten mit aufgestellten
-Gabeldeichseln; es waren also schon mehrere Gesellschaften
-hier. Ein Stallknecht führte ihr Pferd
-fort; der Diener, der sie bedienen sollte, war
-gleich zur Hand, um ihnen zu helfen, und ein
-Mann im bloßen Kopf mit jovialem Gesicht kam
-dazu; es war Peter Klausson! Er schien sie erwartet
-zu haben und wollte Ella durchaus beim
-Ablegen behilflich sein. Aber er roch nach Cognac
-oder was es war; um ihn los zu werden, fragte
-sie nach dem Zimmer, in dem sie speisen sollten.
-Sie wurden in ein warmes, gemütliches Zimmer
-mit gedecktem Tische geführt; dort half Aarö ihr
-mit den Sachen. &bdquo;Ich konnte Peter Klaussons
-Atem nicht ertragen,&ldquo; sagte sie. Da lächelte Aarö.
-</p>
-
-<p>
-&bdquo;In Amerika hat man Mittel gegen dergleichen.&ldquo;
-&mdash; &bdquo;Was meinen Sie?&ldquo; &mdash; &bdquo;Man
-<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a>
-nimmt etwas, das den Atem anders macht.&ldquo; &mdash;
-Gleich darauf bat er, ihn zu entschuldigen, er
-habe noch dies und jenes anzuordnen. Sie war
-also allein, bis angeklopft wurde; es war wiederum
-Peter Klausson! Er sah ihr Erstaunen und
-lächelte: &bdquo;Wir werden ja zusammen speisen,&ldquo;
-sagte er. &mdash; &bdquo;So?&ldquo; &mdash; Sie sah nach dem Tisch;
-er war für fünf gedeckt! &mdash; &bdquo;Haben Sie kürzlich
-von Ihrem Manne gehört?&ldquo; &mdash; &bdquo;Nein.&ldquo; &mdash;
-Lange Pause. Ist Peter Klausson eine Gesellschaft
-für Axel Aarö? Der beste Kumpan ihres
-Mannes? Aarö, der nur haben wollte, was echt
-war? Aber im selben Augenblick, da sie dies gedacht
-hatte, mußte sie auch zugeben, daß Peter
-Klaussons unmittelbare Natur vollkommen ehrlich
-sei, was er sonst auch immer sein mochte.
-</p>
-
-<p>
-Der Diener brachte einen Korb mit Wein ins
-Zimmer, schloß die Tür aber nicht eher hinter
-sich, als bis er von draußen noch mehr hereingeholt
-hatte, nämlich Champagner in Eis. &bdquo;Ist
-all der Wein für uns?&ldquo; fragte Ella. &mdash; &bdquo;Wie
-ich sehe,&ldquo; erwiderte Peter Klausson; er war sichtlich
-erfreut. &mdash; &bdquo;Aarö trinkt doch keinen Wein?&ldquo;
-<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a>
-&mdash; &bdquo;Aarö? Er hat mich aufgefordert, heute
-herauszukommen &mdash; ich kam zufällig zu ihm
-hinauf, &mdash; und da haben wir beide den allerfeinsten
-Cognac getrunken.&ldquo; &mdash; Ella kehrte sich
-nach dem Fenster um, denn sie fühlte, wie sie
-erbleichte.
-</p>
-
-<p>
-Gleich darauf trat Aarö ein, so höflich und
-vornehm, daß Peter Klausson die Hände aus den
-Hosentaschen ziehen mußte; er wagte beinahe
-nicht zu sprechen. Aarö teilte mit, daß er Holmbos
-eingeladen habe; gerade eben hätten sie abgesagt;
-sie mußten sich jetzt alle drei an ihrer gegenseitigen
-Gesellschaft genügen lassen. Er führte
-Ella zu Tisch. Aarö zeigte sich als der liebenswürdigste
-und der erfahrenste Wirt. Mit dem
-deutschen Diener sprach er englisch und gab fortwährend
-kleine Winke in Bezug auf das Anrichten;
-er verdeckte die Sünden des Dieners,
-brachte Kleinigkeiten zur Geltung &mdash; alles so, daß
-man es kaum merkte. Gleichzeitig nährte er
-eine einfache Unterhaltung durch kleine Anekdoten
-aus seinem gesellschaftlichen Leben. Er schenkte
-niemals selbst ein; wenn er trank, zitterte ihm die
-<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a>
-Hand. Auch früher glaubte sie dies schon bei
-ihm gesehen zu haben; jetzt quälte es sie.
-</p>
-
-<p>
-Der erste Gang waren Austern, und davon
-aß sie tüchtig; sie war sehr hungrig. Aber später
-konnte sie weniger und immer weniger mitkommen,
-ja, zuletzt war es, als würde ihr die Kehle zusammengeschnürt.
-Sie hätte ebenso gut weinen
-wie essen und trinken können.
-</p>
-
-<p>
-Anfangs war es ihr nicht recht klar, weshalb.
-Wohl, daß es so ganz anders war, als sie geträumt
-hatte: der herrliche Tag war im Begriff
-eine Enttäuschung zu werden. Im Beginn dachte
-sie: dies wird wohl einmal ein Ende nehmen,
-und dann haben wir es auf dem Heimwege wieder
-angenehm. Aber nach und nach, als seine Laune
-immer ausgelassener wurde, erwies er ihr alle
-erdenkliche Aufmerksamkeit, ja, sie wurde von
-beiden Kavalieren zugleich gefeiert &mdash; bis sie
-hätte schreien mögen. Nach der Mahlzeit wurde
-sie elegant an Aarös Arm in ein anderes Zimmer
-geführt, das ebenfalls in Bereitschaft gehalten
-war &mdash; gemütlich, prächtig mit einem Klavier.
-</p>
-
-<p>
-Der Kaffee wurde sofort serviert (mit einem
-<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a>
-&bdquo;<span class="antiqua">Avec</span>&ldquo;) und unmittelbar darauf baten die Herren
-um Erlaubnis, einen Augenblick rauchen zu dürfen,
-es solle nur ganz kurz sein. Sie gingen &mdash; und
-ließen sie allein. Dies war nicht einmal mehr
-höflich &mdash; und nun erst begriff sie, daß nicht nur
-der Tag, sondern Aarö ein anderer geworden, als
-sie gedacht hatte! Das große Dunkel der Ballnacht
-kam über sie hergezogen; sie kämpfte dagegen,
-sie erhob sich und ging, wollte hinaus, als
-könne sie ihn dort so wiederfinden, wie sie ihn in
-ihrer Vorstellung hatte. Sie suchte den Weg nach
-dem ersten Zimmer, nahm dort ihr rotes Tuch
-um und war gerade auf den breiten Platz vor
-dem Gebäude gekommen, als der Diener vom
-Mittag hinter ihr her kam und etwas auf englisch
-sagte, was sie anfangs nicht verstand; sie war
-nämlich zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt,
-um sofort die Sprache wechseln zu können.
-Der Diener erzählte, daß einer von ihren Begleitern
-krank geworden sei; der andere sei nicht
-zu finden. Als sie die Worte bereits verstand,
-begriff sie nicht, was es sei, sondern folgte ihm
-mechanisch. Unterwegs fiel ihr ein, daß Aarös
-<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a>
-Zunge ihm nicht ganz gehorcht habe, als er nach
-dem &bdquo;<span class="antiqua">Avec</span>&ldquo; um Erlaubnis gebeten, hinausgehen
-und ein wenig rauchen zu dürfen; ihn hatte doch
-wohl nicht der Schlag getroffen &mdash;!
-</p>
-
-<p>
-Sie kamen am Rauchzimmer vorbei, das ihr
-im Vorübergehen voll erschien &mdash; jedenfalls voll
-Rauch und Gelächter. Die Tür zu einem kleinen
-Zimmer daneben wurde geöffnet; dort lag Axel
-Aarö auf dem Bette; er mußte sich dort hinein
-geschlichen haben &mdash; vielleicht um noch mehr zu
-trinken. Er hatte nämlich eine kleine, dicke
-Flasche mit hineingenommen, die auf einem Tische
-neben dem Bette stand. Auf diesem lag er selbst,
-vollständig angezogen mit erloschenen Augen, ohne
-Kraft oder Empfindung; er sagte zu ihr: &bdquo;Tip,
-tip, Peté!&ldquo; Er wiederholte es mit ausgestrecktem
-Finger: &bdquo;Tip, tip, Peté!&ldquo; Beidemal in der Fistel.
-Sollte das Peter heißen? Glaubte er, sie sei ein
-Mann? Hinter ihm auf dem Kopfkissen lag etwas
-Haariges; es war ein Toupet; jetzt sah sie&rsquo;s, er
-hatte eine Glatze. &bdquo;Tip, tip, Peté!&ldquo; hörte sie
-hinter sich, als sie hinausstürzte.
-</p>
-
-<p>
-Armseliger als jetzt Ella in ihren Pelzschuhen
-<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a>
-und Winterkleidern so schnell, wie ihre kurzen
-Beine sie tragen konnten, nach der Stadt zurücktrabte,
-ist wohl selten jemand über einen Landweg
-gelaufen. Der schwere Mantel, den sie auf
-der Fahrt gehabt, war aufgeknöpft, das Kopftuch
-trug sie in der Hand, und doch schwitzte sie, daß
-es herab tropfte; die Vorstellung beherrschte sie,
-daß es die Träume seien, die von ihr abfielen!
-</p>
-
-<p>
-Anfangs dachte sie nur an Axel Aarö, den
-unglückselig Verlorenen! Morgen oder übermorgen
-hatte er das Land verlassen, sie wußte es bereits,
-und diesmal für alle Zeiten!
-</p>
-
-<p>
-Aber wenn sie es sich so recht entsetzlich ausmalen
-wollte, wie es war, dann lag das Toupet
-auf dem Kopfkissen und sagte: &bdquo;Es war doch
-wohl nicht alles so echt mit Axel Aarö?&ldquo; Doch,
-doch, &mdash; was konnte er dafür, daß er so früh
-kahl geworden war? Hm, erwiderte das Toupet,
-er hätte es eingestehen können.
-</p>
-
-<p>
-Ella arbeitete sich vorwärts. Glücklicherweise
-begegnete sie niemand, auch kam niemand von
-all denen, die jetzt auf Baadshaug waren, hinter
-ihr her; sie mußte ja komisch aussehen, schwitzend
-<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a>
-und weinend mit aufgeknöpftem Mantel, in Pelzschuhen
-mit dem Tuch in der Hand. Sie versuchte
-ein paarmal, langsamer zu gehen, aber der
-Aufruhr in ihr war zu stark, und dann lag es
-in ihrer Natur, sich vorwärts zu arbeiten.
-</p>
-
-<p>
-Aber in ihrem gejagten Blut meldete sich die
-kräftige Frage: Möchtest du, Ella, nun all deine
-Träume entbehren, da es jedesmal so jämmerlich
-damit gegangen ist? Da flennte Ella laut auf
-und erwiderte: nicht, wenn es mein Leben gälte!
-Nein, denn die Träume sind das Beste, was ich
-gehabt habe; sie haben mich gelehrt auszuhalten,
-sie haben mir gegeben, womit ich all das andere
-messen kann, so daß ich niemals etwas für hoch
-halte, was niedrig ist. Nein, meine Träume, die
-habe ich auch um meine Kinder gewebt, so daß
-ich jetzt tausendmal mehr Vergnügen an ihnen
-habe. Die, und dann die Blumen, das ist alles,
-was ich habe. Und sie flennte und arbeitete sich
-vorwärts.
-</p>
-
-<p>
-Aber nun sind dir ja keine Träume mehr geblieben,
-Ella!
-</p>
-
-<p>
-Anfangs wußte sie nicht, was sie darauf antworten
-<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a>
-sollte; es schien ja allzu wahr, allzu entsetzlich
-wahr, &mdash; und das Toupet zeigte sich
-wieder.
-</p>
-
-<p>
-Gerade hier hatte Aarö das Winterlied gesungen.
-Wie das Zwitschern der Schellen die
-Weise <a id="corr-28"></a>begleitet hatte, so begleitete jetzt das &bdquo;Mama,
-Mama!&ldquo; der zarten Stimmen <a id="corr-29"></a>ihre Tränen. Es
-war nicht wunderlich, denn sie lief ja zu ihren
-Knaben, aber jetzt meldeten sie sich, als wären
-sie&rsquo;s, von denen sie träumen sollte. Nein, nein,
-&bdquo;da haben Sie doch etwas Reelles,&ldquo; antwortete
-es mit Aarös Stimme; sie erinnerte sich, wie er
-es gesagt, sie erinnerte sich seiner Wehmut dabei.
-Hatte er wirklich an sie und sich gedacht und an
-die Knaben und sie? Hatte er seine eigene Schwäche
-mit ihrer Gesundheit und Zukunft gemessen? Sie
-kam wieder weit von den Knaben ab; sie war
-wieder bei all seinen Worten und Blicken, um
-das Rätsel zu deuten; aber darunter brach das
-Sehnen und der Schmerz wieder auf, wie nie zuvor;
-das ganze Leben war vorbei, der Traum
-zu alt in ihr, zu stark, zu lieb, die Wurzeln
-konnten nicht ausgerissen werden, unmöglich! Sie
-<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a>
-waren ja ungefähr alles, was sie den nächsten
-Tag sehen würde, berühren, vornehmen würde! &mdash;
-&mdash; Zu aller Verzweiflung kam noch, daß die Knaben
-nicht zu Hause waren; sie kam an ein leeres
-Haus.
-</p>
-
-<p>
-Aber Kräfte waren in ihr. Denn als sie
-nach Hause kam und gebadet und sich schlafen
-gelegt hatte, und der Mondschein von gestern
-abend ins Zimmer sah und erwähnte, was sie mit
-einander gehabt hatten, da warf sie sich im Bett
-umher und weinte laut wie ein Kind; hier konnte
-niemand sie hören, niemand hereinkommen. Ihr
-Herz war jung, wie damals, als sie siebzehn Jahre
-alt war; es konnte und wollte nicht aufgeben!
-</p>
-
-<p>
-Was war es denn eigentlich, was sie heute
-gewollt hatte? Ja, das wußte sie nicht; &mdash; nein,
-sie wußte es nicht! Sie wußte nur, daß <em>dort</em>
-ihr Glück sei, und nun hatte sie es darauf ankommen
-lassen. Jetzt lag sie hier enttäuscht und
-betrogen in einer Weise, wie gewiß wenige vor
-ihr es gewesen.
-</p>
-
-<p>
-Sie vermochte aber auch nicht, ihn zu entheiligen.
-Deshalb zog die Winterweise mit seiner
-<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a>
-Stimme vorüber, gut, voll, traurig; die wollte
-gleichsam alles für sie ordnen. Und gehorsam
-wie ein Kind legte sie sich zurecht und lauschte.
-Was sagte sie? Freilich, die sagte, daß die Träume
-zwei Sommer zusammenbänden, den, der war, und
-den, der sich langsam aufs neue emporarbeitete,
-dank den Träumen, die gewacht hatten. Sie sagte
-auch, daß die Träume etwas für sie seien, oft
-höhere Wirklichkeit, als die der Verhältnisse. Sie
-hatte das ja oft so empfunden, wenn sie mit ihren
-Blumen beschäftigt war.
-</p>
-
-<p>
-Bei all ihrer Ruhelosigkeit im Bette war der
-Zopf an ihre Seite geraten. Wehmütig zog sie
-ihn herauf; noch heute hatte er ihn geküßt.
-</p>
-
-<p>
-Und dann legte sie sich auf die Seite und
-nahm ihn zwischen die Hände und weinte.
-</p>
-
-<p>
-&bdquo;Mama, Mama,&ldquo; flüsterte es. Und so schlief
-sie ein.
-</p>
-
-<div class="centerpic" id="img-093">
-<img src="images/093.jpg" alt="" /></div>
-
-<div class="centerpic page" id="img-094">
-<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a><img src="images/094.jpg" alt="" /></div>
-
-<h2 class="chapter" id="chapter-0-3">
-<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a>
-Ivar Bye
-</h2>
-
-<p class="trn">
-<span class="line1">Deutsch von <b>G. I. Klett</b></span>
-</p>
-
-<div class="centerpic ch" id="img-097">
-<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a><img src="images/097.jpg" alt="" /></div>
-
-<p class="first">
-An seinem Sterbebett gab ich mir selbst das
-Versprechen, sobald seine Geschichte einst öffentlich
-erzählt werden könnte, wollte ich es tun. Aber
-ich wußte, in dem ersten darauf folgenden Menschenalter
-konnte dies kaum geschehen.
-</p>
-
-<p class="tb">
-&mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash; &mdash;
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Nun hat sich öffentlich vor aller Augen in
-Norwegen etwas ereignet, das bis zu mir dringt
-und fragt: Ist die Zeit noch nicht gekommen?<a class="fnote" href="#footnote-1" id="fnote-1">[1]</a>
-</p>
-
-<p>
-Ivar Bye&rsquo;s Name war den Meisten bekannt,
-welche die Eröffnung des norwegischen Theaters
-<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a>
-in Christiania sahen. Bis in die fünfziger Jahre
-waren wir künstlerisch ein von Dänemark abhängiges
-Land; wir waren ohne dramatische
-Literatur, ohne Schauspieler und, der Ansicht vieler
-gebildeter Norweger zufolge, absolut unfähig, dies
-Beides zu erlangen, &mdash; bis Ole Bull den Braven
-zeigte, daß dennoch ein großes Schauspielertalent
-im Volk steckte, und daß die Stücke von selbst
-kamen. Nach dem Bergenser norwegischen Theater,
-das er errichtete, erstand das Christianiaer norwegische
-Theater, in Gang gebracht von einigen
-Patrioten, deren einziger überlebender der alte
-Oberlehrer K. Knudsen<a class="fnote" href="#footnote-2" id="fnote-2">[2]</a> ist. Am Eröffnungstag
-des norwegischen Theaters war Ivar Bye
-mit dabei. Ein dunkler, breitschultriger Mann
-von schlanker Taille, einen Kopf so schön von
-Form, so gut und edel von Gesichtsausdruck, daß
-keiner ihn vergaß. Die Stirn breit und hoch,
-das Haar fast schwarz, die Augenbrauen gewölbt,
-eine Adlernase, schmal, fein, &mdash; und dazu die
-guten, grauen Augen mit einem Schelm drin,
-<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a>
-sobald er sprach. Dann verzog sich auch der
-Mund gern zu einem Lächeln, voll von Erotik
-und erhellt von einem Schimmer herrlicher Zähne
-in breiter Rundung. Diese grauen Augen und
-der Mund taten gute Dienste zusammen, machten
-unablässig Eroberungen unter Männern und
-Frauen, alten und jungen. Aber im Stillen.
-Obgleich sein Kopf auf einem recht langen Hals
-aufrecht getragen wurde, und obschon das Kinn
-vorspringend war und Mut bekundete und obschon
-das hagere, bräunliche Antlitz Energie verhieß, &mdash;
-immer kam er gedämpft und rücksichtsvoll.
-</p>
-
-<p>
-Zwei Mängel hatte der Körper; er war nicht
-rund ausgebaut, sondern eher flachgedrückt, und
-die Kniee waren nicht frei von der Neigung,
-auseinander zu gehen. Die Meisten sahen das
-nicht; sie hielten sich an seinen schönen Gang,
-dessen angenehmen <a id="corr-31"></a>Rhythmus sie empfanden. Nie
-hat jemand ihn irgendwo im Vordergrund gesehen,
-wo sie ihn aber zu Gesicht bekamen, da zog er
-die feineren Naturen an. Und auch die andern
-fühlten, hier war ein Mann von Rasse.
-</p>
-
-<p>
-Und das war er. Aus einer alten norwegischen
-<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a>
-Beamtenfamilie, in der das Erbe unsrer
-ältesten Geschlechter steckte, er hieß nicht Bye.
-</p>
-
-<p>
-Sein Großvater hatte als Beamter Kassendefraudation
-begangen, und obwohl die Umstände
-nicht sonderlich gravierend waren, empfanden es
-die Kinder als eine solche Schande, daß sie einen
-andern Namen annahmen. Ivars Vater war
-zum Offizier bestimmt, ich glaube auch, er war auf
-der Kriegsschule; aber nach des Vaters Fall mußte
-er sich damit zufrieden geben, Sergeant zu werden.
-</p>
-
-<p>
-Jeder Moldenser Schuljunge aus meiner Zeit
-erinnert sich an Sergeant Bye, wenn er in der
-Stadt war .... stets betrunken. Ein mittelgroßer,
-breit ausgehauener Mann mit großer
-Adlernase und mit einer gewissen Würde in seinen
-Bewegungen. Selbst wenn er am allerbetrunkensten
-war, bewahrte er die. Er konnte nicht gedeihen
-in der Umgebung, zu der er herabgesunken war,
-und so schuf sein romantisches Naturell sich manche
-sonnige Stunde, in denen er den Herrn spielte.
-Alle rühmten seine Güte und Rechtschaffenheit.
-</p>
-
-<p>
-Der Sohn hatte denselben Drang aus dem
-Bauernleben heraus. Draußen an der Küste ging
-<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a>
-es damals recht eng und ärmlich zu. Da saß er
-als Hirte und träumte davon, das Geschlecht zu
-ehemaliger Herrlichkeit emporzuheben; er erzählte
-diese großen Träume <a id="corr-32"></a>bloß seiner kleinen Schwester,
-sonst niemand. Die beiden Geschwister hielten sich
-ganz für sich.
-</p>
-
-<p>
-Der kleine Ivar hatte ein unglaubliches
-Talent, sie und sich selbst herauszuputzen.
-&bdquo;Etwas zu machen aus nichts oder aus einer
-ungeeigneten Materie,&ldquo; wie das religiöse Lehrbuch
-meiner Zeit &bdquo;die Schöpfung&ldquo; definierte.
-Zum Lohn für dies Talent wurde, als er älter
-war, Vaters abgelegte Uniform für ihn gewendet
-und zugeschnitten, so daß er sich eines Tages in
-der Stadt in blauem Tuchanzug, mit blauer
-Mütze zeigen konnte! Das war wohl der höchste
-Festtag seines Lebens! Er wurde auch gleich um
-seiner ungewöhnlichen Schönheit willen bewundert.
-Die Gesellschaft anderer als der Zöglinge der
-höheren Schule verschmähte er. Er erzählte mir
-später, wie er lange vergebens darauf brannte,
-mit in das Spiel der großen, vornehmen Jungens
-zu kommen. Und es glückte, &mdash; dank Einem insbesondere,
-<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a>
-dem Herrn über alle andern. Die
-Hingebung und der Stolz des kleinen Jungen
-kannte keine Grenzen.
-</p>
-
-<p>
-Hier hatte er auch seine erste Liebe. Es war
-kein Mädchen, sondern ein fast erwachsener Kamerad
-unter denen, die sich seiner angenommen hatten, &mdash;
-schön, verwegen, herrschsüchtig, schon recht lebenserfahren,
-schon ziemlich verdorben. Aber das
-verstand Ivar nicht; er bewunderte seine Flottheit,
-sein Befehlshabertalent, seine herablassende
-Leutseligkeit, &mdash; und vielleicht vor allem seine
-große Schönheit, seine hohe, schlanke Figur, seine
-ungewöhnlich weiße Haut zu schwarzem Haar &mdash;
-nicht zu vergessen seine gesellschaftliche Gewandtheit
-und die Gunstbeweise der Frauen ihm gegenüber;
-das war für den Knaben etwas ganz Neues.
-Das war der Herrentyp, das Ideal des Knaben.
-</p>
-
-<p>
-Unter all diesen Kameraden war Ivar der
-kleinste und behendeste, wenn es gefahrvolle
-Schelmenstreiche galt, z. B. Äpfel und Beeren in
-den Gärten stehlen und verschwunden sein, wenn
-der Eigentümer oder andre den Lärm hörten und
-herbeikamen. Jedesmal, wenn sie etwas derartiges
-<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a>
-angestellt hatten, wie eine Schnur über
-den Weg spannen, so daß die Bauern, wenn sie
-betrunken von der Stadt zurückkehrten, drüber fielen
-und die Pferde durchgingen, oder wenn sie die
-Leinen an den <a id="corr-33"></a>Booten der Bauern durchschnitten
-hatten, so daß sie ins Meer hinaustrieben ...
-jedesmal, wenn sie etwas derartiges angestellt
-hatten, ohne entdeckt zu werden, so hielten sie das
-für &bdquo;eine Tat&ldquo;. In Stadt und Umgegend davon
-reden zu hören, das war ein Jux!
-</p>
-
-<p>
-An einem Ende der Stadt lebte eine geizige,
-zornmütige Witwe, die einen Laden und einen
-großen Garten besaß; mit diesem Zornbesen lagen
-sie ganz besonders in Fehde, d. h. <em>sie</em> wußten,
-wem sie ihren Schabernack spielten; aber die Alte
-wußte nicht, gegen wen sie Wachen ausstellte, den
-Hund hetzte, in die dunkeln Herbstabende hinaus
-schalt und drohte. So lange trieben sie das, bis
-sie fanden, es sei nötig, noch mehr zu tun.
-Der Vorschlag des Anführers, daß sie sich eines
-Abends in den geschlossenen Laden schleichen und
-ihre Kleingeldkasse (sie wußten, in welcher Schiebelade
-sie stand) entwenden wollten, fand allgemeine
-<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a>
-Zustimmung. Das war ein &bdquo;Hauptulk&ldquo;; ihr
-Zorn würde gradezu in &bdquo;Besessenheit&ldquo; ausarten!
-Der Jüngste und Behendste wurde durchs Kellerfenster
-hineinkommandiert, die Andern standen
-Wache.
-</p>
-
-<p>
-Aber wie es nun zuging, &mdash; der Jüngste und
-Behendste wurde entdeckt. Und mit einem Mal
-erhielt die Sache ein Aussehen, wie es keiner der
-Spaßmacher sich gedacht hatte.
-</p>
-
-<p>
-An die Einzelheiten erinnere ich mich nicht
-mehr. Das Ende war, daß er, der den Streich
-auf Befehl ausgeführt, die Kasse abgeliefert und
-keinen Vorteil davon gehabt hatte, &mdash; der Einzige
-war, der gefaßt, angeklagt und verurteilt wurde.
-Die andern waren &bdquo;guter Leute Kinder&ldquo;. Es
-waren auch verschiedene Konfirmierte unter ihnen,
-für die die Strafe allzu ernst geworden wäre;
-denn die Gesetze jener Zeit waren streng.
-</p>
-
-<p>
-So drangen denn die andern Knaben und
-deren Eltern mit Bitten und Versprechungen auf
-ihn ein; der Gefängniswärter gab freien Zutritt.
-Es wäre gar nicht notwendig gewesen, ihn zu
-bitten, alles auf sich zu nehmen; er hätte gern
-<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a>
-sein Leben für die Kameraden gegeben. Besonders
-für den Großen mit der weißen Haut
-und dem schwarzen Haar. Es war eine Freude
-für ihn, als schließlich auch der kam und sagte:
-&bdquo;Du sollst es nicht bereuen,&ldquo; &mdash; und ihm dazu
-übers Haar strich.
-</p>
-
-<p>
-Wohl tat es weh, als Vater und Mutter kamen
-und ihn gar nicht verstehen konnten. &bdquo;Er, der
-immer so lieb und gut gewesen war, &mdash; er sollte
-nun ihre Schande werden!&ldquo; Der Knabe weinte
-bitterlich mit ihnen; aber schwieg.
-</p>
-
-<p>
-Und dabei bliebs auch an dem schweren Tag,
-als er in <a id="corr-34"></a>seinem hübschen blauen Anzug an Bord
-des Dampfschiffes mußte; er sollte in das Trontheimer
-Zuchthaus überführt werden, um dort
-&bdquo;konfirmiert&ldquo; zu werden. Er durfte an der Reeling
-stehen und nach der Stadt hinüberblicken; er wollte
-gern aufpassen, ob keiner von denen, für die er
-die Reise tat, in einem der Boote drunten war.
-Er durfte an der Reeling stehen, bis das Dampfboot
-abfuhr. Aber er sah keinen von ihnen.
-</p>
-
-<p>
-Im Zuchthaus wurde er vom ersten Tag an
-aller Liebling. Sie hatten Mitleid mit dem
-<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a>
-schönen, lieben Jungen; sie wetteiferten darin,
-etwas für ihn zu tun, damit er vorwärts käme,
-wenn er einst entlassen würde.
-</p>
-
-<p>
-Hier, im Trontheimer Zuchthaus, wurde er
-auch konfirmiert. Hier las, rechnete und schrieb
-er, und noch eh er heraus kam, war ihm eine
-Stelle als Laufbursche bei einer der ersten Familien
-der Stadt gesichert. An dem neuen Platz wiederholte
-sich dasselbe, &mdash; alle nahmen sich seiner an.
-Sein Unterricht wurde fortgesetzt, er bekam hübsche
-Kleider; es machte ihnen Spaß, ihn zierlich gekleidet
-zu sehen, so schön, wie er war. Ja, er
-erhielt eine Guitarre geschenkt und lernte darauf
-spielen, denn er hatte Stimme und begleitete sich
-nun selbst. Die guten Feen, die in dieser Weise
-Rosen auf seinen Weg streuten, waren natürlich
-hauptsächlich Damen; auch ein Liebesverhältnis
-spielte dabei mit.
-</p>
-
-<p>
-Und bald mehrere.
-</p>
-
-<p>
-Er erlebte in dieser Richtung die wunderlichsten
-Dinge, von denen ich je gehört habe. Ich bin
-wohl der Einzige, zu dem er davon gesprochen
-hat; aber auch da fast nur in Andeutungen.
-<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a>
-Näheres darüber zu erzählen, habe ich nicht das
-Recht. Ich glaube, daß diese seine Gabe, zu
-schweigen, eben weil sie aus rücksichtsvoller Güte
-geboren war, die Frauen zu ihm hinzog, &mdash; mehr
-noch als seine Schönheit; mehr noch als andre
-erotische Eigenschaften, die wie ein Geheimnis
-unter ihnen umgingen. Über derartiges können
-Frauen ja nicht schweigen.
-</p>
-
-<p>
-Nach außen hin war dies sicherlich seine
-glücklichste Zeit. Aber wenn ich später darüber
-nachgedacht habe, ist mir mehr und mehr der
-Glaube gekommen, daß er da einen Knax fürs
-Leben bekommen hat.
-</p>
-
-<p>
-Man darf ja wohl annehmen, daß die Knabenträume,
-die er mir erzählte, aus Kräften in ihm
-entsprangen, aus einer Energie, die später nicht
-zur Reife gedieh. Ich gebe jedoch zu, daß ich
-sein Geschlecht nicht kenne und es deshalb so genau
-nicht wissen kann. Nicht alle Träume sind eine
-Selbstprophezeihung von Kräften; sie können auch
-nur als Erinnerungen aus der Vergangenheit des
-Geschlechts mittreiben.
-</p>
-
-<p>
-Später, als ich ihn traf, war er ohne starken
-<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a>
-Lebensdrang, ohne sonderliche Unternehmungslust;
-und unter all der Liebe, in deren Mitte er lebte,
-war keine, die seinen Sinn ganz erfüllte. Seine
-Schwärmerei war damals, mit einem oder dem
-andern seiner Freunde unter den Kapitänen hinauszukommen.
-Eine Reise nach Hamburg, Bremen,
-Kopenhagen, Schweden machen, oder andre
-Städte in Norwegen besuchen zu können. Ich
-erwähne dies besonders, weil es besonders charakteristisch
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Sache war nämlich die: er wußte nicht,
-oder wollte nicht wissen, wohin.
-</p>
-
-<p>
-Es war, als müßte ein andrer kommen und
-bestimmen. Er <a id="corr-35"></a>verließ Trontheim und kam nach
-Christiania, wo man den hübschen Menschen in
-einem Laden sehen konnte. Rasch hatte er einen
-neuen Kreis von Freunden und Freundinnen; aber
-immer dieselbe Unentschlossenheit.
-</p>
-
-<p>
-Da liest er in der Zeitung, daß seine Bewunderung
-aus den Kindertagen, der Mann mit
-der weißen Haut und dem schwarzen Haar, im
-ersten Hotel der Stadt wohnt!
-</p>
-
-<p>
-Er hat mir später erzählt, daß er vor Erregung
-<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a>
-zitterte und sich krank melden mußte; er
-konnte seine Gedanken nicht zur Arbeit sammeln.
-All die Jahre hindurch hatte er, oft ohne es sich
-selbst zu gestehen, auf ihn gewartet. Das Letzte,
-was er aus dem Mund des Freundes, in dem
-ihm eigenen, selbstherrlichen Ton gehört hatte,
-war ja: &bdquo;Du sollst es nicht bereuen!&ldquo; Eine runde,
-volle Anweisung, ausgestellt von einem Mann,
-der die Ritterlichkeit selbst war. Bye hatte ihn
-in all diesen Jahren nicht belästigt; zu der Schuldsumme
-hatten sich also Zinsen gehäuft. Der
-Freund war nun auch im Auslande ein reicher
-Mann geworden, wenn das Gerücht nicht trog;
-Bye würde auch ins Ausland kommen, das fühlte
-er! Nun galt es also, ihm zu sagen, daß er hier
-war. Aber es mußte so geschehen, daß andre es
-nicht hörten oder sahen; das hätte den Nichtsahnenden
-in Verlegenheit bringen können! Er
-erkundigte sich deshalb im Hotel, wo der Fremde
-abends hinginge; und Nacht für Nacht ging er
-selbst vor sein Hotel; er wollte <a id="corr-37"></a>ihm begegnen,
-wenn er heimkam. Aber es traf sich nie günstig.
-Da faßte er Mut und schrieb. Erzählte ihm,
-<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a>
-daß er in der Stadt sei, und erbat sich eine
-Unterredung, gestattete sich, die Zeit und den
-Ort ihres Zusammentreffens, des Freundes Zimmer
-im Hotel, vorzuschlagen.
-</p>
-
-<p>
-Zur bestimmten Zeit fand er sich vor der bestimmten
-Tür ein. Er stand und lauschte, eh er
-anklopfte; es war Licht darin &mdash; aber kein
-Geräusch. Endlich klopfte er. Ein kräftiges
-&bdquo;Herein!&ldquo; antwortete ihm. Als Bye nicht sogleich
-zu öffnen vermochte, wurde es wiederholt &mdash; noch
-kräftiger &mdash; vom besten Gewissen der Welt.
-</p>
-
-<p>
-Ivar Bye stand vor einem hohen, stattlichen
-Mann in eleganter Gesellschaftstoilette, der eben
-Parfüm auf sein Taschentuch goß.
-</p>
-
-<p>
-Sie sahen einander an; und die erste Folge
-davon war, daß keiner von ihnen grüßte. &bdquo;Ich
-habe Ihren Brief erhalten; aber ich bedaure,
-daß die Zeit, die Sie vorgeschlagen haben, nicht
-günstig ist; ich bin im Begriff auszugehen. Bitte,
-nehmen Sie Platz!&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Bye blieb stehen.
-</p>
-
-<p>
-&bdquo;Ich sehe, es geht Ihnen gut. Was treiben
-Sie?&ldquo; &mdash; &bdquo;Ich bin im Handelsfach.&ldquo; &mdash; &bdquo;So,
-<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a>
-wirklich? Sind Sie schon lange hier?&ldquo; &mdash; &bdquo;Ein
-Jahr oder so.&ldquo; &mdash; Er wußte nicht mehr, was er
-redete, das Zimmer fing an, sich im Kreis zu
-drehen. &bdquo;Ja, Sie müssen wirklich entschuldigen,
-aber ich höre eben den Schlitten vorfahren.&ldquo; Er
-wandte sich um und legte ein großes seidnes
-Halstuch um, eh er den Pelz umnahm. Es
-klopfte. Ein Diener meldete, daß der Schlitten
-da war, eilte herbei und half dem Herrn in den
-Pelz. Bye stand noch immer unbeweglich, als
-der Herr mit einem höflichen Adieu an ihm vorbei
-in den Gang hinaus und die Treppe hinab
-ging.
-</p>
-
-<p>
-Bye war über dreißig Jahre alt, als er mir
-dies erzählte, und mehrere Jahre waren vergangen,
-seit es geschehen war. Aber er weinte
-wie ein betrogenes Weib.
-</p>
-
-<p>
-Nach dieser Begegnung wurde er langsam
-ein anderer. Wie ich es später begriff, müssen
-die ersten äußeren Anzeichen davon gewesen sein,
-daß er seine Lieder nicht mehr sang, es kaum
-ertrug, sie von andern singen zu hören; die
-Guitarre rührte er nicht mehr an. Es ist dies
-<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a>
-nicht so zu verstehen, daß das Leben der Erwartung,
-das er bisher geführt hatte, von dem
-energischen Bestreben abgelöst wurde, sich eine
-Zukunft zu schaffen. Das lag ihm gar nicht
-mehr, wenn er das je getan hatte. Sondern so,
-daß die Schwärmerei, die er im Innersten genährt
-hatte, ihre sentimentalen Erinnerungen
-fahren ließ und statt dessen ihre Dichtung um die
-zu spinnen begann, in deren Kreis er gerade
-stand; wenigstens um Einzelne von ihnen. Es
-begann damit, daß er bei guten Menschen Trost
-und Zuflucht suchte für das Beste in ihm; aber
-auf die Dauer ward es zu einer Lebenskette,
-welche die Geschichte des einen Freundes oder der
-einen Freundin an die der andern schloß, und alle
-zusammen bildeten sein Glück. Nach und nach
-lebte er ausschließlich für Andere.
-</p>
-
-<p>
-Wie andre junge Leute nach Enttäuschungen
-und Wunden in einem Kloster eindämmern, so
-er in guten Werken.
-</p>
-
-<p>
-Als das norwegische Theater in Christiania
-errichtet werden sollte, war der ehemalige sentimentale
-Sänger und Guitarreklimperer der erste,
-<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a>
-der sich meldete. Viele Moldenser erschraken, als
-sie seinen Namen hörten. Daß <em>er</em> es wagte, auf
-einer Bühne aufzutreten! Kurz darauf lernte ich
-ihn kennen und begriff sofort, wie natürlich es
-für diesen Träumer war, nach Aladdins Schloß
-zu suchen. Da würde er leben &mdash; nicht in den
-Prachtgemächern, nicht an den Fenstern und auf
-den Balkons paradierend, bereit, Huldigungen zu
-empfangen; sondern in den weinlaubumschatteten
-Bogengängen, in den Alkoven, in den heimlichen
-Plätzchen rund um die Kaskaden draußen im
-großen Park. Der Mitwisser aller Geheimnisse,
-der Vertraute und Helfer aller. Immer im
-Hintergrund mit kleinen Diensten und guten Ratschlägen
-bereit; immer bereit, die Jüngsten zu
-loben, die Unglücklichen zu trösten, sich mit den
-Glücklichen zu freuen. Er selber hatte keinen
-Ehrgeiz; sein Trontheimer Dialekt (welchen die
-Bühnenleiter nicht zu brechen verstanden, solange
-es noch Zeit war), und seine Dilettanten-Furcht
-vor dem Unnatürlichen, die ihn verhinderte, ordentlich
-loszulegen, waren ihm überall im Wege.
-Aber wenn wir fragen, so wird uns jeder Einzelne
-<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a>
-von denen, die noch vom ersten Personal
-des norwegischen Theaters leben, erzählen, was
-er für die war, die er gern hatte, denn er war
-ein verwöhnter Menschenkenner! Sie werden uns
-erzählen, was sie seinem Geschmack, seiner Erfindungsgabe,
-wo es ihr Wohl galt, seiner taktvollen
-Aufrichtigkeit, seiner Treue und Diskretion
-verdanken. Heiter und warmherzig, phantasievoll
-und vertrauenerweckend, ihre kleinen Fehler verspottend
-und züchtigend; das, was er liebte, hervorlockend.
-</p>
-
-<p>
-Er war noch nicht lange da, als er zum ersten
-Mal in seinem Leben festen Boden unter den
-Füßen zu fühlen begann; es schwankte nicht mehr
-alles. Aber just da erhielt er einen anonymen
-Brief von &bdquo;einem Moldenser&ldquo;. Darin wurde er
-gefragt, &bdquo;wie <em>er</em> es wagen könne &mdash;?&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Und hier war&rsquo;s, wo ich dazu kam.
-</p>
-
-<p>
-Eins von den ersten Dingen, die ich erzählen
-hörte, als ich Zögling der höheren Schule zu
-Molde wurde, war, wie dieser gutherzige, schöne
-Junge von älteren, &bdquo;vornehmeren&ldquo; Kameraden
-mißbraucht und dann schmählich verlassen worden
-<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a>
-war. Darüber herrschte in Molde sowohl damals
-als später nur <em>eine</em> Stimme. Als es nun mit
-Schlangenzungen zu zischen begann, schien es mir
-deshalb, wir Moldenser müßten die Ersten sein,
-sie in ihre Löcher zurückzupeitschen. Ich habe
-ein Talent für Organisation; in aller Eile veranlaßte
-ich die Moldenser Studenten, eine Leibwache
-um ihn zu schließen, eine Wache des
-Schweigens und der Freundschaft. Und zu äußerer
-Sicherheit nahmen wir ihn in die Studentenkolonie
-auf, die ein paar von uns gegründet hatten. Er
-zog mit seiner langen Pfeife, seinem kleinen Hausrat
-&mdash; vor allem seiner kleinen Beefsteakpfanne,
-an der so viele von uns sich erfreut haben! &mdash;
-bei uns ein; seine Bude oben wurde bald unser
-Lieblingsaufenthalt.
-</p>
-
-<p>
-Als Theaterkritiker konnte ich ihm auch indirekt
-eine Stütze sein, wenn die Leute uns überall
-zusammen sahen. Ich stutzte einen französischen
-Lustspiel-Einakter für ihn und noch einen andern
-Notleidenden, Kapitän David Thrane, zurecht;
-letzterer hatte Walzer- und Operettenmelodien
-komponiert, die er darin angebracht haben wollte.
-<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a>
-Bye erhielt eine kleine erotische Rolle; ich wollte
-sehen, ob er vielleicht am Ende doch einmal mit
-etwas von dem, was er besaß, herauskommen
-könnte. Er wagte sich jedoch kaum zu rühren, so
-daß das Stück glänzend Fiasko machte. Wir tranken
-unter großem Gelächter auf seinen Tod.
-</p>
-
-<p>
-Für das norwegische Theater kamen bald
-böse Tage. Wir Norweger haben nämlich die
-Gewohnheit, jedes nationale Unternehmen dreimal
-an unsrer Gleichgiltigkeit oder Uneinigkeit zugrunde
-gehen zu lassen. Erst beim viertenmal
-ist es lebensfähig. Bye ging mit einer schlechten
-Truppe auf die Wanderschaft. Aber eben damals
-war ich Direktor am Bergenser Theater geworden
-und schickte ihm Reisegeld.
-</p>
-
-<p>
-Ich seh ihn noch, wie er am ersten Tag meine
-Garderobe musterte und sich daraus ein paar Hosen
-mit Seidenstickerei an den Säumen herunter auswählte;
-ich seh ihn mit einem Taschenmesser sitzen
-und diese Verzierungen austrennen; denn grade
-diese Hosen hatte er sich nun einmal ausgesucht.
-Er war bettelarm. Er hatte nämlich alles, was er
-hatte, weggegeben, solchen, die es nötiger brauchten,
-<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a>
-als er. &bdquo;Für mich war ja noch immer Rat,&ldquo; sagte
-Bye, &bdquo;ich wußte ja, ich hatte dich in der Hinterhand.&ldquo;
-Ich möchte wissen, ob ich jemals in meinem
-Leben stolzer auf etwas gewesen bin, das er mir gesagt
-hat. Es war auch das Einzige dieser Sorte,
-was er mir zu spendieren für zuträglich hielt.
-</p>
-
-<p>
-Er nannte mich &mdash; wie alle Kameraden &mdash;
-&bdquo;Björnen&ldquo; (Bär) oder &bdquo;Bjö&rsquo;en&ldquo; und behandelte
-mich wie ein Kind, oder wie einen hellen Toren
-&mdash; insonderheit wie das letztere, indem er mich
-vollständig entmündigte. Ich bekam mein eignes
-Geld nicht in die Hand, &mdash; wobei ich mich ausgezeichnet
-stand, &mdash; sondern mußte ab und zu etwas
-von ihm &bdquo;leihen&ldquo;. Er umgarnte mich geradezu
-mit den abscheulichsten Schlichen und stiftete Verschwörungen
-gegen mich unter meinen Freunden
-an. Obschon es immer zu meinem eignen Besten
-geschah, &mdash; wenn ich dahinter kam, oder wenn
-es zu stark gegen meine Passionen ging, so kriegte
-er Prügel; aber in der Regel ging&rsquo;s nach seinem
-Willen. Wenn alles vorüber war, hielt er mich
-unbarmherzig zum Narren, und dann lachten wir
-alle beide.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a>
-Im Frühling zogen wir nach Trontheim, um
-wieder vor den Trontheimern zu spielen &mdash; ich
-darf wohl sagen, ein gut einstudiertes Repertoire.
-Die Trontheimer wollten uns erst das Theater
-nicht vermieten; &bdquo;es sollte repariert werden&ldquo;. Ich
-mußte hinauf und es erobern, und die andern
-kamen nach. Bye war mit dabei. Eine lustige
-Gesellschaft waren wir &mdash; lauter junge Leute, der
-Direktor der zweitjüngste von allen! Eine Sommerreise,
-wie sie kaum ihresgleichen gehabt hat in
-Norwegen! Sie hätte ihren Dichter haben müssen;
-&mdash; der aber starb mit Georg Krohn.
-</p>
-
-<p>
-Proben und Vorstellungen, Gesellschaften, Ausflüge,
-Tollheiten und Reden, &mdash; ich hielt zu jener
-Zeit beständig Reden! ... man kann sich eine
-Vorstellung davon machen, wie wir mit den
-Trontheimern umsprangen, wenn ich erzähle,
-daß wir jeden Abend bei gutem Wetter damit
-endeten, daß Rektor Müller &mdash; man
-denke, der Rektor der Stadt! &mdash; auf der Feuerleiter
-in den Stiftsgarten stieg, ohne sich festzuhalten,
-und weiter über die Dachrinne und
-wieder zurück!
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a>
-Ich wohnte im ersten Hotel der Stadt.<a class="fnote" href="#footnote-3" id="fnote-3">[3]</a>
-Ivar Bye wohnte natürlich bei mir. <em>Er</em> sagte
-nichts und <em>ich</em> sagte nichts; aber wir waren im
-voraus darüber einig, so und nicht anders mußte
-er Trontheim wiedersehen.
-</p>
-
-<p>
-Den Tag, nachdem wir angekommen waren,
-gingen wir miteinander an dem langen, düstern
-Haus vorbei, in dem er einmal als Gefangener
-gesessen hatte. Nie vergeß&rsquo; ich, welche Stimmung
-in mir zitterte, meine Augen begegneten den seinen.
-Er sagte irgend etwas, wie: sie haben ein neues
-Tor; oder: das Tor ist neu angestrichen. Ich
-weiß nicht mehr, was. Ich sagte nichts; d. h.
-ich schwatzte unaufhörlich von ganz andern
-Dingen.
-</p>
-
-<p>
-In Trontheim waren nur Wenige, die sein
-Geheimnis kannten, und diese Wenigen waren
-seine guten Freunde. Hier war er also sicher.
-<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a>
-Ich seh ihn noch draußen auf einem Stein mitten
-in dem großen Lerfoß, ein Stück weit von der
-Stadt; Gott weiß, wie er da hinaus gekommen
-war. Er hockte da &mdash; nackt. Da war er einmal
-ganz losgelassen! Eine solche Wildheit und
-ein solcher Übermut offenbarte sich da, daß man
-erwartete, er würde sich in den Strom werfen.
-Ich stand und dachte: Jetzt ist Bye froh!
-</p>
-
-<p>
-Später sagte ich zu ihm: &bdquo;Was hätte aus dir
-werden können, Bye, wenn du dich hättest frei
-entwickeln können.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-&bdquo;Ja,&ldquo; antwortete er, &bdquo;etwas zwischen Aschenputtel
-und Nöck. Auch wenn der Nöck weint.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Und eine Weile darauf: &bdquo;Aber für mich war
-von Anfang an die Schranke gezogen.&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Zwei Tage zuvor hatte ich mich verlobt, deshalb
-lebt der Tag in meinem Gedächtnis wie
-Sonnenschein; jedes Wort steht vor mir in gleicher
-Klarheit wie die Landschaft. Solange diese Verlobung
-sich vorbereitet hatte, schwieg er; nicht
-mit einem Hauch seines Mundes, so schwach, daß
-er die kleinste Feder bewegt hätte, versuchte er
-auf meinen Entschluß einzuwirken. Und doch
-<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a>
-sagte er mir, sogleich nachdem es geschehen war,
-daß es sein höchster Wunsch gewesen war! Herrliche
-Tage hatten wir drei! Und es blieb so, als
-ich mich verheiratete, obwohl er ausziehen
-mußte und meine Frau einzog; er kam beständig
-zu uns.
-</p>
-
-<p>
-Jenes Jahr ist zweifellos das für meinen
-Charakter gefahrvollste gewesen. Ich hatte eine
-unbändige Arbeitskraft; ich leitete das Theater
-und das Oppositionsblatt der Stadt und damit
-die große Wahl, die erste in Norwegen auf ganz
-nationalem Grund. Gleichzeitig nahm ich in
-ausgedehntestem Grad am Vereinsleben und an
-Gesellschaften teil, schrieb an einer Erzählung und
-dichtete Lieder. Aber mir war nicht leicht eine
-Schranke zu setzen, wenn ich etwas erreichen wollte;
-ich hatte ja auch immer Glück.
-</p>
-
-<p>
-Ihm und ihr verdanke ich es, und der Mithilfe
-meiner teuren Freunde Georg und Henrik
-Krohn, Dankert Roggen, Andreas Behrens,
-Henrichsen, Dahl u. a., daß ich so einigermaßen
-unversehrt daraus hervorgegangen bin.
-</p>
-
-<p>
-Unter den warmen, unmittelbaren Menschen
-<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a>
-in Bergen fanden sich Freunde für Ivar Bye.
-Als Garderobier am Theater, wo man ihn seines
-guten Geschmacks willen angestellt hatte, kam er
-mit vielen verschiedenen Schichten der Bevölkerung
-zusammen, und er traf wie gewöhnlich, seine
-Auswahl. Durch uns andre lernte er noch mehr
-kennen, &mdash; so daß er nun endlich Menschen gefunden
-hatte, die er brandschatzen konnte für seine
-armen Freunde in allen Ecken und Winkeln des
-Landes! Nach und nach gewann er, &mdash; das war
-unausbleiblich &mdash; vollständige Herrschaft über die,
-die er gern hatte, und er erhielt sie sich auch,
-weil er genau wußte, wie er jeden Einzelnen zu
-nehmen hatte. Eine alte Verwandte meiner Frau
-liebte ihn so, daß sie den Tag für verloren hielt,
-an dem er nicht vorgesprochen hatte. Trotzdem
-wollte sie ihm das Kleid nicht geben, das sie eben
-an hatte; es war ja auch wirklich zu toll, um
-so etwas zu bitten. Bye hatte nämlich ein altes
-armes Fräulein, dem dies Kleid akkurat paßte;
-es war so hübsch warm, so recht ein gutes Winterkleid,
-und sie besaß mehrere, das alte Fräulein
-aber gar keines. Kaum war Bye gegangen, so
-<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a>
-fing das, was er gesagt hatte zu wirken an.
-Vielleicht mußte es eben grade solch ein Kleid
-sein? Sie zog es aus und packte es ein. Eh&rsquo;
-Bye von seinen vielen Besorgungen nach Hause
-kam, lag das Kleid auf seinem Zimmer. &mdash; Für
-andre hatte er eine andere Art des Vorgehens.
-Wenn sie mit einem ausgedienten Kleidungsstück
-nicht herausrücken wollten (es gibt ja liebenswürdige
-Menschen, die in diesem Punkt unglaubliche
-Gewohnheitstiere sind), so nahm er es ganz
-einfach und ließ uns andre dann arglos fragen:
-&bdquo;Aber, Liebe, haben Sie denn das graue Kleid
-nicht mehr? Es stand Ihnen so gut!&ldquo;
-</p>
-
-<p>
-Was er sich und uns Spaß machte mit all
-seinen Schlichen, um uns Geld für seine alten
-Fräuleins abzulocken! Er hatte ein wahres Genie
-dafür, solche aufzustöbern und sie mit seinem Geplauder
-und seinen diskreten Gaben zu erfreuen.
-</p>
-
-<p>
-Ivar Bye hat uns in Wahrheit gelehrt, gut
-zu sein, und viele, viele außer uns.
-</p>
-
-<p>
-Als Beweis dafür, wie sicher er sich seiner
-Freunde fühlte, muß ich einen kleinen Streich
-erzählen, über den seinerzeit halb Bergen lachte.
-<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a>
-Wir waren in Gesellschaft bei einer Dame, die
-für ihre ausgezeichneten Kuchen bekannt war.
-&bdquo;O,&ldquo; sagte meine Frau, &bdquo;besonders <em>der</em> da
-schmeckt köstlich!&ldquo; &mdash; &bdquo;Den sollst du mit nach
-Hause nehmen,&ldquo; antwortete Bye. Alle Kuchen
-wurden aufgegessen, nur nicht diese Sorte; sie
-waren fast unberührt. &bdquo;Ich begreif&rsquo; es nicht,&ldquo;
-sagte die Wirtin, als die andern Gäste fort waren
-und wir noch allein da waren. &bdquo;Ich glaubte, die
-Kuchen seien die Besten.&ldquo; &mdash; &bdquo;<em>Ich</em> begreif&rsquo; es
-gut,&ldquo; sagte Bye, &bdquo;ich bin nämlich zu allen Leuten
-gegangen und habe ihnen gesagt, daß in den
-Kuchen da faule Eier seien!&ldquo; &mdash;
-</p>
-
-<p>
-Der reichste Teil aber seiner Menschenkenntnis,
-seiner Wärme und Güte sammelte sich in
-seinem Beruf als Ratgeber und Vertrauter. Er
-war dazu geboren. Keine Instinkte sind im
-Menschen feiner entwickelt, als die, die Verständnis
-ahnen! Und andrerseits gibt es kein sichereres
-Zeugnis moralischer Macht, als das, Bekenntnisse
-zu erzwingen einfach dadurch, daß man ist, der
-man ist! Und diese Macht hatte er.
-</p>
-
-<p>
-Unsre Literatur hat ein Denkzeichen für seine
-<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a>
-Art und Weise, Vertrauen entgegen zu nehmen.
-Es ist niedergelegt in dem Gedicht:
-</p>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Ich hab&rsquo; einen Freund &mdash; In schlafloser Nacht &mdash; &mdash;</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="noindent">
-Ich schrieb es fern von ihm &mdash; nicht, damit
-er es bekommen sollte, sein Name ist nicht genannt
-und er hat es nie erhalten; sondern weil das
-Leben damals schwer für mich war.
-</p>
-
-<p>
-&mdash; &mdash; Als meine Frau und ich mit unsrem
-kleinen Jungen vom Auslande heimkehrten, vier
-Jahre nach meinem Abschied von ihm und vom
-Theater, sehnten wir uns tiefinnerlichst nach Bergen
-und ich ganz besonders nach ihm. Das Theater
-war aufgehoben. Natürlich. Aber Bye hatte
-sich Vertrauen erworben, er blieb zurück als Aufseher
-über Haus und Habe, und die kleine Einnahme
-genügte für ihn.
-</p>
-
-<p>
-Wir hatten uns darauf gefreut, ihm unsern
-Jungen zu zeigen, &mdash; und wir mußten hören,
-daß Bye gefährlich krank sei. Trotzdem war viel
-Freude bei der Rührung des Wiedersehens, denn
-er war ja auf, er hob unsern Jungen hoch; wir
-wollten viel zusammen sein, sagte er.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a>
-Darin aber täuschten wir uns. Den Tag
-darauf mußte er zu Bett, um nicht mehr aufzustehen.
-Es war, als hätten die Kräfte ausgehalten,
-bis wir kamen; jetzt ging es rasch
-bergab.
-</p>
-
-<p>
-Daß es schnell zu Ende ging, begriff ich zum
-erstenmal bei einem Vorfall, einige Tage später;
-ich will ihn nicht verschweigen. Ich kam zu
-ihm &mdash; &bdquo;kam&ldquo; ist nicht das Wort, denn ich war
-wütend und stürmte die Treppen hinauf. Ich
-war mit einer Sache beschäftigt, die mich erregte
-und ich vergaß, &mdash; wie junge gesunde Leute nur
-allzu oft tun, &mdash; wie es Schwachen und Kranken
-zumute ist. Nach alter Gewohnheit wollte ich
-mich vor allem vor ihm austoben, und das tat
-ich auch. Da traf mich auf einmal ein hilfloser
-Blick und ich hörte die Worte: &bdquo;Ach nein &mdash; ich
-kann nicht fassen, was du sagst!&ldquo; ... Wie
-ich <a id="corr-39"></a>erschrak, wie ich mich schämte und unglücklich
-war! Und wie das sich verschärfte, als er ein
-paar Tage darauf starb! So nahe war er dem
-Tod, und wir ahnten es nicht!
-</p>
-
-<p>
-Es ist mir leider oft passiert, daß ich mit
-<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a>
-meinem unbändigen Eifer denen weh getan habe,
-die ich am wenigsten kränken wollte, &mdash; und alle
-diese Fälle haben mich später heimgesucht, einzeln
-oder miteinander, mich gequält, mich gedemütigt.
-Keiner aber öfter als dieser.
-</p>
-
-<p>
-Denn war es nicht, zum Ausgang seines Lebens,
-wie eine letzte Wiederholung all des <a id="corr-40"></a>rücksichtslosen
-Gebrauchs, den andre von seiner hingebenden
-Natur gemacht hatten?
-</p>
-
-<p>
-Wie wenn Anfang und Ende sich zusammenschließen
-sollten, stand, als die Wirtin seine Augen
-geschlossen hatte und in seine Wohnung hinunter
-kam, ein Fremder da; er fragte nach Ivar Bye.
-Sie erzählte ihm weinend, daß sie ihm soeben die
-Augen geschlossen habe; der Fremde ward davon
-so stark ergriffen, daß er sich setzen mußte. Er
-fing an, sie auszufragen, und der Wirtin war es
-eine Erquickung, grade jetzt ihn aus ihres Herzens
-reichster Fülle preisen und zuletzt sein geduldiges,
-ruhiges Sterbebett schildern zu können. All das
-machte einen tiefen Eindruck auf den Fremden.
-Er blieb lange sitzen. Als er sich erhob, um zu
-gehen, wollte er aber seinen Namen nicht nennen.
-<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a>
-Er habe wie ein Beamter ausgesehen, sagte sie.
-Sollte es einer der Kameraden von Molde gewesen
-sein, den späte Reue grade in diesem Augenblick
-herbeigezogen hatte?
-</p>
-
-<p>
-Der Anführer von damals war es nicht; der
-war längst tot.
-</p>
-
-<p>
-Ich stand an Ivar Byes Grab und sagte
-mir, daß ich dies alles einmal niederschreiben
-wollte. Für das juristische norwegische Volk.
-</p>
-
-<p>
-Ich stand am Grab und blickte auf das Gefolge.
-Das war ja eine große Beerdigung; ich
-kannte nicht den zwanzigsten Teil! Theatervolk,
-Handwerker, Kaufleute, Seeleute, Beamte, arme
-Kerle, Reiche, die Ältesten und die Jüngsten. Und
-am Grab erwarteten uns die Frauen. Mütter
-waren da, die ihre Kinder mit sich hatten, und
-Mütter und Kinder weinten um die Wette. Alte
-Fräulein aus dem Jungfernstift, arme Weiber,
-junge Mädchen, alle mit Blumen und Tränen.
-</p>
-
-<p>
-Ich kenne manche, die ihre Tränen wiederfinden
-werden, wenn sie dies lesen. &mdash;
-</p>
-
-<p>
-Wenn ich mir meine verstorbenen Lieben denke,
-so mag ich sie mir nicht als Leichen, geschweige
-<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a>
-denn als abgemagerte Skelette denken. Ich denke
-sie mir wieder mit der Röte des Lebens auf
-den Wangen, ihre Augen auf mich gerichtet.
-Bye aber kann ich mir denken, so wie er jetzt
-aussehen muß, &mdash; ja, ich denke ihn mir meistens
-so, mit seiner Reihe herrlicher Zähne in breiter
-Rundung, mit dem Nasenbein und den Höhlen
-unter dem schönen Schädel. Ohne Scheu seh&rsquo; ich
-die kalkgrauen Kniee, &mdash; etwas aufwärts- und
-auseinandergekrümmt, und die langen, gegeneinander
-gelegten Knochenfinger.
-</p>
-
-<p>
-Ich glaube nicht, daß dies ist, weil sein Gesicht
-hager war, so daß es der Phantasie Vorschub
-leistete. Auch nicht, weil er, als Nöck draußen in
-Lerfoß hockend, mitten im Sturz und Schaum des
-Wassers, mehr aus Höhlen als aus Augen um
-sich starrte, während seine Zähne gleißten.
-</p>
-
-<p>
-Nein, es ist wohl, weil sein Verstehen der
-Menschen und Dinge ein so tiefes geworden war,
-ein so liebevolles, daß es für ihn nichts Abstoßendes
-gab. Nicht in den Formen des Lebens und
-nicht in den Formen des Todes. Und <em>das</em> symbolisiert
-sich auf diese Weise in meiner Erinnerung.
-</p>
-
-<h3 class="subchap" id="subchap-0-3-1">
-<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a>
-Einsame Reue
-</h3>
-
-<div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Ich hab&rsquo; einen Freund &mdash; in schlafloser Nacht</p>
- <p class="verse">tönt mir sein Friedensgruß.</p>
- <p class="verse">Wenn das Licht erstirbt und das Grau&rsquo;n erwacht</p>
- <p class="verse">naht er auf leisem Fuß.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Nie redet in harten Worten sein Mund &mdash;</p>
- <p class="verse">selbst kennt er Leid und Reu&rsquo; &mdash;</p>
- <p class="verse">sein weicher Blick macht Krankes gesund &mdash;</p>
- <p class="verse">wer ist, wie er, so treu?</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">Begangene Sünde, die mich kränkt,</p>
- <p class="verse">nimmt still er auf sein Herz,</p>
- <p class="verse">und wenn mein Glaube die Flügel senkt,</p>
- <p class="verse">hebt er ihn himmelwärts.</p>
- </div>
- <div class="stanza">
- <p class="verse">So kämpft er auch heute, wie immerdar,</p>
- <p class="verse">mein einsames Ringen mit &mdash;</p>
- <p class="verse">Übers Jahr, mein Freund, wird offenbar,</p>
- <p class="verse">um was ich heute stritt!</p>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<div class="centerpic" id="img-130">
-<img src="images/130.jpg" alt="" /></div>
-
-<hr class="footnote" />
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-1" id="footnote-1">[1]</a> Ein begabter Arbeiter war im Jahr 1894 zum
-Stortings-Mann für Trontheim gewählt worden, gab sich
-aber darauf selber als wegen einiger Jugendvergehen
-vorbestraft an.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-2" id="footnote-2">[2]</a> &dagger; im Jahr 1895.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-3" id="footnote-3">[3]</a> In einer wehmütigen Stunde, mitten unter allem
-Jubel, schrieb ich da:
-</p>
-
-<div class="stanza footnote2">
- <p class="verse5">&bdquo;Auf Sankte-Hans</p>
- <p class="verse5">ist Lachen und Tanz;</p>
- <p class="verse">ich aber weiß nicht, ob sie flicht ihren Kranz.&ldquo;</p>
-<p class="verse"></p>
-</div>
-
-
-<div class="trnote">
-<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
-
-<p class="handheld-only">
-Das Original ist in Fraktur gesetzt. Hervorhebungen, die im Original
-g&nbsp;e&nbsp;s&nbsp;p&nbsp;e&nbsp;r&nbsp;r&nbsp;t
-sind, wurden mit einem <span class="antiqua">anderen Schriftstil</span>
-gekennzeichnet.
-</p>
-
-<p>
-Offensichtliche Fehler wurden, zum Teil unter Zuhilfename der norwegischen
-Originale, korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher):
-</p>
-
-<ul>
-
-<li>
-... &bdquo;Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens ...<br />
-... &bdquo;Trauer! O Trauer ist das Los meines Lebens<a href="#corr-0"><span class="underline">!</span></a> ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... stehen und knixte wie ein Schulmädchen <span class="underline">in</span> kurzen ...<br />
-... stehen und knixte wie ein Schulmädchen <a href="#corr-2"><span class="underline">im</span></a> kurzen ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... <span class="underline">Elsa</span> war mit dabei! Sie kam zu früh, &mdash; ...<br />
-... <a href="#corr-4"><span class="underline">Ella</span></a> war mit dabei! Sie kam zu früh, &mdash; ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Men I, som höhrer, styrk <span class="underline">deus</span> Klang; ...<br />
-... Men I, som höhrer, styrk <a href="#corr-6"><span class="underline">dens</span></a> Klang; ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... <span class="underline">Teilnahmlosigkeit</span> kühlte sie ab; sie kam wieder ...<br />
-... <a href="#corr-7"><span class="underline">Teilnahmslosigkeit</span></a> kühlte sie ab; sie kam wieder ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... der kleinen Person <span class="underline">irgenwo</span> unten an seiner Weste ...<br />
-... der kleinen Person <a href="#corr-8"><span class="underline">irgendwo</span></a> unten an seiner Weste ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... <span class="underline">for</span> mig hun löfter den og ler ...<br />
-... <a href="#corr-10"><span class="underline">For</span></a> mig hun löfter den og ler ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Fordi det <span class="underline">aevet</span> er af Smerte, &mdash; ...<br />
-... Fordi det <a href="#corr-11"><span class="underline">vaevet</span></a> er af Smerte, &mdash; ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... wie es ihm <span class="underline">füher</span> schon zweimal gegangen war. ...<br />
-... wie es ihm <a href="#corr-12"><span class="underline">früher</span></a> schon zweimal gegangen war. ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen ...<br />
-... draußen im Schneehaufen, er sah ihre Blumen<a href="#corr-13"><span class="underline">,</span></a> ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... kenne es, &mdash; und <span class="underline">jetzte</span> erst sollte er lernen, wie ...<br />
-... kenne es, &mdash; und <a href="#corr-14"><span class="underline">jetzt</span></a> erst sollte er lernen, wie ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... auf ein Brettende, das ins <span class="underline">schwanken</span> kam; sie wäre ...<br />
-... auf ein Brettende, das ins <a href="#corr-16"><span class="underline">Schwanken</span></a> kam; sie wäre ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Worte ein: &bdquo;Da haben Sie doch etwas <span class="underline">reelles</span>.&ldquo; ...<br />
-... Worte ein: &bdquo;Da haben Sie doch etwas <a href="#corr-18"><span class="underline">Reelles</span></a>.&ldquo; ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... <span class="underline">ihnen</span>, daß Sie mitkommen!&ldquo; Seine Stimme war ...<br />
-... <a href="#corr-19"><span class="underline">Ihnen</span></a>, daß Sie mitkommen!&ldquo; Seine Stimme war ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Wisch <span class="underline">himmlicher</span> Krystalle zugestopft; entstellende ...<br />
-... Wisch <a href="#corr-23"><span class="underline">himmlischer</span></a> Krystalle zugestopft; entstellende ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... frem, til hun <span class="underline">optlog</span> Öjnene. ...<br />
-... frem, til hun <a href="#corr-26"><span class="underline">opslog</span></a> Öjnene. ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Han, som skjaeldtes for <span class="underline">ond</span> og vred, ...<br />
-... Han, som skjaeldtes for <a href="#corr-27"><span class="underline">vond</span></a> og vred, ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Weise <span class="underline">bekleidet</span> hatte, so begleitete jetzt das &bdquo;Mama, ...<br />
-... Weise <a href="#corr-28"><span class="underline">begleitet</span></a> hatte, so begleitete jetzt das &bdquo;Mama, ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Mama!&ldquo; der zarten Stimmen <span class="underline">ihrer</span> Tränen. Es ...<br />
-... Mama!&ldquo; der zarten Stimmen <a href="#corr-29"><span class="underline">ihre</span></a> Tränen. Es ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... dessen angenehmen <span class="underline">Rythmus</span> sie empfanden. Nie ...<br />
-... dessen angenehmen <a href="#corr-31"><span class="underline">Rhythmus</span></a> sie empfanden. Nie ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... diese großen Träume <span class="underline">blos</span> seiner kleinen Schwester, ...<br />
-... diese großen Träume <a href="#corr-32"><span class="underline">bloß</span></a> seiner kleinen Schwester, ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Leinen an den <span class="underline">Boten</span> der Bauern durchschnitten ...<br />
-... Leinen an den <a href="#corr-33"><span class="underline">Booten</span></a> der Bauern durchschnitten ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... als er in <span class="underline">seinen</span> hübschen blauen Anzug an Bord ...<br />
-... als er in <a href="#corr-34"><span class="underline">seinem</span></a> hübschen blauen Anzug an Bord ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... bestimmen. Er <span class="underline">verlies</span> Trontheim und kam nach ...<br />
-... bestimmen. Er <a href="#corr-35"><span class="underline">verließ</span></a> Trontheim und kam nach ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... selbst vor sein Hotel; er wollte <span class="underline">ihn</span> begegnen, ...<br />
-... selbst vor sein Hotel; er wollte <a href="#corr-37"><span class="underline">ihm</span></a> begegnen, ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... ich <span class="underline">erschrack</span>, wie ich mich schämte und unglücklich ...<br />
-... ich <a href="#corr-39"><span class="underline">erschrak</span></a>, wie ich mich schämte und unglücklich ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... wie eine letzte Wiederholung all des <span class="underline">rücksichtlosen</span> ...<br />
-... wie eine letzte Wiederholung all des <a href="#corr-40"><span class="underline">rücksichtslosen</span></a> ...<br />
-</li>
-</ul>
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of Project Gutenberg's Ein Tag / Ivar Bye, by Bjørnstjerne Bjørnson
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EIN TAG / IVAR BYE ***
-
-***** This file should be named 52016-h.htm or 52016-h.zip *****
-This and all associated files of various formats will be found in:
- http://www.gutenberg.org/5/2/0/1/52016/
-
-Produced by Norbert H. Langkau, Jens Sadowski, and the
-Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
-
-Updated editions will replace the previous one--the old editions will
-be renamed.
-
-Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright
-law means that no one owns a United States copyright in these works,
-so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United
-States without permission and without paying copyright
-royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part
-of this license, apply to copying and distributing Project
-Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm
-concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark,
-and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive
-specific permission. If you do not charge anything for copies of this
-eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook
-for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports,
-performances and research. They may be modified and printed and given
-away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks
-not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the
-trademark license, especially commercial redistribution.
-
-START: FULL LICENSE
-
-THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
-PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK
-
-To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
-distribution of electronic works, by using or distributing this work
-(or any other work associated in any way with the phrase "Project
-Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full
-Project Gutenberg-tm License available with this file or online at
-www.gutenberg.org/license.
-
-Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project
-Gutenberg-tm electronic works
-
-1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
-electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
-and accept all the terms of this license and intellectual property
-(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all
-the terms of this agreement, you must cease using and return or
-destroy all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your
-possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a
-Project Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound
-by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the
-person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph
-1.E.8.
-
-1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be
-used on or associated in any way with an electronic work by people who
-agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
-things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
-even without complying with the full terms of this agreement. See
-paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
-Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this
-agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm
-electronic works. See paragraph 1.E below.
-
-1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the
-Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection
-of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual
-works in the collection are in the public domain in the United
-States. If an individual work is unprotected by copyright law in the
-United States and you are located in the United States, we do not
-claim a right to prevent you from copying, distributing, performing,
-displaying or creating derivative works based on the work as long as
-all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope
-that you will support the Project Gutenberg-tm mission of promoting
-free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg-tm
-works in compliance with the terms of this agreement for keeping the
-Project Gutenberg-tm name associated with the work. You can easily
-comply with the terms of this agreement by keeping this work in the
-same format with its attached full Project Gutenberg-tm License when
-you share it without charge with others.
-
-1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern
-what you can do with this work. Copyright laws in most countries are
-in a constant state of change. If you are outside the United States,
-check the laws of your country in addition to the terms of this
-agreement before downloading, copying, displaying, performing,
-distributing or creating derivative works based on this work or any
-other Project Gutenberg-tm work. The Foundation makes no
-representations concerning the copyright status of any work in any
-country outside the United States.
-
-1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:
-
-1.E.1. The following sentence, with active links to, or other
-immediate access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear
-prominently whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work
-on which the phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the
-phrase "Project Gutenberg" is associated) is accessed, displayed,
-performed, viewed, copied or distributed:
-
- This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and
- most other parts of the world at no cost and with almost no
- restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it
- under the terms of the Project Gutenberg License included with this
- eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the
- United States, you'll have to check the laws of the country where you
- are located before using this ebook.
-
-1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is
-derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not
-contain a notice indicating that it is posted with permission of the
-copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in
-the United States without paying any fees or charges. If you are
-redistributing or providing access to a work with the phrase "Project
-Gutenberg" associated with or appearing on the work, you must comply
-either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or
-obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg-tm
-trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
-with the permission of the copyright holder, your use and distribution
-must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any
-additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms
-will be linked to the Project Gutenberg-tm License for all works
-posted with the permission of the copyright holder found at the
-beginning of this work.
-
-1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
-License terms from this work, or any files containing a part of this
-work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.
-
-1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
-electronic work, or any part of this electronic work, without
-prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
-active links or immediate access to the full terms of the Project
-Gutenberg-tm License.
-
-1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
-compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including
-any word processing or hypertext form. However, if you provide access
-to or distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format
-other than "Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official
-version posted on the official Project Gutenberg-tm web site
-(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense
-to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means
-of obtaining a copy upon request, of the work in its original "Plain
-Vanilla ASCII" or other form. Any alternate format must include the
-full Project Gutenberg-tm License as specified in paragraph 1.E.1.
-
-1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
-performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
-unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
-access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works
-provided that
-
-* You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
- the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
- you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed
- to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he has
- agreed to donate royalties under this paragraph to the Project
- Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid
- within 60 days following each date on which you prepare (or are
- legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty
- payments should be clearly marked as such and sent to the Project
- Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in
- Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg
- Literary Archive Foundation."
-
-* You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
- you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
- does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
- License. You must require such a user to return or destroy all
- copies of the works possessed in a physical medium and discontinue
- all use of and all access to other copies of Project Gutenberg-tm
- works.
-
-* You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of
- any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
- electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
- receipt of the work.
-
-* You comply with all other terms of this agreement for free
- distribution of Project Gutenberg-tm works.
-
-1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project
-Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than
-are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing
-from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The
-Project Gutenberg Trademark LLC, the owner of the Project Gutenberg-tm
-trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below.
-
-1.F.
-
-1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
-effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
-works not protected by U.S. copyright law in creating the Project
-Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm
-electronic works, and the medium on which they may be stored, may
-contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate
-or corrupt data, transcription errors, a copyright or other
-intellectual property infringement, a defective or damaged disk or
-other medium, a computer virus, or computer codes that damage or
-cannot be read by your equipment.
-
-1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
-of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
-Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
-Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
-liability to you for damages, costs and expenses, including legal
-fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
-LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
-PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
-TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
-LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
-INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
-DAMAGE.
-
-1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
-defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
-receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
-written explanation to the person you received the work from. If you
-received the work on a physical medium, you must return the medium
-with your written explanation. The person or entity that provided you
-with the defective work may elect to provide a replacement copy in
-lieu of a refund. If you received the work electronically, the person
-or entity providing it to you may choose to give you a second
-opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
-the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
-without further opportunities to fix the problem.
-
-1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
-in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
-OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
-LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
-
-1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
-warranties or the exclusion or limitation of certain types of
-damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
-violates the law of the state applicable to this agreement, the
-agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
-limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
-unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
-remaining provisions.
-
-1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
-trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
-providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in
-accordance with this agreement, and any volunteers associated with the
-production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
-electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
-including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
-the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
-or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
-additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
-Defect you cause.
-
-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
-
-Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of
-computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
-exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
-from people in all walks of life.
-
-Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
-goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
-generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
-Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
-www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
-U.S. federal laws and your state's laws.
-
-The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
-mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
-volunteers and employees are scattered throughout numerous
-locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
-Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
-date contact information can be found at the Foundation's web site and
-official page at www.gutenberg.org/contact
-
-For additional contact information:
-
- Dr. Gregory B. Newby
- Chief Executive and Director
- gbnewby@pglaf.org
-
-Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
-spread public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.
-
-The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
-DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
-state visit www.gutenberg.org/donate
-
-While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.
-
-International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
-
-Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations. To
-donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
-
-Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.
-
-Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
-Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
-freely shared with anyone. For forty years, he produced and
-distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
-volunteer support.
-
-Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
-the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
-necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
-edition.
-
-Most people start at our Web site which has the main PG search
-facility: www.gutenberg.org
-
-This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
-
-
-
-</pre>
-
-</body>
-</html>
diff --git a/old/52016-h/images/011.jpg b/old/52016-h/images/011.jpg
deleted file mode 100644
index 7b0dbdb..0000000
--- a/old/52016-h/images/011.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/022.jpg b/old/52016-h/images/022.jpg
deleted file mode 100644
index 26a7527..0000000
--- a/old/52016-h/images/022.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/023.jpg b/old/52016-h/images/023.jpg
deleted file mode 100644
index a77b78f..0000000
--- a/old/52016-h/images/023.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/040.jpg b/old/52016-h/images/040.jpg
deleted file mode 100644
index b42e1aa..0000000
--- a/old/52016-h/images/040.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/041.jpg b/old/52016-h/images/041.jpg
deleted file mode 100644
index fee5ac7..0000000
--- a/old/52016-h/images/041.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/053.jpg b/old/52016-h/images/053.jpg
deleted file mode 100644
index 212256a..0000000
--- a/old/52016-h/images/053.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/054.jpg b/old/52016-h/images/054.jpg
deleted file mode 100644
index 274bbbd..0000000
--- a/old/52016-h/images/054.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/065.jpg b/old/52016-h/images/065.jpg
deleted file mode 100644
index bda4e46..0000000
--- a/old/52016-h/images/065.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/066.jpg b/old/52016-h/images/066.jpg
deleted file mode 100644
index a1fef98..0000000
--- a/old/52016-h/images/066.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/093.jpg b/old/52016-h/images/093.jpg
deleted file mode 100644
index db92e75..0000000
--- a/old/52016-h/images/093.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/094.jpg b/old/52016-h/images/094.jpg
deleted file mode 100644
index e5c792e..0000000
--- a/old/52016-h/images/094.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/097.jpg b/old/52016-h/images/097.jpg
deleted file mode 100644
index 1791b8a..0000000
--- a/old/52016-h/images/097.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/130.jpg b/old/52016-h/images/130.jpg
deleted file mode 100644
index 9a0101e..0000000
--- a/old/52016-h/images/130.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/cover-page.jpg b/old/52016-h/images/cover-page.jpg
deleted file mode 100644
index 723b429..0000000
--- a/old/52016-h/images/cover-page.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/52016-h/images/logo.jpg b/old/52016-h/images/logo.jpg
deleted file mode 100644
index 1c711b5..0000000
--- a/old/52016-h/images/logo.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ