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| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-02-05 22:24:42 -0800 |
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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Kreuzwege - -Author: Karel Čapek - -Translator: Otto Pick - -Release Date: May 23, 2016 [EBook #52144] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - - - - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - KAREL ČAPEK - - - - - KREUZWEGE - - - LEIPZIG - KURT WOLFF VERLAG - - BÜCHEREI »DER JÜNGSTE TAG« BAND 64 - - GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRÜCKNER IN WEIMAR - - EINZIG BERECHTIGTE ÜBERTRAGUNG AUS - DEM TSCHECHISCHEN VON _OTTO PICK_ - - - - - STOCKEN DER ZEIT - - -Warum ist jener, an den ich denke, welcher sich über den Schreibtisch -beugt, warum ist er so unbewegt, warum wartet er und horcht, daß etwas -außer ihm geschehe; als ob ihm irgendein Ding einen Wink im Kummer -geben könnte und einen Abschluß dieser unendlichen Reihe von -Unsicherheiten, die ihn durchwallt. Alle Dinge um ihn herum sind nur -melancholieverhangene Gewohnheiten; nur die gegenüberstehende Wand der -Gasse hat in der formlosen Stille einen ungewöhnlich dummen und so -unangenehmen Ausdruck, daß der Mensch, leidend, sich dankbar an das -Rasseln einer Droschke auf dem Pflaster hält, als einem Ausgangspunkt -von dieser Sekunde zur nächsten. - -Klapp-klapp der Hufe im Räderknarren, langes rhythmisches Kettchen und -Poltern hinter der Ecke, rasches Rasseln auf den Steinen; das ist etwas, -was sich aufrollt in die Ferne wie ein Knäuel, jetzt schon von weitem -immer schwächeres Klappern, ein Ticken so lang wie ein dünner gespannter -Faden, so dünn, daß er fast nicht mehr ist, schon nichts mehr ist als -angespannte Entfernung, unmögliche Länge, und Stille. - -Die Stille von innen und außen flossen zusammen wie zwei von nichts -gekräuselte und durchaus gleichartige Wasserflächen. Alles ist durchaus -gleichartig wie eine Fläche, unbewegt und gespannt. Der Mensch beim -Tisch hält den Atem an und sein Herz steht wie eine Fläche. Die Stille -ist gespannt wie ein Tuch, und alles ist still, alle Dinge sind Stücke -der Stille, hineingeplättet in die glatte Ebene ohne Regung Tisch und -Wände, alle Dinge zusammen sind wie eine Zeichnung auf geglätteter -Fläche, klar, ohne Verkürzung und Schatten. Sie sind eine gespannte -Oberfläche, die ohne Falten und Rauheit ist; alle sind in dieser -unstofflichen Ebene enthalten wie in Eis festgefrorene Halme. Nicht -einmal der Mensch beim Tisch ist außerhalb ihrer: er ist dort, ohne -Regung, in der unendlichen Ebene der Dinge, und kann sich ihr nicht -entraffen; wenn er sich rührte, fühlt er, würde eine Entgleisung und ein -Zusammensturz aller Teile erfolgen, ein furchtbares Zusammenschrumpfen -der gespannten Oberflächen. Ohne Erstaunen, ohne Inneres, ohne Zeit. -Angst, daß dies vielleicht der Tod sei, ein Abgang, Vernichtung. Nicht -fühlen, das ist das positive Gefühl des Nichtseins und ein starkes -Leiden am Nichtsein; unbewegter Kampf des Unbewußten um den Gedanken und -Beklemmung in den Grenzen der Leere. Überall Ebene mit trauriger toter -Oberfläche. Und dieses, was steht, ist die Zeit; wäre es möglich, sie zu -bewegen, so zerfiele sie sogleich in tausende Sekunden, die, tot, wie -Staub zerflatterten. Doch der Mensch beim Tisch fürchtet sich zu rühren; -mit all seiner Bangheit und Machtlosigkeit ist er in der Stille -festgelegt wie ein Insekt in durchsichtigem Bernstein; er ist einfach -eingestellt. - -Und da Schritte auf dem Gehsteig, schöne, laute und ordentliche. -Die Welt in der reglosen Fläche ist in lautloser Explosion -auseinandergefallen; die eckigen und massiven Dinge reckten sich -krachend auf, der Mensch an seinem Tische breitet sich aus in alle -Richtungen des Raums im Gefühl seiner reichen Verzweigung und seiner in -die Welt getauchten Bewegungen. Die Kanten und Winkel aller Dinge -kündeten sich in rauhem Rauschen des Raums: so rasch liefen sie in ihren -Richtungen, mit Selbstgewißheit und Härte. Das Herz des Menschen ergriff -seinen alten Schmerz, mit starken, starken Schlägen; jener, an den ich -denke, erhob sich, um seiner Trauer Gewicht zu ertragen, und das große -Rad des Seins dreht sich in immer weiteren und schnelleren Kreisen. - - - - - HISTORIE OHNE WORTE - - -Tief sind die Wälder in der Nacht wie ein grundloser See, und du blickst -schweigend auf einen Stern über Melatín, denkst an das Wild, das in der -Tiefe das Waldes schläft, an den tiefen Schlummer aller und an alles, -was niemals in dir entschlafen wird. Lang, endlos lang sind dämmrige -Tage; wie oft durchschrittest du die Wälder an solchen Tagen, o Schritte -und Erinnerungen ohne Zahl, und nie bist du an das Ende der Schritte und -Erinnerungen gelangt: so lang und tief sind die Wälder über Melatín. - -Aber daß heut ein flammender Augustmittag ist — brennende Lücken in den -Baumkronen und des Lichtes Sichel die Forste durchfahrend; daß ein so -klarer Tag ist, wie wenn ihr schütterer würdet, tiefe Wälder, und vor -der Sonne auseinanderträtet. Die Glut hat meine Erinnerungen -ausgetrunken und fast schlief ich ein, ich weiß nicht ob vor Lust oder -Ermattung, eingewiegt von den weißen Dolden, die über meinem Haupte -schwanken. — - -An einem solchen Tage ging Ježek durch den Wald, zufrieden, daß er an -nichts dachte und denken konnte. Breit atmete die Wärme zwischen den -Bäumen. Ein Tannenzapfen riß sich los, — er hatte sich festzuhalten -vergessen, weil es so windstill war; die Kronen kräuselten sich und -überall zitterte Licht. Oh, welch schöner, herrlicher Tag! Wie schimmern -silbern die schwanken Ährchen des Windhalms! Eingewiegt von Freude oder -Langweile lauschte Ježek dem warmen Summen des Waldes. - -Geblendet stand er am Rande der Lichtung, wo unhörbar die Glut zitterte. -Wer liegt da? Es ist ein Mensch. Er liegt mit dem Gesicht auf der Erde -und ohne Regung. Fliegen weiden auf der ausgestreckten Hand, die sie -nicht verscheucht. Ist er etwa tot? - -Andächtig und mit Grauen bückte sich Ježek über die gereckte Hand, -welche noch den alten Schlapphut hielt. Die Fliegen entflohen nicht -einmal. An dem verblaßten Futter waren noch einige Buchstaben leserlich: -..ERTA. EL SOL. Puerta del Sol, erriet Ježek erstaunt und neigte sich -über das Antlitz des Toten. Aber da öffnete dieser die Augen und sagte: -»Möchten Sie mir nicht eine Zigarette geben?« - -»Recht gern,« atmete Ježek in nicht geringer Erleichterung eifrig -auf. Der Mensch nahm die Zigarette, knetete sie sorgfältig, wälzte sich -auf die Seite und ließ sich Feuer geben. »Danke,« sagte er und begann -nachzusinnen. - -Er war nicht jung, durchgraut, mit breitem und unbestimmtem Gesicht; er -war irgendwie sehr abgemagert in seinen Kleidern, so daß sie in -seltsamen, leblosen Falten an ihm lagen. So war er ausgestreckt auf der -Seite und rauchte, unbewegt irgendwohin zu Boden blickend. - -Puerta del Sol, überlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er nur in -Spanien gemacht? Nach einem Touristen sieht er nicht aus. Vielleicht ist -er nicht gesund, daß er so heilige Augen hat. Puerta del Sol in Madrid. - -»Sie waren in Madrid?« sprach er unversehens aus. - -Der Mensch atmete zustimmend durch die Nase und schwieg. - -Er könnte sagen, wer er ist, überlegte Ježek; ein Wort gibt das -andere, und das Übrige errätst du. — Er könnte übrigens sagen: Ja, ich -war in Madrid; aber es ist nicht der entfernteste Ort, wo ich gewesen, -und es gibt noch schönere Orte und ein wunderbareres Leben. Allerlei -könnte er lügen. Siehe, jetzt besinnt er sich. - -Der Mensch winkte leicht mit der Hand, unbestimmt und versonnen -nirgendwohin blickend. - -Vielleicht sagt er: Ich sehe, daß Sie mich teilnehmend betrachten; Sie -haben mich für tot gehalten und sich mitleidig über mich gebeugt. Ich -will Ihnen also die Historie meines Lebens berichten. Unterbrechen Sie -mich nicht, falls Ihnen etwas unzusammenhängend oder unmotiviert -erscheint. Lesen Sie nur auf meinem Gesicht, ob ich leicht und einfach -gelebt habe. So irgendwie würde er etwa beginnen. - -Aber der Mensch rauchte schweigend und langsam, die hellen, blicklosen -Augen ins Unendliche geheftet. - -Sicherlich wird er etwas sagen, dachte Ježek; es ist schwer, Worte -für eines Lebens Verlauf zu finden. Es sei, ich warte. Leise legte er -sich auf den Rücken. Die Sonne schlug ihm in die Augen und drang durch -die geschlossenen Lider hindurch; rote und schwarze Kreise haben sich zu -drehen begonnen und tanzen brennend vor den Augen. Die Wärme atmet in -langen, feurigen Wellen, und Ježek fühlt sich so wohl, als würde er -entführt von den schwarzen und roten Kreisen, von der Flut langgezogener -Wellen, von unendlicher und unfortschreitender Bewegung. Wohin fließt -diese starke hinreißende Bewegung? Ach nichts; nur die Bewegung des -Lebens an seinem Ort. - -Plötzlich wandte er sich. Über die Hand lief ihm eine helle Ameise, -nicht wissend wohin auf der allzu großen Fläche. Auch uns, dachte -Ježek, Ameislein, auch uns regt die allzugroße Welt auf: diese -Fernen, Wanderer, diese hartnäckige Panik. Warum läufst du so? Warte, -verweile; ich tu dir nichts, wenn ich auch groß bin. Ach, kleiner -Abenteurer, ist's nur Verwirrung, die dich so jagt? Wilde und -verzweifelte Verwirrung der Einsamkeit? irgendeine Angst? Wo ist denn -ein Tor, durch das du entrönnest? - -Nahe, auf Griffweite nah hat sich ein Schmetterling mit weit geöffneten -Flügeln auf eine Blume niedergelassen, wiegt sich auf der weißen Dolde -und bewegt die leichten Flügel, schließt sie und breitet sie aus mit -einer zauberischen und wollüstigen Bewegung, berauschend süß. Ach -bleibe, o Lust! Verzaubere mein Herz nicht mit dieser ewigen Gebärde des -Entfliehens! Bleib und lasse dich schaukeln, liebliches Weilchen, -Sekunde ohne Gleichgewicht, unaussprechlicher Wink! Edle Begegnung nach -solchen Qualen der Reise! Jungfräulich erbebten die Zauberflügel und -jäh, unbegreiflich entschwindet der Falter, Sekunde, Wollust, als -schlösse sich plötzlich ein Tor hinter ihm. - -Ježek blickt empor. Wohin ist all das entflogen? Wohin entfliegt ihr, -leuchtende Wolken, in zielloser und unermüdlicher Bewegung? Ach, so -entführt zu werden, wegen nichts, aus gar keinem andern Grunde als wegen -der Größe des Himmels; so entführt zu werden, weil der Raum groß ist und -nicht endet! Weil die Sehnsucht groß ist und nicht endet. Sanfter -Himmel, meine Seele ist friedlich wie meine Augen. Aber warum blickt ihr -bis hinter den Horizont, friedliche Augen? Warum, friedlichste Seele, -findest du immer die dämonische Tugend der Unrast in dir? Wie hoch -segeln die Wolken, schwindlig hoch, — du möchtest sagen, bis am Tore -der Sonne hin. - -Puerta del Sol. Ježek sah sich um. Der Mensch, den er gefunden hatte, -war wieder eingeschlafen, und sein Antlitz erschien unklar und zerquält, -friedlich und weit. — Da stand Ježek auf, um ihn nicht zu wecken, -und ging durch den warmen Wald, zerstreut, ohne Frage und wie gesättigt. -Ihm war, als hätte er die Historie eines Lebens vernommen, eine wenig -klare, aber nahe Geschichte, unzusammenhängend, aber nichtsdestoweniger -eine Geschichte. — Ihm war, als hätte er die Historie eines Lebens -vernommen und begönne schon sie zu vergessen. - - - - - VERLORENER WEG - - -»Aber wir haben ja den Weg verloren!« - -»Augenscheinlich.« - -»Wohin sind wir geraten? Sehen Sie etwas? Wo ist die Allee?« - -»Ich weiß nicht.« - -»Wo sind wir? Sahen Sie jemals, daß hier ein Heidefeld wäre?« - -»Nein.« - -»Aber wie konnten wir nur die Landstraße verlieren? Wir hätten ja über -den Graben gemußt — — Hören Sie, sind wir nicht vielleicht über den -Graben gegangen?« - -»Ich weiß nicht.« - -»Das ist absurd. Die Straße kann doch nicht unter den Füßen verloren -gehn. Wo sind Sie?« - -»Ich hab' mich gesetzt.« - -»Auf dem Weg geht man doch anders als im Gras. Hart und laut. Geradeso -wie ich uns auf der Landstraße gehen gehört.« - -»Das waren Sie, der so lärmend ging.« - -»Um so eher! Es ist doch geradezu undenkbar … Das ist das -Sonderbarste, was ich je — — Mensch, schlafen Sie nicht!« - -»Ich schlafe nicht.« - -»Wo sind wir eigentlich?« - -Es war eine dunkle und fast sternlose Nacht; nur etwas lichtes Gestein -auf der Erde und kleine, aufrechte Wacholdersträucher, winzigen reglosen -Gestalten gleichend; von fern der Ruf eines Käuzchens nur drehte die -unbekannte Weite in die stockende Finsternis her. - -»Lachen Sie mich nicht aus«, sagte der stehende Mann, »aber mir gefällt -das nicht. Wir haben überhaupt die Richtung verloren. Wir müssen auf -irgendeinen Weg gelangen, wohin immer er führe; ein Weg zeigt wenigstens -»vorwärts«, aber das Unwegsame schweigt. Das Unwegsame schmeckt -gleichsam nach Unendlichkeit; sie ist hier um uns herum auf allen -Seiten; hören Sie, das ist eine unmögliche Lage.« - -»Setzen Sie sich«, sagte der andere. - -»Ich will nicht. Ich setze mich erst irgendwo am Weg, mitten zwischen -die rechte und linke Hand, damit ich weiß, wo ich bin. Wer auf dem Wege -geht, dem ist die Welt rechts und links eine Kulisse ohne Bedeutung und -die Wände eines langen Ganges; aber das Weglose ist wie der Gipfel eines -Berges; zu sehr im All; zu offen nach allen Seiten. Gehn wir von hier!« - -»Warten Sie noch, ich kann nicht.« - -»Ist Ihnen etwas geschehn?« - -»Ich kann nicht. Ja, mir ist etwas geschehn. Ich bin auf etwas gekommen, -gerade als wir irrezugehn begannen. Vielleicht genau in jenem -Augenblick.« - -»Wo war das?« - -»Ich weiß nicht. Ganz plötzlich tauchte es vor mir auf. Ich hatte schon -seit Jahren nicht mehr daran gedacht, und jetzt kam es von selbst. -Vielleicht gerade deshalb, weil wir auf einmal den Weg verloren.« - -»Irgendeine Erinnerung?« - -»Erinnerung, nein. Eine Lösung. Eine Antwort. Etwas, was ich das ganze -Leben lang gesucht habe, selbst wenn ich nicht daran dachte. O Gott, ist -das furchtbar kompliziert! Dadurch ändert sich mein ganzes Leben — — -Alles hängt zusammen. Begreifen Sie das?« - -»Durchaus nicht.« - -»Ich auch nicht. Offenbar mußte ich vom Weg abkommen, um darauf zu -kommen. Von Allem abkommen, was dir bekannt ist! Darum gingen sie in die -Wüste! Aber verlasse dein Haus und deine Familie; deine Logik ist aus -Gewohnheiten gewebt und deine Wege aus tausenderlei vergangenen -Schritten; darum komme ab von Allem und beginne zu irren, um im -Unbekannten zu suchen. Dich selbst findest du dann in dem, was das -Seltsamste und Ungewohnteste ist.« - -»Das sagen Sie mir?« - -»Das sage ich mir selbst, weil ich es gefunden habe. Dich selbst hast du -gefunden und kannst dich nicht erkennen; und doch ist es das einzige, -was du je gesucht hast. Mein Gott, so viele Jahre! Und plötzlich diese -Lösung: dir kommt das freudige und wortlose Gefühl, daß es da ist; das, -was noch kein Gedanke ist, sondern nur eine blendende Weile und -wunderbare Gewißheit. Hören Sie, mein Leben verändert sich -wahrscheinlich, vielleicht gehen unsere Wege auseinander; aber ich bin -froh, daß ich diesen Augenblick mit Ihnen erlebt habe.« - -»Wenn Sie mir wenigstens sagen würden —« - -»Ich kann nicht. Jetzt kann ich noch nichts unterscheiden. Die Wahrheit -mußt du genießen wie ein Gefühl, bevor sie dir zum Wort wird. Du mußt in -sie hineingeraten wie in einen Raum, der nirgendwohin führt, sondern -nach allen Seiten sich öffnet; denn dein Nachsinnen ist nur ein Weg in -einer Richtung, wie ein Gang zwischen Mauern. Dein Denken geht nur -vorwärts auf irgendeinem der vielen Wege: aber die einzige Wahrheit geht -nirgendwohin und zielt nirgendwohin, sondern besteht wie die -Ausdehnung.« - -Der stehende Mann schwieg und horchte gespannt in die Ferne. In der -tausendfachen Stille der Nacht, schien es ihm, entfaltete sich irgendwo -ein winziger, klangloser Rhythmus. Er schien von der Tiefe der Stille -überschwemmt zu sein, aber er war da und brach sich unaufhaltsam Bahn. -Menschenschritte! ferne Schläge auf hartem Weg. Der stehende Mann atmete -auf. - -»Dort also ist die Landstraße,« sagte er und wunderte sich plötzlich -über seine Stimme; um soviel klarer und farbiger klang sie als zuvor. - -Der sitzende Mann erwachte gleichsam. »Was? Die Straße? Sie gehen schon -nach Hause?« - -»Sie wollen vielleicht hier bleiben?« - -»Ja, ich erkläre es Ihnen dann. Es ist maßlos kompliziert. Warten Sie -noch!« - -»Erklären Sie es mir lieber unterwegs.« - -»Wenn ich mir das notieren könnte! Was mir alles einfällt! O Gott, wie -zahllos!« - -»Notieren Sie sich's zu Hause. Ich begleite Sie schon.« - -»Ich danke Ihnen. Wo sind wir?« - -»Ich weiß nicht, kommen Sie nur. Geben Sie acht, hier ist eine -Schlucht!« - -»Ich sehe nichts.« - -»Reichen Sie mir die Hand. Christus, wie sind wir eigentlich -hiehergeraten? Achtung!« - -»Warten Sie, hier kann ich nicht … Gehn wir zurück!« - -»Das geht nicht, der Weg ist vor uns. Wo stecken Sie?« - -»Hier oben. Und Sie?« - -»Im Wasser. Bleiben Sie dort, ach! Ist Ihnen etwas geschehn?« - -»Nein, danke. Wenn ich nur unten bin.« - -»Jetzt folgen Sie mir. So!« - -Und die beiden Männer stolperten den Hang empor und wieder hinunter; es -war ein mühseliger, zerfurchter Boden, wo sie mit tausendfacher Vorsicht -gehen mußten; es gab Gesträuch da, durch das sie sich hindurcharbeiten -mußten; es waren breite, bebaute Ackerfelder da, über welche sie -rücksichtslos wie Eber dahinfuhren. Endlich ein Graben und die -Landstraße. - -»Und nun sagen Sie mir,« rief der, welcher vorausging, »wie konnten wir -überhaupt dort hinauf gelangen?« - -»Ich weiß nicht,« sagte der andere etwas bedrückt, »es ist wirklich -seltsam. Ich müßte es mir überlegen … Ich habe jetzt so viel -nachzudenken!« - -»Sagen Sie mir nun, worauf Sie gekommen sind?« - -»Ja. Es ist sonderbar mit diesem Verirren! Gewiß fand ich es gerade in -dem Augenblick, als wir den Weg verloren. Wär' ich schon zu Hause!« - -»Wovon handelt es?« - -»Von der Seele …« - -Nun schritten beide rasch und schweigend aus; sie kamen durch einen Wald -und durchliefen ein Dorf; einige Fenster leuchteten menschlich in der -tiefen Finsternis; und wieder tat sich eine weite und ferne Heide auf. - -»Was wollen Sie also sagen?« - -»Wovon?« - -»Von dem, worauf Sie dort oben gekommen sind — von der Seele.« - -»Ach ja, Sie haben recht. Sagte ich, von der Seele? Eigentlich war es -nicht bloß das …« - -»Hören Sie,« sagte nach einer recht langen Weile sein Gefährte, »wie ist -es also mit dieser Seele? Sie sind schrecklich zerstreut.« - -»Ich? Im Gegenteil. Ich dachte gerade darüber nach. Ist es nicht -merkwürdig, daß sich der Mensch im Wesen nicht kennt?« - -»Und Ihre Lösung?« - -»Was für eine Lösung? Das ist auf ewig nur ein Problem.« - -»Aber Sie hatten irgendeine Lösung.« - -»Das war bestimmt nicht von der Seele. Das waren eher andere Fragen, vom -Leben überhaupt … Ich dachte soeben darüber nach, womit zu beginnen.« - -»Mit dem, was Ihnen zuerst aufblitzte.« - -»Zuerst? Das war nur eine Ahnung … Es ist höchst schwierig zu -formulieren. — Ich weiß wirklich nicht, was mir zuerst aufblitzte. Es -kam das alles so auf einmal!« - -»Also beginnen Sie womit immer.« - -»Das geht nicht. Alles war ein Ganzes … Ja, das alles hing zusammen. -Könnte ich es nur umfassen!« - -»Sie werden es mir ein andermal sagen?« - -»Nein, lieber gleich jetzt. Nur, bis ich es ein wenig geordnet habe. -Aber mich stört es, wie laut wir gehen.« - -»Setzen wir uns also.« - -»Ja, ich danke Ihnen. Vor allem bedenken Sie … So klar leuchtete es -mir ein … Zunächst folgt daraus, wie elend und sinnlos alles war, was -ich bis jetzt gelebt. Plötzlich durchdrang es mich wie ein Messer; ich -entsetzte mich vor mir selbst und begriff, daß ich so viele Jahre, o -Gott, nur einen unaussprechlichen und ungeahnten Schmerz gelebt habe. So -viele Jahre! Dies also blitzte in mir auf, was ich war und wie ich -unbewußt gelitten; und alles war vergeblich und irrig, und eng wie ein -Kerker; und mir war furchtbar zumute, wenn mein ganzes Leben sich mir -als ein gefundener Fehler erwies. Ach, Vieles erkläre ich Ihnen noch -näher. Aber zweitens, warten Sie, zweitens —« - -»Was ist zweitens?« fragte nach einer Weile der Gefährte. - -»Warten Sie, es war doch etwas von der Seele darin, aber jetzt weiß ich -nicht. — Ja, es war etwas Unermeßliches von der Seele. Gott, was war es -eigentlich?« - -»In welchem Sinne von der Seele?« - -»Ich weiß nicht, es waren überhaupt keine Worte, es war nur eine -Gewißheit — — es ist so flüchtig!« - -»Besinnen Sie sich doch!« - -»Ja, gleich. Etwas von der Seele? Was war es?« - -»Denken Sie nur nach, ich warte.« - -»Ich danke Ihnen. Gleich werde ich es haben.« - -Die Nachtzeit lag unbewegt auf den schwarzen und formlosen Dingen. Und -siehe, da geht der erste morgendliche Mensch über die leere Landstraße. -Ist das nicht der Schrei eines Hahns im Dorfe? Hat sich die Nacht nicht -in ihrem stillen Innern gerührt? - -»Haben Sie es gefunden?« - -»Ach gleich, nur noch etwas —« - -Am Horizonte dämmerte es schwach. Die Erde und ihre Dinge nahmen eine -kühle, schemenhafte Blässe an; ständig ausgebleichter und schärfer hoben -sie sich empor, und es ward Licht. - -»Also was haben Sie gefunden?« - -»Ich weiß nicht … Es ist mir entglitten. Alles habe ich verloren, und -ich werde es niemals mehr wissen.« - -»Und überhaupt nichts, vollkommen nichts ist Ihnen davon geblieben?« - -»Vollkommen nichts; nur das, was mir auf ewig klar geworden über mein -Leben.« - - - - - DIE AUFSCHRIFT - - -Ein Weilchen verschnaufend stand Kvíčala an der Tür und freute sich: -Matys ist krank, er wird Freude haben, daß ich gekommen bin: ich werde -ihm ein wenig vorplaudern am Bett, um ihn zu zerstreuen. - -Die Glocke ertönte so abgerissen, daß es Kvíčala quälend beklemmte; -ihm war, als ob sich der Klang drinnen so aufgescheucht und blind einen -Weg bahne durch die allzuabgestandene Stille, und er lauschte mit der -Hand an der Glocke. Es kam das alte Mütterchen in Hausschuhen öffnen und -bat ihn flüsternd einzutreten. Kvíčala ging auf den Spitzen, er wußte -selbst nicht warum; durch die offene Tür sah er Matys mit dem Gesicht -zur Wand im Bett liegen, wie wenn er schliefe. - -»Wer ist das?« fragte der Kranke gleichgültig. - -»Der Herr Kvíčala,« flüsterte die alte Frau und entfernte sich. - -Matys wandte sich mit aufgeheiterten Augen dem Freunde zu. - -»Das ist brav von Ihnen. Oh, es ist nichts; nur eine -Brustfellentzündung, irgendein Exsudat … In vierzehn Tagen werde ich -gehen.« - -Kvíčala lächelte gezwungen. Ihm war schwül in dem heißen Zimmer, wo -er den schwachen und faden Geruch von Umschlägen, Urin, Tee und Eiern -spürte. Ihn rührte das unrasierte Kinn des Matys und seine strahlenden -Augen; er bedauerte, daß er vergessen hatte, eine kalte Orange oder ein -nasses Sträußchen mitzubringen, um sie auf das Nachttischchen zwischen -die zerknüllten Taschentücher, Speisereste und ungelesenen Bücher zu -legen. Im ganzen übermannte ihn eine matte Übelkeit. - -Er bemühte sich zu plaudern; er erzählte irgendwelche Neuigkeit und -ärgerte sich über seine fremde, gleichsam belegte Stimme; er fühlte die -Augen des Kranken aufmerksam und doch entfernt auf sich geheftet; und da -verschluckte er seine Neuigkeit und sehnte sich zu verschwinden. - -Matys erkundigte sich nach Bekannten; aber Kvíčala spürte die -besondere Rücksichtnahme des Kranken auf die Gesunden heraus und -antwortete immer schwerer. Schließlich war alles erschöpft. Wenigstens -das Fenster öffnen! Horchen, was draußen geschieht! Nur einen Teil -seiner selbst dorthin übertragen! Verdrossen wich Kvíčala den starren -und abwesenden Blicken des Freundes aus; seine Augen wichen dem heißen -und zerdrückten Bette aus; er wich der eingetrockneten Häßlichkeit des -Nachttischchens aus; und heftete den Blick auf das Fenster, das blasse -halbundurchsichtige Fenster, das Fenster, welches ins Freie führt. - -»Schauen Sie her,« sagte plötzlich der Kranke und wies mit dem Finger -auf die Wand zu Häupten des Bettes. - -Kvíčala beugte sich vor; an die Wand war grau und verwischt und -zweimal unterstrichen mit Bleistift das Wort »_zurück_« geschrieben. -»Zurück«, las Kvíčala. - -»Was sagen Sie dazu?« fragte Matys still. - -»Jemand hat es hingeschrieben. Es steht offenbar schon viele Jahre -dort.« - -»Wieviel Jahre denken Sie?« - -»Ich weiß nicht. Vielleicht fünf oder zehn — Wann wurde hier das -letztemal gemalt?« - -»Ich habe die Mutter gefragt,« sagte Matys und schaute zu der trüben -Zimmerdecke empor. »Vor mehr als zehn Jahren. Ich wollte es niemals -erlauben.« - -Kvíčala ließ seine Blicke hastig zum Fenster zurückkehren. - -»Sehen Sie nur her,« nötigte der Kranke, »fällt Ihnen nichts auf?« - -Kvíčala neigte sich wieder über das Bett. »Es ist von einer -Männerhand geschrieben. Jemand schrieb es in Aufregung und ungeduldig, -so daß hier der Graphit abgebrochen ist. Er hat geradezu in die Wand -geritzt. Und im Dunkeln. Dieses Häkchen ist ein wenig seltsam … Diese -langen Striche auf dem u und ü sehen irgendwie entschlossen aus.« - -»Zurück,« wiederholte Matys. »Wissen Sie nicht, was wohl damit gemeint -ist?« - -»Gott weiß, vielleicht irgendein Entschluß. Vielleicht, etwas -zurückzugeben.« - -»Oder selber zu etwas zurückzukehren?« - -»Möglich. Warum fragen Sie?« - -»Nur so. Ich überlege, weshalb es hier geschrieben steht.« - -»Jemand hatte wohl einen Einfall oder eine Eingebung — Er schrieb es -sich bloß als Leitwort auf, um nicht daran zu vergessen. Weshalb -interessiert es Sie so?« - -»Weil es mit meiner Schrift geschrieben ist. Ich habe es offenbar selbst -geschrieben, aber jetzt weiß ich überhaupt nichts mehr und kann mich -nicht entsinnen, wann und warum. Andauernd überdenke ich, was das -bedeuten sollte.« - -»Jetzt bedeutet es nichts mehr.« - -»Jetzt nicht, aber damals. Ich fand es hier während der Krankheit. Nie -zuvor hatte ich es beachtet, bis jetzt. Und so sinne ich aus Langweile -nach —« - -»Worüber?« fuhr Kvíčala nach einer Weile auf. - -»Nie habe ich an die vergangenen Jahre gedacht,« sagte Matys mit -geschlossenen Augen. »Wozu auch? Alles Vergangene ist so -selbstverständlich. Der Mensch gewöhnt sich an die vergangenen Dinge. -Alle dünken ihm bekannt. — Aber jetzt weiß ich nicht, zu was ich mich -damals entschlossen habe; ich weiß nicht, zu was ich zurückwollte und -weshalb es mir so unerträglich war, und weiß nicht, wann es überhaupt -war. Niemals wird es mir klar werden … Überrascht und beunruhigt Sie -nicht manchmal etwas Vergangenes?« - -»Nein,« sagte Kvíčala aufrichtig. - -Der Kranke bewegte ungeduldig die Schultern und schwieg. »Ich weiß -nicht, wann und warum ich es geschrieben habe,« begann er; »aber mir -sind viele Augenblicke eingefallen, in denen mir dies Wort als Erlösung -erscheinen konnte, und ich finde ständig neue Augenblicke, wo ich es -hätte schreiben können. Oder lieber erfüllen.« - -»Wie erfüllen?« - -»Ich weiß nicht. Schon lange sinne ich darüber nach, wie es sich -erfüllen ließe. Zurück, ja zurück, aber zu was? Ich liege da und -erinnere mich an allerlei: zu was von alledem zurückzukehren? Ich kann -mich vieles Schönen entsinnen. Vieles tut mir leid. Manche Liebe. Hie -und da leuchtet ein alter Gedanke auf. Und viel, unzählig viel habe ich -vergessen, und daran denke ich am meisten. Es gibt furchtbar viele -vergangene Dinge. Die Vergangenheit ist schwindelerregend.« - -Kvíčala seufzte; ihm ward immer schwüler. Ach, die Gasse hinter dem -Fenster! Licht, Raum! Schnelligkeit und Bewegung dort draußen! - -»Die Vergangenheit ist nicht so selbstverständlich, wie ich's mir -dachte,« sagte Matys wie für sich selbst. »Sie ist unermeßlich unklar. -Zeitweilig geschahen merkwürdige und unmögliche Dinge. Mir ist als -stünde ich am Rande einer halb unbekannten Welt; etwas habe ich schon -entdeckt, aber der Rest geht unendlich weiter und breiter, als ich -geahnt. Ich hatte keine Vorstellung davon … Das ist ein barmherziger -Irrtum, daß uns die eigene Vergangenheit bekannt erscheint; wir kennen -nur etwas, aber alles übrige … Das Meiste sollten wir _erst erleben_!« - -Kvíčala horchte: Draußen klingelt der Tramway, die Schritte vermehren -sich, breit schüttet sich Wagenrasseln hin; dünn und klar flog ein -Kinderschrei auf. Aber hierher kommen nur die Schatten der unstofflich -durch das Glas hindurchgegangenen Laute; sie sind alles Nahen und -Wirklichen beraubt; entfremdet den Lauten, die von außen her an das -Fenster sich pressen; mit der Stille vermengt. - -»Es ist still hier,« sagte der Kranke, »und die Zeit ist lang. Ich denke -an vergangene Dinge. Sie hätten noch nicht entschwinden sollen. Und -woran ich immer nur denke, nichts hätte noch schwinden sollen. Ich müßte -es erst erleben, aufmerksam verweilend — selbst die schlimmsten -Augenblicke. So als hätte ich sie alle zwischen den Fingern entgleiten -lassen, noch unwissend wie sie sind: und überaus seltene darunter —« - -»Sie sind hier zu sehr allein,« sagte Kvíčala. - -»Ja. Und in vierzehn Tagen stehe ich wieder auf und erinnere mich -vielleicht nicht mehr, daß ich einmal ›zurück‹ geschrieben habe. Aber -jetzt ist es da als Aufschrift an irgendeiner Wand. Zurück! Alles -Vergangene ist nur ein Stichwort; alles ist unvollendet geblieben, -angedeutet als Anfang und Ahnung … Zurück! Vielleicht fühlt es ein -jeder einmal und möchte zurückkehren, so als wäre es nach Hause — -zurück! Es ist nicht, ach es ist nicht Rückkehr zu seinen Anfängen, — -zu den ersten Schritten; aber zurück zu den Enden, zur Aussprache und -Beendung seiner selbst, zu den letzten Schritten … Unmögliche -Rückkehr! Niemals zurück!« - -Kvíčala erhob sich. »In vierzehn Tagen,« lächelte Matys. -»Entschuldigen Sie, eine Woche schon hab' ich mit niemandem geredet. -Grüßen Sie alle.« Seine Hand war heiß und trocken. Oh, hinaus! Lautere -Kühle, Gasse, Menschen, Menschen — und »vorwärts« in diesem allen! - - - - - DIE VERSUCHUNG - - -Lange schon ging Růžička wie in Nebel herum. Er wehrte sich -hartnäckig dagegen und ersann ohne Ende Gründe für und gegen, bewies -sich etwas, ärgerte sich. Hart kämpfte er um Sammlung und sehnte sich -zugleich: sich endlich ohne Gedanken und Richtung entführen zu lassen. -— So wie ein schwarzer Pfahl am Teiche im Nebel, dachte er; über dem -Wasser schreit die Möwe und läßt sich herab, um die Fläche in die Klauen -zu ergreifen; das Wasser erbebt, und die Möwe entflieht wie ein -Gassenjunge; erst Gott weiß, wo sie auflachen wird … - -Růžička blieb stehen: Reise ich oder bleibe ich? — Alle Gründe -starben ab und er vermochte sich ihrer nicht mehr zu bemächtigen; alle -starben ab und wurden starr und er konnte sich ihrer nicht mehr -entledigen. Gründe, die ihn nicht mehr freuten. Sie waren in diesem -engen Zimmer verwelkt. In dem Zimmer, das ihn nicht mehr freute. Gründe -dafür, daß er blieb und nicht verreiste und nicht diese paar Chancen -überflüssig verwarf. Ruhe, Beruf, Gewohnheiten, Lampe, Bett, Lehnstuhl -— mehr brauche ich ja nicht, sagte er sich; ich bleibe und erfülle dies -alles mit der Wahrheit des Lebens. Mein Platz ist schmal, aber ich kann -ihn vertiefen. Ach, auf immer bleiben! - -Oder fortgehn, sagte er sich beklommen; sich von neuem versuchen und in -die Welt schleudern wie ein Stein ins Wasser … Müßte man sich nur -nicht entschließen! Könnte ich mich, ohne zu wissen wie, irgendwo in der -Welt finden und nichts haben als vor mir den Tag, o Gott! was wäre das -für ein Tag! Es geschehe mir als Schicksal oder Zufall, — ich nehme -alles an; aber selbst wollen ist furchtbar. - -— Reise ich oder bleibe ich? - -Ich gehe aus, entschloß er sich endlich (wenigstens etwas tun! was -immer!), ein bißchen hinaus, zögerte er bei der Türe, den Abend -genießen, nötigte er sich; aber »bleib«, sprechen Lampe, Bett, -Lehnstuhl, Langweile, »wozu gehn? Gehn ist so anstrengend; Bleiben so -einfach; Gehn so verzweifelt; Bleiben so verzweifelt; bleib!« Nein, -heute nicht, entschied er sich mit Gewalt, und ging. »Bleib,« sprechen -die entflammten Gassen, »wir stören dich nicht mehr; du hast uns so oft -durchmessen, daß du uns nicht mehr siehst.« Auch ihr seht mich gar -nicht, wandte er ein, und eure Fenster blinken mir nicht mißtrauisch zu -wie ein Blick, lächelnd wie ein Blick, durchsichtig wie ein Blick des -Zufalls. Ich gehe täglich hier: wir sind einander fremd geworden. »Ja, -nach so vielen Jahren!« - -Růžička nahm, sich zerstreut erholend, Zuflucht zu einem -Kaffeehaus, froh, daß er so verloren war in der Zersplitterung von -Lichtern und Stimmen, daß er sich selber entschwand in der Menge, daß -die Spiegel strahlten und die Gläser klirrten; er schrieb mit dem Finger -ein Fragezeichen auf den Tisch und entdeckte in der Marmorplatte -interessante Adergänge, ein Zufallsnetz, zahllose Bahnen ohne Ziel. — -Verreise ich oder bleibe ich? Augen! wer sieht mich da an? - -Mädchen, lachte sein Blick, was willst du von mir? Glatte Augen glitten -ab, flüchteten hinter die Lider und blickten süß, dunkel nirgendwohin. -Nichts, blasses Gesichtchen unter schwarzem Hütchen, Spielzeug aus -Elfenbein, die jungen Hände spielen auf dem Schoße mit nichts. Das große -Schwarze ist die Mama und besieht die Modeblätter. Die grauen Augen -fliegen verstohlen herüber, fliehen, bleiben nicht da; anmutig sind die -Lider der Augen, gesenkte Lider, anmutige Trauer, Liebe und Musik, -Abend, Frage und nichts, lieblich der Augen Blick, Freude, Kleider, -Musik und Frage, liebliches Lieben, lieblicher Frühling, Veilchen auf -der Straße, rosige Blüte, rosiges Lächeln, lieblicher Blick, und in die -Augen! gerade in die Augen, stark und direkt, kurz und fragend -lieblicher Blick! Die glatten Wangen sind rosig erglüht. Schön sind -weiße und errötete Wangen; schön und traurig die Haare; traurig und -schlank die Hände im Schoß, auf schwarzem Trauerrock. - -»Genug,« baten die grauen Augen, »soviel Lob, mein Gott, — wohin soll -ich jetzt mit den Augen, mit Lidern und Händen? Sehen Sie mich nicht an, -ich lasse das Glas fallen; um keinen Preis sehe ich Sie mehr an.« - -Schlanke Hände, dachte er gerührt, wie einer Geigerin Hände; ach, welch -ein Tremolo, gegenstandsloses Weinen, Lied, welches endet und nicht; ob -ich es jemals vernehme, dies bange und feine Lied? Diese feine, kindlich -rauhe Stimme? - -»Gott, das nicht! Was würde ich Ihnen sagen? Ich kann nicht bis fünf -zählen. Wer sind Sie? Warum schauen Sie so? Warum schauen Sie nicht?« - -»Wenn ich sehe, denke ich an die Leute ringsum, an Sie, an Ihren Atem, -an die Liebe, an alles, was ich dir sagen möchte, — ich weiß nicht, -woran ich denke, wenn ich schaue; aber wenn ich nicht schaue, denke ich -an Sie, an alles, was ich nicht sehe, an mich selbst, an den glücklichen -Zufall, und hauptsächlich an dich.« - -»Hören Sie auf! Hören Sie auf!« - -— Drüben haben neue Menschen sich gesetzt, und in ihrer Mitte — - -»Ach sehen Sie doch,« riefen die grauen Augen aus, »wie schön sie ist!« - -— ja, schön, tatsächlich schön, o Mädchen, wie groß und schön! Warum -ist sie gekommen, wen sucht sie mit den dunklen Augen! Ach, wer ertrüge -der Schönheit vernichtenden Blick? Wie erbebte er nicht in Verwirrung -und Schrecken, wie schlüge er nicht nieder die Augen? Wehe, daß sie ihn -angeblickt! - -Langsam, ohne Unsicherheit hefteten sich die großen schwarzen Blicke der -neu angekommenen Frau auf sein Gesicht. Da stockte sein Herz vor -Erstaunen und schwieg. - -»Ich bin schön. So viele sind mir untertan. Sieh.« - -Ich verreise, entgegnete er finster. - -»Bleib. Ich bin schön. Du begegnest mir auf den Straßen, in den Basaren -und auf Festen. Suche mich in den Logen der Theater. Du wirst mir -begegnen, wenn du willst. Wir können einander kennen lernen und — wer -weiß?« - -Ich reise, wiederholte er hartnäckig. - -»Bleib. Ich habe so wenig Unterhaltung, so wenig. Ich bin so schön. Du -wirst mich oft sehn, täglich, wenn du willst, und so nahe! Bleib!« - -Nein, sagte er mit brennender Pein, ich reise; ich verreise und kehre -wieder mit Lippen, bitter von Meer und Fremde; ich kehre mit anderer -Seele zurück. Mit einer Seele ohne Staunen und Beben; mit einer rauhen, -mutigen, wilden und schamlosen Seele; mit einer unruhigen und grausamen -Seele; mit einer Seele für dich. Aber dann! Daß diese herrlichsten Augen -weinen! Daß die Schönheit erbebe! Daß ich schlimmer sei als du! Daß du -mich liebest. Daß sich das Schicksal erfülle. Daß ich Gott nicht -fürchte. Daß ich dir gleichkomme. Nichts ist furchtbarer als Schönheit -und Mut. - -Die schwarzen Pupillen wandten sich ab und zauberten weich ins -Unendliche. - -Sei es, fühlte er, geschehe mir dies als ein Schicksal. Ich gehe hinweg, -um zu wagen. - -»Bleiben Sie,« sprachen verloren die grauen Augen, »ach, bleiben Sie! -Ich käme künftigen Samstag wieder her. Manchmal begegne ich Ihnen. Ich -laufe nicht weg, selbst wenn Sie mich anreden. Warum wollen Sie nicht -bleiben?« - -Ach, Mädchen, weinte sein Herz in sinnlicher Zärtlichkeit, ich möchte -bleiben; wie möchte ich nicht bleiben wollen? Aber gerade du hast mich -an einen Tag in der Fremde erinnert, eines unglücklichen Menschen in der -Fremde, ich weiß nicht warum so unglücklich und so verloren; du hast -mich erinnert an glücklichen Zufall, Lächeln, freundliches Wort in -fremder Zunge und lieblichen Blick, der nicht mehr wiederkehrt: die -Freude, wenn du wüßtest, und der herrliche Tag in der Fremde! Nichts ist -schöner als Liebe und glücklicher Zufall, nichts vergleicht sich einer -guten Begegnung, die nicht wiederkehrt. Ich würde bleiben: aber du hast -in mir die ewige Sehnsucht nach dem Zufall erweckt. - - - - - SPIEGELUNG - - -»Achtung!« rief Lhota dem unbekannten Fischer zu, »er schnappt!« - -»Ach, ich danke Ihnen,« entgegnete der Angeredete freundlich, »wollen -Sie sich ihn nicht herausziehn?« - -Lhota glitt rasch den Damm hinunter und ergriff die Rute. Die Angel war -leer; und als Lhota das Haar heranzog, entdeckte er an dem Angelhaken -festgebunden eine rote Schnur. - -»Das da geben Sie statt des Wurms?« fragte er mißmutig. - -»Ja,« sagte der Fischer mit schüchternem Lächeln. - -»Haben Sie schon etwas gefangen?« - -»Niemals.« - -Lhota blieb auf dem Damme sitzen, unschlüssig ob er lachen oder zürnen -solle. Wie ist das möglich, dachte er, wie ist es überhaupt möglich, so -Fische zu fangen? - -»Ich angle nämlich nicht,« äußerte der Fischer, »ich sitze nur mit der -Rute so da, damit die Leute nicht über mich lachen, wenn sie mich hier -sehn.« - -»Sie sind ein Hiesiger?« - -»Ich wohne in dem Häuschen hinter uns. Schon viele Jahre gehe ich her, -weil es mir hier gefällt. Und angle nicht.« - -Lhota blickte in die großen, hellen Augen des Fischers. »Sie sind krank, -nicht?« - -»Ich kann nicht gehn. Schon seit Jahren. Viele Jahre bin ich nicht -weiter gewesen als hier. — Aber hier ist es schön.« - -»Tatsächlich,« sagte Lhota unsicher. Unabsehbar zogen sich die kahlen -Dämme hin, und zwischen ihnen strömte der breite, graue Fluß. - -»Sie sollten bei Sonnenuntergang hier sein,« sagte der Kranke, »oder am -Morgen. Ich sitze seit früh hier, und niemals ist mir langweilig oder -leer zumute; wenn ich dann abends heimkomme, schlafe ich ohne Traum, -Nacht für Nacht schlafe ich herrlich und ohne Traum. Erst im Winter —« - -»Was im Winter?« - -»Nichts, die Träume. Im Winter kann ich nicht, und ich schlafe bei Tag -und bei Nacht, ohne Rast, bis ich vor Müdigkeit nicht mehr schlafen -kann. Aber im Sommer bin ich täglich da.« - -Lhota blickte sinnend in das Wasser: Es strömte breit und unförmig -dahin, rieb sich mit der unendlichen Flanke an dem Gestein; gewellt, -gekräuselt, bewegt, daß ihm die Augen übergingen. Und es war schon kein -fließender Fluß mehr; nur ein Rauschen, das nicht verharrt, sondern ohne -Ende verläuft und entschwindet; ein Vorbei ohne Grenzen, ohn Ende -Vergehen von Allem — - -»Auch im Winter träume ich nur vom Wasser,« sagte der Kranke. »Es ist -der einzige Traum, den ich ganze Tage und Nächte und ganze Monate -träume, nur dann unterbrochen, wenn ich aus dem Schlafe auffahre. Erst -im Sommer vergeht er, wenn ich das wirkliche Wasser sehe.« - -Lhota schloß in schwachem Schwindel die Augen. »Ich möchte nicht von -strömendem Wasser träumen.« - -»Nein, das strömt überhaupt nicht,« sagte der Kranke. »Mir träumt nicht -von wirklichem Wasser. Es ist das ein großer Fluß, der ohne Regung -steht, und auf ihm schwimmen Reflexe. Sie eilen auf ihm dahin wie jene -Blätter, welche von der Strömung mitgerissen werden.« - -»Was für Reflexe?« - -»Gespiegelte Dinge. Ufer, die sich in der Fläche reflektieren. Sie -gleiten über das Wasser hin, rasch wie diese Wellen und kräuseln es -nicht. Vielleicht kommen sie bis vom Gebirge her. Es sind große Bäume, -die sich still und mit der Krone abwärts zu neigen, als hingen sie in -einen grundlosen Himmel hinein. Auch der Himmel gleitet auf diesem -reglosen Flusse mit Sonne und Wolken und Sternen dahin. Ich sah die -Reflexe von Bergen und Dörfern am Flußufer mitsamt den Menschen -dahinschwimmen. Ein andermal ist es ein weißes einsames Haus oder ein -erleuchtetes Fenster.« - -»Das ist ein absurder Traum,« sagte Lhota. - -»Ein furchtbarer. Manchmal segelt eine gespiegelte Stadt und Quais mit -flammenden Lichtern. Auf der Fläche bebt das Laub der Bäume, als wehte -der Wind, aber das Wasser kräuselt sich nicht. Ein Mädchen ringt die -weißen Hände und wird weitergetragen. Und ich sehe in der Spiegelung, -als stünde jemand am andern Ufer und wollte auf mich blicken oder mir -ein Zeichen geben; aber das Bild auf dem Wasser entgleitet mitsamt der -an die Augen gelegten Hand.« - -Der Kranke schwieg eine Weile. »Und manchmal«, begann er wieder, »ist es -nur die brennende Laterne eines verlassenen Hafens am Ufer des Flusses; -sie schaukelt wie im Novemberwind, und schwimmt davon. Nichts kann -innehalten und nichts verweilt. Nichts runzelt das Wasser und nichts ist -oberhalb oder außerhalb seiner. Die Ewigkeit ist fürchterlich.« - -Lhota blickte schweigend in das Wasser; Welle um Welle kehrte endlos zu -dem Gestein unter seinen Füßen zurück und floß wieder ab in hartnäckigem -Spiel, das ihn reizte und beschwichtigte. - -»Oft erwache ich,« redete der Kranke, »mit Schweiß bedeckt und zu Tode -entsetzt; und da sage ich mir: Die Ewigkeit ist fürchterlich. Welle um -Welle kommt, um am Stein zu zerbrechen; Stein um Stein wälzt sich hinab -zu den Wellen, die ihn davontragen. Aber ich habe eine Fläche gesehen, -die sich an nichts bricht und nicht zerbricht. Lichter und Schatten von -Allem gleiten über sie hin. Berge wälzen sich fort und Bäume eilen von -dannen; es schwimmen Städte und Felsen, ein Mädchen ringt vergeblich die -Hände und Anfang und Ende der Welt gleitet vorbei wie eine Spiegelung. -Eine Fläche, die niemals sich kräuselt und zu kräuseln vermag. Die -nichts berührt und niemals berühren kann. Und wer hineinblickt, sieht -immer nur bloße Reflexe der Dinge fliehen, der Wirklichkeit entledigt.« - -Auf dem Damm gegenüber blieb ein Mann stehen und schaute eine Weile zu. -»Also was,« rief er endlich, »schnappen sie?« - -»Sie schnappen nicht,« erwiderte der Kranke lustig. »Ich sitze gern -hier,« sprach er wieder zu Lhota. »Wenn ein Blatt in das Wasser fällt, -dann zittert das Wasser, und auch ich zittere, aber ohne Angst. Manchmal -bei Sonnenuntergang, da denke ich an Gott. Die Ewigkeit ist -fürchterlich.« - -Lhota wendete sich fragend. - -»Manchmal«, fuhr der Sieche fort, »sah ich ein so merkwürdiges Kräuseln -auf dem Wasser, daß man nicht begreifen kann, woher es kommt. Manchmal -bricht sich eine Welle und erglänzt schöner als die andern; und es sind -auch Erscheinungen am Himmel — das geschieht sehr selten. Und da denke -ich mir: warum könnte das nicht Gott sein? Vielleicht ist er gerade das -Flüchtigste in der Welt; vielleicht ist auch seine Wirklichkeit ein -jähes Brechen der Welle und ein Schimmer; unfaßbar, ausnahmsweise -erscheint er, und vergeht —. Oft habe ich darüber nachgedacht; aber -sehn Sie, ich habe einen so kleinen Horizont, durch Jahre kam ich nicht -weiter als hierher. Es ist möglich, daß auch unter den Menschen ein -solches Sichkräuseln oder Aufblitzen sich ereignet und wieder zerbricht. -Es muß zerbrechen. Die echte Wirklichkeit muß mit dem Untergang bezahlt -werden. Ach, die Sonne versinkt schon.« - -Ein barfüßiges Mädchen stand schweigend hinter dem kranken Herrn. »Ja, -gehen wir,« sagte der Sieche. »Gute Nacht, Herr. Schauen Sie, jetzt, -jetzt,« zeigte er auf den Fluß. »Nie ist es zweimal dasselbe. Gute -Nacht.« - -Langsam und gleichgültig führte ihn das Mädchen nach Hause. Der Fluß war -perlmutterlicht, wechselnd ohne Ende, und Lhota schaute leise -schwindelnd dem hartnäckigen Spiel der Wellen zu. - - - - - DER WARTESAAL - - -Ich verbringe die Nacht in der Restauration, dachte Záruba, als der Zug -schon einfuhr, oder ausgestreckt irgendwo im Wartesaal; ich verschlafe -drei oder vier Stunden, und mit dem ersten Morgenzuge fahre ich weiter. -Gott, nur rasch! Noch verbleibt Hoffnung, und Alles kann gerettet -werden; ach, so viele Stunden. - -Aber die Restauration war schon geschlossen und den einzigen Warteraum -erfüllte ein Soldatentransport. Sie schliefen auf Bänken und Tischen, -lagen überall auf der Erde, den Kopf auf Tischleisten, auf Spucknäpfe, -auf zerknülltes Papier gebettet, das Gesicht zu Boden und gehäuft wie -Hügel von Leichen. Záruba rettete sich auf den Gang; es war kalt da, und -zwei Gasflammen zitterten gequält in dem feuchten Halbdunkel, das vom -Teer und Urin der Aborte stank; einige Menschen fröstelten und gähnten -auf den Bänken in der stumpfen Geduld langen Wartens. Aber es war -wenigstens ein bißchen Platz da, ein bißchen Platz für einen Menschen, -wenigstens ein bißchen Platz für den stillen Schlummer eines Müden. - -Záruba fand eine Bank und lagerte sich so warm wie möglich, so fest wie -nur möglich; aus sich selbst erbaute er einen Winkel für seinen Schlaf, -Bett, Bettleiste, Viereck, Asyl. — Ach, die Unbequemlichkeit, fuhr er -aus dem Halbschlaf empor; wie nur die Glieder legen? Lange und -angestrengt dachte er darüber nach; schließlich kam ihm der kindliche -Wunsch, zu liegen, und er streckte sich auf der Bank aus. Aber die Bank -war zu kurz. Záruba kämpfte verzweifelt mit seinem Ausmaß, ergrimmt über -einen so rücksichtslosen Widerstand; schließlich lag er gleichsam -gefesselt, regungslos, knabenhaft klein, und sah auf die großen -funkelnden Kreise, die sich im Dunkeln drehen, auf die kreisenden -Scheiben. — Ich schlafe ja schon, durchblitzte es ihn, und in diesem -Augenblicke öffnete er die Augen; da sah er den Winkel zweier Wände -verschwimmen und ward furchtbar verwirrt: Wo bin ich denn? Was ist das -eigentlich? Entsetzt suchte er eine Orientierung, vermochte aber weder -Raum noch Richtung zu erraten; da raffte er alle Kraft zusammen und -erhob sich. Neuerlich sah er den langen und kalten Gang, aber er sah ihn -trauriger als früher, und erkannte, daß er schon durchaus aus dem -Schlafe gerissen sei und er verspürte den bittern Geschmack des Wachens -im Munde. - -Auf die Knie gestützt dachte er über seine Angelegenheit nach. Das -Letzte tun, sich für die Rettung einzusetzen, ja, aber noch so viele -Stunden! Zerstreut blickte er auf das schmutzige Pflaster des Ganges; er -entdeckte zertretene Papiere, ekelhaften Auswurf, den Schmutz von -zahllosen Füßen — und das dort ist wie die Form eines Gesichts, Augen -aus Kot und aus Speichel der Mund, abscheulich zu lächeln bemüht … - -Angeekelt hob er den Blick empor. Dort liegt ein Soldat auf der Bank, -schläft mit hintenüberhangendem Kopfe und stöhnt wie ein Sterbender. -Irgendeine Frau schläft, eines Mäderls Haupt im Schoße; sie hat ein -böses und armseliges Gesicht, sie schläft; aber das Mäderl blickt mit -blassen Augen und flüstert etwas für sich; es hat ein langes, -vorstehendes Kinn und einen breiten Mund in mageren Bäckchen, eine -kindliche Greisin mit traurigen, weiten, fliegenden Augen. — Sieh da, -der Beleibte, wie er schläft, aufgedunsen vor Schläfrigkeit, haltlos von -der Bank fallend, erstaunt und stumpfsinnig; weiche Masse, die sich auf -den ersten Stützpunkt herabwälzt. — Unter einem grünen Hute blinzeln -die schwarzen muntern Augen eines jungen Mannes. »Komm her,« pfeift er -durch die Lücken der zerfressenen Zähne dem blaßäugigen Mädchen zu; -»komm her,« flüstert er und lacht. Das Mädchen windet sich verlegen und -lächelt ein furchtbares greisenhaftes Lächeln; sie ist zahnlos. »Komm -her,« pfeift der Jüngling und setzt sich selber zu ihr. »Wie heißt du?« -Und streichelt ihr mit der flachen Hand die kleinen Knie. Das Mädchen -lächelt ängstlich und unschön. Der schlafende Soldat röchelt wie in der -Todesstunde. Záruba schüttelte sich vor Kälte und Übelkeit. - -Eine Stunde von Mitternacht. Die Zeit schlich quälend langsam dahin, und -Záruba fühlte sich von ihr verschleppt, gedankenlos zerzogen in -wachsender und zielloser Spannung. Gut, sagte er sich, ich schließe die -Augen und halte es so ohne Gedanken, ohne Bewegung so lang wie möglich -aus, ganze Stunden hindurch, bis sich die Zeit umwälzt. — Und so saß er -starr da, zwang sich, möglichst lange auszuhalten; endlos stockte die -Dauer der Minuten, ein Zählen ohne Zahlen, Verzug um Verzug. — Endlich, -nach unüberlebbarer Zeit, öffnete er die Augen. Fünf Minuten nach Eins. -Der Gang, die Papiere, das Kind, das gleiche verlegene, greisenhafte -Lachen … Nichts hatte sich verändert. Alles war zu unfortschreitender, -bleibend naher Gegenwart erstarrt. - -Und plötzlich entdeckte Záruba einen Menschen. Er saß regungslos wie er -selbst in einem Winkel und schlief nicht. Der ist wie ich, dachte -Záruba; er kann auch nicht schlafen wegen der Zeit. Woran denkt er? An -das Warten ohne Ende wie ich? Der Mensch erbebte, wie wenn ihm diese -Frage unlieb wäre. Záruba blickte unwillkürlich in sein formloses -Gesicht; er gewahrte darauf eine unruhige Bewegung, wie wenn jemand eine -zudringliche Fliege verjagt. Auf einmal stand dieser Mensch auf, -überschritt auf den Spitzen den Gang und setzte sich geradezu neben ihn. - -»Ihnen war es unangenehm, daß ich Sie ausschaue,« sagte Záruba gedämpft. - -»Ja.« Beide schwiegen lang. »Schauen Sie,« flüsterte endlich der Mensch -und wies mit dem Finger auf die Erde, »das da sieht aus wie ein -menschliches Gesicht.« - -»Ich habe schon vorhin geschaut.« - -»Sie haben schon geschaut,« wiederholte der Mensch schwermütig, »Ihnen -war also auch so —« - -»Wie?« - -»Nichts ist schwerer als Warten,« erwiderte der Mensch. - -»Wie war mir?« - -»Schwer. Es ist schwer zu warten. Was immer auch komme, es ist Erlösung. -Warten ist schwer.« - -»Weshalb reden Sie davon?« - -»Weil es schwer ist, zu warten. Auch Sie haben Gesichter gelesen, -geschrieben in Speichel und Staub. Auch Sie haben sich gequält. Nichts -ist qualvoller als die Gegenwart.« - -»Warum?« - -»Weil Warten schwer ist.« Der Mensch verstummte und blickte zu Boden. - -»Wohin fahren Sie?« fragte Záruba nach einer Weile. - -»Ich fahre nur so,« antwortete der Gefragte zerstreut, »zum Vergnügen. -Oft findet man nämlich schöne Städte. Sie fahren so weit, daß Sie -bereits an nichts mehr denken, und auf einmal sind Sie an einer solchen -Stelle; es ist ein Bach oder Brunnen im Hain, oder Kinder, etwas -Unerwartetes und Schönes — und da begreifen Sie überrascht, was Glück -ist.« - -»Was ist Glück?« - -»Nichts. Sie begegnen ihm einfach. Es ist, kurz gesagt, zum Verwundern. -Haben Sie je an die heidnischen Götter gedacht?« - -»Nein.« - -»Das war so: Niemand erwartete sie, und unverhofft erblickte er sie. -Irgendwo im Wasser oder im Gebüsch oder in den Flammen. Deshalb waren -sie so schön. Oh, wenn ich das ausdrücken könnte! Wenn ich es nur -ausdrücken könnte!« - -»Warum denken Sie an Götter?« - -»Nur so. Dem Glück muß man rasch und unverhofft begegnen. Es ist solch -ein besonderer Zufall! Solch ein jähes Ereignis, daß man sagen möchte: -ach, welch ein Abenteuer! Ist es Ihnen jemals begegnet?« - -»Es ist mir begegnet.« - -»Und da war Ihnen wie im Traum. Das Herrlichste ist nur ein Abenteuer. -Dort, wo die Liebe aufhört, ein Abenteuer zu sein, wird sie eine Qual.« - -»Warum, warum ist das so!« - -»Ich weiß nicht. Sie könnte nicht dauern, wenn sie keine Qual wäre. -Schauen Sie, die Alten hatten einen einzigen Namen für Glück und Zufall. -Aber es war ein Göttername.« - -Fortuna, dachte Záruba beklommen. Wenn sie mir begegnete auf dieser -Reise! Aber es ist schwer, auf den Zufall zu warten! - -»Warten ist schwer,« begann der Mensch wieder, »so schwer und quälend, -daß, was immer Sie erwarten, Sie nur eines abwarten: des Wartens Ende, -Erlösung vom Warten. So schwer, daß das, was Sie als Erfüllung erleben -werden, weder schön noch glücklich mehr sein kann; sondern an sich -sonderbar und gleichsam traurig, schmerzlich durch all dies Warten — -ich weiß es gar nicht zu sagen. Jede Erlösung ist so: niemals ist es das -rechte Glück.« - -Warum sagt er das? dachte Záruba; wie, wäre ich nicht glücklich, wenn -ich die Erfüllung erlebte? - -»Sie haben Gott selber erwartet,« fuhr der Mensch fort; »ach, was für -ein Mensch ist da gekommen, um Sie vom Warten zu erlösen? Weder Ansehen -noch Schönheit waren an ihm, der letzte der Männer, ein Mann des -Schmerzes; unsere Gebrechen hat er getragen und unsere Schmerzen -ertragen, so als wäre er gar kein Gott.« - -»Warum reden Sie davon?« - -»Warten, sehen Sie, ist schwer; selbst einen Gott zerbricht und demütigt -es. Erwarten Sie jahrelang irgendein Glück, ein großes und schönes -Ereignis; endlich kommt es, irgendwie klein und trübselig wie irgendein -Schmerz; aber Sie sagen: ja, Gott, das ist es, worauf ich so viele Jahre -gewartet habe, auf daß es mich erlöse!« - -»Was meinen Sie damit?« - -»Damit meine ich: Der einzige Lohn für das Warten ist das Ende des -Wartens; und nur darum steht das Warten dafür. Darum, darum ist es -notwendig zu warten. Das ist der Sinn unseres Glaubens.« - -»Welchen Glaubens?« - -»Welchen immer,« sagte der Mensch und schwieg. - -Die Leute auf dem Gange erwachten und begannen herumzugehn. Das zahnlose -Mäderl war jetzt in den Armen der Mutter eingeschlafen, verloren unter -dem Shawl. Etwas Leben strömte durch den Gang; es war ziellos und -unordentlich, aber es regte sich und vermochte sich zu erhalten. - -»Was haben Sie mit diesen Göttern gemeint?« fragte Záruba plötzlich -laut. - -»Sie waren schön,« sagte der Mensch; »es genügte bloß Glück oder Zufall, -um sie zu erblicken und dadurch selbst ein wenig ein Gott zu werden. Ich -denke mir also: wunderlich ist das Glück, so überaus seltsam ist -Schönheit und Glück, daß es nur durch Wunder und Zufall geschehen kann. -Aber wer wartet, der wartet auf etwas, das geschehen muß; etwas muß -kommen, das sein Warten beendet. Sehen Sie, jeder wartet …, auch Sie; -wir sind vom Wege der Freude abgekommen, um große Dinge zu erwarten. -Ach, warten ist eine große Spannung des Lebens, fast wie der Glaube. -Aber je mehr wir warten — — _was immer auch komme, wir werden, wir -werden erlöst werden_. Schauen Sie, es ist schon Tag.« - -In den Bahnhof wälzte sich ein Menschenstrom herein mit Lachen, Husten -und Geschrei. Wie ein großer Besen fuhr der Lärm durch den Gang, fegte -die angesetzte Stille fort und blies die verstaubten Stimmen an. Die -Passagiere erhoben sich von den Bänken, schüttelten die Spinnweben des -Schlummers ab und blickten einander ohne Mißbehagen an, verbündet durch -die gemeinsame Nacht. Aber draußen, hinter den Fenstern, dämmerte der -Tag. - -Der Mensch, der gesprochen hatte, verlor sich Záruba zwischen den -Leuten. Eine neue Schar, Fahrkarten, Geschrei und Glockenzeichen — der -schwarze und lärmende Zug fuhr in den Bahnhof ein, verschlang die Schar, -zischte, fauchte und fuhr dem Ziele zu. Gott, nur schnell, dachte -Záruba, noch ist nicht alles verloren: noch bleibt Hoffnung. - - - - - HILFE! - - -Er wurde gewahr, daß er sich an einem weiten, mit schönen Bäumen -bewachsenen Hange befand. Das ist ja Frankreich, erriet er plötzlich, -ich bin wohl in einen falschen Zug eingestiegen. Es ist wirklich ein -seltsamer Zug, — lauter fremde Gesichter, die über ihn lachen, als wäre -er schlecht gekleidet; und der Zug fährt wild, daß die Fenster klirren. - -Brož fuhr aus dem Traum empor. Jemand klopfte ans Fenster. - -»Was ist?« schrie Brož mit verklebter Zunge. - -»Ich bitte Sie,« sagte draußen eine zitternde Frauenstimme, »wenn Sie -uns rasch zu Hilfe kämen!« - -»Gehn Sie zum Teufel!« erwiderte Brož wütend und wühlte den Kopf in -die Kissen hinein. Nur den zerrissenen Faden des Traums einzufangen! den -Schlummer eben dort wieder anzuknüpfen, wo er unterbrochen worden! Ein -Zug, etwas von einem Zug, zwang sich Brož; und plötzlich fiel ihm -peinlich klar ein: Ich hätte fragen sollen, was ihnen geschehn ist! - -Er sprang aus dem Bett und lief das Fenster öffnen. Kühl, schwarz wehte -die öde Nacht herein. »Wer ist da?« rief er, aber nichts antwortete. Da -schüttelte ihn die Kälte, und er ging sich legen; in den Federbetten -fand er seine eigene trockene Wärme wieder und genoß sie gierig und -unbegrenzt; wieder sanken ihm die Lider und die Glieder lockerten sich -zu einem Komma. Ach, schlafen! - -Mit weit geöffneten Augen schaute Brož in die Finsternis. Wer das -wohl gewesen war? Niemand in diesem Dorf hier kümmert sich um mich. Wer -hat bei mir Hilfe gesucht? Es war eine Frauenstimme. Es war eine -unsäglich schmerzliche Stimme. Vielleicht ging es ums Leben. Übrigens, -ich bin kein Arzt. Aber vielleicht ging es ums Leben. - -Zerquält wandte sich Brož dem Fenster zu. Es zeichnete sich wie ein -kaltblaues Rechteck in der schwarzen, raumlosen Dunkelheit ab. Nirgends -brennt es. Es ist still, nur die Uhr zu Häupten tickt spitzig. Was ist -nur geschehn? Was für ein Unglück? Vielleicht ist es in der -Nachbarschaft; jemand stirbt; irgendwo wird ratlos mit dem schweren -Augenblick gekämpft. Ich bin schließlich kein Arzt. - -Aber das Bett knarrt und brennt ermüdend. Brož setzte sich im Bette -auf und nahm gewohnheitsmäßig die Brille. Wodurch vermöchte ich -überhaupt, überlegte er, zu helfen? Wie nur zu nützen? Verstehe ich mich -denn auf etwas Hilfreiches? Gott, nicht einmal raten, nicht einmal -trösten; nicht einmal mit Worten vermöchte ich einen Teil der Last von -irgend jemandem zu nehmen; nicht einmal durch Anteilnahme jemand zu -stützen. Ich will ja selber nichts, als Ruhe haben; als mich der andern -zu entledigen. Was mag da geschehen sein? - -Indem fiel es ihm ein, die Lampe zu entzünden. Vielleicht bemerken sie, -daß ich leuchte, sagte er sich, und kommen abermals. Ich werde leuchten -wie ein Leuchtturm. Kommen sie, so frage ich, was geschehn ist; -wenigstens erkenne ich, daß ich wirklich nicht habe helfen können. — Im -voraus getröstet bettete sich Brož die Polster hinter den Rücken; -gespannt lauerte er, daß das Pförtchen knarren und dieselbe Frauenstimme -hinterm Fenster bitten werde. Aber der tickende Gang der Uhr quälte ihn. -Vergeblich bemühte er sich, sie zum Stehen zu bringen. Es war drei Uhr. -Auf einmal schnürte ihm ein häßliches Gewicht von Unruhe und Erregung -die Brust zusammen. Niemand kam. - -Zögernd und hastig begann sich Brož anzukleiden. Sicherlich, sagte er -sich, werden sie dort leuchten, wo etwas geschehen ist, und ich werde -ans Fenster pochen. Sowieso würde ich nicht mehr schlafen. Ich werde -dort nichts nützen, aber — vielleicht sind sie so ratlos — Brož -verwirrte sich in der Hast und verfluchte leise die Schuhbänder; -schließlich gelang ihm ein ungewöhnlicher Knoten, und er lief vor das -Haus hinaus. - -Es war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die Gasse hinab und -suchte ein erleuchtetes Fenster; nie zuvor hatte er ein so bis ins -Bewußtlose entschlummertes Dorf gesehen, so fremd allem Wachenden, so -fremd — nirgends waren klagende Nachtlampen, nirgends ein Lichtstreifen -hinter den Fensterscheiben. Entsetzt hielt er inne vor der Kapelle: in -den Fenstern zitterte und irrte das matte Licht einer Flamme. Die ewige -Lampe, begriff er nach einer Weile und ging weiter; aber nirgends war -beleuchtet; überall dunkel, nur etwas Blässe, von den Wänden -ausgeschwitzt —. - -Leise kehrte Brož zurück und lauschte vor den stummen Häuschen. Wird -drinnen kein Jammern ertönen, wird nicht stille Ohnmacht erbeben? Wird -keine Frauenstimme weinen? Bebend sondierte Brož die verschlossenen -Räume des Schweigens; nichts, kein dichter Atem, nichts — fliegt nicht -aus der Weite der Nacht, aus irgendeiner Ferne, von irgendeiner Seite -der Welt ein herzzerreißender Schrei um Hilfe heran? - -Wie fremd ist diese schlafende Welt, die nicht spricht! Die nicht vor -Schmerz aufschreit! Die nicht nach Erlösung ruft! Wenn jetzt der -leiseste Klageruf sich erhübe, würde er nicht feurig nach ihm langen, -würde er sich nicht an ihn lehnen wie an eine Säule, würde er ihn nicht -erfassen wie ein im Dunkel entzündetes Licht … - -Andern willst du helfen, ertönte es spöttisch und klar in ihm, und -kannst dir selber nicht helfen! Aber was, dachte Brož in -schmerzlichem Erstaunen, ist dem wirklich so? Doch eher darum, ach, -_gerade darum_, weil du dir selber nicht helfen kannst — wer sich zu -helfen vermag, wird sich selber helfen; aber du, der du dir nicht helfen -kannst, hier bist es nicht eben du … - -Brož blieb wie geschlagen stehen. Dir selber kannst du nicht helfen? -Aber ist es denn wirklich so? Brauch ich überhaupt Hilfe … von mir -selbst oder von irgendwem? Ist mir so schlimm? Gott, das nicht! Ich lebe -ja nach meinem Sinn und mehr will ich nicht. Nur meine Tage für mich -allein zu verleben. Ich habe keine unerfüllten Wünsche. Vielleicht habe -ich überhaupt keine Wünsche. Mir selbst kann ich nicht helfen … Worin -auch. Nie ist es mir in den Sinn gekommen. Bleibe alles, wie es ist: Tag -um Tag, bis ins Unabsehbare. - -Tag um Tag? Brož setzte sich auf einen Eckstein und blickte unbewegt -in die Finsternis, als träumte er heimlich den unterbrochenen Traum zu -Ende; oder als träumte er ihn Tag um Tag, Monat und Jahr, bis ins -Unabsehbare. — Nichts mehr verändert sich; was sollte sich auch ändern? -Die Ereignisse fliehen und die Jahre vergehen; aber Tag um Tag kehrt -zurück, so als geschähe überhaupt nichts. Ein Tag ist vergangen: was -liegt daran? Es wird ja derselbe Tag, derselbe Tag mir morgen kommen. -Nur wenn die Zeit vergeht! - -Und täglich kann ich mir sagen: Ich habe nichts verloren als einen Tag. -Nichts mehr als einen Tag! Warum also diese Angst? Brož rieb sich -hart die Stirn. Ich sollte mich fassen. Ich bin unausgeschlafen. Ich bin -stehengeblieben, und die Tage sind um mich gewachsen wie Mauern; Tag um -Tag haben sich glatt und schwer geschichtet wie Wände. Schon erwache ich -allmählich: aber wird es ein neuer und niegewesener Tag sein, den ich -ringsum finde? Oder ein Tag, zusammengesetzt aus tausend vergangenen — -wie Mauern? Und sage ich mir wieder: das ist also wieder ein weiterer -Tag unter tausend aufgerichteten — wie Mauern? Warum ist er geworden? -gestern war doch nur um einen weniger! Stand es dafür, wegen dieses -einen Tages zu erwachen? - -Alle Schläfrigkeit fiel plötzlich von ihm ab. Das ist ja ein Kerker, -begriff er entsetzt; so viele Jahre habe ich wie im Kerker gelebt! Weit -tat er die Augen auf; ihm war, als erhellten sich traurig all diese -Jahre: seltsam fremd, seltsamer bekannt; alles, nichts, Tage ohne Zahl -… Ach, ein Kerker, riß sich Brož los. Werde ich denn niemals -erwachen in niegewesenem Tag? Warte ich denn nicht täglich darauf (— -ach, Kerker!) und _habe ich nicht vielleicht immer gewartet_, begriff er -plötzlich (— vergangene Jahre klärten sich auf), ach, bin ich -eigentlich nur deshalb stehen geblieben, um den ungeahnten Tag zu -erwarten? - -Vergangene Jahre klärten sich auf. Sieh, Gott, flüsterte Brož, zum -Himmel emporblickend, ich verschweige es dir nicht länger; ich habe auf -deine Hilfe gewartet, auf eine wunderbare Erlösung; daß ein großes -Ereignis geschähe, ein jähes Licht in den Ritzen, und nach heftigen -Schlägen in die Tür eine starke Stimme geböte: Lazarus, steh auf! So -viele Jahre habe ich die Stimme des Siegers erwartet; du kamst nicht, -und ich verlasse mich nicht mehr darauf. - -Aber wenn ich noch harre, so ist es auf Hilfe und Erlösung. Auf eine -Stimme, die mich aus meinem Gefängnisse ruft. Vielleicht ist sie nicht -so stark, sondern so schwach, daß ich sie mit der eigenen Stimme -unterstützen muß. Vielleicht ist es keine gebietende, sondern eine -flehende Stimme: Lazarus, steh auf, uns zu helfen! - -— Dir selbst kannst du nicht helfen: wer wird dir helfen? Wer kommt -dich befreien, der du es selbst nicht vermagst? Alles schläft in -unbewußtem Frieden; kindlich piept der Schmerz auf des Schlafenden -Lippen; ein knabenhafter Traum, etwas von einem Zug, ein flüchtiger -Traum zeichnet sich an den Wänden des Gefängnisses ab. Aber unversehens -kommt er — pocht an dein Fenster und ruft dich aus dem Traume der -niegewesene Tag. Ob du ihn erkennst und unverschlafen aufspringst? - -Vielleicht hast du ein Weltbeben erwartet: höre ein stilles, flehendes -Rufen. Vielleicht kommt der Tag, den du erwartest, gar nicht wie ein -Feiertag; nur ein Wochentag, Montag des Lebens, neuer Tag. - -Über den Wäldern wird es licht. - - - - - INHALT - - - Seite - Stocken der Zeit 5 - Historie ohne Worte 7 - Verlorener Weg 10 - Die Aufschrift 15 - Die Versuchung 19 - Spiegelung 23 - Der Wartesaal 27 - Hilfe! 32 - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Hervorhebungen, die im Original g e s p e r r t sind, wurden mit -Unterstrichen wie _hier_ gekennzeichnet. - -Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt -(vorher/nachher): - - [S. 6]: - … durchsichtigen Bernstein; er ist einfach eingestellt. … - … durchsichtigem Bernstein; er ist einfach eingestellt. … - - [S. 8]: - … Puerta de Sol, überlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er - nur … - … Puerta del Sol, überlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er - nur … - - [S. 8]: - … Sicherlich wird er etwa sagen, dachte Ježek; es ist - schwer, … - … Sicherlich wird er etwas sagen, dachte Ježek; es ist - schwer, … - - [S. 11]: - … Jahre! Und plötzlich diese Lösung: dir kommt das freudige und - und … - … Jahre! Und plötzlich diese Lösung: dir kommt das freudige und … - - [S. 33]: - … Er war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die - Gasse … - … Es war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die - Gasse … - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Kreuzwege, by Karel Čapek - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - -***** This file should be named 52144-0.txt or 52144-0.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/1/4/52144/ - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Kreuzwege - -Author: Karel Capek - -Translator: Otto Pick - -Release Date: May 23, 2016 [EBook #52144] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - - - - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - KAREL CAPEK - - - - - KREUZWEGE - - - LEIPZIG - KURT WOLFF VERLAG - - BCHEREI DER JNGSTE TAG BAND 64 - - GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRCKNER IN WEIMAR - - EINZIG BERECHTIGTE BERTRAGUNG AUS - DEM TSCHECHISCHEN VON _OTTO PICK_ - - - - - STOCKEN DER ZEIT - - -Warum ist jener, an den ich denke, welcher sich ber den Schreibtisch -beugt, warum ist er so unbewegt, warum wartet er und horcht, da etwas -auer ihm geschehe; als ob ihm irgendein Ding einen Wink im Kummer -geben knnte und einen Abschlu dieser unendlichen Reihe von -Unsicherheiten, die ihn durchwallt. Alle Dinge um ihn herum sind nur -melancholieverhangene Gewohnheiten; nur die gegenberstehende Wand der -Gasse hat in der formlosen Stille einen ungewhnlich dummen und so -unangenehmen Ausdruck, da der Mensch, leidend, sich dankbar an das -Rasseln einer Droschke auf dem Pflaster hlt, als einem Ausgangspunkt -von dieser Sekunde zur nchsten. - -Klapp-klapp der Hufe im Rderknarren, langes rhythmisches Kettchen und -Poltern hinter der Ecke, rasches Rasseln auf den Steinen; das ist etwas, -was sich aufrollt in die Ferne wie ein Knuel, jetzt schon von weitem -immer schwcheres Klappern, ein Ticken so lang wie ein dnner gespannter -Faden, so dnn, da er fast nicht mehr ist, schon nichts mehr ist als -angespannte Entfernung, unmgliche Lnge, und Stille. - -Die Stille von innen und auen flossen zusammen wie zwei von nichts -gekruselte und durchaus gleichartige Wasserflchen. Alles ist durchaus -gleichartig wie eine Flche, unbewegt und gespannt. Der Mensch beim -Tisch hlt den Atem an und sein Herz steht wie eine Flche. Die Stille -ist gespannt wie ein Tuch, und alles ist still, alle Dinge sind Stcke -der Stille, hineingeplttet in die glatte Ebene ohne Regung Tisch und -Wnde, alle Dinge zusammen sind wie eine Zeichnung auf gegltteter -Flche, klar, ohne Verkrzung und Schatten. Sie sind eine gespannte -Oberflche, die ohne Falten und Rauheit ist; alle sind in dieser -unstofflichen Ebene enthalten wie in Eis festgefrorene Halme. Nicht -einmal der Mensch beim Tisch ist auerhalb ihrer: er ist dort, ohne -Regung, in der unendlichen Ebene der Dinge, und kann sich ihr nicht -entraffen; wenn er sich rhrte, fhlt er, wrde eine Entgleisung und ein -Zusammensturz aller Teile erfolgen, ein furchtbares Zusammenschrumpfen -der gespannten Oberflchen. Ohne Erstaunen, ohne Inneres, ohne Zeit. -Angst, da dies vielleicht der Tod sei, ein Abgang, Vernichtung. Nicht -fhlen, das ist das positive Gefhl des Nichtseins und ein starkes -Leiden am Nichtsein; unbewegter Kampf des Unbewuten um den Gedanken und -Beklemmung in den Grenzen der Leere. berall Ebene mit trauriger toter -Oberflche. Und dieses, was steht, ist die Zeit; wre es mglich, sie zu -bewegen, so zerfiele sie sogleich in tausende Sekunden, die, tot, wie -Staub zerflatterten. Doch der Mensch beim Tisch frchtet sich zu rhren; -mit all seiner Bangheit und Machtlosigkeit ist er in der Stille -festgelegt wie ein Insekt in durchsichtigem Bernstein; er ist einfach -eingestellt. - -Und da Schritte auf dem Gehsteig, schne, laute und ordentliche. -Die Welt in der reglosen Flche ist in lautloser Explosion -auseinandergefallen; die eckigen und massiven Dinge reckten sich -krachend auf, der Mensch an seinem Tische breitet sich aus in alle -Richtungen des Raums im Gefhl seiner reichen Verzweigung und seiner in -die Welt getauchten Bewegungen. Die Kanten und Winkel aller Dinge -kndeten sich in rauhem Rauschen des Raums: so rasch liefen sie in ihren -Richtungen, mit Selbstgewiheit und Hrte. Das Herz des Menschen ergriff -seinen alten Schmerz, mit starken, starken Schlgen; jener, an den ich -denke, erhob sich, um seiner Trauer Gewicht zu ertragen, und das groe -Rad des Seins dreht sich in immer weiteren und schnelleren Kreisen. - - - - - HISTORIE OHNE WORTE - - -Tief sind die Wlder in der Nacht wie ein grundloser See, und du blickst -schweigend auf einen Stern ber Melatn, denkst an das Wild, das in der -Tiefe das Waldes schlft, an den tiefen Schlummer aller und an alles, -was niemals in dir entschlafen wird. Lang, endlos lang sind dmmrige -Tage; wie oft durchschrittest du die Wlder an solchen Tagen, o Schritte -und Erinnerungen ohne Zahl, und nie bist du an das Ende der Schritte und -Erinnerungen gelangt: so lang und tief sind die Wlder ber Melatn. - -Aber da heut ein flammender Augustmittag ist -- brennende Lcken in den -Baumkronen und des Lichtes Sichel die Forste durchfahrend; da ein so -klarer Tag ist, wie wenn ihr schtterer wrdet, tiefe Wlder, und vor -der Sonne auseinandertrtet. Die Glut hat meine Erinnerungen -ausgetrunken und fast schlief ich ein, ich wei nicht ob vor Lust oder -Ermattung, eingewiegt von den weien Dolden, die ber meinem Haupte -schwanken. -- - -An einem solchen Tage ging Jezek durch den Wald, zufrieden, da er an -nichts dachte und denken konnte. Breit atmete die Wrme zwischen den -Bumen. Ein Tannenzapfen ri sich los, -- er hatte sich festzuhalten -vergessen, weil es so windstill war; die Kronen kruselten sich und -berall zitterte Licht. Oh, welch schner, herrlicher Tag! Wie schimmern -silbern die schwanken hrchen des Windhalms! Eingewiegt von Freude oder -Langweile lauschte Jezek dem warmen Summen des Waldes. - -Geblendet stand er am Rande der Lichtung, wo unhrbar die Glut zitterte. -Wer liegt da? Es ist ein Mensch. Er liegt mit dem Gesicht auf der Erde -und ohne Regung. Fliegen weiden auf der ausgestreckten Hand, die sie -nicht verscheucht. Ist er etwa tot? - -Andchtig und mit Grauen bckte sich Jezek ber die gereckte Hand, -welche noch den alten Schlapphut hielt. Die Fliegen entflohen nicht -einmal. An dem verblaten Futter waren noch einige Buchstaben leserlich: -..ERTA. EL SOL. Puerta del Sol, erriet Jezek erstaunt und neigte sich -ber das Antlitz des Toten. Aber da ffnete dieser die Augen und sagte: -Mchten Sie mir nicht eine Zigarette geben? - -Recht gern, atmete Jezek in nicht geringer Erleichterung eifrig auf. -Der Mensch nahm die Zigarette, knetete sie sorgfltig, wlzte sich auf -die Seite und lie sich Feuer geben. Danke, sagte er und begann -nachzusinnen. - -Er war nicht jung, durchgraut, mit breitem und unbestimmtem Gesicht; er -war irgendwie sehr abgemagert in seinen Kleidern, so da sie in -seltsamen, leblosen Falten an ihm lagen. So war er ausgestreckt auf der -Seite und rauchte, unbewegt irgendwohin zu Boden blickend. - -Puerta del Sol, berlegte Jezek, Tor der Sonne; was hat er nur in -Spanien gemacht? Nach einem Touristen sieht er nicht aus. Vielleicht ist -er nicht gesund, da er so heilige Augen hat. Puerta del Sol in Madrid. - -Sie waren in Madrid? sprach er unversehens aus. - -Der Mensch atmete zustimmend durch die Nase und schwieg. - -Er knnte sagen, wer er ist, berlegte Jezek; ein Wort gibt das andere, -und das brige errtst du. -- Er knnte brigens sagen: Ja, ich war in -Madrid; aber es ist nicht der entfernteste Ort, wo ich gewesen, und es -gibt noch schnere Orte und ein wunderbareres Leben. Allerlei knnte er -lgen. Siehe, jetzt besinnt er sich. - -Der Mensch winkte leicht mit der Hand, unbestimmt und versonnen -nirgendwohin blickend. - -Vielleicht sagt er: Ich sehe, da Sie mich teilnehmend betrachten; Sie -haben mich fr tot gehalten und sich mitleidig ber mich gebeugt. Ich -will Ihnen also die Historie meines Lebens berichten. Unterbrechen Sie -mich nicht, falls Ihnen etwas unzusammenhngend oder unmotiviert -erscheint. Lesen Sie nur auf meinem Gesicht, ob ich leicht und einfach -gelebt habe. So irgendwie wrde er etwa beginnen. - -Aber der Mensch rauchte schweigend und langsam, die hellen, blicklosen -Augen ins Unendliche geheftet. - -Sicherlich wird er etwas sagen, dachte Jezek; es ist schwer, Worte fr -eines Lebens Verlauf zu finden. Es sei, ich warte. Leise legte er sich -auf den Rcken. Die Sonne schlug ihm in die Augen und drang durch die -geschlossenen Lider hindurch; rote und schwarze Kreise haben sich zu -drehen begonnen und tanzen brennend vor den Augen. Die Wrme atmet in -langen, feurigen Wellen, und Jezek fhlt sich so wohl, als wrde er -entfhrt von den schwarzen und roten Kreisen, von der Flut langgezogener -Wellen, von unendlicher und unfortschreitender Bewegung. Wohin fliet -diese starke hinreiende Bewegung? Ach nichts; nur die Bewegung des -Lebens an seinem Ort. - -Pltzlich wandte er sich. ber die Hand lief ihm eine helle Ameise, -nicht wissend wohin auf der allzu groen Flche. Auch uns, dachte Jezek, -Ameislein, auch uns regt die allzugroe Welt auf: diese Fernen, -Wanderer, diese hartnckige Panik. Warum lufst du so? Warte, verweile; -ich tu dir nichts, wenn ich auch gro bin. Ach, kleiner Abenteurer, -ist's nur Verwirrung, die dich so jagt? Wilde und verzweifelte -Verwirrung der Einsamkeit? irgendeine Angst? Wo ist denn ein Tor, durch -das du entrnnest? - -Nahe, auf Griffweite nah hat sich ein Schmetterling mit weit geffneten -Flgeln auf eine Blume niedergelassen, wiegt sich auf der weien Dolde -und bewegt die leichten Flgel, schliet sie und breitet sie aus mit -einer zauberischen und wollstigen Bewegung, berauschend s. Ach -bleibe, o Lust! Verzaubere mein Herz nicht mit dieser ewigen Gebrde des -Entfliehens! Bleib und lasse dich schaukeln, liebliches Weilchen, -Sekunde ohne Gleichgewicht, unaussprechlicher Wink! Edle Begegnung nach -solchen Qualen der Reise! Jungfrulich erbebten die Zauberflgel und -jh, unbegreiflich entschwindet der Falter, Sekunde, Wollust, als -schlsse sich pltzlich ein Tor hinter ihm. - -Jezek blickt empor. Wohin ist all das entflogen? Wohin entfliegt ihr, -leuchtende Wolken, in zielloser und unermdlicher Bewegung? Ach, so -entfhrt zu werden, wegen nichts, aus gar keinem andern Grunde als wegen -der Gre des Himmels; so entfhrt zu werden, weil der Raum gro ist und -nicht endet! Weil die Sehnsucht gro ist und nicht endet. Sanfter -Himmel, meine Seele ist friedlich wie meine Augen. Aber warum blickt ihr -bis hinter den Horizont, friedliche Augen? Warum, friedlichste Seele, -findest du immer die dmonische Tugend der Unrast in dir? Wie hoch -segeln die Wolken, schwindlig hoch, -- du mchtest sagen, bis am Tore -der Sonne hin. - -Puerta del Sol. Jezek sah sich um. Der Mensch, den er gefunden hatte, -war wieder eingeschlafen, und sein Antlitz erschien unklar und zerqult, -friedlich und weit. -- Da stand Jezek auf, um ihn nicht zu wecken, und -ging durch den warmen Wald, zerstreut, ohne Frage und wie gesttigt. Ihm -war, als htte er die Historie eines Lebens vernommen, eine wenig klare, -aber nahe Geschichte, unzusammenhngend, aber nichtsdestoweniger eine -Geschichte. -- Ihm war, als htte er die Historie eines Lebens vernommen -und begnne schon sie zu vergessen. - - - - - VERLORENER WEG - - -Aber wir haben ja den Weg verloren! - -Augenscheinlich. - -Wohin sind wir geraten? Sehen Sie etwas? Wo ist die Allee? - -Ich wei nicht. - -Wo sind wir? Sahen Sie jemals, da hier ein Heidefeld wre? - -Nein. - -Aber wie konnten wir nur die Landstrae verlieren? Wir htten ja ber -den Graben gemut -- -- Hren Sie, sind wir nicht vielleicht ber den -Graben gegangen? - -Ich wei nicht. - -Das ist absurd. Die Strae kann doch nicht unter den Fen verloren -gehn. Wo sind Sie? - -Ich hab' mich gesetzt. - -Auf dem Weg geht man doch anders als im Gras. Hart und laut. Geradeso -wie ich uns auf der Landstrae gehen gehrt. - -Das waren Sie, der so lrmend ging. - -Um so eher! Es ist doch geradezu undenkbar ... Das ist das -Sonderbarste, was ich je -- -- Mensch, schlafen Sie nicht! - -Ich schlafe nicht. - -Wo sind wir eigentlich? - -Es war eine dunkle und fast sternlose Nacht; nur etwas lichtes Gestein -auf der Erde und kleine, aufrechte Wacholderstrucher, winzigen reglosen -Gestalten gleichend; von fern der Ruf eines Kuzchens nur drehte die -unbekannte Weite in die stockende Finsternis her. - -Lachen Sie mich nicht aus, sagte der stehende Mann, aber mir gefllt -das nicht. Wir haben berhaupt die Richtung verloren. Wir mssen auf -irgendeinen Weg gelangen, wohin immer er fhre; ein Weg zeigt wenigstens -vorwrts, aber das Unwegsame schweigt. Das Unwegsame schmeckt -gleichsam nach Unendlichkeit; sie ist hier um uns herum auf allen -Seiten; hren Sie, das ist eine unmgliche Lage. - -Setzen Sie sich, sagte der andere. - -Ich will nicht. Ich setze mich erst irgendwo am Weg, mitten zwischen -die rechte und linke Hand, damit ich wei, wo ich bin. Wer auf dem Wege -geht, dem ist die Welt rechts und links eine Kulisse ohne Bedeutung und -die Wnde eines langen Ganges; aber das Weglose ist wie der Gipfel eines -Berges; zu sehr im All; zu offen nach allen Seiten. Gehn wir von hier! - -Warten Sie noch, ich kann nicht. - -Ist Ihnen etwas geschehn? - -Ich kann nicht. Ja, mir ist etwas geschehn. Ich bin auf etwas gekommen, -gerade als wir irrezugehn begannen. Vielleicht genau in jenem -Augenblick. - -Wo war das? - -Ich wei nicht. Ganz pltzlich tauchte es vor mir auf. Ich hatte schon -seit Jahren nicht mehr daran gedacht, und jetzt kam es von selbst. -Vielleicht gerade deshalb, weil wir auf einmal den Weg verloren. - -Irgendeine Erinnerung? - -Erinnerung, nein. Eine Lsung. Eine Antwort. Etwas, was ich das ganze -Leben lang gesucht habe, selbst wenn ich nicht daran dachte. O Gott, ist -das furchtbar kompliziert! Dadurch ndert sich mein ganzes Leben -- -- -Alles hngt zusammen. Begreifen Sie das? - -Durchaus nicht. - -Ich auch nicht. Offenbar mute ich vom Weg abkommen, um darauf zu -kommen. Von Allem abkommen, was dir bekannt ist! Darum gingen sie in die -Wste! Aber verlasse dein Haus und deine Familie; deine Logik ist aus -Gewohnheiten gewebt und deine Wege aus tausenderlei vergangenen -Schritten; darum komme ab von Allem und beginne zu irren, um im -Unbekannten zu suchen. Dich selbst findest du dann in dem, was das -Seltsamste und Ungewohnteste ist. - -Das sagen Sie mir? - -Das sage ich mir selbst, weil ich es gefunden habe. Dich selbst hast du -gefunden und kannst dich nicht erkennen; und doch ist es das einzige, -was du je gesucht hast. Mein Gott, so viele Jahre! Und pltzlich diese -Lsung: dir kommt das freudige und wortlose Gefhl, da es da ist; das, -was noch kein Gedanke ist, sondern nur eine blendende Weile und -wunderbare Gewiheit. Hren Sie, mein Leben verndert sich -wahrscheinlich, vielleicht gehen unsere Wege auseinander; aber ich bin -froh, da ich diesen Augenblick mit Ihnen erlebt habe. - -Wenn Sie mir wenigstens sagen wrden -- - -Ich kann nicht. Jetzt kann ich noch nichts unterscheiden. Die Wahrheit -mut du genieen wie ein Gefhl, bevor sie dir zum Wort wird. Du mut in -sie hineingeraten wie in einen Raum, der nirgendwohin fhrt, sondern -nach allen Seiten sich ffnet; denn dein Nachsinnen ist nur ein Weg in -einer Richtung, wie ein Gang zwischen Mauern. Dein Denken geht nur -vorwrts auf irgendeinem der vielen Wege: aber die einzige Wahrheit geht -nirgendwohin und zielt nirgendwohin, sondern besteht wie die -Ausdehnung. - -Der stehende Mann schwieg und horchte gespannt in die Ferne. In der -tausendfachen Stille der Nacht, schien es ihm, entfaltete sich irgendwo -ein winziger, klangloser Rhythmus. Er schien von der Tiefe der Stille -berschwemmt zu sein, aber er war da und brach sich unaufhaltsam Bahn. -Menschenschritte! ferne Schlge auf hartem Weg. Der stehende Mann atmete -auf. - -Dort also ist die Landstrae, sagte er und wunderte sich pltzlich -ber seine Stimme; um soviel klarer und farbiger klang sie als zuvor. - -Der sitzende Mann erwachte gleichsam. Was? Die Strae? Sie gehen schon -nach Hause? - -Sie wollen vielleicht hier bleiben? - -Ja, ich erklre es Ihnen dann. Es ist malos kompliziert. Warten Sie -noch! - -Erklren Sie es mir lieber unterwegs. - -Wenn ich mir das notieren knnte! Was mir alles einfllt! O Gott, wie -zahllos! - -Notieren Sie sich's zu Hause. Ich begleite Sie schon. - -Ich danke Ihnen. Wo sind wir? - -Ich wei nicht, kommen Sie nur. Geben Sie acht, hier ist eine -Schlucht! - -Ich sehe nichts. - -Reichen Sie mir die Hand. Christus, wie sind wir eigentlich -hiehergeraten? Achtung! - -Warten Sie, hier kann ich nicht ... Gehn wir zurck! - -Das geht nicht, der Weg ist vor uns. Wo stecken Sie? - -Hier oben. Und Sie? - -Im Wasser. Bleiben Sie dort, ach! Ist Ihnen etwas geschehn? - -Nein, danke. Wenn ich nur unten bin. - -Jetzt folgen Sie mir. So! - -Und die beiden Mnner stolperten den Hang empor und wieder hinunter; es -war ein mhseliger, zerfurchter Boden, wo sie mit tausendfacher Vorsicht -gehen muten; es gab Gestruch da, durch das sie sich hindurcharbeiten -muten; es waren breite, bebaute Ackerfelder da, ber welche sie -rcksichtslos wie Eber dahinfuhren. Endlich ein Graben und die -Landstrae. - -Und nun sagen Sie mir, rief der, welcher vorausging, wie konnten wir -berhaupt dort hinauf gelangen? - -Ich wei nicht, sagte der andere etwas bedrckt, es ist wirklich -seltsam. Ich mte es mir berlegen ... Ich habe jetzt so viel -nachzudenken! - -Sagen Sie mir nun, worauf Sie gekommen sind? - -Ja. Es ist sonderbar mit diesem Verirren! Gewi fand ich es gerade in -dem Augenblick, als wir den Weg verloren. Wr' ich schon zu Hause! - -Wovon handelt es? - -Von der Seele ... - -Nun schritten beide rasch und schweigend aus; sie kamen durch einen Wald -und durchliefen ein Dorf; einige Fenster leuchteten menschlich in der -tiefen Finsternis; und wieder tat sich eine weite und ferne Heide auf. - -Was wollen Sie also sagen? - -Wovon? - -Von dem, worauf Sie dort oben gekommen sind -- von der Seele. - -Ach ja, Sie haben recht. Sagte ich, von der Seele? Eigentlich war es -nicht blo das ... - -Hren Sie, sagte nach einer recht langen Weile sein Gefhrte, wie ist -es also mit dieser Seele? Sie sind schrecklich zerstreut. - -Ich? Im Gegenteil. Ich dachte gerade darber nach. Ist es nicht -merkwrdig, da sich der Mensch im Wesen nicht kennt? - -Und Ihre Lsung? - -Was fr eine Lsung? Das ist auf ewig nur ein Problem. - -Aber Sie hatten irgendeine Lsung. - -Das war bestimmt nicht von der Seele. Das waren eher andere Fragen, vom -Leben berhaupt ... Ich dachte soeben darber nach, womit zu beginnen. - -Mit dem, was Ihnen zuerst aufblitzte. - -Zuerst? Das war nur eine Ahnung ... Es ist hchst schwierig zu -formulieren. -- Ich wei wirklich nicht, was mir zuerst aufblitzte. Es -kam das alles so auf einmal! - -Also beginnen Sie womit immer. - -Das geht nicht. Alles war ein Ganzes ... Ja, das alles hing zusammen. -Knnte ich es nur umfassen! - -Sie werden es mir ein andermal sagen? - -Nein, lieber gleich jetzt. Nur, bis ich es ein wenig geordnet habe. -Aber mich strt es, wie laut wir gehen. - -Setzen wir uns also. - -Ja, ich danke Ihnen. Vor allem bedenken Sie ... So klar leuchtete es -mir ein ... Zunchst folgt daraus, wie elend und sinnlos alles war, was -ich bis jetzt gelebt. Pltzlich durchdrang es mich wie ein Messer; ich -entsetzte mich vor mir selbst und begriff, da ich so viele Jahre, o -Gott, nur einen unaussprechlichen und ungeahnten Schmerz gelebt habe. So -viele Jahre! Dies also blitzte in mir auf, was ich war und wie ich -unbewut gelitten; und alles war vergeblich und irrig, und eng wie ein -Kerker; und mir war furchtbar zumute, wenn mein ganzes Leben sich mir -als ein gefundener Fehler erwies. Ach, Vieles erklre ich Ihnen noch -nher. Aber zweitens, warten Sie, zweitens -- - -Was ist zweitens? fragte nach einer Weile der Gefhrte. - -Warten Sie, es war doch etwas von der Seele darin, aber jetzt wei ich -nicht. -- Ja, es war etwas Unermeliches von der Seele. Gott, was war es -eigentlich? - -In welchem Sinne von der Seele? - -Ich wei nicht, es waren berhaupt keine Worte, es war nur eine -Gewiheit -- -- es ist so flchtig! - -Besinnen Sie sich doch! - -Ja, gleich. Etwas von der Seele? Was war es? - -Denken Sie nur nach, ich warte. - -Ich danke Ihnen. Gleich werde ich es haben. - -Die Nachtzeit lag unbewegt auf den schwarzen und formlosen Dingen. Und -siehe, da geht der erste morgendliche Mensch ber die leere Landstrae. -Ist das nicht der Schrei eines Hahns im Dorfe? Hat sich die Nacht nicht -in ihrem stillen Innern gerhrt? - -Haben Sie es gefunden? - -Ach gleich, nur noch etwas -- - -Am Horizonte dmmerte es schwach. Die Erde und ihre Dinge nahmen eine -khle, schemenhafte Blsse an; stndig ausgebleichter und schrfer hoben -sie sich empor, und es ward Licht. - -Also was haben Sie gefunden? - -Ich wei nicht ... Es ist mir entglitten. Alles habe ich verloren, und -ich werde es niemals mehr wissen. - -Und berhaupt nichts, vollkommen nichts ist Ihnen davon geblieben? - -Vollkommen nichts; nur das, was mir auf ewig klar geworden ber mein -Leben. - - - - - DIE AUFSCHRIFT - - -Ein Weilchen verschnaufend stand Kvcala an der Tr und freute sich: -Matys ist krank, er wird Freude haben, da ich gekommen bin: ich werde -ihm ein wenig vorplaudern am Bett, um ihn zu zerstreuen. - -Die Glocke ertnte so abgerissen, da es Kvcala qulend beklemmte; ihm -war, als ob sich der Klang drinnen so aufgescheucht und blind einen Weg -bahne durch die allzuabgestandene Stille, und er lauschte mit der Hand -an der Glocke. Es kam das alte Mtterchen in Hausschuhen ffnen und bat -ihn flsternd einzutreten. Kvcala ging auf den Spitzen, er wute selbst -nicht warum; durch die offene Tr sah er Matys mit dem Gesicht zur Wand -im Bett liegen, wie wenn er schliefe. - -Wer ist das? fragte der Kranke gleichgltig. - -Der Herr Kvcala, flsterte die alte Frau und entfernte sich. - -Matys wandte sich mit aufgeheiterten Augen dem Freunde zu. - -Das ist brav von Ihnen. Oh, es ist nichts; nur eine -Brustfellentzndung, irgendein Exsudat ... In vierzehn Tagen werde ich -gehen. - -Kvcala lchelte gezwungen. Ihm war schwl in dem heien Zimmer, wo er -den schwachen und faden Geruch von Umschlgen, Urin, Tee und Eiern -sprte. Ihn rhrte das unrasierte Kinn des Matys und seine strahlenden -Augen; er bedauerte, da er vergessen hatte, eine kalte Orange oder ein -nasses Struchen mitzubringen, um sie auf das Nachttischchen zwischen -die zerknllten Taschentcher, Speisereste und ungelesenen Bcher zu -legen. Im ganzen bermannte ihn eine matte belkeit. - -Er bemhte sich zu plaudern; er erzhlte irgendwelche Neuigkeit und -rgerte sich ber seine fremde, gleichsam belegte Stimme; er fhlte die -Augen des Kranken aufmerksam und doch entfernt auf sich geheftet; und da -verschluckte er seine Neuigkeit und sehnte sich zu verschwinden. - -Matys erkundigte sich nach Bekannten; aber Kvcala sprte die besondere -Rcksichtnahme des Kranken auf die Gesunden heraus und antwortete immer -schwerer. Schlielich war alles erschpft. Wenigstens das Fenster -ffnen! Horchen, was drauen geschieht! Nur einen Teil seiner selbst -dorthin bertragen! Verdrossen wich Kvcala den starren und abwesenden -Blicken des Freundes aus; seine Augen wichen dem heien und -zerdrckten Bette aus; er wich der eingetrockneten Hlichkeit des -Nachttischchens aus; und heftete den Blick auf das Fenster, das blasse -halbundurchsichtige Fenster, das Fenster, welches ins Freie fhrt. - -Schauen Sie her, sagte pltzlich der Kranke und wies mit dem Finger -auf die Wand zu Hupten des Bettes. - -Kvcala beugte sich vor; an die Wand war grau und verwischt und zweimal -unterstrichen mit Bleistift das Wort _zurck_ geschrieben. Zurck, -las Kvcala. - -Was sagen Sie dazu? fragte Matys still. - -Jemand hat es hingeschrieben. Es steht offenbar schon viele Jahre -dort. - -Wieviel Jahre denken Sie? - -Ich wei nicht. Vielleicht fnf oder zehn -- Wann wurde hier das -letztemal gemalt? - -Ich habe die Mutter gefragt, sagte Matys und schaute zu der trben -Zimmerdecke empor. Vor mehr als zehn Jahren. Ich wollte es niemals -erlauben. - -Kvcala lie seine Blicke hastig zum Fenster zurckkehren. - -Sehen Sie nur her, ntigte der Kranke, fllt Ihnen nichts auf? - -Kvcala neigte sich wieder ber das Bett. Es ist von einer Mnnerhand -geschrieben. Jemand schrieb es in Aufregung und ungeduldig, so da hier -der Graphit abgebrochen ist. Er hat geradezu in die Wand geritzt. Und im -Dunkeln. Dieses Hkchen ist ein wenig seltsam ... Diese langen Striche -auf dem u und sehen irgendwie entschlossen aus. - -Zurck, wiederholte Matys. Wissen Sie nicht, was wohl damit gemeint -ist? - -Gott wei, vielleicht irgendein Entschlu. Vielleicht, etwas -zurckzugeben. - -Oder selber zu etwas zurckzukehren? - -Mglich. Warum fragen Sie? - -Nur so. Ich berlege, weshalb es hier geschrieben steht. - -Jemand hatte wohl einen Einfall oder eine Eingebung -- Er schrieb es -sich blo als Leitwort auf, um nicht daran zu vergessen. Weshalb -interessiert es Sie so? - -Weil es mit meiner Schrift geschrieben ist. Ich habe es offenbar selbst -geschrieben, aber jetzt wei ich berhaupt nichts mehr und kann mich -nicht entsinnen, wann und warum. Andauernd berdenke ich, was das -bedeuten sollte. - -Jetzt bedeutet es nichts mehr. - -Jetzt nicht, aber damals. Ich fand es hier whrend der Krankheit. Nie -zuvor hatte ich es beachtet, bis jetzt. Und so sinne ich aus Langweile -nach -- - -Worber? fuhr Kvcala nach einer Weile auf. - -Nie habe ich an die vergangenen Jahre gedacht, sagte Matys mit -geschlossenen Augen. Wozu auch? Alles Vergangene ist so -selbstverstndlich. Der Mensch gewhnt sich an die vergangenen Dinge. -Alle dnken ihm bekannt. -- Aber jetzt wei ich nicht, zu was ich mich -damals entschlossen habe; ich wei nicht, zu was ich zurckwollte und -weshalb es mir so unertrglich war, und wei nicht, wann es berhaupt -war. Niemals wird es mir klar werden ... berrascht und beunruhigt Sie -nicht manchmal etwas Vergangenes? - -Nein, sagte Kvcala aufrichtig. - -Der Kranke bewegte ungeduldig die Schultern und schwieg. Ich wei -nicht, wann und warum ich es geschrieben habe, begann er; aber mir -sind viele Augenblicke eingefallen, in denen mir dies Wort als Erlsung -erscheinen konnte, und ich finde stndig neue Augenblicke, wo ich es -htte schreiben knnen. Oder lieber erfllen. - -Wie erfllen? - -Ich wei nicht. Schon lange sinne ich darber nach, wie es sich -erfllen liee. Zurck, ja zurck, aber zu was? Ich liege da und -erinnere mich an allerlei: zu was von alledem zurckzukehren? Ich kann -mich vieles Schnen entsinnen. Vieles tut mir leid. Manche Liebe. Hie -und da leuchtet ein alter Gedanke auf. Und viel, unzhlig viel habe ich -vergessen, und daran denke ich am meisten. Es gibt furchtbar viele -vergangene Dinge. Die Vergangenheit ist schwindelerregend. - -Kvcala seufzte; ihm ward immer schwler. Ach, die Gasse hinter dem -Fenster! Licht, Raum! Schnelligkeit und Bewegung dort drauen! - -Die Vergangenheit ist nicht so selbstverstndlich, wie ich's mir -dachte, sagte Matys wie fr sich selbst. Sie ist unermelich unklar. -Zeitweilig geschahen merkwrdige und unmgliche Dinge. Mir ist als -stnde ich am Rande einer halb unbekannten Welt; etwas habe ich schon -entdeckt, aber der Rest geht unendlich weiter und breiter, als ich -geahnt. Ich hatte keine Vorstellung davon ... Das ist ein barmherziger -Irrtum, da uns die eigene Vergangenheit bekannt erscheint; wir kennen -nur etwas, aber alles brige ... Das Meiste sollten wir _erst erleben_! - -Kvcala horchte: Drauen klingelt der Tramway, die Schritte vermehren -sich, breit schttet sich Wagenrasseln hin; dnn und klar flog ein -Kinderschrei auf. Aber hierher kommen nur die Schatten der unstofflich -durch das Glas hindurchgegangenen Laute; sie sind alles Nahen und -Wirklichen beraubt; entfremdet den Lauten, die von auen her an das -Fenster sich pressen; mit der Stille vermengt. - -Es ist still hier, sagte der Kranke, und die Zeit ist lang. Ich denke -an vergangene Dinge. Sie htten noch nicht entschwinden sollen. Und -woran ich immer nur denke, nichts htte noch schwinden sollen. Ich mte -es erst erleben, aufmerksam verweilend -- selbst die schlimmsten -Augenblicke. So als htte ich sie alle zwischen den Fingern entgleiten -lassen, noch unwissend wie sie sind: und beraus seltene darunter -- - -Sie sind hier zu sehr allein, sagte Kvcala. - -Ja. Und in vierzehn Tagen stehe ich wieder auf und erinnere mich -vielleicht nicht mehr, da ich einmal >zurck< geschrieben habe. Aber -jetzt ist es da als Aufschrift an irgendeiner Wand. Zurck! Alles -Vergangene ist nur ein Stichwort; alles ist unvollendet geblieben, -angedeutet als Anfang und Ahnung ... Zurck! Vielleicht fhlt es ein -jeder einmal und mchte zurckkehren, so als wre es nach Hause -- -zurck! Es ist nicht, ach es ist nicht Rckkehr zu seinen Anfngen, -- -zu den ersten Schritten; aber zurck zu den Enden, zur Aussprache und -Beendung seiner selbst, zu den letzten Schritten ... Unmgliche -Rckkehr! Niemals zurck! - -Kvcala erhob sich. In vierzehn Tagen, lchelte Matys. Entschuldigen -Sie, eine Woche schon hab' ich mit niemandem geredet. Gren Sie alle. -Seine Hand war hei und trocken. Oh, hinaus! Lautere Khle, Gasse, -Menschen, Menschen -- und vorwrts in diesem allen! - - - - - DIE VERSUCHUNG - - -Lange schon ging Ruzicka wie in Nebel herum. Er wehrte sich hartnckig -dagegen und ersann ohne Ende Grnde fr und gegen, bewies sich etwas, -rgerte sich. Hart kmpfte er um Sammlung und sehnte sich zugleich: sich -endlich ohne Gedanken und Richtung entfhren zu lassen. -- So wie ein -schwarzer Pfahl am Teiche im Nebel, dachte er; ber dem Wasser schreit -die Mwe und lt sich herab, um die Flche in die Klauen zu ergreifen; -das Wasser erbebt, und die Mwe entflieht wie ein Gassenjunge; erst Gott -wei, wo sie auflachen wird ... - -Ruzicka blieb stehen: Reise ich oder bleibe ich? -- Alle Grnde starben -ab und er vermochte sich ihrer nicht mehr zu bemchtigen; alle starben -ab und wurden starr und er konnte sich ihrer nicht mehr entledigen. -Grnde, die ihn nicht mehr freuten. Sie waren in diesem engen Zimmer -verwelkt. In dem Zimmer, das ihn nicht mehr freute. Grnde dafr, da er -blieb und nicht verreiste und nicht diese paar Chancen berflssig -verwarf. Ruhe, Beruf, Gewohnheiten, Lampe, Bett, Lehnstuhl -- mehr -brauche ich ja nicht, sagte er sich; ich bleibe und erflle dies alles -mit der Wahrheit des Lebens. Mein Platz ist schmal, aber ich kann ihn -vertiefen. Ach, auf immer bleiben! - -Oder fortgehn, sagte er sich beklommen; sich von neuem versuchen und in -die Welt schleudern wie ein Stein ins Wasser ... Mte man sich nur -nicht entschlieen! Knnte ich mich, ohne zu wissen wie, irgendwo in der -Welt finden und nichts haben als vor mir den Tag, o Gott! was wre das -fr ein Tag! Es geschehe mir als Schicksal oder Zufall, -- ich nehme -alles an; aber selbst wollen ist furchtbar. - --- Reise ich oder bleibe ich? - -Ich gehe aus, entschlo er sich endlich (wenigstens etwas tun! was -immer!), ein bichen hinaus, zgerte er bei der Tre, den Abend -genieen, ntigte er sich; aber bleib, sprechen Lampe, Bett, -Lehnstuhl, Langweile, wozu gehn? Gehn ist so anstrengend; Bleiben so -einfach; Gehn so verzweifelt; Bleiben so verzweifelt; bleib! Nein, -heute nicht, entschied er sich mit Gewalt, und ging. Bleib, sprechen -die entflammten Gassen, wir stren dich nicht mehr; du hast uns so oft -durchmessen, da du uns nicht mehr siehst. Auch ihr seht mich gar -nicht, wandte er ein, und eure Fenster blinken mir nicht mitrauisch zu -wie ein Blick, lchelnd wie ein Blick, durchsichtig wie ein Blick des -Zufalls. Ich gehe tglich hier: wir sind einander fremd geworden. Ja, -nach so vielen Jahren! - -Ruzicka nahm, sich zerstreut erholend, Zuflucht zu einem Kaffeehaus, -froh, da er so verloren war in der Zersplitterung von Lichtern und -Stimmen, da er sich selber entschwand in der Menge, da die Spiegel -strahlten und die Glser klirrten; er schrieb mit dem Finger ein -Fragezeichen auf den Tisch und entdeckte in der Marmorplatte -interessante Adergnge, ein Zufallsnetz, zahllose Bahnen ohne Ziel. -- -Verreise ich oder bleibe ich? Augen! wer sieht mich da an? - -Mdchen, lachte sein Blick, was willst du von mir? Glatte Augen glitten -ab, flchteten hinter die Lider und blickten s, dunkel nirgendwohin. -Nichts, blasses Gesichtchen unter schwarzem Htchen, Spielzeug aus -Elfenbein, die jungen Hnde spielen auf dem Schoe mit nichts. Das groe -Schwarze ist die Mama und besieht die Modebltter. Die grauen Augen -fliegen verstohlen herber, fliehen, bleiben nicht da; anmutig sind die -Lider der Augen, gesenkte Lider, anmutige Trauer, Liebe und Musik, -Abend, Frage und nichts, lieblich der Augen Blick, Freude, Kleider, -Musik und Frage, liebliches Lieben, lieblicher Frhling, Veilchen auf -der Strae, rosige Blte, rosiges Lcheln, lieblicher Blick, und in die -Augen! gerade in die Augen, stark und direkt, kurz und fragend -lieblicher Blick! Die glatten Wangen sind rosig erglht. Schn sind -weie und errtete Wangen; schn und traurig die Haare; traurig und -schlank die Hnde im Scho, auf schwarzem Trauerrock. - -Genug, baten die grauen Augen, soviel Lob, mein Gott, -- wohin soll -ich jetzt mit den Augen, mit Lidern und Hnden? Sehen Sie mich nicht an, -ich lasse das Glas fallen; um keinen Preis sehe ich Sie mehr an. - -Schlanke Hnde, dachte er gerhrt, wie einer Geigerin Hnde; ach, welch -ein Tremolo, gegenstandsloses Weinen, Lied, welches endet und nicht; ob -ich es jemals vernehme, dies bange und feine Lied? Diese feine, kindlich -rauhe Stimme? - -Gott, das nicht! Was wrde ich Ihnen sagen? Ich kann nicht bis fnf -zhlen. Wer sind Sie? Warum schauen Sie so? Warum schauen Sie nicht? - -Wenn ich sehe, denke ich an die Leute ringsum, an Sie, an Ihren Atem, -an die Liebe, an alles, was ich dir sagen mchte, -- ich wei nicht, -woran ich denke, wenn ich schaue; aber wenn ich nicht schaue, denke ich -an Sie, an alles, was ich nicht sehe, an mich selbst, an den glcklichen -Zufall, und hauptschlich an dich. - -Hren Sie auf! Hren Sie auf! - --- Drben haben neue Menschen sich gesetzt, und in ihrer Mitte -- - -Ach sehen Sie doch, riefen die grauen Augen aus, wie schn sie ist! - --- ja, schn, tatschlich schn, o Mdchen, wie gro und schn! Warum -ist sie gekommen, wen sucht sie mit den dunklen Augen! Ach, wer ertrge -der Schnheit vernichtenden Blick? Wie erbebte er nicht in Verwirrung -und Schrecken, wie schlge er nicht nieder die Augen? Wehe, da sie ihn -angeblickt! - -Langsam, ohne Unsicherheit hefteten sich die groen schwarzen Blicke der -neu angekommenen Frau auf sein Gesicht. Da stockte sein Herz vor -Erstaunen und schwieg. - -Ich bin schn. So viele sind mir untertan. Sieh. - -Ich verreise, entgegnete er finster. - -Bleib. Ich bin schn. Du begegnest mir auf den Straen, in den Basaren -und auf Festen. Suche mich in den Logen der Theater. Du wirst mir -begegnen, wenn du willst. Wir knnen einander kennen lernen und -- wer -wei? - -Ich reise, wiederholte er hartnckig. - -Bleib. Ich habe so wenig Unterhaltung, so wenig. Ich bin so schn. Du -wirst mich oft sehn, tglich, wenn du willst, und so nahe! Bleib! - -Nein, sagte er mit brennender Pein, ich reise; ich verreise und kehre -wieder mit Lippen, bitter von Meer und Fremde; ich kehre mit anderer -Seele zurck. Mit einer Seele ohne Staunen und Beben; mit einer rauhen, -mutigen, wilden und schamlosen Seele; mit einer unruhigen und grausamen -Seele; mit einer Seele fr dich. Aber dann! Da diese herrlichsten Augen -weinen! Da die Schnheit erbebe! Da ich schlimmer sei als du! Da du -mich liebest. Da sich das Schicksal erflle. Da ich Gott nicht -frchte. Da ich dir gleichkomme. Nichts ist furchtbarer als Schnheit -und Mut. - -Die schwarzen Pupillen wandten sich ab und zauberten weich ins -Unendliche. - -Sei es, fhlte er, geschehe mir dies als ein Schicksal. Ich gehe hinweg, -um zu wagen. - -Bleiben Sie, sprachen verloren die grauen Augen, ach, bleiben Sie! -Ich kme knftigen Samstag wieder her. Manchmal begegne ich Ihnen. Ich -laufe nicht weg, selbst wenn Sie mich anreden. Warum wollen Sie nicht -bleiben? - -Ach, Mdchen, weinte sein Herz in sinnlicher Zrtlichkeit, ich mchte -bleiben; wie mchte ich nicht bleiben wollen? Aber gerade du hast mich -an einen Tag in der Fremde erinnert, eines unglcklichen Menschen in der -Fremde, ich wei nicht warum so unglcklich und so verloren; du hast -mich erinnert an glcklichen Zufall, Lcheln, freundliches Wort in -fremder Zunge und lieblichen Blick, der nicht mehr wiederkehrt: die -Freude, wenn du wtest, und der herrliche Tag in der Fremde! Nichts ist -schner als Liebe und glcklicher Zufall, nichts vergleicht sich einer -guten Begegnung, die nicht wiederkehrt. Ich wrde bleiben: aber du hast -in mir die ewige Sehnsucht nach dem Zufall erweckt. - - - - - SPIEGELUNG - - -Achtung! rief Lhota dem unbekannten Fischer zu, er schnappt! - -Ach, ich danke Ihnen, entgegnete der Angeredete freundlich, wollen -Sie sich ihn nicht herausziehn? - -Lhota glitt rasch den Damm hinunter und ergriff die Rute. Die Angel war -leer; und als Lhota das Haar heranzog, entdeckte er an dem Angelhaken -festgebunden eine rote Schnur. - -Das da geben Sie statt des Wurms? fragte er mimutig. - -Ja, sagte der Fischer mit schchternem Lcheln. - -Haben Sie schon etwas gefangen? - -Niemals. - -Lhota blieb auf dem Damme sitzen, unschlssig ob er lachen oder zrnen -solle. Wie ist das mglich, dachte er, wie ist es berhaupt mglich, so -Fische zu fangen? - -Ich angle nmlich nicht, uerte der Fischer, ich sitze nur mit der -Rute so da, damit die Leute nicht ber mich lachen, wenn sie mich hier -sehn. - -Sie sind ein Hiesiger? - -Ich wohne in dem Huschen hinter uns. Schon viele Jahre gehe ich her, -weil es mir hier gefllt. Und angle nicht. - -Lhota blickte in die groen, hellen Augen des Fischers. Sie sind krank, -nicht? - -Ich kann nicht gehn. Schon seit Jahren. Viele Jahre bin ich nicht -weiter gewesen als hier. -- Aber hier ist es schn. - -Tatschlich, sagte Lhota unsicher. Unabsehbar zogen sich die kahlen -Dmme hin, und zwischen ihnen strmte der breite, graue Flu. - -Sie sollten bei Sonnenuntergang hier sein, sagte der Kranke, oder am -Morgen. Ich sitze seit frh hier, und niemals ist mir langweilig oder -leer zumute; wenn ich dann abends heimkomme, schlafe ich ohne Traum, -Nacht fr Nacht schlafe ich herrlich und ohne Traum. Erst im Winter -- - -Was im Winter? - -Nichts, die Trume. Im Winter kann ich nicht, und ich schlafe bei Tag -und bei Nacht, ohne Rast, bis ich vor Mdigkeit nicht mehr schlafen -kann. Aber im Sommer bin ich tglich da. - -Lhota blickte sinnend in das Wasser: Es strmte breit und unfrmig -dahin, rieb sich mit der unendlichen Flanke an dem Gestein; gewellt, -gekruselt, bewegt, da ihm die Augen bergingen. Und es war schon kein -flieender Flu mehr; nur ein Rauschen, das nicht verharrt, sondern ohne -Ende verluft und entschwindet; ein Vorbei ohne Grenzen, ohn Ende -Vergehen von Allem -- - -Auch im Winter trume ich nur vom Wasser, sagte der Kranke. Es ist -der einzige Traum, den ich ganze Tage und Nchte und ganze Monate -trume, nur dann unterbrochen, wenn ich aus dem Schlafe auffahre. Erst -im Sommer vergeht er, wenn ich das wirkliche Wasser sehe. - -Lhota schlo in schwachem Schwindel die Augen. Ich mchte nicht von -strmendem Wasser trumen. - -Nein, das strmt berhaupt nicht, sagte der Kranke. Mir trumt nicht -von wirklichem Wasser. Es ist das ein groer Flu, der ohne Regung -steht, und auf ihm schwimmen Reflexe. Sie eilen auf ihm dahin wie jene -Bltter, welche von der Strmung mitgerissen werden. - -Was fr Reflexe? - -Gespiegelte Dinge. Ufer, die sich in der Flche reflektieren. Sie -gleiten ber das Wasser hin, rasch wie diese Wellen und kruseln es -nicht. Vielleicht kommen sie bis vom Gebirge her. Es sind groe Bume, -die sich still und mit der Krone abwrts zu neigen, als hingen sie in -einen grundlosen Himmel hinein. Auch der Himmel gleitet auf diesem -reglosen Flusse mit Sonne und Wolken und Sternen dahin. Ich sah die -Reflexe von Bergen und Drfern am Fluufer mitsamt den Menschen -dahinschwimmen. Ein andermal ist es ein weies einsames Haus oder ein -erleuchtetes Fenster. - -Das ist ein absurder Traum, sagte Lhota. - -Ein furchtbarer. Manchmal segelt eine gespiegelte Stadt und Quais mit -flammenden Lichtern. Auf der Flche bebt das Laub der Bume, als wehte -der Wind, aber das Wasser kruselt sich nicht. Ein Mdchen ringt die -weien Hnde und wird weitergetragen. Und ich sehe in der Spiegelung, -als stnde jemand am andern Ufer und wollte auf mich blicken oder mir -ein Zeichen geben; aber das Bild auf dem Wasser entgleitet mitsamt der -an die Augen gelegten Hand. - -Der Kranke schwieg eine Weile. Und manchmal, begann er wieder, ist es -nur die brennende Laterne eines verlassenen Hafens am Ufer des Flusses; -sie schaukelt wie im Novemberwind, und schwimmt davon. Nichts kann -innehalten und nichts verweilt. Nichts runzelt das Wasser und nichts ist -oberhalb oder auerhalb seiner. Die Ewigkeit ist frchterlich. - -Lhota blickte schweigend in das Wasser; Welle um Welle kehrte endlos zu -dem Gestein unter seinen Fen zurck und flo wieder ab in hartnckigem -Spiel, das ihn reizte und beschwichtigte. - -Oft erwache ich, redete der Kranke, mit Schwei bedeckt und zu Tode -entsetzt; und da sage ich mir: Die Ewigkeit ist frchterlich. Welle um -Welle kommt, um am Stein zu zerbrechen; Stein um Stein wlzt sich hinab -zu den Wellen, die ihn davontragen. Aber ich habe eine Flche gesehen, -die sich an nichts bricht und nicht zerbricht. Lichter und Schatten von -Allem gleiten ber sie hin. Berge wlzen sich fort und Bume eilen von -dannen; es schwimmen Stdte und Felsen, ein Mdchen ringt vergeblich die -Hnde und Anfang und Ende der Welt gleitet vorbei wie eine Spiegelung. -Eine Flche, die niemals sich kruselt und zu kruseln vermag. Die -nichts berhrt und niemals berhren kann. Und wer hineinblickt, sieht -immer nur bloe Reflexe der Dinge fliehen, der Wirklichkeit entledigt. - -Auf dem Damm gegenber blieb ein Mann stehen und schaute eine Weile zu. -Also was, rief er endlich, schnappen sie? - -Sie schnappen nicht, erwiderte der Kranke lustig. Ich sitze gern -hier, sprach er wieder zu Lhota. Wenn ein Blatt in das Wasser fllt, -dann zittert das Wasser, und auch ich zittere, aber ohne Angst. Manchmal -bei Sonnenuntergang, da denke ich an Gott. Die Ewigkeit ist -frchterlich. - -Lhota wendete sich fragend. - -Manchmal, fuhr der Sieche fort, sah ich ein so merkwrdiges Kruseln -auf dem Wasser, da man nicht begreifen kann, woher es kommt. Manchmal -bricht sich eine Welle und erglnzt schner als die andern; und es sind -auch Erscheinungen am Himmel -- das geschieht sehr selten. Und da denke -ich mir: warum knnte das nicht Gott sein? Vielleicht ist er gerade das -Flchtigste in der Welt; vielleicht ist auch seine Wirklichkeit ein -jhes Brechen der Welle und ein Schimmer; unfabar, ausnahmsweise -erscheint er, und vergeht --. Oft habe ich darber nachgedacht; aber -sehn Sie, ich habe einen so kleinen Horizont, durch Jahre kam ich nicht -weiter als hierher. Es ist mglich, da auch unter den Menschen ein -solches Sichkruseln oder Aufblitzen sich ereignet und wieder zerbricht. -Es mu zerbrechen. Die echte Wirklichkeit mu mit dem Untergang bezahlt -werden. Ach, die Sonne versinkt schon. - -Ein barfiges Mdchen stand schweigend hinter dem kranken Herrn. Ja, -gehen wir, sagte der Sieche. Gute Nacht, Herr. Schauen Sie, jetzt, -jetzt, zeigte er auf den Flu. Nie ist es zweimal dasselbe. Gute -Nacht. - -Langsam und gleichgltig fhrte ihn das Mdchen nach Hause. Der Flu war -perlmutterlicht, wechselnd ohne Ende, und Lhota schaute leise -schwindelnd dem hartnckigen Spiel der Wellen zu. - - - - - DER WARTESAAL - - -Ich verbringe die Nacht in der Restauration, dachte Zruba, als der Zug -schon einfuhr, oder ausgestreckt irgendwo im Wartesaal; ich verschlafe -drei oder vier Stunden, und mit dem ersten Morgenzuge fahre ich weiter. -Gott, nur rasch! Noch verbleibt Hoffnung, und Alles kann gerettet -werden; ach, so viele Stunden. - -Aber die Restauration war schon geschlossen und den einzigen Warteraum -erfllte ein Soldatentransport. Sie schliefen auf Bnken und Tischen, -lagen berall auf der Erde, den Kopf auf Tischleisten, auf Spucknpfe, -auf zerknlltes Papier gebettet, das Gesicht zu Boden und gehuft wie -Hgel von Leichen. Zruba rettete sich auf den Gang; es war kalt da, und -zwei Gasflammen zitterten geqult in dem feuchten Halbdunkel, das vom -Teer und Urin der Aborte stank; einige Menschen frstelten und ghnten -auf den Bnken in der stumpfen Geduld langen Wartens. Aber es war -wenigstens ein bichen Platz da, ein bichen Platz fr einen Menschen, -wenigstens ein bichen Platz fr den stillen Schlummer eines Mden. - -Zruba fand eine Bank und lagerte sich so warm wie mglich, so fest wie -nur mglich; aus sich selbst erbaute er einen Winkel fr seinen Schlaf, -Bett, Bettleiste, Viereck, Asyl. -- Ach, die Unbequemlichkeit, fuhr er -aus dem Halbschlaf empor; wie nur die Glieder legen? Lange und -angestrengt dachte er darber nach; schlielich kam ihm der kindliche -Wunsch, zu liegen, und er streckte sich auf der Bank aus. Aber die Bank -war zu kurz. Zruba kmpfte verzweifelt mit seinem Ausma, ergrimmt ber -einen so rcksichtslosen Widerstand; schlielich lag er gleichsam -gefesselt, regungslos, knabenhaft klein, und sah auf die groen -funkelnden Kreise, die sich im Dunkeln drehen, auf die kreisenden -Scheiben. -- Ich schlafe ja schon, durchblitzte es ihn, und in diesem -Augenblicke ffnete er die Augen; da sah er den Winkel zweier Wnde -verschwimmen und ward furchtbar verwirrt: Wo bin ich denn? Was ist das -eigentlich? Entsetzt suchte er eine Orientierung, vermochte aber weder -Raum noch Richtung zu erraten; da raffte er alle Kraft zusammen und -erhob sich. Neuerlich sah er den langen und kalten Gang, aber er sah ihn -trauriger als frher, und erkannte, da er schon durchaus aus dem -Schlafe gerissen sei und er versprte den bittern Geschmack des Wachens -im Munde. - -Auf die Knie gesttzt dachte er ber seine Angelegenheit nach. Das -Letzte tun, sich fr die Rettung einzusetzen, ja, aber noch so viele -Stunden! Zerstreut blickte er auf das schmutzige Pflaster des Ganges; er -entdeckte zertretene Papiere, ekelhaften Auswurf, den Schmutz von -zahllosen Fen -- und das dort ist wie die Form eines Gesichts, Augen -aus Kot und aus Speichel der Mund, abscheulich zu lcheln bemht ... - -Angeekelt hob er den Blick empor. Dort liegt ein Soldat auf der Bank, -schlft mit hintenberhangendem Kopfe und sthnt wie ein Sterbender. -Irgendeine Frau schlft, eines Mderls Haupt im Schoe; sie hat ein -bses und armseliges Gesicht, sie schlft; aber das Mderl blickt mit -blassen Augen und flstert etwas fr sich; es hat ein langes, -vorstehendes Kinn und einen breiten Mund in mageren Bckchen, eine -kindliche Greisin mit traurigen, weiten, fliegenden Augen. -- Sieh da, -der Beleibte, wie er schlft, aufgedunsen vor Schlfrigkeit, haltlos von -der Bank fallend, erstaunt und stumpfsinnig; weiche Masse, die sich auf -den ersten Sttzpunkt herabwlzt. -- Unter einem grnen Hute blinzeln -die schwarzen muntern Augen eines jungen Mannes. Komm her, pfeift er -durch die Lcken der zerfressenen Zhne dem blaugigen Mdchen zu; -komm her, flstert er und lacht. Das Mdchen windet sich verlegen und -lchelt ein furchtbares greisenhaftes Lcheln; sie ist zahnlos. Komm -her, pfeift der Jngling und setzt sich selber zu ihr. Wie heit du? -Und streichelt ihr mit der flachen Hand die kleinen Knie. Das Mdchen -lchelt ngstlich und unschn. Der schlafende Soldat rchelt wie in der -Todesstunde. Zruba schttelte sich vor Klte und belkeit. - -Eine Stunde von Mitternacht. Die Zeit schlich qulend langsam dahin, und -Zruba fhlte sich von ihr verschleppt, gedankenlos zerzogen in -wachsender und zielloser Spannung. Gut, sagte er sich, ich schliee die -Augen und halte es so ohne Gedanken, ohne Bewegung so lang wie mglich -aus, ganze Stunden hindurch, bis sich die Zeit umwlzt. -- Und so sa er -starr da, zwang sich, mglichst lange auszuhalten; endlos stockte die -Dauer der Minuten, ein Zhlen ohne Zahlen, Verzug um Verzug. -- Endlich, -nach unberlebbarer Zeit, ffnete er die Augen. Fnf Minuten nach Eins. -Der Gang, die Papiere, das Kind, das gleiche verlegene, greisenhafte -Lachen ... Nichts hatte sich verndert. Alles war zu unfortschreitender, -bleibend naher Gegenwart erstarrt. - -Und pltzlich entdeckte Zruba einen Menschen. Er sa regungslos wie er -selbst in einem Winkel und schlief nicht. Der ist wie ich, dachte -Zruba; er kann auch nicht schlafen wegen der Zeit. Woran denkt er? An -das Warten ohne Ende wie ich? Der Mensch erbebte, wie wenn ihm diese -Frage unlieb wre. Zruba blickte unwillkrlich in sein formloses -Gesicht; er gewahrte darauf eine unruhige Bewegung, wie wenn jemand eine -zudringliche Fliege verjagt. Auf einmal stand dieser Mensch auf, -berschritt auf den Spitzen den Gang und setzte sich geradezu neben ihn. - -Ihnen war es unangenehm, da ich Sie ausschaue, sagte Zruba gedmpft. - -Ja. Beide schwiegen lang. Schauen Sie, flsterte endlich der Mensch -und wies mit dem Finger auf die Erde, das da sieht aus wie ein -menschliches Gesicht. - -Ich habe schon vorhin geschaut. - -Sie haben schon geschaut, wiederholte der Mensch schwermtig, Ihnen -war also auch so -- - -Wie? - -Nichts ist schwerer als Warten, erwiderte der Mensch. - -Wie war mir? - -Schwer. Es ist schwer zu warten. Was immer auch komme, es ist Erlsung. -Warten ist schwer. - -Weshalb reden Sie davon? - -Weil es schwer ist, zu warten. Auch Sie haben Gesichter gelesen, -geschrieben in Speichel und Staub. Auch Sie haben sich geqult. Nichts -ist qualvoller als die Gegenwart. - -Warum? - -Weil Warten schwer ist. Der Mensch verstummte und blickte zu Boden. - -Wohin fahren Sie? fragte Zruba nach einer Weile. - -Ich fahre nur so, antwortete der Gefragte zerstreut, zum Vergngen. -Oft findet man nmlich schne Stdte. Sie fahren so weit, da Sie -bereits an nichts mehr denken, und auf einmal sind Sie an einer solchen -Stelle; es ist ein Bach oder Brunnen im Hain, oder Kinder, etwas -Unerwartetes und Schnes -- und da begreifen Sie berrascht, was Glck -ist. - -Was ist Glck? - -Nichts. Sie begegnen ihm einfach. Es ist, kurz gesagt, zum Verwundern. -Haben Sie je an die heidnischen Gtter gedacht? - -Nein. - -Das war so: Niemand erwartete sie, und unverhofft erblickte er sie. -Irgendwo im Wasser oder im Gebsch oder in den Flammen. Deshalb waren -sie so schn. Oh, wenn ich das ausdrcken knnte! Wenn ich es nur -ausdrcken knnte! - -Warum denken Sie an Gtter? - -Nur so. Dem Glck mu man rasch und unverhofft begegnen. Es ist solch -ein besonderer Zufall! Solch ein jhes Ereignis, da man sagen mchte: -ach, welch ein Abenteuer! Ist es Ihnen jemals begegnet? - -Es ist mir begegnet. - -Und da war Ihnen wie im Traum. Das Herrlichste ist nur ein Abenteuer. -Dort, wo die Liebe aufhrt, ein Abenteuer zu sein, wird sie eine Qual. - -Warum, warum ist das so! - -Ich wei nicht. Sie knnte nicht dauern, wenn sie keine Qual wre. -Schauen Sie, die Alten hatten einen einzigen Namen fr Glck und Zufall. -Aber es war ein Gttername. - -Fortuna, dachte Zruba beklommen. Wenn sie mir begegnete auf dieser -Reise! Aber es ist schwer, auf den Zufall zu warten! - -Warten ist schwer, begann der Mensch wieder, so schwer und qulend, -da, was immer Sie erwarten, Sie nur eines abwarten: des Wartens Ende, -Erlsung vom Warten. So schwer, da das, was Sie als Erfllung erleben -werden, weder schn noch glcklich mehr sein kann; sondern an sich -sonderbar und gleichsam traurig, schmerzlich durch all dies Warten -- -ich wei es gar nicht zu sagen. Jede Erlsung ist so: niemals ist es das -rechte Glck. - -Warum sagt er das? dachte Zruba; wie, wre ich nicht glcklich, wenn -ich die Erfllung erlebte? - -Sie haben Gott selber erwartet, fuhr der Mensch fort; ach, was fr -ein Mensch ist da gekommen, um Sie vom Warten zu erlsen? Weder Ansehen -noch Schnheit waren an ihm, der letzte der Mnner, ein Mann des -Schmerzes; unsere Gebrechen hat er getragen und unsere Schmerzen -ertragen, so als wre er gar kein Gott. - -Warum reden Sie davon? - -Warten, sehen Sie, ist schwer; selbst einen Gott zerbricht und demtigt -es. Erwarten Sie jahrelang irgendein Glck, ein groes und schnes -Ereignis; endlich kommt es, irgendwie klein und trbselig wie irgendein -Schmerz; aber Sie sagen: ja, Gott, das ist es, worauf ich so viele Jahre -gewartet habe, auf da es mich erlse! - -Was meinen Sie damit? - -Damit meine ich: Der einzige Lohn fr das Warten ist das Ende des -Wartens; und nur darum steht das Warten dafr. Darum, darum ist es -notwendig zu warten. Das ist der Sinn unseres Glaubens. - -Welchen Glaubens? - -Welchen immer, sagte der Mensch und schwieg. - -Die Leute auf dem Gange erwachten und begannen herumzugehn. Das zahnlose -Mderl war jetzt in den Armen der Mutter eingeschlafen, verloren unter -dem Shawl. Etwas Leben strmte durch den Gang; es war ziellos und -unordentlich, aber es regte sich und vermochte sich zu erhalten. - -Was haben Sie mit diesen Gttern gemeint? fragte Zruba pltzlich -laut. - -Sie waren schn, sagte der Mensch; es gengte blo Glck oder Zufall, -um sie zu erblicken und dadurch selbst ein wenig ein Gott zu werden. Ich -denke mir also: wunderlich ist das Glck, so beraus seltsam ist -Schnheit und Glck, da es nur durch Wunder und Zufall geschehen kann. -Aber wer wartet, der wartet auf etwas, das geschehen mu; etwas mu -kommen, das sein Warten beendet. Sehen Sie, jeder wartet ..., auch Sie; -wir sind vom Wege der Freude abgekommen, um groe Dinge zu erwarten. -Ach, warten ist eine groe Spannung des Lebens, fast wie der Glaube. -Aber je mehr wir warten -- -- _was immer auch komme, wir werden, wir -werden erlst werden_. Schauen Sie, es ist schon Tag. - -In den Bahnhof wlzte sich ein Menschenstrom herein mit Lachen, Husten -und Geschrei. Wie ein groer Besen fuhr der Lrm durch den Gang, fegte -die angesetzte Stille fort und blies die verstaubten Stimmen an. Die -Passagiere erhoben sich von den Bnken, schttelten die Spinnweben des -Schlummers ab und blickten einander ohne Mibehagen an, verbndet durch -die gemeinsame Nacht. Aber drauen, hinter den Fenstern, dmmerte der -Tag. - -Der Mensch, der gesprochen hatte, verlor sich Zruba zwischen den -Leuten. Eine neue Schar, Fahrkarten, Geschrei und Glockenzeichen -- der -schwarze und lrmende Zug fuhr in den Bahnhof ein, verschlang die Schar, -zischte, fauchte und fuhr dem Ziele zu. Gott, nur schnell, dachte -Zruba, noch ist nicht alles verloren: noch bleibt Hoffnung. - - - - - HILFE! - - -Er wurde gewahr, da er sich an einem weiten, mit schnen Bumen -bewachsenen Hange befand. Das ist ja Frankreich, erriet er pltzlich, -ich bin wohl in einen falschen Zug eingestiegen. Es ist wirklich ein -seltsamer Zug, -- lauter fremde Gesichter, die ber ihn lachen, als wre -er schlecht gekleidet; und der Zug fhrt wild, da die Fenster klirren. - -Broz fuhr aus dem Traum empor. Jemand klopfte ans Fenster. - -Was ist? schrie Broz mit verklebter Zunge. - -Ich bitte Sie, sagte drauen eine zitternde Frauenstimme, wenn Sie -uns rasch zu Hilfe kmen! - -Gehn Sie zum Teufel! erwiderte Broz wtend und whlte den Kopf in die -Kissen hinein. Nur den zerrissenen Faden des Traums einzufangen! den -Schlummer eben dort wieder anzuknpfen, wo er unterbrochen worden! Ein -Zug, etwas von einem Zug, zwang sich Broz; und pltzlich fiel ihm -peinlich klar ein: Ich htte fragen sollen, was ihnen geschehn ist! - -Er sprang aus dem Bett und lief das Fenster ffnen. Khl, schwarz wehte -die de Nacht herein. Wer ist da? rief er, aber nichts antwortete. Da -schttelte ihn die Klte, und er ging sich legen; in den Federbetten -fand er seine eigene trockene Wrme wieder und geno sie gierig und -unbegrenzt; wieder sanken ihm die Lider und die Glieder lockerten sich -zu einem Komma. Ach, schlafen! - -Mit weit geffneten Augen schaute Broz in die Finsternis. Wer das wohl -gewesen war? Niemand in diesem Dorf hier kmmert sich um mich. Wer hat -bei mir Hilfe gesucht? Es war eine Frauenstimme. Es war eine unsglich -schmerzliche Stimme. Vielleicht ging es ums Leben. brigens, ich bin -kein Arzt. Aber vielleicht ging es ums Leben. - -Zerqult wandte sich Broz dem Fenster zu. Es zeichnete sich wie ein -kaltblaues Rechteck in der schwarzen, raumlosen Dunkelheit ab. Nirgends -brennt es. Es ist still, nur die Uhr zu Hupten tickt spitzig. Was ist -nur geschehn? Was fr ein Unglck? Vielleicht ist es in der -Nachbarschaft; jemand stirbt; irgendwo wird ratlos mit dem schweren -Augenblick gekmpft. Ich bin schlielich kein Arzt. - -Aber das Bett knarrt und brennt ermdend. Broz setzte sich im Bette auf -und nahm gewohnheitsmig die Brille. Wodurch vermchte ich berhaupt, -berlegte er, zu helfen? Wie nur zu ntzen? Verstehe ich mich denn auf -etwas Hilfreiches? Gott, nicht einmal raten, nicht einmal trsten; nicht -einmal mit Worten vermchte ich einen Teil der Last von irgend jemandem -zu nehmen; nicht einmal durch Anteilnahme jemand zu sttzen. Ich will ja -selber nichts, als Ruhe haben; als mich der andern zu entledigen. Was -mag da geschehen sein? - -Indem fiel es ihm ein, die Lampe zu entznden. Vielleicht bemerken sie, -da ich leuchte, sagte er sich, und kommen abermals. Ich werde leuchten -wie ein Leuchtturm. Kommen sie, so frage ich, was geschehn ist; -wenigstens erkenne ich, da ich wirklich nicht habe helfen knnen. -- Im -voraus getrstet bettete sich Broz die Polster hinter den Rcken; -gespannt lauerte er, da das Pfrtchen knarren und dieselbe Frauenstimme -hinterm Fenster bitten werde. Aber der tickende Gang der Uhr qulte ihn. -Vergeblich bemhte er sich, sie zum Stehen zu bringen. Es war drei Uhr. -Auf einmal schnrte ihm ein hliches Gewicht von Unruhe und Erregung -die Brust zusammen. Niemand kam. - -Zgernd und hastig begann sich Broz anzukleiden. Sicherlich, sagte er -sich, werden sie dort leuchten, wo etwas geschehen ist, und ich werde -ans Fenster pochen. Sowieso wrde ich nicht mehr schlafen. Ich werde -dort nichts ntzen, aber -- vielleicht sind sie so ratlos -- Broz -verwirrte sich in der Hast und verfluchte leise die Schuhbnder; -schlielich gelang ihm ein ungewhnlicher Knoten, und er lief vor das -Haus hinaus. - -Es war schwarz, durchaus schwarz. Broz begab sich die Gasse hinab und -suchte ein erleuchtetes Fenster; nie zuvor hatte er ein so bis ins -Bewutlose entschlummertes Dorf gesehen, so fremd allem Wachenden, so -fremd -- nirgends waren klagende Nachtlampen, nirgends ein Lichtstreifen -hinter den Fensterscheiben. Entsetzt hielt er inne vor der Kapelle: in -den Fenstern zitterte und irrte das matte Licht einer Flamme. Die ewige -Lampe, begriff er nach einer Weile und ging weiter; aber nirgends war -beleuchtet; berall dunkel, nur etwas Blsse, von den Wnden -ausgeschwitzt --. - -Leise kehrte Broz zurck und lauschte vor den stummen Huschen. Wird -drinnen kein Jammern ertnen, wird nicht stille Ohnmacht erbeben? Wird -keine Frauenstimme weinen? Bebend sondierte Broz die verschlossenen -Rume des Schweigens; nichts, kein dichter Atem, nichts -- fliegt nicht -aus der Weite der Nacht, aus irgendeiner Ferne, von irgendeiner Seite -der Welt ein herzzerreiender Schrei um Hilfe heran? - -Wie fremd ist diese schlafende Welt, die nicht spricht! Die nicht vor -Schmerz aufschreit! Die nicht nach Erlsung ruft! Wenn jetzt der -leiseste Klageruf sich erhbe, wrde er nicht feurig nach ihm langen, -wrde er sich nicht an ihn lehnen wie an eine Sule, wrde er ihn nicht -erfassen wie ein im Dunkel entzndetes Licht ... - -Andern willst du helfen, ertnte es spttisch und klar in ihm, und -kannst dir selber nicht helfen! Aber was, dachte Broz in schmerzlichem -Erstaunen, ist dem wirklich so? Doch eher darum, ach, _gerade darum_, -weil du dir selber nicht helfen kannst -- wer sich zu helfen vermag, -wird sich selber helfen; aber du, der du dir nicht helfen kannst, hier -bist es nicht eben du ... - -Broz blieb wie geschlagen stehen. Dir selber kannst du nicht helfen? -Aber ist es denn wirklich so? Brauch ich berhaupt Hilfe ... von mir -selbst oder von irgendwem? Ist mir so schlimm? Gott, das nicht! Ich lebe -ja nach meinem Sinn und mehr will ich nicht. Nur meine Tage fr mich -allein zu verleben. Ich habe keine unerfllten Wnsche. Vielleicht habe -ich berhaupt keine Wnsche. Mir selbst kann ich nicht helfen ... Worin -auch. Nie ist es mir in den Sinn gekommen. Bleibe alles, wie es ist: Tag -um Tag, bis ins Unabsehbare. - -Tag um Tag? Broz setzte sich auf einen Eckstein und blickte unbewegt in -die Finsternis, als trumte er heimlich den unterbrochenen Traum zu -Ende; oder als trumte er ihn Tag um Tag, Monat und Jahr, bis ins -Unabsehbare. -- Nichts mehr verndert sich; was sollte sich auch ndern? -Die Ereignisse fliehen und die Jahre vergehen; aber Tag um Tag kehrt -zurck, so als geschhe berhaupt nichts. Ein Tag ist vergangen: was -liegt daran? Es wird ja derselbe Tag, derselbe Tag mir morgen kommen. -Nur wenn die Zeit vergeht! - -Und tglich kann ich mir sagen: Ich habe nichts verloren als einen Tag. -Nichts mehr als einen Tag! Warum also diese Angst? Broz rieb sich hart -die Stirn. Ich sollte mich fassen. Ich bin unausgeschlafen. Ich bin -stehengeblieben, und die Tage sind um mich gewachsen wie Mauern; Tag um -Tag haben sich glatt und schwer geschichtet wie Wnde. Schon erwache ich -allmhlich: aber wird es ein neuer und niegewesener Tag sein, den ich -ringsum finde? Oder ein Tag, zusammengesetzt aus tausend vergangenen -- -wie Mauern? Und sage ich mir wieder: das ist also wieder ein weiterer -Tag unter tausend aufgerichteten -- wie Mauern? Warum ist er geworden? -gestern war doch nur um einen weniger! Stand es dafr, wegen dieses -einen Tages zu erwachen? - -Alle Schlfrigkeit fiel pltzlich von ihm ab. Das ist ja ein Kerker, -begriff er entsetzt; so viele Jahre habe ich wie im Kerker gelebt! Weit -tat er die Augen auf; ihm war, als erhellten sich traurig all diese -Jahre: seltsam fremd, seltsamer bekannt; alles, nichts, Tage ohne Zahl -... Ach, ein Kerker, ri sich Broz los. Werde ich denn niemals erwachen -in niegewesenem Tag? Warte ich denn nicht tglich darauf (-- ach, -Kerker!) und _habe ich nicht vielleicht immer gewartet_, begriff er -pltzlich (-- vergangene Jahre klrten sich auf), ach, bin ich -eigentlich nur deshalb stehen geblieben, um den ungeahnten Tag zu -erwarten? - -Vergangene Jahre klrten sich auf. Sieh, Gott, flsterte Broz, zum -Himmel emporblickend, ich verschweige es dir nicht lnger; ich habe auf -deine Hilfe gewartet, auf eine wunderbare Erlsung; da ein groes -Ereignis geschhe, ein jhes Licht in den Ritzen, und nach heftigen -Schlgen in die Tr eine starke Stimme gebte: Lazarus, steh auf! So -viele Jahre habe ich die Stimme des Siegers erwartet; du kamst nicht, -und ich verlasse mich nicht mehr darauf. - -Aber wenn ich noch harre, so ist es auf Hilfe und Erlsung. Auf eine -Stimme, die mich aus meinem Gefngnisse ruft. Vielleicht ist sie nicht -so stark, sondern so schwach, da ich sie mit der eigenen Stimme -untersttzen mu. Vielleicht ist es keine gebietende, sondern eine -flehende Stimme: Lazarus, steh auf, uns zu helfen! - --- Dir selbst kannst du nicht helfen: wer wird dir helfen? Wer kommt -dich befreien, der du es selbst nicht vermagst? Alles schlft in -unbewutem Frieden; kindlich piept der Schmerz auf des Schlafenden -Lippen; ein knabenhafter Traum, etwas von einem Zug, ein flchtiger -Traum zeichnet sich an den Wnden des Gefngnisses ab. Aber unversehens -kommt er -- pocht an dein Fenster und ruft dich aus dem Traume der -niegewesene Tag. Ob du ihn erkennst und unverschlafen aufspringst? - -Vielleicht hast du ein Weltbeben erwartet: hre ein stilles, flehendes -Rufen. Vielleicht kommt der Tag, den du erwartest, gar nicht wie ein -Feiertag; nur ein Wochentag, Montag des Lebens, neuer Tag. - -ber den Wldern wird es licht. - - - - - INHALT - - - Seite - Stocken der Zeit 5 - Historie ohne Worte 7 - Verlorener Weg 10 - Die Aufschrift 15 - Die Versuchung 19 - Spiegelung 23 - Der Wartesaal 27 - Hilfe! 32 - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Hervorhebungen, die im Original g e s p e r r t sind, wurden mit -Unterstrichen wie _hier_ gekennzeichnet. - -Die im Latin-1-Zeichensatz nicht enthaltenen Buchstaben mit Akzent -wurden in die entsprechenden akzentlosen Buchstaben umgewandelt. Der -Text mit Akzenten ist als UTF-8-Text oder HTML verfgbar. - -Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgefhrt -(vorher/nachher): - - [S. 6]: - ... durchsichtigen Bernstein; er ist einfach eingestellt. ... - ... durchsichtigem Bernstein; er ist einfach eingestellt. ... - - [S. 8]: - ... Puerta de Sol, berlegte Jezek, Tor der Sonne; was hat er nur ... - ... Puerta del Sol, berlegte Jezek, Tor der Sonne; was hat er - nur ... - - [S. 8]: - ... Sicherlich wird er etwa sagen, dachte Jezek; es ist schwer, ... - ... Sicherlich wird er etwas sagen, dachte Jezek; es ist schwer, ... - - [S. 11]: - ... Jahre! Und pltzlich diese Lsung: dir kommt das freudige und - und ... - ... Jahre! Und pltzlich diese Lsung: dir kommt das freudige und ... - - [S. 33]: - ... Er war schwarz, durchaus schwarz. Broz begab sich die Gasse ... - ... Es war schwarz, durchaus schwarz. Broz begab sich die Gasse ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Kreuzwege, by Karel Capek - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - -***** This file should be named 52144-8.txt or 52144-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/1/4/52144/ - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Kreuzwege - -Author: Karel Capek - -Translator: Otto Pick - -Release Date: May 23, 2016 [EBook #52144] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - - - - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - - -<div class="frontmatter"> -<div class="rightpic logo" id="img-logo"> -<img src="images/logo.jpg" alt="" /></div> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="aut"> -KAREL ČAPEK -</p> - -<h1 class="title"> -KREUZWEGE -</h1> - -<p class="pub"> -LEIPZIG<br /> -KURT WOLFF VERLAG -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="ser"> -BCHEREI „DER JNGSTE TAG“ BAND 64 -</p> - -<p class="printer"> -GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRCKNER IN WEIMAR -</p> - -<p class="trn"> -EINZIG BERECHTIGTE BERTRAGUNG AUS<br /> -DEM TSCHECHISCHEN VON <em>OTTO PICK</em> -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-1"> -<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a> -STOCKEN DER ZEIT -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">W</span>arum ist jener, an den ich denke, welcher sich ber den -Schreibtisch beugt, warum ist er so unbewegt, warum wartet -er und horcht, da etwas auer ihm geschehe; als ob ihm irgendein -Ding einen Wink im Kummer geben knnte und einen Abschlu -dieser unendlichen Reihe von Unsicherheiten, die ihn -durchwallt. Alle Dinge um ihn herum sind nur melancholieverhangene -Gewohnheiten; nur die gegenberstehende Wand der -Gasse hat in der formlosen Stille einen ungewhnlich dummen -und so unangenehmen Ausdruck, da der Mensch, leidend, -sich dankbar an das Rasseln einer Droschke auf dem Pflaster hlt, -als einem Ausgangspunkt von dieser Sekunde zur nchsten. -</p> - -<p> -Klapp-klapp der Hufe im Rderknarren, langes rhythmisches -Kettchen und Poltern hinter der Ecke, rasches Rasseln auf den -Steinen; das ist etwas, was sich aufrollt in die Ferne wie ein -Knuel, jetzt schon von weitem immer schwcheres Klappern, -ein Ticken so lang wie ein dnner gespannter Faden, so dnn, -da er fast nicht mehr ist, schon nichts mehr ist als angespannte -Entfernung, unmgliche Lnge, und Stille. -</p> - -<p> -Die Stille von innen und auen flossen zusammen wie zwei -von nichts gekruselte und durchaus gleichartige Wasserflchen. -Alles ist durchaus gleichartig wie eine Flche, unbewegt und gespannt. -Der Mensch beim Tisch hlt den Atem an und sein Herz -steht wie eine Flche. Die Stille ist gespannt wie ein Tuch, und -alles ist still, alle Dinge sind Stcke der Stille, hineingeplttet in -die glatte Ebene ohne Regung Tisch und Wnde, alle Dinge -zusammen sind wie eine Zeichnung auf gegltteter Flche, -klar, ohne Verkrzung und Schatten. Sie sind eine gespannte -Oberflche, die ohne Falten und Rauheit ist; alle sind in dieser -unstofflichen Ebene enthalten wie in Eis festgefrorene Halme. -Nicht einmal der Mensch beim Tisch ist auerhalb ihrer: er ist -dort, ohne Regung, in der unendlichen Ebene der Dinge, und -kann sich ihr nicht entraffen; wenn er sich rhrte, fhlt er, wrde -eine Entgleisung und ein Zusammensturz aller Teile erfolgen, -ein furchtbares Zusammenschrumpfen der gespannten Oberflchen. -Ohne Erstaunen, ohne Inneres, ohne Zeit. Angst, da dies -vielleicht der Tod sei, ein Abgang, Vernichtung. Nicht fhlen, das -ist das positive Gefhl des Nichtseins und ein starkes Leiden am -Nichtsein; unbewegter Kampf des Unbewuten um den Gedanken -<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a> -und Beklemmung in den Grenzen der Leere. berall Ebene -mit trauriger toter Oberflche. Und dieses, was steht, ist die Zeit; -wre es mglich, sie zu bewegen, so zerfiele sie sogleich in tausende -Sekunden, die, tot, wie Staub zerflatterten. Doch der Mensch -beim Tisch frchtet sich zu rhren; mit all seiner Bangheit und -Machtlosigkeit ist er in der Stille festgelegt wie ein Insekt in -<a id="corr-0"></a>durchsichtigem Bernstein; er ist einfach eingestellt. -</p> - -<p> -Und da Schritte auf dem Gehsteig, schne, laute und ordentliche. -Die Welt in der reglosen Flche ist in lautloser Explosion -auseinandergefallen; die eckigen und massiven Dinge reckten -sich krachend auf, der Mensch an seinem Tische breitet sich aus -in alle Richtungen des Raums im Gefhl seiner reichen Verzweigung -und seiner in die Welt getauchten Bewegungen. Die Kanten -und Winkel aller Dinge kndeten sich in rauhem Rauschen -des Raums: so rasch liefen sie in ihren Richtungen, mit Selbstgewiheit -und Hrte. Das Herz des Menschen ergriff seinen alten -Schmerz, mit starken, starken Schlgen; jener, an den ich denke, -erhob sich, um seiner Trauer Gewicht zu ertragen, und das groe -Rad des Seins dreht sich in immer weiteren und schnelleren -Kreisen. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-2"> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -HISTORIE OHNE WORTE -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">T</span>ief sind die Wlder in der Nacht wie ein grundloser See, -und du blickst schweigend auf einen Stern ber Melatn, -denkst an das Wild, das in der Tiefe das Waldes schlft, an den -tiefen Schlummer aller und an alles, was niemals in dir entschlafen -wird. Lang, endlos lang sind dmmrige Tage; wie oft -durchschrittest du die Wlder an solchen Tagen, o Schritte und -Erinnerungen ohne Zahl, und nie bist du an das Ende der -Schritte und Erinnerungen gelangt: so lang und tief sind die -Wlder ber Melatn. -</p> - -<p> -Aber da heut ein flammender Augustmittag ist — brennende -Lcken in den Baumkronen und des Lichtes Sichel die Forste -durchfahrend; da ein so klarer Tag ist, wie wenn ihr schtterer -wrdet, tiefe Wlder, und vor der Sonne auseinandertrtet. Die -Glut hat meine Erinnerungen ausgetrunken und fast schlief ich -ein, ich wei nicht ob vor Lust oder Ermattung, eingewiegt von -den weien Dolden, die ber meinem Haupte schwanken. — -</p> - -<p> -An einem solchen Tage ging Ježek durch den Wald, zufrieden, -da er an nichts dachte und denken konnte. Breit atmete -die Wrme zwischen den Bumen. Ein Tannenzapfen ri sich -los, — er hatte sich festzuhalten vergessen, weil es so windstill -war; die Kronen kruselten sich und berall zitterte Licht. -Oh, welch schner, herrlicher Tag! Wie schimmern silbern die -schwanken hrchen des Windhalms! Eingewiegt von Freude -oder Langweile lauschte Ježek dem warmen Summen des -Waldes. -</p> - -<p> -Geblendet stand er am Rande der Lichtung, wo unhrbar die -Glut zitterte. Wer liegt da? Es ist ein Mensch. Er liegt mit dem -Gesicht auf der Erde und ohne Regung. Fliegen weiden auf der -ausgestreckten Hand, die sie nicht verscheucht. Ist er etwa tot? -</p> - -<p> -Andchtig und mit Grauen bckte sich Ježek ber die gereckte -Hand, welche noch den alten Schlapphut hielt. Die Fliegen -entflohen nicht einmal. An dem verblaten Futter waren -noch einige Buchstaben leserlich: ..ERTA. EL SOL. Puerta del -Sol, erriet Ježek erstaunt und neigte sich ber das Antlitz des -Toten. Aber da ffnete dieser die Augen und sagte: „Mchten -Sie mir nicht eine Zigarette geben?“ -</p> - -<p> -„Recht gern,“ atmete Ježek in nicht geringer Erleichterung -eifrig auf. Der Mensch nahm die Zigarette, knetete sie sorgfltig, -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> -wlzte sich auf die Seite und lie sich Feuer geben. „Danke,“ -sagte er und begann nachzusinnen. -</p> - -<p> -Er war nicht jung, durchgraut, mit breitem und unbestimmtem -Gesicht; er war irgendwie sehr abgemagert in seinen Kleidern, -so da sie in seltsamen, leblosen Falten an ihm lagen. So war er -ausgestreckt auf der Seite und rauchte, unbewegt irgendwohin -zu Boden blickend. -</p> - -<p> -Puerta <a id="corr-1"></a>del Sol, berlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er nur -in Spanien gemacht? Nach einem Touristen sieht er nicht aus. -Vielleicht ist er nicht gesund, da er so heilige Augen hat. Puerta -del Sol in Madrid. -</p> - -<p> -„Sie waren in Madrid?“ sprach er unversehens aus. -</p> - -<p> -Der Mensch atmete zustimmend durch die Nase und schwieg. -</p> - -<p> -Er knnte sagen, wer er ist, berlegte Ježek; ein Wort gibt -das andere, und das brige errtst du. — Er knnte brigens sagen: -Ja, ich war in Madrid; aber es ist nicht der entfernteste -Ort, wo ich gewesen, und es gibt noch schnere Orte und ein -wunderbareres Leben. Allerlei knnte er lgen. Siehe, jetzt besinnt -er sich. -</p> - -<p> -Der Mensch winkte leicht mit der Hand, unbestimmt und -versonnen nirgendwohin blickend. -</p> - -<p> -Vielleicht sagt er: Ich sehe, da Sie mich teilnehmend betrachten; -Sie haben mich fr tot gehalten und sich mitleidig ber -mich gebeugt. Ich will Ihnen also die Historie meines Lebens -berichten. Unterbrechen Sie mich nicht, falls Ihnen etwas unzusammenhngend -oder unmotiviert erscheint. Lesen Sie nur -auf meinem Gesicht, ob ich leicht und einfach gelebt habe. So -irgendwie wrde er etwa beginnen. -</p> - -<p> -Aber der Mensch rauchte schweigend und langsam, die hellen, -blicklosen Augen ins Unendliche geheftet. -</p> - -<p> -Sicherlich wird er <a id="corr-2"></a>etwas sagen, dachte Ježek; es ist schwer, -Worte fr eines Lebens Verlauf zu finden. Es sei, ich warte. -Leise legte er sich auf den Rcken. Die Sonne schlug ihm in -die Augen und drang durch die geschlossenen Lider hindurch; -rote und schwarze Kreise haben sich zu drehen begonnen und -tanzen brennend vor den Augen. Die Wrme atmet in langen, -feurigen Wellen, und Ježek fhlt sich so wohl, als wrde er entfhrt -von den schwarzen und roten Kreisen, von der Flut langgezogener -Wellen, von unendlicher und unfortschreitender Bewegung. -Wohin fliet diese starke hinreiende Bewegung? Ach -nichts; nur die Bewegung des Lebens an seinem Ort. -</p> - -<p> -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -Pltzlich wandte er sich. ber die Hand lief ihm eine helle -Ameise, nicht wissend wohin auf der allzu groen Flche. Auch -uns, dachte Ježek, Ameislein, auch uns regt die allzugroe Welt -auf: diese Fernen, Wanderer, diese hartnckige Panik. Warum -lufst du so? Warte, verweile; ich tu dir nichts, wenn ich auch -gro bin. Ach, kleiner Abenteurer, ist’s nur Verwirrung, die -dich so jagt? Wilde und verzweifelte Verwirrung der Einsamkeit? -irgendeine Angst? Wo ist denn ein Tor, durch das du -entrnnest? -</p> - -<p> -Nahe, auf Griffweite nah hat sich ein Schmetterling mit weit -geffneten Flgeln auf eine Blume niedergelassen, wiegt sich -auf der weien Dolde und bewegt die leichten Flgel, schliet -sie und breitet sie aus mit einer zauberischen und wollstigen -Bewegung, berauschend s. Ach bleibe, o Lust! Verzaubere -mein Herz nicht mit dieser ewigen Gebrde des Entfliehens! -Bleib und lasse dich schaukeln, liebliches Weilchen, Sekunde -ohne Gleichgewicht, unaussprechlicher Wink! Edle Begegnung -nach solchen Qualen der Reise! Jungfrulich erbebten die Zauberflgel -und jh, unbegreiflich entschwindet der Falter, Sekunde, -Wollust, als schlsse sich pltzlich ein Tor hinter ihm. -</p> - -<p> -Ježek blickt empor. Wohin ist all das entflogen? Wohin entfliegt -ihr, leuchtende Wolken, in zielloser und unermdlicher -Bewegung? Ach, so entfhrt zu werden, wegen nichts, aus gar -keinem andern Grunde als wegen der Gre des Himmels; so -entfhrt zu werden, weil der Raum gro ist und nicht endet! -Weil die Sehnsucht gro ist und nicht endet. Sanfter Himmel, -meine Seele ist friedlich wie meine Augen. Aber warum blickt -ihr bis hinter den Horizont, friedliche Augen? Warum, friedlichste -Seele, findest du immer die dmonische Tugend der Unrast -in dir? Wie hoch segeln die Wolken, schwindlig hoch, — -du mchtest sagen, bis am Tore der Sonne hin. -</p> - -<p> -Puerta del Sol. Ježek sah sich um. Der Mensch, den er gefunden -hatte, war wieder eingeschlafen, und sein Antlitz erschien -unklar und zerqult, friedlich und weit. — Da stand Ježek auf, -um ihn nicht zu wecken, und ging durch den warmen Wald, -zerstreut, ohne Frage und wie gesttigt. Ihm war, als htte er -die Historie eines Lebens vernommen, eine wenig klare, aber -nahe Geschichte, unzusammenhngend, aber nichtsdestoweniger -eine Geschichte. — Ihm war, als htte er die Historie eines Lebens -vernommen und begnne schon sie zu vergessen. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-3"> -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -VERLORENER WEG -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar"><span class="prefirstchar">„</span>A</span>ber wir haben ja den Weg verloren!“ -</p> - -<p> -„Augenscheinlich.“ -</p> - -<p> -„Wohin sind wir geraten? Sehen Sie etwas? Wo ist die Allee?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht.“ -</p> - -<p> -„Wo sind wir? Sahen Sie jemals, da hier ein Heidefeld wre?“ -</p> - -<p> -„Nein.“ -</p> - -<p> -„Aber wie konnten wir nur die Landstrae verlieren? Wir htten -ja ber den Graben gemut — — Hren Sie, sind wir nicht -vielleicht ber den Graben gegangen?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht.“ -</p> - -<p> -„Das ist absurd. Die Strae kann doch nicht unter den Fen -verloren gehn. Wo sind Sie?“ -</p> - -<p> -„Ich hab’ mich gesetzt.“ -</p> - -<p> -„Auf dem Weg geht man doch anders als im Gras. Hart und -laut. Geradeso wie ich uns auf der Landstrae gehen gehrt.“ -</p> - -<p> -„Das waren Sie, der so lrmend ging.“ -</p> - -<p> -„Um so eher! Es ist doch geradezu undenkbar ... Das ist das -Sonderbarste, was ich je — — Mensch, schlafen Sie nicht!“ -</p> - -<p> -„Ich schlafe nicht.“ -</p> - -<p> -„Wo sind wir eigentlich?“ -</p> - -<p> -Es war eine dunkle und fast sternlose Nacht; nur etwas lichtes Gestein -auf der Erde und kleine, aufrechte Wacholderstrucher, winzigen -reglosen Gestalten gleichend; von fern der Ruf eines Kuzchens -nur drehte die unbekannte Weite in die stockende Finsternis her. -</p> - -<p> -„Lachen Sie mich nicht aus“, sagte der stehende Mann, „aber mir -gefllt das nicht. Wir haben berhaupt die Richtung verloren. Wir -mssen auf irgendeinen Weg gelangen, wohin immer er fhre; ein -Weg zeigt wenigstens „vorwrts“, aber das Unwegsame schweigt. -Das Unwegsame schmeckt gleichsam nach Unendlichkeit; sie ist -hier um uns herum auf allen Seiten; hren Sie, das ist eine unmgliche -Lage.“ -</p> - -<p> -„Setzen Sie sich“, sagte der andere. -</p> - -<p> -„Ich will nicht. Ich setze mich erst irgendwo am Weg, mitten -zwischen die rechte und linke Hand, damit ich wei, wo ich -bin. Wer auf dem Wege geht, dem ist die Welt rechts und links -eine Kulisse ohne Bedeutung und die Wnde eines langen Ganges; -aber das Weglose ist wie der Gipfel eines Berges; zu sehr im All; -zu offen nach allen Seiten. Gehn wir von hier!“ -</p> - -<p> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -„Warten Sie noch, ich kann nicht.“ -</p> - -<p> -„Ist Ihnen etwas geschehn?“ -</p> - -<p> -„Ich kann nicht. Ja, mir ist etwas geschehn. Ich bin auf etwas -gekommen, gerade als wir irrezugehn begannen. Vielleicht genau -in jenem Augenblick.“ -</p> - -<p> -„Wo war das?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht. Ganz pltzlich tauchte es vor mir auf. Ich hatte -schon seit Jahren nicht mehr daran gedacht, und jetzt kam es von -selbst. Vielleicht gerade deshalb, weil wir auf einmal den Weg -verloren.“ -</p> - -<p> -„Irgendeine Erinnerung?“ -</p> - -<p> -„Erinnerung, nein. Eine Lsung. Eine Antwort. Etwas, was ich -das ganze Leben lang gesucht habe, selbst wenn ich nicht daran -dachte. O Gott, ist das furchtbar kompliziert! Dadurch ndert -sich mein ganzes Leben — — Alles hngt zusammen. Begreifen -Sie das?“ -</p> - -<p> -„Durchaus nicht.“ -</p> - -<p> -„Ich auch nicht. Offenbar mute ich vom Weg abkommen, -um darauf zu kommen. Von Allem abkommen, was dir bekannt -ist! Darum gingen sie in die Wste! Aber verlasse dein Haus -und deine Familie; deine Logik ist aus Gewohnheiten gewebt -und deine Wege aus tausenderlei vergangenen Schritten; darum -komme ab von Allem und beginne zu irren, um im Unbekannten -zu suchen. Dich selbst findest du dann in dem, was das Seltsamste -und Ungewohnteste ist.“ -</p> - -<p> -„Das sagen Sie mir?“ -</p> - -<p> -„Das sage ich mir selbst, weil ich es gefunden habe. Dich selbst -hast du gefunden und kannst dich nicht erkennen; und doch -ist es das einzige, was du je gesucht hast. Mein Gott, so viele -Jahre! Und pltzlich diese Lsung: dir kommt das freudige <a id="corr-3"></a>und -wortlose Gefhl, da es da ist; das, was noch kein Gedanke -ist, sondern nur eine blendende Weile und wunderbare Gewiheit. -Hren Sie, mein Leben verndert sich wahrscheinlich, -vielleicht gehen unsere Wege auseinander; aber ich bin froh, da -ich diesen Augenblick mit Ihnen erlebt habe.“ -</p> - -<p> -„Wenn Sie mir wenigstens sagen wrden —“ -</p> - -<p> -„Ich kann nicht. Jetzt kann ich noch nichts unterscheiden. -Die Wahrheit mut du genieen wie ein Gefhl, bevor sie dir -zum Wort wird. Du mut in sie hineingeraten wie in einen -Raum, der nirgendwohin fhrt, sondern nach allen Seiten sich -ffnet; denn dein Nachsinnen ist nur ein Weg in einer Richtung, -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -wie ein Gang zwischen Mauern. Dein Denken geht nur -vorwrts auf irgendeinem der vielen Wege: aber die einzige -Wahrheit geht nirgendwohin und zielt nirgendwohin, sondern -besteht wie die Ausdehnung.“ -</p> - -<p> -Der stehende Mann schwieg und horchte gespannt in die -Ferne. In der tausendfachen Stille der Nacht, schien es ihm, -entfaltete sich irgendwo ein winziger, klangloser Rhythmus. -Er schien von der Tiefe der Stille berschwemmt zu sein, -aber er war da und brach sich unaufhaltsam Bahn. Menschenschritte! -ferne Schlge auf hartem Weg. Der stehende Mann -atmete auf. -</p> - -<p> -„Dort also ist die Landstrae,“ sagte er und wunderte sich -pltzlich ber seine Stimme; um soviel klarer und farbiger klang -sie als zuvor. -</p> - -<p> -Der sitzende Mann erwachte gleichsam. „Was? Die Strae? -Sie gehen schon nach Hause?“ -</p> - -<p> -„Sie wollen vielleicht hier bleiben?“ -</p> - -<p> -„Ja, ich erklre es Ihnen dann. Es ist malos kompliziert. Warten -Sie noch!“ -</p> - -<p> -„Erklren Sie es mir lieber unterwegs.“ -</p> - -<p> -„Wenn ich mir das notieren knnte! Was mir alles einfllt! -O Gott, wie zahllos!“ -</p> - -<p> -„Notieren Sie sich’s zu Hause. Ich begleite Sie schon.“ -</p> - -<p> -„Ich danke Ihnen. Wo sind wir?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht, kommen Sie nur. Geben Sie acht, hier ist -eine Schlucht!“ -</p> - -<p> -„Ich sehe nichts.“ -</p> - -<p> -„Reichen Sie mir die Hand. Christus, wie sind wir eigentlich -hiehergeraten? Achtung!“ -</p> - -<p> -„Warten Sie, hier kann ich nicht ... Gehn wir zurck!“ -</p> - -<p> -„Das geht nicht, der Weg ist vor uns. Wo stecken Sie?“ -</p> - -<p> -„Hier oben. Und Sie?“ -</p> - -<p> -„Im Wasser. Bleiben Sie dort, ach! Ist Ihnen etwas geschehn?“ -</p> - -<p> -„Nein, danke. Wenn ich nur unten bin.“ -</p> - -<p> -„Jetzt folgen Sie mir. So!“ -</p> - -<p> -Und die beiden Mnner stolperten den Hang empor und wieder -hinunter; es war ein mhseliger, zerfurchter Boden, wo sie -mit tausendfacher Vorsicht gehen muten; es gab Gestruch da, -durch das sie sich hindurcharbeiten muten; es waren breite, -bebaute Ackerfelder da, ber welche sie rcksichtslos wie Eber -dahinfuhren. Endlich ein Graben und die Landstrae. -</p> - -<p> -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -„Und nun sagen Sie mir,“ rief der, welcher vorausging, „wie -konnten wir berhaupt dort hinauf gelangen?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht,“ sagte der andere etwas bedrckt, „es ist wirklich -seltsam. Ich mte es mir berlegen ... Ich habe jetzt so -viel nachzudenken!“ -</p> - -<p> -„Sagen Sie mir nun, worauf Sie gekommen sind?“ -</p> - -<p> -„Ja. Es ist sonderbar mit diesem Verirren! Gewi fand ich es -gerade in dem Augenblick, als wir den Weg verloren. Wr’ ich -schon zu Hause!“ -</p> - -<p> -„Wovon handelt es?“ -</p> - -<p> -„Von der Seele ...“ -</p> - -<p> -Nun schritten beide rasch und schweigend aus; sie kamen -durch einen Wald und durchliefen ein Dorf; einige Fenster -leuchteten menschlich in der tiefen Finsternis; und wieder tat -sich eine weite und ferne Heide auf. -</p> - -<p> -„Was wollen Sie also sagen?“ -</p> - -<p> -„Wovon?“ -</p> - -<p> -„Von dem, worauf Sie dort oben gekommen sind — von der -Seele.“ -</p> - -<p> -„Ach ja, Sie haben recht. Sagte ich, von der Seele? Eigentlich -war es nicht blo das ...“ -</p> - -<p> -„Hren Sie,“ sagte nach einer recht langen Weile sein Gefhrte, -„wie ist es also mit dieser Seele? Sie sind schrecklich zerstreut.“ -</p> - -<p> -„Ich? Im Gegenteil. Ich dachte gerade darber nach. Ist es -nicht merkwrdig, da sich der Mensch im Wesen nicht -kennt?“ -</p> - -<p> -„Und Ihre Lsung?“ -</p> - -<p> -„Was fr eine Lsung? Das ist auf ewig nur ein Problem.“ -</p> - -<p> -„Aber Sie hatten irgendeine Lsung.“ -</p> - -<p> -„Das war bestimmt nicht von der Seele. Das waren eher andere -Fragen, vom Leben berhaupt ... Ich dachte soeben darber -nach, womit zu beginnen.“ -</p> - -<p> -„Mit dem, was Ihnen zuerst aufblitzte.“ -</p> - -<p> -„Zuerst? Das war nur eine Ahnung ... Es ist hchst schwierig -zu formulieren. — Ich wei wirklich nicht, was mir zuerst aufblitzte. -Es kam das alles so auf einmal!“ -</p> - -<p> -„Also beginnen Sie womit immer.“ -</p> - -<p> -„Das geht nicht. Alles war ein Ganzes ... Ja, das alles hing -zusammen. Knnte ich es nur umfassen!“ -</p> - -<p> -„Sie werden es mir ein andermal sagen?“ -</p> - -<p> -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -„Nein, lieber gleich jetzt. Nur, bis ich es ein wenig geordnet -habe. Aber mich strt es, wie laut wir gehen.“ -</p> - -<p> -„Setzen wir uns also.“ -</p> - -<p> -„Ja, ich danke Ihnen. Vor allem bedenken Sie ... So klar leuchtete -es mir ein ... Zunchst folgt daraus, wie elend und sinnlos -alles war, was ich bis jetzt gelebt. Pltzlich durchdrang es mich -wie ein Messer; ich entsetzte mich vor mir selbst und begriff, -da ich so viele Jahre, o Gott, nur einen unaussprechlichen -und ungeahnten Schmerz gelebt habe. So viele Jahre! Dies also -blitzte in mir auf, was ich war und wie ich unbewut gelitten; -und alles war vergeblich und irrig, und eng wie ein Kerker; -und mir war furchtbar zumute, wenn mein ganzes Leben sich -mir als ein gefundener Fehler erwies. Ach, Vieles erklre ich -Ihnen noch nher. Aber zweitens, warten Sie, zweitens —“ -</p> - -<p> -„Was ist zweitens?“ fragte nach einer Weile der Gefhrte. -</p> - -<p> -„Warten Sie, es war doch etwas von der Seele darin, aber jetzt -wei ich nicht. — Ja, es war etwas Unermeliches von der Seele. -Gott, was war es eigentlich?“ -</p> - -<p> -„In welchem Sinne von der Seele?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht, es waren berhaupt keine Worte, es war nur -eine Gewiheit — — es ist so flchtig!“ -</p> - -<p> -„Besinnen Sie sich doch!“ -</p> - -<p> -„Ja, gleich. Etwas von der Seele? Was war es?“ -</p> - -<p> -„Denken Sie nur nach, ich warte.“ -</p> - -<p> -„Ich danke Ihnen. Gleich werde ich es haben.“ -</p> - -<p> -Die Nachtzeit lag unbewegt auf den schwarzen und formlosen -Dingen. Und siehe, da geht der erste morgendliche Mensch ber -die leere Landstrae. Ist das nicht der Schrei eines Hahns im Dorfe? -Hat sich die Nacht nicht in ihrem stillen Innern gerhrt? -</p> - -<p> -„Haben Sie es gefunden?“ -</p> - -<p> -„Ach gleich, nur noch etwas —“ -</p> - -<p> -Am Horizonte dmmerte es schwach. Die Erde und ihre Dinge -nahmen eine khle, schemenhafte Blsse an; stndig ausgebleichter -und schrfer hoben sie sich empor, und es ward Licht. -</p> - -<p> -„Also was haben Sie gefunden?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht ... Es ist mir entglitten. Alles habe ich verloren, -und ich werde es niemals mehr wissen.“ -</p> - -<p> -„Und berhaupt nichts, vollkommen nichts ist Ihnen davon -geblieben?“ -</p> - -<p> -„Vollkommen nichts; nur das, was mir auf ewig klar geworden -ber mein Leben.“ -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-4"> -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -DIE AUFSCHRIFT -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">E</span>in Weilchen verschnaufend stand Kvčala an der Tr und -freute sich: Matys ist krank, er wird Freude haben, da ich -gekommen bin: ich werde ihm ein wenig vorplaudern am Bett, -um ihn zu zerstreuen. -</p> - -<p> -Die Glocke ertnte so abgerissen, da es Kvčala qulend beklemmte; -ihm war, als ob sich der Klang drinnen so aufgescheucht -und blind einen Weg bahne durch die allzuabgestandene -Stille, und er lauschte mit der Hand an der Glocke. Es -kam das alte Mtterchen in Hausschuhen ffnen und bat ihn -flsternd einzutreten. Kvčala ging auf den Spitzen, er wute -selbst nicht warum; durch die offene Tr sah er Matys mit dem -Gesicht zur Wand im Bett liegen, wie wenn er schliefe. -</p> - -<p> -„Wer ist das?“ fragte der Kranke gleichgltig. -</p> - -<p> -„Der Herr Kvčala,“ flsterte die alte Frau und entfernte sich. -</p> - -<p> -Matys wandte sich mit aufgeheiterten Augen dem Freunde zu. -</p> - -<p> -„Das ist brav von Ihnen. Oh, es ist nichts; nur eine Brustfellentzndung, -irgendein Exsudat ... In vierzehn Tagen werde ich -gehen.“ -</p> - -<p> -Kvčala lchelte gezwungen. Ihm war schwl in dem heien -Zimmer, wo er den schwachen und faden Geruch von Umschlgen, -Urin, Tee und Eiern sprte. Ihn rhrte das unrasierte Kinn -des Matys und seine strahlenden Augen; er bedauerte, da er -vergessen hatte, eine kalte Orange oder ein nasses Struchen -mitzubringen, um sie auf das Nachttischchen zwischen die zerknllten -Taschentcher, Speisereste und ungelesenen Bcher zu -legen. Im ganzen bermannte ihn eine matte belkeit. -</p> - -<p> -Er bemhte sich zu plaudern; er erzhlte irgendwelche Neuigkeit -und rgerte sich ber seine fremde, gleichsam belegte Stimme; -er fhlte die Augen des Kranken aufmerksam und doch entfernt -auf sich geheftet; und da verschluckte er seine Neuigkeit und -sehnte sich zu verschwinden. -</p> - -<p> -Matys erkundigte sich nach Bekannten; aber Kvčala sprte -die besondere Rcksichtnahme des Kranken auf die Gesunden -heraus und antwortete immer schwerer. Schlielich war alles erschpft. -Wenigstens das Fenster ffnen! Horchen, was drauen -geschieht! Nur einen Teil seiner selbst dorthin bertragen! Verdrossen -wich Kvčala den starren und abwesenden Blicken des -Freundes aus; seine Augen wichen dem heien und zerdrckten -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -Bette aus; er wich der eingetrockneten Hlichkeit des Nachttischchens -aus; und heftete den Blick auf das Fenster, das blasse -halbundurchsichtige Fenster, das Fenster, welches ins Freie fhrt. -</p> - -<p> -„Schauen Sie her,“ sagte pltzlich der Kranke und wies mit -dem Finger auf die Wand zu Hupten des Bettes. -</p> - -<p> -Kvčala beugte sich vor; an die Wand war grau und verwischt -und zweimal unterstrichen mit Bleistift das Wort „<em>zurck</em>“ -geschrieben. „Zurck“, las Kvčala. -</p> - -<p> -„Was sagen Sie dazu?“ fragte Matys still. -</p> - -<p> -„Jemand hat es hingeschrieben. Es steht offenbar schon viele -Jahre dort.“ -</p> - -<p> -„Wieviel Jahre denken Sie?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht. Vielleicht fnf oder zehn — Wann wurde hier -das letztemal gemalt?“ -</p> - -<p> -„Ich habe die Mutter gefragt,“ sagte Matys und schaute zu der -trben Zimmerdecke empor. „Vor mehr als zehn Jahren. Ich -wollte es niemals erlauben.“ -</p> - -<p> -Kvčala lie seine Blicke hastig zum Fenster zurckkehren. -</p> - -<p> -„Sehen Sie nur her,“ ntigte der Kranke, „fllt Ihnen nichts -auf?“ -</p> - -<p> -Kvčala neigte sich wieder ber das Bett. „Es ist von einer -Mnnerhand geschrieben. Jemand schrieb es in Aufregung und -ungeduldig, so da hier der Graphit abgebrochen ist. Er hat geradezu -in die Wand geritzt. Und im Dunkeln. Dieses Hkchen -ist ein wenig seltsam ... Diese langen Striche auf dem u und -sehen irgendwie entschlossen aus.“ -</p> - -<p> -„Zurck,“ wiederholte Matys. „Wissen Sie nicht, was wohl -damit gemeint ist?“ -</p> - -<p> -„Gott wei, vielleicht irgendein Entschlu. Vielleicht, etwas -zurckzugeben.“ -</p> - -<p> -„Oder selber zu etwas zurckzukehren?“ -</p> - -<p> -„Mglich. Warum fragen Sie?“ -</p> - -<p> -„Nur so. Ich berlege, weshalb es hier geschrieben steht.“ -</p> - -<p> -„Jemand hatte wohl einen Einfall oder eine Eingebung — Er -schrieb es sich blo als Leitwort auf, um nicht daran zu vergessen. -Weshalb interessiert es Sie so?“ -</p> - -<p> -„Weil es mit meiner Schrift geschrieben ist. Ich habe es offenbar -selbst geschrieben, aber jetzt wei ich berhaupt nichts mehr -und kann mich nicht entsinnen, wann und warum. Andauernd -berdenke ich, was das bedeuten sollte.“ -</p> - -<p> -„Jetzt bedeutet es nichts mehr.“ -</p> - -<p> -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -„Jetzt nicht, aber damals. Ich fand es hier whrend der Krankheit. -Nie zuvor hatte ich es beachtet, bis jetzt. Und so sinne ich -aus Langweile nach —“ -</p> - -<p> -„Worber?“ fuhr Kvčala nach einer Weile auf. -</p> - -<p> -„Nie habe ich an die vergangenen Jahre gedacht,“ sagte Matys -mit geschlossenen Augen. „Wozu auch? Alles Vergangene ist so -selbstverstndlich. Der Mensch gewhnt sich an die vergangenen -Dinge. Alle dnken ihm bekannt. — Aber jetzt wei ich nicht, -zu was ich mich damals entschlossen habe; ich wei nicht, zu -was ich zurckwollte und weshalb es mir so unertrglich war, -und wei nicht, wann es berhaupt war. Niemals wird es mir -klar werden ... berrascht und beunruhigt Sie nicht manchmal -etwas Vergangenes?“ -</p> - -<p> -„Nein,“ sagte Kvčala aufrichtig. -</p> - -<p> -Der Kranke bewegte ungeduldig die Schultern und schwieg. -„Ich wei nicht, wann und warum ich es geschrieben habe,“ -begann er; „aber mir sind viele Augenblicke eingefallen, in -denen mir dies Wort als Erlsung erscheinen konnte, und ich finde -stndig neue Augenblicke, wo ich es htte schreiben knnen. -Oder lieber erfllen.“ -</p> - -<p> -„Wie erfllen?“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht. Schon lange sinne ich darber nach, wie es -sich erfllen liee. Zurck, ja zurck, aber zu was? Ich liege da -und erinnere mich an allerlei: zu was von alledem zurckzukehren? -Ich kann mich vieles Schnen entsinnen. Vieles tut mir leid. -Manche Liebe. Hie und da leuchtet ein alter Gedanke auf. Und -viel, unzhlig viel habe ich vergessen, und daran denke ich am -meisten. Es gibt furchtbar viele vergangene Dinge. Die Vergangenheit -ist schwindelerregend.“ -</p> - -<p> -Kvčala seufzte; ihm ward immer schwler. Ach, die Gasse -hinter dem Fenster! Licht, Raum! Schnelligkeit und Bewegung -dort drauen! -</p> - -<p> -„Die Vergangenheit ist nicht so selbstverstndlich, wie ich’s -mir dachte,“ sagte Matys wie fr sich selbst. „Sie ist unermelich -unklar. Zeitweilig geschahen merkwrdige und unmgliche -Dinge. Mir ist als stnde ich am Rande einer halb unbekannten -Welt; etwas habe ich schon entdeckt, aber der Rest geht unendlich -weiter und breiter, als ich geahnt. Ich hatte keine Vorstellung -davon ... Das ist ein barmherziger Irrtum, da uns die -eigene Vergangenheit bekannt erscheint; wir kennen nur etwas, -aber alles brige ... Das Meiste sollten wir <em>erst erleben</em>!“ -</p> - -<p> -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -Kvčala horchte: Drauen klingelt der Tramway, die Schritte -vermehren sich, breit schttet sich Wagenrasseln hin; dnn und -klar flog ein Kinderschrei auf. Aber hierher kommen nur die -Schatten der unstofflich durch das Glas hindurchgegangenen -Laute; sie sind alles Nahen und Wirklichen beraubt; entfremdet -den Lauten, die von auen her an das Fenster sich pressen; mit -der Stille vermengt. -</p> - -<p> -„Es ist still hier,“ sagte der Kranke, „und die Zeit ist lang. -Ich denke an vergangene Dinge. Sie htten noch nicht entschwinden -sollen. Und woran ich immer nur denke, nichts htte noch -schwinden sollen. Ich mte es erst erleben, aufmerksam verweilend -— selbst die schlimmsten Augenblicke. So als htte ich -sie alle zwischen den Fingern entgleiten lassen, noch unwissend -wie sie sind: und beraus seltene darunter —“ -</p> - -<p> -„Sie sind hier zu sehr allein,“ sagte Kvčala. -</p> - -<p> -„Ja. Und in vierzehn Tagen stehe ich wieder auf und erinnere -mich vielleicht nicht mehr, da ich einmal ‚zurck‘ geschrieben -habe. Aber jetzt ist es da als Aufschrift an irgendeiner Wand. -Zurck! Alles Vergangene ist nur ein Stichwort; alles ist unvollendet -geblieben, angedeutet als Anfang und Ahnung ... Zurck! -Vielleicht fhlt es ein jeder einmal und mchte zurckkehren, -so als wre es nach Hause — zurck! Es ist nicht, ach es ist nicht -Rckkehr zu seinen Anfngen, — zu den ersten Schritten; aber -zurck zu den Enden, zur Aussprache und Beendung seiner -selbst, zu den letzten Schritten ... Unmgliche Rckkehr! Niemals -zurck!“ -</p> - -<p> -Kvčala erhob sich. „In vierzehn Tagen,“ lchelte Matys. „Entschuldigen -Sie, eine Woche schon hab’ ich mit niemandem -geredet. Gren Sie alle.“ Seine Hand war hei und trocken. Oh, -hinaus! Lautere Khle, Gasse, Menschen, Menschen — und -„vorwrts“ in diesem allen! -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-5"> -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -DIE VERSUCHUNG -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">L</span>ange schon ging Růžička wie in Nebel herum. Er wehrte sich -hartnckig dagegen und ersann ohne Ende Grnde fr und -gegen, bewies sich etwas, rgerte sich. Hart kmpfte er um Sammlung -und sehnte sich zugleich: sich endlich ohne Gedanken und -Richtung entfhren zu lassen. — So wie ein schwarzer Pfahl am -Teiche im Nebel, dachte er; ber dem Wasser schreit die Mwe -und lt sich herab, um die Flche in die Klauen zu ergreifen; -das Wasser erbebt, und die Mwe entflieht wie ein Gassenjunge; -erst Gott wei, wo sie auflachen wird ... -</p> - -<p> -Růžička blieb stehen: Reise ich oder bleibe ich? — Alle Grnde -starben ab und er vermochte sich ihrer nicht mehr zu bemchtigen; -alle starben ab und wurden starr und er konnte sich ihrer -nicht mehr entledigen. Grnde, die ihn nicht mehr freuten. Sie -waren in diesem engen Zimmer verwelkt. In dem Zimmer, das -ihn nicht mehr freute. Grnde dafr, da er blieb und nicht verreiste -und nicht diese paar Chancen berflssig verwarf. Ruhe, -Beruf, Gewohnheiten, Lampe, Bett, Lehnstuhl — mehr brauche -ich ja nicht, sagte er sich; ich bleibe und erflle dies alles mit -der Wahrheit des Lebens. Mein Platz ist schmal, aber ich kann -ihn vertiefen. Ach, auf immer bleiben! -</p> - -<p> -Oder fortgehn, sagte er sich beklommen; sich von neuem versuchen -und in die Welt schleudern wie ein Stein ins Wasser ... -Mte man sich nur nicht entschlieen! Knnte ich mich, ohne -zu wissen wie, irgendwo in der Welt finden und nichts haben -als vor mir den Tag, o Gott! was wre das fr ein Tag! Es geschehe -mir als Schicksal oder Zufall, — ich nehme alles an; aber -selbst wollen ist furchtbar. -</p> - -<p> -— Reise ich oder bleibe ich? -</p> - -<p> -Ich gehe aus, entschlo er sich endlich (wenigstens etwas tun! -was immer!), ein bichen hinaus, zgerte er bei der Tre, den -Abend genieen, ntigte er sich; aber „bleib“, sprechen Lampe, -Bett, Lehnstuhl, Langweile, „wozu gehn? Gehn ist so anstrengend; -Bleiben so einfach; Gehn so verzweifelt; Bleiben so verzweifelt; -bleib!“ Nein, heute nicht, entschied er sich mit Gewalt, und -ging. „Bleib,“ sprechen die entflammten Gassen, „wir stren dich -nicht mehr; du hast uns so oft durchmessen, da du uns nicht -mehr siehst.“ Auch ihr seht mich gar nicht, wandte er ein, und -eure Fenster blinken mir nicht mitrauisch zu wie ein Blick, -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -lchelnd wie ein Blick, durchsichtig wie ein Blick des Zufalls. -Ich gehe tglich hier: wir sind einander fremd geworden. „Ja, -nach so vielen Jahren!“ -</p> - -<p> -Růžička nahm, sich zerstreut erholend, Zuflucht zu einem -Kaffeehaus, froh, da er so verloren war in der Zersplitterung -von Lichtern und Stimmen, da er sich selber entschwand in -der Menge, da die Spiegel strahlten und die Glser klirrten; er -schrieb mit dem Finger ein Fragezeichen auf den Tisch und entdeckte -in der Marmorplatte interessante Adergnge, ein Zufallsnetz, -zahllose Bahnen ohne Ziel. — Verreise ich oder bleibe ich? -Augen! wer sieht mich da an? -</p> - -<p> -Mdchen, lachte sein Blick, was willst du von mir? Glatte -Augen glitten ab, flchteten hinter die Lider und blickten s, -dunkel nirgendwohin. Nichts, blasses Gesichtchen unter schwarzem -Htchen, Spielzeug aus Elfenbein, die jungen Hnde spielen -auf dem Schoe mit nichts. Das groe Schwarze ist die Mama -und besieht die Modebltter. Die grauen Augen fliegen verstohlen -herber, fliehen, bleiben nicht da; anmutig sind die Lider -der Augen, gesenkte Lider, anmutige Trauer, Liebe und Musik, -Abend, Frage und nichts, lieblich der Augen Blick, Freude, -Kleider, Musik und Frage, liebliches Lieben, lieblicher Frhling, -Veilchen auf der Strae, rosige Blte, rosiges Lcheln, lieblicher -Blick, und in die Augen! gerade in die Augen, stark und direkt, -kurz und fragend lieblicher Blick! Die glatten Wangen sind rosig -erglht. Schn sind weie und errtete Wangen; schn und traurig -die Haare; traurig und schlank die Hnde im Scho, auf -schwarzem Trauerrock. -</p> - -<p> -„Genug,“ baten die grauen Augen, „soviel Lob, mein Gott, — -wohin soll ich jetzt mit den Augen, mit Lidern und Hnden? -Sehen Sie mich nicht an, ich lasse das Glas fallen; um keinen -Preis sehe ich Sie mehr an.“ -</p> - -<p> -Schlanke Hnde, dachte er gerhrt, wie einer Geigerin Hnde; -ach, welch ein Tremolo, gegenstandsloses Weinen, Lied, welches -endet und nicht; ob ich es jemals vernehme, dies bange und -feine Lied? Diese feine, kindlich rauhe Stimme? -</p> - -<p> -„Gott, das nicht! Was wrde ich Ihnen sagen? Ich kann nicht -bis fnf zhlen. Wer sind Sie? Warum schauen Sie so? Warum -schauen Sie nicht?“ -</p> - -<p> -„Wenn ich sehe, denke ich an die Leute ringsum, an Sie, an -Ihren Atem, an die Liebe, an alles, was ich dir sagen mchte, — -ich wei nicht, woran ich denke, wenn ich schaue; aber wenn -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -ich nicht schaue, denke ich an Sie, an alles, was ich nicht sehe, -an mich selbst, an den glcklichen Zufall, und hauptschlich an -dich.“ -</p> - -<p> -„Hren Sie auf! Hren Sie auf!“ -</p> - -<p> -— Drben haben neue Menschen sich gesetzt, und in ihrer -Mitte — -</p> - -<p> -„Ach sehen Sie doch,“ riefen die grauen Augen aus, „wie schn -sie ist!“ -</p> - -<p> -— ja, schn, tatschlich schn, o Mdchen, wie gro und schn! -Warum ist sie gekommen, wen sucht sie mit den dunklen Augen! -Ach, wer ertrge der Schnheit vernichtenden Blick? Wie erbebte -er nicht in Verwirrung und Schrecken, wie schlge er -nicht nieder die Augen? Wehe, da sie ihn angeblickt! -</p> - -<p> -Langsam, ohne Unsicherheit hefteten sich die groen schwarzen -Blicke der neu angekommenen Frau auf sein Gesicht. Da -stockte sein Herz vor Erstaunen und schwieg. -</p> - -<p> -„Ich bin schn. So viele sind mir untertan. Sieh.“ -</p> - -<p> -Ich verreise, entgegnete er finster. -</p> - -<p> -„Bleib. Ich bin schn. Du begegnest mir auf den Straen, in -den Basaren und auf Festen. Suche mich in den Logen der -Theater. Du wirst mir begegnen, wenn du willst. Wir knnen -einander kennen lernen und — wer wei?“ -</p> - -<p> -Ich reise, wiederholte er hartnckig. -</p> - -<p> -„Bleib. Ich habe so wenig Unterhaltung, so wenig. Ich bin so -schn. Du wirst mich oft sehn, tglich, wenn du willst, und so -nahe! Bleib!“ -</p> - -<p> -Nein, sagte er mit brennender Pein, ich reise; ich verreise und -kehre wieder mit Lippen, bitter von Meer und Fremde; ich kehre -mit anderer Seele zurck. Mit einer Seele ohne Staunen und -Beben; mit einer rauhen, mutigen, wilden und schamlosen Seele; -mit einer unruhigen und grausamen Seele; mit einer Seele fr -dich. Aber dann! Da diese herrlichsten Augen weinen! Da die -Schnheit erbebe! Da ich schlimmer sei als du! Da du mich -liebest. Da sich das Schicksal erflle. Da ich Gott nicht frchte. -Da ich dir gleichkomme. Nichts ist furchtbarer als Schnheit -und Mut. -</p> - -<p> -Die schwarzen Pupillen wandten sich ab und zauberten weich -ins Unendliche. -</p> - -<p> -Sei es, fhlte er, geschehe mir dies als ein Schicksal. Ich gehe -hinweg, um zu wagen. -</p> - -<p> -„Bleiben Sie,“ sprachen verloren die grauen Augen, „ach, -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -bleiben Sie! Ich kme knftigen Samstag wieder her. Manchmal -begegne ich Ihnen. Ich laufe nicht weg, selbst wenn Sie mich -anreden. Warum wollen Sie nicht bleiben?“ -</p> - -<p> -Ach, Mdchen, weinte sein Herz in sinnlicher Zrtlichkeit, -ich mchte bleiben; wie mchte ich nicht bleiben wollen? Aber -gerade du hast mich an einen Tag in der Fremde erinnert, eines -unglcklichen Menschen in der Fremde, ich wei nicht warum -so unglcklich und so verloren; du hast mich erinnert an glcklichen -Zufall, Lcheln, freundliches Wort in fremder Zunge und -lieblichen Blick, der nicht mehr wiederkehrt: die Freude, wenn -du wtest, und der herrliche Tag in der Fremde! Nichts ist -schner als Liebe und glcklicher Zufall, nichts vergleicht sich -einer guten Begegnung, die nicht wiederkehrt. Ich wrde bleiben: -aber du hast in mir die ewige Sehnsucht nach dem Zufall erweckt. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-6"> -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -SPIEGELUNG -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar"><span class="prefirstchar">„</span>A</span>chtung!“ rief Lhota dem unbekannten Fischer zu, „er -schnappt!“ -</p> - -<p> -„Ach, ich danke Ihnen,“ entgegnete der Angeredete freundlich, -„wollen Sie sich ihn nicht herausziehn?“ -</p> - -<p> -Lhota glitt rasch den Damm hinunter und ergriff die Rute. -Die Angel war leer; und als Lhota das Haar heranzog, entdeckte -er an dem Angelhaken festgebunden eine rote Schnur. -</p> - -<p> -„Das da geben Sie statt des Wurms?“ fragte er mimutig. -</p> - -<p> -„Ja,“ sagte der Fischer mit schchternem Lcheln. -</p> - -<p> -„Haben Sie schon etwas gefangen?“ -</p> - -<p> -„Niemals.“ -</p> - -<p> -Lhota blieb auf dem Damme sitzen, unschlssig ob er lachen -oder zrnen solle. Wie ist das mglich, dachte er, wie ist es berhaupt -mglich, so Fische zu fangen? -</p> - -<p> -„Ich angle nmlich nicht,“ uerte der Fischer, „ich sitze nur -mit der Rute so da, damit die Leute nicht ber mich lachen, -wenn sie mich hier sehn.“ -</p> - -<p> -„Sie sind ein Hiesiger?“ -</p> - -<p> -„Ich wohne in dem Huschen hinter uns. Schon viele Jahre -gehe ich her, weil es mir hier gefllt. Und angle nicht.“ -</p> - -<p> -Lhota blickte in die groen, hellen Augen des Fischers. „Sie -sind krank, nicht?“ -</p> - -<p> -„Ich kann nicht gehn. Schon seit Jahren. Viele Jahre bin ich -nicht weiter gewesen als hier. — Aber hier ist es schn.“ -</p> - -<p> -„Tatschlich,“ sagte Lhota unsicher. Unabsehbar zogen sich -die kahlen Dmme hin, und zwischen ihnen strmte der breite, -graue Flu. -</p> - -<p> -„Sie sollten bei Sonnenuntergang hier sein,“ sagte der Kranke, -„oder am Morgen. Ich sitze seit frh hier, und niemals ist mir -langweilig oder leer zumute; wenn ich dann abends heimkomme, -schlafe ich ohne Traum, Nacht fr Nacht schlafe ich herrlich -und ohne Traum. Erst im Winter —“ -</p> - -<p> -„Was im Winter?“ -</p> - -<p> -„Nichts, die Trume. Im Winter kann ich nicht, und ich -schlafe bei Tag und bei Nacht, ohne Rast, bis ich vor Mdigkeit -nicht mehr schlafen kann. Aber im Sommer bin ich tglich -da.“ -</p> - -<p> -Lhota blickte sinnend in das Wasser: Es strmte breit und -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -unfrmig dahin, rieb sich mit der unendlichen Flanke an dem -Gestein; gewellt, gekruselt, bewegt, da ihm die Augen bergingen. -Und es war schon kein flieender Flu mehr; nur ein -Rauschen, das nicht verharrt, sondern ohne Ende verluft und -entschwindet; ein Vorbei ohne Grenzen, ohn Ende Vergehen -von Allem — -</p> - -<p> -„Auch im Winter trume ich nur vom Wasser,“ sagte der -Kranke. „Es ist der einzige Traum, den ich ganze Tage und -Nchte und ganze Monate trume, nur dann unterbrochen, -wenn ich aus dem Schlafe auffahre. Erst im Sommer vergeht er, -wenn ich das wirkliche Wasser sehe.“ -</p> - -<p> -Lhota schlo in schwachem Schwindel die Augen. „Ich mchte -nicht von strmendem Wasser trumen.“ -</p> - -<p> -„Nein, das strmt berhaupt nicht,“ sagte der Kranke. „Mir -trumt nicht von wirklichem Wasser. Es ist das ein groer Flu, -der ohne Regung steht, und auf ihm schwimmen Reflexe. Sie -eilen auf ihm dahin wie jene Bltter, welche von der Strmung -mitgerissen werden.“ -</p> - -<p> -„Was fr Reflexe?“ -</p> - -<p> -„Gespiegelte Dinge. Ufer, die sich in der Flche reflektieren. -Sie gleiten ber das Wasser hin, rasch wie diese Wellen und -kruseln es nicht. Vielleicht kommen sie bis vom Gebirge her. -Es sind groe Bume, die sich still und mit der Krone abwrts -zu neigen, als hingen sie in einen grundlosen Himmel hinein. -Auch der Himmel gleitet auf diesem reglosen Flusse mit -Sonne und Wolken und Sternen dahin. Ich sah die Reflexe von -Bergen und Drfern am Fluufer mitsamt den Menschen dahinschwimmen. -Ein andermal ist es ein weies einsames Haus oder -ein erleuchtetes Fenster.“ -</p> - -<p> -„Das ist ein absurder Traum,“ sagte Lhota. -</p> - -<p> -„Ein furchtbarer. Manchmal segelt eine gespiegelte Stadt und -Quais mit flammenden Lichtern. Auf der Flche bebt das Laub -der Bume, als wehte der Wind, aber das Wasser kruselt sich -nicht. Ein Mdchen ringt die weien Hnde und wird weitergetragen. -Und ich sehe in der Spiegelung, als stnde jemand -am andern Ufer und wollte auf mich blicken oder mir ein Zeichen -geben; aber das Bild auf dem Wasser entgleitet mitsamt -der an die Augen gelegten Hand.“ -</p> - -<p> -Der Kranke schwieg eine Weile. „Und manchmal“, begann -er wieder, „ist es nur die brennende Laterne eines verlassenen -Hafens am Ufer des Flusses; sie schaukelt wie im Novemberwind, -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> -und schwimmt davon. Nichts kann innehalten und nichts -verweilt. Nichts runzelt das Wasser und nichts ist oberhalb oder -auerhalb seiner. Die Ewigkeit ist frchterlich.“ -</p> - -<p> -Lhota blickte schweigend in das Wasser; Welle um Welle -kehrte endlos zu dem Gestein unter seinen Fen zurck und -flo wieder ab in hartnckigem Spiel, das ihn reizte und beschwichtigte. -</p> - -<p> -„Oft erwache ich,“ redete der Kranke, „mit Schwei bedeckt -und zu Tode entsetzt; und da sage ich mir: Die Ewigkeit ist -frchterlich. Welle um Welle kommt, um am Stein zu zerbrechen; -Stein um Stein wlzt sich hinab zu den Wellen, die ihn davontragen. -Aber ich habe eine Flche gesehen, die sich an nichts -bricht und nicht zerbricht. Lichter und Schatten von Allem gleiten -ber sie hin. Berge wlzen sich fort und Bume eilen von -dannen; es schwimmen Stdte und Felsen, ein Mdchen ringt -vergeblich die Hnde und Anfang und Ende der Welt gleitet -vorbei wie eine Spiegelung. Eine Flche, die niemals sich kruselt -und zu kruseln vermag. Die nichts berhrt und niemals -berhren kann. Und wer hineinblickt, sieht immer nur bloe -Reflexe der Dinge fliehen, der Wirklichkeit entledigt.“ -</p> - -<p> -Auf dem Damm gegenber blieb ein Mann stehen und schaute -eine Weile zu. „Also was,“ rief er endlich, „schnappen sie?“ -</p> - -<p> -„Sie schnappen nicht,“ erwiderte der Kranke lustig. „Ich sitze -gern hier,“ sprach er wieder zu Lhota. „Wenn ein Blatt in das -Wasser fllt, dann zittert das Wasser, und auch ich zittere, aber -ohne Angst. Manchmal bei Sonnenuntergang, da denke ich an -Gott. Die Ewigkeit ist frchterlich.“ -</p> - -<p> -Lhota wendete sich fragend. -</p> - -<p> -„Manchmal“, fuhr der Sieche fort, „sah ich ein so merkwrdiges -Kruseln auf dem Wasser, da man nicht begreifen kann, -woher es kommt. Manchmal bricht sich eine Welle und erglnzt -schner als die andern; und es sind auch Erscheinungen am Himmel -— das geschieht sehr selten. Und da denke ich mir: warum -knnte das nicht Gott sein? Vielleicht ist er gerade das Flchtigste -in der Welt; vielleicht ist auch seine Wirklichkeit ein jhes Brechen -der Welle und ein Schimmer; unfabar, ausnahmsweise erscheint -er, und vergeht —. Oft habe ich darber nachgedacht; aber -sehn Sie, ich habe einen so kleinen Horizont, durch Jahre kam -ich nicht weiter als hierher. Es ist mglich, da auch unter -den Menschen ein solches Sichkruseln oder Aufblitzen sich -ereignet und wieder zerbricht. Es mu zerbrechen. Die echte -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -Wirklichkeit mu mit dem Untergang bezahlt werden. Ach, -die Sonne versinkt schon.“ -</p> - -<p> -Ein barfiges Mdchen stand schweigend hinter dem kranken -Herrn. „Ja, gehen wir,“ sagte der Sieche. „Gute Nacht, -Herr. Schauen Sie, jetzt, jetzt,“ zeigte er auf den Flu. „Nie ist -es zweimal dasselbe. Gute Nacht.“ -</p> - -<p> -Langsam und gleichgltig fhrte ihn das Mdchen nach Hause. -Der Flu war perlmutterlicht, wechselnd ohne Ende, und Lhota -schaute leise schwindelnd dem hartnckigen Spiel der Wellen zu. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-7"> -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -DER WARTESAAL -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">I</span>ch verbringe die Nacht in der Restauration, dachte Zruba, als -der Zug schon einfuhr, oder ausgestreckt irgendwo im Wartesaal; -ich verschlafe drei oder vier Stunden, und mit dem ersten -Morgenzuge fahre ich weiter. Gott, nur rasch! Noch verbleibt -Hoffnung, und Alles kann gerettet werden; ach, so viele Stunden. -</p> - -<p> -Aber die Restauration war schon geschlossen und den einzigen -Warteraum erfllte ein Soldatentransport. Sie schliefen auf Bnken -und Tischen, lagen berall auf der Erde, den Kopf auf Tischleisten, -auf Spucknpfe, auf zerknlltes Papier gebettet, das Gesicht -zu Boden und gehuft wie Hgel von Leichen. Zruba -rettete sich auf den Gang; es war kalt da, und zwei Gasflammen -zitterten geqult in dem feuchten Halbdunkel, das vom Teer und -Urin der Aborte stank; einige Menschen frstelten und ghnten -auf den Bnken in der stumpfen Geduld langen Wartens. Aber es -war wenigstens ein bichen Platz da, ein bichen Platz fr einen -Menschen, wenigstens ein bichen Platz fr den stillen Schlummer -eines Mden. -</p> - -<p> -Zruba fand eine Bank und lagerte sich so warm wie mglich, -so fest wie nur mglich; aus sich selbst erbaute er einen Winkel -fr seinen Schlaf, Bett, Bettleiste, Viereck, Asyl. — Ach, die Unbequemlichkeit, -fuhr er aus dem Halbschlaf empor; wie nur die -Glieder legen? Lange und angestrengt dachte er darber nach; -schlielich kam ihm der kindliche Wunsch, zu liegen, und er -streckte sich auf der Bank aus. Aber die Bank war zu kurz. -Zruba kmpfte verzweifelt mit seinem Ausma, ergrimmt ber -einen so rcksichtslosen Widerstand; schlielich lag er gleichsam -gefesselt, regungslos, knabenhaft klein, und sah auf die -groen funkelnden Kreise, die sich im Dunkeln drehen, auf die -kreisenden Scheiben. — Ich schlafe ja schon, durchblitzte es ihn, -und in diesem Augenblicke ffnete er die Augen; da sah er den -Winkel zweier Wnde verschwimmen und ward furchtbar verwirrt: -Wo bin ich denn? Was ist das eigentlich? Entsetzt suchte -er eine Orientierung, vermochte aber weder Raum noch Richtung -zu erraten; da raffte er alle Kraft zusammen und erhob sich. -Neuerlich sah er den langen und kalten Gang, aber er sah ihn -trauriger als frher, und erkannte, da er schon durchaus aus -dem Schlafe gerissen sei und er versprte den bittern Geschmack -des Wachens im Munde. -</p> - -<p> -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -Auf die Knie gesttzt dachte er ber seine Angelegenheit nach. -Das Letzte tun, sich fr die Rettung einzusetzen, ja, aber noch -so viele Stunden! Zerstreut blickte er auf das schmutzige Pflaster -des Ganges; er entdeckte zertretene Papiere, ekelhaften Auswurf, -den Schmutz von zahllosen Fen — und das dort ist wie -die Form eines Gesichts, Augen aus Kot und aus Speichel der -Mund, abscheulich zu lcheln bemht ... -</p> - -<p> -Angeekelt hob er den Blick empor. Dort liegt ein Soldat auf -der Bank, schlft mit hintenberhangendem Kopfe und sthnt -wie ein Sterbender. Irgendeine Frau schlft, eines Mderls Haupt -im Schoe; sie hat ein bses und armseliges Gesicht, sie schlft; -aber das Mderl blickt mit blassen Augen und flstert etwas fr -sich; es hat ein langes, vorstehendes Kinn und einen breiten -Mund in mageren Bckchen, eine kindliche Greisin mit traurigen, -weiten, fliegenden Augen. — Sieh da, der Beleibte, wie er schlft, -aufgedunsen vor Schlfrigkeit, haltlos von der Bank fallend, -erstaunt und stumpfsinnig; weiche Masse, die sich auf den ersten -Sttzpunkt herabwlzt. — Unter einem grnen Hute blinzeln -die schwarzen muntern Augen eines jungen Mannes. „Komm -her,“ pfeift er durch die Lcken der zerfressenen Zhne dem -blaugigen Mdchen zu; „komm her,“ flstert er und lacht. -Das Mdchen windet sich verlegen und lchelt ein furchtbares -greisenhaftes Lcheln; sie ist zahnlos. „Komm her,“ pfeift der -Jngling und setzt sich selber zu ihr. „Wie heit du?“ Und -streichelt ihr mit der flachen Hand die kleinen Knie. Das Mdchen -lchelt ngstlich und unschn. Der schlafende Soldat rchelt -wie in der Todesstunde. Zruba schttelte sich vor Klte und -belkeit. -</p> - -<p> -Eine Stunde von Mitternacht. Die Zeit schlich qulend langsam -dahin, und Zruba fhlte sich von ihr verschleppt, gedankenlos -zerzogen in wachsender und zielloser Spannung. Gut, -sagte er sich, ich schliee die Augen und halte es so ohne Gedanken, -ohne Bewegung so lang wie mglich aus, ganze Stunden -hindurch, bis sich die Zeit umwlzt. — Und so sa er starr -da, zwang sich, mglichst lange auszuhalten; endlos stockte die -Dauer der Minuten, ein Zhlen ohne Zahlen, Verzug um Verzug. -— Endlich, nach unberlebbarer Zeit, ffnete er die Augen. -Fnf Minuten nach Eins. Der Gang, die Papiere, das Kind, das -gleiche verlegene, greisenhafte Lachen ... Nichts hatte sich verndert. -Alles war zu unfortschreitender, bleibend naher Gegenwart -erstarrt. -</p> - -<p> -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -Und pltzlich entdeckte Zruba einen Menschen. Er sa regungslos -wie er selbst in einem Winkel und schlief nicht. Der -ist wie ich, dachte Zruba; er kann auch nicht schlafen wegen -der Zeit. Woran denkt er? An das Warten ohne Ende wie ich? -Der Mensch erbebte, wie wenn ihm diese Frage unlieb wre. Zruba -blickte unwillkrlich in sein formloses Gesicht; er gewahrte -darauf eine unruhige Bewegung, wie wenn jemand eine zudringliche -Fliege verjagt. Auf einmal stand dieser Mensch auf, berschritt -auf den Spitzen den Gang und setzte sich geradezu neben -ihn. -</p> - -<p> -„Ihnen war es unangenehm, da ich Sie ausschaue,“ sagte Zruba -gedmpft. -</p> - -<p> -„Ja.“ Beide schwiegen lang. „Schauen Sie,“ flsterte endlich -der Mensch und wies mit dem Finger auf die Erde, „das da sieht -aus wie ein menschliches Gesicht.“ -</p> - -<p> -„Ich habe schon vorhin geschaut.“ -</p> - -<p> -„Sie haben schon geschaut,“ wiederholte der Mensch schwermtig, -„Ihnen war also auch so —“ -</p> - -<p> -„Wie?“ -</p> - -<p> -„Nichts ist schwerer als Warten,“ erwiderte der Mensch. -</p> - -<p> -„Wie war mir?“ -</p> - -<p> -„Schwer. Es ist schwer zu warten. Was immer auch komme, es -ist Erlsung. Warten ist schwer.“ -</p> - -<p> -„Weshalb reden Sie davon?“ -</p> - -<p> -„Weil es schwer ist, zu warten. Auch Sie haben Gesichter gelesen, -geschrieben in Speichel und Staub. Auch Sie haben sich -geqult. Nichts ist qualvoller als die Gegenwart.“ -</p> - -<p> -„Warum?“ -</p> - -<p> -„Weil Warten schwer ist.“ Der Mensch verstummte und blickte -zu Boden. -</p> - -<p> -„Wohin fahren Sie?“ fragte Zruba nach einer Weile. -</p> - -<p> -„Ich fahre nur so,“ antwortete der Gefragte zerstreut, „zum -Vergngen. Oft findet man nmlich schne Stdte. Sie fahren -so weit, da Sie bereits an nichts mehr denken, und auf einmal -sind Sie an einer solchen Stelle; es ist ein Bach oder Brunnen -im Hain, oder Kinder, etwas Unerwartetes und Schnes — und -da begreifen Sie berrascht, was Glck ist.“ -</p> - -<p> -„Was ist Glck?“ -</p> - -<p> -„Nichts. Sie begegnen ihm einfach. Es ist, kurz gesagt, -zum Verwundern. Haben Sie je an die heidnischen Gtter gedacht?“ -</p> - -<p> -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -„Nein.“ -</p> - -<p> -„Das war so: Niemand erwartete sie, und unverhofft erblickte -er sie. Irgendwo im Wasser oder im Gebsch oder in den Flammen. -Deshalb waren sie so schn. Oh, wenn ich das ausdrcken -knnte! Wenn ich es nur ausdrcken knnte!“ -</p> - -<p> -„Warum denken Sie an Gtter?“ -</p> - -<p> -„Nur so. Dem Glck mu man rasch und unverhofft begegnen. -Es ist solch ein besonderer Zufall! Solch ein jhes Ereignis, da -man sagen mchte: ach, welch ein Abenteuer! Ist es Ihnen jemals -begegnet?“ -</p> - -<p> -„Es ist mir begegnet.“ -</p> - -<p> -„Und da war Ihnen wie im Traum. Das Herrlichste ist nur -ein Abenteuer. Dort, wo die Liebe aufhrt, ein Abenteuer zu -sein, wird sie eine Qual.“ -</p> - -<p> -„Warum, warum ist das so!“ -</p> - -<p> -„Ich wei nicht. Sie knnte nicht dauern, wenn sie keine -Qual wre. Schauen Sie, die Alten hatten einen einzigen Namen -fr Glck und Zufall. Aber es war ein Gttername.“ -</p> - -<p> -Fortuna, dachte Zruba beklommen. Wenn sie mir begegnete -auf dieser Reise! Aber es ist schwer, auf den Zufall zu warten! -</p> - -<p> -„Warten ist schwer,“ begann der Mensch wieder, „so schwer -und qulend, da, was immer Sie erwarten, Sie nur eines abwarten: -des Wartens Ende, Erlsung vom Warten. So schwer, -da das, was Sie als Erfllung erleben werden, weder schn -noch glcklich mehr sein kann; sondern an sich sonderbar und -gleichsam traurig, schmerzlich durch all dies Warten — ich wei -es gar nicht zu sagen. Jede Erlsung ist so: niemals ist es das -rechte Glck.“ -</p> - -<p> -Warum sagt er das? dachte Zruba; wie, wre ich nicht glcklich, -wenn ich die Erfllung erlebte? -</p> - -<p> -„Sie haben Gott selber erwartet,“ fuhr der Mensch fort; „ach, -was fr ein Mensch ist da gekommen, um Sie vom Warten zu -erlsen? Weder Ansehen noch Schnheit waren an ihm, der -letzte der Mnner, ein Mann des Schmerzes; unsere Gebrechen -hat er getragen und unsere Schmerzen ertragen, so als wre er -gar kein Gott.“ -</p> - -<p> -„Warum reden Sie davon?“ -</p> - -<p> -„Warten, sehen Sie, ist schwer; selbst einen Gott zerbricht und -demtigt es. Erwarten Sie jahrelang irgendein Glck, ein groes -und schnes Ereignis; endlich kommt es, irgendwie klein und -trbselig wie irgendein Schmerz; aber Sie sagen: ja, Gott, das -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -ist es, worauf ich so viele Jahre gewartet habe, auf da es mich -erlse!“ -</p> - -<p> -„Was meinen Sie damit?“ -</p> - -<p> -„Damit meine ich: Der einzige Lohn fr das Warten ist das -Ende des Wartens; und nur darum steht das Warten dafr. -Darum, darum ist es notwendig zu warten. Das ist der Sinn unseres -Glaubens.“ -</p> - -<p> -„Welchen Glaubens?“ -</p> - -<p> -„Welchen immer,“ sagte der Mensch und schwieg. -</p> - -<p> -Die Leute auf dem Gange erwachten und begannen herumzugehn. -Das zahnlose Mderl war jetzt in den Armen der Mutter -eingeschlafen, verloren unter dem Shawl. Etwas Leben strmte -durch den Gang; es war ziellos und unordentlich, aber es regte -sich und vermochte sich zu erhalten. -</p> - -<p> -„Was haben Sie mit diesen Gttern gemeint?“ fragte Zruba -pltzlich laut. -</p> - -<p> -„Sie waren schn,“ sagte der Mensch; „es gengte blo Glck -oder Zufall, um sie zu erblicken und dadurch selbst ein wenig -ein Gott zu werden. Ich denke mir also: wunderlich ist das -Glck, so beraus seltsam ist Schnheit und Glck, da es nur -durch Wunder und Zufall geschehen kann. Aber wer wartet, -der wartet auf etwas, das geschehen mu; etwas mu kommen, -das sein Warten beendet. Sehen Sie, jeder wartet ..., auch Sie; -wir sind vom Wege der Freude abgekommen, um groe Dinge -zu erwarten. Ach, warten ist eine groe Spannung des Lebens, -fast wie der Glaube. Aber je mehr wir warten — — <em>was immer -auch komme, wir werden, wir werden erlst werden</em>. -Schauen Sie, es ist schon Tag.“ -</p> - -<p> -In den Bahnhof wlzte sich ein Menschenstrom herein mit -Lachen, Husten und Geschrei. Wie ein groer Besen fuhr der -Lrm durch den Gang, fegte die angesetzte Stille fort und blies -die verstaubten Stimmen an. Die Passagiere erhoben sich von den -Bnken, schttelten die Spinnweben des Schlummers ab und blickten -einander ohne Mibehagen an, verbndet durch die gemeinsame -Nacht. Aber drauen, hinter den Fenstern, dmmerte der Tag. -</p> - -<p> -Der Mensch, der gesprochen hatte, verlor sich Zruba zwischen -den Leuten. Eine neue Schar, Fahrkarten, Geschrei und Glockenzeichen -— der schwarze und lrmende Zug fuhr in den Bahnhof -ein, verschlang die Schar, zischte, fauchte und fuhr dem Ziele -zu. Gott, nur schnell, dachte Zruba, noch ist nicht alles verloren: -noch bleibt Hoffnung. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-8"> -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -HILFE! -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">E</span>r wurde gewahr, da er sich an einem weiten, mit schnen -Bumen bewachsenen Hange befand. Das ist ja Frankreich, -erriet er pltzlich, ich bin wohl in einen falschen Zug eingestiegen. -Es ist wirklich ein seltsamer Zug, — lauter fremde Gesichter, -die ber ihn lachen, als wre er schlecht gekleidet; und -der Zug fhrt wild, da die Fenster klirren. -</p> - -<p> -Brož fuhr aus dem Traum empor. Jemand klopfte ans -Fenster. -</p> - -<p> -„Was ist?“ schrie Brož mit verklebter Zunge. -</p> - -<p> -„Ich bitte Sie,“ sagte drauen eine zitternde Frauenstimme, -„wenn Sie uns rasch zu Hilfe kmen!“ -</p> - -<p> -„Gehn Sie zum Teufel!“ erwiderte Brož wtend und whlte -den Kopf in die Kissen hinein. Nur den zerrissenen Faden des -Traums einzufangen! den Schlummer eben dort wieder anzuknpfen, -wo er unterbrochen worden! Ein Zug, etwas von einem -Zug, zwang sich Brož; und pltzlich fiel ihm peinlich klar -ein: Ich htte fragen sollen, was ihnen geschehn ist! -</p> - -<p> -Er sprang aus dem Bett und lief das Fenster ffnen. Khl, -schwarz wehte die de Nacht herein. „Wer ist da?“ rief er, aber -nichts antwortete. Da schttelte ihn die Klte, und er ging sich -legen; in den Federbetten fand er seine eigene trockene Wrme -wieder und geno sie gierig und unbegrenzt; wieder sanken -ihm die Lider und die Glieder lockerten sich zu einem Komma. -Ach, schlafen! -</p> - -<p> -Mit weit geffneten Augen schaute Brož in die Finsternis. -Wer das wohl gewesen war? Niemand in diesem Dorf hier kmmert -sich um mich. Wer hat bei mir Hilfe gesucht? Es war eine -Frauenstimme. Es war eine unsglich schmerzliche Stimme. -Vielleicht ging es ums Leben. brigens, ich bin kein Arzt. Aber -vielleicht ging es ums Leben. -</p> - -<p> -Zerqult wandte sich Brož dem Fenster zu. Es zeichnete sich -wie ein kaltblaues Rechteck in der schwarzen, raumlosen Dunkelheit -ab. Nirgends brennt es. Es ist still, nur die Uhr zu Hupten -tickt spitzig. Was ist nur geschehn? Was fr ein Unglck? -Vielleicht ist es in der Nachbarschaft; jemand stirbt; irgendwo -wird ratlos mit dem schweren Augenblick gekmpft. Ich bin -schlielich kein Arzt. -</p> - -<p> -Aber das Bett knarrt und brennt ermdend. Brož setzte sich -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -im Bette auf und nahm gewohnheitsmig die Brille. Wodurch -vermchte ich berhaupt, berlegte er, zu helfen? Wie nur zu -ntzen? Verstehe ich mich denn auf etwas Hilfreiches? Gott, -nicht einmal raten, nicht einmal trsten; nicht einmal mit Worten -vermchte ich einen Teil der Last von irgend jemandem zu -nehmen; nicht einmal durch Anteilnahme jemand zu sttzen. -Ich will ja selber nichts, als Ruhe haben; als mich der andern -zu entledigen. Was mag da geschehen sein? -</p> - -<p> -Indem fiel es ihm ein, die Lampe zu entznden. Vielleicht bemerken -sie, da ich leuchte, sagte er sich, und kommen abermals. -Ich werde leuchten wie ein Leuchtturm. Kommen sie, so -frage ich, was geschehn ist; wenigstens erkenne ich, da ich wirklich -nicht habe helfen knnen. — Im voraus getrstet bettete sich -Brož die Polster hinter den Rcken; gespannt lauerte er, da -das Pfrtchen knarren und dieselbe Frauenstimme hinterm Fenster -bitten werde. Aber der tickende Gang der Uhr qulte ihn. -Vergeblich bemhte er sich, sie zum Stehen zu bringen. Es war -drei Uhr. Auf einmal schnrte ihm ein hliches Gewicht von -Unruhe und Erregung die Brust zusammen. Niemand kam. -</p> - -<p> -Zgernd und hastig begann sich Brož anzukleiden. Sicherlich, -sagte er sich, werden sie dort leuchten, wo etwas geschehen ist, -und ich werde ans Fenster pochen. Sowieso wrde ich nicht -mehr schlafen. Ich werde dort nichts ntzen, aber — vielleicht -sind sie so ratlos — Brož verwirrte sich in der Hast und verfluchte -leise die Schuhbnder; schlielich gelang ihm ein ungewhnlicher -Knoten, und er lief vor das Haus hinaus. -</p> - -<p> -<a id="corr-4"></a>Es war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die Gasse -hinab und suchte ein erleuchtetes Fenster; nie zuvor hatte er -ein so bis ins Bewutlose entschlummertes Dorf gesehen, so -fremd allem Wachenden, so fremd — nirgends waren klagende -Nachtlampen, nirgends ein Lichtstreifen hinter den Fensterscheiben. -Entsetzt hielt er inne vor der Kapelle: in den Fenstern -zitterte und irrte das matte Licht einer Flamme. Die ewige Lampe, -begriff er nach einer Weile und ging weiter; aber nirgends war -beleuchtet; berall dunkel, nur etwas Blsse, von den Wnden -ausgeschwitzt —. -</p> - -<p> -Leise kehrte Brož zurck und lauschte vor den stummen Huschen. -Wird drinnen kein Jammern ertnen, wird nicht stille -Ohnmacht erbeben? Wird keine Frauenstimme weinen? Bebend -sondierte Brož die verschlossenen Rume des Schweigens; nichts, -kein dichter Atem, nichts — fliegt nicht aus der Weite der Nacht, -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -aus irgendeiner Ferne, von irgendeiner Seite der Welt ein herzzerreiender -Schrei um Hilfe heran? -</p> - -<p> -Wie fremd ist diese schlafende Welt, die nicht spricht! Die -nicht vor Schmerz aufschreit! Die nicht nach Erlsung ruft! -Wenn jetzt der leiseste Klageruf sich erhbe, wrde er nicht -feurig nach ihm langen, wrde er sich nicht an ihn lehnen wie -an eine Sule, wrde er ihn nicht erfassen wie ein im Dunkel -entzndetes Licht ... -</p> - -<p> -Andern willst du helfen, ertnte es spttisch und klar in ihm, -und kannst dir selber nicht helfen! Aber was, dachte Brož in -schmerzlichem Erstaunen, ist dem wirklich so? Doch eher darum, -ach, <em>gerade darum</em>, weil du dir selber nicht helfen kannst — -wer sich zu helfen vermag, wird sich selber helfen; aber du, -der du dir nicht helfen kannst, hier bist es nicht eben du ... -</p> - -<p> -Brož blieb wie geschlagen stehen. Dir selber kannst du nicht helfen? -Aber ist es denn wirklich so? Brauch ich berhaupt Hilfe ... -von mir selbst oder von irgendwem? Ist mir so schlimm? Gott, -das nicht! Ich lebe ja nach meinem Sinn und mehr will ich nicht. -Nur meine Tage fr mich allein zu verleben. Ich habe keine -unerfllten Wnsche. Vielleicht habe ich berhaupt keine -Wnsche. Mir selbst kann ich nicht helfen ... Worin auch. Nie -ist es mir in den Sinn gekommen. Bleibe alles, wie es ist: Tag -um Tag, bis ins Unabsehbare. -</p> - -<p> -Tag um Tag? Brož setzte sich auf einen Eckstein und blickte -unbewegt in die Finsternis, als trumte er heimlich den unterbrochenen -Traum zu Ende; oder als trumte er ihn Tag um Tag, -Monat und Jahr, bis ins Unabsehbare. — Nichts mehr verndert -sich; was sollte sich auch ndern? Die Ereignisse fliehen und -die Jahre vergehen; aber Tag um Tag kehrt zurck, so als geschhe -berhaupt nichts. Ein Tag ist vergangen: was liegt daran? -Es wird ja derselbe Tag, derselbe Tag mir morgen kommen. Nur -wenn die Zeit vergeht! -</p> - -<p> -Und tglich kann ich mir sagen: Ich habe nichts verloren als -einen Tag. Nichts mehr als einen Tag! Warum also diese Angst? -Brož rieb sich hart die Stirn. Ich sollte mich fassen. Ich bin unausgeschlafen. -Ich bin stehengeblieben, und die Tage sind um -mich gewachsen wie Mauern; Tag um Tag haben sich glatt und -schwer geschichtet wie Wnde. Schon erwache ich allmhlich: -aber wird es ein neuer und niegewesener Tag sein, den ich ringsum -finde? Oder ein Tag, zusammengesetzt aus tausend vergangenen -— wie Mauern? Und sage ich mir wieder: das ist also wieder -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -ein weiterer Tag unter tausend aufgerichteten — wie Mauern? -Warum ist er geworden? gestern war doch nur um einen weniger! -Stand es dafr, wegen dieses einen Tages zu erwachen? -</p> - -<p> -Alle Schlfrigkeit fiel pltzlich von ihm ab. Das ist ja ein Kerker, -begriff er entsetzt; so viele Jahre habe ich wie im Kerker -gelebt! Weit tat er die Augen auf; ihm war, als erhellten sich -traurig all diese Jahre: seltsam fremd, seltsamer bekannt; alles, -nichts, Tage ohne Zahl ... Ach, ein Kerker, ri sich Brož los. -Werde ich denn niemals erwachen in niegewesenem Tag? Warte -ich denn nicht tglich darauf (— ach, Kerker!) und <em>habe ich -nicht vielleicht immer gewartet</em>, begriff er pltzlich -(— vergangene Jahre klrten sich auf), ach, bin ich eigentlich nur -deshalb stehen geblieben, um den ungeahnten Tag zu erwarten? -</p> - -<p> -Vergangene Jahre klrten sich auf. Sieh, Gott, flsterte Brož, -zum Himmel emporblickend, ich verschweige es dir nicht lnger; -ich habe auf deine Hilfe gewartet, auf eine wunderbare Erlsung; -da ein groes Ereignis geschhe, ein jhes Licht in den Ritzen, -und nach heftigen Schlgen in die Tr eine starke Stimme gebte: -Lazarus, steh auf! So viele Jahre habe ich die Stimme des -Siegers erwartet; du kamst nicht, und ich verlasse mich nicht -mehr darauf. -</p> - -<p> -Aber wenn ich noch harre, so ist es auf Hilfe und Erlsung. -Auf eine Stimme, die mich aus meinem Gefngnisse ruft. Vielleicht -ist sie nicht so stark, sondern so schwach, da ich sie mit -der eigenen Stimme untersttzen mu. Vielleicht ist es keine -gebietende, sondern eine flehende Stimme: Lazarus, steh auf, -uns zu helfen! -</p> - -<p> -— Dir selbst kannst du nicht helfen: wer wird dir helfen? -Wer kommt dich befreien, der du es selbst nicht vermagst? Alles -schlft in unbewutem Frieden; kindlich piept der Schmerz auf -des Schlafenden Lippen; ein knabenhafter Traum, etwas von -einem Zug, ein flchtiger Traum zeichnet sich an den Wnden -des Gefngnisses ab. Aber unversehens kommt er — pocht an -dein Fenster und ruft dich aus dem Traume der niegewesene -Tag. Ob du ihn erkennst und unverschlafen aufspringst? -</p> - -<p> -Vielleicht hast du ein Weltbeben erwartet: hre ein stilles, -flehendes Rufen. Vielleicht kommt der Tag, den du erwartest, -gar nicht wie ein Feiertag; nur ein Wochentag, Montag des Lebens, -neuer Tag. -</p> - -<p> -ber den Wldern wird es licht. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-9"> -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -INHALT -</h2> - -<div class="table"> -<table class="toc" summary="TOC"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col_page">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Stocken der Zeit</td> - <td class="col_page"><a href="#page-5">5</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Historie ohne Worte</td> - <td class="col_page"><a href="#page-7">7</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Verlorener Weg</td> - <td class="col_page"><a href="#page-10">10</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Die Aufschrift</td> - <td class="col_page"><a href="#page-15">15</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Die Versuchung</td> - <td class="col_page"><a href="#page-19">19</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Spiegelung</td> - <td class="col_page"><a href="#page-23">23</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Der Wartesaal</td> - <td class="col_page"><a href="#page-27">27</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Hilfe!</td> - <td class="col_page"><a href="#page-32">32</a></td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="handheld-only"> -Im Original -g e s p e r r t -hervorgehobener Text wurde in einem <em>anderen Schriftstil</em> markiert. -</p> - -<p> -Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgefhrt (vorher/nachher): -</p> - -<ul> - -<li> -... <span class="underline">durchsichtigen</span> Bernstein; er ist einfach eingestellt. ...<br /> -... <a href="#corr-0"><span class="underline">durchsichtigem</span></a> Bernstein; er ist einfach eingestellt. ...<br /> -</li> - -<li> -... Puerta <span class="underline">de</span> Sol, berlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er nur ...<br /> -... Puerta <a href="#corr-1"><span class="underline">del</span></a> Sol, berlegte Ježek, Tor der Sonne; was hat er nur ...<br /> -</li> - -<li> -... Sicherlich wird er <span class="underline">etwa</span> sagen, dachte Ježek; es ist schwer, ...<br /> -... Sicherlich wird er <a href="#corr-2"><span class="underline">etwas</span></a> sagen, dachte Ježek; es ist schwer, ...<br /> -</li> - -<li> -... Jahre! Und pltzlich diese Lsung: dir kommt das freudige <span class="underline">und und</span> ...<br /> -... Jahre! Und pltzlich diese Lsung: dir kommt das freudige <a href="#corr-3"><span class="underline">und</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">Er</span> war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die Gasse ...<br /> -... <a href="#corr-4"><span class="underline">Es</span></a> war schwarz, durchaus schwarz. Brož begab sich die Gasse ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Kreuzwege, by Karel Capek - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KREUZWEGE *** - -***** This file should be named 52144-h.htm or 52144-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/1/4/52144/ - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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