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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Vor Sonnenaufgang - Soziales Drama - -Author: Gerhart Hauptmann - -Release Date: June 2, 2016 [EBook #52218] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK VOR SONNENAUFGANG *** - - - - -Produced by Peter Becker, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net. This -file was produced from images generously made available -by The Internet Archive. - - - - - - - - Vor Sonnenaufgang - - - Von Gerhart Hauptmann erschienen im gleichen Verlage: - - Vor Sonnenaufgang. Soziales Drama. 9. Auflage. - Das Friedensfest. Eine Familienkatastrophe. 4.-5. Auflage. - Einsame Menschen. Drama. 13.-14. Auflage. - De Waber. Schauspiel aus den 40er Jahren. 2. Auflage. - Originalausgabe. - Die Weber. Schauspiel aus den 40er Jahren. 27.-28. Auflage. - Übertragung. - College Crampton. Komödie. 5.-6. Auflage. - Bahnwärter Thiel. Der Apostel. Novellistische 5.-6. Auflage. - Studien. - Der Biberpelz. Eine Diebskomödie. 7.-8. Auflage. - Hannele. Eine Traumdichtung. Illustriert - (vergriffen). - Hanneles Himmelfahrt. Eine Traumdichtung. 9.-10. Auflage. - Florian Geyer. 5.-6. Auflage. - Die versunkene Glocke. Ein deutsches Märchendrama. 49.-52. Auflage. - Fuhrmann Henschel. Schauspiel. Originalausgabe. 13.-16. Auflage. - Fuhrmann Henschel. Schauspiel. Übertragung. 9.-12. Auflage. - Schluck und Jau. Spiel zu Scherz und Schimpf. 8.-10. Auflage. - Michael Kramer. Drama. 9.-10. Auflage. - - - - - Vor Sonnenaufgang - - - Soziales Drama - von - Gerhart Hauptmann - - Neunte Auflage - - Berlin, - S. Fischer, Verlag, - 1902 - - - - - Sowohl Aufführungs- als Nachdrucks- und Uebersetzungsrecht - vorbehalten. - - - Den Bühnen gegenüber Manuskript. - - - - - - - -Die Aufführung dieses Dramas fand am 20. Oktober statt in den Räumen des -Lessing-Theaters, veranstaltet vom Verein »Freie Bühne«. Ich benutze den -Anlaß der Herausgabe einer neuen Auflage, um aus vollem Herzen den -Leitern dieses Vereins insgesammt, in Sonderheit aber den Herren Otto -Brahm und Paul Schlenther zu danken. Möchte es die Zukunft erweisen, daß -sie sich, indem sie, kleinlichen Bedenken zum Trotz, einem aus reinen -Motiven heraus entstandenen Kunstwerk zum Leben verhalfen, um die -_deutsche_ Kunst verdient gemacht haben. - -Charlottenburg, den 26. Oktober 1889. - - Gerhart Hauptmann. - - - - - Handelnde Menschen. - - - Besetzung bei der ersten - Aufführung. - Krause, Bauerngutsbesitzer Hans Pagay. - Frau Krause, seine zweite Frau Louise v. Pöllnitz. - Helene, } Elsa Lehmann. - Martha, } Krause's Töchter erster Ehe *** - Hoffmann, Ingenieur, verheirathet mit Martha Gustav Kadelburg. - Wilhelm Kahl, Neffe der Frau Krause Carl Stallmann. - Frau Spiller, Gesellschafterin der Frau Krause Ida Stägemann. - Alfred Loth Theodor Brandt. - Dr. Schimmelpfennig Franz Guthery. - Beibst, Arbeitsmann auf Krause's Gut Paul Pauly. - Guste, } Sophie Berg. - Liese, } Mägde auf Krause's Gut Clara Hahn. - Marie, } Antonie Ziegler. - Baer, genannt Hopslabaer Ferdinand Meyer. - Eduard, Hoffmann's Diener Edmund Schmasow. - Miele, Hausmädchen bei Frau Krause Helene Schüle. - Die Kuschenfrau Marie Gundra. - Golisch, genannt Gosch. Kuhjunge Georg Baselt. - Ein Packetträger *** - - - - - Erster Akt. - - - Das Zimmer ist niedrig; der Fußboden mit guten Teppichen belegt. - Moderner Luxus auf bäuerische Dürftigkeit gepfropft. An der Wand - hinter dem Eßtisch ein Gemälde, darstellend einen vierspännigen - Frachtwagen, von einem Fuhrknecht in blauer Blouse geleitet. - - * * * * * - - Miele, eine robuste Bauernmagd mit rothem, etwas stumpfsinnigem - Gesicht; sie öffnet die Mittelthür und läßt Alfred Loth - eintreten. Loth ist mittelgroß, breitschultrig, untersetzt, in - seinen Bewegungen bestimmt, doch ein wenig ungelenk; er hat - blondes Haar, blaue Augen und ein dünnes, lichtblondes - Schnurrbärtchen, sein ganzes Gesicht ist knochig und hat einen - gleichmäßig ernsten Ausdruck. Er ist ordentlich, jedoch nichts - weniger als modern gekleidet. Sommerpaletot, Umhängetäschchen, - Stock. - -Miele. Bitte! Ich werde den Herrn Inschinnär glei ruffen. Wolln Sie nich -Platz nehmen?! - - Die Glasthür zum Wintergarten wird heftig aufgestoßen; ein - Bauernweib, im Gesicht blauroth vor Wuth, stürzt herein. Sie ist - nicht viel besser als eine Waschfrau gekleidet. Nackte, rothe - Arme, blauer Kattunrock und Mieder, rothes punktirtes Brusttuch. - Alter: Anfang 40, Gesicht hart, sinnlich, bösartig. Die ganze - Gestalt sonst gut conservirt. - -Frau Krause (schreit). Ihr Madel!! ... Richtig! ... Doas Loster vu -Froovulk! ... Naus! mir gahn nischt! ... (Halb zu Miele, halb zu Loth.) -A koan orbeita, a hoot Oarme. Naus! hier gibbt's nischt! - -Loth. Aber Frau ... Sie werden doch ... ich ... ich heiße Loth, bin ... -wünsche zu ... habe auch nicht die Ab.... - -Miele. A wull ock a Herr Inschinnär sprechen. - -Frau Krause. Beim Schwiegersuhne batteln: doas kenn' mer schunn. -- A -hoot au nischt, a hoot's au ock vu ins, nischt iis seine! (Die Thür -rechts wird aufgemacht. Hoffmann steckt den Kopf heraus.) - -Hoffmann. Schwiegermama! -- Ich muß doch bitten ... (Er tritt heraus, -wendet sich an Loth.) Was steht zu ... Alfred! Kerl! Wahrhaftig 'n Gott, -Du!? Das ist aber mal ... nein _das_ is doch mal 'n Gedanke! - - Hoffmann ist etwa dreiunddreißig alt, schlank, groß, hager. Er - kleidet sich nach der neuesten Mode, ist elegant frisirt, trägt - kostbare Ringe, Brillantknöpfe im Vorhemd und Berloques an der - Uhrkette. Kopfhaar und Schnurrbart schwarz, der letztere sehr - üppig, äußerst sorgfältig gepflegt. Gesicht spitz, vogelartig. - Ausdruck verschwommen, Augen schwarz, lebhaft, zuweilen unruhig. - -Loth. Ich bin nämlich ganz zufällig .... - -Hoffmann (aufgeregt). Etwas Lieberes ... nun aber zunächst leg ab! (Er -versucht ihm das Umhängetäschchen abzunehmen.) -- Etwas Lieberes und so -Unerwartetes hätte mir jetzt -- (er hat ihm Hut und Stock abgenommen und -legt beides auf einen Stuhl neben der Thür) -- hätte mir jetzt -entschieden nicht passiren können, -- (indem er zurückkommt) -- -_entschieden_ nicht. - -Loth (sich selbst das Täschchen abnehmend). Ich bin nämlich -- nur so -per Zufall auf Dich -- (er legt das Täschchen auf den Tisch im -Vordergrund). - -Hoffmann. Setz' Dich! Du mußt müde sein, setz' Dich -- bitte. Weißt De -noch? wenn Du mich besuchtest, da hatt'st Du so 'ne Manier, Dich lang -auf das Sopha hinfallen zu lassen, daß die Federn krachten; mitunter -sprangen sie nämlich auch. Also Du, höre! mach's wie damals. - - Frau Krause hat ein sehr erstauntes Gesicht gemacht und sich dann - zurückgezogen. Loth läßt sich auf einen der Sessel nieder, welche - rings um den Tisch im Vordergrunde stehen. - -Hoffmann. Trinkst Du was? Sag'! -- Bier? Wein? Cognac? Kaffee? Thee? Es -ist alles im Hause. - - Helene kommt lesend aus dem Wintergarten; ihre große, ein wenig - zu starke Gestalt, die Frisur ihres blonden, ganz ungewöhnlich - reichen Haares, ihr Gesichtsausdruck, ihre moderne Kleidung, ihre - Bewegungen, ihre ganze Erscheinung überhaupt verleugnen das - Bauernmädchen nicht ganz. - -Helene. Schwager, Du könntest ... (Sie entdeckt Loth und zieht sich -schnell zurück.) Ach! ich bitte um Verzeihung. (Ab.) - -Hoffmann. Bleib doch, bleib! - -Loth. Deine Frau? - -Hoffmann. Nein, ihre Schwester. Hörtest Du nicht, wie sie mich -betitelte? - -Loth. Nein. - -Hoffmann. Hübsch! Wie? -- Nu aber erklär' Dich! Kaffee? Thee? Grog? - -Loth. Danke, danke für alles. - -Hoffmann (präsentirt ihm Cigarren). Aber _das_ ist was für Dich -- -nicht?! ... Auch nicht?! - -Loth. Nein, danke. - -Hoffmann. Beneidenswerthe Bedürfnißlosigkeit! (Er raucht sich selbst -eine Cigarre an und spricht dabei.) Die A.. Asche, wollte sagen der ... -der Tabak ... ä! Rauch natürlich ... der Rauch belästigt Dich doch wohl -nicht? - -Loth. Nein. - -Hoffmann. Wenn ich _das_ nicht noch hätte ... ach Gott ja, das bischen -Leben! -- Nu aber thu mir den Gefallen, erzähle was. -- Zehn Jahre -- -bist übrigens kaum sehr verändert -- zehn Jahre, 'n ekliger Fetzen Zeit --- was macht Schn... Schnurz nannten wir ihn ja wohl? Fips, -- die ganze -heitere Blase von damals? Hast du den einen oder anderen im Auge -behalten? - -Loth. Sach mal, solltest Du das nicht wissen? - -Hoffmann. Was? - -Loth. Daß er sich erschossen hat. - -Hoffmann. Wer? -- hat sich wieder mal erschossen. - -Loth. Fips! Friedrich Hildebrandt. - -Hoffmann. I warum nich gar! - -Loth. Ja! er hat sich erschossen -- im Grunewald, an einer sehr schönen -Stelle der Havelseeufer. Ich war dort, man hat den Blick auf Spandau. - -Hoffmann. Hm! -- Hätt ihm das nicht zugetraut, war doch sonst keine -Heldennatur. - -Loth. Deswegen hat er sich eben erschossen. -- _Gewissenhaft_ war er, -sehr gewissenhaft. - -Hoffmann. Gewissenhaft? Woso? - -Loth. Nun, darum eben ... sonst hätte er sich wohl nicht erschossen. - -Hoffmann. Versteh nicht recht. - -Loth. Na, die Farbe seiner politischen Anschauungen kennst Du doch? - -Hoffmann. Ja, grün. - -Loth. Du kannst sie gern so nennen. Er war, dies wirst Du ihm wohl -lassen müssen, ein talentvoller Jung. -- Fünf Jahre hat er als -Stuccateur arbeiten müssen, andere fünf Jahre dann, so zu sagen, auf -eigene Faust durchgehungert und dazu kleine Statuetten modellirt. - -Hoffmann. Abstoßendes Zeug. Ich will von der Kunst erheitert sein .... -Nee! diese Sorte Kunst war durchaus nicht mein Geschmack. - -Loth. Meiner war es auch nicht, aber er hatte sich nun doch einmal drauf -versteift. Voriges Frühjahr schrieben sie da ein Denkmal aus; irgend ein -Duodezfürstchen, glaub ich, sollte verewigt werden. Fips hatte sich -betheiligt und gewonnen; kurz darauf schoß er sich todt. - -Hoffmann. Wo da die Gewissenhaftigkeit stecken soll, ist mir völlig -schleierhaft. -- Für so was habe ich nur eine Benennung: Spahn -- auch -Wurm -- Spleen -- so was. - -Loth. Das ist ja das allgemeine Urtheil. - -Hoffmann. Thut mir leid, kann aber nicht umhin mich ihm anzuschließen. - -Loth. Es ist ja für ihn auch ganz gleichgültig, was ... - -Hoffmann. Ach überhaupt, lassen wir das. Ich bedauere ihn im Grunde ganz -ebenso sehr wie Du, aber -- nun ist er doch einmal todt, der gute Kerl; --- erzähle mir lieber etwas von _Dir_, was Du getrieben hast, wie's Dir -ergangen ist. - -Loth. Es ist mir so ergangen, wie ich's erwarten mußte. -- Hast Du gar -nichts von mir gehört? -- durch die Zeitungen mein ich. - -Hoffmann (ein wenig befangen). Wüßte nicht. - -Loth. Nichts von der Leipziger Geschichte? - -Hoffmann. Ach so, _das_! -- Ja! -- Ich glaube .... nichts Genaues. - -Loth. Also, die Sache war folgende: - -Hoffmann (seine Hand auf Loth's Arm legend). Ehe Du anfängst: willst Du -denn _gar_ nichts zu Dir nehmen? - -Loth. Später vielleicht. - -Hoffmann. Auch nicht ein Gläschen Cognac? - -Loth. Nein. Das am allerwenigsten. - -Hoffmann. Nun, dann werde ich ein Gläschen .... Nichts besser für den -Magen. (Holt Flasche und zwei Gläschen vom Buffet, setzt alles auf den -Tisch vor Loth.) _Grand Champagne_, feinste Nummer; ich kann ihn -empfehlen. -- Möchtest Du nicht ....? - -Loth. Danke. - -Hoffmann (kippt das Gläschen in den Mund). Oah! -- na, nu bin ich ganz -Ohr. - -Loth. Kurz und gut: da bin ich eben sehr stark hineingefallen. - -Hoffmann. Mit zwei Jahren, glaub ich?! - -Loth. Ganz recht! Du scheinst es ja doch also zu wissen. Zwei Jahre -Gefängniß bekam ich, und nach dem haben sie mich noch von der -Universität relegirt. Damals war ich -- einundzwanzig. Nun! in diesen -zwei Gefängnißjahren habe ich mein erstes volkswirthschaftliches Buch -geschrieben. Daß es gerade ein Vergnügen gewesen, zu brummen, müßte ich -allerdings lügen. - -Hoffmann. Wie man doch einmal so sein konnte! Merkwürdig! So was hat man -sich nun allen Ernstes in den Kopf gesetzt. Baare Kindereien sind es -gewesen, kann mir nicht helfen, Du! -- nach Amerika auswandern 'n -Dutzend Gelbschnäbel wie wir! -- _wir_ und Musterstaat gründen! -Köstliche Vorstellung! - -Loth. Kindereien?! -- tjaa! In gewisser Beziehung sind es auch wirklich -Kindereien gewesen! Wir unterschätzten die Schwierigkeiten eines solchen -Unternehmens. - -Hoffmann. Und daß Du nun _wirk--lich hinaus_ gingst -- nach Amerika -- -all--len Ernstes mit leeren Händen .... Denk' doch mal an, was es heißt, -Grund und Boden für einen Musterstaat mit leeren Händen erwerben zu -wollen: das ist ja beinahe ver.... jedenfalls ist es einzig naiv. - -Loth. Ach, gerade mit dem Ergebniß meiner Amerikafahrt bin ich ganz -zufrieden. - -Hoffmann (laut auflachend). Kaltwasserkur, vorzügliche Resultate, wenn -Du es so meinst ... - -Loth. Kann sein, ich bin etwas abgekühlt worden; damit ist mir aber gar -nichts _Besonderes_ geschehen. Jeder Mensch macht seinen -Abkühlungsprozeß durch. Ich bin jedoch weit davon entfernt, den Werth -der .... nun, sagen wir hitzigen Zeit zu verkennen. Sie war auch gar -nicht so furchtbar naiv, wie Du sie hinstellst. - -Hoffmann. Na, ich weiß nicht?! - -Loth. Du brauchst nur an die Durchschnittskindereien unserer Tage -denken: das Couleurwesen auf den Universitäten, das Saufen, das Pauken. -Warum all der Lärm? Wie Fips zu sagen pflegte: um Hekuba! - -Um Hekuba drehte es sich bei uns doch wohl nicht; wir hatten die -allerhöchsten menschheitlichen Ziele im Auge. Und abgesehen davon, diese -naive Zeit hat bei mir gründlich mit Vorurtheilen aufgeräumt. Ich bin -mit der Scheinreligion und Scheinmoral und mit noch manchem Anderen .... - -Hoffmann. Das kann ich Dir ja auch ohne Weiteres zugeben. Wenn ich jetzt -doch immerhin ein vorurtheilsloser, aufgeklärter Mensch bin, dann -verdanke ich das, wie ich _gar nicht_ leugne, den Tagen unseres Umgangs. --- Natürlicherweise! -- Ich bin der letzte, das zu leugnen. -- Ich bin -überhaupt in _keiner_ Beziehung Unmensch. Nur muß man nicht mit dem -Kopfe durch die Wand rennen wollen. -- Man muß nicht die Uebel, an denen -die gegenwärtige Generation, leider Gottes, krankt, durch noch größere -verdrängen wollen; man muß -- alles ruhig seinen natürlichen Gang gehen -lassen. Was kommen soll, kommt! _Praktisch_, praktisch muß man -verfahren! Erinnere Dich! Ich habe das früher _gerade_ so betont, und -dieser Grundsatz hat sich bezahlt gemacht. -- Das _ist_ es ja eben. Ihr -alle -- Du mit eingerechnet -- Ihr verfahrt höchst _un_praktisch. - -Loth. Erklär' mir eben mal, wie Du das meinst. - -Hoffmann. _Ein_fach! Ihr nützt Eure Fähigkeiten nicht aus. Zum Beispiel -Du: 'n Kerl wie Du, mit Kenntnissen, Energie etc., was hätte Dir nicht -offen gestanden! Statt dessen, was machst Du? _Com--pro--mit--tirst -Dich_ von vornherein _der_--art ... na, Hand auf's Herz! hast Du das -nicht manchmal bereut? - -Loth. Ich konnte nicht gut bereuen, weil ich ohne Schuld verurtheilt -worden bin. - -Hoffmann. Kann ich ja nicht beurtheilen, weißt Du. - -Loth. Du wirst das gleich können, wenn ich Dir sage: die Anklageschrift -führte aus, ich hätte unseren Verein Vancouver-Island nur zum Zwecke -parteilicher Agitation ins Leben gerufen; dann sollte ich auch Geld zu -Parteizwecken gesammelt haben. Du weißt ja nun, daß es uns mit unseren -colonialen Bestrebungen Ernst war, und was das Geldsammeln anlangt, so -hast Du ja selbst gesagt, daß wir alle miteinander leere Hände hatten. -Die Anklage enthält also kein wahres Wort, und als Mitglied solltest Du -das doch ... - -Hoffmann. Na -- Mitglied war ich doch wohl eigentlich nicht so recht. -- -Uebrigens glaube ich Dir selbstredend. -- Die Richter sind halt immer -nur Menschen, muß man nehmen. -- Jedenfalls hättest Du, um praktisch zu -handeln, auch den _Schein_ meiden müssen. Ueberhaupt: ich habe mich in -der Folge manchmal baß gewundert über Dich: Redacteur der -Arbeiterkanzel, des obscursten aller Käseblättchen -- Reichstagscandidat -des süßen Pöbels! Und was hast Du nu davon? -- versteh mich nicht -falsch! Ich bin der letzte, der es an Mitleid mit dem armen Volke fehlen -läßt, aber _wenn_ etwas geschieht, dann mag es von oben her_ab_ -geschehen! Es muß sogar von oben herab geschehen, das Volk weiß nun mal -nicht, was ihm noth thut -- das »Von-unten-_herauf_,« siehst Du, _das_ -eben nenne ich das »Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-rennen.« - -Loth. Ich bin aus dem, was Du eben gesagt hast, nicht klug geworden. - -Hoffmann. Na, ich meine eben, sieh _mich_ an! Ich habe die Hände frei: -ich könnte nu schon anfangen was für die Ideale zu thun. -- Ich kann -wohl sagen, mein _praktisches_ Programm ist nahezu durchgeführt. Aber -Ihr ... immer mit leeren Händen, was wollt denn _Ihr machen_? - -Loth. Ja, wie man so hört: Du segelst stark auf Bleichröder zu. - -Hoffmann (geschmeichelt). Zu viel Ehre -- vorläufig noch. Wer sagt das? --- Man arbeitet eben seinen soliden Stiefel fort. Das belohnt sich -naturgemäß -- wer sagt das übrigens? - -Loth. Ich hörte darüber in Jauer zwei Herren am Nebentisch reden. - -Hoffmann. Ä! Du! -- Ich habe Feinde! -- Was sagten die denn übrigens? - -Loth. Nichts Besonderes. Durch sie erfuhr ich, daß Du Dich zur Zeit eben -hier auf das Gut Deiner Schwiegereltern zurückgezogen hast. - -Hoffmann. Was die Menschen nicht alles ausschnüffeln! Lieber Freund! Du -glaubst nicht, wie ein Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt -beobachtet wird. Das ist auch so 'n Uebelstand des Reich.... -- Die -Sache ist nämlich die: ich erwarte der größeren Ruhe und gesünderen Luft -wegen die Niederkunft meiner Frau _hier_. - -Loth. Wie paßt denn das aber mit dem Arzt? Ein guter Arzt ist doch in -solchen Fällen von allergrößter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe .... - -Hoffmann. Das ist es eben: der Arzt hier ist ganz besonders tüchtig; -und, weißt Du, so viel habe ich bereits weg: Gewissenhaftigkeit geht -beim Arzt über Genie. - -Loth. Vielleicht ist sie eine Begleiterscheinung des Genies im Arzt. - -Hoffmann. Mein'twegen, jedenfalls _hat_ unser Arzt Gewissen. Er ist -nämlich auch so'n Stück Ideologe, halb und halb unser Schlag -- reussirt -schauderhaft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk. Man -vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n recht unverdaulicher -Patron, 'n Mischmasch von Härte und Sentimentalität. Aber, wie gesagt, -Gewissenhaftigkeit weiß ich zu schätzen! -- Unbedingt! -- Eh ich's -vergesse .... es ist mir nämlich darum zu thun .... man muß immer -wissen, wessen man sich zu versehen hat .... Höre! .... sage mir doch -.... ich seh Dir's an, die Herren am Nebentische haben nichts Gutes über -mich gesprochen. -- Sag' mir doch, bitte, was sie gesprochen haben. - -Loth. Das sollte ich wohl nicht thun, denn ich will Dich nachher um -zweihundert Mark bitten, geradezu _bitten_, denn ich werde sie Dir wohl -kaum je wiedergeben können. - -Hoffmann (zieht ein Checbuch aus der Brusttasche, füllt einen Chec aus, -übergiebt ihn Loth). Bei irgend einer Reichsbankfiliale .... Es ist mir -'n Vergnügen .... - -Loth. Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Erwartungen. -- Na! -- ich -nehm es dankbar an und Du weißt ja: übel angewandt ist es auch nicht. - -Hoffmann (mit Anflug von Pathos). Ein Arbeiter ist seines Lohnes werth! --- Doch jetzt, Loth, sei so gut, sag' mir, was die Herren am Nebentisch -.... - -Loth. Sie haben wohl Unsinn gesprochen. - -Hoffmann. Sag' mir's trotzdem, bitte! -- Es ist mir lediglich -interessant, _ledig--lich_ interessant -- - -Loth. Es war davon die Rede, daß Du hier einen anderen aus der Position -verdrängt hättest, -- einen Bauunternehmer Müller. - -Hoffmann. Na--tür--lich! _diese_ Geschichte! - -Loth. Ich glaube, der Mann sollte mit Deiner jetzigen Frau verlobt -gewesen sein. - -Hoffmann. War er auch. -- Und was weiter? - -Loth. Ich erzähle Dir alles, wie ich es hörte, weil ich annehme: es -kommt Dir darauf an, die Verleumdung möglichst getreu kennen zu lernen. - -Hoffmann. Ganz recht! Also? - -Loth. So viel ich heraus hörte, soll dieser Müller den Bau einer Strecke -der hiesigen Gebirgsbahn übernommen haben. - -Hoffmann. Ja! Mit lumpigen zehntausend Thalern Vermögen. Als er einsah, -daß dieses Geld nicht zureichte, wollte er schnell eine Witzdorfer -Bauerntochter fischen; meine jetzige Frau sollte _diejenige_ sein, -_welche_. - -Loth. Er hätte es, sagten sie, mit der Tochter, Du mit dem Alten -gemacht. -- Dann hat er sich ja wohl erschossen?! -- Auch seine Strecke -hättest Du zu Ende gebaut und noch sehr viel Geld dabei verdient. - -Hoffmann. Darin ist einiges Wahre enthalten, doch -- ich könnte Dir eine -Verknüpfung der Thatsachen geben ... Wußten sie am Ende noch mehr -dergleichen erbauliche Dinge? - -Loth. Ganz besonders -- muß ich Dir sagen -- regten sie sich über -_etwas_ auf: sie rechneten sich vor, welch ein enormes Geschäft in -Kohlen Du jetzt machtest und nannten Dich einen .... na, schmeichelhaft -war es eben nicht für Dich. Kurz gesagt, sie erzählten, Du hättest die -hiesigen dummen Bauern beim Champagner überredet, einen Vertrag zu -unterzeichnen, in welchem Dir der alleinige Verschleiß aller in ihren -Gruben geförderten Kohle übertragen worden ist gegen eine Pachtsumme, -die fabelhaft gering sein sollte. - -Hoffmann (sichtlich peinlich berührt, steht auf). Ich will Dir was -sagen, Loth .... Ach, warum auch noch darin rühren? Ich schlage vor, wir -denken an's Abendbrod, mein Hunger ist mörderisch. Mörderischen Hunger -habe ich. (Er drückt auf den Knopf einer elektrischen Leitung, deren -Draht in Form einer grünen Schnur auf das Sopha herunter hängt; man hört -das Läuten einer elektrischen Klingel.) - -Loth. Nun, wenn Du mich hier behalten willst -- dann sei so gut .... ich -möchte mich eben 'n bischen säubern. - -Hoffmann. Gleich sollst Du alles Nöthige .... (Eduard tritt ein, Diener -in Livree.) Eduard! führen Sie den Herrn in's Gastzimmer. - -Eduard. Sehr wohl, gnädiger Herr. - -Hoffmann (Loth die Hand drückend). In spätestens fünfzehn Minuten möchte -ich Dich bitten, zum Essen herunter zu kommen. - -Loth. Uebrig Zeit. Also Wiedersehen! - -Hoffmann. Wiedersehen! - - Eduard öffnet die Thür und läßt Loth vorangehen. Beide ab. - Hoffmann kratzt sich den Hinterkopf, blickt nachdenklich auf den - Fußboden, geht dann auf die Thür rechts zu, deren Klinke er - bereits gefaßt hat, als Helene, welche hastig durch die Glasthür - eingetreten ist, ihn anruft. - -Helene. Schwager! Wer war das? - -Hoffmann. Das war einer von meinen Gymnasialfreunden, der älteste sogar, -Alfred Loth. - -Helene (schnell). Ist er schon wieder fort? - -Hoffmann. Nein! Er wird mit uns zu Abend essen. -- Womöglich .... ja, -womöglich auch hier übernachten. - -Helene. Oh Jeses! Da komme ich nicht zum Abendessen. - -Hoffmann. Aber Helene! - -Helene. Was brauche ich auch unter gebildete Menschen zu kommen! Ich -will nur ruhig weiter verbauern. - -Hoffmann. Ach, immer diese Schrullen! Du wirst mir sogar den großen -Dienst erweisen und die Anordnungen für den Abendtisch treffen. Sei so -gut! -- Wir machen's 'n bischen feierlich. Ich vermuthe nämlich, er -führt irgend was im Schilde. - -Helene. Was meinst Du, im Schilde führen? - -Hoffmann. Maulwurfsarbeit -- wühlen, wühlen. -- Davon verstehst Du nun -freilich nichts. -- Kann mich übrigens täuschen, denn ich habe bis jetzt -vermieden auf diesen Gegenstand zu kommen. Jedenfalls mach alles recht -einladend. Auf diese Weise ist den Leuten noch am leichtesten ... -Champagner natürlich! Die Hummern von Hamburg sind angekommen? - -Helene. Ich glaube, sie sind heut früh angekommen. - -Hoffmann. Also, Hummern! (Es klopft sehr stark.) Herein! - -Postpacketträger. (Eine Kiste unter'm Arm, eintretend, spricht er in -singendem Tone.) Eine _Kis--te_. - -Helene. Von wo? - -Packetträger. _Ber--lin._ - -Hoffmann. Richtig. Es werden die Kindersachen von Hertzog sein. (Er -besieht das Packet und nimmt den Abschnitt.) Ja, ja, es sind die Sachen -von Hertzog. - -Helene. _Die--se_ Kiste voll? Du übertreibst. - -Hoffmann (lohnt den Packetträger ab). - -Packetträger (ebenso halb singend). Schö'n gn'n A--bend. (Ab.) - -Hoffmann. Wieso übertreiben? - -Helene. Nun, hiermit kann man doch wenigstens drei Kinder ausstatten. - -Hoffmann. Bist Du mit meiner Frau spazieren gegangen? - -Helene. Was soll ich machen, wenn sie immer gleich müde wird? - -Hoffmann. Ach was, immer gleich müde -- sie macht mich unglücklich! Ein -und eine halbe Stunde ... sie soll doch um Gottes Willen thun, was der -Arzt sagt. Zu was hat man denn den Arzt, wenn ... - -Helene. Dann greife Du ein, schaff' die Spillern fort! Was soll ich -gegen so 'n altes Weib machen, die ihr immer nach dem Munde geht! - -Hoffmann. Was denn? ... ich als Mann ... was soll ich als Mann? ... und -außerdem, Du kennst doch die Schwiegermama. - -Helene (bitter). Allerdings. - -Hoffmann. Wo ist sie denn jetzt? - -Helene. Die Spillern stutzt sie heraus, seit Herr Loth hier ist; sie -wird wahrscheinlich zum Abendbrod wieder ihr Rad schlagen. - -Hoffmann (schon wieder in eigenen Gedanken, macht einen Gang durch's -Zimmer; heftig). Es ist das letzte Mal, auf Ehre!, daß ich so etwas hier -in diesem Hause abwarte. Auf Ehre! - -Helene. Ja, Du hast es eben gut, Du kannst gehen, wohin Du willst. - -Hoffmann. Bei mir zu Hause wäre der unglückliche Rückfall in dies -schauderhafte Laster auch _sicher nicht_ vorgekommen. - -Helene. _Mich_ mache dafür nicht verantwortlich! Von _mir_ hat sie den -Branntwein nicht bekommen. Schaff' Du nur die Spillern fort. Ich sollte -bloß 'n Mann sein. - -Hoffmann (seufzend). Ach, wenn es nur erst wieder vorüber wär'! -- (In -der Thür rechts.) Also Schwägerin, Du thust mir den Gefallen: einen -recht appetitlichen Abendtisch! Ich erledige schnell noch eine -Kleinigkeit. - -Helene (drückt auf den Klingelknopf, Miele kommt). Miele, decken Sie den -Tisch! Eduard soll Sekt kalt stellen und vier Dutzend Austern öffnen. - -Miele (unterdrückt, batzig). Sie kinn'n 's 'm salber sagen, a nimmt -nischt oa vu mir, a meent immer: a wär ok beim Inschinnär gemit't. - -Helene. Dann schick ihn wenigstens rein. - - Miele ab. Helene tritt vor den Spiegel, ordnet dies und das an - ihrer Toilette; währenddeß tritt Eduard ein. - -Helene (immer noch vor dem Spiegel). Eduard, stellen Sie Sekt kalt und -öffnen Sie Austern! Herr Hoffmann hat es befohlen. - -Eduard. Sehr wohl, Fräulein. (Eduard ab. Gleich darauf klopft es an die -Mittelthür.) - -Helene (fährt zusammen). Großer Gott! -- (Zaghaft.) Herein! -- (lauter -und fester) -- herein! - -Loth (tritt ein ohne Verbeugung). Ach, um Verzeihung! -- ich wollte -nicht stören, -- mein Name ist Loth. - -Helene (verbeugt sich tanzstundenmäßig). - -Stimme Hoffmann's (durch die geschlossene Zimmerthür): Kinder! keine -Umstände! -- Ich komme gleich heraus. Loth! es ist meine Schwägerin -Helene Krause! Und Schwägerin! es ist mein Freund Alfred Loth! -Betrachtet Euch als vorgestellt. - -Helene. Nein, über Dich aber auch! - -Loth. Ich nehme es ihm nicht übel, Fräulein! Bin selbst, wie man mir -sehr oft gesagt hat, in Sachen des guten Tons ein halber Barbar. -- Aber -wenn ich Sie gestört habe, so ... - -Helene. Bitte, -- Sie haben mich gar nicht gestört, -- durchaus nicht. -(Befangenheitspause, hierauf:) Es ist ... es ist schön von Ihnen, daß -- -Sie meinen Schwager aufgesucht haben. Er beklagt sich immer von ... er -bedauert immer, von seinen Jugendfreunden so ganz vergessen zu sein. - -Loth. Ja, es hat sich zufällig so getroffen. -- Ich war immer in Berlin -und daherum -- wußte eigentlich nicht, wo Hoffmann steckte. Seit meiner -Breslauer Studienzeit war ich nicht mehr in Schlesien. - -Helene. Also nur so zufällig sind Sie auf ihn gestoßen? - -Loth. Nur ganz zufällig -- und zwar gerade an dem Ort, wo ich meine -Studien zu machen habe. - -Helene. Ach, Spaß! -- Witzdorf und Studien machen, nicht möglich! in -diesem armseligen Neste?! - -Loth. Armselig nennen Sie es? -- Aber es liegt doch hier ein ganz -außergewöhnlicher Reichthum. - -Helene. Ja doch! in der Hinsicht ... - -Loth. Ich habe nur immer gestaunt. Ich kann Sie versichern, solche -Bauernhöfe giebt es nirgendwo anders; da guckt ja der Ueberfluß wirklich -aus Thüren und Fenstern. - -Helene. Da haben Sie recht. In mehr als einem Stalle hier fressen Kühe -und Pferde aus marmornen Krippen und neusilbernen Raufen! Das hat die -Kohle gemacht, die unter unseren Feldern gemuthet worden ist, die hat -die armen Bauern im Handumdrehen steinreich gemacht. (Sie weist auf das -Bild an der Hinterwand.) Sehen Sie da -- mein Großvater war -Frachtfuhrmann. Das Gütchen gehörte ihm, aber der geringe Boden ernährte -ihn nicht, da mußte er Fuhren machen. -- Das dort ist er selbst in der -blauen Blouse -- man trug damals noch solche blaue Blousen. -- Auch mein -Vater als junger Mensch ist darin gegangen. -- Nein! -- so meinte ich es -nicht -- mit dem »armselig«; nur ist es so öde hier. So ... gar nichts -für den Geist giebt es. Zum Sterben langweilig ist es. - - Miele und Eduard ab- und zugehend decken den Tisch rechts im - Hintergrunde. - -Loth. Giebt es denn nicht zuweilen Bälle oder Kränzchen? - -Helene. Nicht mal das giebt es. Die Bauern _spielen_, _jagen_, _trinken_ -... was sieht man den ganzen Tag? (Sie ist vor das Fenster getreten und -weist mit der Hand hinaus.) Hauptsächlich solche Gestalten. - -Loth. Hm! Bergleute. - -Helene. _Welche_ gehen zur Grube, _welche_ kommen von der Grube: das -hört nicht auf. -- Wenigstens ich sehe _immer_ Bergleute. Denken Sie, -daß ich alleine auf die Straße mag? Höchstens auf die Felder, durch das -Hinterthor. Es ist ein _zu_ rohes Pack! -- Und wie sie einen immer -anglotzen, so schrecklich finster -- als ob man geradezu was verbrochen -hätte. - -Im Winter, wenn wir so manchmal Schlitten gefahren sind und sie kommen -dann in der Dunkelei in großen Trupps über die Berge, im Schneegestöber -und sie sollen ausweichen, da gehen sie vor den Pferden her und weichen -nicht aus. Da nehmen die Bauern manchmal den Peitschenstiel, anders -kommen sie nicht durch. Ach, und dann schimpfen sie hinterher. Hu! ich -habe mich manchmal so entsetzlich geängstigt. - -Loth. Und nun denken Sie an: gerade um dieser Menschen willen -- vor -denen Sie sich so sehr fürchten, bin ich hierher gekommen. - -Helene. Nein aber ... - -Loth. Ganz im Ernst, sie interessiren mich hier mehr als alles Andere. - -Helene. Niemand ausgenommen? - -Loth. Nein. - -Helene. Auch mein Schwager nicht ausgenommen? - -Loth. Nein! -- Das Interesse für diese Menschen ist ein ganz anderes, -- -höheres ... verzeihen Sie, Fräulein! Sie können das am Ende doch wohl -nicht verstehen. - -Helene. Wieso nicht? Ich verstehe Sie sehr gut, Sie ... (Sie läßt einen -Brief aus der Tasche gleiten, Loth bückt sich darnach.) Ach, lassen Sie -... es ist nicht wichtig, nur eine gleichgültige Pensionskorrespondenz. - -Loth. Sie sind in Pension gewesen? - -Helene. Ja, in Herrnhut. Sie müssen nicht denken, daß ich ... nein, -nein, ich verstehe Sie schon. - -Loth. Ich meine, die Arbeiter interessieren mich um ihrer selbst willen. - -Helene. Ja, freilich, -- es ist ja sehr interessant ... so ein Bergmann -... wenn man's so nehmen will ... Es giebt ja Gegenden, wo man gar keine -findet, aber wenn man sie so täglich ... - -Loth. Auch wenn man sie täglich sieht, Fräulein ... Man muß sie sogar -täglich sehen, um das Interessante an ihnen herauszufinden. - -Helene. Nun, wenn es _so schwer_ herauszufinden ... was ist es denn -dann? das Interessante mein ich. - -Loth. Es ist zum Beispiel interessant, daß diese Menschen, wie Sie -sagen, immer so gehässig oder finster blicken. - -Helene. Wieso meinen Sie, daß das besonders interessant ist? - -Loth. Weil es nicht das Gewöhnliche ist. Wir anderen pflegen doch nur -zeitweilig und keineswegs immer so zu blicken. - -Helene. Ja, weshalb _blicken_ sie denn nur immer so ... so gehässig, so -mürrisch? Es muß doch einen Grund haben. - -Loth. Ganz recht! und _den_ möchte ich gern herausfinden. - -Helene. Ach _Sie_ sind! Sie lügen mir was vor. Was hätten Sie denn -davon, wenn Sie das auch wüßten? - -Loth. Man könnte vielleicht Mittel finden, den Grund, warum diese Leute -immer so freudlos und gehässig sein müssen, wegzuräumen; -- man könnte -sie vielleicht glücklicher machen. - -Helene (ein wenig verwirrt). Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ... aber -gerade jetzt verstehe ich Sie doch vielleicht ein ganz klein wenig. -- -Es ist mir nur ... nur so ganz _neu_, _so -- ganz_ -- neu! - -Hoffmann (durch die Thüre rechts eintretend. Er hat eine Anzahl Briefe -in der Hand). So! da bin ich wieder. -- Eduard! daß die Briefe noch vor -8 auf der Post sind. (Er händigt dem Diener die Briefe ein, der Diener -ab.) - -So, Kinder! jetzt können wir speisen. -- Unerlaubte Hitze hier! -September und solche Hitze! (Er hebt den Champagner aus dem Eiskübel.) -Veuve Cliquot: Eduard kennt meine stille Liebe. (Zu Loth gewendet.) Habt -ja furchtbar eifrig disputirt. (Tritt an den fertig gedeckten, mit -Delicatessen überladenen Abendtisch, reibt sich die Hände.) Na! das -sieht ja recht gut aus! (Mit einem verschmitzten Blick zu Loth hinüber.) -Meinst Du nicht auch? -- Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Besuch: -Kahl-Wilhelm. Er war auf dem Hof. - -Helene (macht eine ungezogene Geberde). - -Hoffmann. Aber Beste! Du thust fast, als ob ich ihn ... was kann denn -ich dafür? Hab ich ihn etwa _gerufen_? (Man hört schwere Schritte -draußen im Hausflur.) Ach! das Unheil schreitet schnelle. - - Kahl tritt ein, ohne vorher angeklopft zu haben. Er ist ein - vierundzwanzigjähriger, plumper Bauernbursch, dem man es ansieht, - daß er, so weit möglich, gern den feinen, noch mehr aber den - reichen Mann herausstecken möchte. Seine Gesichtszüge sind grob, - der Gesichtsausdruck vorwiegend dumm-pfiffig. Er ist bekleidet - mit einem grünen Jaquet, bunter Sammtweste, dunklen Beinkleidern - und Glanzlack-Schaftstiefeln. Als Kopfbedeckung dient ihm ein - grüner Jägerhut mit Spielhahnfeder. Das Jaquet hat - Hirschhornknöpfe, an der Uhrkette Hirschzähne etc. Stottert. - -Kahl. Gun'n Abend mi'nander! (Er erblickt Loth, wird sehr verlegen und -macht stillstehend eine ziemlich klägliche Figur.) - -Hoffmann (tritt zu ihm und reicht ihm die Hand aufmunternd). Guten -Abend, Herr Kahl! - -Helene (unfreundlich). Guten Abend. - -Kahl (geht mit schweren Schritten quer durch das ganze Zimmer auf Helene -zu und giebt ihr die Hand). 'n Abend och, Lene. - -Hoffmann (zu Loth). Ich stelle Dir hiermit Herrn Kahl vor, unseren -Nachbarssohn. - -Kahl (grinst und dreht den Hut. Verlegenheitsstille.) - -Hoffmann. Zu Tisch Kinder! Fehlt noch Jemand? Ach, die Schwiegermama. -Miele! bitten Sie Frau Krause zu Tische. - - Miele ab durch die Mittelthür. - -Miele (draußen im Hausflur schreiend): Frau!! -- Frau!! Assa kumma! Sie -sill'n assa kumma! - - Helene und Hoffmann blicken einander an und lachen verständnißinnig, - dann blicken sie vereint auf Loth. - -Hoffmann (zu Loth). Ländlich, sittlich! - - Frau Krause erscheint, furchtbar aufgedonnert. Seide und - kostbarer Schmuck. Haltung und Kleidung verrathen Hoffahrt, - Dummstolz, unsinnige Eitelkeit. - -Hoffmann. Ah! da ist Mama! -- Du gestattest, daß ich Dir meinen Freund -Dr. Loth vorstelle. - -Frau Krause (macht einen undefinirbaren Knix). Ich bin so frei! (Nach -einer kleinen Pause.) Nein, aber auch, Herr Doktor, nahmen Sie mir's ock -bei Leibe nicht ibel! Ich muß mich zuerscht muß ich mich vor Ihn'n -vertefentiren, -- (sie spricht je länger, um so schneller) -- -vertefentiren wegen meiner vorhinigten Benehmigung. Wissen Se, verstihn -Se, es komm' ein der Drehe bei uns eine so ane grußmächtige Menge -Stremer .... Se kinn's ni gleba, ma hoot mit dan Battelvulke seine liebe -Noth. A su enner, dar maust akrat wie a Ilster. Uf da Pfennig kimmt's -ins ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol rimzudrehn, an ken'n -Thoaler nich, ebb ma'n ausgibbt. De Krausa-Ludwig'n, _die_ iis geizig, -schlimmer wie a Homster egelganz, di ginnt ke'm Luder nischt. Ihrer is -gesturba aus Arjer, weil a lumpigte zwetausend ei Brassel verloern hoot. -Ne, ne! a su sein mir dorchaus nicht. Sahn Se, doas Buffett kust't mich -zwehundert Thoaler, a Transpurt ni gerechnet; na, d'r Beron Klinkow -keans au ne andersch honn. - - _Frau Spiller_ ist kurz nach Frau Krause ebenfalls eingetreten. - Sie ist klein, schief und mit den zurückgelegten Sachen der Frau - Krause herausgestutzt. Während Frau Krause spricht, hält sie mit - einer gewissen Andacht die Augen zu ihr aufgeschlagen. Sie ist - etwa fünfundfünfzig Jahre alt; ihr Ausathmen geschieht jedesmal - mit einem leisen Stöhnen, welches auch, wenn sie redet, - regelmäßig wie--m--hörbar wird. - -Frau Spiller (mit unterwürfigem, wehmüthig geziertem _moll_-Ton, sehr -leise). Der Baron Klinkow haben genau dasselbe Buffet--m--. - -Helene (zu Frau Krause). Mama! wollen wir uns nicht erst setzen, dann -..... - -Frau Krause (wendet sich blitzschnell und trifft Helene mit einem -vernichtenden Blick; kurz und herrisch). _Schickt sich doas?_ (Frau -Krause, im Begriff sich zu setzen, erinnert sich, daß das Tischgebet -noch nicht gesprochen ist und faltet mechanisch, doch ohne ihrer Bosheit -im Uebrigen Herr zu sein, die Hände.) - -Frau Spiller (spricht das Tischgebet). - - Komm, Herr Jesu, sei unser Gast. - Segne, was du uns bescheeret hast. - Amen. - - Alle setzen sich mit Geräusch. Mit dem Zulangen und Zureichen, - welches einige Zeit in Anspruch nimmt, kommt man über die - peinliche Situation hinweg. - -Hoffmann (zu Loth). Lieber Freund, Du bedienst Dich wohl?! Austern? - -Loth. Nun, will probiren. Es sind die ersten Austern, die ich esse. - -Frau Krause (hat soeben eine Auster geschlürft. Mit vollem Mund.) In dar -Seisong, mein'n Se woll? - -Loth. Ich meine _überhaupt_. - - Frau Krause und Frau Spiller wechseln Blicke. - -Hoffmann (zu Kahl, der eine Citrone mit den Zähnen auspreßt). Zwei Tage -nicht gesehen, Herr Kahl! Tüchtig Mäuse gejagt in der Zeit? - -Kahl. N... n.. ne! - -Hoffmann (zu Loth). Herr Kahl ist nämlich ein leidenschaftlicher Jäger. - -Kahl. D.. d. die M.. mm.. maus, das ist 'n in... in.. infamtes Am.. am.. -amf ff.. fibium. - -Helene (platzt heraus). Zu lächerlich ist das, alles schießt er todt, -Zahmes und Wildes. - -Kahl. N.. nächten hab ich d.. d.. die alte Szss.. sau vu ins t.. todt -g.. g.. geschossen. - -Loth. Da ist wohl schießen Ihre Hauptbeschäftigung? - -Frau Krause. Herr Kahl thut's ock bloßig zum Prifatvergnigen. - -Frau Spiller. Wald, Wild, Weib pflegten Seine Exellenz der Herr Minister -von Schadendorf oftmals zu sagen. - -Kahl. I.. i.. iberm.. m.. murne hab'n mer T.. t.. tau.. t.. -taubenschießen. - -Loth. Was ist denn das: Taubenschießen? - -Helene. Ach, ich kann so was nicht leiden; es ist doch nichts als eine -recht unbarmherzige Spielerei. Ungezogene Jungens, die mit Steinen nach -Fensterscheiben zielen, thun etwas Besseres. - -Hoffmann. Du gehst zu weit, Helene. - -Helene. Ich weiß nicht --, meinem Gefühl nach hat es weit mehr Sinn, -Fenster einzuschmeißen, als Tauben an einem Pfahl festzubinden und dann -mit Kugeln nach ihnen zu schießen. - -Hoffmann. Na, Helene, -- man muß doch aber bedenken .... - -Loth (irgend etwas mit Messer und Gabel schneidend). Es ist ein -schandhafter Unfug. - -Kahl. Um die p. poar Tauba ....! - -Frau Spiller (zu Loth). Der Herr Kahl -- m --, müssen Sie wissen, haben -zweihundert Stück im Schlage. - -Loth. Die ganze Jagd ist ein Unfug. - -Hoffmann. Aber ein unausrottbarer. Da werden zum Beispiel eben jetzt -wieder fünfhundert lebende Füchse gesucht; alle Förster hier herum und -auch sonst in Deutschland verlegen sich aufs Fuchsgraben. - -Loth. Was macht man denn mit den vielen Füchsen? - -Hoffmann. Sie kommen nach England, wo sie die Ehre haben, von Lord und -Ladys gleich vom Käfig weg zu Tode gehetzt zu werden. - -Loth. Muhamedaner oder Christ, Bestie bleibt Bestie. - -Hoffmann. Darf ich Dir Hummer reichen, Mama? - -Frau Krause. Meinswegen, ei dieser Seisong sind se sehr gutt! - -Frau Spiller. Gnädige Frau haben eine so feine Zunge -- m --! - -Frau Krause (zu Loth). Hummer ha'n Sie woll auch noch nich gegassen. -Herr Dukter? - -Loth. Ja, Hummer habe ich schon hin und wieder gegessen --, an der See -oben, in Warnemünde, wo ich geboren bin. - -Frau Krause (zu Kahl). Gell, Wilhelm, ma weeß wirklich'n Gott manchmal -nich mee, was ma assen sull? - -Kahl. J.. j.. ja, w.. w.. weeß ... weeß G.. Gott, Muhme. - -Eduard (will Loth Champagner eingießen). Champagner. - -Loth (hält sein Glas zu). Nein! ... danke! - -Hoffmann. -- Mach' keinen Unsinn. - -Helene. Wie, Sie trinken nicht? - -Loth. Nein, Fräulein. - -Hoffmann. Na, _hör'_ mal an: das ist aber doch ... das ist _lang_weilig. - -Loth. Wenn ich tränke, würde ich noch langweiliger werden. - -Helene. Das ist interessant, Herr Doktor. - -Loth (ohne Tact). Daß ich langweiliger werde, wenn ich Wein trinke? - -Helene (etwas betreten). Nein, ach nein, daß .... daß Sie nicht trinken -...., daß Sie überhaupt nicht trinken, meine ich. - -Loth. Warum soll das interessant sein? - -Helene (sehr roth werdend). Es ist .... ist nicht das Gewöhnliche. (Wird -noch röther und sehr verlegen.) - -Loth (tollpatschig). Da haben Sie recht, leider. - -Frau Krause (zu Loth). De Flasche kust uns fufza Mark, Sie kinn' a -dreiste trink'n. Direct vu Rheims iis a, mir satz'n Ihn gewiß nischt -Schlechtes vier, mir mieja salber nischt Schlechtes. - -Frau Spiller. Ach, glauben Sie mich, -- m --, Herr Doktor, wenn Seine -Exellenz der Herr Minister von Schadendorf -- m -- so eine Tafel geführt -hätten .... - -Kahl. Ohne men'n Wein kennt ich nich laben. - -Helene (zu Loth). Sagen Sie uns doch, warum Sie nicht trinken! - -Loth. Das kann gerne geschehen, ich .... - -Hoffmann. Ae, was! alter Freund! (Er nimmt dem Diener die Flasche ab, um -nun seinerseits Loth zu bedrängen.) Denk' dran, wie manche hochfidele -Stunde wir früher mit einander ... - -Loth. Nein, bitte bemühe Dich nicht, es ... - -Hoffmann. Trink _heut_ mal! - -Loth. Es ist alles vergebens. - -Hoffmann. Mir zu Liebe! - - Hoffmann will eingießen, Loth wehrt ab; es entsteht ein kleines - Handgemenge. - -Loth. Nein! ... nein, wie gesagt ... nein! ... nein, danke. - -Hoffmann. Aber _nimm_ mir's nicht übel ... das ist eine Marotte. - -Kahl (zu Fr. Spiller). Wer nich will, dar hat schunn. - -Frau Spiller (nickt ergeben). - -Hoffmann. Uebrigens, des Menschen Wille ... und so weiter. So viel sage -ich nur: ohne ein Glas Wein bei Tisch ... - -Loth. Ein Glas Bier zum Frühstück ... - -Hoffmann. Nun ja, warum nicht? Ein Glas Bier ist was sehr gesundes. - -Loth. Ein Cognac hie und da ... - -Hoffmann. Na, wenn man das nicht mal haben sollte ... zum Asceten machst -Du mich nun und nimmer. Das heißt ja dem Leben allen Reiz nehmen. - -Loth. Das kann ich nicht sagen. Ich bin mit den _normalen_ Reizen, die -mein Nervensystem treffen, durchaus zufrieden. - -Hoffmann. Eine Gesellschaft, die trockenen Gaumens beisammen hockt, ist -und bleibt eine verzweifelt öde und langweilige --, für die ich mich im -Allgemeinen bedanke. - -Frau Krause. Bei a Adlijen wird doch auch a so viel getrunk'n. - -Frau Spiller (durch eine Verbeugung des Oberkörpers ergebenst -bestätigend). Es ist Schentelmen leicht viel Wein zu trinken. - -Loth (zu Hoffmann). Mir geht es umgekehrt; mich _langweilt_ im -Allgemeinen eine Tafel, an der _viel_ getrunken wird. - -Hoffmann. Es muß natürlich mäßig geschehen. - -Loth. Was nennst Du mäßig? - -Hoffmann. Nun, ... daß man noch immer bei Besinnung bleibt. - -Loth. Aaah! ... also Du giebst zu: die Besinnung ist im Allgemeinen -durch den Alkohol-Genuß sehr gefährdet. -- Siehst Du! deshalb sind mir -Kneiptafeln -- langweilig. - -Hoffmann. Fürchtest Du denn, so leicht Deine Besinnung zu verlieren? - -Kahl. Iiii..... i.. ich habe n. n. neulich ene Flasche Rrr... r... rü.. -rüd.. desheimer, ene Flasche Sssssekt get.. t.. trunken. Oben drauf d.. -d.. d.. dann nnoch eine Flasche B.. b... bordeaux, aber besuffen woar -ich no n.. nich. - -Loth (zu Hoffmann). Ach nein, Du weißt ja wohl, daß ich es war, der Euch -nach Hause brachte, wenn Ihr Euch übernommen hattet. Ich hab immer noch -die alte Bärennatur: nein, _deshalb_ bin ich nicht so ängstlich. - -Hoffmann. Weshalb denn sonst? - -Helene. Ja, warum trinken Sie denn eigentlich nicht? Bitte, sagen Sie es -doch. - -Loth (zu Hoffmann). Damit Du doch beruhigt bist: ich trinke heut schon -deshalb nicht, weil ich mich ehrenwörtlich verpflichtet habe, geistige -Getränke zu meiden. - -Hoffmann. Mit anderen Worten, Du bist glücklich bis zum -Mäßigkeitsvereinshelden herabgesunken. - -Loth. Ich bin völliger Abstinent. - -Hoffmann. Und auf wie lange, wenn man fragen darf, machst Du diese .... - -Loth. Auf Lebenszeit. - -Hoffmann (wirft Gabel und Messer weg und fährt halb vom Stuhle auf). Pf! -gerechter Strohsack!! (Er setzt sich wieder.) Offen gesagt, für so -kindisch ... verzeih das harte Wort. - -Loth. Du kannst es gerne so benennen. - -Hoffmann. Wie in aller Welt bist Du nur _darauf gekommen_? - -Helene. Für so etwas müssen Sie einen sehr gewichtigen Grund haben -- -denke ich mir wenigstens. - -Loth. Der existirt allerdings. Sie, Fräulein! -- und Du, Hoffmann! weißt -wahrscheinlich nicht, welche furchtbare Rolle der Alkohol in unserem -modernen Leben spielt ... Lies _Bunge_, wenn Du Dir einen Begriff davon -machen willst. -- Mir ist noch gerade in Erinnerung, was ein gewisser -Everett über die Bedeutung des Alkohols für die Vereinigten Staaten -gesagt hat. -- Notabene, es bezieht sich auf einen Zeitraum von zehn -Jahren. Er meint also: der Alkohol hat direct eine Summe von 3 -Milliarden und indirect von 600 Millionen Dollars verschlungen. Er hat -300000 Menschen getödtet, 100000 Kinder in die Armenhäuser geschickt, -weitere Tausende in die Gefängnisse und Arbeitshäuser getrieben, er hat -mindestens 2000 Selbstmorde verursacht. Er hat den Verlust von -mindestens 10 Millionen Dollars durch Brand und gewaltsame Zerstörung -verursacht, er hat 20000 Wittwen und schließlich nicht weniger als 1 -Million Waisen geschaffen. Die Wirkung des Alkohols, das ist das -Schlimmste, äußert sich so zu sagen bis in's dritte und vierte Glied. -- -Hätte ich nun das ehrenwörtliche Versprechen abgelegt, nicht zu -heirathen, dann könnte ich schon eher trinken, so aber ... meine -Vorfahren sind alle gesunde, kernige und wie ich weiß, äußerst mäßige -Menschen gewesen. Jede Bewegung, die ich mache, jede Strapaze, die ich -überstehe, jeder Athemzug gleichsam führt mir zu Gemüth, was ich ihnen -verdanke. Und dies, siehst Du, ist der Punkt: _ich bin absolut fest -entschlossen die Erbschaft, die ich gemacht habe, ganz ungeschmälert auf -meine Nachkommen zu bringen_. - -Frau Krause. Du! -- Schwiegersuhn! -- inse Bargleute saufen woarhaftig -zu viel: doas muuß woar sein. - -Kahl. Die saufen wie d' Schweine. - -Helene. Ach, so was vererbt sich? - -Loth. Es giebt Familien, die daran zu Grunde gehen, Trinkerfamilien. - -Kahl (halb zu Frau Krause, halb zu Helene). Euer Aaler, dar treibt's au -a wing zu tull. - -Helene (weiß wie ein Tuch im Gesicht, heftig). Ach, schwatzen Sie keinen -Unsinn! - -Frau Krause. Ne, doch hier enner a su ein patziges Froovulk oa; a su ne -Prinzessen. Hängst de wieder a mol die Gnädige raus, wie? -- A su fährt -se a Zukinftigen oa. (Zu Loth, auf Kahl deutend.) 's is nämlich d'r -Zukinftige, missen Sie nahmen, Herr Dukter, 's is alles eim Renen. - -Helene (aufspringend). Hör auf! oder ... _hör auf_, Mutter! oder ... - -Frau Krause. Do hiert doch aber werklich ... na, do sprecha Se, Herr -Dukter, iis das wull Bildung, hä? Weeß Gott, ich hal' se wie mei egnes -Kind, aber die treib's reen zu tull. - -Hoffmann (beschwichtigend). Ach, Mama! thu mir doch den Gefallen .... - -Frau Krause. Neee! _groade_ -- iich sah doas nich ein -- a su ane Goans -wie die iis ... do hiert olle Gerechtigkeit uff ... su ane Titte! - -Hoffmann. Mama, ich muß Dich aber wirklich doch jetzt bitten, Dich ... - -Frau Krause (immer wüthender). Stats doaß doas Froovulk ei der -Wertschoft woas oagreft ... bewoare ne! Doa zeucht se an Flunsch biis -hinger beede Leffel. -- Oaber da Schillerich, oaber a Gethemoan, a sune -tummn Scheißkarle, die de nischt kinn'n als lieja: vu dan'e läßt sie -sich a Kupp verdrehn. Urnar zum Kränke krieja iis doas. (Schweigt bebend -vor Wuth.) - -Hoffmann (begütigend). Nun -- sie wird ja nun wieder .... es war ja -vielleicht -- nicht ganz recht ... es ... (Giebt Helenen, die in -Erregung abseits getreten ist, einen Wink, auf den hin sich das Mädchen, -die Thränen gewaltsam zurückhaltend, wieder auf seinen Platz begiebt.) - -Hoffmann (das nunmehr eingetretene peinliche Schweigen unterbrechend zu -Loth). Ja .. von was sprachen wir doch? ... Richtig! -- vom biederen -Alkohol. (Er hebt sein Glas.) Nun, Mama: Frieden! -- Komm, stoßen wir -an, -- seien wir friedlich, -- machen wir dem Alkohol Ehre, indem wir -friedlich sind. (Frau Krause, wenn auch etwas widerwillig, stößt doch -mit ihm an. Hoffmann, zu Helene gewendet.) Was, Helene?! -- Dein Glas -ist leer? ... Ei der Tausend, Loth! Du hast Schule gemacht. - -Helene. Ach ... nein ... ich ... - -Frau Spiller. Mein gnädiges Fräulein, so etwas läßt tief .... - -Hoffmann. Aber Du warst doch sonst keine von den Zimperlichen. - -Helene (batzig). Ich hab eben heut keine Neigung zum Trinken, _einfach_! - -Hoffmann. Bitte, bitte, bitte _seeehr_ um Verzeihung ... Ja, von was -sprachen wir doch? - -Loth. Wir sprachen davon, daß es Trinkerfamilien gäbe. - -Hoffmann (aufs Neue betreten). Schon recht, schon recht, aber ... - - Man bemerkt zunehmenden Aerger in dem Benehmen der Frau Krause, - während Herr Kahl sichtlich Mühe hat, das Lachen über etwas, das - ihn innerlich furchtbar zu amüsiren scheint, zurückzuhalten. - Helene beobachtet Kahl ihrerseits mit brennenden Augen und - bereits mehrmals hat sie durch einen drohenden Blick Kahl davon - zurückgehalten etwas auszusprechen, was ihm so zu sagen auf der - Zunge liegt. Loth, ziemlich gleichmüthig, mit Schälen eines - Apfels beschäftigt, bemerkt von alledem nichts. - -Loth. Ihr scheint übrigens hier ziemlich damit gesegnet zu sein. - -Hoffmann (nahezu fassungslos). Wieso ... mit ... mit was gesegnet? - -Loth. Mit Trinkern natürlicherweise. - -Hoffmann. Hm! ... meinst Du? ... ach ... jaja ..., allerdings, die -Bergleute ..... - -Loth. Nicht nur die Bergleute. Zum Beispiel hier in dem Wirthshaus, wo -ich abstieg, bevor ich zu Dir kam, da saß ein Kerl so: (Er stützt beide -Ellenbogen auf den Tisch, nimmt den Kopf in die Hände und stiert auf die -Tischplatte.) - -Hoffmann. Wirklich? (Seine Verlegenheit hat den höchsten Grad erreicht; -Frau Krause hustet, Helene starrt noch immer auf Kahl, welcher jetzt am -ganzen Körper vor innerlichem Lachen bebt, sich aber doch noch so weit -bändigt, nicht laut herauszuplatzen.) - -Loth. Es wundert mich, daß Du dieses -- Original -- könnte man beinahe -sagen, noch nicht kennst. Das Wirthshaus ist ja gleich hier nebenan das. -Mir wurde gesagt, es sei ein hiesiger steinreicher Bauer, der seine Tage -und Jahre buchstäblich in diesem selben Gastzimmer mit Schnapstrinken -zubrächte. Das reine Thier ist er natürlich. Diese furchtbar öden, -versoffenen Augen, mit denen er mich anstierte. - - Kahl, der bis hierher sich zurückgehalten hat, bricht in ein - rohes, lautes, unaufhaltsames Gelächter aus, so daß Loth und - Hoffmann, starr vor Staunen, ihn anblicken. - -Kahl (unter dem Lachen hervorstammelnd). Woahrhaftig! das is ja ... das -is ja woahrhaftig der ... der Alte gewesen. - -Helene (ist entsetzt und empört aufgesprungen. Zerknüllt die Serviette -und schleudert sie auf den Tisch. Bricht aus.) Sie sind ... -- (macht -die Bewegung des Ausspeiens) -- _pfui_! (Sie geht schnell ab.) - -Kahl (die aus dem Bewußtsein eine große Dummheit gemacht zu haben, -entstandene Verlegenheit gewaltsam abreißend). Ach woas! ... Unsinn! 's -iis ju zu tumm! -- Iich gieh menner Wege. (Er setzt seinen Hut auf und -sagt, indem er abgeht, ohne sich noch einmal umzuwenden:) 'n Obend! - -Frau Krause (ruft ihm nach). Koan Der'sch nich verdenken, Willem! (Sie -legt die Serviette zusammen und ruft dabei.) Miele! (Miele kommt.) Räum -ab! (Für sich, aber doch laut.) Su ane Gans. - -Hoffmann (etwas aufgebracht). Ich muß aber doch ehrlich sagen, Mama! .. - -Frau Krause. Mahr Dich aus. (Steht auf, schnell ab.) - -Frau Spiller. Die gnädige Frau -- m -- haben heut manches häusliche -Aergerniß gehabt -- m --. Ich empfehle mich ganz ergebenst. (Sie steht -auf und betet still, unter Augenaufschlag, dann ab.) - - Miele und Eduard decken den Tisch ab. Hoffmann ist aufgestanden - und kommt mit einem Zahnstocher im Mund nach dem Vordergrund, - Loth folgt ihm. - -Hoffmann. Ja, siehst Du, so sind die Weiber! - -Loth. Ich begreife gar nichts von alledem. - -Hoffmann. Ist auch nicht der Rede werth. -- So etwas kommt wie bekannt -in den allerfeinsten Familien vor. Das darf Dich nicht abhalten ein paar -Tage bei uns ... - -Loth. Hätte gern Deine Frau kennen gelernt, warum läßt sie sich denn -nicht blicken? - -Hoffmann (die Spitze einer frischen Cigarre abschneidend). Du begreifst, -in ihrem Zustand ... die Frauen lassen nun mal nicht von der Eitelkeit. -Komm! wollen uns draußen im Garten bischen ergehen. -- Eduard! den -Kaffee in die Laube. - -Eduard. Sehr wohl. - - Hoffmann und Loth ab durch den Wintergarten. Eduard ab durch die - Mittelthür, hierauf Miele, ein Brett voll Geschirr tragend, - ebenfalls ab durch die Mittelthür. Einige Augenblicke bleibt das - Zimmer leer, dann erscheint - -Helene (erregt, mit verweinten Augen, das Taschentuch vor den Mund -haltend. Von der Mittelthür, durch welche sie eingetreten ist, macht sie -hastig ein paar Schritte nach links und lauscht an der Thür von -Hoffmann's Zimmer.) Oh! nicht fort! (Da sie hier nichts vernimmt, fliegt -sie zur Thür des Wintergartens hinüber, wo sie ebenfalls mit gespanntem -Ausdruck einige Secunden lauscht. Bittend und mit gefalteten Händen -inbrünstig.) Oh! nicht fort, geh nicht fort! - - Der Vorhang fällt. - - - - - Zweiter Akt. - - - Morgens gegen vier Uhr. - - Im Wirthshaus sind die Fenster erleuchtet, ein grau-fahler - Morgenschein durch den Thorweg, der sich ganz allmählich im Laufe - des Vorgangs zu einer dunklen Röthe entwickelt, die sich dann, - eben so allmählich, in helles Tageslicht auflöst. Unter dem - Thorweg, auf der Erde sitzt _Beibst_ (etwa 60jährig) und dengelt - seine Sense. Wie der Vorhang aufgeht, sieht man kaum mehr als - seine Silhouette, die gegen den grauen Morgenhimmel absticht, - vernimmt aber das eintönige, ununterbrochene, regelmäßige - Aufschlagen des Dengelhammers auf den Dengelambos. Dieses - Geräusch bleibt während einiger Minuten allein hörbar, hierauf - die feierliche Morgenstille, unterbrochen durch das Geschrei aus - dem Wirthshaus abziehender Gäste. Die Wirthshausthür fliegt - krachend ins Schloß. Die Lichter in den Fenstern verlöschen. - Hundebellen fern, Hähne krähen laut durcheinander. Auf dem Gange - vom Wirthshaus her wird eine dunkle Gestalt bemerklich, dieselbe - bewegt sich in Zickzacklinien dem Hofe zu; es ist der Bauer - Krause, welcher wie immer als letzter Gast das Wirthshaus - verlassen hat. - -Bauer Krause (ist gegen den Gartenzaun getaumelt, klammert sich mit den -Händen daran fest und brüllt mit einer etwas näselnden, betrunkenen -Stimme nach dem Wirthshaus zurück). 's Gaartla iis _mei_--ne! ... d'r -Kratsch'm iis _mei_--ne ... du Gostwerthlops! Dohie hä! (Er macht sich, -nachdem er noch einiges Unverständliche gemurmelt und geknurrt hat, vom -Zaune los und stürzt in den Hof, wo er glücklich den Sterzen eines -Pfluges zu fassen bekommt.) 's 'Gittla iis _mei_--ne. (Er quasselt halb -singend.) Trink ... ei ... Briderla, trink ... ei ... 'iderla, -Branntw... wwein ... 'acht Kurasche. Dohie hä -- (laut brüllend) -- bien -iich nee a hibscher Moan? .... Hoa iich nee a hibsch Weibla dohie hä? -... Hoa iich nee a poar hibsche Madel? - -Helene (kommt hastig aus dem Hause. Man sieht, sie hat an Kleidern nur -umgenommen, soviel in aller Eile ihr möglich gewesen war.) Papa! ... -lieber Papa!! so komm doch schon. (Sie faßt ihn unterm Arm, versucht ihn -zu stützen und ins Haus zu ziehen.) K--omm doch ... nur ... schn--ell -in's Haus, komm doch n--ur schn--ell! Ach! - -Bauer Krause (hat sich aufgerichtet, versucht gerade zu stehen, bringt -mit einiger Mühe und unter Zuhilfenahme beider Hände einen ledernen, -strotzenden Geldbeutel aus der Tasche seiner Hose. In dem ein wenig -helleren Morgenlichte erkennt man die sehr schäbige Bekleidung des etwa -50jährigen Mannes, die um nichts besser ist, als die des allergeringsten -Landarbeiters. Er ist im bloßen Kopf, sein graues, spärliches Haar -ungekämmt und struppig. Das schmutzige Hemd steht bis auf den Nabel -herab weit offen; an einem einzigen gestickten Hosenträger hängt die -ehemals gelbe, jetzt schmutzig glänzende, an den Knöcheln zugebundene -Lederhose; die nackten Füße stecken in einem Paar gestickter -Schlafschuhe, deren Stickerei noch sehr neu zu sein scheint. Jacke und -Weste trägt der Bauer nicht, die Hemdärmel sind nicht zugeknöpft. -Nachdem er den Geldbeutel glücklich herausgebracht hat, setzt er ihn mit -der rechten mehrmals auf die Handfläche der linken Hand, so daß das Geld -darin laut klimpert und klingt, dabei fixirt er seine Tochter mit -lascivem Blicke.) Dohie hä! 's Gald iis _mei_--neee! hä? Mech'st a poar -Thoalerla? - -Helene. Ach, gr--oßer Gott! (Sie versucht mehrmals vergebens, ihn -mitzuziehen. Bei einem dieser Versuche umarmt er sie mit der Plumpheit -eines Gorillas und macht einige unzüchtige Griffe. Helene stößt -unterdrückte Hilfeschreie aus.) Gl--eich läßt Du l--os! Laß l--os! -bitte, Papa, ach! (Sie weint, schreit dann, plötzlich in äußerster -Angst, Abscheu und Wuth:) Thier, Schwein! - - Sie stößt ihn von sich. Der Bauer fällt langhin auf die Erde. - Beibst kommt von seinem Platz unter dem Thorweg herbeigehinkt. - Helene und Beibst machen sich daran, den Bauer aufzuheben. - -Bauer Krause (lallt). Tr--ink mei Bri'erla, tr-- ... - - Der Bauer wird aufgehoben und stürzt, Beibst und Helene mit sich - reißend, in das Haus. Einen Augenblick bleibt die Bühne leer. Im - Hause hört man Lärm, Thürenschlagen. In einem Fenster wird Licht, - hierauf kommt Beibst wieder aus dem Hause. Er reißt an seiner - Lederhose ein Schwefelholz an, um die kurze Pfeife, welche ihm - fast nie aus dem Munde kommt, damit in Brand zu stecken. Als er - damit noch beschäftigt ist, schleicht _Kahl_ aus der Hausthüre. - Er ist in Strümpfen, hat sein Jaquet über dem linken Arm hängen - und trägt mit der linken Hand seine Schlafschuhe. Mit der rechten - hält er seinen Hut, mit dem Munde seinen Hemdkragen. Etwa bis in - die Mitte des Hofes gelangt, wendet er sich und sieht das Gesicht - des Beibst auf sich gerichtet. Einen Augenblick scheint er - unschlüssig, dann bringt er Hut und Hemdkragen in der Linken - unter, greift in die Hosentasche und geht auf Beibst zu, dem er - etwas in die Hand drückt. - -Kahl. Do hot 'r an Thoaler .... oaber halt't Eure Gusche! (Er geht -eiligst über den Hof und steigt über den Staketenzaun rechts. Ab.) - - _Beibst_ hat mittels eines neuen Streichholzes seine Pfeife - angezündet, hinkt bis unter den Thorweg, läßt sich nieder und - nimmt seine Dengelarbeit von Neuem auf. Wieder eine Zeit lang - nichts als das eintönige Aufschlagen des Dengelhammers und das - Aechzen des alten Mannes, von kurzen Flüchen unterbrochen, wenn - ihm etwas bei seiner Arbeit nicht nach Wunsch geht. Es ist um ein - Beträchtliches heller geworden. - -Loth (tritt aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut mehrere -tiefe Athemzüge). H! .. h! .. Morgenluft! (Er geht langsam nach dem -Hintergrunde zu bis unter den Thorweg. Zu Beibst.) Guten Morgen! Schon -so früh wach? - -Beibst (mißtrauisch aufschielend, unfreundlich). 'Murja! (Kleine Pause, -hierauf Beibst, ohne Loth's Anwesenheit weiter zu beachten, gleichsam im -Zwiegespräch mit seiner Sense, die er mehrmals aufgebracht hin und -herreißt.) Krummes Oos! na, werd's glei?! Ekch! Himmeldunnerschlag ja! -(Er dengelt weiter.) - -Loth (hat sich zwischen die Sterzen eines Exstirpators niedergelassen). -Es giebt wohl Heuernte heut? - -Beibst (grob). De Äsel gihn ei's Hä itzunder. - -Loth. Nun, Ihr dengelt doch aber die Sense ...? - -Beibst (zur Sense). Ekch! tumme Dare. - - Kleine Pause, hierauf. - -Loth. Wollt Ihr mir nicht sagen, wozu Ihr die Sense scharf macht, wenn -doch nicht Heuernte ist? - -Beibst. Na, -- braucht ma ernt keene Sahnse zum Futter macha? - -Loth. Ach so! Futter soll also geschnitten werden. - -Beibst. Woas d'n suste? - -Loth. Wird das alle Morgen geschnitten? - -Beibst. Na! -- sool's Viech derhingern? - -Loth. Ihr müßt schon 'n bischen Nachsicht mit mir haben! Ich bin eben -ein Städter; da kann man nicht alles so genau wissen von der -Landwirthschaft. - -Beibst. Die Staadter glee -- ekch! -- de Staadter, die wissa doo glee -oals besser wie de Mensche vum Lande, hä? - -Loth. Das trifft bei mir nicht zu. -- Könnt Ihr mir vielleicht nicht -erklären, was das für ein Instrument ist? Ich hab's wohl schon mal wo -gesehen, aber der Name ... - -Beibst. Doasjenigte, uf dan Se sitza?! Woas ma su soat Extrabater nennt -ma doas. - -Loth. Richtig, ein Exstirpator; wird der hier auch gebraucht? - -Beibst. Leeder Goott's, nee. -- A läßt a verludern ... a ganza Acker, -reen verludern läßt a'n, d'r Pauer. A Oarmes mecht a Flecka hoa'nn -- ei -insa Bärta wächst kee Getreide -- oaber nee, lieberscht läßt a'n -verludern! -- Nischt thit wachsa, ok blußig Seide und Quecka. - -Loth. Ja, die kriegt man schon damit heraus. Ich weiß, bei den Ikariern -hatte man auch solche Exstirpatoren, um das urbar gemachte Land vollends -zu reinigen. - -Beibst. Wu sein denn die I..., wie Se glei soa'n, I... - -Loth. Die Ikarier? In Amerika. - -Beibst. Doo gibbts an schunn a sune Dinger? - -Loth. Ja freilich. - -Beibst. Woas iis denn doas fer a Vulk: die I... I... - -Loth. Die Ikarier? -- Es ist gar kein besonderes Volk; es sind Leute aus -allen Nationen, die sich zusammen gethan haben; sie besitzen in Amerika -ein hübsches Stück Land, das sie gemeinsam bewirthschaften; alle Arbeit -und allen Verdienst theilen sie gleichmäßig. Keiner ist arm, es giebt -keine Armen unter ihnen. - -Beibst, (dessen Gesichtsausdruck ein wenig freundlicher geworden war, -nimmt bei den letzten Worten Loth's wieder das alte mißtrauisch -feindselige Gepräge an; ohne Loth weiter zu beachten, hat er sich -neuerdings wieder ganz seiner Arbeit zugewendet und zwar mit den -Eingangsworten): Oost vu enner Sahnse! - -Loth, (immer noch sitzend, betrachtet den Alten zuerst mit einem ruhigen -Lächeln und blickt dann hinaus in den erwachenden Morgen. Durch den -Thorweg erblickt man weitgedehnte Kleefelder und Wiesenflächen; -zwischendurch schlängelt sich ein Bach, dessen Lauf durch Erlen und -Weiden verrathen wird. Am Horizonte ein einzelner Bergkegel. Allerorten -haben die Lerchen eingesetzt, und ihr ununterbrochenes Getriller schallt -bald näher, bald ferner her bis in den Gutshof herein. Jetzt erhebt sich -Loth mit den Worten:) Man muß spazieren geh'n, der Morgen ist zu -prächtig. (Er geht durch den Thorweg hinaus. -- Man hört das Klappen von -Holzpantinen. Jemand kommt sehr schnell über die Bodentreppe des -Stallgebäudes herunter: es ist _Guste_.) - -Guste, (eine ziemlich dicke Magd: bloßes Mieder, nackte Arme und Waden, -die bloßen Füße in Holzpantinen. Sie trägt eine brennende Laterne.) Guda -Murja, Voater Beibst. - -Beibst (brummt). - -Guste (blickt, die Augen mit der Hand beschattend, durch das Thor Loth -nach). Woas iis denn doas fer enner? - -Beibst (verärgert). Dar koan Battelleute zum Noarr'n hoa'nn ... dar -leugt egelganz wie a Forr... vu dan luuß der de Hucke vuul liega. -(Beibst steht auf.) Macht enk de Roawer zerecht, Madel. - -Guste, (welche dabei war, ihre Waden am Brunnen abzuwaschen, ist damit -fertig und sagt, bevor sie im Innern des Kuhstalls verschwindet): Glei, -glei! Voater Beibst. - -Loth (kommt zurück, giebt Beibst Geld). Da ist 'ne Kleinigkeit. Geld -kann man immer brauchen. - -Beibst (aufthauend, wie umgewandelt, mit aufrichtiger Gemüthlichkeit). -Ju, ju! do ha'n Se au recht ... na da dank ich au vielmools. -- Se sein -wull d'r Besuch zum Schwiegersuhne? (Auf einmal sehr gesprächig.) Wissa -Se: wenn Se, und Se wull'n da naus gihn auf a Barch zu, wissa Se, do -haal'n Se siich links, wissa Se, zängst 'nunder links, rechts gibt's -Risse. Mei Suhn meente, 's käm do dervoone, meent' a, weil se zu -schlecht verzimmern thäten, meent' a, de Barchmoanne, 's soatzt zu wing -Luhn, meent' a, und do giht's ok a su: woas hust'de, woas koanst'de, ei -a Gruba, verstiehn Se. -- Sahn Se! -- doo! -- immer links, rechts gibt's -Lecher. Vurigtes Johr erscht iis a Putterweib, wie se ging und stoand -iis se ei's Ardreich versunka, iich wiß nee amool, _wie_ viel Kloaftern -tief. Kee Mensch wußte wuhie -- wie gesoa't, links, immer links, doo -gihn Se sicher. (Ein Schuß fällt, Beibst, wie electrisirt, hinkt einige -Schritt in's Freie.) - -Loth. Wer schießt denn da schon so frühe? - -Beibst. Na, war denn suste? -- d'r Junge, dar meschante Junge. - -Loth. Welcher Junge denn? - -Beibst. Na, Kahl-Willem -- d'r Nupperschsuhn ... Na woart ok blußig due! -Ich hoa's gesahn, a schißt meiner Gitte de Lärcha. - -Loth. Ihr hinkt ja. - -Beibst. Doaß 's Goot erbarm', ja. (Droht mit der Faust nach dem Felde.) -Na woart' Du! woart' Du! ... - -Loth. Was habt Ihr denn mit dem Bein gemacht? - -Beibst. Iich? - -Loth. Ja. - -Beibst. 's iis a su 'nei kumma. - -Loth. Habt Ihr Schmerzen? - -Beibst (nach dem Bein greifend). 'S zerrt a su, 's zerrt infamt. - -Loth. Habt Ihr keinen Arzt? - -Beibst. Wissa Se, -- de Dukter, doas sein Oaffa, enner wie d'r andere! --- Blußig inse Dukter, doas iis a ticht'er Moan. - -Loth. Hat er Ihnen was genützt? - -Beibst. Na -- verlecht a klee wing wull au oam Ende. A hoot mer'sch Been -geknet't: sahn Se, a su geknutscht und gehackt un ... oaber nee!! -derwegen nich! -- A iis ... na kurz un gutt, a hoot mit'n aarma Mensche -a Mitleed. -- A keeft'n de Med'zin und a verlangt nischt. A kimmt zu -jeder Zeet ... - -Loth. Sie müssen sich das doch aber irgendwo zugezogen haben?! Haben Sie -immer so gehinkt? - -Beibst. Nich die Oahnung! - -Loth. Dann verstehe ich nicht recht, es muß doch eine Ursache ... - -Beibst. Weeß iich's? (Er droht wieder mit der Faust.) Woart ok Due! -woart ok mit dem Geknackse. - -Kahl (erscheint innerhalb seines Gartens. Er trägt in der rechten eine -Flinte am Lauf, seine linke Hand ist geschlossen. Ruft herüber.) Guten -Morjen ooch, Herr Dukter! - - Loth geht quer durch den Hof auf ihn zu. Inzwischen hat Guste - sowie eine andere Magd mit Namen Liese je eine Radwer zurecht - gemacht, worauf Harke und Dunggabel liegen. Damit fahren sie - durch den Thorweg hinaus auf's Feld, an Beibst vorüber, der nach - einigen grimmigen Blicken und verstohlenen Zornesgesten zu Kahl - hinüber seine Sense schultert und ihnen nachhumpelt. Beibst und - die Mägde ab. - -Loth (zu Kahl). Guten Morgen! - -Kahl. Wull'n 'S amol was hibsches sah'n? (Er streckt den Arm mit der -geschlossenen Hand über den Zaun.) - -Loth (nähergehend). Was haben Sie denn da? - -Kahl. Rootha See! (Er öffnet gleich darauf seine Hand.) - -Loth. Waas?! -- es ist also wirklich wahr: Sie schießen Lerchen! Nun für -diesen Unfug, Sie nichtsnutziger Bursche, verdienten Sie geohrfeigt zu -werden, verstehen Sie mich! (Er kehrt ihm den Rücken zu und geht quer -durch den Hof zurück, Beibst und den Mädchen nach. Ab.) - -Kahl (starrt Loth einige Augenblicke dumm verblüfft nach, dann ballt er -die Faust verstohlen, sagt): Dukterluder! (wendet sich und verschwindet -rechts. -- Während einiger Augenblicke bleibt der Hof leer.) - - _Helene_, aus der Hausthür tretend, helles Sommerkleid, großer - Gartenhut. Sie blickt sich ringsum, thut dann einige Schritte auf - den Thorweg zu, steht still und späht hinaus. Hierauf schlendert - sie rechts durch den Hof und biegt in den Weg ein, welcher nach - dem Wirthshause führt. Große Packete von allerhand Thee hängen - zum Trocknen über dem Zaune: daran riecht sie im Vorübergehen. - Sie biegt auch Zweige von den Obstbäumen und betrachtet die sehr - niedrig hängenden, rothwangigen Aepfel. Als sie bemerkt, daß Loth - vom Wirthshaus her ihr entgegen kommt, bemächtigt sich ihrer eine - noch stärkere Unruhe, so daß sie sich schließlich umwendet und - vor Loth her in den Hof zurückgeht. Hier bemerkt sie, daß der - Taubenschlag noch geschlossen ist und begiebt sich dorthin durch - das kleine Zaunpförtchen des Obstgartens. Noch damit beschäftigt, - die Leine, welche, vom Winde getrieben, irgendwo festgehakt ist, - herunter zu ziehen, wird sie von Loth, der inzwischen - herangekommen ist angeredet. - -Loth. Guten Morgen, Fräulein! - -Helene. Guten Morgen! -- Der Wind hat die Schnur hinaufgejagt. - -Loth. Erlauben Sie! (Geht ebenfalls durch das Pförtchen, bringt die -Schnur herunter und zieht den Schlag auf. Die Tauben fliegen aus.) - -Helene. Ich danke sehr. - -Loth (ist durch das Pförtchen wieder herausgetreten, bleibt aber -außerhalb des Zaunes und an diesen gelehnt stehen. Helene innerhalb -desselben. Nach einer kleinen Pause.) Pflegen Sie immer so früh auf zu -sein, Fräulein? - -Helene. _Das_ eben -- wollte ich Sie auch fragen. - -Loth. Ich --? nein! Die erste Nacht in einem fremden Hause passirt es -mir jedoch gewöhnlich. - -Helene. Wie ... kommt das? - -Loth. Ich habe darüber noch nicht nachgedacht, es hat keinen Zweck. - -Helene. Ach, wieso denn nicht? - -Loth. Wenigstens keinen ersichtlichen, praktischen Zweck. - -Helene. Also wenn Sie irgend etwas thun oder denken, muß es einem -praktischen Zweck dienen? - -Loth. Ganz recht? Uebrigens ... - -Helene. Das hätte ich von Ihnen nicht gedacht. - -Loth. Was, Fräulein? - -Helene. Genau das meinte die Stiefmutter, als sie mir vorgestern den -Werther aus der Hand riß. - -Loth. Das ist ein dummes Buch. - -Helene. Sagen Sie das nicht. - -Loth. Das sage ich nochmal, Fräulein. Es ist ein Buch für Schwächlinge. - -Helene. _Das_ -- kann wohl möglich sein. - -Loth. Wie kommen Sie gerade auf _dieses_ Buch? Ist es Ihnen denn -verständlich? - -Helene. Ich hoffe, ich ... zum Theil ganz gewiß. Es beruhigt so, darin -zu lesen. (Nach einer Pause.) Wenn's ein dummes Buch ist, wie Sie sagen, -könnten Sie mir etwas Besseres empfehlen? - -Loth. Le... lesen Sie ... noa! ... kennen Sie den Kampf um Rom von Dahn? - -Helene. Nein! Das Buch werde ich mir aber nun kaufen. Dient es einem -praktischen Zweck? - -Loth. Einem vernünftigen Zweck überhaupt. Es malt die Menschen nicht wie -sie sind, sondern wie sie einmal werden sollen. Es wirkt vorbildlich. - -Helene (mit Ueberzeugung). _Das ist schön._ (Kleine Pause, dann.) -Vielleicht geben Sie mir Auskunft, man redet so viel von Zola und Ibsen -in den Zeitungen: sind das große Dichter? - -Loth. Es sind gar keine Dichter, sondern nothwendige Uebel, Fräulein. -Ich bin ehrlich durstig und verlange von der Dichtkunst einen klaren, -erfrischenden Trunk. -- Ich bin nicht krank. Was Zola und Ibsen bieten, -ist Medizin. - -Helene (gleichsam unwillkürlich). Ach, dann wäre es doch vielleicht für -mich etwas. - -Loth (bisher theilweise, jetzt ausschließlich in den Anblick des -thauigen Obstgartens vertieft). Es ist prächtig hier. Sehen Sie, wie die -Sonne über der Bergkuppe herauskommt. -- Viel Aepfel giebt es in Ihrem -Garten: eine schöne Ernte. - -Helene. Drei Viertel davon wird auch dies Jahr wieder gestohlen werden. -Die Armuth hier herum ist zu groß. - -Loth. Sie glauben gar nicht, wie sehr ich das Land liebe! Leider wächst -mein Weizen zum größten Theile in der Stadt. Aber nun will ich's mal -durchgenießen, das Landleben. Unsereiner hat so 'n bischen Sonne und -Frische mehr nöthig als sonst Jemand. - -Helene (seufzend). Mehr nöthig, als .... inwiefern? - -Loth. Weil man in einem harten Kampfe steht, dessen Ende man nicht -erleben kann. - -Helene. Stehen wir anderen _nicht_ in einem solchen Kampfe? - -Loth. Nein. - -Helene. Aber -- in einem Kampfe -- stehen wir doch auch?! - -Loth. Natürlicherweise! aber der kann enden. - -Helene. _Kann_ -- da haben Sie recht! -- und wieso kann der nicht -endigen -- der, den Sie kämpfen, Herr Loth? - -Loth. Ihr Kampf, das kann nur ein Kampf sein um persönliches -Wohlergehen. Der Einzelne kann dies, so weit menschenmöglich, erreichen. -Mein Kampf ist ein Kampf um das Glück aller; sollte ich glücklich sein, -so müßten es erst alle anderen Menschen um mich herum sein; ich müßte um -mich herum weder Krankheit noch Armuth, weder Knechtschaft noch -Gemeinheit sehen. Ich könnte mich so zu sagen nur als letzter an die -Tafel setzen. - -Helene (mit Ueberzeugung). _Dann sind Sie ja ein sehr, sehr guter -Mensch!_ - -Loth (ein wenig betreten). Verdienst ist weiter nicht dabei, Fräulein, -ich bin so veranlagt. Ich muß übrigens sagen, daß mir der Kampf im -Interesse des Fortschritts doch große Befriedigung gewährt. Eine Art -Glück, die ich weit höher anschlage, als die, mit der sich der gemeine -Egoist zufrieden giebt. - -Helene. Es giebt wohl nur sehr wenige Menschen, die so veranlagt sind. --- Es muß ein Glück sein, mit solcher Veranlagung geboren zu sein. - -Loth. Geboren wird man wohl auch nicht damit. Man kommt dazu durch die -Verkehrtheit unserer Verhältnisse, scheint mir; -- nur muß man für das -Verkehrte einen Sinn haben: _das_ ist es! Hat man den und leidet man so -bewußt unter den verkehrten Verhältnissen, dann wird man mit -Nothwendigkeit zu dem, was ich bin. - -Helene. Wenn ich Sie nur besser .... welche Verhältnisse nennen Sie zum -Beispiel verkehrt? - -Loth. Es ist zum Beispiel verkehrt, wenn der im Schweiße seines -Angesichts Arbeitende hungert und der Faule im Ueberflusse leben darf. --- Es ist verkehrt, den Mord im Frieden zu bestrafen und den Mord im -Krieg zu belohnen. Es ist verkehrt, den Henker zu verachten und selbst, -wie es die Soldaten thun, mit einem Menschenabschlachtungs-Instrument, -wie es der Degen oder der Säbel ist, an der Seite stolz herumzulaufen. -Den Henker, der das mit dem Beile thäte, würde man zweifelsohne -steinigen. Verkehrt ist es dann, die Religion Christi, diese Religion -der Duldung, Vergebung und Liebe, als Staatsreligion zu haben und dabei -ganze Völker zu vollendeten Menschenschlächtern heranzubilden. Dies sind -einige unter Millionen, müssen Sie bedenken. Es kostet Mühe, sich durch -alle diese Verkehrtheiten hindurchzuringen; man muß früh anfangen. - -Helene. Wie sind Sie denn nur so auf alles dies gekommen? Es ist so -einfach und doch kommt man nicht darauf. - -Loth. Ich mag wohl durch meinen Entwickelungsgang darauf gekommen sein, -durch Gespräche mit Freunden, durch Lecture, durch eigenes Denken. -Hinter die erste Verkehrtheit kam ich als kleiner Junge. Ich log mal -sehr stark und bekam dafür die schrecklichsten Prügel von meinem Vater. -Kurz darauf fuhr ich mit ihm auf der Eisenbahn, und da merkte ich, daß -mein Vater auch log und es für ganz selbstverständlich hielt, zu lügen; -ich war damals fünf Jahre und mein Vater sagte dem Schaffner, ich sei -noch nicht vier, der freien Fahrt halber, welche Kinder unter vier -Jahren genießen. Dann sagte der Lehrer auch mal: sei fleißig, halt Dich -brav, dann wird es Dir auch unfehlbar gut gehen im Leben. Der Mann -lehrte uns eine Verkehrtheit, dahinter kam ich sehr bald. Mein Vater war -brav, ehrlich, durch und durch bieder, und ein Schuft, der noch jetzt -als reicher Mann lebt, betrog ihn um seine paar Tausend Thaler. Bei eben -diesem Schuft, der eine große Seifenfabrik besaß, mußte mein Vater -sogar, durch die Noth getrieben, in Stellung treten. - -Helene. Unsereins wagt es gar nicht -- wagt es gar nicht, so etwas für -verkehrt anzusehen, höchstens ganz im Stillen empfindet man es. Man -empfindet es oft sogar, und dann -- wird einem ganz verzweifelt zu Muth. - -Loth. Ich erinnere mich einer Verkehrtheit, die mir ganz besonders klar -als solche vor Augen trat. Bis dahin glaubte ich: der Mord werde unter -allen Umständen als ein Verbrechen bestraft; danach wurde mir jedoch -klar, daß nur die milderen Formen des Mordes ungesetzlich sind. - -Helene. Wie wäre das wohl .... - -Loth. Mein Vater war Siedemeister, wir wohnten dicht an der Fabrik, -unsere Fenster gingen auf den Fabrikhof. Da sah ich auch noch manches -außerdem. Es war ein Arbeiter, der fünf Jahre in der Fabrik gearbeitet -hatte. Er fing an stark zu husten und abzumagern ... ich weiß, wie uns -mein Vater bei Tisch erzählte: Burmeister -- so hieß der Arbeiter -- -bekommt die Lungenschwindsucht, wenn er noch länger bei der -Seifenfabrikation bleibt. Der Doktor hat es ihm gesagt. -- Der Mann -hatte acht Kinder, und ausgemergelt wie er war, konnte er nirgends mehr -Arbeit finden. Er _mußte_ also in der Seifenfabrik bleiben, und der -Prinzipal that sich viel darauf zu gute, daß er ihn beibehielt. Er kam -sich unbedingt äußerst human vor. -- Eines Nachmittags, im August, es -war eine furchtbare Hitze, da quälte er sich mit einer Karre Kalk über -den Fabrikhof. -- Ich sah gerade aus dem Fenster, da merke ich, wie er -still steht -- wieder still steht und schließlich schlägt er lang auf -die Steine. -- Ich lief hinzu -- mein Vater kam, andere Arbeiter kamen, -aber er röchelte nur noch, und sein ganzer Mund war voll Blut. Ich half -ihn ins Haus tragen. Ein Haufe kalkiger, nach allerhand Chemikalien -stinkender Lumpen war er; bevor wir ihn im Hause hatten, war er schon -gestorben. - -Helene. Ach, schrecklich ist das. - -Loth. Kaum acht Tage später zogen wir seine Frau aus dem Fluß, in den -die verbrauchte Lauge unserer Fabrik abfloß. -- Ja, Fräulein! wenn man -dies alles kennt, wie ich es _jetzt_ kenne -- glauben Sie mir! -- dann -läßt es einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem -sich in der Welt sonst Niemand etwas denkt, ja, ein paar rein -gewaschene, gepflegte Hände schon können einen in die bitterste Laune -versetzen. - -Helene. Ich hab auch mal so was gesehen. Hu! schrecklich war das, -_schrecklich_! - -Loth. Was? - -Helene. Der Sohn von einem Arbeitsmann wurde halbtodt hier -hereingetragen. Es ist nun ... drei Jahre vielleicht ist es her. - -Loth. War er verunglückt? - -Helene. Ja, drüben im Bärenstollen. - -Loth. Ein Bergmann also? - -Helene. Ja, die meisten jungen Leute hier herum gehen auf die Grube. -- -Ein zweiter Sohn desselben Vaters war auch Schlepper und ist auch -verunglückt. - -Loth. Beide todt? - -Helene. Beide todt .... Einmal riß etwas an der Fahrkunst, das andere -Mal waren es schlagende Wetter. -- Der alte Beibst hat aber noch einen -dritten Sohn, der fährt auch seit Ostern ein. - -Loth. Was Sie sagen! -- hat er nichts dawider? - -Helene. Gar nichts, nein! Er ist nur jetzt noch weit mürrischer als -früher. Haben Sie ihn nicht schon gesehen? - -Loth. Wieso ich? - -Helene. Er saß ja heut früh nebenan, unter der Durchfahrt. - -Loth. Ach! -- wie? .. Er arbeitet hier im Hofe? - -Helene. Schon seit Jahren. - -Loth. Er hinkt? - -Helene. Ziemlich stark sogar. - -Loth. Soosoo. -- Was ist ihm denn da passirt, mit dem Bein? - -Helene. Das ist 'ne heikle Geschichte. Sie kennen doch den Herrn Kahl? -... da muß ich Ihnen aber ganz nahe kommen. Sein Vater, müssen Sie -wissen, war genau so ein Jagdnarr wie er. Er schoß hinter den -Handwerksburschen her, die auf den Hof kamen, wenn auch nur in die Luft, -um ihnen Schrecken einzujagen. Er war auch sehr jähzornig, wissen Sie; -wenn er getrunken hatte, erst recht. Nu hat wohl der Beibst mal -gemuckscht -- er muckscht gern, wissen Sie, -- und da hat der Bauer die -Flinte zu packen gekriegt und ihm eine Ladung gegeben. Beibst, wissen -Sie, war nämlich früher beim Nachbar Kahl für Kutscher. - -Loth. Frevel über Frevel, wohin man hört. - -Helene (immer unsicherer und erregter). Ich hab auch schon manchmal so -bei mir gedacht .... sie haben mir alle mitunter schon so furchtbar leid -gethan --: der alte Beibst und ..... Wenn die Bauern so roh und dumm -sind wie der -- wie der Streckmann, der -- läßt seine Knechte hungern -und füttert die Hunde mit Conditorzeug. Hier bin ich wie dumm, seit ich -aus der Pension zurück bin ... Ich hab auch mein Päckchen! -- aber ich -rede ja wohl Unsinn, -- es interessirt Sie ja gar nicht -- Sie lachen -mich im Stillen bloß aus. - -Loth. Aber Fräulein, wie können Sie nur .... weshalb sollte ich Sie denn -.... - -Helene. Nun, etwa nicht? Sie denken doch: die ist auch nicht besser wie -die Anderen hier. - -Loth. Ich denke von Niemand schlecht, Fräulein! - -Helene. Das machen Sie mir nicht weis .... nein, nein! - -Loth. Aber Fräulein! wann hatte ich Ihnen Veranlassung ... - -Helene (nahe am Weinen). Ach, reden Sie doch nicht! Sie verachten uns, -verlassen Sie sich d'rauf -- Sie müssen uns ja doch verachten, -- -(weinerlich) -- den Schwager mit, _mich_ mit. _Mich_ vor allen Dingen -und dazu, da -- zu haben Sie wahr... wahrhaftig auch Grund. (Sie wendet -Loth schnell den Rücken und geht, ihrer Bewegung nicht mehr Herr, durch -den Obstgarten nach dem Hintergrunde zu ab. Loth tritt durch das -Pförtchen und folgt ihr langsam.) - -Frau Krause (in überladener Morgentoilette, puterroth im Gesicht, aus -der Hausthür, schreit). Doas Loaster vu Froovulk! Marie! Ma--rie!! unter -men'n Dache? Weg muß doas Froovulk! (Sie rennt über den Hof und -verschwindet in der Stallthür. _Frau Spiller_, mit Häkelarbeit, -erscheint in der Hausthür. Im Stalle hört man Schimpfen und Heulen.) - -Frau Krause (die heulende Magd vor sich hertreibend, aus dem Stall). Du -Hurenfroovulk Du! -- (Die Magd heult stärker) -- uuf der Stelle 'naus! -Sich Deine sieba Sacha z'samma und dann 'naus! (Helene, mit rothen Augen -kommt durch den Thorweg, bemerkt die Scene und steht abwartend still.) - -Die Magd (entdeckt Frau Spiller, wirft Schemel und Milchgelte weg und -geht wüthend auf sie zu). Doas biin iich Ihn'n schuldig! Doas war iich -Ihn'n eitränka!! (Sie rennt schluchzend davon, die Bodentreppe hinauf. -Ab.) - -Helene (zu Frau Krause tretend). Was hat sie denn gemacht? - -Frau Krause (grob). Gieht's Diich oan, Goans? - -Helene (heftig, fast weinend). Ja, mich geht's an. - -Frau Spiller (schnell hinzutretend). Mein gnädiges Fräulein, so etwas -ist nicht für das Ohr eines jungen Mädchens wie ... - -Frau Krause. Worum ok ne goar, Spillern! die iis au ne vu Marzepane. -Mit'n Grußknecht zusoamma gelah'n hot se ei en Bette. Do wißt de's. - -Helene (in befehlendem Tone). Die Magd wird aber _doch_ bleiben. - -Frau Krause. Weibsstück! - -Helene. Gut! dann will ich dem Vater erzählen, daß Du mit Kahl Wilhelm -die Nächte ebenso verbringst. - -Frau Krause (schlägt ihr eine Maulschelle). Du hust' an' Denkzettel! - -Helene (todtbleich, aber noch fester). Die Magd bleibt aber _doch_, -sonst ... sonst bring ich's herum! Mit Kahl Wilhelm, Du! Dein Vetter ... -mein Bräut'jam ... Ich bring's herum. - -Frau Krause (mit wankender Fassung). Wer koan doas soa'n? - -Helene. Ich! Denn ich hab ihn heut Morgen aus Deinem Schlafzimmer ..... -(Schnell ab ins Haus.) - - Frau Krause, taumelnd, nahe einer Ohnmacht. Frau Spiller mit - Riechfläschchen zu ihr. - -Frau Spiller. Gnädige Frau, gnädige Frau! - -Frau Krause. Sp...illern, die Moa'd sss... sool dooblei'n. - - Der Vorhang fällt schnell. - - - - - Dritter Akt. - - - Zeit: wenige Minuten nach dem Vorfall zwischen Helene und ihrer - Stiefmutter im Hofe. Der Schauplatz ist der des ersten Vorgangs. - - _Dr. Schimmelpfennig_ sitzt, ein Recept schreibend, Schlapphut, - Zwirnhandschuhe und Stock vor sich auf der Tischplatte, an dem - Tisch links im Vordergrunde. Er ist von Gestalt klein und - gedrungen, hat schwarzes Wollhaar und einen ziemlich starken - Schnurrbart. Schwarzer Rock im Schnitt der Jägerschen - Normalröcke. Die Kleidung im Ganzen solid, aber nicht elegant. - Hat die Gewohnheit, fast ununterbrochen seinen Schnurrbart zu - streichen oder zu drehen, um so stärker, je erregter er innerlich - wird. Sein Gesichtsausdruck, wenn er mit Hoffmann redet, ist - gezwungen ruhig, ein Zug von Sarkasmus liegt um seine Mundwinkel. - Seine Bewegungen sind lebhaft, fest und eckig, durchaus - natürlich. Hoffmann, in seidenem Schlafrock und Pantoffeln, geht - umher. Der Tisch rechts im Hintergrunde ist zum Frühstück - hergerichtet. Feines Porzellan. Gebäck. Rumcaraffe etc. - -Hoffmann. Herr Doktor, sind Sie mit dem Aussehen meiner Frau zufrieden? - -Dr. Schimmelpfennig. Sie sieht ja ganz gut aus, warum nicht. - -Hoffmann. Denken Sie, daß alles gut vorüber gehen wird? - -Dr. Schimmelpfennig. Ich hoffe. - -Hoffmann (nach einer Pause, zögernd). Herr Doktor, ich habe mir -vorgenommen -- schon seit Wochen -- Sie, sobald ich hierher käme, in -einer ganz bestimmten Sache um Ihren Rath zu bitten. - -Dr. Schimmelpfennig, (der bis jetzt unter dem Schreiben geantwortet hat, -legt die Feder beiseite, steht auf und übergiebt Hoffmann das -geschriebene Recept). So! ... das lassen Sie wohl bald machen; -- (indem -er Hut, Handschuhe und Stock nimmt) -- über Kopfschmerz klagt Ihre Frau, --- (in seinen Hut blickend, geschäftsmäßig) -- ehe ich es vergesse: -suchen Sie doch Ihrer Frau begreiflich zu machen, daß sie für das -kommende Lebewesen einigermaßen verantwortlich ist. Ich habe ihr bereits -selbst einiges gesagt -- über die Folgen des Schnürens. - -Hoffmann. Ganz gewiß, Herr Doktor ... ich will ganz gewiß mein -Möglichstes thun, ihr ... - -Dr. Schimmelpfennig (sich ein wenig linkisch verbeugend). Empfehle mich. -(Geht, bleibt wieder stehen.) Ach so! ... Sie wollten ja meinen Rath -hören. (Er blickt Hoffmann kalt an.) - -Hoffmann. Ja, wenn Sie noch einen Augenblick Zeit hätten ... (Nicht ohne -Affectirtheit.) Sie kennen das entsetzliche Ende meines ersten Jungen. -Sie haben es ja ganz aus der Nähe gesehen. Wie weit _ich_ damals war, -wissen Sie ja wohl auch. -- Man glaubt es nicht, dennoch: die Zeit -mildert! ... Schließlich habe ich sogar noch Grund zur Dankbarkeit, mein -sehnlichster Wunsch soll, wie es scheint, erfüllt werden. Sie werden -begreifen, daß ich alles thun muß ... Es hat mich schlaflose Nächte -genug gekostet und doch weiß ich noch nicht, noch _immer_ nicht, wie ich -es anstellen soll, um das jetzt noch ungeborene Geschöpf vor dem -furchtbaren Schicksale seines Brüderchens zu bewahren. Und das ist es, -weshalb ich Sie ... - -Dr. Schimmelpfennig (trocken und geschäftsmäßig). Von seiner Mutter -trennen: Grundbedingung einer gedeihlichen Entwickelung. - -Hoffmann. Also doch?! -- Meinen Sie, völlig trennen? ... Soll es auch -nicht in demselben Hause mit ihr ...? - -Dr. Schimmelpfennig. Nein, wenn es Ihnen ernst ist um die Erhaltung -Ihres Kindes, dann nicht. Ihr Vermögen gestattet Ihnen ja in dieser -Beziehung die freieste Bewegung. - -Hoffmann. Gott sei Dank, ja! Ich habe auch schon in der Nähe von -Hirschberg eine Villa mit sehr großem Park angekauft. Nur wollte ich -auch meine Frau ... - -Dr. Schimmelpfennig (dreht seinen Bart und starrt auf die Erde. Unter -Nachdenken.) Kaufen Sie doch Ihrer Frau irgend wo anders eine Villa ... - -Hoffmann (zuckt die Achseln). - -Dr. Schimmelpfennig (wie vorher). Können Sie nicht -- Ihre Schwägerin -- -für die Aufgabe, dieses Kind zu erziehen, interessiren? - -Hoffmann. Wenn Sie wüßten, Herr Doktor, was für Hindernisse ... -außerdem: ein unerfahrenes, junges Ding ... Mutter ist doch Mutter. - -Dr. Schimmelpfennig. Sie wissen meine Meinung. Empfehle mich. - -Hoffmann (mit Ueberfreundlichkeit um ihn herum complimentirend). -Empfehle mich ebenfalls! Ich bin Ihnen äußerst dankbar ... - - Beide ab durch die Mittelthür. - - _Helene_, das Taschentuch vor den Mund gepreßt, schluchzend, - außer sich, kommt herein und läßt sich auf das Sopha links vorn - hinfallen. Nach einigen Augenblicken tritt Hoffmann, - Zeitungsblätter in den Händen haltend, abermals ein. - -Hoffmann. Was ist denn _das_ --? Sag' mal, Schwägerin! soll denn das -noch lange so fort gehen? -- Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, -an dem ich Dich nicht weinen sehe. - -Helene. Ach! -- was weißt Du!? -- Wenn Du überhaupt Sinn für so was -hätt'st, dann würd'st Du Dich vielmehr wundern, wenn ich mal nicht -weinte. - -Hoffmann. -- Das leuchtet mir nicht ein, Schwägerin! - -Helene. Mir um so mehr! - -Hoffmann. ... Es muß doch wieder was passirt sein, hör' mal! - -Helene (springt auf, stampft mit dem Fuße). Pfui! Pfui! ... und ich -mag's nicht mehr leiden ... Das hört auf! Ich lasse mir das nicht mehr -bieten! Ich sehe nicht ein warum ... ich ... (im Weinen erstickend). - -Hoffmann. Willst Du mir denn nicht wenigstens sagen, worum sich's -handelt, damit ... - -Helene (auf's Neue heftig ausbrechend). Alles ist mir egal! Schlimmer -kann's nicht kommen: -- einen Trunkenbold von Vater hat man, ein Thier --- vor dem die .... die eigene Tochter nicht sicher ist. -- Eine -ehebrecherische Stiefmutter, die mich an ihren Galan verkuppeln möchte -.. Dieses ganze Dasein überhaupt. -- Nein --! ich sehe nicht ein, wer -mich zwingen kann, durchaus schlecht zu werden. Ich gehe fort! Ich renne -fort -- und wenn Ihr mich nicht loslaßt, dann .... Strick, Messer, -Revolver! .... mir egal! -- ich will nicht auch zum Branntwein greifen -wie meine Schwester. - -Hoffmann (erschrocken, packt sie am Arm). Lene! .... Ich sag' Dir, -still! ... davon still! - -Helene. Mir egal! .... mir ganz egal! -- Man ist ... man muß sich -schämen bis in die Seele 'nein. -- Man möchte was wissen, was sein, was -sein können -- und was ist man nu? - -Hoffmann, (der ihren Arm noch nicht wieder losgelassen, fängt an, das -Mädchen allmählich nach dem Sopha hinzudrängen. Im Tone seiner Stimme -liegt nun plötzlich eine weichliche, übertriebene, gleichsam vibrirende -Milde.) _Lenchen_ --! Ich weiß ja recht gut, daß Du hier manches -auszustehen hast. Sei nur ruhig ...! Brauchst es mir gar nicht zu sagen. -(Er legt die Rechte liebkosend auf ihre Schulter, bringt sein Gesicht -nahe dem ihren.) Ich kann Dich gar nicht weinen sehen. Wahrhaftig! -- 's -thut mir weh. Sieh doch nur aber die Verhältnisse nicht schwärzer, als -sie sind --; und dann: -- hast Du vergessen, daß wir beide -- Du und ich --- so zu sagen in der gleichen Lage sind? -- Ich bin in diese -Bauernatmosphäre hinein gekommen .... passe ich hinein? Genau so wenig -wie Du hoffentlich. - -Helene (immer noch weinend). Hätte mein -- gutes -- M -- Muttelchen das -geahnt -- als sie .... als sie bestimmte -- daß ich in Herrnhut -- -erzogen .... erzogen werden sollte. Hätte sie -- mich lieber ... mich -lieber zu Hause gelassen, dann hätte ich ... hätte ich wenigstens -- -nichts Anderes kennen gelernt, wäre in dem Sumpf hier auf.... -aufgewachsen --. Aber so ... - -Hoffmann (hat Helene sanft auf das Sopha gezwungen und sitzt nun, eng an -sie gedrängt, neben ihr. Immer auffälliger verräth sich in seinen -Tröstungen das sinnliche Element.) Lenchen --! Sieh mich an, laß das gut -sein, tröste Dich mit mir. -- Ich brauch' Dir von Deiner Schwester nicht -zu sprechen. (Heiß und mit Innigkeit, indem er sie enger umschlingt.) -Ja, wäre sie wie _Du_ bist! ... So aber ... sag' selbst: was kann _sie_ -mir sein? -- Wo lebt ein Mann, Lenchen, ein gebildeter Mann, -- (leiser) --- dessen Frau von einer so unglückseligen Leidenschaft befallen ist? -- -Man darf es gar nicht laut sagen: eine Frau -- und -- Branntwein ... -Nun, sprich, bin ich glücklicher? .... Denk an mein Fritzchen! -- Nun? -... bin ich am Ende besser dran, wie? ... (Immer leidenschaftlicher.) -Siehst Du: so hat's das Schicksal schließlich noch gut gemeint. Es hat -uns zu einander gebracht. -- Wir gehören für einander! Wir sind zu -Freunden voraus bestimmt, mit unsren gleichen Leiden. Nicht, Lenchen? -(Er umschlingt sie ganz. Sie läßt es geschehen, aber mit einem Ausdruck, -der besagt, daß sie sich zum Dulden zwingt. Sie ist still geworden und -scheint mit zitternder Spannung etwas zu erwarten, irgend eine -Gewißheit, eine Erfüllung, die unfehlbar herankommt.) - -Hoffmann (zärtlich). Du solltest meinem Vorschlag folgen, solltest dies -Haus verlassen, bei uns wohnen. -- Das Kindchen, das kommt, braucht eine -Mutter. -- Komm! sei Du ihm das; -- (leidenschaftlich gerührt, -sentimental) -- sonst hat es eben keine Mutter. Und dann: -- bring ein -wenig, nur ein ganz, ganz klein wenig Licht in mein Leben. _Thuu's! -- -thu -- 's!_ (Er will seinen Kopf an ihre Brust lehnen. Sie springt auf, -empört. In ihren Mienen verräth sich Verachtung, Ueberraschung, Ekel, -Haß.) - -Helene. Schwager! Du bist, Du bist ... Jetzt kenn ich Dich durch und -durch. Bisher hab ich's nur so dunkel gefühlt. Jetzt weiß ich's ganz -gewiß. - -Hoffmann (überrascht, fassungslos). Was ...? Helene ... -- einzig, -wirklich. - -Helene. Jetzt weiß ich ganz gewiß, daß Du nicht um ein Haar besser bist -.... was denn! schlechter bist Du, der schlecht'ste von allen hier! - -Hoffmann (steht auf, mit angenommener Kälte). Dein Betragen heut ist -sehr eigenthümlich, weißt Du! - -Helene (tritt nahe zu ihm). Du gehst doch nur auf das eine Ziel los. -(Halblaut in sein Ohr.) Aber Du hast ganz andere Waffen als Vater und -Stiefmutter oder der ehrenfeste Herr Bräutigam, ganz andere. Gegen Dich -gehalten sind sie Lämmer, alle mit 'nander. Jetzt, jetzt auf einmal, -jetzt eben ist mir das sonnenklar geworden. - -Hoffmann (in erheuchelter Entrüstung). Lene! Du bist .... Du bist nicht -bei Trost, das ist ja heller Wahn.... (Er unterbricht sich, schlägt sich -vor den Kopf.) Gott, wie wird mir denn auf einmal, natürlich! ... Du -hast .... es ist freilich noch sehr früh am Tage, aber ich wette, Du -hast .... Helene, Du hast heut früh schon mit Alfred Loth geredet. - -Helene. Weshalb sollte ich denn nicht mit ihm geredet haben? Es ist ein -Mann, vor dem wir uns alle verstecken müßten vor Scham, wenn es mit -rechten Dingen zuginge. - -Hoffmann. Also wirklich! ... Ach sooo! .... na jaaa! .. allerdings ... -da darf ich mich weiter nicht wundern -- So, so, so, hat also die -Gelegenheit benützt, über seinen Wohlthäter 'n bischen herzuziehen. Man -sollte immer auf dergleichen gefaßt sein, freilich! - -Helene. Schwager! das ist nun geradezu _gemein_. - -Hoffmann. Finde ich beinah auch! - -Helene. Kein Sterbenswort, nicht ein Sterbenswort hat er gesagt über -Dich. - -Hoffmann (ohne darauf einzugehen). Wenn die Sachen _so_ liegen, dann ist -es geradezu meine Pflicht, ich sage, meine Pflicht, als Verwandter, -einem so unerfahrenen Mädchen gegenüber wie Du bist ..... - -Helene. Unerfahrenes Mädchen --? Wie Du mir vorkommst! - -Hoffmann (aufgebracht). Auf meine Verantwortung ist Loth hier in's Haus -gekommen. Nun mußt Du wissen: -- er ist -- gelinde gesprochen -- ein -höchst ge--fähr--licher Schwärmer, dieser Herr Loth. - -Helene. Daß Du das von Herrn Loth sagst, hat für mich so etwas -- -Verkehrtes -- etwas lächerlich Verkehrtes. - -Hoffmann. Ein Schwärmer, der die Gabe hat, nicht nur Weibern, sondern -auch _vernünftigen_ Leuten die Köpfe zu verwirren. - -Helene. Siehst Du: _wieder_ so eine Verkehrtheit! Mir ist es nach den -wenigen Worten, die ich mit Herrn Loth geredet habe, so wohlthuend klar -im Kopfe .... - -Hoffmann (im Tone eines Verweises). Was ich Dir sage, ist durchaus -nichts Verkehrtes. - -Helene. Man muß für das Verkehrte einen Sinn haben, und den hast Du eben -nicht. - -Hoffmann (wie vorher). Davon ist jetzt nicht die Rede. Ich erkläre Dir -nochmals, daß ich Dir nichts Verkehrtes sage, sondern etwas, was ich -Dich bitten muß, als thatsächlich wahr hinzunehmen .... Ich habe es an -mir erfahren: er benebelt einem den Kopf, und dann schwärmt man von -Völkerverbrüderung, von Freiheit und Gleichheit, setzt sich über Sitte -und Moral hinweg .... Wir wären damals um dieser Hirngespinste willen -- -weiß der Himmel -- über die Leichen unserer Eltern hinweggeschritten, um -zum Ziele zu gelangen. Und er, sage ich Dir, würde erforderlichen Falls -noch heute dasselbe thun. - -Helene. Wie viele Eltern mögen wohl alljährlich über die Leichen ihrer -Kinder schreiten, ohne daß Jemand .... - -Hoffmann (ihr in die Rede fallend). Das ist Unsinn! Da hört _alles_ auf! -... Ich sage Dir, nimm Dich vor ihm in Acht, in jeder .... ich sage ganz -ausdrücklich, in _jeder_ Beziehung. -- Von moralischen Skrupeln ist da -keine Spur. - -Helene. Ne, wie verkehrt dies nun wieder ist. Glaub' mir, Schwager, -fängt man erst mal an d'rauf zu achten .... es ist so schrecklich -interessant ..... - -Hoffmann. Sag' doch, was Du willst, gewarnt bist Du nun. Ich will Dir -nur noch ganz im Vertrauen mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals -durch ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen. - -Helene. Wenn dieser Mensch so gefährlich ist, warum freutest Du Dich -denn gestern so aufrichtig, als .... - -Hoffmann. Gott ja, er ist eben ein Jugendbekannter! Weißt Du denn, ob -nicht ganz bestimmte Gründe vorlagen .... - -Helene. Gründe? Wie denn? - -Hoffmann. Nur so. -- Käme er allerdings heut und wüßte ich, was ich -jetzt weiß -- - -Helene. Was weißt Du denn nur? Ich sagte Dir doch bereits, er hat kein -Sterbenswort über Dich verlauten lassen. - -Hoffmann. -- Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's zweimal überlegt und -mich wahrscheinlich sehr in Acht genommen, ihn hier zu behalten. Loth -ist und bleibt 'n Mensch, dessen Umgang compromittirt. Die Behörden -haben ihn im Auge. - -Helene. Ja, hat er denn ein Verbrechen begangen? - -Hoffmann. Sprechen wir lieber darüber nicht. Laß es Dir genug sein, -Schwägerin, wenn ich Dir die Versicherung gebe: mit Ansichten, wie er -sie hat, in der Welt umherzulaufen, ist heutzutage weit schlimmer und -vor allem gefährlicher als stehlen. - -Helene. Ich will's mir merken. -- Nun aber -- Schwager! hörst Du? Frag' -mich nicht -- wie ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von _Dir_ -denke. -- Hörst Du? - -Hoffmann (cynisch kalt). Denkst Du denn wirklich, daß mir so ganz -besonders viel daran liegt das zu wissen? (Er drückt den Klingelknopf.) -Uebrigens höre ich ihn da eben hereinkommen. - - Loth tritt ein. - -Hoffmann. Nun --? gut geschlafen, alter Freund? - -Loth. Gut, aber nicht lange. Sag' doch mal: ich sah da vorhin Jemand aus -dem Haus kommen, einen Herrn. - -Hoffmann. Vermuthlich der Doktor, der soeben hier war. Ich erzählte Dir -ja ... dieser eigenthümliche Mischmasch von Härte und Sentimentalität. - - Helene verhandelt mit Eduard, der eben eingetreten ist. Er geht - ab und servirt kurz darauf Thee und Kaffee. - -Loth. Dieser Mischmasch, wie Du Dich ausdrückst, sah nämlich einem alten -Universitätsfreunde von mir furchtbar ähnlich -- ich hätte schwören -können, daß er es sei -- einem gewissen Schimmelpfennig. - -Hoffmann (sich am Frühstückstisch niederlassend). Nu ja, ganz recht: -Schimmelpfennig! - -Loth. Ganz recht? Was? - -Hoffmann. Er heißt in der That Schimmelpfennig. - -Loth. Wer? Der Doktor hier? - -Hoffmann. Du sagtest es doch eben. Ja, der Doktor. - -Loth. Dann .... das ist aber auch wirklich wunderlich! Unbedingt ist -er's dann. - -Hoffmann. Siehst Du wohl, schöne Seelen finden sich zu Wasser und zu -Lande. Du nimmst mir's nicht übel, wenn ich anfange; wir wollten uns -nämlich gerade zum Frühstück setzen. Bitte, nimm Platz! Du hast doch -wohl nicht schon irgendwo gefrühstückt? - -Loth. Nein! - -Hoffmann. Nun dann, also. (Er rückt, selbst sitzend, Loth einen Stuhl -zurecht. Hierauf zu Eduard, der mit Thee und Kaffee kommt.) Ae! wird .. -e .. meine Frau Schwiegermama nicht kommen? - -Eduard. Die gnädige Frau und Frau Spiller werden auf ihrem Zimmer -frühstücken. - -Hoffmann. Das ist aber doch noch nie .... - -Helene (das Service zurechtrückend). Laß nur! Es hat seinen Grund. - -Hoffmann. Ach so .. Loth! lang' zu .... ein Ei? Thee? - -Loth. Könnte ich vielleicht lieber ein Glas Milch bekommen? - -Hoffmann. Mit dem größten Vergnügen. - -Helene. Eduard! Miele soll frisch einmelken. - -Hoffmann (schält ein Ei ab). Milch -- brrr! mich schüttelt's. (Salz und -Pfeffer nehmend.) Sag' mal, Loth, was führt Dich eigentlich in unsre -Gegend? Ich hab' bisher ganz vergessen, Dich danach zu fragen. - -Loth (bestreicht eine Semmel mit Butter). Ich möchte die hiesigen -Verhältnisse studiren. - -Hoffmann (mit einem Aufblick). Bitte ...? ... was für Verhältnisse? - -Loth. Präcise gesprochen: ich will die Lage der hiesigen Bergleute -studiren. - -Hoffmann. Ach, die ist im Allgemeinen doch eine sehr gute. - -Loth. Glaubst Du? -- Das wäre ja übrigens recht schön .... Doch eh ich's -vergesse: Du mußt mir dabei einen Dienst leisten. Du kannst Dich um die -Volkswirthschaft sehr verdient machen, wenn .... - -Hoffmann. Ich? I! wieso ich? - -Loth. Nun, Du hast doch den Verschleiß der hiesigen Gruben? - -Hoffmann. Ja! und was dann? - -Loth. Dann wird es Dir auch ein Leichtes sein, mir die Erlaubniß zur -Besichtigung der Gruben auszuwirken. Das heißt: ich will mindestens vier -Wochen lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einigermaßen kennen -lerne. - -Hoffmann (leichthin). Was Du da unten zu sehen bekommst, willst Du dann -wohl schildern? - -Loth. Ja. Meine Arbeit soll vorzugsweise eine descriptive werden. - -Hoffmann. Das thut mir nun wirklich leid, mit der Sache habe ich gar -nichts zu thun. -- Du willst bloß über die Bergleute schreiben, wie? - -Loth. Aus dieser Frage hört man, daß Du kein Volkswirthschaftler bist. - -Hoffmann (in seinem Dünkel gekränkt). Bitte _sehr_ um Entschuldigung! Du -wirst mir wohl zutrauen ..... Warum? Ich sehe nicht ein, wieso man diese -Frage nicht thun kann? -- und schließlich: es wäre kein Wunder .... -Alles kann man nicht wissen. - -Loth. Na, beruhige Dich nur, die Sache ist einfach die: wenn ich die -Lage der hiesigen Bergarbeiter studiren will, so ist es unumgänglich, -auch alle die Verhältnisse, welche diese Lage bedingen, zu berühren. - -Hoffmann. In solchen Schriften wird mitunter schauderhaft übertrieben. - -Loth. Von diesem Fehler gedenke ich mich frei zu halten. - -Hoffmann. Das wird sehr löblich sein. (Er hat bereits mehrmals und jetzt -wiederum mit einem kurzen und prüfenden Blick Helenen gestreift, die mit -naiver Andacht an Loth's Lippen hängt, und fährt nun fort.) Doch .... es -ist urkomisch, wie einem so was ganz urplötzlich in den Sinn kommt. Wie -so was im Gehirn nur vor sich gehen mag? - -Loth. Was ist Dir denn auf einmal in den Sinn gekommen? - -Hoffmann. Es betrifft Dich. -- Ich dachte an Deine Ver..... nein, es ist -am Ende tactlos, in Gegenwart von einer jungen Dame von Deinen -Herzensgeheimnissen zu reden. - -Helene. Ja, dann will ich doch lieber .... - -Loth. Bitte sehr, Fräulein! .. _bleiben_ Sie ruhig, meinetwegen -wenigstens -- ich merke längst, worauf er hinaus will. Ist auch durchaus -nichts Gefährliches. (Zu Hoffmann.) Meine Verlobung, nicht wahr? - -Hoffmann. Wenn Du selbst darauf kommst, ja! -- Ich dachte in der That an -Deine Verlobung mit Anna Faber. - -Loth. Die ging auseinander -- naturgemäß -- als ich damals in's -Gefängniß mußte. - -Hoffmann. Das war aber nicht hübsch von Deiner ..... - -Loth. Es war jedenfalls ehrlich von ihr! Ihr Absagebrief enthielt ihr -wahres Gesicht; hätte sie mir dies Gesicht früher gezeigt, dann hätte -sie sich selbst und auch mir manches ersparen können. - -Hoffmann. Und seither hat Dein Herz nicht irgendwo festgehakt? - -Loth. Nein. - -Hoffmann. Natürlich! Nun: Büchse in's Korn geworfen -- heirathen -verschworen! verschworen wie den Alkohol! Was? Uebrigens _chacun à son -goût_. - -Loth. Mein Geschmack ist es eben nicht, aber vielleicht mein Schicksal. -Auch habe ich Dir, soviel ich weiß, bereits einmal gesagt, daß ich in -Bezug auf das Heirathen nichts verschworen habe; was ich fürchte, ist: -daß es keine Frau geben wird, die sich für mich eignet. - -Hoffmann. Ein großes Wort, Lothchen! - -Loth. Im Ernst! -- Mag sein, daß man mit den Jahren zu kritisch wird und -zu wenig gesunden Instinkt besitzt. Ich halte den Instinkt für die beste -Garantie einer geeigneten Wahl. - -Hoffmann (frivol). Der wird sich schon noch mal wiederfinden -- -(lachend) -- der Instinkt nämlich. - -Loth. -- Schließlich, was kann ich einer Frau bieten? Ich werde immer -mehr zweifelhaft, ob ich einer Frau zumuthen darf, mit dem kleinen -Theile meiner Persönlichkeit vorlieb zu nehmen, der nicht meiner -Lebensarbeit gehört -- dann fürchte ich mich auch vor der Sorge um die -Familie. - -Hoffmann. Wa... was? -- vor der Sorge um die Familie? Kerl! hast Du denn -nicht Kopf, Arme, he? - -Loth. Wie Du siehst. Aber ich sagte Dir ja schon, meine Arbeitskraft -gehört zum größten Theil meiner Lebensaufgabe und wird ihr immer zum -größten Theil gehören: sie ist also nicht mehr mein. Ich hätte außerdem -mit ganz besonderen Schwierigkeiten .... - -Hoffmann. Pst! klingelt da nicht Jemand? - -Loth. Du hältst das für Phrasengebimmel? - -Hoffmann. Ehrlich gesprochen, es klingt etwas hohl! Unser einer ist -schließlich auch kein Buschmann, trotzdem man verheirathet ist. Gewisse -Menschen geberden sich immer, als ob sie ein Privilegium auf alle in der -Welt zu vollbringenden guten Thaten hätten. - -Loth (heftig). Gar nicht! -- denk ich gar nicht d'ran! -- Wenn Du von -Deiner Lebensaufgabe nicht abgekommen wärst, so würde das an Deiner -glücklichen materiellen Lebenslage mitliegen. - -Hoffmann (mit Ironie). Dann wäre das wohl auch eine Deiner Forderungen. - -Loth. Wie? Forderungen? was? - -Hoffmann. Ich meine: Du würdest bei einer Heirath auf Geld sehen. - -Loth. Unbedingt. - -Hoffmann. Und dann giebt es -- wie ich Dich kenne -- noch eine lange -Zaspel anderer Forderungen. - -Loth. Sind vorhanden! Leibliche und geistige Gesundheit der Braut zum -Beispiel ist _conditio sine qua non_. - -Hoffmann (lachend). Vorzüglich! Dann wird ja wohl vorher eine ärztliche -Untersuchung der Braut nothwendig werden. -- Göttlicher Hecht! - -Loth (immer ernst). Ich stelle aber auch an mich Forderungen, mußt Du -nehmen. - -Hoffmann (immer heiterer). Ich weiß, weiß! ... wie Du mal die Literatur -über Liebe durchgingst, um auf das Gewissenhafteste festzustellen ob -das, was Du damals für irgend eine Dame empfandest, auch wirklich Liebe -sei. Also sag' doch mal noch einige Deiner Forderungen. - -Loth. Meine Frau müßte zum Beispiel entsagen können. - -Helene. -- Wenn ... wenn .... Ach! ich will lieber nicht reden ... ich -wollte nur sagen: die Frau ist doch im Allgemeinen an's Entsagen -gewöhnt. - -Loth. Um's Himmels willen! Sie verstehen mich durchaus falsch. So ist -das Entsagen nicht gemeint. Nur in sofern verlange ich Entsagung, oder -besser, nur auf den Theil meines Wesens, der meiner Lebensaufgabe -gehört, müßte sie freiwillig und mit Freuden verzichten. Nein, nein! im -Übrigen soll meine Frau fordern und immer fordern -- alles was ihr -Geschlecht im Laufe der Jahrtausende eingebüßt hat. - -Hoffmann. Au! au! au! ... Frauenemancipation! -- wirklich Deine -Schwenkung war bewunderungswürdig -- nun bist Du im rechten Fahrwasser. -Fritz Loth, oder der Agitator in der Westentasche! ... Wie würdest Du -denn hierin Deine Forderungen formuliren, oder besser: wie weit müßte -Deine Frau emancipirt sein? -- Es amüsirt mich wirklich Dich anzuhören --- Cigarren rauchen? Hosen tragen? - -Loth. Das nun weniger -- aber -- sie müßte allerdings über gewisse -gesellschaftliche Vorurtheile hinaus sein. Sie müßte zum Beispiel nicht -davor zurückschrecken zuerst -- falls sie nämlich wirklich Liebe zu mir -empfände -- das bewußte Bekenntniß abzulegen. - -Hoffmann (ist mit frühstücken zu Ende. Springt auf, in halb ernster, -halb komischer Entrüstung.) Weißt Du? das ... das ist ... eine geradezu -_unverschämte_ Forderung! mit der Du allerdings auch -- wie ich Dir -hiermit prophezeihe -- wenn Du nicht etwa vorziehst sie fallen zu -lassen, bis an Dein Lebensende herumlaufen wirst. - -Helene (mit schwer bewältigter, innerer Erregung). Ich bitte die Herren -mich jetzt zu entschuldigen -- die Wirthschaft ... Du weißt, Schwager: -Mama ist in der Stube und da ... - -Hoffmann. Laß Dich nicht abhalten. - - Helene verbeugt sich; ab. - -Hoffmann (mit dem Streichholzetui nach dem Cigarrenkistchen, das auf dem -Buffet steht, zuschreitend). Das muß wahr sein ... Du bringst einen in -Hitze, ... ordentlich unheimlich. (Nimmt eine Cigarre aus der Kiste und -läßt sich dann auf das Sopha links vorn nieder. Er schneidet die Spitze -der Cigarre ab und hält während des Folgenden die Cigarre in der linken, -das abgetrennte Spitzchen zwischen den Fingern der rechten Hand.) Bei -alledem ... es amüsirt doch. Und dann: Du glaubst nicht, wie wohl es -thut, so'n paar Tage auf dem Lande, abseit von den Geschäften, -zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünschte ... wie spät ist es -denn eigentlich? Ich muß nämlich leider Gottes heute zu einem Essen nach -der Stadt. -- Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben. Was soll -man machen als Geschäftsmann? -- Eine Hand wäscht die andere. Die -Bergbeamten sind nun mal d'ran gewöhnt. -- Na! eine Cigarre kann man -noch rauchen -- in aller Gemüthsruhe. (Er trägt das Spitzchen nach dem -Spucknapf, läßt sich dann abermals auf das Sopha nieder und setzt seine -Cigarre in Brand.) - -Loth (am Tisch; blättert stehend in einem Prachtwerk). Die Abenteuer des -Grafen Sandor. - -Hoffmann. Diesen Unsinn findest Du hier bei den meisten Bauern -aufliegen. - -Loth (unter dem Blättern). Wie alt ist eigentlich Deine Schwägerin? - -Hoffmann. Im August einundzwanzig gewesen. - -Loth. Ist sie leidend? - -Hoffmann. Weiß nicht. - Glaube übrigens nicht -- macht sie Dir den -Eindruck? -- - -Loth. Sie sieht allerdings mehr verhärmt als krank aus. - -Hoffmann. Na ja! die Scheerereien mit der Stiefmutter ... - -Loth. Auch ziemlich reizbar scheint sie zu sein!? - -Hoffmann. Unter solchen Verhältnissen ...... Ich möchte den sehen, der -unter solchen Verhältnissen nicht reizbar werden würde ... - -Loth. Viel Energie scheint sie zu besitzen. - -Hoffmann. Eigensinn! - -Loth. Auch Gemüth, nicht? - -Hoffmann. Zu viel mitunter ....... - -Loth. Wenn die Verhältnisse hier so mißlich für sie sind -- warum lebt -Deine Schwägerin dann nicht in _Deiner_ Familie? - -Hoffmann. Frag' sie, warum! -- Oft genug hab ich ihr's angeboten. -Frauenzimmer haben eben ihre Schrullen. (Die Cigarre im Munde, zieht -Hoffmann ein Notizbuch und summirt einige Posten.) Du nimmst es mir doch -wohl nicht übel, wenn ich ... wenn ich Dich dann allein lassen muß? - -Loth. Nein, gar nicht. - -Hoffmann. Wie lange gedenkst Du denn noch ...? - -Loth. Ich werde mir bald nachher eine Wohnung suchen. Wo wohnt denn -eigentlich Schimmelpfennig? Am besten, ich gehe zu ihm. Der wird mir -gewiß etwas vermitteln können. Hoffentlich findet sich bald etwas -Geeignetes, sonst würde ich die nächste Nacht im Gasthaus nebenan -zubringen. - -Hoffmann. Wieso denn? Natürlich bleibst Du dann bis morgen bei uns. -Freilich, ich bin selbst nur Gast in diesem Hause -- sonst würde ich -Dich natürlich auffordern ... Du begreifst ...! - -Loth. Vollkommen! ... - -Hoffmann. Aber sag' doch mal -- sollte das wirklich Dein Ernst gewesen -sein ....? - -Loth. Daß ich die nächste Nacht im Gast....? - -Hoffmann. Unsinn! ... Bewahre! Was Du vorhin sagtest, meine ich. Die -Geschichte da -- mit Deiner vertrackten descriptiven Arbeit? - -Loth. Weshalb nicht? - -Hoffmann. Ich muß Dir gestehen, ich hielt es für Scherz. (Er erhebt -sich, vertraulich, halb und halb im Scherz.) Wie? Du solltest wirklich -fähig sein, hier ... gerade hier, wo ein Freund von Dir glücklich festen -Fuß gefaßt hat, den Boden zu unterwühlen? - -Loth. Mein Ehrenwort, Hoffmann! Ich hatte keine Ahnung davon, daß Du -Dich hier befändest. Hätte ich das gewußt .... - -Hoffmann (springt auf, hocherfreut). Schon gut! schon gut! Wenn die -Sachen _so_ liegen .... siehst Du, das freut mich _aufrichtig_, daß ich -mich nicht in Dir getäuscht habe. Also, Du weißt es nun, und -selbstredend erhältst Du die Kosten der Reise und alles, was drum und -dran baumelt, von mir vergütet. Ziere Dich nicht! Es ist einfach meine -Freundespflicht .... Daran erkenne ich meinen alten, biederen Loth! -Denke mal an: ich hatte Dich wirklich eine Zeit lang ernstlich im -Verdacht .... Aber nun muß ich Dir auch ehrlich sagen, so schlecht, wie -ich mich zuweilen hinstelle, bin ich keineswegs. Ich habe Dich immer -hochgeschätzt, Dich und Dein ehrliches, consequentes Streben. Ich bin -der letzte, der gewisse, -- leider, leider mehr als berechtigte -Ansprüche der ausgebeuteten, unterdrückten Massen nicht gelten läßt. -- -Ja, lächle nur, ich gehe sogar so weit zu bekennen, daß es im Reichstag -nur _eine_ Partei giebt, die Ideale hat: und das ist dieselbe, der Du -angehörst! .... Nur -- wie gesagt -- langsam! langsam! -- nichts -überstürzen. Es kommt alles, kommt alles, wie es kommen soll. Nur -Geduld! Geduld .... - -Loth. Geduld muß man allerdings haben. Deshalb ist man aber noch nicht -berechtigt, die Hände in den Schooß zu legen! - -Hoffmann. Ganz meine Ansicht! -- Ich hab' Dir überhaupt in Gedanken weit -öfter zugestimmt als mit Worten. Es ist 'ne Unsitte, ich geb's zu. Ich -hab' mir's angewöhnt, im Verkehr mit Leuten, die ich nicht gern in meine -Karten sehen lasse .... Auch in der Frauenfrage .... Du hast manches -sehr treffend geäußert. (Er ist inzwischen an's Telephon getreten, weckt -und spricht theils in's Telephon, theils zu Loth.) Die kleine Schwägerin -war übrigens ganz Ohr ... (In's Telephon.) Franz! In zehn Minuten muß -angespannt sein ... (Zu Loth.) Es hat ihr Eindruck gemacht ... (In's -Telephon.) Was? -- ach was, Unsinn! -- Na, da hört doch aber ..... Dann -schirren Sie schleunigst die Rappen an ..... (Zu Loth.) Warum sollte es -ihr keinen Eindruck machen? ... (In's Telephon.) Gerechter Strohsack, -zur Putzmacherin sagen Sie? Die gnädige Frau .... die gnä... Ja -- na -ja! aber sofort -- na ja! -- ja! -- schön! Schluß! (Nachdem er darauf -den Knopf der Hausklingel gedrückt, zu Loth.) Wart' nur ab, Du! Laß mich -nur erst den entsprechenden Monetenberg aufgeschichtet haben, vielleicht -geschieht dann etwas ... (Eduard ist eingetreten.) Eduard! Meine -Gamaschen, meinen Gehrock! (Eduard ab.) Vielleicht geschieht dann etwas, -was Ihr mir alle jetzt nicht zutraut .... Wenn Du in zwei oder drei -Tagen -- bis dahin wohnst Du unbedingt bei uns -- ich müßte es sonst als -eine grobe Beleidigung ansehen -- (er legt den Schlafrock ab) -- in zwei -bis drei Tagen also, wenn Du abzureisen gedenkst, bringe ich Dich mit -meiner Kutsche zur Bahn. - - Eduard mit Gehrock und Gamaschen tritt ein. - -Hoffmann (indem er sich den Rock überziehen läßt). So! (Auf einen Stuhl -niedersitzend.) Nun die Stiefel! (Nachdem er einen derselben angezogen.) -Das wäre einer! - -Loth. Du hast mich doch wohl nicht ganz verstanden. - -Hoffmann. Ach ja! das ist leicht möglich. Man ist so raus aus all den -Sachen. Nur immer lederne Geschäftsangelegenheiten. Eduard! ist denn -noch keine Post gekommen? Warten Sie mal! -- Gehen Sie doch mal in mein -Zimmer! Auf dem Pult links liegt ein Schriftstück mit blauem Deckel, -bringen Sie's raus in die Wagentasche. (Eduard ab in die Thür rechts, -dann zurück und ab durch die Mittelthür.) - -Loth. Ich meine ja nur: Du hast mich in _einer Beziehung_ nicht -verstanden. - -Hoffmann (sich immer noch mit dem zweiten Schuh herumquälend). Upsa! -.... So! (Er steht auf und tritt die Schuhe ein.) Da wären wir. Nichts -ist unangenehmer als enge Schuhe ..... Was meintest Du eben? - -Loth. Du sprachst von meiner Abreise ..... - -Hoffmann. Nun? - -Loth. Ich habe Dir doch bereits gesagt, daß ich um eines ganz bestimmten -Zweckes willen hier am Ort bleiben muß. - -Hoffmann (auf's Äußerste verblüfft und entrüstet zugleich). Hör' mal -....! Das ist aber beinahe _nichts_würdig! -- Weißt Du denn nicht, was -Du mir als Freund schuldest? - -Loth. Doch wohl nicht den Verrath meiner Sache!? - -Hoffmann (außer sich). Nun, dann ... dann habe ich auch nicht die -kleinste Veranlassung, Dir gegenüber als Freund zu verfahren. Ich sage -Dir also: daß ich Dein Auftreten hier -- gelinde gesprochen -- für -_fabelhaft_ dreist halte. - -Loth (sehr ruhig). Vielleicht erklärst Du mir, was Dich berechtigt, mich -mit dergleichen Epitheta ..... - -Hoffmann. Das soll ich Dir auch noch erklären? Da hört eben -_verschiedenes_ auf! Um so was nicht zu fühlen, muß man Rhinoceroshaut -auf dem Leibe haben! Du kommst hierher, genieß'st meine -Gastfreundschaft, drisch'st mir ein paar Schock Deiner abgegriffnen -Phrasen vor, verdrehst meiner Schwägerin den Kopf, schwatzest von alter -Freundschaft und so was gut's und dann erzählst Du ganz naiv: Du -wolltest eine descriptive Arbeit über hiesige Verhältnisse verfertigen. -Ja, für was _hältst_ Du mich denn eigentlich? Meinst Du vielleicht, ich -wüßte nicht, daß solche sogenannte Arbeiten nichts als schamlose -Pamphlete sind? ... Solch eine Schmähschrift willst Du schreiben und -zwar über unseren Kohlendistrict. Solltest Du denn wirklich nicht -begreifen, wen diese Schmähschrift am allerschärfsten schädigen müßte? -Doch nur _mich_! -- Ich sage: man sollte Euch das Handwerk noch -gründlicher legen, als es bisher geschehen ist, Volksverführer! die Ihr -seid! Was thut Ihr? Ihr macht den Bergmann unzufrieden, anspruchsvoll, -reizt ihn auf, erbittert ihn, macht ihn aufsässig, ungehorsam, -unglücklich, spiegelt ihm goldene Berge vor und grapscht ihm unter der -Hand seine _paar_ Hungerpfennige aus der Tasche. - -Loth. Erachtest Du Dich nun als demaskirt? - -Hoffmann (roh). Ach was! Du lächerlicher, gespreizter Tugendmeier! Was -mir das wohl ausmacht, vor Dir demaskirt zu sein! -- Arbeite lieber! Laß -Deine albernen Faseleien! -- Thu was! Komm zu was! Ich brauche Niemand -um zweihundert Mark anzupumpen. (Schnell ab durch die Mittelthür.) - - Loth sieht ihm einige Augenblicke ruhig nach, dann greift er, - nicht minder ruhig, in seine Brusttasche, zieht ein Portefeuille - und entnimmt ihm ein Stück Papier (den Chec Hoffmann's), das er - mehrmals durchreißt, um die Schnitzel dann langsam in den - Kohlenkasten fallen zu lassen. Hierauf nimmt er Hut und Stock und - wendet sich zum Gehen. Jetzt erscheint _Helene_ auf der Schwelle - des Wintergartens. - -Helene (leise). Herr Loth! - -Loth (zuckt zusammen, wendet sich). Ah! Sie sind es. -- Nun -- dann -- -kann ich _Ihnen_ doch wenigstens ein Lebewohl sagen. - -Helene (unwillkürlich). War Ihnen das Bedürfniß? - -Loth. Ja! -- es war mir Bedürfniß --! Vermuthlich -- wenn Sie da drin -gewesen sind -- haben Sie den Auftritt hier mit angehört -- und dann -..... - -Helene. Ich habe alles mit angehört. - -Loth. Nun -- dann -- wird es Sie nicht in Erstaunen setzen, wenn ich -dieses Haus so ohne Sang und Klang verlasse. - -Helene. N -- nein! -- ich begreife --! ..... Vielleicht kann's Sie -milder gegen ihn stimmen ... mein Schwager bereut immer sehr schnell. -Ich hab's oft ... - -Loth. Ganz möglich --! Vielleicht gerade deshalb aber ist das, was er -über mich sagte, seine wahre Meinung von mir. -- Es ist sogar unbedingt -seine wahre Meinung. - -Helene. Glauben Sie das im Ernst? - -Loth. Ja! -- im Ernst! Also .... (Er geht auf sie zu und giebt ihr die -Hand.) Leben Sie recht glücklich! (Er wendet sich und steht sogleich -wieder still.) Ich weiß nicht ....! oder besser: -- (Helenen klar und -ruhig ins Gesicht blickend) -- ich weiß, weiß erst seit ... seit diesem -Augenblick, daß es mir nicht ganz leicht ist, von hier fortzugehen .... -und .... ja ... und ... na ja! - -Helene. Wenn ich Sie aber -- recht schön bäte .... recht sehr ... noch -weiter hier zu bleiben --? - -Loth. Sie theilen also nicht die Meinung Ihres Schwagers? - -Helene. Nein! -- und das -- wollte ich Ihnen unbedingt ... unbedingt -noch sagen, bevor ... bevor -- Sie -- gingen. - -Loth (ergreift abermals ihre Hand). Das thut mir _wirklich_ wohl. - -Helene (mit sich kämpfend. In einer sich schnell bis zur Bewußtlosigkeit -steigernden Erregung. Mühsam hervorstammelnd.) Auch noch mehr w--ollte -ich Ihnen ... Ihnen sagen, nämlich ... näm--lich, daß -- ich Sie sehr -hoch--achte und -- verehre -- wie ich bis jetzt .... bis jetzt noch -- -keinen Mann ...., daß ich Ihnen -- vertraue, -- daß ich be--reit bin, -das ..... das zu beweisen -- daß ich -- etwas für -- Dich, Sie fühle ... -(Sinkt ohnmächtig in seine Arme.) - -Loth. Helene! - - Vorhang fällt schnell. - - - - - Vierter Akt. - - - Wie im zweiten Akt: der Gutshof. Zeit: eine Viertelstunde nach - Helenens Liebeserklärung. - - _Marie_ und _Golisch_, der Kuhjunge, schleppen sich mit einer - hölzernen Lade die Bodentreppe herunter. Loth kommt reisefertig - aus dem Hause und geht langsam und nachdenklich quer über den - Hof. Bevor er in den Wirthshaussteg einbiegt, stößt er auf - _Hoffmann_, der mit ziemlicher Eile durch den Hofeingang ihm - entgegenkommt. - -Hoffmann, (Cylinder, Glacéhandschuhe). Sei mir nicht böse. (Er verstellt -Loth den Weg und faßt seine beiden Hände.) Ich nehme hiermit alles -zurück! ... Nenne mir eine Genugthuung! ... Ich bin zu jeder Genugthuung -bereit! .... Ich bereue, bereue alles aufrichtig. - -Loth. Das hilft Dir und mir wenig. - -Hoffmann. Ach! -- wenn Du doch ... sieh mal ....! Mehr kann man doch -eigentlich nicht thun. Ich sage Dir: mein Gewissen hat mir keine Ruhe -gelassen! Dicht vor Jauer bin ich umgekehrt, .... daran solltest Du doch -schon erkennen, daß es mir Ernst ist. -- Wo wolltest Du hin ....? - -Loth. In's Wirthshaus -- einstweilen. - -Hoffmann. Ach, das darfst Du mir nicht anthun ...! Das thu mir nur nicht -an! Ich glaube ja, daß es Dich tief kränken mußte. 'S ist ja auch -vielleicht nicht so -- mit ein paar Worten wieder gut zu machen. Nur -nimm mir nicht jede Gelegenheit .... jede Möglichkeit, Dir zu beweisen -.... hörst Du? Kehr um! .... Bleib wenigstens bis ... bis morgen. Oder -bis ... bis ich zurückkomme. Ich muß mich noch einmal in Muße mit Dir -aussprechen darüber; -- das kannst Du mir nicht abschlagen. - -Loth. Wenn Dir daran besonders viel gelegen ist .... - -Hoffmann. Alles! ... auf Ehre! -- ist mir daran gelegen, alles! .... -Also komm! ... komm!! Kneif ja nicht aus! -- komm! (Er führt Loth, der -sich nun nicht mehr sträubt, in das Haus zurück. Beide ab.) - - Die entlassene Magd und der Kuhjunge haben inzwischen die Lade - auf den Schubkarren gesetzt, Golisch hat die Traggurte - umgenommen. - -Marie, (während sie Golisch etwas in die Hand drückt). Doo! Gooschla! -hust a woas! - -Der Junge (weist es ab). Behaal' Den'n Biema! - -Marie. Ae! tumme Dare! - -Der Junge. Na, wegen menner. (Er nimmt das Geld und thut es in seinen -ledernen Geldbeutel.) - -Frau Spiller (von einem der Wohnhausfenster aus, ruft): Marie! - -Marie. Woas wullt Er noo? - -Frau Spiller (nach einer Minute aus der Hausthür tretend). Die gnädige -Frau will Dich behalten, wenn Du versprichst .... - -Marie. Dreck! war ich er versprecha! -- Foahr zu, Goosch! - -Frau Spiller (näher tretend). Die gnädige Frau will Dir auch etwas am -Lohn zulegen, wenn Du ..... (Plötzlich flüsternd.) Mach Der nischt -draus, Moad! se werd ok manchmal so'n bisken kullerig. - -Marie (wüthend). Se maag siich ihre poar Greschla fer sich behahl'n! -- -(Weinerlich.) Ehnder derhingern! (Sie folgt Gosch, der mit dem -Schubkarren vorangefahren ist.) Nee, a su woas oaber oo! -- Do sool eens -do glei' ... (Ab. Frau Spiller ihr nach. Ab.) - - Durch den Haupteingang kommt _Baer_, genannt Hopslabaer. Ein - langer Mensch mit einem Geierhalse und Kropfe dran. Er geht - barfuß und ohne Kopfbedeckung; die Beinkleider reichen, unten - stark ausgefranst, bis wenig unter die Knie herab. Er hat eine - Glatze; das vorhandene braune, verstaubte und verklebte Haar - reicht ihm bis über die Schulter. Sein Gang ist straußenartig. An - einer Schnur führt er ein Kinderwägelchen voll Sand mit sich. - Sein Gesicht ist bartlos, die ganze Erscheinung deutet auf einen - einige Zwanzig alten verwahrlosten Bauernburschen. - -Baer (mit merkwürdig blökender Stimme). Saaa--a--and! Saa--and! - - Er geht durch den Hof und verschwindet zwischen Wohnhaus und - Stallgebäude. _Hoffmann_ und _Helene_ aus dem Wohnhaus. Helene - sieht bleich aus und trägt ein leeres Wasserglas in der Hand. - -Hoffmann (zu Helene). Unterhalt ihn bissel! verstehst Du? -- Laß ihn -nicht fort -- es liegt mir sehr viel daran. -- So'n beleidigter Ehrgeiz -.... Adieu! -- Ach! Soll ich am Ende nicht fahren? -- Wie geht's mit -Martha? -- Ich hab so'n eigenthümliches Gefühl, als ob's bald ..... -Unsinn! -- Adieu! ... höchste Eile! (Ruft.) Franz! Was die Pferde laufen -können! (Schnell ab durch den Haupteingang.) - - _Helene_ geht zur Pumpe, pumpt das leere Glas voll und leert es - auf einen Zug. Ein zweites Glas Wasser leert sie zur Hälfte. Das - Glas setzt sie dann auf das Pumpenrohr und schlendert langsam, - von Zeit zu Zeit rückwärts schauend, durch den Thorweg hinaus. - _Baer_ kommt zwischen Wohnhaus und Stallung hervor und hält mit - seinem Wagen vor der Wohnhausthür still, wo Miele ihm Sand - abnimmt. Indeß ist _Kahl_ von rechts innerhalb des Grenzzaunes - sichtbar geworden, im Gespräch mit _Frau Spiller_, die außerhalb - des Zaunes, also auf dem Terrain des Hofeingangs, sich befindet. - Beide bewegen sich im Gespräch langsam längs des Zaunes hin. - -Frau Spiller (leidend). Ach ja -- m -- gnädiger Herr Kahl! Ich hab -- m --- manchmal so an Sie -- m -- gedacht -- m -- wenn ... wenn das gnädige -Freilein ... Sie ist doch nun mal -- m -- so zu sagen -- m -- mit Sie -verlobt, und da .... ach! -- m -- zu meiner Zeit ...! - -Kahl (steigt auf die Bank unter der Eiche und befestigt einen -Meisekasten auf dem untersten Ast). W -- wenn werd denn d.. dd.. doas -D... d... d... dukterluder amol sssenner W... wwwege gihn? hä? - -Frau Spiller. Ach, Herr Kahl! ich glaube -- m -- nicht so bald. -- A.. -ach, Herr -- m -- Kahl, ich bin zwar so zu sagen -- m -- etwas -- m -- -herabjekommen, aber ich weiß so zu sagen -- m --, was Bildung ist. In -dieser Hinsicht, Herr Kahl ...., das Freilein -- m -- das gnädige -Freilein ...., das handeln nicht gut gegen Ihnen -- nein! -- m -- darin, -so zu sagen -- m -- habe ich mir nie etwas zu Schulden kommen lassen -- -m -- mein Gewissen -- m -- gnädiger Herr Kahl, ist darin so rein ... so -zu sagen, wie reiner Schnee. - - Baer hat sein Sandgeschäft abgewickelt und verläßt in diesem - Augenblick, an Kahl vorübergehend, den Hof. - -Kahl (entdeckt Baer und ruft). Hopslabaer, hops amool! - - Baer macht einen riesigen Luftsprung. - -Kahl (vor Lachen wiehernd, ruft ein zweites Mal). Hopslabaer, hops -amool! - -Frau Spiller. Nun da -- m -- ja, Herr Kahl! ...... ich meine es nur gut -mit Sie. Sie müssen Obacht geben -- m -- gnädiger Herr! Es -- m -- es -ist was im Gange mit dem gnädigen Fräulein und -- m -- m -- - -Kahl. D.. doas Dukterluder ... ok bbbblußig emool vor a Hunden -- blußig -e.. e.. e.. emool! - -Frau Spiller (geheimnißvoll). Und was das nun noch -- m -- für ein -Indifidium ist. Ach -- m -- das gnädige Freilein thut mir auch _soo_ -leid. Die Frau -- m -- vom Polizeidiener, die hat's vom Amte, glaub ich. -Es soll ein ganz -- m -- gefährlicher Mensch sein. Ihr Mann -- m -- soll -ihn so zu sagen -- m -- denken Sie nur, soll ihn -- m -- geradezu im -Auge behalten. - - _Loth_ aus dem Hause. Sieht sich um. - -Frau Spiller. Seh'n Sie, nun jeht er dem gnädigen Freilein nach -- m --. -Aa... ach, _zuu_ leid thut es einem. - -Kahl. Na wart'! (Ab.) - - _Frau Spiller_ geht nach der Hausthüre. Als sie an Loth - vorbeikommt, macht sie eine tiefe Verbeugung. Ab in das Haus. - - _Loth_ langsam durch den Thorweg ab. Die _Kutschenfrau_, eine - magere, abgehärmte und ausgehungerte Frauensperson, kommt - zwischen Stallgebäude und Wohnhaus hervor. Sie trägt einen großen - Topf unter ihrer Schürze versteckt und schleicht damit, sich - überall ängstlich umblickend, nach dem Kuhstall. Ab in die - Kuhstallthür. Die beiden _Mägde_, jede eine Schubkarre, hoch mit - Klee beladen, vor sich herstoßend, kommen durch den Thorweg - herein. _Beibst_, die Sense über der Schulter, die kurze Pfeife - im Munde, folgt ihnen nach. Liese hat ihre Schubkarre vor die - linke, Auguste vor die rechte Stallthür gefahren, und beide - Mädchen beginnen große Arme voll Klee in den Stall hinein zu - schaffen. - -Liese (leer aus dem Stalle herauskommend). Du, Guste! de Marie iis furt. - -Auguste. Joa wull doch?! - -Liese. Gih nei! freu' die Kutscha-Franzen, se milkt er an Truppen Milch -ei. - -Beibst (hängt seine Sense an der Wand auf). Na! doa lußt ok de Spillern -nee ernt derzune kumma. - -Auguste. Oh jechtich! nee ok nee! bei Leibe nich! - -Liese. A su a oarm Weib miit achta. - -Auguste. Acht kleene Bälge! -- die wull'n laba. - -Liese. Ne amool an Truppen Milch thun s' er ginn'n ... meschant iis -doas. - -Auguste. Wu milkt sie denn? - -Liese. Ganz derhinga, de neumalke Fenus! - -Beibst (stopft seine Pfeife; den Tabaksbeutel mit den Zähnen -festhaltend, nuschelt er). De Marie wär' weg? - -Liese. Ju, ju, 's iis fer gewiß! -- der Pfaarknecht hot gle bein er -geschloofa. - -Beibst (den Tabaksbeutel in die Tasche steckend). Amool wiil jedes! -- -au' de Frau. (Er zündet sich die Pfeife an, darauf durch den -Haupteingang ab. Im Abgehen.) Ich gih a wing frihsticka! - -Die Kutschenfrau (den Topf voll Milch vorsichtig unter der Schürze, -guckt aus der Stallthür heraus). Sitt ma Jemanda? - -Liese. Koanst kumma, Kutschen, ma sitt ken'n. Kumm! kumm schnell! - -Kutschenfrau (im Vorübergehen zu den Mägden). Ok fersch Pappekindla! - -Liese (ihr nachrufend). Schnell! S' kimmt Jemand. (_Kutschenfrau_ -zwischen Wohnhaus und Stallung ab.) - -Auguste. Blußig ok inse Frele. - - Die Mägde räumen nun weiter die Schubkarren ab und schieben sie, - wenn sie leer sind, unter den Thorweg, hierauf beide ab in den - Kuhstall. - - Loth und Helene kommen zum Thorweg herein. - -Loth. Widerlicher Mensch! dieser Kahl, -- frecher Spion! - -Helene. In der Laube vorn, glaub ich ... (Sie gehen durch das Pförtchen -in das Gartenstückchen links vorn und in die Laube daselbst.) Es ist -mein Lieblingsplatz. -- Hier bin ich noch am ungestörtesten, wenn ich -mal was lesen will. - -Loth. Ein hübscher Platz hier. -- Wirklich! (Beide setzen sich, ein -wenig von einander getrennt, in der Laube nieder. Schweigen. Darauf -Loth.) Sie haben so sehr schönes und reiches Haar, Fräulein! - -Helene. Ach ja, mein Schwager sagt das auch. Er meinte, er hätte es kaum -so gesehen -- auch in der Stadt nicht ... Der Zopf ist oben so dick wie -mein Handgelenk ... Wenn ich es losmache, dann reicht es mir bis zu den -Knien. Fühlen Sie mal --! Es fühlt sich wie Seide an, gelt? - -Loth. Ganz wie Seide. (Ein Zittern durchläuft ihn, er beugt sich und -küßt das Haar.) - -Helene (erschreckt). Ach nicht doch! Wenn ... - -Loth. Helene --! War das vorhin nicht Dein Ernst? - -Helene. Ach! -- ich schäme mich so schrecklich. Was habe ich nur -gemacht? -- Dir ... Ihnen an den Hals geworfen habe ich mich. -- Für was -müssen Sie mich halten ...! - -Loth (rückt ihr näher, nimmt ihre Hand in die seine). Wenn Sie sich doch -_da_rüber beruhigen wollten! - -Helene (seufzend). Ach, das müßte Schwester Schmittgen wissen .... ich -sehe gar nicht hin! - -Loth. Wer ist Schwester Schmittgen? - -Helene. Eine Lehrerin aus der Pension. - -Loth. Wie können Sie sich nur über Schwester Schmittgen Gedanken machen! - -Helene. Sie war sehr gut ....! (Sie lacht plötzlich heftig in sich -hinein.) - -Loth. Warum lachst Du denn so auf einmal? - -Helene (zwischen Pietät und Laune). Ach! .. Wenn sie auf dem Chor stand -und sang ... Sie hatte nur noch einen einzigen, langen Zahn .... da -sollte es immer heißen: Tröste, tröste mein Volk! und es kam immer -heraus: 'Röste, 'röste mein Volk! Das war zu drollig .... da mußten wir -immer so lachen .... wenn sie so durch den Saal .... 'röste! 'röste! -(Sie kann sich vor Lachen nicht lassen, Loth ist von ihrer Heiterkeit -angesteckt. Sie kommt ihm dabei so lieblich vor, daß er den Augenblick -benutzen will, den Arm um sie zu legen. Helene wehrt es ab.) Ach nein -doch ....! Ich habe mich Dir .... Ihnen an den Hals geworfen. - -Loth. Ach! sagen Sie doch nicht so etwas. - -Helene. Aber ich bin nicht schuld, Sie haben sich's selbst -zuzuschreiben. Warum verlangen Sie ..... - - Loth legt nochmals seinen Arm um sie, zieht sie fester an sich. - Anfangs sträubt sie sich ein wenig, dann giebt sie sich drein und - blickt nun mit freier Glückseligkeit in Loth's glücktrunkenes - Gesicht, das sich über das ihre beugt. Unversehens, aus einer - gewissen Schüchternheit heraus küßt sie ihn zuerst auf den Mund. - Beide werden roth, dann giebt Loth ihr den Kuß zurück; lang, - innig, fest drückt sich sein Mund auf den ihren. Ein Geben und - Nehmen von Küssen ist eine Zeit hindurch die einzige Unterhaltung - -- stumm und beredt zugleich -- der beiden. Loth spricht dann - zuerst. - -Loth. Lene, nicht? Lene heißt Du hier so? - -Helene (küßt ihn) ... Nenne mich anders ... Nenne mich, wie Du gern -möcht'st. - -Loth. Liebste! ............ - - Das Spiel mit dem Küssetauschen und sich gegenseitig Betrachten - wiederholt sich. - -Helene (von Loth's Armen fest umschlungen, ihren Kopf an seiner Brust -mit verschleierten, glückseligen Augen, flüstert im Ueberschwang). Ach! --- wie schön! Wie schön --! - -Loth. So mit Dir sterben! - -Helene (mit Inbrunst). Leben! ... (Sie löst sich aus seinen Armen.) -Warum denn jetzt sterben? .... jetzt ... - -Loth. Das mußt Du nicht falsch auffassen. Von jeher berausche ich mich -... besonders in glücklichen Momenten berausche ich mich in dem -Bewußtsein, es in der Hand zu haben, weißt Du! - -Helene. Den Tod in der Hand zu haben? - -Loth (ohne jede Sentimentalität). Ja! und so hat er gar nichts -Grausiges, im Gegentheil, so etwas Freundschaftliches hat er für mich. -Man ruft und weiß bestimmt, daß er kommt. Man kann sich dadurch über -alles Mögliche hinwegheben, Vergangenes -- und Zukünftiges .... -(Helenen's Hand betrachtend.) Du hast eine so wunderhübsche Hand. (Er -streichelt sie.) - -Helene. Ach ja! -- so ..... (Sie drückt sich auf's Neue in seine Arme.) - -Loth. Nein, weißt Du! ich hab' nicht gelebt! ... bisher nicht! - -Helene. Denkst Du ich? ... Mir ist fast taumelig ..... taumelig bin ich -vor Glück. Gott! wie ist das -- nur so auf einmal ..... - -Loth. Ja, so auf _ein--mal_ ... - -Helene. Hör' mal! so ist mir: die ganze Zeit meines Lebens -- ein Tag! --- gestern und heut -- ein Jahr! gelt? - -Loth. Erst gestern bin ich gekommen? - -Helene. Ganz gewiß! -- eben! -- natürlich! .... Ach, ach! Du weißt es -nicht mal! - -Loth. Es kommt mir wahrhaftig auch vor ....... - -Helene. Nicht --? Wie 'n ganzes, geschlagnes Jahr! -- Nicht --? (Halb -aufspringend.) Wart' ....! -- Kommt -- da nicht .... (Sie rücken aus -einander.) .... Ach! es ist mir auch -- egal. Ich bin jetzt -- so -muthig. (Sie bleibt sitzen und muntert Loth mit einem Blick auf näher zu -rücken, was dieser sogleich thut.) - -Helene (in Loth's Armen). ... Du! -- Was thun wir denn nu zuerst? - -Loth. Deine Stiefmutter würde mich wohl -- abweisen. - -Helene. Ach, meine Stiefmutter .... das wird wohl gar nicht .... gar -nichts geht's die an! Ich mache, was ich will ..... Ich hab mein -mütterliches Erbtheil, mußt Du wissen. - -Loth. Deshalb meinst Du ..... - -Helene. Ich bin majorenn. Vater muß mir's auszahlen. - -Loth. Du stehst wohl nicht gut -- mit allen hier? -- Wohin ist denn Dein -Vater verreist? - -Helene. Verr... Du hast ...? Ach, Du hast Vater noch nicht gesehen? - -Loth. Nein! Hoffmann sagte mir .... - -Helene. Doch! ... hast Du ihn schon einmal gesehen. - -Loth. Ich wüßte nicht! ... Wo denn, Liebste? - -Helene. Ich ... (Sie bricht in Thränen aus.) Nein, ich kann -- kann -Dir's noch nicht sagen .... zu furchtbar schrecklich ist das. - -Loth. Furchtbar schrecklich? Aber Helene! ist denn Deinem Vater etwas -... - -Helene. Ach! -- frag' mich nicht! Jetzt nicht! Später! - -Loth. Was Du mir nicht freiwillig sagen willst, danach werde ich Dich -auch gewiß nicht mehr fragen ... Sieh mal, was das Geld anlangt ... im -schlimmsten Falle .... ich verdiene ja mit dem Artikelschreiben nicht -gerade überflüssig viel, aber ich denke, es müßte am Ende für uns beide -ganz leidlich hinreichen. - -Helene. Und ich würde doch auch nicht müßig sein. Aber besser ist -besser. Das Erbtheil ist vollauf genug -- Und Du sollst Deine Aufgabe -.... nein, die sollst Du unter keiner Bedingung aufgeben, jetzt erst -recht ....! jetzt sollst Du erst recht die Hände frei bekommen. - -Loth (sie innig küssend). Liebes, edles Geschöpf! ...... - -Helene. Hast Du mich wirklich lieb ...? ... Wirklich? ... wirklich? - -Loth. Wirklich. - -Helene. Sag hundert Mal wirklich? - -Loth. Wirklich, wirklich und wahrhaftig. - -Helene. Ach, weißt Du! Du schummelst! - -Loth. Das wahrhaftig gilt hundert wirklich. - -Helene. So!? wohl in Berlin? - -Loth. Nein, eben in Witzdorf. - -Helene. Ach, Du! ... Sieh meinen kleinen Finger und lache nicht. - -Loth. Gern. - -Helene. Hast Du au--ßer Dei--ner er--sten Braut noch andere ge....? Du! -Du lachst. - -Loth. Ich will Dir was im Ernst sagen, Liebste, ich halte es für meine -Pflicht .... Ich habe mit einer großen Anzahl Frauen ... - -Helene (schnell und heftig auffahrend, drückt ihm den Mund zu). Um Gott -...! sag' mir das einmal -- später -- wenn wir alt sind .... nach Jahren --- wenn ich Dir sagen werde: jetzt -- hörst Du! nicht eher. - -Loth. Gut! wie Du willst. - -Helene. Lieber was Schönes jetzt! ... Paß auf: sprich mir mal das nach: - -Loth. Was? - -Helene. »Ich hab' Dich -- - -Loth. »Ich hab' Dich -- - -Helene. »und nur immer Dich -- - -Loth. »und nur immer Dich -- - -Helene. »geliebt -- geliebt Zeit meines Lebens -- - -Loth. »geliebt -- geliebt Zeit meines Lebens -- - -Helene. »und werde nur Dich allein Zeit meines Lebens lieben.« - -Loth. »und werde nur Dich allein Zeit meines Lebens lieben,« und das ist -wahr, so wahr ich ein ehrlicher Mann bin. - -Helene (freudig). Das hab ich nicht gesagt. - -Loth. Aber ich. (Küsse.) ... - -Helene (summt ganz leise). Du, Du liegst mir im Her--zen .... - -Loth. Jetzt sollst Du auch beichten. - -Helene. Alles, was Du willst. - -Loth. Beichte! Bin ich der erste? - -Helene. Nein. - -Loth. Wer? - -Helene (übermüthig herauslachend). Koahl-Willem. - -Loth (lachend). Wer noch? - -Helene. Ach nein! weiter ist es wirklich Keiner. Du mußt mir glauben ... -Wirklich nicht. Warum sollte ich denn lügen ...? - -Loth. Also doch noch Jemand? - -Helene (heftig). Bitte, bitte, bitte, bitte, frag' mich jetzt nicht -darum. (Versteckt das Gesicht in den Händen, weint scheinbar ganz -unvermittelt.) - -Loth. Aber ..... aber Lenchen! ich dringe ja durchaus nicht in Dich. - -Helene. Später! alles, alles später. - -Loth. Wie gesagt, Liebste .... - -Helene. S' war Jemand -- mußt Du wissen -- den ich, ... weil ... weil er -unter schlechten mir weniger schlecht vorkam. Jetzt ist das ganz anders. -(Weinend an Loth's Halse, stürmisch.) Ach, wenn ich doch gar nicht mehr -von Dir fort müßte! Am liebsten ginge ich gleich auf der Stelle mit Dir. - -Loth. Du hast es wohl sehr schlimm hier im Hause? - -Helene. Ach, Du! -- Es ist ganz entsetzlich, wie es hier zugeht; ein -Leben wie -- das ..... wie das liebe Vieh, -- ich wäre darin umgekommen -ohne Dich -- mich schaudert's! - -Loth. Ich glaube, es würde dich beruhigen, wenn Du mir alles offen -sagtest, Liebste! - -Helene. Ja freilich! aber -- ich bring's nicht über mich. Jetzt nicht -..... jetzt noch nicht! -- Ich fürcht' mich förmlich. - -Loth. Du warst in der Pension? - -Helene. Die Mutter hat es bestimmt -- auf dem Sterbebett noch. - -Loth. Auch Deine Schwester war ....? - -Helene. Nein! -- die war immer zu Hause ... Und als ich dann nun vor -vier Jahren wiederkam, da fand ich -- einen Vater -- der .... eine -Stiefmutter -- die .... eine Schwester ... rath mal, was ich meine! - -Loth. Deine Stiefmutter ist zänkisch. -- Nicht? -- Vielleicht -eifersüchtig? -- lieblos? - -Helene. Der Vater ....? - -Loth. Nun! -- der wird aller Wahrscheinlichkeit nach in ihr Horn blasen. --- Tyrannisirt sie ihn vielleicht? - -Helene. Wenn's _weiter_ nichts wär ... Nein! ... es ist zu entsetzlich! --- Du kannst nicht darauf kommen -- daß .... daß _der_ -- mein Vater -.... daß es mein Vater war -- den -- Du .... - -Loth. Weine nur nicht, Lenchen! .... siehst Du -- nun möcht ich beinah -ernstlich darauf dringen, daß Du mir ... - -Helene. Nein! es geht nicht! Ich habe noch nicht die Kraft -- es -- Dir -.... - -Loth. Du reibst Dich auf, so. - -Helene. Ich schäme mich zu bodenlos! -- Du ... Du wirst mich fortstoßen, -fortjagen ....! Es ist über alle Begriffe .... Ekelhaft ist es! - -Loth. Lenchen, Du kennst mich nicht -- sonst würd'st Du mir so etwas -nicht zutrauen. -- Fortstoßen! fortjagen! Komme ich Dir denn wirklich so -brutal vor? - -Helene. Schwager Hoffmann sagte: Du würdest -- kaltblütig .... Ach nein! -nein! nein! das thust Du doch nicht! gelt? -- Du schreitest nicht über -mich weg? thu es nicht!! -- Ich weiß nicht -- was -- dann noch aus -- -mir werden sollte. - -Loth. Ja, aber das ist ja Unsinn! Ich hätte ja gar keinen Grund dazu. - -Helene. Also Du hältst es doch für möglich?! - -Loth. Nein! -- eben _nicht_. - -Helene. Aber wenn Du Dir einen Grund ausdenken kannst. - -Loth. Es gäbe allerdings Gründe, aber -- die stehen nicht in Frage. - -Helene. Und solche Gründe? - -Loth. Nur, wer mich zum Verräther meiner selbst machen wollte, über den -müßte ich hinweggehen. - -Helene. Das will ich gewiß nicht -- aber ich werde halt das Gefühl nicht -los. - -Loth. Was für ein Gefühl, Liebste? - -Helene. Es kommt vielleicht daher: ich bin so dumm! -- Ich hab' gar -nichts in mir. Ich weiß nicht mal, was das ist, Grundsätze. -- Gelt? das -ist doch schrecklich. Ich lieb' Dich nur so einfach! -- aber Du bist so -gut, so groß -- und hast so viel in Dir. Ich habe solche Angst, Du -könntest doch noch mal merken -- wenn ich was Dummes sage -- oder mache --- daß es doch nicht geht, .... daß ich doch viel zu einfältig für Dich -bin .... Ich bin wirklich schlecht und dumm wie Bohnenstroh. - -Loth. Was soll ich dazu sagen?! Du bist mir alles in allem! Alles in -allem bist Du mir! Mehr weiß ich nicht. - -Helene. Und gesund bin ich ja auch ..... - -Loth. Sag' mal! sind Deine Eltern gesund? - -Helene. Ja, das wohl! das heißt: die Mutter ist am Kindbettfieber -gestorben. Vater ist noch gesund; er muß sogar eine sehr starke Natur -haben. Aber .... - -Loth. Na! -- siehst Du; also ... - -Helene. Und wenn die Eltern nun nicht gesund wären --? - -Loth (küßt Helene). Sie sind's ja doch, Lenchen. - -Helene. Aber wenn sie es nicht wären --? - - _Frau Krause_ stößt ein Wohnhausfenster auf und ruft in den Hof. - -Frau Krause. Ihr Madel! Ihr Maa..del!! - -Liese (aus dem Kuhstall). Frau Krausen!? - -Frau Krause. Renn' zur Müllern! S' giht luus! - -Liese. Wa--a, zur Hebomme Millern, meen' Se? - -Frau Krause. Na? lei'st uff a Uhr'n? (Sie schlägt das Fenster zu.) - - Liese rennt in den Stall und dann mit einem Tüchelchen um den - Kopf zum Hofe hinaus. Frau Spiller erscheint in der Hausthür. - -Frau Spiller (ruft). Fräulein Helene! ... Gnädiges Fräulein Helene! - -Helene. Was nur da los sein mag? - -Frau Spiller (sich der Laube nähernd). Fräulein Helene. - -Helene. Ach! das wird's sein! -- die Schwester. Geh fort! da herum. -(Loth schnell links vorn ab. Helene tritt aus der Laube.) - -Frau Spiller. Fräulein .....! Ach da sind Sie endlich. - -Helene. Was is denn? - -Frau Spiller. Aach -- m -- bei Frau Schwester (flüstert ihr etwas in's -Ohr) -- m -- m -- - -Helene. Mein Schwager hat anbefohlen, für den Fall sofort nach dem Arzt -zu schicken. - -Frau Spiller. Gnädiges Fräulein -- m -- sie will doch aber -- m -- will -doch aber keinen Arzt -- m -- Die Aerzte, aach die -- m -- Aerzte! -- m --- mit Gottes Beistand ... - - Miele kommt aus dem Hause. - -Helene. Miele! gehen Sie augenblicklich zum Dr. Schimmelpfennig. - -Frau Spiller. Aber Fräulein ... - -Frau Krause (aus dem Fenster, gebieterisch). Miele! Du kimmst ruff! - -Helene (ebenso). Sie gehen zum Arzt, Miele. (Miele zieht sich in's Haus -zurück.) Nun, dann will ich selbst .... (Sie geht in's Haus und kommt, -den Strohhut am Arm, sogleich zurück.) - -Frau Spiller. Dann -- m -- wird es schlimm. Wenn Sie den Arzt holen -- m --- gnädiges Fräulein, dann -- m -- wird es gewiß schlimm. - - Helene geht an ihr vorüber. _Frau Spiller_ zieht sich - kopfschüttelnd ins Haus zurück. Als Helene in die Hofeinfahrt - biegt steht Kahl am Grenzzaun. - -Kahl (ruft Helenen zu). Woas iis denn bei Eich luus? - -(Helene hält im Lauf nicht inne, noch würdigt sie Kahl eines Blickes -oder einer Antwort.) - -Kahl (lachend). Ihr ha't wull Schweinschlachta? - - - - - Fünfter Akt. - - - Das Zimmer wie im ersten Akt. Zeit: gegen 2 Uhr Nachts. Im Zimmer - herrscht Dunkelheit. Durch die offene Mittelthür dringt Licht aus - dem erleuchteten Hausflur. Deutlich beleuchtet ist auch noch die - Holztreppe in dem ersten Stock. Alles in diesem Akt -- bis auf - wenige Ausnahmen -- wird in einem gedämpften Tone gesprochen. - - Eduard mit Licht tritt durch die Mittelthür ein. Er entzündet die - Hängelampe über dem Ecktisch (Gasbeleuchtung). Als er damit - beschäftigt ist, kommt Loth ebenfalls durch die Mittelthür. - -Eduard. Ja ja! -- bei _die_ Zucht ... 't muß reen unmenschen meglich -sint, een Oge zuzuthun. - -Loth. Ich wollte nicht mal schlafen. Ich habe geschrieben. - -Eduard. Ach wat! (Er steckt an.) So! -- na jewiß! -- et mag ja woll -schwer jenug sin .... Wünschen der Herr Doktor vielleicht Dinte und -Feder? - -Loth. Am Ende ... wenn Sie so freundlich sein wollen, Herr Eduard. - -Eduard, (indem er Dinte und Feder auf den Tisch setzt). Ick menn all -immer, was 'n ehrlicher Mann is, der muß Haut und Knochen dransetzen um -jeden lumpichten Jroschen. Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. -- -(Immer vertraulicher.) Aber _die_ Nation hier, die duht reen jar nischt; -so'n faules, nichtsnutziges Pack, so'n ... Der Herr Doktor mussen jewiß -ooch all dichtig in't Zeuch jehn, um det bisken Lebens_unterhalt_ wie -alle ehrlichen Leute. - -Loth. Wünschte, ich brauchte es nicht! - -Eduard. Na, wat meen' Se woll! ick ooch! - -Loth. Fräulein Helene ist wohl bei ihrer Schwester? - -Eduard. Allet wat wahr is: d' is 'n jutes Mä'chen! jeht ihr nich von der -Seite. - -Loth (sieht auf die Uhr). Um 11 Uhr früh begannen die Wehen. Sie dauern -also ... fünfzehn Stunden dauern sie jetzt bereits. -- Fünfzehn lange -Stunden --! - -Eduard. Weeß Jott! -- und det benimen se nu 't schwache Jeschlecht -- -sie jappt aber ooch man nur noch so. - -Loth. Herr Hoffmann ist auch oben!? - -Eduard. Und ick sag Ihnen, 't reene Weib. - -Loth. Das mit anzusehen ist wohl auch keine Kleinigkeit. - -Eduard. I! nu! det will ick meenen! Na! eben is Doktor Schimmelpfennig -zujekommen. Det is 'n Mann, sag ick Ihnen: jrob wie 'ne Sackstrippe, -aber -- Zucker is 'n dummer Junge dajejen. Sagen Sie man bloß, wat it -aus det olle Berlin .... (Er unterbricht sich mit einem) Jott Strambach! -(da Hoffmann und der Doktor die Treppe herunter kommen). - - _Hoffmann_ und _Doktor Schimmelpfennig_ treten ein. - -Hoffmann. Jetzt -- bleiben Sie doch wohl bei uns. - -Dr. Schimmelpfennig. Ja! jetzt werde ich hier bleiben. - -Hoffmann. Das ist mir eine große, große Beruhigung. -- Ein Glas Wein -...? Sie trinken doch ein Glas Wein, Herr Doktor!? - -Dr. Schimmelpfennig. Wenn Sie etwas thun wollen, dann lassen Sie mir -schon lieber eine Tasse Kaffee brauen. - -Hoffmann. Mit Vergnügen. -- Eduard! Kaffee für Herrn Doktor! (Eduard -ab.) Sie sind .....? Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf? - -Dr. Schimmelpfennig. So lange Ihre Frau Kraft behält, ist jedenfalls -directe Gefahr nicht vorhanden. Warum haben Sie übrigens die junge -Hebamme nicht zugezogen? Ich hatte Ihnen doch eine empfohlen, so viel -ich weiß. - -Hoffmann. Meine Schwiegermama ... was soll man machen? Wenn ich ehrlich -sein soll: auch meine Frau hatte kein Vertrauen zu der jungen Person. - -Dr. Schimmelpfennig. Und zu diesem fossilen Gespenst haben Ihre Damen -Vertrauen?! Wohl bekomms! -- Sie möchten gern wieder hinauf? - -Hoffmann. Ehrlich gesagt: ich habe nicht viel Ruhe hier unten. - -Dr. Schimmelpfennig. Besser wär's freilich, Sie gingen irgend wohin, aus -dem Hause. - -Hoffmann. Beim besten Willen das .... ach, Loth! da bist Du ja auch -noch. (Loth erhebt sich von dem Sopha im dunklen Vordergrunde und geht -auf die beiden zu.) - -Dr. Schimmelpfennig (aufs Aeußerste überrascht). Donnerwetter! - -Loth. Ich hörte schon, daß Du hier seist. Morgen hätte ich Dich -unbedingt aufgesucht. - - Beide schütteln sich tüchtig die Hände. Hoffmann benutzt den - Augenblick, am Buffet schnell ein Glas Cognac hinunterzuspülen, - darauf dann sich auf den Zehen hinaus und die Holztreppe hinauf - zu schleichen. - - Das Gespräch der beiden Freunde steht am Anfang unverkennbar - unter dem Einfluß einer gewissen leisen Zurückhaltung. - -Dr. Schimmelpfennig. Du hast also wohl ... hahaha die alte, dumme -Geschichte vergessen? (Er legt Hut und Stock bei Seite.) - -Loth. Längst vergessen, Schimmel! - -Dr. Schimmelpfennig. Na, ich auch! das kannst Du Dir denken. -- (Sie -schütteln sich nochmals die Hände.) Ich habe in dem Nest hier so wenig -freudige Ueberraschungen gehabt, daß mir die Sache ganz curios vorkommt. -Merkwürdig! Gerade hier treffen wir uns. -- Merkwürdig! - -Loth. Rein verschollen bist Du ja, Schimmel! Hätte Dich sonst längst mal -umgestoßen. - -Dr. Schimmelpfennig. Unter Wasser gegangen wie ein Seehund. -Tiefseeforschungen gemacht. In anderthalb Jahren etwa hoffe ich wieder -aufzutauchen. Man muß materiell unabhängig sein, wissen Sie ... weißt -Du! wenn man etwas Brauchbares leisten will. - -Loth. Also Du machst _auch_ Geld hier? - -Dr. Schimmelpfennig. Natürlicherweise und zwar so viel als möglich. Was -sollte man hier auch anderes thun? - -Loth. Du hätt'st doch mal was von Dir hören lassen sollen. - -Dr. Schimmelpfennig. Erlauben Sie ... erlaube, hätte ich von mir was -hören lassen, dann hätte ich von Euch was wieder gehört, und ich wollte -durchaus nichts hören. Nichts, -- gar nichts, das hätte mich höchstens -von meiner Goldwäscherei abhalten können. - - Beide gehen langsamen Schritts auf und ab im Zimmer. - -Loth. Na ja -- Du kannst Dich dann aber auch nicht wundern, daß sie ... -nämlich ich muß Dir sagen, sie haben Dich eigentlich alle, durch die -Bank, aufgegeben. - -Dr. Schimmelpfennig. Sieht ihnen ähnlich. -- Bande! -- sollen schon was -merken. - -Loth. Schimmel, genannt: das Rauhbein! - -Dr. Schimmelpfennig. Du solltest nur sechs Jahre unter diesen Bauern -gelebt haben. Himmelhunde alle miteinander. - -Loth. Das kann ich mir denken. -- Wie bist Du denn gerade nach Witzdorf -gekommen? - -Dr. Schimmelpfennig. Wie's so geht. Damals mußte ich doch auskneifen, -von Jena weg. - -Loth. War das vor meinem Reinfall? - -Dr. Schimmelpfennig. Ja wohl. Kurze Zeit nachdem wir unser Zusammenleben -aufgesteckt hatten. In Zürich legte ich mich dann auf die Medicinerei, -zunächst um etwas für den Nothfall zu haben; dann fing aber die Sache an -mich zu interessiren, und jetzt bin ich mit Leib und Seele Medicus. - -Loth. Und hierher ...? Wie kamst Du hier her? - -Dr. Schimmelpfennig. Ach so! -- einfach! Als ich fertig war, da sagte -ich mir: nun vor allen Dingen einen hinreichenden Haufen Kies. Ich -dachte an Amerika, Süd- und Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die -Sundainseln .... am Ende fiel mir ein, daß mein Knabenstreich ja -mittlerweile verjährt war; da habe ich mich denn entschlossen in die -Mausefalle zurückzukriechen. - -Loth. Und Dein Schweizer-Examen? - -Dr. Schimmelpfennig. Ich mußte eben die Geschichte hier noch mal über -mich ergehen lassen. - -Loth. Du hast also das Staatsexamen zwei Mal gemacht, Kerl!? - -Dr. Schimmelpfennig. Ja! -- Schließlich habe ich dann glücklicherweise -diese fette Weide hier ausfindig gemacht. - -Loth. Du bist zähe, zum Beneiden. - -Dr. Schimmelpfennig. Wenn man nur nicht plötzlich mal zusammenklappt. -- -Na! schließlich ist's auch kein Unglück. - -Loth. Hast Du denn 'ne große Praxis? - -Dr. Schimmelpfennig. Ja! Mitunter komme ich erst um fünf Uhr früh zu -Bett. Um sieben Uhr fängt dann bereits wieder meine Sprechstunde an. - - Eduard kommt und bringt Kaffee. - -Dr. Schimmelpfennig, (indem er sich am Tisch niederläßt, zu Eduard). -Danke Eduard! -- (Zu Loth.) Kaffee saufe ich ... unheimlich. - -Loth. Du solltest das lieber lassen mit dem Kaffee. - -Dr. Schimmelpfennig. Was soll man machen?! (Er nimmt kleine Schlucke.) -Wie gesagt -- ein Jahr noch, dann -- hört's auf ... hoffentlich -wenigstens. - -Loth. Willst Du dann gar nicht mehr practiciren? - -Dr. Schimmelpfennig. Glaube nicht. Nein ... nicht mehr. (Er schiebt das -Tablette mit dem Kaffeegeschirr zurück, wischt sich den Mund.) Uebrigens --- zeig' mal Deine Hand. (Loth hält ihm beide Hände hin.) Nein? -- keine -Dalekarlierin heimgeführt? -- Keine gefunden, wie? .... Wolltest doch -immer so 'n Ur- und Kernweib von wegen des gesunden Blutes. Hast -übrigens recht: wenn schon, denn schon ... oder nimmst Du's in dieser -Beziehung etwa nicht mehr so genau? - -Loth. Na ob ...! und wie! - -Dr. Schimmelpfennig. Ach, wenn die Bauern hier doch auch solche Ideen -hätten. Damit sieht's aber jämmerlich aus, sage ich Dir, Degeneration -auf der ganzen ... (Er hat seine Cigarrentasche halb aus der Brusttasche -gezogen, läßt sie aber wieder zurückgleiten und steht auf, als irgend -ein Laut durch die nur angelehnte Hausflurthür hereindringt.) Wart' mal! -(Er geht auf den Zehen bis zur Hausflurthür und horcht. Eine Thür geht -draußen, man hört einige Augenblicke deutlich das Wimmern der Wöchnerin. -Der Doktor sagt, zu Loth gewandt, leise:) Entschuldige! (und geht -hinaus). - - Einige Augenblicke durchmißt Loth, während draußen Thüren - schlagen, Menschen die Treppe auf- und ablaufen, das Zimmer; dann - setzt er sich in den Lehnsessel rechts vorn. Helene huscht herein - und umschlingt Loth, der ihr Kommen nicht bemerkt hat, von - rückwärts. - -Loth (sich umblickend, sie ebenfalls umfassend). Lenchen!! (Er zieht sie -zu sich herunter und trotz gelinden Sträubens auf sein Knie. Helene -weint unter den Küssen, die er ihr giebt.) Ach, weine doch nicht, -Lenchen! Warum weinst Du denn so sehr? - -Helene. Warum? weiß ich's?! .... Ich denk immer, ich treff' Dich nicht -mehr. Vorhin habe ich mich so erschrocken .... - -Loth. Weshalb denn? - -Helene. Weil ich Dich aus Deinem Zimmer treten hörte -- Ach! ... und die -Schwester -- wir armen, armen Weiber! -- die muß zu sehr ausstehen. - -Loth. Der Schmerz vergißt sich schnell und auf den Tod geht's ja nicht. - -Helene. Ach, Du! sie wünscht sich ihn ja ... sie jammert nur immer so: -laß mich doch sterben ... Der Doktor! (Sie springt auf und huscht in den -Wintergarten.) - -Dr. Schimmelpfennig (im Hereintreten). Nun wünschte ich wirklich, daß -sich das Frauchen da oben 'n bissel beeilte! (Er läßt sich am Tisch -nieder, zieht neuerdings die Cigarrentasche, entnimmt ihr eine Cigarre -und legt diese neben sich.) Du kommst mit zu mir dann, wie? -- hab' -draußen so 'n nothwendiges Uebel mit zwei Gäulen davor, da können wir -drin zu mir fahren. (Seine Cigarre an der Tischkante klopfend.) Der süße -Ehestand! ja, ja! (Ein Zündholz anstreichend.) Also noch frisch, frei, -fromm, froh? - -Loth. Hättest noch gut ein Paar Tage warten können mit Deiner Frage. - -Dr. Schimmelpfennig (bereits mit brennender Cigarre). Wie? ... ach ... -ach so! -- (lachend) -- also endlich doch auf meine Sprünge gekommen. - -Loth. Bist Du wirklich noch so entsetzlich pessimistisch in Bezug auf -Weiber? - -Dr. Schimmelpfennig. Ent--setzlich!! (Dem Rauch seiner Cigarre -nachblickend.) Früher war ich Pessimist -- so zu sagen ahnungsweise ... - -Loth. Hast Du denn inzwischen so besondere Erfahrungen gemacht? - -Dr. Schimmelpfennig. Ja, allerdings! -- Auf meinem Schilde steht -nämlich: Specialist für Frauenkrankheiten. -- Die medicinische Praxis -macht nämlich furchtbar klug ... furchtbar -- gesund, ... ist Specificum -gegen ... allerlei Staupen! - -Loth (lacht). Na, da könnten wir ja gleich wieder in der alten Tonart -anfangen. Ich hab' nämlich ... ich bin nämlich keineswegs auf Deine -Sprünge gekommen. Jetzt weniger als je! ... Auf diese Weise hast Du wohl -auch Dein Steckenpferd vertauscht? - -Dr. Schimmelpfennig. Steckenpferd? - -Loth. Die Frauenfrage war doch zu damaliger Zeit gewissermaßen Dein -Steckenpferd! - -Dr. Schimmelpfennig. Ach so! -- Warum sollte ich es vertauscht haben? - -Loth. Wenn Du über die Weiber noch schlechter denkst, als ... - -Dr. Schimmelpfennig (ein wenig in Harnisch, erhebt sich und geht hin und -her, dabei spricht er). Ich -- denke nicht schlecht von den Weibern. -- -Kein Bein! -- Nur über das Heirathen denke ich schlecht ... über die Ehe -... über die Ehe, und dann höchstens noch über die Männer denke ich -schlecht ... Die Frauenfrage soll mich nicht mehr interessiren? Ja, -weshalb hätte ich denn sonst sechs lange Jahre hier wie 'n Lastpferd -gearbeitet? Doch nur um alle meine verfügbaren Kräfte endlich mal ganz -der Lösung dieser Frage zu widmen. Wußtest Du denn das nicht von Anfang -an? - -Loth. Wo hätte ich's denn _her_ wissen sollen? - -Dr. Schimmelpfennig. Na, wie gesagt ... ich hab auch schon ein ziemlich -ausgiebiges Material gesammelt, das mir gute Dienste leisten ... bsst! -ich hab' mir das Schreien so angewöhnt. (Er schweigt, horcht, geht zur -Thür und kommt zurück.) Was hat _Dich_ denn eigentlich unter die -Goldbauern geführt? - -Loth. Ich möchte die hiesigen Verhältnisse studiren. - -Dr. Schimmelpfennig (mit gedämpfter Stimme). Idee! (Noch leiser.) Da -kannst Du bei mir auch Material bekommen. - -Loth. Freilich, Du mußt ja sehr unterrichtet sein über die Zustände -hier. Wie sieht es denn so in den Familien aus? - -Dr. Schimmelpfennig. E--lend! ..... durchgängig ... Suff! Völlerei, -Inzucht und in Folge davon -- Degenerationen auf der ganzen Linie. - -Loth. Mit Ausnahmen doch!? - -Dr. Schimmelpfennig. Kaum! - -Loth (unruhig). Bist Du denn nicht zuweilen in ... in Versuchung -gerathen eine ... eine Witzdorfer Goldtochter zu heirathen? - -Dr. Schimmelpfennig. Pfui Teufel! Kerl, für was hältst Du mich? -- -Ebenso könntest Du mich fragen, ob ich ... - -Loth (sehr bleich). Wie... wieso? - -Dr. Schimmelpfennig. Weil ... Ist Dir was? (Er fixirt ihn einige -Augenblicke.) - -Loth. Gar nichts! Was soll mir denn sein? - -Dr. Schimmelpfennig (ist plötzlich sehr nachdenklich, geht und steht jäh -und mit einem leisen Pfiff still, blickt Loth abermals flüchtig an und -sagt dann halblaut zu sich selbst). Schlimm! - -Loth. Du bist ja so sonderbar plötzlich. - -Dr. Schimmelpfennig. Still! (Er horcht auf und verläßt dann schnell das -Zimmer durch die Mittelthür.) - -Helene (nach einigen Augenblicken durch die Mittelthür; sie ruft). -Alfred! -- Alfred! ... Ach da bist Du -- Gott sei Dank! - -Loth. Nun, ich sollte wohl am Ende gar fortgelaufen sein? (Umarmung.) - -Helene (biegt sich zurück. Mit unverkennbarem Schrecken im Ausdruck.) -Alfred! - -Loth. Was denn, Liebste? - -Helene. Nichts, nichts! - -Loth. Aber Du mußt doch was haben? - -Helene. Du kamst mir so ... so kalt ... Ach, ich hab' solche schrecklich -dumme Einbildungen. - -Loth. Wie stehts's denn oben? - -Helene. Der Doktor zankt mit der Hebamme. - -Loth. Wird's nicht bald zu Ende gehen? - -Helene. Weiß ich's? -- Aber wenn's ... wenn's zu Ende ist, meine ich, -dann ... - -Loth. Was dann? .... Sag' doch, bitte! was wolltest Du sagen? - -Helene. Dann sollten wir bald von hier fortgehen. Gleich! Auf der -Stelle! - -Loth. Wenn Du das wirklich für das Beste hältst, Lenchen -- - -Helene. Ja, ja! wir dürfen nicht warten! Es ist das Beste -- für Dich -und mich. Wenn Du mich nicht jetzt bald nimmst, dann läßt Du mich heilig -noch sitzen, und dann ... dann ... muß ich doch noch zu Grunde gehen. - -Loth. Wie Du doch mißtrauisch bist, Lenchen! - -Helene. Sag' das nicht, Liebster! Dir traut man, Dir muß man trauen! -.... Wenn ich erst Dein bin, dann ... Du verläßt mich dann ganz gewiß -nicht mehr. (Wie außer sich.) Ich beschwöre Dich! geh nicht fort! Verlaß -mich doch nur nicht. Geh -- nicht fort, Alfred! Alles ist aus, alles, -wenn Du einmal ohne mich von hier fortgehst. - -Loth. Merkwürdig bist Du doch! .... Und da willst Du nicht mißtrauisch -sein? ... Oder sie plagen Dich, martern Dich hier ganz entsetzlich, mehr -als ich mir je .... Jedenfalls gehen wir aber noch diese Nacht. Ich bin -bereit. Sobald Du willst, gehen wir also. - -Helene (gleichsam mit aufjauchzendem Dank ihm um den Hals fallend). -Geliebter! (Sie küßt ihn wie rasend und eilt schnell davon.) - - Dr. Schimmelpfennig tritt durch die Mitte ein, er bemerkt noch, wie - Helene in der Wintergartenthür verschwindet. - -Dr. Schimmelpfennig. Wer war das? -- Ach so! (In sich hinein.) Armes -Ding! (Er läßt sich mit einem Seufzer am Tisch nieder, findet die alte -Cigarre, wirft sie bei Seite, entnimmt dem Etui eine frische Cigarre und -fängt an, sie an der Tischkante zu klopfen, wobei er nachdenklich -darüber hinausstarrt.) - -Loth, (der ihm zuschaut). Genau so pflegtest Du vor acht Jahren jede -Cigarre abzuklopfen, eh' Du zu rauchen anfingst. - -Dr. Schimmelpfennig. Möglich --! (Als er mit Anrauchen fertig ist.) Hör' -mal, Du! - -Loth. Ja, was denn? - -Dr. Schimmelpfennig. Du wirst doch -- so bald die Geschichte oben -vorüber ist, mit zu mir kommen? - -Loth. Das geht wirklich nicht! Leider. - -Dr. Schimmelpfennig. Man hat so das Bedürfniß, sich mal wieder gründlich -von der Leber weg zu äußern. - -Loth. Das hab ich so genau wie Du. Aber gerade daraus kannst Du sehen, -daß es heut absolut nicht in meiner Macht steht, mit Dir .... - -Dr. Schimmelpfennig. Wenn ich Dir nun aber ausdrücklich und -- -gewissermaßen feierlich erkläre: es ist eine bestimmte, äußerst wichtige -Angelegenheit, die ich mit Dir noch diese Nacht besprechen möchte .... -besprechen muß sogar, Loth! - -Loth. Curios! Für blutigen Ernst soll ich doch das nicht etwa -hinnehmen?! Doch wohl nicht? -- So viel Jahre hätt'st Du damit gewartet -und nun hätte es nicht einen Tag mehr Zeit damit? -- Du kannst Dir doch -wohl denken, daß ich Dir keine Flausen vormache. - -Dr. Schimmelpfennig. Also hat's doch seine Richtigkeit! (Er steht auf -und geht umher.) - -Loth. Was hat seine Richtigkeit? - -Dr. Schimmelpfennig, (vor Loth still stehend, mit einem geraden Blick in -seine Augen). Es ist also wirklich etwas im Gange zwischen Dir und -Helene Krause? - -Loth. Ich? -- Wer hat Dir denn ...? - -Dr. Schimmelpfennig. Wie bist Du nur in diese Familie ....? - -Loth. Woher -- weißt Du denn das, Mensch? - -Dr. Schimmelpfennig. Das war ja doch nicht schwer zu errathen. - -Loth. Na, dann halt um Gottes Willen den Mund, daß nicht .... - -Dr. Schimmelpfennig. Ihr seid also richtig verlobt?! - -Loth. Wie man's nimmt. Jedenfalls sind wir beide einig. - -Dr. Schimmelpfennig. Hm --! wie bist Du denn hier herein gerathen, -gerade in _diese_ Familie? - -Loth. Hoffmann ist ja doch mein Schulfreund. Er war auch Mitglied -- -auswärtiges allerdings -- Mitglied meines Colonial-Vereins. - -Dr. Schimmelpfennig. Von der Sache hörte ich in Zürich. -- Also mit Dir -ist er umgegangen! Auf diese Weise wird mir der traurige Zwitter -erklärlich. - -Loth. Ein Zwitter ist er allerdings. - -Dr. Schimmelpfennig. Eigentlich nicht mal _das_. -- Ehrlich, Du! -- Ist -das wirklich Dein Ernst? -- die Geschichte mit der Krause? - -Loth. Na, selbstverständlich! -- Zweifelst Du daran? Du wirst mich doch -nicht etwa für einen Schuft ... - -Dr. Schimmelpfennig. Schon gut! Ereifere Dich nur nicht. Hättst Dich ja -verändert haben können während der langen Zeit. Warum nicht? Wär auch -gar kein Nachtheil! N' bissel Humor könnte Dir gar nicht schaden! Ich -seh' nicht ein, warum man alles so verflucht ernsthaft nehmen sollte. - -Loth. Ernst ist es mir mehr als je. (Er erhebt sich und geht, immer ein -wenig zurück, neben Schimmelpfennig her.) Du kannst es ja nicht wissen, -auch sagen kann ich Dir's nicht mal, was dieses Verhältniß für mich -bedeutet. - -Dr. Schimmelpfennig. Hm! - -Loth. Kerl, Du hast keine Idee, was das für ein Zustand ist. Man kennt -ihn nicht, wenn man sich danach sehnt. Kennte man ihn, dann, dann müßte -man geradezu unsinnig werden vor Sehnsucht. - -Dr. Schimmelpfennig. Das begreife der Teufel, wie Ihr zu dieser -unsinnigen Sehnsucht kommt. - -Loth. Du bist auch noch nicht sicher davor. - -Dr. Schimmelpfennig. Das möcht ich mal sehen. - -Loth. Du redst wie der Blinde von der Farbe. - -Dr. Schimmelpfennig. Was ich mir für das bischen Rausch koofe! -Lächerlich. Daraus eine lebenslängliche Ehe zu bauen .... da baut man -noch nicht mal so sicher als auf'n Sandhaufen. - -Loth. Rausch -- Rausch -- wer von einem Rausch redet, -- na! der kennt -die Sache eben nicht. 'N Rausch ist flüchtig. Solche Räusche hab ich -schon gehabt, ich geb's zu. Aber _das_ ist was ganz Anderes. - -Dr. Schimmelpfennig. Hm! - -Loth. Ich bin dabei vollständig nüchtern. Denkst Du, daß ich meine -Liebste so -- na, wie soll ich sagen?! -- so mit 'ner -- na, wie soll -ich sagen?! mit ner großen Glorie sehe? Gar nicht! -- Sie hat Fehler, -ist auch nicht besonders schön, wenigstens -- na, häßlich ist sie auch -gerade nicht. Ganz objectiv geurtheilt, ich -- das ist ja schließlich -Geschmackssache -- ich hab' so'n hübsches Mädel noch nicht gesehen. -Also, Rausch -- Unsinn! Ich bin ja so nüchtern wie nur möglich. Aber, -siehst Du! _das_ ist eben das Merkwürdige: ich kann mich gar nicht mehr -ohne sie denken -- das kommt mir so vor wie 'ne Legirung, weißt Du, wie -wenn zwei Metalle so recht innig legirt sind, daß man gar nicht mehr -sagen kann, das ist _das_, das ist _das_. Und alles so furchtbar -selbstverständlich -- kurzum, ich quatsche vielleicht Unsinn -- oder was -ich sage, ist vielleicht in Deinen Augen Unsinn, aber so viel steht -fest: wer das nicht kennt, ist 'n erbärmlicher Frosch. Und so'n Frosch -war ich bisher -- und so'n Jammerfrosch bist Du noch. - -Dr. Schimmelpfennig. Das ist ja richtig der ganze Symptomen-Complex. -- -Daß Ihr Kerls doch immer bis über die Ohren in Dinge hineingerathet, die -Ihr theoretisch längst verworfen habt, wie zum Beispiel Du die Ehe. So -lange ich Dich kenne, laborirst Du an dieser unglückseligen Ehemanie. - -Loth. Es ist Trieb bei mir, geradezu Trieb. Weiß Gott! mag ich mich -wenden, wie ich will. - -Dr. Schimmelpfennig. Man kann schließlich auch einen Trieb -niederkämpfen. - -Loth. Ja, wenn's 'n Zweck hat, warum nicht? - -Dr. Schimmelpfennig. Hat's Heirathen etwa Zweck? - -Loth. Das will ich meinen. Das hat Zweck! Bei mir hat es Zweck. Du weißt -nicht, wie ich mich durchgefressen hab' bis hierher. Ich mag nicht -sentimental werden. Ich hab's auch vielleicht nicht so gefühlt, es ist -mir vielleicht nicht ganz so klar bewußt geworden wie jetzt, daß ich in -meinem Streben etwas entsetzlich Ödes, gleichsam Maschinenmäßiges -angenommen hatte. Kein Geist, kein Temperament, kein Leben, ja wer weiß, -war noch Glauben in mir? Das alles kommt seit ... seit heut wieder in -mich gezogen. So merkwürdig voll, so ursprünglich, so fröhlich ... -Unsinn, Du capirst's ja doch nicht. - -Dr. Schimmelpfennig. Was Ihr da alles nöthig habt, um flott zu bleiben, -Glaube, Liebe, Hoffnung. Für mich ist das Kram. Es ist eine ganz simple -Sache: die Menschheit liegt in der Agonie, und unser einer macht ihr mit -Narkoticis die Sache so erträglich als möglich. - -Loth. Dein neuester Standpunkt? - -Dr. Schimmelpfennig. Schon fünf bis sechs Jahre alt und immer derselbe. - -Loth. Gratulire! - -Dr. Schimmelpfennig. Danke! - - Eine lange Pause. - -Dr. Schimmelpfennig (nach einigen unruhigen Anläufen). Die Geschichte -ist leider die: ich halte mich für verpflichtet ... ich schulde Dir -unbedingt eine Aufklärung. Du wirst Helene Krause, glaub ich, nicht -heirathen können. - -Loth (kalt). So, glaubst Du? - -Dr. Schimmelpfennig. Ja, ich bin der Meinung. Es sind da Hindernisse -vorhanden, die gerade Dir ... - -Loth. Hör' mal Du: mach' Dir darüber um Gottes Willen keine Scrupel. Die -Verhältnisse liegen auch gar nicht mal so complicirt, sind im Grunde -sogar furchtbar einfach. - -Dr. Schimmelpfennig. Einfach _furchtbar_ solltest Du eher sagen. - -Loth. Ich meine, was die Hindernisse anbetrifft. - -Dr. Schimmelpfennig. Ich auch zum Theil. Aber auch überhaupt: ich kann -mir nicht denken, daß Du diese Verhältnisse hier kennen solltest. - -Loth. Ich kenne sie aber doch ziemlich genau. - -Dr. Schimmelpfennig. Dann mußt Du nothwendigerweise Deine Grundsätze -geändert haben. - -Loth. Bitte, Schimmel, drück' Dich etwas deutlicher aus. - -Dr. Schimmelpfennig. Du mußt unbedingt Deine Hauptforderung in Bezug auf -die Ehe fallen gelassen haben, obgleich Du vorhin durchblicken ließt, es -käme Dir nach wie vor darauf an, ein an Leib und Seele gesundes -Geschlecht in die Welt zu setzen. - -Loth. Fallen gelassen? ... fallen gelassen? Wie soll ich denn das ... - -Dr. Schimmelpfennig. Dann bleibt nichts übrig ... dann kennst Du eben -doch die Verhältnisse nicht. Dann weißt Du zum Beispiel nicht, daß -Hoffmann einen Sohn hatte, der mit drei Jahren bereits am Alkoholismus -zu Grunde ging. - -Loth. Wa... was -- sagst Du? - -Dr. Schimmelpfennig. S' thut mir leid, Loth, aber sagen muß ich Dir's -doch. Du kannst ja dann noch machen, was Du willst. Die Sache war kein -Spaß. Sie waren gerade wie jetzt zum Besuch hier. Sie ließen mich holen, -eine halbe Stunde zu spät. Der kleine Kerl hatte längst verblutet. - - Loth mit den Zeichen tiefer, furchtbarer Erschütterung an des - Doktors Munde hängend. - -Dr. Schimmelpfennig. Nach der Essigflasche hatte das dumme Kerlchen -gelangt in der Meinung, sein geliebter Fusel sei darin. Die Flasche war -herunter- und das Kind in die Scherben gefallen. Hier unten, siehst Du, -die _vena saphena_, die hatte es sich vollständig durchschnitten. - -Loth. W... w...essen Kind sagst Du ...? - -Dr. Schimmelpfennig. Hoffmann's und eben derselben Frau Kind, die da -oben wieder ... Und auch die trinkt, trinkt bis zur Besinnungslosigkeit, -trinkt, soviel sie bekommen kann. - -Loth. Also von Hoffmann ... Hoffmann geht es nicht aus?! - -Dr. Schimmelpfennig. Bewahre! Das ist tragisch an dem Menschen; er -leidet darunter, so viel er überhaupt leiden kann. Im Übrigen hat er's -gewußt, daß er in eine Potatorenfamilie hinein kam. Der Bauer nämlich -kommt überhaupt gar nicht mehr aus dem Wirthshaus. - -Loth. Dann freilich -- begreife ich manches -- nein! Alles begreife ich --- alles. (Nach einem dumpfen Schweigen.) Dann ist ihr Leben hier ... -Helenens Leben -- ein ... ein -- wie soll ich sagen?! mir fehlt der -Ausdruck dafür -- ... nicht? - -Dr. Schimmelpfennig. Horrend geradezu! Das kann ich beurtheilen. Daß Du -bei ihr hängen bliebst, war mir auch von Anfang an sehr begreiflich. -Aber wie ges... - -Loth. Schon gut! -- verstehe ... Thut denn ...? Könnte man nicht -vielleicht ... vielleicht könnte man Hoffmann bewegen etwas ... etwas zu -thun? Könntest Du nicht vielleicht -- ihn zu etwas bewegen? Man müßte -sie fortbringen aus dieser Sumpfluft. - -Dr. Schimmelpfennig. Hoffmann? - -Loth. Ja, Hoffmann. - -Dr. Schimmelpfennig. Du kennst ihn schlecht ... Ich glaube zwar nicht, -daß er sie schon verdorben hat. Aber ihren Ruf hat er sicherlich _jetzt_ -schon verdorben. - -Loth (aufbrausend). Wenn das ist: ich schlag ihn ... Glaubst Du wirklich -...? hältst Du Hoffmann wirklich für fähig ...? - -Dr. Schimmelpfennig. Zu allem, zu allem halte ich ihn fähig, wenn für -ihn ein Vergnügen dabei heraus springt. - -Loth. Dann ist sie -- das keuscheste Geschöpf, was es giebt ... - - Loth nimmt langsam Hut und Stock und hängt sich ein Täschchen um. - -Dr. Schimmelpfennig. Was gedenkst Du zu thun, Loth? - -Loth. ... Nicht begegnen ...! - -Dr. Schimmelpfennig. Du bist also entschlossen? - -Loth. Wozu entschlossen? - -Dr. Schimmelpfennig. Euer Verhältniß aufzulösen. - -Loth. Wie sollt ich wohl dazu nicht entschlossen sein? - -Dr. Schimmelpfennig. Ich kann Dir als Arzt noch sagen, daß Fälle bekannt -sind, wo solche vererbte Uebel unterdrückt worden sind, und Du würdest -ja gewiß Deinen Kindern eine rationelle Erziehung geben. - -Loth. Es mögen solche Fälle vorkommen. - -Dr. Schimmelpfennig. Und die Wahrscheinlichkeit ist vielleicht nicht so -gering, daß ... - -Loth. Das kann uns nichts helfen, Schimmel. So steht es: es giebt drei -Möglichkeiten! Entweder ich heirathe sie, und dann ... nein, dieser -Ausweg existirt überhaupt nicht. Oder -- die bewußte Kugel. Na ja, dann -hätte man wenigstens Ruhe. Aber nein! So weit sind wir noch nicht, so -was kann man sich einstweilen noch nicht leisten -- also: leben! -kämpfen! -- Weiter, immer weiter. (Sein Blick fällt auf den Tisch, er -bemerkt das von Eduard zurecht gestellte Schreibzeug, setzt sich, -ergreift die Feder, zaudert, und sagt:) Oder am Ende ...? - -Dr. Schimmelpfennig. Ich verspreche Dir, ihr die Lage so deutlich als -möglich vorzustellen. - -Loth. Ja, ja! -- nur eben ... ich kann nicht anders. (Er schreibt, -adressirt und couvertirt. Er steht auf und reicht Schimmelpfennig die -Hand.) Im Übrigen verlasse ich mich -- auf Dich. - -Dr. Schimmelpfennig. Du gehst zu mir, wie? Mein Kutscher soll Dich zu -mir fahren. - -Loth. Sag' mal, sollte man denn nicht wenigstens versuchen -- sie aus -den Händen dieses ... dieses Menschen zu ziehen? ... Auf diese Weise -wird sie doch unfehlbar noch seine Beute. - -Dr. Schimmelpfennig. Guter, bedauernswürdiger Kerl! Soll ich Dir was -rathen? Nimm ihr nicht das ... Wenige, was Du ihr noch übrig läßt. - -Loth (tiefer Seufzer). Qual über ... hast vielleicht -- recht -- ja -wohl, unbedingt sogar. - - Man hört Jemand hastig die Treppe herunter kommen. Im nächsten - Augenblick stürzt Hoffmann herein. - -Hoffmann. Herr Doktor, ich bitte Sie um Gottes Willen ... sie ist -ohnmächtig ... die Wehen setzen aus ... wollen Sie nicht endlich ... - -Dr. Schimmelpfennig. Ich komme hinauf. (Zu Loth bedeutungsvoll.) Auf -Wiedersehen! (Zu Hoffmann, der ihm nachfolgen will.) Herr Hoffmann, ich -muß Sie bitten ... eine Ablenkung oder Störung könnte verhängnißvoll ... -am liebsten wäre es mir, Sie blieben hier unten. - -Hoffmann. Sie verlangen sehr viel, aber ... na! - -Dr. Schimmelpfennig. Nicht mehr als billig. (Ab.) - - Hoffmann bleibt zurück. - -Hoffmann (bemerkt Loth). Ich zittere, die Aufregung steckt mir in allen -Gliedern. Sag' mal, Du willst fort? - -Loth. Ja. - -Hoffmann. Jetzt mitten in der Nacht? - -Loth. Nur bis zu Schimmelpfennig. - -Hoffmann. Ach so! Nun ... wie die Verhältnisse sich gestaltet haben, ist -es am Ende kein Vergnügen mehr bei uns ... Also leb' recht ... - -Loth. Ich danke für die Gastfreundschaft. - -Hoffmann. Und mit Deinem Plan, wie steht es da? - -Loth. Plan? - -Hoffmann. Deine Arbeit, Deine volkswirthschaftliche Arbeit über unseren -District, meine ich. Ich muß Dir sagen ... ich möchte Dich sogar als -Freund inständig und herzlich bitten ... - -Loth. Beunruhige Dich weiter nicht. Morgen schon bin ich über alle -Berge. - -Hoffmann. Das ist wirklich -- (unterbricht sich). -- - -Loth. Schön von Dir, wollt'st Du wohl sagen? - -Hoffmann. Das heißt -- ja -- in gewisser Hinsicht; übrigens Du -entschuldigst mich, ich bin so entsetzlich aufgeregt. Zähle auf mich! -Die alten Freunde sind immer noch die besten. Adieu, Adieu. - - Ab durch die Mitte. - -Loth (wendet sich, bevor er zur Thür hinaustritt, noch einmal nach -rückwärts und nimmt mit den Augen noch einmal den ganzen Raum in sein -Gedächtniß auf. Hierauf zu sich.) Da könnt ich ja nun wohl -- gehen. -(Nach einem letzten Blick ab.) - - Das Zimmer bleibt für einige Augenblicke leer. Man vernimmt - gedämpfte Rufe und das Geräusch von Schritten, dann erscheint - Hoffmann. Er zieht, sobald er die Thür hinter sich geschlossen - hat, unverhältnißmäßig ruhig sein Notizbuch und rechnet etwas; - hierbei unterbricht er sich und lauscht, wird unruhig, schreitet - zur Thür und lauscht wieder. Plötzlich rennt Jemand die Treppe - herunter und herein stürzt Helene. - -Helene (noch außen). Schwager! (In der Thür.) Schwager! - -Hoffmann. Was ist denn -- los? - -Helene. Mach Dich gefaßt: todtgeboren! - -Hoffmann. Jesus Christus! (Er stürzt davon.) - - Helene allein. - -Sie sieht sich um und ruft leise: _Alfred! Alfred!_ und dann, als sie -keine Antwort erhält, in schneller Folge: _Alfred! Alfred!_ Dabei ist -sie bis zur Thür des Wintergartens geeilt, durch die sie spähend blickt. -Dann ab in den Wintergarten. Nach einer Weile erscheint sie wieder. -_Alfred!_ Immer unruhiger werdend, am Fenster, durch das sie -hinausblickt: _Alfred!_ Sie öffnet das Fenster und steigt auf einen -davor stehenden Stuhl. In diesem Augenblick klingt deutlich vom Hofe -herein das Geschrei des betrunkenen, aus dem Wirtshaus heimkehrenden -Bauern, ihres Vaters. _Dohie hä! biin iich nee a hibscher Moan? Hoa' -iich nee a hibsch Weib? Hoa' iich nee a poar hibsche Tächter dohie hä?_ -Helene stößt einen kurzen Schrei aus und rennt wie gejagt nach der -Mittelthür. Von dort aus entdeckt sie den Brief, welchen Loth auf dem -Tisch zurückgelassen. Sie stürzt sich darauf, reißt ihn auf und -durchfliegt ihn, einzelne Worte aus seinem Inhalt laut hervorstoßend: -»_Unübersteiglich!_« ... »_Niemals wieder!_« Sie läßt den Brief fallen, -wankt. Zu Ende! Rafft sich auf, hält sich den Kopf mit beiden Händen, -kurz und scharf schreiend. _Zu En--de!_ Stürzt ab durch die Mitte. Der -Bauer draußen, schon aus geringerer Entfernung: _Dohie hä? iis ernt's -Gittla ne mei--ne? Hoa' iich ne a hibsch Weib? Bin iich nee a hibscher -Moan?_ Helene, immer noch suchend, wie eine halb Irrsinnige aus dem -Wintergarten hereinkommend, trifft auf Eduard, der etwas aus Hoffmann's -Zimmer zu holen geht. Sie redet ihn an. _Eduard!_ Er antwortet. -_Gnädiges Fräulein?_ Darauf sie: _Ich möchte ... möchte den Herrn Dr. -Loth_ ... Eduard antwortet: _Herr Dr. Loth sind in des Herrn Dr. -Schimmelpfennig's Wagen fortgefahren!_ - -Damit verschwindet er im Zimmer Hoffmann's. _Wahr!_ stößt Helene hervor -und hat einen Augenblick Mühe aufrecht zu stehen. Im nächsten durchfährt -sie eine verzweifelte Energie. Sie rennt nach dem Vordergrunde und -ergreift den Hirschfänger sammt Gehänge, der an dem Hirschgeweih über -dem Sopha befestigt ist. Sie verbirgt ihn und hält sich still im dunklen -Vordergrund, bis Eduard, aus Hoffmanns Zimmer kommend, zur Mittelthür -hinaus ist. Die Stimme des Bauern, immer deutlicher: _Dohie hä, biin -iich nee a hibscher Moan?_ Auf diese Laute, wie auf ein Signal hin, -springt Helene auf und verschwindet ihrerseits in Hoffmanns Zimmer. Das -Hauptzimmer ist leer, und man hört fortgesetzt die Stimme des Bauern: -Dohie hä, hoa' iich nee die schinsten Zähne, hä? Hoa' iich ne a hibsch -Gittla? _Miele_ kommt durch die Mittelthür. Sie blickt suchend umher und -ruft: _Freilein Helene!_ und wieder _Freilein Helene!_ Dazwischen die -Stimme des Bauern: _'s Gald iis mei--ne!_ Jetzt ist Miele ohne weiteres -Zögern in Hoffmanns Zimmer verschwunden, dessen Thüre sie offen läßt. Im -nächsten Augenblick stürzt sie heraus mit den Zeichen eines wahnsinnigen -Schrecks; schreiend dreht sie sich zwei -- dreimal um sich selber, -schreiend jagt sie durch die Mittelthür. Ihr ununterbrochenes Schreien, -mit der Entfernung immer schwächer werdend, ist noch einige weitere -Sekunden vernehmlich. Man hört nun die schwere Hausthüre aufgehen und -dröhnend in's Schloß fallen, das Schrittegeräusch des im Hausflur -herumtaumelnden Bauern, schließlich eine rohe, näselnde, lallende -Trinkerstimme ganz aus der Nähe durch den Raum gellen: Dohie hä! Hoa' -iich nee a poar hibsche Tächter? - - - - - Herrosé & Ziemsen, Wittenberg. - - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Regieanweisungen im Dialogtext wurden in Klammern eingeschlossen. -Hervorhebungen wurden mit _Unterstrichen_ gekennzeichnet. - -Die Schreibweise und Zeichensetzung des Originales wurden weitgehend -beibehalten. Nur offensichtliche Fehler wurden korrigiert wie hier -aufgeführt (vorher/nachher): - - [S. 15]: - ... vom Buffet, setzt alles auf den Tisch vor Loth. Grand - Champague, ... - ... vom Buffet, setzt alles auf den Tisch vor Loth. Grand - Champagne, ... - - [S. 18]: - ... Vancover-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation ... - ... Vancouver-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation ... - - [S. 42]: - ... auf seinen Patz begiebt. ... - ... auf seinen Platz begiebt. ... - - [S. 49]: - ... Loth trit aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut - mehrere ... - ... Loth tritt aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut - mehrere ... - - [S. 112]: - ... beleuchtet ist auch noch die Holztreppe in dem erstem Stock. ... - ... beleuchtet ist auch noch die Holztreppe in dem ersten Stock. ... - - [S. 112]: - ... Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. -- Immer verraulicher. ... - ... Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. -- Immer - vertraulicher. ... - - [S. 117]: - ... Süd- nnd Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die ... - ... Süd- und Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die ... - - [S. 122]: - ... Loth. Wird's nicht bald zn Ende gehen? ... - ... Loth. Wird's nicht bald zu Ende gehen? ... - - [S. 135]: - ... Wintergarten hereinkommend, trifft aus Eduard, der etwas aus ... - ... Wintergarten hereinkommend, trifft auf Eduard, der etwas aus ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Vor Sonnenaufgang, by Gerhart Hauptmann - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK VOR SONNENAUFGANG *** - -***** This file should be named 52218-8.txt or 52218-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/2/1/52218/ - -Produced by Peter Becker, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net. This -file was produced from images generously made available -by The Internet Archive. - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit www.gutenberg.org/donate - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. 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Fischer, Berlin" --> - <!-- DATE="1902" --> - <!-- COVER="images/cover-page.jpg" --> - -<style type='text/css'> - -body { margin-left:15%; margin-right:15%; } - -div.frontmatter { page-break-before:always; } - -p.half { text-indent:0; text-align:center; font-size:1.2em; - margin-top:3em; margin-bottom:6em; } -p.hdr { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; margin-bottom:1em; } -h1.title { text-align:center; margin-top:0.5em; margin-bottom:2em; } -p.aut { text-indent:0; text-align:center; margin-bottom:2em; line-height:1.5em; } -p.aut .line2 { font-size:0.8em; } -p.run { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; margin-bottom:3em; } -p.pub { text-indent:0; text-align:center; } -p.cop { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; - margin-top:4em; margin-bottom:1em; } -p.manus { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; - margin-bottom:6em; } -p.printer { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; - margin-top:4em; margin-bottom:4em; } - -h2 { text-align:center; margin-top:3em; margin-bottom:1em; - page-break-before:always; } -h2.dpers { margin-top:1em; font-size:1.2em; } - -p { margin:0; text-align:justify; text-indent:1em; } -p.date { text-align:left; margin:1em; } -p.sign { text-indent:0; text-align:right; margin:1em; } -div.dir { margin-top:0.5em; margin-bottom:0.5em; } -div.dir p { font-size:0.8em; } -div.dir p.center { text-indent:0; text-align:center; - margin-top:0.5em; margin-bottom:0.5em; } -hr.tb { border:0; border-top:1px solid black; margin:1em; margin-left:45%; width:10%; } - -span.speaker { font-weight:bold; } -span.dir { font-size:0.8em; } -em { letter-spacing:.2em; margin-right:-0.2em; font-style:normal; } -span.antiqua { font-style:italic; } -span.antiqua-optional { /*"Dr." not marked*/ } -span.larger { font-size:1.25em; } - -.underline { text-decoration: underline; } - -/* poetry */ -div.poem-container { text-align:center; } -div.poem-container div.poem { display:inline-block; } -div.stanza { text-align:left; text-indent:0; margin-top:1em; margin-bottom:1em; } -.stanza .verse { text-align:left; text-indent:-2em; margin-left:2em; } - -/* tables */ -div.table { text-align:center; } -table { margin-left:auto; margin-right:auto; text-align:center; } -table.works td { vertical-align:top; text-align:left; font-size:0.8em; } -table.works td.col2 { text-align:right; padding-left:1em; } -table.dpers td { vertical-align:top; text-align:left; } -table.dpers td.col2 { padding-left:1em; } -table.dpers td.c2 { text-align:center; } -table.dpers td.s2 { font-size:0.8em; } -table.dpers td.x { vertical-align:middle; } -table.dpers span.x2 { display:inline-block; vertical-align:middle; font-size:2em; } -table.dpers span.x3 { display:inline-block; vertical-align:middle; font-size:3em; } - -a:link { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:visited { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:hover { text-decoration: underline; } -a:active { text-decoration: underline; } - -/* Transcriber's note */ -.trnote { font-family:sans-serif; font-size:0.8em; background-color: #ccc; - color: #000; border: black 1px dotted; margin: 2em; padding: 1em; - page-break-before:always; margin-top:3em; } -.trnote p { margin:0; text-indent:0; margin-bottom:1em; } -.trnote ul { margin-left:0; padding-left: 0; } -.trnote li { text-align:left; margin-bottom:0.5em; margin-left:1em; } -.trnote ul li { list-style-type:square; } - -/* page numbers */ -a[title].pagenum { position: absolute; right: 1%; } -a[title].pagenum:after { content: attr(title); color: gray; background-color: inherit; - letter-spacing: 0; text-indent: 0; text-align: right; font-style: normal; - font-variant: normal; font-weight: normal; font-size: x-small; - border: 1px solid silver; padding: 1px 4px 1px 4px; - display: inline; } - -.centerpic { text-align:center; text-indent:0; display:block; margin:0; padding:10px; } - -@media handheld { - body { margin-left:0; margin-right:0; } - em { letter-spacing:0; margin-right:0; font-style:italic; } - a.pagenum { display:none; } - a.pagenum:after { display:none; } -} - -</style> -</head> - -<body> - - -<pre> - -The Project Gutenberg EBook of Vor Sonnenaufgang, by Gerhart Hauptmann - -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most -other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Vor Sonnenaufgang - Soziales Drama - -Author: Gerhart Hauptmann - -Release Date: June 2, 2016 [EBook #52218] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK VOR SONNENAUFGANG *** - - - - -Produced by Peter Becker, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net. This -file was produced from images generously made available -by The Internet Archive. - - - - - - -</pre> - - -<div class="frontmatter"> -<p class="half"> -Vor Sonnenaufgang -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="hdr"> -Von Gerhart Hauptmann erschienen im gleichen Verlage: -</p> - - <div class="table"> -<table class="works" summary="Table-1"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Vor Sonnenaufgang.</span> Soziales Drama.</td> - <td class="col2">9. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Das Friedensfest.</span> Eine Familienkatastrophe.</td> - <td class="col2">4.-5. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Einsame Menschen.</span> Drama.</td> - <td class="col2">13.-14. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">De Waber.</span> Schauspiel aus den 40er Jahren. Originalausgabe.</td> - <td class="col2">2. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Die Weber.</span> Schauspiel aus den 40er Jahren. Übertragung.</td> - <td class="col2">27.-28. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">College Crampton.</span> Komödie.</td> - <td class="col2">5.-6. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Bahnwärter Thiel.</span> Der Apostel. Novellistische Studien.</td> - <td class="col2">5.-6. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Der Biberpelz.</span> Eine Diebskomödie.</td> - <td class="col2">7.-8. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Hannele.</span> Eine Traumdichtung. Illustriert (vergriffen).</td> - <td class="col2"> </td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Hanneles Himmelfahrt.</span> Eine Traumdichtung.</td> - <td class="col2">9.-10. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Florian Geyer.</span></td> - <td class="col2">5.-6. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Die versunkene Glocke.</span> Ein deutsches Märchendrama.</td> - <td class="col2">49.-52. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Fuhrmann Henschel.</span> Schauspiel. Originalausgabe.</td> - <td class="col2">13.-16. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Fuhrmann Henschel.</span> Schauspiel. Übertragung.</td> - <td class="col2">9.-12. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Schluck und Jau.</span> Spiel zu Scherz und Schimpf.</td> - <td class="col2">8.-10. Auflage.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="larger">Michael Kramer.</span> Drama.</td> - <td class="col2">9.-10. Auflage.</td> - </tr> -</tbody> -</table> - </div> -</div> - -<div class="frontmatter"> -<h1 class="title"> -Vor Sonnenaufgang -</h1> - -<p class="aut"> -<span class="line1">Soziales Drama</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">Gerhart Hauptmann</span> -</p> - -<p class="run"> -Neunte Auflage -</p> - -<p class="pub"> -Berlin,<br /> -S. Fischer, Verlag,<br /> -1902 -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="cop"> -Sowohl Aufführungs- als Nachdrucks- und Uebersetzungsrecht -vorbehalten. -</p> - -<p class="manus"> -Den Bühnen gegenüber Manuskript. -</p> - -</div> - -<h2 class="intro chapter" id="chapter-0-1" title="Vorrede"> -<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a> - -</h2> - -<p> -Die Aufführung dieses Dramas fand am 20. Oktober -statt in den Räumen des Lessing-Theaters, veranstaltet -vom Verein „Freie Bühne“. Ich benutze den -Anlaß der Herausgabe einer neuen Auflage, um aus -vollem Herzen den Leitern dieses Vereins insgesammt, -in Sonderheit aber den Herren Otto Brahm und Paul -Schlenther zu danken. Möchte es die Zukunft erweisen, -daß sie sich, indem sie, kleinlichen Bedenken zum Trotz, -einem aus reinen Motiven heraus entstandenen Kunstwerk -zum Leben verhalfen, um die <em>deutsche</em> Kunst -verdient gemacht haben. -</p> - -<p class="date"> -<b>Charlottenburg</b>, den 26. Oktober 1889. -</p> - -<p class="sign"> -<b>Gerhart Hauptmann.</b> -</p> - -<h2 class="dpers chapter" id="chapter-0-2"> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -Handelnde Menschen. -</h2> - - -<div class="table"> -<table class="dpers" summary="Table-1"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"> </td> - <td class="col2 c2 s2">Besetzung bei der ersten<br />Aufführung.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Krause</span>, <span class="dir">Bauerngutsbesitzer</span></td> - <td class="col2">Hans Pagay.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Frau Krause</span>, <span class="dir">seine zweite Frau</span></td> - <td class="col2">Louise v. Pöllnitz.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="speaker">Helene</span>,</td> - <td class="x" rowspan="2"><span class="x2">}</span> <span class="dir">Krause’s Töchter erster Ehe</span></td> - <td class="col2">Elsa Lehmann.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="speaker">Martha</span>,</td> - <td class="col2 c2">* * *</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Hoffmann</span>, <span class="dir">Ingenieur, verheirathet mit Martha</span></td> - <td class="col2">Gustav Kadelburg.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Wilhelm Kahl</span>, <span class="dir">Neffe der Frau Krause</span></td> - <td class="col2">Carl Stallmann.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Frau Spiller</span>, <span class="dir">Gesellschafterin der Frau Krause</span></td> - <td class="col2">Ida Stägemann.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Alfred Loth</span></td> - <td class="col2">Theodor Brandt.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span></td> - <td class="col2">Franz Guthery.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Beibst</span>, <span class="dir">Arbeitsmann auf Krause’s Gut</span></td> - <td class="col2">Paul Pauly.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="speaker">Guste</span>,</td> - <td class="x" rowspan="3"><span class="x3">}</span> <span class="dir">Mägde auf Krause’s Gut</span></td> - <td class="col2">Sophie Berg.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="speaker">Liese</span>,</td> - <td class="col2">Clara Hahn.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><span class="speaker">Marie</span>,</td> - <td class="col2">Antonie Ziegler.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Baer</span>, <span class="dir">genannt Hopslabaer</span></td> - <td class="col2">Ferdinand Meyer.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Eduard</span>, <span class="dir">Hoffmann’s Diener</span></td> - <td class="col2">Edmund Schmasow.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Miele</span>, <span class="dir">Hausmädchen bei Frau Krause</span></td> - <td class="col2">Helene Schüle.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Die Kuschenfrau</span></td> - <td class="col2">Marie Gundra.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Golisch</span>, <span class="dir">genannt Gosch. Kuhjunge</span></td> - <td class="col2">Georg Baselt.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1" colspan="2"><span class="speaker">Ein Packetträger</span></td> - <td class="col2 c2">* * *</td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<hr class="tb" /> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-3"> -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -Erster Akt. -</h2> - -<div class="centerpic" id="img-009"> -<img src="images/009.jpg" alt="" /></div> - -<div class="dir scene"> -<p> -Das Zimmer ist niedrig; der Fußboden mit guten Teppichen -belegt. Moderner Luxus auf bäuerische Dürftigkeit gepfropft. -An der Wand hinter dem Eßtisch ein Gemälde, darstellend einen -vierspännigen Frachtwagen, von einem Fuhrknecht in blauer -Blouse geleitet. -</p> - -<hr class="tb" /> - -<p> -Miele, eine robuste Bauernmagd mit rothem, etwas stumpfsinnigem -Gesicht; sie öffnet die Mittelthür und läßt Alfred Loth -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -eintreten. Loth ist mittelgroß, breitschultrig, untersetzt, in seinen -Bewegungen bestimmt, doch ein wenig ungelenk; er hat blondes -Haar, blaue Augen und ein dünnes, lichtblondes Schnurrbärtchen, -sein ganzes Gesicht ist knochig und hat einen gleichmäßig -ernsten Ausdruck. Er ist ordentlich, jedoch nichts weniger -als modern gekleidet. Sommerpaletot, Umhängetäschchen, Stock. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Miele.</span> Bitte! Ich werde den Herrn Inschinnär -glei ruffen. Wolln Sie nich Platz nehmen?! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Die Glasthür zum Wintergarten wird heftig aufgestoßen; -ein Bauernweib, im Gesicht blauroth vor Wuth, stürzt herein. -Sie ist nicht viel besser als eine Waschfrau gekleidet. Nackte, -rothe Arme, blauer Kattunrock und Mieder, rothes punktirtes -Brusttuch. Alter: Anfang 40, Gesicht hart, sinnlich, bösartig. -Die ganze Gestalt sonst gut conservirt. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">schreit</span>. Ihr Madel!! ... Richtig! ... -Doas Loster vu Froovulk! ... Naus! mir gahn nischt! ... -<span class="dir">Halb zu Miele, halb zu Loth.</span> A koan orbeita, a hoot Oarme. -Naus! hier gibbt’s nischt! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber Frau ... Sie werden doch ... ich ... -ich heiße Loth, bin ... wünsche zu ... habe auch nicht -die Ab.... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Miele.</span> A wull ock a Herr Inschinnär sprechen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Beim Schwiegersuhne batteln: doas -kenn’ mer schunn. — A hoot au nischt, a hoot’s au ock -vu ins, nischt iis seine! <span class="dir">Die Thür rechts wird aufgemacht. Hoffmann -steckt den Kopf heraus.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Schwiegermama! — Ich muß doch -bitten ... <span class="dir">Er tritt heraus, wendet sich an Loth.</span> Was steht zu ... -Alfred! Kerl! Wahrhaftig ’n Gott, Du!? Das ist aber -mal ... nein <em>das</em> is doch mal ’n Gedanke! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -Hoffmann ist etwa dreiunddreißig alt, schlank, groß, hager. -Er kleidet sich nach der neuesten Mode, ist elegant frisirt, trägt -kostbare Ringe, Brillantknöpfe im Vorhemd und Berloques an -der Uhrkette. Kopfhaar und Schnurrbart schwarz, der letztere -sehr üppig, äußerst sorgfältig gepflegt. Gesicht spitz, vogelartig. -Ausdruck verschwommen, Augen schwarz, lebhaft, zuweilen -unruhig. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich bin nämlich ganz zufällig .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">aufgeregt</span>. Etwas Lieberes ... nun aber -zunächst leg ab! <span class="dir">Er versucht ihm das Umhängetäschchen abzunehmen.</span> -— Etwas Lieberes und so Unerwartetes hätte mir jetzt -— <span class="dir">er hat ihm Hut und Stock abgenommen und legt beides auf einen Stuhl -neben der Thür</span> — hätte mir jetzt entschieden nicht passiren -können, — <span class="dir">indem er zurückkommt</span> — <em>entschieden</em> nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sich selbst das Täschchen abnehmend</span>. Ich bin nämlich -— nur so per Zufall auf Dich — <span class="dir">er legt das Täschchen auf den -Tisch im Vordergrund</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Setz’ Dich! Du mußt müde sein, setz’ -Dich — bitte. Weißt De noch? wenn Du mich besuchtest, -da hatt’st Du so ’ne Manier, Dich lang auf das -Sopha hinfallen zu lassen, daß die Federn krachten; mitunter -sprangen sie nämlich auch. Also Du, höre! mach’s -wie damals. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Frau Krause hat ein sehr erstauntes Gesicht gemacht und -sich dann zurückgezogen. Loth läßt sich auf einen der Sessel -nieder, welche rings um den Tisch im Vordergrunde stehen. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Trinkst Du was? Sag’! — Bier? -Wein? Cognac? Kaffee? Thee? Es ist alles im Hause. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Helene kommt lesend aus dem Wintergarten; ihre große, -ein wenig zu starke Gestalt, die Frisur ihres blonden, ganz -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -ungewöhnlich reichen Haares, ihr Gesichtsausdruck, ihre moderne -Kleidung, ihre Bewegungen, ihre ganze Erscheinung überhaupt -verleugnen das Bauernmädchen nicht ganz. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schwager, Du könntest ... <span class="dir">Sie entdeckt Loth -und zieht sich schnell zurück.</span> Ach! ich bitte um Verzeihung. <span class="dir">Ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Bleib doch, bleib! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deine Frau? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nein, ihre Schwester. Hörtest Du nicht, -wie sie mich betitelte? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Hübsch! Wie? — Nu aber erklär’ Dich! -Kaffee? Thee? Grog? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Danke, danke für alles. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">präsentirt ihm Cigarren</span>. Aber <em>das</em> ist was für -Dich — nicht?! ... Auch nicht?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, danke. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Beneidenswerthe Bedürfnißlosigkeit! <span class="dir">Er -raucht sich selbst eine Cigarre an und spricht dabei.</span> Die A.. Asche, -wollte sagen der ... der Tabak ... ä! Rauch natürlich ... -der Rauch belästigt Dich doch wohl nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wenn ich <em>das</em> nicht noch hätte ... ach -Gott ja, das bischen Leben! — Nu aber thu mir den -Gefallen, erzähle was. — Zehn Jahre — bist übrigens -kaum sehr verändert — zehn Jahre, ’n ekliger Fetzen -Zeit — was macht Schn... Schnurz nannten wir ihn -ja wohl? Fips, — die ganze heitere Blase von -damals? Hast du den einen oder anderen im Auge -behalten? -</p> - -<p> -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Sach mal, solltest Du das nicht wissen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Was? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Daß er sich erschossen hat. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wer? — hat sich wieder mal erschossen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Fips! Friedrich Hildebrandt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> I warum nich gar! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja! er hat sich erschossen — im Grunewald, -an einer sehr schönen Stelle der Havelseeufer. Ich -war dort, man hat den Blick auf Spandau. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Hm! — Hätt ihm das nicht zugetraut, -war doch sonst keine Heldennatur. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deswegen hat er sich eben erschossen. — -<em>Gewissenhaft</em> war er, sehr gewissenhaft. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Gewissenhaft? Woso? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, darum eben ... sonst hätte er sich -wohl nicht erschossen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Versteh nicht recht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na, die Farbe seiner politischen Anschauungen -kennst Du doch? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ja, grün. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du kannst sie gern so nennen. Er war, -dies wirst Du ihm wohl lassen müssen, ein talentvoller -Jung. — Fünf Jahre hat er als Stuccateur arbeiten -müssen, andere fünf Jahre dann, so zu sagen, auf eigene -Faust durchgehungert und dazu kleine Statuetten modellirt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Abstoßendes Zeug. Ich will von der -Kunst erheitert sein .... Nee! diese Sorte Kunst war -durchaus nicht mein Geschmack. -</p> - -<p> -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Meiner war es auch nicht, aber er hatte -sich nun doch einmal drauf versteift. Voriges Frühjahr -schrieben sie da ein Denkmal aus; irgend ein Duodezfürstchen, -glaub ich, sollte verewigt werden. Fips hatte -sich betheiligt und gewonnen; kurz darauf schoß er sich todt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wo da die Gewissenhaftigkeit stecken -soll, ist mir völlig schleierhaft. — Für so was habe ich -nur eine Benennung: Spahn — auch Wurm — Spleen -— so was. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das ist ja das allgemeine Urtheil. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Thut mir leid, kann aber nicht umhin -mich ihm anzuschließen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist ja für ihn auch ganz gleichgültig, -was ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach überhaupt, lassen wir das. Ich -bedauere ihn im Grunde ganz ebenso sehr wie Du, aber -— nun ist er doch einmal todt, der gute Kerl; — erzähle -mir lieber etwas von <em>Dir</em>, was Du getrieben hast, -wie’s Dir ergangen ist. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist mir so ergangen, wie ich’s erwarten -mußte. — Hast Du gar nichts von mir gehört? — durch -die Zeitungen mein ich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">ein wenig befangen</span>. Wüßte nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nichts von der Leipziger Geschichte? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach so, <em>das</em>! — Ja! — Ich glaube .... -nichts Genaues. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Also, die Sache war folgende: -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">seine Hand auf Loth’s Arm legend</span>. Ehe Du anfängst: -willst Du denn <em>gar</em> nichts zu Dir nehmen? -</p> - -<p> -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Später vielleicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Auch nicht ein Gläschen Cognac? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. Das am allerwenigsten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun, dann werde ich ein Gläschen .... -Nichts besser für den Magen. <span class="dir">Holt Flasche und zwei Gläschen -vom Buffet, setzt alles auf den Tisch vor Loth.</span> <span class="antiqua">Grand <a id="corr-0"></a>Champagne</span>, -feinste Nummer; ich kann ihn empfehlen. — Möchtest Du -nicht ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Danke. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">kippt das Gläschen in den Mund</span>. Oah! — na, -nu bin ich ganz Ohr. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Kurz und gut: da bin ich eben sehr stark -hineingefallen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mit zwei Jahren, glaub ich?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz recht! Du scheinst es ja doch also zu -wissen. Zwei Jahre Gefängniß bekam ich, und nach dem -haben sie mich noch von der Universität relegirt. Damals -war ich — einundzwanzig. Nun! in diesen zwei -Gefängnißjahren habe ich mein erstes volkswirthschaftliches -Buch geschrieben. Daß es gerade ein Vergnügen gewesen, -zu brummen, müßte ich allerdings lügen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wie man doch einmal so sein konnte! -Merkwürdig! So was hat man sich nun allen Ernstes in -den Kopf gesetzt. Baare Kindereien sind es gewesen, kann -mir nicht helfen, Du! — nach Amerika auswandern ’n -Dutzend Gelbschnäbel wie wir! — <em>wir</em> und Musterstaat -gründen! Köstliche Vorstellung! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Kindereien?! — tjaa! In gewisser Beziehung -sind es auch wirklich Kindereien gewesen! Wir -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -unterschätzten die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Und daß Du nun <em>wirk—lich hinaus</em> -gingst — nach Amerika — all—len Ernstes mit leeren -Händen .... Denk’ doch mal an, was es heißt, Grund -und Boden für einen Musterstaat mit leeren Händen erwerben -zu wollen: das ist ja beinahe ver.... jedenfalls -ist es einzig naiv. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ach, gerade mit dem Ergebniß meiner Amerikafahrt -bin ich ganz zufrieden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">laut auflachend</span>. Kaltwasserkur, vorzügliche -Resultate, wenn Du es so meinst ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Kann sein, ich bin etwas abgekühlt worden; -damit ist mir aber gar nichts <em>Besonderes</em> geschehen. -Jeder Mensch macht seinen Abkühlungsprozeß durch. Ich -bin jedoch weit davon entfernt, den Werth der .... nun, -sagen wir hitzigen Zeit zu verkennen. Sie war auch gar -nicht so furchtbar naiv, wie Du sie hinstellst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na, ich weiß nicht?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du brauchst nur an die Durchschnittskindereien -unserer Tage denken: das Couleurwesen auf den Universitäten, -das Saufen, das Pauken. Warum all der -Lärm? Wie Fips zu sagen pflegte: um Hekuba! -</p> - -<p> -Um Hekuba drehte es sich bei uns doch wohl nicht; -wir hatten die allerhöchsten menschheitlichen Ziele im -Auge. Und abgesehen davon, diese naive Zeit hat bei -mir gründlich mit Vorurtheilen aufgeräumt. Ich bin mit -der Scheinreligion und Scheinmoral und mit noch manchem -Anderen .... -</p> - -<p> -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das kann ich Dir ja auch ohne Weiteres -zugeben. Wenn ich jetzt doch immerhin ein vorurtheilsloser, -aufgeklärter Mensch bin, dann verdanke ich das, -wie ich <em>gar nicht</em> leugne, den Tagen unseres Umgangs. -— Natürlicherweise! — Ich bin der letzte, das zu -leugnen. — Ich bin überhaupt in <em>keiner</em> Beziehung -Unmensch. Nur muß man nicht mit dem Kopfe durch -die Wand rennen wollen. — Man muß nicht die Uebel, -an denen die gegenwärtige Generation, leider Gottes, -krankt, durch noch größere verdrängen wollen; man muß -— alles ruhig seinen natürlichen Gang gehen lassen. -Was kommen soll, kommt! <em>Praktisch</em>, praktisch muß -man verfahren! Erinnere Dich! Ich habe das früher -<em>gerade</em> so betont, und dieser Grundsatz hat sich bezahlt -gemacht. — Das <em>ist</em> es ja eben. Ihr alle — Du mit -eingerechnet — Ihr verfahrt höchst <em>un</em>praktisch. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Erklär’ mir eben mal, wie Du das meinst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> <em>Ein</em>fach! Ihr nützt Eure Fähigkeiten -nicht aus. Zum Beispiel Du: ’n Kerl wie -Du, mit Kenntnissen, Energie etc., was hätte Dir -nicht offen gestanden! Statt dessen, was machst Du? -<em>Com—pro—mit—tirst Dich</em> von vornherein -<em>der</em>—art ... na, Hand auf’s Herz! hast Du das nicht -manchmal bereut? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich konnte nicht gut bereuen, weil ich ohne -Schuld verurtheilt worden bin. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Kann ich ja nicht beurtheilen, weißt Du. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du wirst das gleich können, wenn ich Dir -sage: die Anklageschrift führte aus, ich hätte unseren Verein -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -<a id="corr-1"></a>Vancouver-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation -ins Leben gerufen; dann sollte ich auch Geld zu Parteizwecken -gesammelt haben. Du weißt ja nun, daß es uns -mit unseren colonialen Bestrebungen Ernst war, und was -das Geldsammeln anlangt, so hast Du ja selbst gesagt, -daß wir alle miteinander leere Hände hatten. Die Anklage -enthält also kein wahres Wort, und als Mitglied -solltest Du das doch ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na — Mitglied war ich doch wohl -eigentlich nicht so recht. — Uebrigens glaube ich Dir -selbstredend. — Die Richter sind halt immer nur Menschen, -muß man nehmen. — Jedenfalls hättest Du, um praktisch -zu handeln, auch den <em>Schein</em> meiden müssen. Ueberhaupt: -ich habe mich in der Folge manchmal baß gewundert -über Dich: Redacteur der Arbeiterkanzel, des -obscursten aller Käseblättchen — Reichstagscandidat des -süßen Pöbels! Und was hast Du nu davon? — versteh -mich nicht falsch! Ich bin der letzte, der es an Mitleid -mit dem armen Volke fehlen läßt, aber <em>wenn</em> etwas -geschieht, dann mag es von oben her<em>ab</em> geschehen! Es -muß sogar von oben herab geschehen, das Volk weiß nun -mal nicht, was ihm noth thut — das „Von-unten-<em>herauf</em>,“ -siehst Du, <em>das</em> eben nenne ich das „Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-rennen.“ -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich bin aus dem, was Du eben gesagt hast, -nicht klug geworden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na, ich meine eben, sieh <em>mich</em> an! Ich -habe die Hände frei: ich könnte nu schon anfangen was -für die Ideale zu thun. — Ich kann wohl sagen, mein -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -<em>praktisches</em> Programm ist nahezu durchgeführt. Aber -Ihr ... immer mit leeren Händen, was wollt denn -<em>Ihr machen</em>? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, wie man so hört: Du segelst stark auf -Bleichröder zu. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">geschmeichelt</span>. Zu viel Ehre — vorläufig -noch. Wer sagt das? — Man arbeitet eben seinen -soliden Stiefel fort. Das belohnt sich naturgemäß — wer -sagt das übrigens? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich hörte darüber in Jauer zwei Herren am -Nebentisch reden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ä! Du! — Ich habe Feinde! — Was -sagten die denn übrigens? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nichts Besonderes. Durch sie erfuhr ich, -daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner -Schwiegereltern zurückgezogen hast. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Was die Menschen nicht alles ausschnüffeln! -Lieber Freund! Du glaubst nicht, wie ein -Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt beobachtet -wird. Das ist auch so ’n Uebelstand des -Reich.... — Die Sache ist nämlich die: ich erwarte der -größeren Ruhe und gesünderen Luft wegen die Niederkunft -meiner Frau <em>hier</em>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie paßt denn das aber mit dem Arzt? -Ein guter Arzt ist doch in solchen Fällen von allergrößter -Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das ist es eben: der Arzt hier ist ganz -besonders tüchtig; und, weißt Du, so viel habe ich bereits -weg: Gewissenhaftigkeit geht beim Arzt über Genie. -</p> - -<p> -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Vielleicht ist sie eine Begleiterscheinung des -Genies im Arzt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mein’twegen, jedenfalls <em>hat</em> unser Arzt -Gewissen. Er ist nämlich auch so’n Stück Ideologe, halb -und halb unser Schlag — reussirt schauderhaft unter -Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk. Man vergöttert -ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens ’n recht unverdaulicher -Patron, ’n Mischmasch von Härte und -Sentimentalität. Aber, wie gesagt, Gewissenhaftigkeit weiß -ich zu schätzen! — Unbedingt! — Eh ich’s vergesse .... -es ist mir nämlich darum zu thun .... man muß immer -wissen, wessen man sich zu versehen hat .... Höre! .... -sage mir doch .... ich seh Dir’s an, die Herren am Nebentische -haben nichts Gutes über mich gesprochen. — Sag’ -mir doch, bitte, was sie gesprochen haben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das sollte ich wohl nicht thun, denn ich will -Dich nachher um zweihundert Mark bitten, geradezu -<em>bitten</em>, denn ich werde sie Dir wohl kaum je wiedergeben -können. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zieht ein Checbuch aus der Brusttasche, füllt einen Chec -aus, übergiebt ihn Loth</span>. Bei irgend einer Reichsbankfiliale .... -Es ist mir ’n Vergnügen .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Erwartungen. -— Na! — ich nehm es dankbar an und Du -weißt ja: übel angewandt ist es auch nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">mit Anflug von Pathos</span>. Ein Arbeiter ist seines -Lohnes werth! — Doch jetzt, Loth, sei so gut, sag’ mir, -was die Herren am Nebentisch .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie haben wohl Unsinn gesprochen. -</p> - -<p> -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Sag’ mir’s trotzdem, bitte! — Es ist -mir lediglich interessant, <em>ledig—lich</em> interessant — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es war davon die Rede, daß Du hier einen -anderen aus der Position verdrängt hättest, — einen -Bauunternehmer Müller. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na—tür—lich! <em>diese</em> Geschichte! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich glaube, der Mann sollte mit Deiner -jetzigen Frau verlobt gewesen sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> War er auch. — Und was weiter? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich erzähle Dir alles, wie ich es hörte, weil -ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Verleumdung -möglichst getreu kennen zu lernen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ganz recht! Also? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> So viel ich heraus hörte, soll dieser Müller -den Bau einer Strecke der hiesigen Gebirgsbahn übernommen -haben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ja! Mit lumpigen zehntausend Thalern -Vermögen. Als er einsah, daß dieses Geld nicht zureichte, -wollte er schnell eine Witzdorfer Bauerntochter fischen; -meine jetzige Frau sollte <em>diejenige</em> sein, <em>welche</em>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Er hätte es, sagten sie, mit der Tochter, Du -mit dem Alten gemacht. — Dann hat er sich ja wohl -erschossen?! — Auch seine Strecke hättest Du zu Ende -gebaut und noch sehr viel Geld dabei verdient. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Darin ist einiges Wahre enthalten, doch — -ich könnte Dir eine Verknüpfung der Thatsachen -geben ... Wußten sie am Ende noch mehr dergleichen -erbauliche Dinge? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz besonders — muß ich Dir sagen — -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -regten sie sich über <em>etwas</em> auf: sie rechneten sich vor, -welch ein enormes Geschäft in Kohlen Du jetzt machtest -und nannten Dich einen .... na, schmeichelhaft war es -eben nicht für Dich. Kurz gesagt, sie erzählten, Du -hättest die hiesigen dummen Bauern beim Champagner -überredet, einen Vertrag zu unterzeichnen, in welchem Dir -der alleinige Verschleiß aller in ihren Gruben geförderten -Kohle übertragen worden ist gegen eine Pachtsumme, die -fabelhaft gering sein sollte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">sichtlich peinlich berührt, steht auf</span>. Ich will Dir -was sagen, Loth .... Ach, warum auch noch darin rühren? -Ich schlage vor, wir denken an’s Abendbrod, mein Hunger -ist mörderisch. Mörderischen Hunger habe ich. <span class="dir">Er -drückt auf den Knopf einer elektrischen Leitung, deren Draht in Form einer -grünen Schnur auf das Sopha herunter hängt; man hört das Läuten einer -elektrischen Klingel.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, wenn Du mich hier behalten willst — -dann sei so gut .... ich möchte mich eben ’n bischen -säubern. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Gleich sollst Du alles Nöthige .... -<span class="dir">Eduard tritt ein, Diener in Livree.</span> Eduard! führen Sie den -Herrn in’s Gastzimmer. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Sehr wohl, gnädiger Herr. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">Loth die Hand drückend</span>. In spätestens fünfzehn -Minuten möchte ich Dich bitten, zum Essen herunter -zu kommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Uebrig Zeit. Also Wiedersehen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wiedersehen! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Eduard öffnet die Thür und läßt Loth vorangehen. Beide -ab. Hoffmann kratzt sich den Hinterkopf, blickt nachdenklich auf -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -den Fußboden, geht dann auf die Thür rechts zu, deren Klinke -er bereits gefaßt hat, als Helene, welche hastig durch die Glasthür -eingetreten ist, ihn anruft. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schwager! Wer war das? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das war einer von meinen Gymnasialfreunden, -der älteste sogar, Alfred Loth. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">schnell</span>. Ist er schon wieder fort? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nein! Er wird mit uns zu Abend -essen. — Womöglich .... ja, womöglich auch hier übernachten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Oh Jeses! Da komme ich nicht zum -Abendessen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber Helene! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was brauche ich auch unter gebildete -Menschen zu kommen! Ich will nur ruhig weiter verbauern. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach, immer diese Schrullen! Du wirst -mir sogar den großen Dienst erweisen und die Anordnungen -für den Abendtisch treffen. Sei so gut! — -Wir machen’s ’n bischen feierlich. Ich vermuthe nämlich, -er führt irgend was im Schilde. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was meinst Du, im Schilde führen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Maulwurfsarbeit — wühlen, wühlen. — -Davon verstehst Du nun freilich nichts. — Kann mich -übrigens täuschen, denn ich habe bis jetzt vermieden auf -diesen Gegenstand zu kommen. Jedenfalls mach alles -recht einladend. Auf diese Weise ist den Leuten noch am -leichtesten ... Champagner natürlich! Die Hummern von -Hamburg sind angekommen? -</p> - -<p> -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich glaube, sie sind heut früh angekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Also, Hummern! <span class="dir">Es klopft sehr stark.</span> Herein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Postpacketträger.</span> <span class="dir">Eine Kiste unter’m Arm, eintretend, spricht -er in singendem Tone.</span> Eine <em>Kis—te</em>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Von wo? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Packetträger.</span> <em>Ber—lin.</em> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Richtig. Es werden die Kindersachen von -Hertzog sein. <span class="dir">Er besieht das Packet und nimmt den Abschnitt.</span> Ja, -ja, es sind die Sachen von Hertzog. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Die—se</em> Kiste voll? Du übertreibst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">lohnt den Packetträger ab</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Packetträger</span> <span class="dir">ebenso halb singend</span>. Schö’n gn’n A—bend. <span class="dir">Ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wieso übertreiben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nun, hiermit kann man doch wenigstens -drei Kinder ausstatten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Bist Du mit meiner Frau spazieren -gegangen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was soll ich machen, wenn sie immer -gleich müde wird? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach was, immer gleich müde — sie -macht mich unglücklich! Ein und eine halbe Stunde ... -sie soll doch um Gottes Willen thun, was der Arzt sagt. -Zu was hat man denn den Arzt, wenn ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Dann greife Du ein, schaff’ die Spillern -fort! Was soll ich gegen so ’n altes Weib machen, die -ihr immer nach dem Munde geht! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Was denn? ... ich als Mann ... -was soll ich als Mann? ... und außerdem, Du kennst -doch die Schwiegermama. -</p> - -<p> -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">bitter</span>. Allerdings. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wo ist sie denn jetzt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Die Spillern stutzt sie heraus, seit Herr -Loth hier ist; sie wird wahrscheinlich zum Abendbrod -wieder ihr Rad schlagen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">schon wieder in eigenen Gedanken, macht einen Gang -durch’s Zimmer; heftig</span>. Es ist das letzte Mal, auf Ehre!, -daß ich so etwas hier in diesem Hause abwarte. Auf -Ehre! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, Du hast es eben gut, Du kannst gehen, -wohin Du willst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Bei mir zu Hause wäre der unglückliche -Rückfall in dies schauderhafte Laster auch <em>sicher -nicht</em> vorgekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Mich</em> mache dafür nicht verantwortlich! -Von <em>mir</em> hat sie den Branntwein nicht bekommen. -Schaff’ Du nur die Spillern fort. Ich sollte bloß ’n -Mann sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">seufzend</span>. Ach, wenn es nur erst wieder -vorüber wär’! — <span class="dir">In der Thür rechts.</span> Also Schwägerin, -Du thust mir den Gefallen: einen recht appetitlichen -Abendtisch! Ich erledige schnell noch eine Kleinigkeit. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">drückt auf den Klingelknopf, Miele kommt</span>. Miele, -decken Sie den Tisch! Eduard soll Sekt kalt stellen und -vier Dutzend Austern öffnen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Miele</span> <span class="dir">unterdrückt, batzig</span>. Sie kinn’n ’s ’m salber sagen, -a nimmt nischt oa vu mir, a meent immer: a wär ok -beim Inschinnär gemit’t. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Dann schick ihn wenigstens rein. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -Miele ab. Helene tritt vor den Spiegel, ordnet dies und -das an ihrer Toilette; währenddeß tritt Eduard ein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">immer noch vor dem Spiegel</span>. Eduard, stellen Sie -Sekt kalt und öffnen Sie Austern! Herr Hoffmann hat -es befohlen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard</span>. Sehr wohl, Fräulein. <span class="dir">Eduard ab. Gleich -darauf klopft es an die Mittelthür.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">fährt zusammen</span>. Großer Gott! — <span class="dir">Zaghaft.</span> -Herein! — <span class="dir">lauter und fester</span> — herein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">tritt ein ohne Verbeugung</span>. Ach, um Verzeihung! -— ich wollte nicht stören, — mein Name ist Loth. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">verbeugt sich tanzstundenmäßig</span>. -</p> - -<p> -Stimme <span class="speaker">Hoffmann’s</span> <span class="dir">durch die geschlossene Zimmerthür</span>: -Kinder! keine Umstände! — Ich komme gleich heraus. Loth! -es ist meine Schwägerin Helene Krause! Und Schwägerin! -es ist mein Freund Alfred Loth! Betrachtet Euch als -vorgestellt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein, über Dich aber auch! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich nehme es ihm nicht übel, Fräulein! Bin -selbst, wie man mir sehr oft gesagt hat, in Sachen des -guten Tons ein halber Barbar. — Aber wenn ich Sie -gestört habe, so ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Bitte, — Sie haben mich gar nicht gestört, — -durchaus nicht. <span class="dir">Befangenheitspause, hierauf:</span> Es ist ... es ist -schön von Ihnen, daß — Sie meinen Schwager aufgesucht -haben. Er beklagt sich immer von ... er bedauert immer, -von seinen Jugendfreunden so ganz vergessen zu sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, es hat sich zufällig so getroffen. — Ich -war immer in Berlin und daherum — wußte eigentlich -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -nicht, wo Hoffmann steckte. Seit meiner Breslauer -Studienzeit war ich nicht mehr in Schlesien. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Also nur so zufällig sind Sie auf ihn gestoßen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nur ganz zufällig — und zwar gerade an -dem Ort, wo ich meine Studien zu machen habe. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, Spaß! — Witzdorf und Studien -machen, nicht möglich! in diesem armseligen Neste?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Armselig nennen Sie es? — Aber es liegt -doch hier ein ganz außergewöhnlicher Reichthum. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja doch! in der Hinsicht ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich habe nur immer gestaunt. Ich kann -Sie versichern, solche Bauernhöfe giebt es nirgendwo -anders; da guckt ja der Ueberfluß wirklich aus Thüren -und Fenstern. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Da haben Sie recht. In mehr als einem -Stalle hier fressen Kühe und Pferde aus marmornen -Krippen und neusilbernen Raufen! Das hat die Kohle -gemacht, die unter unseren Feldern gemuthet worden ist, -die hat die armen Bauern im Handumdrehen steinreich -gemacht. <span class="dir">Sie weist auf das Bild an der Hinterwand.</span> Sehen Sie -da — mein Großvater war Frachtfuhrmann. Das Gütchen -gehörte ihm, aber der geringe Boden ernährte ihn nicht, -da mußte er Fuhren machen. — Das dort ist er selbst -in der blauen Blouse — man trug damals noch solche -blaue Blousen. — Auch mein Vater als junger Mensch -ist darin gegangen. — Nein! — so meinte ich es nicht — -mit dem „armselig“; nur ist es so öde hier. So ... -gar nichts für den Geist giebt es. Zum Sterben langweilig -ist es. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -Miele und Eduard ab- und zugehend decken den Tisch rechts -im Hintergrunde. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Giebt es denn nicht zuweilen Bälle oder Kränzchen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nicht mal das giebt es. Die Bauern -<em>spielen</em>, <em>jagen</em>, <em>trinken</em> ... was sieht man den -ganzen Tag? <span class="dir">Sie ist vor das Fenster getreten und weist mit der -Hand hinaus.</span> Hauptsächlich solche Gestalten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hm! Bergleute. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Welche</em> gehen zur Grube, <em>welche</em> kommen -von der Grube: das hört nicht auf. — Wenigstens ich -sehe <em>immer</em> Bergleute. Denken Sie, daß ich alleine -auf die Straße mag? Höchstens auf die Felder, durch -das Hinterthor. Es ist ein <em>zu</em> rohes Pack! — Und wie -sie einen immer anglotzen, so schrecklich finster — als ob -man geradezu was verbrochen hätte. -</p> - -<p> -Im Winter, wenn wir so manchmal Schlitten gefahren -sind und sie kommen dann in der Dunkelei in großen -Trupps über die Berge, im Schneegestöber und sie sollen -ausweichen, da gehen sie vor den Pferden her und -weichen nicht aus. Da nehmen die Bauern manchmal -den Peitschenstiel, anders kommen sie nicht durch. Ach, -und dann schimpfen sie hinterher. Hu! ich habe mich -manchmal so entsetzlich geängstigt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Und nun denken Sie an: gerade um dieser -Menschen willen — vor denen Sie sich so sehr fürchten, -bin ich hierher gekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein aber ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz im Ernst, sie interessiren mich hier -mehr als alles Andere. -</p> - -<p> -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -<span class="speaker">Helene.</span> Niemand ausgenommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Auch mein Schwager nicht ausgenommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein! — Das Interesse für diese Menschen -ist ein ganz anderes, — höheres ... verzeihen Sie, -Fräulein! Sie können das am Ende doch wohl nicht verstehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wieso nicht? Ich verstehe Sie sehr gut, -Sie ... <span class="dir">Sie läßt einen Brief aus der Tasche gleiten, Loth bückt sich -darnach.</span> Ach, lassen Sie ... es ist nicht wichtig, nur eine -gleichgültige Pensionskorrespondenz. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie sind in Pension gewesen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, in Herrnhut. Sie müssen nicht denken, -daß ich ... nein, nein, ich verstehe Sie schon. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich meine, die Arbeiter interessieren mich um -ihrer selbst willen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, freilich, — es ist ja sehr interessant -... so ein Bergmann ... wenn man’s so nehmen will -... Es giebt ja Gegenden, wo man gar keine findet, aber -wenn man sie so täglich ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Auch wenn man sie täglich sieht, Fräulein -... Man muß sie sogar täglich sehen, um das Interessante -an ihnen herauszufinden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nun, wenn es <em>so schwer</em> herauszufinden -... was ist es denn dann? das Interessante mein ich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist zum Beispiel interessant, daß diese -Menschen, wie Sie sagen, immer so gehässig oder finster -blicken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wieso meinen Sie, daß das besonders -interessant ist? -</p> - -<p> -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Weil es nicht das Gewöhnliche ist. Wir -anderen pflegen doch nur zeitweilig und keineswegs -immer so zu blicken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, weshalb <em>blicken</em> sie denn nur immer -so ... so gehässig, so mürrisch? Es muß doch einen -Grund haben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz recht! und <em>den</em> möchte ich gern herausfinden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach <em>Sie</em> sind! Sie lügen mir was vor. -Was hätten Sie denn davon, wenn Sie das auch wüßten? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Man könnte vielleicht Mittel finden, den -Grund, warum diese Leute immer so freudlos und gehässig -sein müssen, wegzuräumen; — man könnte sie vielleicht -glücklicher machen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">ein wenig verwirrt</span>. Ich muß Ihnen ehrlich -sagen, daß ... aber gerade jetzt verstehe ich Sie doch vielleicht -ein ganz klein wenig. — Es ist mir nur ... nur -so ganz <em>neu</em>, <em>so — ganz</em> — neu! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">durch die Thüre rechts eintretend. Er hat eine Anzahl -Briefe in der Hand</span>. So! da bin ich wieder. — Eduard! daß die -Briefe noch vor 8 auf der Post sind. <span class="dir">Er händigt dem Diener -die Briefe ein, der Diener ab.</span> -</p> - -<p> -So, Kinder! jetzt können wir speisen. — Unerlaubte -Hitze hier! September und solche Hitze! <span class="dir">Er hebt den Champagner -aus dem Eiskübel.</span> Veuve Cliquot: Eduard kennt meine -stille Liebe. <span class="dir">Zu Loth gewendet.</span> Habt ja furchtbar eifrig disputirt. -<span class="dir">Tritt an den fertig gedeckten, mit Delicatessen überladenen Abendtisch, -reibt sich die Hände.</span> Na! das sieht ja recht gut aus! -<span class="dir">Mit einem verschmitzten Blick zu Loth hinüber.</span> Meinst Du nicht auch? -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -— Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Besuch: Kahl-Wilhelm. -Er war auf dem Hof. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">macht eine ungezogene Geberde</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber Beste! Du thust fast, als ob ich -ihn ... was kann denn ich dafür? Hab ich ihn etwa -<em>gerufen</em>? <span class="dir">Man hört schwere Schritte draußen im Hausflur.</span> Ach! -das Unheil schreitet schnelle. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Kahl tritt ein, ohne vorher angeklopft zu haben. Er ist ein -vierundzwanzigjähriger, plumper Bauernbursch, dem man es ansieht, -daß er, so weit möglich, gern den feinen, noch mehr aber -den reichen Mann herausstecken möchte. Seine Gesichtszüge sind -grob, der Gesichtsausdruck vorwiegend dumm-pfiffig. Er ist bekleidet -mit einem grünen Jaquet, bunter Sammtweste, dunklen Beinkleidern -und Glanzlack-Schaftstiefeln. Als Kopfbedeckung dient -ihm ein grüner Jägerhut mit Spielhahnfeder. Das Jaquet hat -Hirschhornknöpfe, an der Uhrkette Hirschzähne etc. Stottert. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Gun’n Abend mi’nander! <span class="dir">Er erblickt Loth, wird -sehr verlegen und macht stillstehend eine ziemlich klägliche Figur.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">tritt zu ihm und reicht ihm die Hand aufmunternd</span>. -Guten Abend, Herr Kahl! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">unfreundlich</span>. Guten Abend. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">geht mit schweren Schritten quer durch das ganze Zimmer -auf Helene zu und giebt ihr die Hand</span>. ’n Abend och, Lene. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Ich stelle Dir hiermit Herrn Kahl -vor, unseren Nachbarssohn. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">grinst und dreht den Hut. Verlegenheitsstille.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Zu Tisch Kinder! Fehlt noch Jemand? -Ach, die Schwiegermama. Miele! bitten Sie Frau Krause -zu Tische. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Miele ab durch die Mittelthür. -</p> - -</div> - -<p> -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -<span class="speaker">Miele</span> <span class="dir">draußen im Hausflur schreiend</span>: Frau!! — Frau!! -Assa kumma! Sie sill’n assa kumma! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Helene und Hoffmann blicken einander an und lachen verständnißinnig, -dann blicken sie vereint auf Loth. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Ländlich, sittlich! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Frau Krause erscheint, furchtbar aufgedonnert. Seide -und kostbarer Schmuck. Haltung und Kleidung verrathen -Hoffahrt, Dummstolz, unsinnige Eitelkeit. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ah! da ist Mama! — Du gestattest, -daß ich Dir meinen Freund <span class="antiqua-optional">Dr.</span> Loth vorstelle. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">macht einen undefinirbaren Knix</span>. Ich bin so -frei! <span class="dir">Nach einer kleinen Pause.</span> Nein, aber auch, Herr Doktor, -nahmen Sie mir’s ock bei Leibe nicht ibel! Ich muß -mich zuerscht muß ich mich vor Ihn’n vertefentiren, — -<span class="dir">sie spricht je länger, um so schneller</span> — vertefentiren wegen meiner -vorhinigten Benehmigung. Wissen Se, verstihn Se, es -komm’ ein der Drehe bei uns eine so ane grußmächtige -Menge Stremer .... Se kinn’s ni gleba, ma hoot -mit dan Battelvulke seine liebe Noth. A su enner, dar -maust akrat wie a Ilster. Uf da Pfennig kimmt’s ins -ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol rimzudrehn, -an ken’n Thoaler nich, ebb ma’n ausgibbt. De -Krausa-Ludwig’n, <em>die</em> iis geizig, schlimmer wie a Homster -egelganz, di ginnt ke’m Luder nischt. Ihrer is gesturba -aus Arjer, weil a lumpigte zwetausend ei Brassel verloern -hoot. Ne, ne! a su sein mir dorchaus nicht. Sahn -Se, doas Buffett kust’t mich zwehundert Thoaler, a Transpurt -ni gerechnet; na, d’r Beron Klinkow keans au ne -andersch honn. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -<em>Frau Spiller</em> ist kurz nach Frau Krause ebenfalls eingetreten. -Sie ist klein, schief und mit den zurückgelegten Sachen -der Frau Krause herausgestutzt. Während Frau Krause spricht, -hält sie mit einer gewissen Andacht die Augen zu ihr aufgeschlagen. -Sie ist etwa fünfundfünfzig Jahre alt; ihr Ausathmen geschieht -jedesmal mit einem leisen Stöhnen, welches auch, wenn sie -redet, regelmäßig wie—m—hörbar wird. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">mit unterwürfigem, wehmüthig geziertem <span class="antiqua">moll</span>-Ton, -sehr leise</span>. Der Baron Klinkow haben genau dasselbe -Buffet—m—. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">zu Frau Krause</span>. Mama! wollen wir uns nicht -erst setzen, dann ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">wendet sich blitzschnell und trifft Helene mit einem -vernichtenden Blick; kurz und herrisch</span>. <em>Schickt sich doas?</em> <span class="dir">Frau -Krause, im Begriff sich zu setzen, erinnert sich, daß das Tischgebet noch nicht -gesprochen ist und faltet mechanisch, doch ohne ihrer Bosheit im Uebrigen -Herr zu sein, die Hände.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">spricht das Tischgebet</span>. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Komm, Herr Jesu, sei unser Gast.</p> - <p class="verse">Segne, was du uns bescheeret hast.</p> - <p class="verse">Amen.</p> - </div> - </div> -</div> - -<div class="dir"> -<p> -Alle setzen sich mit Geräusch. Mit dem Zulangen und -Zureichen, welches einige Zeit in Anspruch nimmt, kommt man -über die peinliche Situation hinweg. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Lieber Freund, Du bedienst Dich -wohl?! Austern? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, will probiren. Es sind die ersten -Austern, die ich esse. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">hat soeben eine Auster geschlürft. Mit vollem -Mund.</span> In dar Seisong, mein’n Se woll? -</p> - -<p> -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich meine <em>überhaupt</em>. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Frau Krause und Frau Spiller wechseln Blicke. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Kahl, der eine Citrone mit den Zähnen auspreßt</span>. -Zwei Tage nicht gesehen, Herr Kahl! Tüchtig Mäuse gejagt -in der Zeit? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> N... n.. ne! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Herr Kahl ist nämlich ein leidenschaftlicher -Jäger. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> D.. d. die M.. mm.. maus, das ist -’n in... in.. infamtes Am.. am.. amf ff.. -fibium. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">platzt heraus</span>. Zu lächerlich ist das, alles schießt -er todt, Zahmes und Wildes. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> N.. nächten hab ich d.. d.. die alte -Szss.. sau vu ins t.. todt g.. g.. geschossen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Da ist wohl schießen Ihre Hauptbeschäftigung? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Herr Kahl thut’s ock bloßig zum -Prifatvergnigen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Wald, Wild, Weib pflegten Seine -Exellenz der Herr Minister von Schadendorf oftmals zu -sagen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> I.. i.. iberm.. m.. murne hab’n mer -T.. t.. tau.. t.. taubenschießen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was ist denn das: Taubenschießen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, ich kann so was nicht leiden; es ist -doch nichts als eine recht unbarmherzige Spielerei. Ungezogene -Jungens, die mit Steinen nach Fensterscheiben -zielen, thun etwas Besseres. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Du gehst zu weit, Helene. -</p> - -<p> -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich weiß nicht —, meinem Gefühl nach -hat es weit mehr Sinn, Fenster einzuschmeißen, als Tauben -an einem Pfahl festzubinden und dann mit Kugeln nach -ihnen zu schießen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na, Helene, — man muß doch aber -bedenken .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">irgend etwas mit Messer und Gabel schneidend</span>. Es ist -ein schandhafter Unfug. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Um die p. poar Tauba ....! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Der Herr Kahl — m —, -müssen Sie wissen, haben zweihundert Stück im Schlage. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Die ganze Jagd ist ein Unfug. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber ein unausrottbarer. Da werden -zum Beispiel eben jetzt wieder fünfhundert lebende Füchse -gesucht; alle Förster hier herum und auch sonst in Deutschland -verlegen sich aufs Fuchsgraben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was macht man denn mit den vielen -Füchsen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Sie kommen nach England, wo sie die -Ehre haben, von Lord und Ladys gleich vom Käfig weg -zu Tode gehetzt zu werden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Muhamedaner oder Christ, Bestie bleibt Bestie. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Darf ich Dir Hummer reichen, Mama? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Meinswegen, ei dieser Seisong sind -se sehr gutt! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Gnädige Frau haben eine so feine -Zunge — m —! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Hummer ha’n Sie woll auch -noch nich gegassen. Herr Dukter? -</p> - -<p> -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, Hummer habe ich schon hin und wieder -gegessen —, an der See oben, in Warnemünde, wo ich -geboren bin. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">zu Kahl</span>. Gell, Wilhelm, ma weeß wirklich’n -Gott manchmal nich mee, was ma assen sull? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> J.. j.. ja, w.. w.. weeß ... weeß G.. Gott, -Muhme. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard</span> <span class="dir">will Loth Champagner eingießen</span>. Champagner. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">hält sein Glas zu</span>. Nein! ... danke! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> — Mach’ keinen Unsinn. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wie, Sie trinken nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, Fräulein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na, <em>hör’</em> mal an: das ist aber doch ... -das ist <em>lang</em>weilig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenn ich tränke, würde ich noch langweiliger -werden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Das ist interessant, Herr Doktor. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">ohne Tact</span>. Daß ich langweiliger werde, wenn -ich Wein trinke? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">etwas betreten</span>. Nein, ach nein, daß .... daß -Sie nicht trinken ...., daß Sie überhaupt nicht trinken, -meine ich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Warum soll das interessant sein? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">sehr roth werdend</span>. Es ist .... ist nicht das -Gewöhnliche. <span class="dir">Wird noch röther und sehr verlegen.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">tollpatschig</span>. Da haben Sie recht, leider. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">zu Loth</span>. De Flasche kust uns fufza -Mark, Sie kinn’ a dreiste trink’n. Direct vu Rheims iis -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -a, mir satz’n Ihn gewiß nischt Schlechtes vier, mir mieja -salber nischt Schlechtes. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Ach, glauben Sie mich, — m —, -Herr Doktor, wenn Seine Exellenz der Herr Minister -von Schadendorf — m — so eine Tafel geführt hätten .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Ohne men’n Wein kennt ich nich laben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">zu Loth</span>. Sagen Sie uns doch, warum Sie -nicht trinken! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das kann gerne geschehen, ich .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ae, was! alter Freund! <span class="dir">Er nimmt dem -Diener die Flasche ab, um nun seinerseits Loth zu bedrängen.</span> Denk’ -dran, wie manche hochfidele Stunde wir früher mit einander -... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, bitte bemühe Dich nicht, es ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Trink <em>heut</em> mal! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist alles vergebens. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mir zu Liebe! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Hoffmann will eingießen, Loth wehrt ab; es entsteht ein -kleines Handgemenge. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein! ... nein, wie gesagt ... nein! ... nein, -danke. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber <em>nimm</em> mir’s nicht übel ... das -ist eine Marotte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">zu Fr. Spiller</span>. Wer nich will, dar hat schunn. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">nickt ergeben</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Uebrigens, des Menschen Wille ... und -so weiter. So viel sage ich nur: ohne ein Glas Wein -bei Tisch ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ein Glas Bier zum Frühstück ... -</p> - -<p> -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun ja, warum nicht? Ein Glas Bier -ist was sehr gesundes. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ein Cognac hie und da ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na, wenn man das nicht mal haben -sollte ... zum Asceten machst Du mich nun und nimmer. -Das heißt ja dem Leben allen Reiz nehmen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das kann ich nicht sagen. Ich bin mit den -<em>normalen</em> Reizen, die mein Nervensystem treffen, durchaus -zufrieden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Eine Gesellschaft, die trockenen Gaumens -beisammen hockt, ist und bleibt eine verzweifelt öde und -langweilige —, für die ich mich im Allgemeinen bedanke. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Bei a Adlijen wird doch auch a so -viel getrunk’n. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">durch eine Verbeugung des Oberkörpers ergebenst -bestätigend</span>. Es ist Schentelmen leicht viel Wein zu trinken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">zu Hoffmann</span>. Mir geht es umgekehrt; mich -<em>langweilt</em> im Allgemeinen eine Tafel, an der <em>viel</em> -getrunken wird. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Es muß natürlich mäßig geschehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was nennst Du mäßig? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun, ... daß man noch immer bei -Besinnung bleibt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aaah! ... also Du giebst zu: die Besinnung -ist im Allgemeinen durch den Alkohol-Genuß sehr gefährdet. -— Siehst Du! deshalb sind mir Kneiptafeln — langweilig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Fürchtest Du denn, so leicht Deine Besinnung -zu verlieren? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Iiii..... i.. ich habe n. n. neulich ene -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -Flasche Rrr... r... rü.. rüd.. desheimer, ene Flasche -Sssssekt get.. t.. trunken. Oben drauf d.. d.. d.. -dann nnoch eine Flasche B.. b... bordeaux, aber besuffen -woar ich no n.. nich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">zu Hoffmann</span>. Ach nein, Du weißt ja wohl, daß -ich es war, der Euch nach Hause brachte, wenn Ihr Euch -übernommen hattet. Ich hab immer noch die alte Bärennatur: -nein, <em>deshalb</em> bin ich nicht so ängstlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Weshalb denn sonst? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, warum trinken Sie denn eigentlich -nicht? Bitte, sagen Sie es doch. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">zu Hoffmann</span>. Damit Du doch beruhigt bist: ich -trinke heut schon deshalb nicht, weil ich mich ehrenwörtlich -verpflichtet habe, geistige Getränke zu meiden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mit anderen Worten, Du bist glücklich -bis zum Mäßigkeitsvereinshelden herabgesunken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich bin völliger Abstinent. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Und auf wie lange, wenn man fragen -darf, machst Du diese .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Auf Lebenszeit. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">wirft Gabel und Messer weg und fährt halb vom -Stuhle auf</span>. Pf! gerechter Strohsack!! <span class="dir">Er setzt sich wieder.</span> Offen -gesagt, für so kindisch ... verzeih das harte Wort. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du kannst es gerne so benennen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wie in aller Welt bist Du nur <em>darauf -gekommen</em>? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Für so etwas müssen Sie einen sehr gewichtigen -Grund haben — denke ich mir wenigstens. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Der existirt allerdings. Sie, Fräulein! -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -— und Du, Hoffmann! weißt wahrscheinlich nicht, welche -furchtbare Rolle der Alkohol in unserem modernen -Leben spielt ... Lies <em>Bunge</em>, wenn Du Dir einen -Begriff davon machen willst. — Mir ist noch gerade in -Erinnerung, was ein gewisser Everett über die Bedeutung -des Alkohols für die Vereinigten Staaten gesagt -hat. — Notabene, es bezieht sich auf einen Zeitraum -von zehn Jahren. Er meint also: der Alkohol -hat direct eine Summe von 3 Milliarden und indirect -von 600 Millionen Dollars verschlungen. Er hat -300000 Menschen getödtet, 100000 Kinder in die -Armenhäuser geschickt, weitere Tausende in die Gefängnisse -und Arbeitshäuser getrieben, er hat mindestens -2000 Selbstmorde verursacht. Er hat den Verlust von -mindestens 10 Millionen Dollars durch Brand und gewaltsame -Zerstörung verursacht, er hat 20000 Wittwen -und schließlich nicht weniger als 1 Million Waisen geschaffen. -Die Wirkung des Alkohols, das ist das Schlimmste, -äußert sich so zu sagen bis in’s dritte und vierte Glied. -— Hätte ich nun das ehrenwörtliche Versprechen abgelegt, -nicht zu heirathen, dann könnte ich schon eher trinken, so -aber ... meine Vorfahren sind alle gesunde, kernige -und wie ich weiß, äußerst mäßige Menschen gewesen. -Jede Bewegung, die ich mache, jede Strapaze, die ich -überstehe, jeder Athemzug gleichsam führt mir zu Gemüth, -was ich ihnen verdanke. Und dies, siehst Du, ist -der Punkt: <em>ich bin absolut fest entschlossen die -Erbschaft, die ich gemacht habe, ganz ungeschmälert -auf meine Nachkommen zu bringen</em>. -</p> - -<p> -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Du! — Schwiegersuhn! — inse -Bargleute saufen woarhaftig zu viel: doas muuß woar sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Die saufen wie d’ Schweine. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, so was vererbt sich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es giebt Familien, die daran zu Grunde -gehen, Trinkerfamilien. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">halb zu Frau Krause, halb zu Helene</span>. Euer Aaler, dar -treibt’s au a wing zu tull. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">weiß wie ein Tuch im Gesicht, heftig</span>. Ach, schwatzen -Sie keinen Unsinn! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Ne, doch hier enner a su ein patziges -Froovulk oa; a su ne Prinzessen. Hängst de wieder a -mol die Gnädige raus, wie? — A su fährt se a Zukinftigen -oa. <span class="dir">Zu Loth, auf Kahl deutend.</span> ’s is nämlich d’r -Zukinftige, missen Sie nahmen, Herr Dukter, ’s is alles -eim Renen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">aufspringend</span>. Hör auf! oder ... <em>hör auf</em>, -Mutter! oder ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Do hiert doch aber werklich ... -na, do sprecha Se, Herr Dukter, iis das wull Bildung, -hä? Weeß Gott, ich hal’ se wie mei egnes Kind, aber -die treib’s reen zu tull. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">beschwichtigend</span>. Ach, Mama! thu mir doch -den Gefallen .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Neee! <em>groade</em> — iich sah doas nich -ein — a su ane Goans wie die iis ... do hiert olle -Gerechtigkeit uff ... su ane Titte! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mama, ich muß Dich aber wirklich doch -jetzt bitten, Dich ... -</p> - -<p> -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">immer wüthender</span>. Stats doaß doas Froovulk -ei der Wertschoft woas oagreft ... bewoare ne! -Doa zeucht se an Flunsch biis hinger beede Leffel. — -Oaber da Schillerich, oaber a Gethemoan, a sune tummn -Scheißkarle, die de nischt kinn’n als lieja: vu dan’e läßt -sie sich a Kupp verdrehn. Urnar zum Kränke krieja iis -doas. <span class="dir">Schweigt bebend vor Wuth.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">begütigend</span>. Nun — sie wird ja nun -wieder .... es war ja vielleicht — nicht ganz recht ... -es ... <span class="dir">Giebt Helenen, die in Erregung abseits getreten ist, einen Wink, -auf den hin sich das Mädchen, die Thränen gewaltsam zurückhaltend, wieder -auf seinen <a id="corr-2"></a>Platz begiebt.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">das nunmehr eingetretene peinliche Schweigen unterbrechend -zu Loth</span>. Ja .. von was sprachen wir doch? ... -Richtig! — vom biederen Alkohol. <span class="dir">Er hebt sein Glas.</span> Nun, -Mama: Frieden! — Komm, stoßen wir an, — seien -wir friedlich, — machen wir dem Alkohol Ehre, indem -wir friedlich sind. <span class="dir">Frau Krause, wenn auch etwas widerwillig, stößt -doch mit ihm an. Hoffmann, zu Helene gewendet.</span> Was, Helene?! -— Dein Glas ist leer? ... Ei der Tausend, Loth! -Du hast Schule gemacht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach ... nein ... ich ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Mein gnädiges Fräulein, so etwas -läßt tief .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber Du warst doch sonst keine von -den Zimperlichen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">batzig</span>. Ich hab eben heut keine Neigung zum -Trinken, <em>einfach</em>! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Bitte, bitte, bitte <em>seeehr</em> um Verzeihung -... Ja, von was sprachen wir doch? -</p> - -<p> -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Wir sprachen davon, daß es Trinkerfamilien -gäbe. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">aufs Neue betreten</span>. Schon recht, schon recht, -aber ... -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Man bemerkt zunehmenden Aerger in dem Benehmen -der Frau Krause, während Herr Kahl sichtlich Mühe hat, das -Lachen über etwas, das ihn innerlich furchtbar zu amüsiren -scheint, zurückzuhalten. Helene beobachtet Kahl ihrerseits mit -brennenden Augen und bereits mehrmals hat sie durch einen -drohenden Blick Kahl davon zurückgehalten etwas auszusprechen, -was ihm so zu sagen auf der Zunge liegt. Loth, ziemlich -gleichmüthig, mit Schälen eines Apfels beschäftigt, bemerkt von -alledem nichts. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ihr scheint übrigens hier ziemlich damit gesegnet -zu sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">nahezu fassungslos</span>. Wieso ... mit ... mit -was gesegnet? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Mit Trinkern natürlicherweise. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Hm! ... meinst Du? ... ach ... -jaja ..., allerdings, die Bergleute ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nicht nur die Bergleute. Zum Beispiel -hier in dem Wirthshaus, wo ich abstieg, bevor ich zu -Dir kam, da saß ein Kerl so: <span class="dir">Er stützt beide Ellenbogen auf den -Tisch, nimmt den Kopf in die Hände und stiert auf die Tischplatte.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wirklich? <span class="dir">Seine Verlegenheit hat den höchsten -Grad erreicht; Frau Krause hustet, Helene starrt noch immer auf Kahl, -welcher jetzt am ganzen Körper vor innerlichem Lachen bebt, sich aber doch -noch so weit bändigt, nicht laut herauszuplatzen.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es wundert mich, daß Du dieses — Original -— könnte man beinahe sagen, noch nicht kennst. -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -Das Wirthshaus ist ja gleich hier nebenan das. Mir -wurde gesagt, es sei ein hiesiger steinreicher Bauer, der -seine Tage und Jahre buchstäblich in diesem selben Gastzimmer -mit Schnapstrinken zubrächte. Das reine Thier -ist er natürlich. Diese furchtbar öden, versoffenen Augen, -mit denen er mich anstierte. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Kahl, der bis hierher sich zurückgehalten hat, bricht in ein -rohes, lautes, unaufhaltsames Gelächter aus, so daß Loth und -Hoffmann, starr vor Staunen, ihn anblicken. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">unter dem Lachen hervorstammelnd</span>. Woahrhaftig! das -is ja ... das is ja woahrhaftig der ... der Alte gewesen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">ist entsetzt und empört aufgesprungen. Zerknüllt die Serviette -und schleudert sie auf den Tisch. Bricht aus.</span> Sie sind ... -— <span class="dir">macht die Bewegung des Ausspeiens</span> — <em>pfui</em>! <span class="dir">Sie geht schnell ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">die aus dem Bewußtsein eine große Dummheit gemacht zu -haben, entstandene Verlegenheit gewaltsam abreißend</span>. Ach woas! ... -Unsinn! ’s iis ju zu tumm! — Iich gieh menner Wege. -<span class="dir">Er setzt seinen Hut auf und sagt, indem er abgeht, ohne sich noch einmal -umzuwenden:</span> ’n Obend! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">ruft ihm nach</span>. Koan Der’sch nich verdenken, -Willem! <span class="dir">Sie legt die Serviette zusammen und ruft dabei.</span> Miele! -<span class="dir">Miele kommt.</span> Räum ab! <span class="dir">Für sich, aber doch laut.</span> Su ane -Gans. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">etwas aufgebracht</span>. Ich muß aber doch ehrlich -sagen, Mama! .. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Mahr Dich aus. <span class="dir">Steht auf, schnell ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Die gnädige Frau — m — haben -heut manches häusliche Aergerniß gehabt — m —. Ich -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> -empfehle mich ganz ergebenst. <span class="dir">Sie steht auf und betet still, unter -Augenaufschlag, dann ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Miele und Eduard decken den Tisch ab. Hoffmann ist aufgestanden -und kommt mit einem Zahnstocher im Mund nach dem -Vordergrund, Loth folgt ihm. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ja, siehst Du, so sind die Weiber! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich begreife gar nichts von alledem. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ist auch nicht der Rede werth. — So -etwas kommt wie bekannt in den allerfeinsten Familien -vor. Das darf Dich nicht abhalten ein paar Tage bei uns ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hätte gern Deine Frau kennen gelernt, warum -läßt sie sich denn nicht blicken? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">die Spitze einer frischen Cigarre abschneidend</span>. Du -begreifst, in ihrem Zustand ... die Frauen lassen nun -mal nicht von der Eitelkeit. Komm! wollen uns draußen -im Garten bischen ergehen. — Eduard! den Kaffee in -die Laube. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Sehr wohl. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Hoffmann und Loth ab durch den Wintergarten. Eduard -ab durch die Mittelthür, hierauf Miele, ein Brett voll Geschirr -tragend, ebenfalls ab durch die Mittelthür. Einige Augenblicke -bleibt das Zimmer leer, dann erscheint -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">erregt, mit verweinten Augen, das Taschentuch vor den -Mund haltend. Von der Mittelthür, durch welche sie eingetreten ist, macht -sie hastig ein paar Schritte nach links und lauscht an der Thür von Hoffmann’s -Zimmer.</span> Oh! nicht fort! <span class="dir">Da sie hier nichts vernimmt, -fliegt sie zur Thür des Wintergartens hinüber, wo sie ebenfalls mit gespanntem -Ausdruck einige Secunden lauscht. Bittend und mit gefalteten -Händen inbrünstig.</span> Oh! nicht fort, geh nicht fort! -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Der Vorhang fällt. -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-4"> -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -Zweiter Akt. -</h2> - -<div class="centerpic" id="img-046"> -<img src="images/046.jpg" alt="" /></div> - -<div class="dir scene"> -<p class="center"> -Morgens gegen vier Uhr. -</p> - -<p> -Im Wirthshaus sind die Fenster erleuchtet, ein grau-fahler -Morgenschein durch den Thorweg, der sich ganz allmählich im -Laufe des Vorgangs zu einer dunklen Röthe entwickelt, die sich -dann, eben so allmählich, in helles Tageslicht auflöst. Unter dem -Thorweg, auf der Erde sitzt <em>Beibst</em> (etwa 60jährig) und dengelt -seine Sense. Wie der Vorhang aufgeht, sieht man kaum mehr als -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> -seine Silhouette, die gegen den grauen Morgenhimmel absticht, -vernimmt aber das eintönige, ununterbrochene, regelmäßige Aufschlagen -des Dengelhammers auf den Dengelambos. Dieses Geräusch -bleibt während einiger Minuten allein hörbar, hierauf die -feierliche Morgenstille, unterbrochen durch das Geschrei aus dem -Wirthshaus abziehender Gäste. Die Wirthshausthür fliegt -krachend ins Schloß. Die Lichter in den Fenstern verlöschen. -Hundebellen fern, Hähne krähen laut durcheinander. Auf dem -Gange vom Wirthshaus her wird eine dunkle Gestalt bemerklich, -dieselbe bewegt sich in Zickzacklinien dem Hofe zu; es ist der -Bauer Krause, welcher wie immer als letzter Gast das Wirthshaus -verlassen hat. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Bauer Krause</span> <span class="dir">ist gegen den Gartenzaun getaumelt, klammert -sich mit den Händen daran fest und brüllt mit einer etwas näselnden, betrunkenen -Stimme nach dem Wirthshaus zurück</span>. ’s Gaartla iis <em>mei</em>—ne! -... d’r Kratsch’m iis <em>mei</em>—ne ... du Gostwerthlops! -Dohie hä! <span class="dir">Er macht sich, nachdem er noch einiges Unverständliche -gemurmelt und geknurrt hat, vom Zaune los und stürzt in den Hof, -wo er glücklich den Sterzen eines Pfluges zu fassen bekommt.</span> ’s ’Gittla -iis <em>mei</em>—ne. <span class="dir">Er quasselt halb singend.</span> Trink ... ei ... Briderla, -trink ... ei ... ’iderla, Branntw... wwein ... -’acht Kurasche. Dohie hä — <span class="dir">laut brüllend</span> — bien iich nee a -hibscher Moan? .... Hoa iich nee a hibsch Weibla -dohie hä? ... Hoa iich nee a poar hibsche Madel? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">kommt hastig aus dem Hause. Man sieht, sie hat an -Kleidern nur umgenommen, soviel in aller Eile ihr möglich gewesen war.</span> -Papa! ... lieber Papa!! so komm doch schon. <span class="dir">Sie faßt -ihn unterm Arm, versucht ihn zu stützen und ins Haus zu ziehen.</span> K—omm -doch ... nur ... schn—ell in’s Haus, komm doch n—ur -schn—ell! Ach! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Bauer Krause</span> <span class="dir">hat sich aufgerichtet, versucht gerade zu stehen, -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -bringt mit einiger Mühe und unter Zuhilfenahme beider Hände einen -ledernen, strotzenden Geldbeutel aus der Tasche seiner Hose. In dem ein -wenig helleren Morgenlichte erkennt man die sehr schäbige Bekleidung des -etwa 50jährigen Mannes, die um nichts besser ist, als die des allergeringsten -Landarbeiters. Er ist im bloßen Kopf, sein graues, spärliches Haar ungekämmt -und struppig. Das schmutzige Hemd steht bis auf den Nabel herab -weit offen; an einem einzigen gestickten Hosenträger hängt die ehemals gelbe, -jetzt schmutzig glänzende, an den Knöcheln zugebundene Lederhose; die nackten -Füße stecken in einem Paar gestickter Schlafschuhe, deren Stickerei noch sehr -neu zu sein scheint. Jacke und Weste trägt der Bauer nicht, die Hemdärmel -sind nicht zugeknöpft. Nachdem er den Geldbeutel glücklich herausgebracht -hat, setzt er ihn mit der rechten mehrmals auf die Handfläche der linken -Hand, so daß das Geld darin laut klimpert und klingt, dabei fixirt er seine -Tochter mit lascivem Blicke.</span> Dohie hä! ’s Gald iis <em>mei</em>—neee! -hä? Mech’st a poar Thoalerla? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, gr—oßer Gott! <span class="dir">Sie versucht mehrmals -vergebens, ihn mitzuziehen. Bei einem dieser Versuche umarmt er sie mit -der Plumpheit eines Gorillas und macht einige unzüchtige Griffe. Helene -stößt unterdrückte Hilfeschreie aus.</span> Gl—eich läßt Du l—os! Laß -l—os! bitte, Papa, ach! <span class="dir">Sie weint, schreit dann, plötzlich in äußerster -Angst, Abscheu und Wuth:</span> Thier, Schwein! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Sie stößt ihn von sich. Der Bauer fällt langhin auf die -Erde. Beibst kommt von seinem Platz unter dem Thorweg herbeigehinkt. -Helene und Beibst machen sich daran, den Bauer aufzuheben. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Bauer Krause</span> <span class="dir">lallt</span>. Tr—ink mei Bri’erla, tr— ... -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Der Bauer wird aufgehoben und stürzt, Beibst und Helene -mit sich reißend, in das Haus. Einen Augenblick bleibt die -Bühne leer. Im Hause hört man Lärm, Thürenschlagen. In -einem Fenster wird Licht, hierauf kommt Beibst wieder aus dem -Hause. Er reißt an seiner Lederhose ein Schwefelholz an, um -die kurze Pfeife, welche ihm fast nie aus dem Munde kommt, -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> -damit in Brand zu stecken. Als er damit noch beschäftigt ist, -schleicht <em>Kahl</em> aus der Hausthüre. Er ist in Strümpfen, hat -sein Jaquet über dem linken Arm hängen und trägt mit der -linken Hand seine Schlafschuhe. Mit der rechten hält er seinen -Hut, mit dem Munde seinen Hemdkragen. Etwa bis in die -Mitte des Hofes gelangt, wendet er sich und sieht das Gesicht -des Beibst auf sich gerichtet. Einen Augenblick scheint er unschlüssig, -dann bringt er Hut und Hemdkragen in der Linken -unter, greift in die Hosentasche und geht auf Beibst zu, dem er -etwas in die Hand drückt. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Do hot ’r an Thoaler .... oaber halt’t -Eure Gusche! <span class="dir">Er geht eiligst über den Hof und steigt über den -Staketenzaun rechts. Ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Beibst</em> hat mittels eines neuen Streichholzes seine Pfeife -angezündet, hinkt bis unter den Thorweg, läßt sich nieder und -nimmt seine Dengelarbeit von Neuem auf. Wieder eine Zeit -lang nichts als das eintönige Aufschlagen des Dengelhammers -und das Aechzen des alten Mannes, von kurzen Flüchen unterbrochen, -wenn ihm etwas bei seiner Arbeit nicht nach Wunsch -geht. Es ist um ein Beträchtliches heller geworden. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir"><a id="corr-3"></a>tritt aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut mehrere -tiefe Athemzüge</span>. H! .. h! .. Morgenluft! <span class="dir">Er geht langsam nach dem -Hintergrunde zu bis unter den Thorweg. Zu Beibst.</span> Guten Morgen! -Schon so früh wach? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">mißtrauisch aufschielend, unfreundlich</span>. ’Murja! <span class="dir">Kleine -Pause, hierauf Beibst, ohne Loth’s Anwesenheit weiter zu beachten, gleichsam -im Zwiegespräch mit seiner Sense, die er mehrmals aufgebracht hin und herreißt.</span> -Krummes Oos! na, werd’s glei?! Ekch! Himmeldunnerschlag -ja! <span class="dir">Er dengelt weiter.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">hat sich zwischen die Sterzen eines Exstirpators niedergelassen</span>. -Es giebt wohl Heuernte heut? -</p> - -<p> -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">grob</span>. De Äsel gihn ei’s Hä itzunder. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, Ihr dengelt doch aber die Sense ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">zur Sense</span>. Ekch! tumme Dare. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Kleine Pause, hierauf. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wollt Ihr mir nicht sagen, wozu Ihr die -Sense scharf macht, wenn doch nicht Heuernte ist? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Na, — braucht ma ernt keene Sahnse -zum Futter macha? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ach so! Futter soll also geschnitten werden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Woas d’n suste? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wird das alle Morgen geschnitten? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Na! — sool’s Viech derhingern? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ihr müßt schon ’n bischen Nachsicht mit mir -haben! Ich bin eben ein Städter; da kann man nicht -alles so genau wissen von der Landwirthschaft. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Die Staadter glee — ekch! — de Staadter, -die wissa doo glee oals besser wie de Mensche vum -Lande, hä? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das trifft bei mir nicht zu. — Könnt Ihr -mir vielleicht nicht erklären, was das für ein Instrument -ist? Ich hab’s wohl schon mal wo gesehen, aber der -Name ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Doasjenigte, uf dan Se sitza?! Woas ma -su soat Extrabater nennt ma doas. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Richtig, ein Exstirpator; wird der hier auch -gebraucht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Leeder Goott’s, nee. — A läßt a verludern -... a ganza Acker, reen verludern läßt a’n, d’r -Pauer. A Oarmes mecht a Flecka hoa’nn — ei insa Bärta -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -wächst kee Getreide — oaber nee, lieberscht läßt a’n verludern! -— Nischt thit wachsa, ok blußig Seide und Quecka. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, die kriegt man schon damit heraus. -Ich weiß, bei den Ikariern hatte man auch solche Exstirpatoren, -um das urbar gemachte Land vollends zu -reinigen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Wu sein denn die I..., wie Se glei -soa’n, I... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Die Ikarier? In Amerika. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Doo gibbts an schunn a sune Dinger? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja freilich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Woas iis denn doas fer a Vulk: die -I... I... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Die Ikarier? — Es ist gar kein besonderes -Volk; es sind Leute aus allen Nationen, die sich zusammen -gethan haben; sie besitzen in Amerika ein hübsches -Stück Land, das sie gemeinsam bewirthschaften; alle Arbeit -und allen Verdienst theilen sie gleichmäßig. Keiner ist -arm, es giebt keine Armen unter ihnen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span>, <span class="dir">dessen Gesichtsausdruck ein wenig freundlicher geworden war, -nimmt bei den letzten Worten Loth’s wieder das alte mißtrauisch feindselige -Gepräge an; ohne Loth weiter zu beachten, hat er sich neuerdings wieder -ganz seiner Arbeit zugewendet und zwar mit den Eingangsworten</span>: Oost -vu enner Sahnse! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span>, <span class="dir">immer noch sitzend, betrachtet den Alten zuerst mit einem -ruhigen Lächeln und blickt dann hinaus in den erwachenden Morgen. Durch -den Thorweg erblickt man weitgedehnte Kleefelder und Wiesenflächen; -zwischendurch schlängelt sich ein Bach, dessen Lauf durch -Erlen und Weiden verrathen wird. Am Horizonte ein einzelner -Bergkegel. Allerorten haben die Lerchen eingesetzt, und ihr ununterbrochenes -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -Getriller schallt bald näher, bald ferner her bis -in den Gutshof herein. Jetzt erhebt sich Loth mit den Worten:</span> -Man muß spazieren geh’n, der Morgen ist zu prächtig. -<span class="dir">Er geht durch den Thorweg hinaus. — Man hört das Klappen -von Holzpantinen. Jemand kommt sehr schnell über die Bodentreppe -des Stallgebäudes herunter: es ist <em>Guste</em>.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Guste</span>, <span class="dir">eine ziemlich dicke Magd: bloßes Mieder, nackte Arme und -Waden, die bloßen Füße in Holzpantinen. Sie trägt eine brennende Laterne.</span> -Guda Murja, Voater Beibst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">brummt</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Guste</span> <span class="dir">blickt, die Augen mit der Hand beschattend, durch das Thor -Loth nach</span>. Woas iis denn doas fer enner? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">verärgert</span>. Dar koan Battelleute zum Noarr’n -hoa’nn ... dar leugt egelganz wie a Forr... vu dan -luuß der de Hucke vuul liega. <span class="dir">Beibst steht auf.</span> Macht enk -de Roawer zerecht, Madel. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Guste</span>, <span class="dir">welche dabei war, ihre Waden am Brunnen abzuwaschen, ist -damit fertig und sagt, bevor sie im Innern des Kuhstalls verschwindet</span>: -Glei, glei! Voater Beibst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">kommt zurück, giebt Beibst Geld</span>. Da ist ’ne Kleinigkeit. -Geld kann man immer brauchen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">aufthauend, wie umgewandelt, mit aufrichtiger Gemüthlichkeit</span>. -Ju, ju! do ha’n Se au recht ... na da dank ich au -vielmools. — Se sein wull d’r Besuch zum Schwiegersuhne? -<span class="dir">Auf einmal sehr gesprächig.</span> Wissa Se: wenn Se, und -Se wull’n da naus gihn auf a Barch zu, wissa Se, do -haal’n Se siich links, wissa Se, zängst ’nunder links, -rechts gibt’s Risse. Mei Suhn meente, ’s käm do dervoone, -meent’ a, weil se zu schlecht verzimmern thäten, -meent’ a, de Barchmoanne, ’s soatzt zu wing Luhn, -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -meent’ a, und do giht’s ok a su: woas hust’de, woas -koanst’de, ei a Gruba, verstiehn Se. — Sahn Se! — -doo! — immer links, rechts gibt’s Lecher. Vurigtes -Johr erscht iis a Putterweib, wie se ging und stoand iis -se ei’s Ardreich versunka, iich wiß nee amool, <em>wie</em> viel -Kloaftern tief. Kee Mensch wußte wuhie — wie gesoa’t, -links, immer links, doo gihn Se sicher. <span class="dir">Ein Schuß fällt, Beibst, -wie electrisirt, hinkt einige Schritt in’s Freie.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wer schießt denn da schon so frühe? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Na, war denn suste? — d’r Junge, dar -meschante Junge. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Welcher Junge denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Na, Kahl-Willem — d’r Nupperschsuhn -... Na woart ok blußig due! Ich hoa’s gesahn, a -schißt meiner Gitte de Lärcha. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ihr hinkt ja. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Doaß ’s Goot erbarm’, ja. <span class="dir">Droht mit der -Faust nach dem Felde.</span> Na woart’ Du! woart’ Du! ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was habt Ihr denn mit dem Bein gemacht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Iich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> ’s iis a su ’nei kumma. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Habt Ihr Schmerzen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">nach dem Bein greifend</span>. ’S zerrt a su, ’s zerrt -infamt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Habt Ihr keinen Arzt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Wissa Se, — de Dukter, doas sein Oaffa, -enner wie d’r andere! — Blußig inse Dukter, doas iis -a ticht’er Moan. -</p> - -<p> -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Hat er Ihnen was genützt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Na — verlecht a klee wing wull au oam -Ende. A hoot mer’sch Been geknet’t: sahn Se, a su geknutscht -und gehackt un ... oaber nee!! derwegen nich! -— A iis ... na kurz un gutt, a hoot mit’n aarma Mensche -a Mitleed. — A keeft’n de Med’zin und a verlangt nischt. -A kimmt zu jeder Zeet ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie müssen sich das doch aber irgendwo -zugezogen haben?! Haben Sie immer so gehinkt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Nich die Oahnung! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dann verstehe ich nicht recht, es muß doch -eine Ursache ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst.</span> Weeß iich’s? <span class="dir">Er droht wieder mit der Faust.</span> -Woart ok Due! woart ok mit dem Geknackse. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">erscheint innerhalb seines Gartens. Er trägt in der rechten -eine Flinte am Lauf, seine linke Hand ist geschlossen. Ruft herüber.</span> -Guten Morjen ooch, Herr Dukter! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Loth geht quer durch den Hof auf ihn zu. Inzwischen hat -Guste sowie eine andere Magd mit Namen Liese je eine Radwer -zurecht gemacht, worauf Harke und Dunggabel liegen. Damit -fahren sie durch den Thorweg hinaus auf’s Feld, an Beibst -vorüber, der nach einigen grimmigen Blicken und verstohlenen -Zornesgesten zu Kahl hinüber seine Sense schultert und ihnen -nachhumpelt. Beibst und die Mägde ab. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">zu Kahl</span>. Guten Morgen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Wull’n ’S amol was hibsches sah’n? <span class="dir">Er -streckt den Arm mit der geschlossenen Hand über den Zaun.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">nähergehend</span>. Was haben Sie denn da? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Rootha See! <span class="dir">Er öffnet gleich darauf seine Hand.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Waas?! — es ist also wirklich wahr: Sie -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -schießen Lerchen! Nun für diesen Unfug, Sie nichtsnutziger -Bursche, verdienten Sie geohrfeigt zu werden, -verstehen Sie mich! <span class="dir">Er kehrt ihm den Rücken zu und geht quer -durch den Hof zurück, Beibst und den Mädchen nach. Ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">starrt Loth einige Augenblicke dumm verblüfft nach, dann -ballt er die Faust verstohlen, sagt</span>: Dukterluder! <span class="dir">wendet sich und -verschwindet rechts. — Während einiger Augenblicke bleibt der Hof leer.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Helene</em>, aus der Hausthür tretend, helles Sommerkleid, -großer Gartenhut. Sie blickt sich ringsum, thut dann einige -Schritte auf den Thorweg zu, steht still und späht hinaus. -Hierauf schlendert sie rechts durch den Hof und biegt in den -Weg ein, welcher nach dem Wirthshause führt. Große Packete -von allerhand Thee hängen zum Trocknen über dem Zaune: -daran riecht sie im Vorübergehen. Sie biegt auch Zweige von -den Obstbäumen und betrachtet die sehr niedrig hängenden, rothwangigen -Aepfel. Als sie bemerkt, daß Loth vom Wirthshaus -her ihr entgegen kommt, bemächtigt sich ihrer eine noch stärkere -Unruhe, so daß sie sich schließlich umwendet und vor Loth her -in den Hof zurückgeht. Hier bemerkt sie, daß der Taubenschlag -noch geschlossen ist und begiebt sich dorthin durch das kleine Zaunpförtchen -des Obstgartens. Noch damit beschäftigt, die Leine, -welche, vom Winde getrieben, irgendwo festgehakt ist, herunter -zu ziehen, wird sie von Loth, der inzwischen herangekommen ist -angeredet. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Guten Morgen, Fräulein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Guten Morgen! — Der Wind hat die -Schnur hinaufgejagt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Erlauben Sie! <span class="dir">Geht ebenfalls durch das Pförtchen, -bringt die Schnur herunter und zieht den Schlag auf. Die Tauben -fliegen aus.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich danke sehr. -</p> - -<p> -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">ist durch das Pförtchen wieder herausgetreten, bleibt aber -außerhalb des Zaunes und an diesen gelehnt stehen. Helene innerhalb -desselben. Nach einer kleinen Pause.</span> Pflegen Sie immer so früh -auf zu sein, Fräulein? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Das</em> eben — wollte ich Sie auch fragen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich —? nein! Die erste Nacht in einem -fremden Hause passirt es mir jedoch gewöhnlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wie ... kommt das? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich habe darüber noch nicht nachgedacht, es -hat keinen Zweck. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, wieso denn nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenigstens keinen ersichtlichen, praktischen -Zweck. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Also wenn Sie irgend etwas thun oder -denken, muß es einem praktischen Zweck dienen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz recht? Uebrigens ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Das hätte ich von Ihnen nicht gedacht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was, Fräulein? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Genau das meinte die Stiefmutter, als sie -mir vorgestern den Werther aus der Hand riß. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das ist ein dummes Buch. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Sagen Sie das nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das sage ich nochmal, Fräulein. Es ist -ein Buch für Schwächlinge. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Das</em> — kann wohl möglich sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie kommen Sie gerade auf <em>dieses</em> Buch? -Ist es Ihnen denn verständlich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich hoffe, ich ... zum Theil ganz gewiß. -Es beruhigt so, darin zu lesen. <span class="dir">Nach einer Pause.</span> Wenn’s -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -ein dummes Buch ist, wie Sie sagen, könnten Sie mir -etwas Besseres empfehlen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Le... lesen Sie ... noa! ... kennen Sie den -Kampf um Rom von Dahn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein! Das Buch werde ich mir aber nun -kaufen. Dient es einem praktischen Zweck? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Einem vernünftigen Zweck überhaupt. Es -malt die Menschen nicht wie sie sind, sondern wie sie -einmal werden sollen. Es wirkt vorbildlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">mit Ueberzeugung</span>. <em>Das ist schön.</em> <span class="dir">Kleine Pause, -dann.</span> Vielleicht geben Sie mir Auskunft, man redet so -viel von Zola und Ibsen in den Zeitungen: sind das -große Dichter? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es sind gar keine Dichter, sondern nothwendige -Uebel, Fräulein. Ich bin ehrlich durstig und -verlange von der Dichtkunst einen klaren, erfrischenden -Trunk. — Ich bin nicht krank. Was Zola und Ibsen -bieten, ist Medizin. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">gleichsam unwillkürlich</span>. Ach, dann wäre es doch -vielleicht für mich etwas. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">bisher theilweise, jetzt ausschließlich in den Anblick des -thauigen Obstgartens vertieft</span>. Es ist prächtig hier. Sehen -Sie, wie die Sonne über der Bergkuppe herauskommt. -— Viel Aepfel giebt es in Ihrem Garten: eine schöne -Ernte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Drei Viertel davon wird auch dies Jahr -wieder gestohlen werden. Die Armuth hier herum ist -zu groß. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie glauben gar nicht, wie sehr ich das Land -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -liebe! Leider wächst mein Weizen zum größten Theile in -der Stadt. Aber nun will ich’s mal durchgenießen, das -Landleben. Unsereiner hat so ’n bischen Sonne und Frische -mehr nöthig als sonst Jemand. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">seufzend</span>. Mehr nöthig, als .... inwiefern? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Weil man in einem harten Kampfe steht, dessen -Ende man nicht erleben kann. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Stehen wir anderen <em>nicht</em> in einem solchen -Kampfe? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Aber — in einem Kampfe — stehen wir -doch auch?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Natürlicherweise! aber der kann enden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> <em>Kann</em> — da haben Sie recht! — und -wieso kann der nicht endigen — der, den Sie kämpfen, -Herr Loth? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ihr Kampf, das kann nur ein Kampf sein -um persönliches Wohlergehen. Der Einzelne kann dies, -so weit menschenmöglich, erreichen. Mein Kampf ist ein -Kampf um das Glück aller; sollte ich glücklich sein, so -müßten es erst alle anderen Menschen um mich herum -sein; ich müßte um mich herum weder Krankheit noch -Armuth, weder Knechtschaft noch Gemeinheit sehen. -Ich könnte mich so zu sagen nur als letzter an die -Tafel setzen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">mit Ueberzeugung</span>. <em>Dann sind Sie ja ein -sehr, sehr guter Mensch!</em> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">ein wenig betreten</span>. Verdienst ist weiter nicht dabei, -Fräulein, ich bin so veranlagt. Ich muß übrigens -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -sagen, daß mir der Kampf im Interesse des Fortschritts -doch große Befriedigung gewährt. Eine Art Glück, die -ich weit höher anschlage, als die, mit der sich der gemeine -Egoist zufrieden giebt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Es giebt wohl nur sehr wenige Menschen, -die so veranlagt sind. — Es muß ein Glück sein, mit -solcher Veranlagung geboren zu sein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Geboren wird man wohl auch nicht damit. -Man kommt dazu durch die Verkehrtheit unserer -Verhältnisse, scheint mir; — nur muß man für das -Verkehrte einen Sinn haben: <em>das</em> ist es! Hat man -den und leidet man so bewußt unter den verkehrten -Verhältnissen, dann wird man mit Nothwendigkeit zu dem, -was ich bin. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wenn ich Sie nur besser .... welche -Verhältnisse nennen Sie zum Beispiel verkehrt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist zum Beispiel verkehrt, wenn der -im Schweiße seines Angesichts Arbeitende hungert und -der Faule im Ueberflusse leben darf. — Es ist verkehrt, -den Mord im Frieden zu bestrafen und den Mord im -Krieg zu belohnen. Es ist verkehrt, den Henker zu -verachten und selbst, wie es die Soldaten thun, mit einem -Menschenabschlachtungs-Instrument, wie es der Degen -oder der Säbel ist, an der Seite stolz herumzulaufen. -Den Henker, der das mit dem Beile thäte, würde -man zweifelsohne steinigen. Verkehrt ist es dann, -die Religion Christi, diese Religion der Duldung, Vergebung -und Liebe, als Staatsreligion zu haben und -dabei ganze Völker zu vollendeten Menschenschlächtern -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -heranzubilden. Dies sind einige unter Millionen, müssen -Sie bedenken. Es kostet Mühe, sich durch alle diese -Verkehrtheiten hindurchzuringen; man muß früh anfangen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wie sind Sie denn nur so auf alles dies -gekommen? Es ist so einfach und doch kommt man nicht -darauf. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich mag wohl durch meinen Entwickelungsgang -darauf gekommen sein, durch Gespräche mit Freunden, -durch Lecture, durch eigenes Denken. Hinter die erste -Verkehrtheit kam ich als kleiner Junge. Ich log mal -sehr stark und bekam dafür die schrecklichsten Prügel von -meinem Vater. Kurz darauf fuhr ich mit ihm auf der -Eisenbahn, und da merkte ich, daß mein Vater auch log -und es für ganz selbstverständlich hielt, zu lügen; ich -war damals fünf Jahre und mein Vater sagte dem -Schaffner, ich sei noch nicht vier, der freien Fahrt halber, -welche Kinder unter vier Jahren genießen. Dann sagte -der Lehrer auch mal: sei fleißig, halt Dich brav, dann -wird es Dir auch unfehlbar gut gehen im Leben. Der -Mann lehrte uns eine Verkehrtheit, dahinter kam ich -sehr bald. Mein Vater war brav, ehrlich, durch und -durch bieder, und ein Schuft, der noch jetzt als reicher -Mann lebt, betrog ihn um seine paar Tausend Thaler. -Bei eben diesem Schuft, der eine große Seifenfabrik besaß, -mußte mein Vater sogar, durch die Noth getrieben, -in Stellung treten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Unsereins wagt es gar nicht — wagt -es gar nicht, so etwas für verkehrt anzusehen, höchstens -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -ganz im Stillen empfindet man es. Man empfindet es -oft sogar, und dann — wird einem ganz verzweifelt zu -Muth. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich erinnere mich einer Verkehrtheit, die mir -ganz besonders klar als solche vor Augen trat. Bis -dahin glaubte ich: der Mord werde unter allen Umständen -als ein Verbrechen bestraft; danach wurde mir jedoch klar, -daß nur die milderen Formen des Mordes ungesetzlich sind. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wie wäre das wohl .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Mein Vater war Siedemeister, wir wohnten -dicht an der Fabrik, unsere Fenster gingen auf den -Fabrikhof. Da sah ich auch noch manches außerdem. -Es war ein Arbeiter, der fünf Jahre in der Fabrik gearbeitet -hatte. Er fing an stark zu husten und abzumagern -... ich weiß, wie uns mein Vater bei Tisch erzählte: -Burmeister — so hieß der Arbeiter — bekommt -die Lungenschwindsucht, wenn er noch länger bei der -Seifenfabrikation bleibt. Der Doktor hat es ihm gesagt. -— Der Mann hatte acht Kinder, und ausgemergelt wie -er war, konnte er nirgends mehr Arbeit finden. Er -<em>mußte</em> also in der Seifenfabrik bleiben, und der -Prinzipal that sich viel darauf zu gute, daß er ihn beibehielt. -Er kam sich unbedingt äußerst human vor. — -Eines Nachmittags, im August, es war eine furchtbare -Hitze, da quälte er sich mit einer Karre Kalk über den -Fabrikhof. — Ich sah gerade aus dem Fenster, da merke -ich, wie er still steht — wieder still steht und schließlich -schlägt er lang auf die Steine. — Ich lief hinzu — -mein Vater kam, andere Arbeiter kamen, aber er röchelte -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -nur noch, und sein ganzer Mund war voll Blut. Ich -half ihn ins Haus tragen. Ein Haufe kalkiger, nach -allerhand Chemikalien stinkender Lumpen war er; bevor -wir ihn im Hause hatten, war er schon gestorben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, schrecklich ist das. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Kaum acht Tage später zogen wir seine Frau -aus dem Fluß, in den die verbrauchte Lauge unserer -Fabrik abfloß. — Ja, Fräulein! wenn man dies alles -kennt, wie ich es <em>jetzt</em> kenne — glauben Sie mir! — -dann läßt es einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches -Stückchen Seife, bei dem sich in der Welt sonst -Niemand etwas denkt, ja, ein paar rein gewaschene, -gepflegte Hände schon können einen in die bitterste Laune -versetzen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich hab auch mal so was gesehen. Hu! -schrecklich war das, <em>schrecklich</em>! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Der Sohn von einem Arbeitsmann wurde -halbtodt hier hereingetragen. Es ist nun ... drei Jahre -vielleicht ist es her. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> War er verunglückt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, drüben im Bärenstollen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ein Bergmann also? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, die meisten jungen Leute hier herum -gehen auf die Grube. — Ein zweiter Sohn desselben -Vaters war auch Schlepper und ist auch verunglückt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Beide todt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Beide todt .... Einmal riß etwas an der -Fahrkunst, das andere Mal waren es schlagende Wetter. -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> -— Der alte Beibst hat aber noch einen dritten Sohn, -der fährt auch seit Ostern ein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was Sie sagen! — hat er nichts dawider? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Gar nichts, nein! Er ist nur jetzt noch -weit mürrischer als früher. Haben Sie ihn nicht schon -gesehen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wieso ich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Er saß ja heut früh nebenan, unter der -Durchfahrt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ach! — wie? .. Er arbeitet hier im Hofe? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schon seit Jahren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Er hinkt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ziemlich stark sogar. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Soosoo. — Was ist ihm denn da passirt, -mit dem Bein? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Das ist ’ne heikle Geschichte. Sie kennen -doch den Herrn Kahl? ... da muß ich Ihnen aber ganz -nahe kommen. Sein Vater, müssen Sie wissen, war -genau so ein Jagdnarr wie er. Er schoß hinter den -Handwerksburschen her, die auf den Hof kamen, wenn -auch nur in die Luft, um ihnen Schrecken einzujagen. -Er war auch sehr jähzornig, wissen Sie; wenn er getrunken -hatte, erst recht. Nu hat wohl der Beibst mal -gemuckscht — er muckscht gern, wissen Sie, — und da -hat der Bauer die Flinte zu packen gekriegt und ihm eine -Ladung gegeben. Beibst, wissen Sie, war nämlich früher -beim Nachbar Kahl für Kutscher. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Frevel über Frevel, wohin man hört. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">immer unsicherer und erregter</span>. Ich hab auch schon -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> -manchmal so bei mir gedacht .... sie haben mir alle -mitunter schon so furchtbar leid gethan —: der alte -Beibst und ..... Wenn die Bauern so roh und dumm -sind wie der — wie der Streckmann, der — läßt seine -Knechte hungern und füttert die Hunde mit Conditorzeug. -Hier bin ich wie dumm, seit ich aus der Pension zurück -bin ... Ich hab auch mein Päckchen! — aber ich rede -ja wohl Unsinn, — es interessirt Sie ja gar nicht — Sie -lachen mich im Stillen bloß aus. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber Fräulein, wie können Sie nur .... -weshalb sollte ich Sie denn .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nun, etwa nicht? Sie denken doch: die -ist auch nicht besser wie die Anderen hier. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich denke von Niemand schlecht, Fräulein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Das machen Sie mir nicht weis .... nein, -nein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber Fräulein! wann hatte ich Ihnen Veranlassung -... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">nahe am Weinen</span>. Ach, reden Sie doch nicht! -Sie verachten uns, verlassen Sie sich d’rauf — Sie -müssen uns ja doch verachten, — <span class="dir">weinerlich</span> — den Schwager -mit, <em>mich</em> mit. <em>Mich</em> vor allen Dingen und dazu, da -— zu haben Sie wahr... wahrhaftig auch Grund. <span class="dir">Sie -wendet Loth schnell den Rücken und geht, ihrer Bewegung nicht mehr Herr, -durch den Obstgarten nach dem Hintergrunde zu ab. Loth tritt durch das -Pförtchen und folgt ihr langsam.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">in überladener Morgentoilette, puterroth im Gesicht, -aus der Hausthür, schreit</span>. Doas Loaster vu Froovulk! -Marie! Ma—rie!! unter men’n Dache? Weg muß -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -doas Froovulk! <span class="dir">Sie rennt über den Hof und verschwindet in der -Stallthür. <em>Frau Spiller</em>, mit Häkelarbeit, erscheint in der Hausthür. -Im Stalle hört man Schimpfen und Heulen.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">die heulende Magd vor sich hertreibend, aus dem -Stall</span>. Du Hurenfroovulk Du! — <span class="dir">Die Magd heult stärker</span> — -uuf der Stelle ’naus! Sich Deine sieba Sacha z’samma -und dann ’naus! <span class="dir">Helene, mit rothen Augen kommt durch den Thorweg, -bemerkt die Scene und steht abwartend still.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Die Magd</span> <span class="dir">entdeckt Frau Spiller, wirft Schemel und Milchgelte -weg und geht wüthend auf sie zu</span>. Doas biin iich Ihn’n schuldig! -Doas war iich Ihn’n eitränka!! <span class="dir">Sie rennt schluchzend davon, -die Bodentreppe hinauf. Ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">zu Frau Krause tretend</span>. Was hat sie denn gemacht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">grob</span>. Gieht’s Diich oan, Goans? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">heftig, fast weinend</span>. Ja, mich geht’s an. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">schnell hinzutretend</span>. Mein gnädiges Fräulein, -so etwas ist nicht für das Ohr eines jungen Mädchens -wie ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Worum ok ne goar, Spillern! die -iis au ne vu Marzepane. Mit’n Grußknecht zusoamma -gelah’n hot se ei en Bette. Do wißt de’s. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">in befehlendem Tone</span>. Die Magd wird aber <em>doch</em> -bleiben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Weibsstück! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Gut! dann will ich dem Vater erzählen, -daß Du mit Kahl Wilhelm die Nächte ebenso verbringst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">schlägt ihr eine Maulschelle</span>. Du hust’ an’ -Denkzettel! -</p> - -<p> -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">todtbleich, aber noch fester</span>. Die Magd bleibt aber -<em>doch</em>, sonst ... sonst bring ich’s herum! Mit Kahl -Wilhelm, Du! Dein Vetter ... mein Bräut’jam ... -Ich bring’s herum. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">mit wankender Fassung</span>. Wer koan doas -soa’n? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich! Denn ich hab ihn heut Morgen aus -Deinem Schlafzimmer ..... <span class="dir">Schnell ab ins Haus.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Frau Krause, taumelnd, nahe einer Ohnmacht. Frau -Spiller mit Riechfläschchen zu ihr. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Gnädige Frau, gnädige Frau! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Sp...illern, die Moa’d sss... sool -dooblei’n. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Der Vorhang fällt schnell. -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-5"> -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -Dritter Akt. -</h2> - -<div class="dir scene"> -<p> -Zeit: wenige Minuten nach dem Vorfall zwischen Helene -und ihrer Stiefmutter im Hofe. Der Schauplatz ist der des -ersten Vorgangs. -</p> - -<p> -<em><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</em> sitzt, ein Recept schreibend, -Schlapphut, Zwirnhandschuhe und Stock vor sich auf der Tischplatte, -an dem Tisch links im Vordergrunde. Er ist von -Gestalt klein und gedrungen, hat schwarzes Wollhaar und einen -ziemlich starken Schnurrbart. Schwarzer Rock im Schnitt der -Jägerschen Normalröcke. Die Kleidung im Ganzen solid, aber -nicht elegant. Hat die Gewohnheit, fast ununterbrochen seinen -Schnurrbart zu streichen oder zu drehen, um so stärker, je erregter -er innerlich wird. Sein Gesichtsausdruck, wenn er mit -Hoffmann redet, ist gezwungen ruhig, ein Zug von Sarkasmus -liegt um seine Mundwinkel. Seine Bewegungen sind lebhaft, -fest und eckig, durchaus natürlich. Hoffmann, in seidenem -Schlafrock und Pantoffeln, geht umher. Der Tisch rechts im -Hintergrunde ist zum Frühstück hergerichtet. Feines Porzellan. -Gebäck. Rumcaraffe etc. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Herr Doktor, sind Sie mit dem Aussehen -meiner Frau zufrieden? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Sie sieht ja ganz gut aus, -warum nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Denken Sie, daß alles gut vorüber -gehen wird? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich hoffe. -</p> - -<p> -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">nach einer Pause, zögernd</span>. Herr Doktor, ich -habe mir vorgenommen — schon seit Wochen — Sie, -sobald ich hierher käme, in einer ganz bestimmten Sache -um Ihren Rath zu bitten. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span>, <span class="dir">der bis jetzt unter dem Schreiben geantwortet -hat, legt die Feder beiseite, steht auf und übergiebt Hoffmann das -geschriebene Recept</span>. So! ... das lassen Sie wohl bald -machen; — <span class="dir">indem er Hut, Handschuhe und Stock nimmt</span> — über -Kopfschmerz klagt Ihre Frau, — <span class="dir">in seinen Hut blickend, geschäftsmäßig</span> -— ehe ich es vergesse: suchen Sie doch Ihrer -Frau begreiflich zu machen, daß sie für das kommende -Lebewesen einigermaßen verantwortlich ist. Ich habe ihr -bereits selbst einiges gesagt — über die Folgen des -Schnürens. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ganz gewiß, Herr Doktor ... ich -will ganz gewiß mein Möglichstes thun, ihr ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">sich ein wenig linkisch verbeugend</span>. -Empfehle mich. <span class="dir">Geht, bleibt wieder stehen.</span> Ach so! ... Sie -wollten ja meinen Rath hören. <span class="dir">Er blickt Hoffmann kalt an.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ja, wenn Sie noch einen Augenblick -Zeit hätten ... <span class="dir">Nicht ohne Affectirtheit.</span> Sie kennen das -entsetzliche Ende meines ersten Jungen. Sie haben es -ja ganz aus der Nähe gesehen. Wie weit <em>ich</em> damals -war, wissen Sie ja wohl auch. — Man glaubt -es nicht, dennoch: die Zeit mildert! ... Schließlich -habe ich sogar noch Grund zur Dankbarkeit, mein -sehnlichster Wunsch soll, wie es scheint, erfüllt werden. -Sie werden begreifen, daß ich alles thun muß ... Es hat -mich schlaflose Nächte genug gekostet und doch weiß ich -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> -noch nicht, noch <em>immer</em> nicht, wie ich es anstellen soll, -um das jetzt noch ungeborene Geschöpf vor dem furchtbaren -Schicksale seines Brüderchens zu bewahren. Und -das ist es, weshalb ich Sie ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">trocken und geschäftsmäßig</span>. Von -seiner Mutter trennen: Grundbedingung einer gedeihlichen -Entwickelung. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Also doch?! — Meinen Sie, völlig -trennen? ... Soll es auch nicht in demselben Hause mit -ihr ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Nein, wenn es Ihnen -ernst ist um die Erhaltung Ihres Kindes, dann nicht. -Ihr Vermögen gestattet Ihnen ja in dieser Beziehung -die freieste Bewegung. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Gott sei Dank, ja! Ich habe auch -schon in der Nähe von Hirschberg eine Villa mit sehr -großem Park angekauft. Nur wollte ich auch meine Frau ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">dreht seinen Bart und starrt auf die -Erde. Unter Nachdenken.</span> Kaufen Sie doch Ihrer Frau irgend -wo anders eine Villa ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zuckt die Achseln</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">wie vorher</span>. Können Sie nicht -— Ihre Schwägerin — für die Aufgabe, dieses Kind -zu erziehen, interessiren? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wenn Sie wüßten, Herr Doktor, was -für Hindernisse ... außerdem: ein unerfahrenes, junges -Ding ... Mutter ist doch Mutter. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Sie wissen meine Meinung. -Empfehle mich. -</p> - -<p> -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">mit Ueberfreundlichkeit um ihn herum complimentirend</span>. -Empfehle mich ebenfalls! Ich bin Ihnen äußerst -dankbar ... -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Beide ab durch die Mittelthür. -</p> - -<p> -<em>Helene</em>, das Taschentuch vor den Mund gepreßt, -schluchzend, außer sich, kommt herein und läßt sich auf das -Sopha links vorn hinfallen. Nach einigen Augenblicken tritt -Hoffmann, Zeitungsblätter in den Händen haltend, abermals ein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Was ist denn <em>das</em> —? Sag’ mal, -Schwägerin! soll denn das noch lange so fort gehen? -— Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, an dem -ich Dich nicht weinen sehe. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach! — was weißt Du!? — Wenn Du -überhaupt Sinn für so was hätt’st, dann würd’st Du -Dich vielmehr wundern, wenn ich mal nicht weinte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> — Das leuchtet mir nicht ein, -Schwägerin! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Mir um so mehr! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> ... Es muß doch wieder was passirt -sein, hör’ mal! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">springt auf, stampft mit dem Fuße</span>. Pfui! Pfui! -... und ich mag’s nicht mehr leiden ... Das hört auf! -Ich lasse mir das nicht mehr bieten! Ich sehe nicht ein -warum ... ich ... <span class="dir">im Weinen erstickend</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Willst Du mir denn nicht wenigstens -sagen, worum sich’s handelt, damit ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">auf’s Neue heftig ausbrechend</span>. Alles ist mir egal! -Schlimmer kann’s nicht kommen: — einen Trunkenbold -von Vater hat man, ein Thier — vor dem -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> -die .... die eigene Tochter nicht sicher ist. — Eine -ehebrecherische Stiefmutter, die mich an ihren Galan -verkuppeln möchte .. Dieses ganze Dasein überhaupt. — -Nein —! ich sehe nicht ein, wer mich zwingen kann, -durchaus schlecht zu werden. Ich gehe fort! Ich renne -fort — und wenn Ihr mich nicht loslaßt, dann .... -Strick, Messer, Revolver! .... mir egal! — ich -will nicht auch zum Branntwein greifen wie meine Schwester. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">erschrocken, packt sie am Arm</span>. Lene! .... Ich -sag’ Dir, still! ... davon still! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Mir egal! .... mir ganz egal! — Man -ist ... man muß sich schämen bis in die Seele ’nein. -— Man möchte was wissen, was sein, was sein können -— und was ist man nu? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span>, <span class="dir">der ihren Arm noch nicht wieder losgelassen, fängt -an, das Mädchen allmählich nach dem Sopha hinzudrängen. Im Tone -seiner Stimme liegt nun plötzlich eine weichliche, übertriebene, gleichsam -vibrirende Milde.</span> <em>Lenchen</em> —! Ich weiß ja recht gut, -daß Du hier manches auszustehen hast. Sei nur -ruhig ...! Brauchst es mir gar nicht zu sagen. <span class="dir">Er -legt die Rechte liebkosend auf ihre Schulter, bringt sein Gesicht nahe -dem ihren.</span> Ich kann Dich gar nicht weinen sehen. Wahrhaftig! -— ’s thut mir weh. Sieh doch nur aber die -Verhältnisse nicht schwärzer, als sie sind —; und -dann: — hast Du vergessen, daß wir beide — Du -und ich — so zu sagen in der gleichen Lage sind? -— Ich bin in diese Bauernatmosphäre hinein gekommen -.... passe ich hinein? Genau so wenig wie -Du hoffentlich. -</p> - -<p> -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">immer noch weinend</span>. Hätte mein — gutes -— M — Muttelchen das geahnt — als sie .... -als sie bestimmte — daß ich in Herrnhut — erzogen -.... erzogen werden sollte. Hätte sie — mich lieber -... mich lieber zu Hause gelassen, dann hätte ich ... -hätte ich wenigstens — nichts Anderes kennen gelernt, -wäre in dem Sumpf hier auf.... aufgewachsen —. -Aber so ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">hat Helene sanft auf das Sopha gezwungen und sitzt -nun, eng an sie gedrängt, neben ihr. Immer auffälliger verräth sich in -seinen Tröstungen das sinnliche Element.</span> Lenchen —! Sieh mich -an, laß das gut sein, tröste Dich mit mir. — Ich brauch’ -Dir von Deiner Schwester nicht zu sprechen. <span class="dir">Heiß und mit -Innigkeit, indem er sie enger umschlingt.</span> Ja, wäre sie wie <em>Du</em> -bist! ... So aber ... sag’ selbst: was kann <em>sie</em> mir -sein? — Wo lebt ein Mann, Lenchen, ein gebildeter -Mann, — <span class="dir">leiser</span> — dessen Frau von einer so unglückseligen -Leidenschaft befallen ist? — Man darf es gar -nicht laut sagen: eine Frau — und — Branntwein ... -Nun, sprich, bin ich glücklicher? .... Denk an mein -Fritzchen! — Nun? ... bin ich am Ende besser -dran, wie? ... <span class="dir">Immer leidenschaftlicher.</span> Siehst Du: so -hat’s das Schicksal schließlich noch gut gemeint. Es -hat uns zu einander gebracht. — Wir gehören für einander! -Wir sind zu Freunden voraus bestimmt, mit -unsren gleichen Leiden. Nicht, Lenchen? <span class="dir">Er umschlingt sie -ganz. Sie läßt es geschehen, aber mit einem Ausdruck, der besagt, daß sie -sich zum Dulden zwingt. Sie ist still geworden und scheint mit zitternder -Spannung etwas zu erwarten, irgend eine Gewißheit, eine Erfüllung, die -unfehlbar herankommt.</span> -</p> - -<p> -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zärtlich</span>. Du solltest meinem Vorschlag -folgen, solltest dies Haus verlassen, bei uns wohnen. — -Das Kindchen, das kommt, braucht eine Mutter. — -Komm! sei Du ihm das; — <span class="dir">leidenschaftlich gerührt, sentimental</span> -— sonst hat es eben keine Mutter. Und dann: — -bring ein wenig, nur ein ganz, ganz klein wenig Licht -in mein Leben. <em>Thuu’s! — thu — ’s!</em> <span class="dir">Er will seinen -Kopf an ihre Brust lehnen. Sie springt auf, empört. In ihren Mienen -verräth sich Verachtung, Ueberraschung, Ekel, Haß.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schwager! Du bist, Du bist ... Jetzt -kenn ich Dich durch und durch. Bisher hab ich’s nur so -dunkel gefühlt. Jetzt weiß ich’s ganz gewiß. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">überrascht, fassungslos</span>. Was ...? Helene ... -— einzig, wirklich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Jetzt weiß ich ganz gewiß, daß Du nicht -um ein Haar besser bist .... was denn! schlechter bist -Du, der schlecht’ste von allen hier! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">steht auf, mit angenommener Kälte</span>. Dein Betragen -heut ist sehr eigenthümlich, weißt Du! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">tritt nahe zu ihm</span>. Du gehst doch nur auf das -eine Ziel los. <span class="dir">Halblaut in sein Ohr.</span> Aber Du hast ganz -andere Waffen als Vater und Stiefmutter oder der ehrenfeste -Herr Bräutigam, ganz andere. Gegen Dich gehalten -sind sie Lämmer, alle mit ’nander. Jetzt, jetzt auf einmal, -jetzt eben ist mir das sonnenklar geworden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">in erheuchelter Entrüstung</span>. Lene! Du bist .... -Du bist nicht bei Trost, das ist ja heller Wahn.... -<span class="dir">Er unterbricht sich, schlägt sich vor den Kopf.</span> Gott, wie wird mir -denn auf einmal, natürlich! ... Du hast .... -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -es ist freilich noch sehr früh am Tage, aber ich wette, -Du hast .... Helene, Du hast heut früh schon mit -Alfred Loth geredet. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Weshalb sollte ich denn nicht mit ihm geredet -haben? Es ist ein Mann, vor dem wir uns alle -verstecken müßten vor Scham, wenn es mit rechten Dingen -zuginge. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Also wirklich! ... Ach sooo! .... -na jaaa! .. allerdings ... da darf ich mich weiter -nicht wundern — So, so, so, hat also die Gelegenheit -benützt, über seinen Wohlthäter ’n bischen herzuziehen. -Man sollte immer auf dergleichen gefaßt sein, freilich! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schwager! das ist nun geradezu <em>gemein</em>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Finde ich beinah auch! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Kein Sterbenswort, nicht ein Sterbenswort -hat er gesagt über Dich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">ohne darauf einzugehen</span>. Wenn die Sachen <em>so</em> -liegen, dann ist es geradezu meine Pflicht, ich sage, meine -Pflicht, als Verwandter, einem so unerfahrenen Mädchen -gegenüber wie Du bist ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Unerfahrenes Mädchen —? Wie Du mir -vorkommst! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">aufgebracht</span>. Auf meine Verantwortung ist -Loth hier in’s Haus gekommen. Nun mußt Du wissen: -— er ist — gelinde gesprochen — ein höchst ge—fähr—licher -Schwärmer, dieser Herr Loth. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Daß Du das von Herrn Loth sagst, hat -für mich so etwas — Verkehrtes — etwas lächerlich -Verkehrtes. -</p> - -<p> -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ein Schwärmer, der die Gabe hat, -nicht nur Weibern, sondern auch <em>vernünftigen</em> Leuten -die Köpfe zu verwirren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Siehst Du: <em>wieder</em> so eine Verkehrtheit! -Mir ist es nach den wenigen Worten, die ich mit Herrn -Loth geredet habe, so wohlthuend klar im Kopfe .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">im Tone eines Verweises</span>. Was ich Dir sage, -ist durchaus nichts Verkehrtes. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Man muß für das Verkehrte einen Sinn -haben, und den hast Du eben nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">wie vorher</span>. Davon ist jetzt nicht die -Rede. Ich erkläre Dir nochmals, daß ich Dir nichts Verkehrtes -sage, sondern etwas, was ich Dich bitten muß, -als thatsächlich wahr hinzunehmen .... Ich habe -es an mir erfahren: er benebelt einem den Kopf, und -dann schwärmt man von Völkerverbrüderung, von -Freiheit und Gleichheit, setzt sich über Sitte und Moral -hinweg .... Wir wären damals um dieser Hirngespinste -willen — weiß der Himmel — über die Leichen -unserer Eltern hinweggeschritten, um zum Ziele zu gelangen. -Und er, sage ich Dir, würde erforderlichen Falls -noch heute dasselbe thun. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wie viele Eltern mögen wohl alljährlich -über die Leichen ihrer Kinder schreiten, ohne daß Jemand .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">ihr in die Rede fallend</span>. Das ist Unsinn! Da -hört <em>alles</em> auf! ... Ich sage Dir, nimm Dich vor -ihm in Acht, in jeder .... ich sage ganz ausdrücklich, -in <em>jeder</em> Beziehung. — Von moralischen Skrupeln ist -da keine Spur. -</p> - -<p> -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> -<span class="speaker">Helene.</span> Ne, wie verkehrt dies nun wieder ist. -Glaub’ mir, Schwager, fängt man erst mal an d’rauf -zu achten .... es ist so schrecklich interessant ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Sag’ doch, was Du willst, gewarnt -bist Du nun. Ich will Dir nur noch ganz im Vertrauen -mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals durch -ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wenn dieser Mensch so gefährlich ist, -warum freutest Du Dich denn gestern so aufrichtig, -als .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Gott ja, er ist eben ein Jugendbekannter! -Weißt Du denn, ob nicht ganz bestimmte -Gründe vorlagen .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Gründe? Wie denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nur so. — Käme er allerdings heut -und wüßte ich, was ich jetzt weiß — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was weißt Du denn nur? Ich sagte -Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich -verlauten lassen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> — Verlaß Dich d’rauf! Ich hätte mir’s -zweimal überlegt und mich wahrscheinlich sehr in Acht -genommen, ihn hier zu behalten. Loth ist und bleibt ’n -Mensch, dessen Umgang compromittirt. Die Behörden -haben ihn im Auge. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, hat er denn ein Verbrechen begangen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Sprechen wir lieber darüber nicht. -Laß es Dir genug sein, Schwägerin, wenn ich Dir die -Versicherung gebe: mit Ansichten, wie er sie hat, in der -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> -Welt umherzulaufen, ist heutzutage weit schlimmer und -vor allem gefährlicher als stehlen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich will’s mir merken. — Nun aber -— Schwager! hörst Du? Frag’ mich nicht — wie ich -nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von <em>Dir</em> -denke. — Hörst Du? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">cynisch kalt</span>. Denkst Du denn wirklich, daß -mir so ganz besonders viel daran liegt das zu wissen? -<span class="dir">Er drückt den Klingelknopf.</span> Uebrigens höre ich ihn da eben -hereinkommen. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Loth tritt ein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun —? gut geschlafen, alter Freund? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Gut, aber nicht lange. Sag’ doch mal: -ich sah da vorhin Jemand aus dem Haus kommen, einen -Herrn. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Vermuthlich der Doktor, der soeben hier -war. Ich erzählte Dir ja ... dieser eigenthümliche -Mischmasch von Härte und Sentimentalität. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Helene verhandelt mit Eduard, der eben eingetreten ist. -Er geht ab und servirt kurz darauf Thee und Kaffee. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dieser Mischmasch, wie Du Dich ausdrückst, -sah nämlich einem alten Universitätsfreunde von -mir furchtbar ähnlich — ich hätte schwören können, daß -er es sei — einem gewissen Schimmelpfennig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">sich am Frühstückstisch niederlassend</span>. Nu ja, ganz -recht: Schimmelpfennig! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz recht? Was? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Er heißt in der That Schimmelpfennig. -</p> - -<p> -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Wer? Der Doktor hier? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Du sagtest es doch eben. Ja, der Doktor. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dann .... das ist aber auch wirklich -wunderlich! Unbedingt ist er’s dann. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Siehst Du wohl, schöne Seelen finden -sich zu Wasser und zu Lande. Du nimmst mir’s nicht -übel, wenn ich anfange; wir wollten uns nämlich gerade -zum Frühstück setzen. Bitte, nimm Platz! Du hast doch -wohl nicht schon irgendwo gefrühstückt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun dann, also. <span class="dir">Er rückt, selbst sitzend, -Loth einen Stuhl zurecht. Hierauf zu Eduard, der mit Thee und Kaffee -kommt.</span> Ae! wird .. e .. meine Frau Schwiegermama -nicht kommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Die gnädige Frau und Frau Spiller -werden auf ihrem Zimmer frühstücken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das ist aber doch noch nie .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">das Service zurechtrückend</span>. Laß nur! Es hat -seinen Grund. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach so .. Loth! lang’ zu .... ein -Ei? Thee? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Könnte ich vielleicht lieber ein Glas Milch -bekommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mit dem größten Vergnügen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Eduard! Miele soll frisch einmelken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">schält ein Ei ab</span>. Milch — brrr! mich -schüttelt’s. <span class="dir">Salz und Pfeffer nehmend.</span> Sag’ mal, Loth, was -führt Dich eigentlich in unsre Gegend? Ich hab’ bisher -ganz vergessen, Dich danach zu fragen. -</p> - -<p> -<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">bestreicht eine Semmel mit Butter</span>. Ich möchte die -hiesigen Verhältnisse studiren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">mit einem Aufblick</span>. Bitte ...? ... was -für Verhältnisse? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Präcise gesprochen: ich will die Lage der -hiesigen Bergleute studiren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach, die ist im Allgemeinen doch eine sehr gute. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Glaubst Du? — Das wäre ja übrigens -recht schön .... Doch eh ich’s vergesse: Du mußt -mir dabei einen Dienst leisten. Du kannst Dich um die -Volkswirthschaft sehr verdient machen, wenn .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ich? I! wieso ich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, Du hast doch den Verschleiß der hiesigen -Gruben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ja! und was dann? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dann wird es Dir auch ein Leichtes sein, -mir die Erlaubniß zur Besichtigung der Gruben auszuwirken. -Das heißt: ich will mindestens vier Wochen -lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einigermaßen -kennen lerne. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">leichthin</span>. Was Du da unten zu sehen bekommst, -willst Du dann wohl schildern? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja. Meine Arbeit soll vorzugsweise eine -descriptive werden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das thut mir nun wirklich leid, mit -der Sache habe ich gar nichts zu thun. — Du willst -bloß über die Bergleute schreiben, wie? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aus dieser Frage hört man, daß Du kein -Volkswirthschaftler bist. -</p> - -<p> -<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">in seinem Dünkel gekränkt</span>. Bitte <em>sehr</em> um Entschuldigung! -Du wirst mir wohl zutrauen ..... -Warum? Ich sehe nicht ein, wieso man diese Frage nicht -thun kann? — und schließlich: es wäre kein Wunder .... -Alles kann man nicht wissen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na, beruhige Dich nur, die Sache ist -einfach die: wenn ich die Lage der hiesigen Bergarbeiter -studiren will, so ist es unumgänglich, auch alle die Verhältnisse, -welche diese Lage bedingen, zu berühren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> In solchen Schriften wird mitunter -schauderhaft übertrieben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Von diesem Fehler gedenke ich mich frei zu halten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das wird sehr löblich sein. <span class="dir">Er hat bereits -mehrmals und jetzt wiederum mit einem kurzen und prüfenden Blick -Helenen gestreift, die mit naiver Andacht an Loth’s Lippen hängt, und fährt -nun fort.</span> Doch .... es ist urkomisch, wie einem so was ganz -urplötzlich in den Sinn kommt. Wie so was im Gehirn -nur vor sich gehen mag? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was ist Dir denn auf einmal in den Sinn -gekommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Es betrifft Dich. — Ich dachte an Deine -Ver..... nein, es ist am Ende tactlos, in Gegenwart -von einer jungen Dame von Deinen Herzensgeheimnissen -zu reden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, dann will ich doch lieber .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Bitte sehr, Fräulein! .. <em>bleiben</em> Sie ruhig, -meinetwegen wenigstens — ich merke längst, worauf er -hinaus will. Ist auch durchaus nichts Gefährliches. <span class="dir">Zu -Hoffmann.</span> Meine Verlobung, nicht wahr? -</p> - -<p> -<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wenn Du selbst darauf kommst, ja! — -Ich dachte in der That an Deine Verlobung mit Anna -Faber. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Die ging auseinander — naturgemäß — als -ich damals in’s Gefängniß mußte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das war aber nicht hübsch von -Deiner ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es war jedenfalls ehrlich von ihr! Ihr -Absagebrief enthielt ihr wahres Gesicht; hätte sie mir dies -Gesicht früher gezeigt, dann hätte sie sich selbst und auch -mir manches ersparen können. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Und seither hat Dein Herz nicht irgendwo -festgehakt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Natürlich! Nun: Büchse in’s Korn -geworfen — heirathen verschworen! verschworen wie den -Alkohol! Was? Uebrigens <span class="antiqua">chacun à son goût</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Mein Geschmack ist es eben nicht, aber vielleicht -mein Schicksal. Auch habe ich Dir, soviel ich weiß, -bereits einmal gesagt, daß ich in Bezug auf das Heirathen -nichts verschworen habe; was ich fürchte, ist: daß es keine -Frau geben wird, die sich für mich eignet. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ein großes Wort, Lothchen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Im Ernst! — Mag sein, daß man mit den -Jahren zu kritisch wird und zu wenig gesunden Instinkt -besitzt. Ich halte den Instinkt für die beste Garantie -einer geeigneten Wahl. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">frivol</span>. Der wird sich schon noch mal wiederfinden -— <span class="dir">lachend</span> — der Instinkt nämlich. -</p> - -<p> -<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> — Schließlich, was kann ich einer Frau -bieten? Ich werde immer mehr zweifelhaft, ob ich einer -Frau zumuthen darf, mit dem kleinen Theile meiner -Persönlichkeit vorlieb zu nehmen, der nicht meiner Lebensarbeit -gehört — dann fürchte ich mich auch vor der Sorge -um die Familie. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wa... was? — vor der Sorge um -die Familie? Kerl! hast Du denn nicht Kopf, Arme, he? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie Du siehst. Aber ich sagte Dir ja schon, -meine Arbeitskraft gehört zum größten Theil meiner -Lebensaufgabe und wird ihr immer zum größten Theil -gehören: sie ist also nicht mehr mein. Ich hätte außerdem -mit ganz besonderen Schwierigkeiten .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Pst! klingelt da nicht Jemand? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du hältst das für Phrasengebimmel? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ehrlich gesprochen, es klingt etwas hohl! -Unser einer ist schließlich auch kein Buschmann, trotzdem -man verheirathet ist. Gewisse Menschen geberden -sich immer, als ob sie ein Privilegium auf alle in der -Welt zu vollbringenden guten Thaten hätten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">heftig</span>. Gar nicht! — denk ich gar nicht d’ran! -— Wenn Du von Deiner Lebensaufgabe nicht abgekommen -wärst, so würde das an Deiner glücklichen materiellen -Lebenslage mitliegen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">mit Ironie</span>. Dann wäre das wohl auch -eine Deiner Forderungen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie? Forderungen? was? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ich meine: Du würdest bei einer Heirath -auf Geld sehen. -</p> - -<p> -<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Unbedingt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Und dann giebt es — wie ich Dich -kenne — noch eine lange Zaspel anderer Forderungen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sind vorhanden! Leibliche und geistige -Gesundheit der Braut zum Beispiel ist <span class="antiqua">conditio sine -qua non</span>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">lachend</span>. Vorzüglich! Dann wird ja wohl -vorher eine ärztliche Untersuchung der Braut nothwendig -werden. — Göttlicher Hecht! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">immer ernst</span>. Ich stelle aber auch an mich -Forderungen, mußt Du nehmen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">immer heiterer</span>. Ich weiß, weiß! ... wie Du -mal die Literatur über Liebe durchgingst, um auf das -Gewissenhafteste festzustellen ob das, was Du damals für -irgend eine Dame empfandest, auch wirklich Liebe sei. Also -sag’ doch mal noch einige Deiner Forderungen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Meine Frau müßte zum Beispiel entsagen -können. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> — Wenn ... wenn .... Ach! ich will -lieber nicht reden ... ich wollte nur sagen: die Frau ist -doch im Allgemeinen an’s Entsagen gewöhnt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Um’s Himmels willen! Sie verstehen mich -durchaus falsch. So ist das Entsagen nicht gemeint. -Nur in sofern verlange ich Entsagung, oder besser, nur -auf den Theil meines Wesens, der meiner Lebensaufgabe -gehört, müßte sie freiwillig und mit Freuden verzichten. -Nein, nein! im Übrigen soll meine Frau fordern und -immer fordern — alles was ihr Geschlecht im Laufe -der Jahrtausende eingebüßt hat. -</p> - -<p> -<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Au! au! au! ... Frauenemancipation! -— wirklich Deine Schwenkung war bewunderungswürdig -— nun bist Du im rechten Fahrwasser. Fritz Loth, -oder der Agitator in der Westentasche! ... Wie -würdest Du denn hierin Deine Forderungen formuliren, -oder besser: wie weit müßte Deine Frau emancipirt -sein? — Es amüsirt mich wirklich Dich anzuhören — -Cigarren rauchen? Hosen tragen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das nun weniger — aber — sie müßte -allerdings über gewisse gesellschaftliche Vorurtheile hinaus -sein. Sie müßte zum Beispiel nicht davor zurückschrecken -zuerst — falls sie nämlich wirklich Liebe zu mir empfände -— das bewußte Bekenntniß abzulegen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">ist mit frühstücken zu Ende. Springt auf, in halb -ernster, halb komischer Entrüstung.</span> Weißt Du? das ... das ist -... eine geradezu <em>unverschämte</em> Forderung! mit der -Du allerdings auch — wie ich Dir hiermit prophezeihe -— wenn Du nicht etwa vorziehst sie fallen zu lassen, -bis an Dein Lebensende herumlaufen wirst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">mit schwer bewältigter, innerer Erregung</span>. Ich bitte -die Herren mich jetzt zu entschuldigen — die Wirthschaft -... Du weißt, Schwager: Mama ist in der Stube und -da ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Laß Dich nicht abhalten. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Helene verbeugt sich; ab. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">mit dem Streichholzetui nach dem Cigarrenkistchen, -das auf dem Buffet steht, zuschreitend</span>. Das muß wahr sein ... -Du bringst einen in Hitze, ... ordentlich unheimlich. -<span class="dir">Nimmt eine Cigarre aus der Kiste und läßt sich dann auf das Sopha links -<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a> -vorn nieder. Er schneidet die Spitze der Cigarre ab und hält während des -Folgenden die Cigarre in der linken, das abgetrennte Spitzchen zwischen -den Fingern der rechten Hand.</span> Bei alledem ... es amüsirt -doch. Und dann: Du glaubst nicht, wie wohl es thut, -so’n paar Tage auf dem Lande, abseit von den Geschäften, -zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünschte -... wie spät ist es denn eigentlich? Ich muß -nämlich leider Gottes heute zu einem Essen nach der -Stadt. — Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich -geben. Was soll man machen als Geschäftsmann? — -Eine Hand wäscht die andere. Die Bergbeamten sind -nun mal d’ran gewöhnt. — Na! eine Cigarre kann -man noch rauchen — in aller Gemüthsruhe. <span class="dir">Er trägt -das Spitzchen nach dem Spucknapf, läßt sich dann abermals auf das Sopha -nieder und setzt seine Cigarre in Brand.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">am Tisch; blättert stehend in einem Prachtwerk</span>. Die -Abenteuer des Grafen Sandor. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Diesen Unsinn findest Du hier bei den -meisten Bauern aufliegen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">unter dem Blättern</span>. Wie alt ist eigentlich Deine -Schwägerin? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Im August einundzwanzig gewesen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ist sie leidend? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Weiß nicht. - Glaube übrigens nicht -— macht sie Dir den Eindruck? — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie sieht allerdings mehr verhärmt als -krank aus. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Na ja! die Scheerereien mit der Stiefmutter -... -</p> - -<p> -<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Auch ziemlich reizbar scheint sie zu sein!? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Unter solchen Verhältnissen ...... -Ich möchte den sehen, der unter solchen Verhältnissen -nicht reizbar werden würde ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Viel Energie scheint sie zu besitzen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Eigensinn! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Auch Gemüth, nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Zu viel mitunter ....... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenn die Verhältnisse hier so mißlich für -sie sind — warum lebt Deine Schwägerin dann nicht -in <em>Deiner</em> Familie? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Frag’ sie, warum! — Oft genug -hab ich ihr’s angeboten. Frauenzimmer haben eben ihre -Schrullen. <span class="dir">Die Cigarre im Munde, zieht Hoffmann ein Notizbuch und -summirt einige Posten.</span> Du nimmst es mir doch wohl nicht -übel, wenn ich ... wenn ich Dich dann allein lassen -muß? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, gar nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wie lange gedenkst Du denn noch ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich werde mir bald nachher eine Wohnung -suchen. Wo wohnt denn eigentlich Schimmelpfennig? -Am besten, ich gehe zu ihm. Der wird mir gewiß etwas -vermitteln können. Hoffentlich findet sich bald etwas Geeignetes, -sonst würde ich die nächste Nacht im Gasthaus -nebenan zubringen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Wieso denn? Natürlich bleibst Du -dann bis morgen bei uns. Freilich, ich bin selbst nur -Gast in diesem Hause — sonst würde ich Dich natürlich -auffordern ... Du begreifst ...! -</p> - -<p> -<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Vollkommen! ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Aber sag’ doch mal — sollte das -wirklich Dein Ernst gewesen sein ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Daß ich die nächste Nacht im Gast....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Unsinn! ... Bewahre! Was Du -vorhin sagtest, meine ich. Die Geschichte da — mit -Deiner vertrackten descriptiven Arbeit? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Weshalb nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ich muß Dir gestehen, ich hielt es -für Scherz. <span class="dir">Er erhebt sich, vertraulich, halb und halb im Scherz.</span> -Wie? Du solltest wirklich fähig sein, hier ... gerade -hier, wo ein Freund von Dir glücklich festen Fuß gefaßt -hat, den Boden zu unterwühlen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Mein Ehrenwort, Hoffmann! Ich hatte -keine Ahnung davon, daß Du Dich hier befändest. Hätte -ich das gewußt .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">springt auf, hocherfreut</span>. Schon gut! schon -gut! Wenn die Sachen <em>so</em> liegen .... siehst Du, -das freut mich <em>aufrichtig</em>, daß ich mich nicht in Dir -getäuscht habe. Also, Du weißt es nun, und selbstredend -erhältst Du die Kosten der Reise und alles, was drum -und dran baumelt, von mir vergütet. Ziere Dich nicht! -Es ist einfach meine Freundespflicht .... Daran -erkenne ich meinen alten, biederen Loth! Denke mal an: -ich hatte Dich wirklich eine Zeit lang ernstlich im -Verdacht .... Aber nun muß ich Dir auch ehrlich -sagen, so schlecht, wie ich mich zuweilen hinstelle, bin ich -keineswegs. Ich habe Dich immer hochgeschätzt, Dich -und Dein ehrliches, consequentes Streben. Ich bin der letzte, -<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a> -der gewisse, — leider, leider mehr als berechtigte Ansprüche -der ausgebeuteten, unterdrückten Massen nicht gelten -läßt. — Ja, lächle nur, ich gehe sogar so weit zu -bekennen, daß es im Reichstag nur <em>eine</em> Partei giebt, -die Ideale hat: und das ist dieselbe, der Du angehörst! -.... Nur — wie gesagt — langsam! -langsam! — nichts überstürzen. Es kommt alles, -kommt alles, wie es kommen soll. Nur Geduld! -Geduld .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Geduld muß man allerdings haben. Deshalb -ist man aber noch nicht berechtigt, die Hände in -den Schooß zu legen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ganz meine Ansicht! — Ich hab’ -Dir überhaupt in Gedanken weit öfter zugestimmt als -mit Worten. Es ist ’ne Unsitte, ich geb’s zu. Ich -hab’ mir’s angewöhnt, im Verkehr mit Leuten, die ich -nicht gern in meine Karten sehen lasse .... Auch in -der Frauenfrage .... Du hast manches sehr treffend -geäußert. <span class="dir">Er ist inzwischen an’s Telephon getreten, weckt und spricht -theils in’s Telephon, theils zu Loth.</span> Die kleine Schwägerin war -übrigens ganz Ohr ... <span class="dir">In’s Telephon.</span> Franz! In zehn Minuten -muß angespannt sein ... <span class="dir">Zu Loth.</span> Es hat ihr Eindruck -gemacht ... <span class="dir">In’s Telephon.</span> Was? — ach was, Unsinn! — -Na, da hört doch aber ..... Dann schirren Sie schleunigst -die Rappen an ..... <span class="dir">Zu Loth.</span> Warum sollte es ihr keinen -Eindruck machen? ... <span class="dir">In’s Telephon.</span> Gerechter Strohsack, -zur Putzmacherin sagen Sie? Die gnädige Frau .... -die gnä... Ja — na ja! aber sofort — na ja! — -ja! — schön! Schluß! <span class="dir">Nachdem er darauf den Knopf der Hausklingel -<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a> -gedrückt, zu Loth.</span> Wart’ nur ab, Du! Laß mich nur -erst den entsprechenden Monetenberg aufgeschichtet haben, -vielleicht geschieht dann etwas ... <span class="dir">Eduard ist eingetreten.</span> Eduard! -Meine Gamaschen, meinen Gehrock! <span class="dir">Eduard ab.</span> Vielleicht -geschieht dann etwas, was Ihr mir alle jetzt nicht zutraut -.... Wenn Du in zwei oder drei Tagen — -bis dahin wohnst Du unbedingt bei uns — ich müßte -es sonst als eine grobe Beleidigung ansehen — <span class="dir">er legt den -Schlafrock ab</span> — in zwei bis drei Tagen also, wenn Du abzureisen -gedenkst, bringe ich Dich mit meiner Kutsche zur -Bahn. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Eduard mit Gehrock und Gamaschen tritt ein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">indem er sich den Rock überziehen läßt</span>. So! <span class="dir">Auf -einen Stuhl niedersitzend.</span> Nun die Stiefel! <span class="dir">Nachdem er einen derselben -angezogen.</span> Das wäre einer! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du hast mich doch wohl nicht ganz verstanden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach ja! das ist leicht möglich. Man -ist so raus aus all den Sachen. Nur immer lederne -Geschäftsangelegenheiten. Eduard! ist denn noch keine -Post gekommen? Warten Sie mal! — Gehen Sie doch -mal in mein Zimmer! Auf dem Pult links liegt ein -Schriftstück mit blauem Deckel, bringen Sie’s raus in -die Wagentasche. <span class="dir">Eduard ab in die Thür rechts, dann zurück und ab -durch die Mittelthür.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich meine ja nur: Du hast mich in <em>einer -Beziehung</em> nicht verstanden. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">sich immer noch mit dem zweiten Schuh herumquälend</span>. -Upsa! .... So! <span class="dir">Er steht auf und tritt die Schuhe ein.</span> Da wären -<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a> -wir. Nichts ist unangenehmer als enge Schuhe ..... -Was meintest Du eben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du sprachst von meiner Abreise ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Nun? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich habe Dir doch bereits gesagt, daß ich -um eines ganz bestimmten Zweckes willen hier am Ort -bleiben muß. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">auf’s Äußerste verblüfft und entrüstet zugleich</span>. Hör’ -mal ....! Das ist aber beinahe <em>nichts</em>würdig! — Weißt -Du denn nicht, was Du mir als Freund schuldest? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Doch wohl nicht den Verrath meiner Sache!? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">außer sich</span>. Nun, dann ... dann habe ich -auch nicht die kleinste Veranlassung, Dir gegenüber als -Freund zu verfahren. Ich sage Dir also: daß ich Dein -Auftreten hier — gelinde gesprochen — für <em>fabelhaft</em> -dreist halte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sehr ruhig</span>. Vielleicht erklärst Du mir, was Dich -berechtigt, mich mit dergleichen Epitheta ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das soll ich Dir auch noch erklären? -Da hört eben <em>verschiedenes</em> auf! Um so was nicht -zu fühlen, muß man Rhinoceroshaut auf dem Leibe -haben! Du kommst hierher, genieß’st meine Gastfreundschaft, -drisch’st mir ein paar Schock Deiner abgegriffnen -Phrasen vor, verdrehst meiner Schwägerin den Kopf, -schwatzest von alter Freundschaft und so was gut’s und -dann erzählst Du ganz naiv: Du wolltest eine descriptive -Arbeit über hiesige Verhältnisse verfertigen. Ja, für -was <em>hältst</em> Du mich denn eigentlich? Meinst Du vielleicht, -ich wüßte nicht, daß solche sogenannte Arbeiten -<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a> -nichts als schamlose Pamphlete sind? ... Solch eine -Schmähschrift willst Du schreiben und zwar über unseren -Kohlendistrict. Solltest Du denn wirklich nicht begreifen, -wen diese Schmähschrift am allerschärfsten schädigen -müßte? Doch nur <em>mich</em>! — Ich sage: man sollte Euch -das Handwerk noch gründlicher legen, als es bisher geschehen -ist, Volksverführer! die Ihr seid! Was thut -Ihr? Ihr macht den Bergmann unzufrieden, anspruchsvoll, -reizt ihn auf, erbittert ihn, macht ihn aufsässig, -ungehorsam, unglücklich, spiegelt ihm goldene Berge vor -und grapscht ihm unter der Hand seine <em>paar</em> Hungerpfennige -aus der Tasche. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Erachtest Du Dich nun als demaskirt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">roh</span>. Ach was! Du lächerlicher, gespreizter -Tugendmeier! Was mir das wohl ausmacht, -vor Dir demaskirt zu sein! — Arbeite lieber! Laß -Deine albernen Faseleien! — Thu was! Komm zu -was! Ich brauche Niemand um zweihundert Mark anzupumpen. -<span class="dir">Schnell ab durch die Mittelthür.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Loth sieht ihm einige Augenblicke ruhig nach, dann greift -er, nicht minder ruhig, in seine Brusttasche, zieht ein Portefeuille -und entnimmt ihm ein Stück Papier (den Chec Hoffmann’s), -das er mehrmals durchreißt, um die Schnitzel dann langsam -in den Kohlenkasten fallen zu lassen. Hierauf nimmt er Hut und -Stock und wendet sich zum Gehen. Jetzt erscheint <em>Helene</em> auf -der Schwelle des Wintergartens. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">leise</span>. Herr Loth! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">zuckt zusammen, wendet sich</span>. Ah! Sie sind es. — -Nun — dann — kann ich <em>Ihnen</em> doch wenigstens ein -Lebewohl sagen. -</p> - -<p> -<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">unwillkürlich</span>. War Ihnen das Bedürfniß? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja! — es war mir Bedürfniß —! Vermuthlich -— wenn Sie da drin gewesen sind — haben -Sie den Auftritt hier mit angehört — und dann ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich habe alles mit angehört. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun — dann — wird es Sie nicht in Erstaunen -setzen, wenn ich dieses Haus so ohne Sang und -Klang verlasse. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> N — nein! — ich begreife —! ..... -Vielleicht kann’s Sie milder gegen ihn stimmen ... -mein Schwager bereut immer sehr schnell. Ich hab’s -oft ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz möglich —! Vielleicht gerade deshalb -aber ist das, was er über mich sagte, seine wahre -Meinung von mir. — Es ist sogar unbedingt seine wahre -Meinung. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Glauben Sie das im Ernst? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja! — im Ernst! Also .... <span class="dir">Er geht auf sie -zu und giebt ihr die Hand.</span> Leben Sie recht glücklich! <span class="dir">Er wendet -sich und steht sogleich wieder still.</span> Ich weiß nicht ....! oder besser: -— <span class="dir">Helenen klar und ruhig ins Gesicht blickend</span> — ich weiß, weiß erst -seit ... seit diesem Augenblick, daß es mir nicht ganz -leicht ist, von hier fortzugehen .... und .... ja ... und -... na ja! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wenn ich Sie aber — recht schön bäte -.... recht sehr ... noch weiter hier zu bleiben —? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sie theilen also nicht die Meinung Ihres -Schwagers? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein! — und das — wollte ich Ihnen -<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a> -unbedingt ... unbedingt noch sagen, bevor ... bevor — -Sie — gingen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">ergreift abermals ihre Hand</span>. Das thut mir <em>wirklich</em> -wohl. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">mit sich kämpfend. In einer sich schnell bis zur Bewußtlosigkeit -steigernden Erregung. Mühsam hervorstammelnd.</span> Auch noch -mehr w—ollte ich Ihnen ... Ihnen sagen, nämlich ... -näm—lich, daß — ich Sie sehr hoch—achte und — -verehre — wie ich bis jetzt .... bis jetzt noch — keinen -Mann ...., daß ich Ihnen — vertraue, — daß ich be—reit -bin, das ..... das zu beweisen — daß ich — etwas für -— Dich, Sie fühle ... <span class="dir">Sinkt ohnmächtig in seine Arme.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Helene! -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Vorhang fällt schnell. -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-6"> -<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a> -Vierter Akt. -</h2> - -<div class="dir scene"> -<p> -Wie im zweiten Akt: der Gutshof. Zeit: eine Viertelstunde -nach Helenens Liebeserklärung. -</p> - -<p> -<em>Marie</em> und <em>Golisch</em>, der Kuhjunge, schleppen sich mit -einer hölzernen Lade die Bodentreppe herunter. Loth kommt -reisefertig aus dem Hause und geht langsam und nachdenklich -quer über den Hof. Bevor er in den Wirthshaussteg einbiegt, -stößt er auf <em>Hoffmann</em>, der mit ziemlicher Eile durch den Hofeingang -ihm entgegenkommt. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span>, <span class="dir">Cylinder, Glacéhandschuhe</span>. Sei mir nicht böse. -<span class="dir">Er verstellt Loth den Weg und faßt seine beiden Hände.</span> Ich nehme -hiermit alles zurück! ... Nenne mir eine Genugthuung! -... Ich bin zu jeder Genugthuung bereit! .... Ich bereue, -bereue alles aufrichtig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das hilft Dir und mir wenig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach! — wenn Du doch ... sieh mal ....! -Mehr kann man doch eigentlich nicht thun. Ich -sage Dir: mein Gewissen hat mir keine Ruhe gelassen! -Dicht vor Jauer bin ich umgekehrt, .... daran solltest -Du doch schon erkennen, daß es mir Ernst ist. — Wo -wolltest Du hin ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> In’s Wirthshaus — einstweilen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach, das darfst Du mir nicht anthun ...! -Das thu mir nur nicht an! Ich glaube ja, daß -es Dich tief kränken mußte. ’S ist ja auch vielleicht nicht -<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a> -so — mit ein paar Worten wieder gut zu machen. Nur -nimm mir nicht jede Gelegenheit .... jede Möglichkeit, -Dir zu beweisen .... hörst Du? Kehr um! .... Bleib -wenigstens bis ... bis morgen. Oder bis ... bis ich -zurückkomme. Ich muß mich noch einmal in Muße mit -Dir aussprechen darüber; — das kannst Du mir nicht -abschlagen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenn Dir daran besonders viel gelegen ist .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Alles! ... auf Ehre! — ist mir daran -gelegen, alles! .... Also komm! ... komm!! Kneif ja nicht -aus! — komm! <span class="dir">Er führt Loth, der sich nun nicht mehr sträubt, in -das Haus zurück. Beide ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Die entlassene Magd und der Kuhjunge haben inzwischen -die Lade auf den Schubkarren gesetzt, Golisch hat die Traggurte -umgenommen. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Marie</span>, <span class="dir">während sie Golisch etwas in die Hand drückt</span>. Doo! -Gooschla! hust a woas! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Der Junge</span> <span class="dir">weist es ab</span>. Behaal’ Den’n Biema! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Marie.</span> Ae! tumme Dare! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Der Junge.</span> Na, wegen menner. <span class="dir">Er nimmt das Geld -und thut es in seinen ledernen Geldbeutel.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">von einem der Wohnhausfenster aus, ruft</span>: -Marie! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Marie.</span> Woas wullt Er noo? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">nach einer Minute aus der Hausthür tretend</span>. -Die gnädige Frau will Dich behalten, wenn Du versprichst -.... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Marie.</span> Dreck! war ich er versprecha! — Foahr -zu, Goosch! -</p> - -<p> -<a id="page-96" class="pagenum" title="96"></a> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">näher tretend</span>. Die gnädige Frau will -Dir auch etwas am Lohn zulegen, wenn Du ..... -<span class="dir">Plötzlich flüsternd.</span> Mach Der nischt draus, Moad! se werd -ok manchmal so’n bisken kullerig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Marie</span> <span class="dir">wüthend</span>. Se maag siich ihre poar Greschla -fer sich behahl’n! — <span class="dir">Weinerlich.</span> Ehnder derhingern! <span class="dir">Sie -folgt Gosch, der mit dem Schubkarren vorangefahren ist.</span> Nee, a su -woas oaber oo! — Do sool eens do glei’ ... <span class="dir">Ab. Frau -Spiller ihr nach. Ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Durch den Haupteingang kommt <em>Baer</em>, genannt Hopslabaer. -Ein langer Mensch mit einem Geierhalse und Kropfe dran. Er -geht barfuß und ohne Kopfbedeckung; die Beinkleider reichen, unten -stark ausgefranst, bis wenig unter die Knie herab. Er hat eine -Glatze; das vorhandene braune, verstaubte und verklebte Haar -reicht ihm bis über die Schulter. Sein Gang ist straußenartig. -An einer Schnur führt er ein Kinderwägelchen voll Sand mit -sich. Sein Gesicht ist bartlos, die ganze Erscheinung deutet auf -einen einige Zwanzig alten verwahrlosten Bauernburschen. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Baer</span> <span class="dir">mit merkwürdig blökender Stimme</span>. Saaa—a—and! -Saa—and! -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Er geht durch den Hof und verschwindet zwischen Wohnhaus -und Stallgebäude. <em>Hoffmann</em> und <em>Helene</em> aus dem -Wohnhaus. Helene sieht bleich aus und trägt ein leeres Wasserglas -in der Hand. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">zu Helene</span>. Unterhalt ihn bissel! verstehst -Du? — Laß ihn nicht fort — es liegt mir sehr viel -daran. — So’n beleidigter Ehrgeiz .... Adieu! — Ach! -Soll ich am Ende nicht fahren? — Wie geht’s mit -Martha? — Ich hab so’n eigenthümliches Gefühl, als -ob’s bald ..... Unsinn! — Adieu! ... höchste Eile! -<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a> -<span class="dir">Ruft.</span> Franz! Was die Pferde laufen können! <span class="dir">Schnell ab -durch den Haupteingang.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Helene</em> geht zur Pumpe, pumpt das leere Glas voll und -leert es auf einen Zug. Ein zweites Glas Wasser leert sie zur -Hälfte. Das Glas setzt sie dann auf das Pumpenrohr und -schlendert langsam, von Zeit zu Zeit rückwärts schauend, durch -den Thorweg hinaus. <em>Baer</em> kommt zwischen Wohnhaus und -Stallung hervor und hält mit seinem Wagen vor der Wohnhausthür -still, wo Miele ihm Sand abnimmt. Indeß ist <em>Kahl</em> von -rechts innerhalb des Grenzzaunes sichtbar geworden, im Gespräch -mit <em>Frau Spiller</em>, die außerhalb des Zaunes, also auf dem -Terrain des Hofeingangs, sich befindet. Beide bewegen sich im -Gespräch langsam längs des Zaunes hin. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">leidend</span>. Ach ja — m — gnädiger -Herr Kahl! Ich hab — m — manchmal so an Sie -— m — gedacht — m — wenn ... wenn das gnädige -Freilein ... Sie ist doch nun mal — m — so zu sagen — -m — mit Sie verlobt, und da .... ach! — m — zu -meiner Zeit ...! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">steigt auf die Bank unter der Eiche und befestigt einen Meisekasten -auf dem untersten Ast</span>. W — wenn werd denn d.. dd.. doas -D... d... d... dukterluder amol sssenner W... wwwege -gihn? hä? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Ach, Herr Kahl! ich glaube — m — -nicht so bald. — A.. ach, Herr — m — Kahl, ich bin -zwar so zu sagen — m — etwas — m — herabjekommen, -aber ich weiß so zu sagen — m —, was Bildung ist. -In dieser Hinsicht, Herr Kahl ...., das Freilein — m — -das gnädige Freilein ...., das handeln nicht gut gegen -Ihnen — nein! — m — darin, so zu sagen — m — -<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a> -habe ich mir nie etwas zu Schulden kommen lassen — -m — mein Gewissen — m — gnädiger Herr Kahl, ist -darin so rein ... so zu sagen, wie reiner Schnee. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Baer hat sein Sandgeschäft abgewickelt und verläßt in -diesem Augenblick, an Kahl vorübergehend, den Hof. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">entdeckt Baer und ruft</span>. Hopslabaer, hops amool! -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Baer macht einen riesigen Luftsprung. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">vor Lachen wiehernd, ruft ein zweites Mal</span>. Hopslabaer, -hops amool! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Nun da — m — ja, Herr -Kahl! ...... ich meine es nur gut mit Sie. Sie müssen -Obacht geben — m — gnädiger Herr! Es — m — es -ist was im Gange mit dem gnädigen Fräulein und — -m — m — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> D.. doas Dukterluder ... ok bbbblußig -emool vor a Hunden — blußig e.. e.. e.. emool! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">geheimnißvoll</span>. Und was das nun noch — -m — für ein Indifidium ist. Ach — m — das gnädige -Freilein thut mir auch <em>soo</em> leid. Die Frau — m — -vom Polizeidiener, die hat’s vom Amte, glaub ich. Es -soll ein ganz — m — gefährlicher Mensch sein. Ihr -Mann — m — soll ihn so zu sagen — m — denken -Sie nur, soll ihn — m — geradezu im Auge behalten. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Loth</em> aus dem Hause. Sieht sich um. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Seh’n Sie, nun jeht er dem -gnädigen Freilein nach — m —. Aa... ach, <em>zuu</em> leid -thut es einem. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl.</span> Na wart’! <span class="dir">Ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Frau Spiller</em> geht nach der Hausthüre. Als sie an -<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a> -Loth vorbeikommt, macht sie eine tiefe Verbeugung. Ab in -das Haus. -</p> - -<p> -<em>Loth</em> langsam durch den Thorweg ab. Die <em>Kutschenfrau</em>, -eine magere, abgehärmte und ausgehungerte Frauensperson, -kommt zwischen Stallgebäude und Wohnhaus hervor. -Sie trägt einen großen Topf unter ihrer Schürze versteckt und -schleicht damit, sich überall ängstlich umblickend, nach dem Kuhstall. -Ab in die Kuhstallthür. Die beiden <em>Mägde</em>, jede eine -Schubkarre, hoch mit Klee beladen, vor sich herstoßend, kommen -durch den Thorweg herein. <em>Beibst</em>, die Sense über der Schulter, -die kurze Pfeife im Munde, folgt ihnen nach. Liese hat ihre -Schubkarre vor die linke, Auguste vor die rechte Stallthür gefahren, -und beide Mädchen beginnen große Arme voll Klee in -den Stall hinein zu schaffen. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Liese</span> <span class="dir">leer aus dem Stalle herauskommend</span>. Du, Guste! de -Marie iis furt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Auguste.</span> Joa wull doch?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> Gih nei! freu’ die Kutscha-Franzen, se milkt -er an Truppen Milch ei. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">hängt seine Sense an der Wand auf</span>. Na! doa lußt -ok de Spillern nee ernt derzune kumma. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Auguste.</span> Oh jechtich! nee ok nee! bei Leibe nich! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> A su a oarm Weib miit achta. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Auguste.</span> Acht kleene Bälge! — die wull’n laba. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> Ne amool an Truppen Milch thun s’ er -ginn’n ... meschant iis doas. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Auguste.</span> Wu milkt sie denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> Ganz derhinga, de neumalke Fenus! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">stopft seine Pfeife; den Tabaksbeutel mit den Zähnen festhaltend, -nuschelt er</span>. De Marie wär’ weg? -</p> - -<p> -<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a> -<span class="speaker">Liese.</span> Ju, ju, ’s iis fer gewiß! — der Pfaarknecht -hot gle bein er geschloofa. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Beibst</span> <span class="dir">den Tabaksbeutel in die Tasche steckend</span>. Amool wiil -jedes! — au’ de Frau. <span class="dir">Er zündet sich die Pfeife an, darauf durch -den Haupteingang ab. Im Abgehen.</span> Ich gih a wing frihsticka! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Die Kutschenfrau</span> <span class="dir">den Topf voll Milch vorsichtig unter der -Schürze, guckt aus der Stallthür heraus</span>. Sitt ma Jemanda? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> Koanst kumma, Kutschen, ma sitt ken’n. -Kumm! kumm schnell! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kutschenfrau</span> <span class="dir">im Vorübergehen zu den Mägden</span>. Ok fersch -Pappekindla! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese</span> <span class="dir">ihr nachrufend</span>. Schnell! S’ kimmt Jemand. <span class="dir"><em>Kutschenfrau</em> -zwischen Wohnhaus und Stallung ab.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Auguste.</span> Blußig ok inse Frele. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Die Mägde räumen nun weiter die Schubkarren ab und -schieben sie, wenn sie leer sind, unter den Thorweg, hierauf beide -ab in den Kuhstall. -</p> - -<p> -Loth und Helene kommen zum Thorweg herein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Widerlicher Mensch! dieser Kahl, — frecher -Spion! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> In der Laube vorn, glaub ich ... <span class="dir">Sie -gehen durch das Pförtchen in das Gartenstückchen links vorn und in die -Laube daselbst.</span> Es ist mein Lieblingsplatz. — Hier bin ich -noch am ungestörtesten, wenn ich mal was lesen will. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ein hübscher Platz hier. — Wirklich! <span class="dir">Beide -setzen sich, ein wenig von einander getrennt, in der Laube nieder. Schweigen. -Darauf Loth.</span> Sie haben so sehr schönes und reiches Haar, -Fräulein! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach ja, mein Schwager sagt das auch. -<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a> -Er meinte, er hätte es kaum so gesehen — auch in der -Stadt nicht ... Der Zopf ist oben so dick wie mein -Handgelenk ... Wenn ich es losmache, dann reicht es -mir bis zu den Knien. Fühlen Sie mal —! Es fühlt -sich wie Seide an, gelt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ganz wie Seide. <span class="dir">Ein Zittern durchläuft ihn, er -beugt sich und küßt das Haar.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">erschreckt</span>. Ach nicht doch! Wenn ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Helene —! War das vorhin nicht Dein Ernst? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach! — ich schäme mich so schrecklich. -Was habe ich nur gemacht? — Dir ... Ihnen an den -Hals geworfen habe ich mich. — Für was müssen Sie -mich halten ...! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">rückt ihr näher, nimmt ihre Hand in die seine</span>. Wenn Sie -sich doch <em>da</em>rüber beruhigen wollten! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">seufzend</span>. Ach, das müßte Schwester Schmittgen -wissen .... ich sehe gar nicht hin! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wer ist Schwester Schmittgen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Eine Lehrerin aus der Pension. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie können Sie sich nur über Schwester -Schmittgen Gedanken machen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Sie war sehr gut ....! <span class="dir">Sie lacht plötzlich heftig -in sich hinein.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Warum lachst Du denn so auf einmal? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">zwischen Pietät und Laune</span>. Ach! .. Wenn sie auf -dem Chor stand und sang ... Sie hatte nur noch einen -einzigen, langen Zahn .... da sollte es immer heißen: -Tröste, tröste mein Volk! und es kam immer heraus: -’Röste, ’röste mein Volk! Das war zu drollig .... da -<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a> -mußten wir immer so lachen .... wenn sie so durch den -Saal .... ’röste! ’röste! <span class="dir">Sie kann sich vor Lachen nicht lassen, -Loth ist von ihrer Heiterkeit angesteckt. Sie kommt ihm dabei so lieblich -vor, daß er den Augenblick benutzen will, den Arm um sie zu legen. Helene -wehrt es ab.</span> Ach nein doch ....! Ich habe mich Dir .... -Ihnen an den Hals geworfen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ach! sagen Sie doch nicht so etwas. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Aber ich bin nicht schuld, Sie haben sich’s -selbst zuzuschreiben. Warum verlangen Sie ..... -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Loth legt nochmals seinen Arm um sie, zieht sie fester an -sich. Anfangs sträubt sie sich ein wenig, dann giebt sie sich drein -und blickt nun mit freier Glückseligkeit in Loth’s glücktrunkenes -Gesicht, das sich über das ihre beugt. Unversehens, aus einer -gewissen Schüchternheit heraus küßt sie ihn zuerst auf den Mund. -Beide werden roth, dann giebt Loth ihr den Kuß zurück; lang, -innig, fest drückt sich sein Mund auf den ihren. Ein Geben und -Nehmen von Küssen ist eine Zeit hindurch die einzige Unterhaltung -— stumm und beredt zugleich — der beiden. Loth -spricht dann zuerst. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Lene, nicht? Lene heißt Du hier so? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">küßt ihn</span> ... Nenne mich anders ... Nenne -mich, wie Du gern möcht’st. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Liebste! ............ -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Das Spiel mit dem Küssetauschen und sich gegenseitig Betrachten -wiederholt sich. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">von Loth’s Armen fest umschlungen, ihren Kopf an seiner -Brust mit verschleierten, glückseligen Augen, flüstert im Ueberschwang</span>. Ach! -— wie schön! Wie schön —! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> So mit Dir sterben! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">mit Inbrunst</span>. Leben! ... <span class="dir">Sie löst sich aus seinen -Armen.</span> Warum denn jetzt sterben? .... jetzt ... -</p> - -<p> -<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Das mußt Du nicht falsch auffassen. Von -jeher berausche ich mich ... besonders in glücklichen -Momenten berausche ich mich in dem Bewußtsein, es in -der Hand zu haben, weißt Du! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Den Tod in der Hand zu haben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">ohne jede Sentimentalität</span>. Ja! und so hat er gar -nichts Grausiges, im Gegentheil, so etwas Freundschaftliches -hat er für mich. Man ruft und weiß bestimmt, daß er -kommt. Man kann sich dadurch über alles Mögliche -hinwegheben, Vergangenes — und Zukünftiges .... -<span class="dir">Helenen’s Hand betrachtend.</span> Du hast eine so wunderhübsche -Hand. <span class="dir">Er streichelt sie.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach ja! — so ..... <span class="dir">Sie drückt sich auf’s -Neue in seine Arme.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, weißt Du! ich hab’ nicht gelebt! ... -bisher nicht! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Denkst Du ich? ... Mir ist fast taumelig -..... taumelig bin ich vor Glück. Gott! wie ist -das — nur so auf einmal ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, so auf <em>ein—mal</em> ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Hör’ mal! so ist mir: die ganze Zeit -meines Lebens — ein Tag! — gestern und heut — -ein Jahr! gelt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Erst gestern bin ich gekommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ganz gewiß! — eben! — natürlich! .... -Ach, ach! Du weißt es nicht mal! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es kommt mir wahrhaftig auch vor ....... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nicht —? Wie ’n ganzes, geschlagnes -Jahr! — Nicht —? <span class="dir">Halb aufspringend.</span> Wart’ ....! — -<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a> -Kommt — da nicht .... <span class="dir">Sie rücken aus einander.</span> .... Ach! -es ist mir auch — egal. Ich bin jetzt — so muthig. -<span class="dir">Sie bleibt sitzen und muntert Loth mit einem Blick auf näher zu rücken, -was dieser sogleich thut.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">in Loth’s Armen</span>. ... Du! — Was thun wir -denn nu zuerst? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deine Stiefmutter würde mich wohl — abweisen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, meine Stiefmutter .... das wird wohl -gar nicht .... gar nichts geht’s die an! Ich mache, was -ich will ..... Ich hab mein mütterliches Erbtheil, mußt -Du wissen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deshalb meinst Du ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich bin majorenn. Vater muß mir’s -auszahlen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du stehst wohl nicht gut — mit allen -hier? — Wohin ist denn Dein Vater verreist? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Verr... Du hast ...? Ach, Du hast -Vater noch nicht gesehen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein! Hoffmann sagte mir .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Doch! ... hast Du ihn schon einmal gesehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich wüßte nicht! ... Wo denn, Liebste? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich ... <span class="dir">Sie bricht in Thränen aus.</span> Nein, ich -kann — kann Dir’s noch nicht sagen .... zu furchtbar -schrecklich ist das. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Furchtbar schrecklich? Aber Helene! ist denn -Deinem Vater etwas ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach! — frag’ mich nicht! Jetzt nicht! Später! -</p> - -<p> -<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Was Du mir nicht freiwillig sagen willst, -danach werde ich Dich auch gewiß nicht mehr fragen ... -Sieh mal, was das Geld anlangt ... im schlimmsten -Falle .... ich verdiene ja mit dem Artikelschreiben nicht -gerade überflüssig viel, aber ich denke, es müßte am Ende -für uns beide ganz leidlich hinreichen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Und ich würde doch auch nicht müßig sein. -Aber besser ist besser. Das Erbtheil ist vollauf genug -— Und Du sollst Deine Aufgabe .... nein, die sollst Du -unter keiner Bedingung aufgeben, jetzt erst recht ....! -jetzt sollst Du erst recht die Hände frei bekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sie innig küssend</span>. Liebes, edles Geschöpf! ...... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Hast Du mich wirklich lieb ...? ... -Wirklich? ... wirklich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wirklich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Sag hundert Mal wirklich? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wirklich, wirklich und wahrhaftig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, weißt Du! Du schummelst! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das wahrhaftig gilt hundert wirklich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> So!? wohl in Berlin? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein, eben in Witzdorf. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, Du! ... Sieh meinen kleinen Finger -und lache nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Gern. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Hast Du au—ßer Dei—ner er—sten Braut -noch andere ge....? Du! Du lachst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich will Dir was im Ernst sagen, Liebste, -ich halte es für meine Pflicht .... Ich habe mit einer -großen Anzahl Frauen ... -</p> - -<p> -<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">schnell und heftig auffahrend, drückt ihm den Mund zu</span>. -Um Gott ...! sag’ mir das einmal — später — wenn -wir alt sind .... nach Jahren — wenn ich Dir sagen -werde: jetzt — hörst Du! nicht eher. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Gut! wie Du willst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Lieber was Schönes jetzt! ... Paß auf: -sprich mir mal das nach: -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> „Ich hab’ Dich — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> „Ich hab’ Dich — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> „und nur immer Dich — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> „und nur immer Dich — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> „geliebt — geliebt Zeit meines Lebens — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> „geliebt — geliebt Zeit meines Lebens — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> „und werde nur Dich allein Zeit meines -Lebens lieben.“ -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> „und werde nur Dich allein Zeit meines -Lebens lieben,“ und das ist wahr, so wahr ich ein ehrlicher -Mann bin. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">freudig</span>. Das hab ich nicht gesagt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber ich. <span class="dir">Küsse.</span> ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">summt ganz leise</span>. Du, Du liegst mir im -Her—zen .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Jetzt sollst Du auch beichten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Alles, was Du willst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Beichte! Bin ich der erste? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wer? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">übermüthig herauslachend</span>. Koahl-Willem. -</p> - -<p> -<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">lachend</span>. Wer noch? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach nein! weiter ist es wirklich Keiner. -Du mußt mir glauben ... Wirklich nicht. Warum sollte -ich denn lügen ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Also doch noch Jemand? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">heftig</span>. Bitte, bitte, bitte, bitte, frag’ mich -jetzt nicht darum. <span class="dir">Versteckt das Gesicht in den Händen, weint scheinbar -ganz unvermittelt.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber ..... aber Lenchen! ich dringe ja -durchaus nicht in Dich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Später! alles, alles später. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie gesagt, Liebste .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> S’ war Jemand — mußt Du wissen — -den ich, ... weil ... weil er unter schlechten mir weniger -schlecht vorkam. Jetzt ist das ganz anders. <span class="dir">Weinend an -Loth’s Halse, stürmisch.</span> Ach, wenn ich doch gar nicht mehr -von Dir fort müßte! Am liebsten ginge ich gleich auf -der Stelle mit Dir. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du hast es wohl sehr schlimm hier im Hause? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, Du! — Es ist ganz entsetzlich, wie -es hier zugeht; ein Leben wie — das ..... wie das -liebe Vieh, — ich wäre darin umgekommen ohne Dich — -mich schaudert’s! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich glaube, es würde dich beruhigen, wenn -Du mir alles offen sagtest, Liebste! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja freilich! aber — ich bring’s nicht -über mich. Jetzt nicht ..... jetzt noch nicht! — Ich -fürcht’ mich förmlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du warst in der Pension? -</p> - -<p> -<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a> -<span class="speaker">Helene.</span> Die Mutter hat es bestimmt — auf dem -Sterbebett noch. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Auch Deine Schwester war ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein! — die war immer zu Hause ... -Und als ich dann nun vor vier Jahren wiederkam, da -fand ich — einen Vater — der .... eine Stiefmutter -— die .... eine Schwester ... rath mal, was ich meine! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Deine Stiefmutter ist zänkisch. — Nicht? -— Vielleicht eifersüchtig? — lieblos? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Der Vater ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun! — der wird aller Wahrscheinlichkeit -nach in ihr Horn blasen. — Tyrannisirt sie ihn vielleicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Wenn’s <em>weiter</em> nichts wär ... Nein! ... -es ist zu entsetzlich! — Du kannst nicht darauf kommen — -daß .... daß <em>der</em> — mein Vater .... daß es mein Vater -war — den — Du .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Weine nur nicht, Lenchen! .... siehst Du — -nun möcht ich beinah ernstlich darauf dringen, daß Du -mir ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nein! es geht nicht! Ich habe noch nicht -die Kraft — es — Dir .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du reibst Dich auf, so. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ich schäme mich zu bodenlos! — Du ... -Du wirst mich fortstoßen, fortjagen ....! Es ist über alle -Begriffe .... Ekelhaft ist es! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Lenchen, Du kennst mich nicht — sonst würd’st -Du mir so etwas nicht zutrauen. — Fortstoßen! fortjagen! -Komme ich Dir denn wirklich so brutal vor? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Schwager Hoffmann sagte: Du würdest — -<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a> -kaltblütig .... Ach nein! nein! nein! das thust Du doch -nicht! gelt? — Du schreitest nicht über mich weg? thu es -nicht!! — Ich weiß nicht — was — dann noch aus — -mir werden sollte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, aber das ist ja Unsinn! Ich hätte ja -gar keinen Grund dazu. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Also Du hältst es doch für möglich?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nein! — eben <em>nicht</em>. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Aber wenn Du Dir einen Grund ausdenken -kannst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es gäbe allerdings Gründe, aber — die stehen -nicht in Frage. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Und solche Gründe? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nur, wer mich zum Verräther meiner selbst -machen wollte, über den müßte ich hinweggehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Das will ich gewiß nicht — aber ich -werde halt das Gefühl nicht los. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was für ein Gefühl, Liebste? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Es kommt vielleicht daher: ich bin so -dumm! — Ich hab’ gar nichts in mir. Ich weiß nicht -mal, was das ist, Grundsätze. — Gelt? das ist doch -schrecklich. Ich lieb’ Dich nur so einfach! — aber Du -bist so gut, so groß — und hast so viel in Dir. Ich -habe solche Angst, Du könntest doch noch mal merken — -wenn ich was Dummes sage — oder mache — daß es -doch nicht geht, .... daß ich doch viel zu einfältig für -Dich bin .... Ich bin wirklich schlecht und dumm wie -Bohnenstroh. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was soll ich dazu sagen?! Du bist mir -<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a> -alles in allem! Alles in allem bist Du mir! Mehr weiß -ich nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Und gesund bin ich ja auch ..... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sag’ mal! sind Deine Eltern gesund? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, das wohl! das heißt: die Mutter ist -am Kindbettfieber gestorben. Vater ist noch gesund; er -muß sogar eine sehr starke Natur haben. Aber .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na! — siehst Du; also ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Und wenn die Eltern nun nicht gesund -wären —? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">küßt Helene</span>. Sie sind’s ja doch, Lenchen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Aber wenn sie es nicht wären —? -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<em>Frau Krause</em> stößt ein Wohnhausfenster auf und ruft in -den Hof. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Ihr Madel! Ihr Maa..del!! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese</span> <span class="dir">aus dem Kuhstall</span>. Frau Krausen!? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Renn’ zur Müllern! S’ giht luus! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Liese.</span> Wa—a, zur Hebomme Millern, meen’ Se? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause.</span> Na? lei’st uff a Uhr’n? <span class="dir">Sie schlägt -das Fenster zu.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Liese rennt in den Stall und dann mit einem Tüchelchen -um den Kopf zum Hofe hinaus. Frau Spiller erscheint in der -Hausthür. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">ruft</span>. Fräulein Helene! ... Gnädiges -Fräulein Helene! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was nur da los sein mag? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller</span> <span class="dir">sich der Laube nähernd</span>. Fräulein Helene. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach! das wird’s sein! — die Schwester. -Geh fort! da herum. <span class="dir">Loth schnell links vorn ab. Helene tritt aus -der Laube.</span> -</p> - -<p> -<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Fräulein .....! Ach da sind Sie -endlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Was is denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Aach — m — bei Frau Schwester -<span class="dir">flüstert ihr etwas in’s Ohr</span> — m — m — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Mein Schwager hat anbefohlen, für den -Fall sofort nach dem Arzt zu schicken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Gnädiges Fräulein — m — sie -will doch aber — m — will doch aber keinen Arzt — -m — Die Aerzte, aach die — m — Aerzte! — m — -mit Gottes Beistand ... -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Miele kommt aus dem Hause. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Miele! gehen Sie augenblicklich zum -<span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Aber Fräulein ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Krause</span> <span class="dir">aus dem Fenster, gebieterisch</span>. Miele! Du -kimmst ruff! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">ebenso</span>. Sie gehen zum Arzt, Miele. <span class="dir">Miele -zieht sich in’s Haus zurück.</span> Nun, dann will ich selbst .... <span class="dir">Sie -geht in’s Haus und kommt, den Strohhut am Arm, sogleich zurück.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Frau Spiller.</span> Dann — m — wird es schlimm. -Wenn Sie den Arzt holen — m — gnädiges Fräulein, -dann — m — wird es gewiß schlimm. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Helene geht an ihr vorüber. <em>Frau Spiller</em> zieht sich -kopfschüttelnd ins Haus zurück. Als Helene in die Hofeinfahrt -biegt steht Kahl am Grenzzaun. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">ruft Helenen zu</span>. Woas iis denn bei Eich luus? -</p> - -<p> -<span class="dir">Helene hält im Lauf nicht inne, noch würdigt sie Kahl -eines Blickes oder einer Antwort.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Kahl</span> <span class="dir">lachend</span>. Ihr ha’t wull Schweinschlachta? -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-7"> -<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a> -Fünfter Akt. -</h2> - -<div class="dir scene"> -<p> -Das Zimmer wie im ersten Akt. Zeit: gegen 2 Uhr -Nachts. Im Zimmer herrscht Dunkelheit. Durch die offene -Mittelthür dringt Licht aus dem erleuchteten Hausflur. Deutlich -beleuchtet ist auch noch die Holztreppe in dem <a id="corr-4"></a>ersten Stock. -Alles in diesem Akt — bis auf wenige Ausnahmen — wird in -einem gedämpften Tone gesprochen. -</p> - -<p> -Eduard mit Licht tritt durch die Mittelthür ein. Er entzündet -die Hängelampe über dem Ecktisch (Gasbeleuchtung). -Als er damit beschäftigt ist, kommt Loth ebenfalls durch die -Mittelthür. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Ja ja! — bei <em>die</em> Zucht ... ’t muß -reen unmenschen meglich sint, een Oge zuzuthun. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich wollte nicht mal schlafen. Ich habe -geschrieben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Ach wat! <span class="dir">Er steckt an.</span> So! — na jewiß! -— et mag ja woll schwer jenug sin .... Wünschen der -Herr Doktor vielleicht Dinte und Feder? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Am Ende ... wenn Sie so freundlich sein -wollen, Herr Eduard. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard</span>, <span class="dir">indem er Dinte und Feder auf den Tisch setzt</span>. Ick -menn all immer, was ’n ehrlicher Mann is, der muß -Haut und Knochen dransetzen um jeden lumpichten Jroschen. -Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. — <span class="dir">Immer <a id="corr-5"></a>vertraulicher.</span> -Aber <em>die</em> Nation hier, die duht reen jar nischt; -<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a> -so’n faules, nichtsnutziges Pack, so’n ... Der Herr Doktor -mussen jewiß ooch all dichtig in’t Zeuch jehn, um det -bisken Lebens<em>unterhalt</em> wie alle ehrlichen Leute. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wünschte, ich brauchte es nicht! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Na, wat meen’ Se woll! ick ooch! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Fräulein Helene ist wohl bei ihrer Schwester? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Allet wat wahr is: d’ is ’n jutes Mä’chen! -jeht ihr nich von der Seite. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sieht auf die Uhr</span>. Um 11 Uhr früh begannen -die Wehen. Sie dauern also ... fünfzehn Stunden -dauern sie jetzt bereits. — Fünfzehn lange Stunden —! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Weeß Jott! — und det benimen se -nu ’t schwache Jeschlecht — sie jappt aber ooch man nur -noch so. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Herr Hoffmann ist auch oben!? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> Und ick sag Ihnen, ’t reene Weib. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das mit anzusehen ist wohl auch keine -Kleinigkeit. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Eduard.</span> I! nu! det will ick meenen! Na! eben -is Doktor Schimmelpfennig zujekommen. Det is ’n -Mann, sag ick Ihnen: jrob wie ’ne Sackstrippe, aber — -Zucker is ’n dummer Junge dajejen. Sagen Sie man -bloß, wat it aus det olle Berlin .... <span class="dir">Er unterbricht sich mit -einem</span> Jott Strambach! <span class="dir">da Hoffmann und der Doktor die Treppe -herunter kommen</span>. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -<em>Hoffmann</em> und <em>Doktor Schimmelpfennig</em> treten ein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Jetzt — bleiben Sie doch wohl bei uns. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja! jetzt werde ich hier -bleiben. -</p> - -<p> -<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das ist mir eine große, große Beruhigung. -— Ein Glas Wein ...? Sie trinken doch -ein Glas Wein, Herr Doktor!? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wenn Sie etwas thun -wollen, dann lassen Sie mir schon lieber eine Tasse Kaffee -brauen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Mit Vergnügen. — Eduard! Kaffee -für Herrn Doktor! <span class="dir">Eduard ab.</span> Sie sind .....? Sind -Sie zufrieden mit dem Verlauf? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> So lange Ihre Frau -Kraft behält, ist jedenfalls directe Gefahr nicht vorhanden. -Warum haben Sie übrigens die junge Hebamme nicht -zugezogen? Ich hatte Ihnen doch eine empfohlen, so -viel ich weiß. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Meine Schwiegermama ... was soll -man machen? Wenn ich ehrlich sein soll: auch meine -Frau hatte kein Vertrauen zu der jungen Person. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Und zu diesem fossilen -Gespenst haben Ihre Damen Vertrauen?! Wohl bekomms! -— Sie möchten gern wieder hinauf? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ehrlich gesagt: ich habe nicht viel -Ruhe hier unten. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Besser wär’s freilich, Sie -gingen irgend wohin, aus dem Hause. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Beim besten Willen das .... ach, -Loth! da bist Du ja auch noch. <span class="dir">Loth erhebt sich von dem Sopha -im dunklen Vordergrunde und geht auf die beiden zu.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">aufs Aeußerste überrascht</span>. Donnerwetter! -</p> - -<p> -<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich hörte schon, daß Du hier seist. Morgen -hätte ich Dich unbedingt aufgesucht. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Beide schütteln sich -tüchtig die Hände. Hoffmann benutzt den Augenblick, am Buffet -schnell ein Glas Cognac hinunterzuspülen, darauf dann sich auf -den Zehen hinaus und die Holztreppe hinauf zu schleichen. -</p> - -<p> -Das Gespräch der beiden Freunde steht am Anfang unverkennbar -unter dem Einfluß einer gewissen leisen Zurückhaltung. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du hast also wohl ... -hahaha die alte, dumme Geschichte vergessen? <span class="dir">Er legt Hut -und Stock bei Seite.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Längst vergessen, Schimmel! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Na, ich auch! das kannst -Du Dir denken. — <span class="dir">Sie schütteln sich nochmals die Hände.</span> Ich -habe in dem Nest hier so wenig freudige Ueberraschungen -gehabt, daß mir die Sache ganz curios vorkommt. Merkwürdig! -Gerade hier treffen wir uns. — Merkwürdig! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Rein verschollen bist Du ja, Schimmel! -Hätte Dich sonst längst mal umgestoßen. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Unter Wasser gegangen -wie ein Seehund. Tiefseeforschungen gemacht. In anderthalb -Jahren etwa hoffe ich wieder aufzutauchen. Man -muß materiell unabhängig sein, wissen Sie ... weißt -Du! wenn man etwas Brauchbares leisten will. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Also Du machst <em>auch</em> Geld hier? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Natürlicherweise und zwar -so viel als möglich. Was sollte man hier auch anderes thun? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du hätt’st doch mal was von Dir hören -lassen sollen. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Erlauben Sie ... erlaube, -<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a> -hätte ich von mir was hören lassen, dann hätte -ich von Euch was wieder gehört, und ich wollte durchaus -nichts hören. Nichts, — gar nichts, das hätte mich -höchstens von meiner Goldwäscherei abhalten können. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Beide gehen langsamen Schritts auf und ab im Zimmer. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na ja — Du kannst Dich dann aber auch -nicht wundern, daß sie ... nämlich ich muß Dir sagen, -sie haben Dich eigentlich alle, durch die Bank, aufgegeben. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Sieht ihnen ähnlich. — -Bande! — sollen schon was merken. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Schimmel, genannt: das Rauhbein! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du solltest nur sechs -Jahre unter diesen Bauern gelebt haben. Himmelhunde -alle miteinander. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das kann ich mir denken. — Wie bist Du -denn gerade nach Witzdorf gekommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wie’s so geht. Damals -mußte ich doch auskneifen, von Jena weg. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> War das vor meinem Reinfall? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja wohl. Kurze Zeit -nachdem wir unser Zusammenleben aufgesteckt hatten. -In Zürich legte ich mich dann auf die Medicinerei, zunächst -um etwas für den Nothfall zu haben; dann fing -aber die Sache an mich zu interessiren, und jetzt bin ich -mit Leib und Seele Medicus. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Und hierher ...? Wie kamst Du hier her? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ach so! — einfach! Als -ich fertig war, da sagte ich mir: nun vor allen Dingen -einen hinreichenden Haufen Kies. Ich dachte an Amerika, -<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a> -Süd- <a id="corr-6"></a>und Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die -Sundainseln .... am Ende fiel mir ein, daß mein -Knabenstreich ja mittlerweile verjährt war; da habe ich -mich denn entschlossen in die Mausefalle zurückzukriechen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Und Dein Schweizer-Examen? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich mußte eben die Geschichte -hier noch mal über mich ergehen lassen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du hast also das Staatsexamen zwei Mal -gemacht, Kerl!? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja! — Schließlich habe -ich dann glücklicherweise diese fette Weide hier ausfindig -gemacht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du bist zähe, zum Beneiden. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wenn man nur nicht plötzlich -mal zusammenklappt. — Na! schließlich ist’s auch -kein Unglück. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hast Du denn ’ne große Praxis? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja! Mitunter komme ich -erst um fünf Uhr früh zu Bett. Um sieben Uhr fängt -dann bereits wieder meine Sprechstunde an. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Eduard kommt und bringt Kaffee. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span>, <span class="dir">indem er sich am Tisch niederläßt, -zu Eduard</span>. Danke Eduard! — <span class="dir">Zu Loth.</span> Kaffee saufe ich -... unheimlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du solltest das lieber lassen mit dem Kaffee. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Was soll man machen?! -<span class="dir">Er nimmt kleine Schlucke.</span> Wie gesagt — ein Jahr noch, dann -— hört’s auf ... hoffentlich wenigstens. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Willst Du dann gar nicht mehr practiciren? -</p> - -<p> -<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Glaube nicht. Nein ... -nicht mehr. <span class="dir">Er schiebt das Tablette mit dem Kaffeegeschirr zurück, -wischt sich den Mund.</span> Uebrigens — zeig’ mal Deine Hand. -<span class="dir">Loth hält ihm beide Hände hin.</span> Nein? — keine Dalekarlierin -heimgeführt? — Keine gefunden, wie? .... Wolltest doch -immer so ’n Ur- und Kernweib von wegen des gesunden -Blutes. Hast übrigens recht: wenn schon, denn schon -... oder nimmst Du’s in dieser Beziehung etwa nicht -mehr so genau? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na ob ...! und wie! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ach, wenn die Bauern -hier doch auch solche Ideen hätten. Damit sieht’s aber -jämmerlich aus, sage ich Dir, Degeneration auf der -ganzen ... <span class="dir">Er hat seine Cigarrentasche halb aus der Brusttasche gezogen, -läßt sie aber wieder zurückgleiten und steht auf, als irgend ein Laut -durch die nur angelehnte Hausflurthür hereindringt.</span> Wart’ mal! <span class="dir">Er -geht auf den Zehen bis zur Hausflurthür und horcht. Eine Thür geht -draußen, man hört einige Augenblicke deutlich das Wimmern der -Wöchnerin. Der Doktor sagt, zu Loth gewandt, leise:</span> Entschuldige! <span class="dir">und -geht hinaus</span>. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Einige Augenblicke durchmißt Loth, während draußen -Thüren schlagen, Menschen die Treppe auf- und ablaufen, das -Zimmer; dann setzt er sich in den Lehnsessel rechts vorn. Helene -huscht herein und umschlingt Loth, der ihr Kommen nicht bemerkt -hat, von rückwärts. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sich umblickend, sie ebenfalls umfassend</span>. Lenchen!! <span class="dir">Er -zieht sie zu sich herunter und trotz gelinden Sträubens auf sein Knie. -Helene weint unter den Küssen, die er ihr giebt.</span> Ach, weine doch -nicht, Lenchen! Warum weinst Du denn so sehr? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Warum? weiß ich’s?! .... Ich denk -<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a> -immer, ich treff’ Dich nicht mehr. Vorhin habe ich mich -so erschrocken .... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Weshalb denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Weil ich Dich aus Deinem Zimmer treten -hörte — Ach! ... und die Schwester — wir armen, -armen Weiber! — die muß zu sehr ausstehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Der Schmerz vergißt sich schnell und auf -den Tod geht’s ja nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ach, Du! sie wünscht sich ihn ja ... sie -jammert nur immer so: laß mich doch sterben ... Der -Doktor! <span class="dir">Sie springt auf und huscht in den Wintergarten.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">im Hereintreten</span>. Nun wünschte -ich wirklich, daß sich das Frauchen da oben ’n bissel beeilte! -<span class="dir">Er läßt sich am Tisch nieder, zieht neuerdings die Cigarrentasche, -entnimmt ihr eine Cigarre und legt diese neben sich.</span> Du kommst mit -zu mir dann, wie? — hab’ draußen so ’n nothwendiges -Uebel mit zwei Gäulen davor, da können wir drin zu -mir fahren. <span class="dir">Seine Cigarre an der Tischkante klopfend.</span> Der süße -Ehestand! ja, ja! <span class="dir">Ein Zündholz anstreichend.</span> Also noch frisch, -frei, fromm, froh? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hättest noch gut ein Paar Tage warten -können mit Deiner Frage. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">bereits mit brennender Cigarre</span>. -Wie? ... ach ... ach so! — <span class="dir">lachend</span> — also endlich doch -auf meine Sprünge gekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Bist Du wirklich noch so entsetzlich pessimistisch -in Bezug auf Weiber? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ent—setzlich!! <span class="dir">Dem Rauch -<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a> -seiner Cigarre nachblickend.</span> Früher war ich Pessimist — so -zu sagen ahnungsweise ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hast Du denn inzwischen so besondere Erfahrungen -gemacht? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja, allerdings! — Auf -meinem Schilde steht nämlich: Specialist für Frauenkrankheiten. -— Die medicinische Praxis macht nämlich -furchtbar klug ... furchtbar — gesund, ... ist Specificum -gegen ... allerlei Staupen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">lacht</span>. Na, da könnten wir ja gleich wieder -in der alten Tonart anfangen. Ich hab’ nämlich ... -ich bin nämlich keineswegs auf Deine Sprünge gekommen. -Jetzt weniger als je! ... Auf diese Weise hast Du wohl -auch Dein Steckenpferd vertauscht? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Steckenpferd? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Die Frauenfrage war doch zu damaliger -Zeit gewissermaßen Dein Steckenpferd! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ach so! — Warum sollte -ich es vertauscht haben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenn Du über die Weiber noch schlechter -denkst, als ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">ein wenig in Harnisch, erhebt sich -und geht hin und her, dabei spricht er</span>. Ich — denke nicht schlecht -von den Weibern. — Kein Bein! — Nur über das -Heirathen denke ich schlecht ... über die Ehe ... über -die Ehe, und dann höchstens noch über die Männer -denke ich schlecht ... Die Frauenfrage soll mich nicht -mehr interessiren? Ja, weshalb hätte ich denn sonst -sechs lange Jahre hier wie ’n Lastpferd gearbeitet? Doch -<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a> -nur um alle meine verfügbaren Kräfte endlich mal ganz -der Lösung dieser Frage zu widmen. Wußtest Du denn -das nicht von Anfang an? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wo hätte ich’s denn <em>her</em> wissen sollen? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Na, wie gesagt ... ich -hab auch schon ein ziemlich ausgiebiges Material gesammelt, -das mir gute Dienste leisten ... bsst! ich hab’ -mir das Schreien so angewöhnt. <span class="dir">Er schweigt, horcht, geht zur -Thür und kommt zurück.</span> Was hat <em>Dich</em> denn eigentlich unter -die Goldbauern geführt? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich möchte die hiesigen Verhältnisse studiren. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">mit gedämpfter Stimme</span>. Idee! -<span class="dir">Noch leiser.</span> Da kannst Du bei mir auch Material bekommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Freilich, Du mußt ja sehr unterrichtet sein -über die Zustände hier. Wie sieht es denn so in den -Familien aus? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> E—lend! ..... durchgängig -... Suff! Völlerei, Inzucht und in Folge davon -— Degenerationen auf der ganzen Linie. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Mit Ausnahmen doch!? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Kaum! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">unruhig</span>. Bist Du denn nicht zuweilen in ... -in Versuchung gerathen eine ... eine Witzdorfer Goldtochter -zu heirathen? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Pfui Teufel! Kerl, für -was hältst Du mich? — Ebenso könntest Du mich fragen, -ob ich ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">sehr bleich</span>. Wie... wieso? -</p> - -<p> -<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Weil ... Ist Dir was? -<span class="dir">Er fixirt ihn einige Augenblicke.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Gar nichts! Was soll mir denn sein? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">ist plötzlich sehr nachdenklich, geht und -steht jäh und mit einem leisen Pfiff still, blickt Loth abermals flüchtig an -und sagt dann halblaut zu sich selbst</span>. Schlimm! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du bist ja so sonderbar plötzlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Still! <span class="dir">Er horcht auf und -verläßt dann schnell das Zimmer durch die Mittelthür.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">nach einigen Augenblicken durch die Mittelthür; sie ruft</span>. -Alfred! — Alfred! ... Ach da bist Du — Gott sei Dank! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nun, ich sollte wohl am Ende gar fortgelaufen -sein? <span class="dir">Umarmung.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">biegt sich zurück. Mit unverkennbarem Schrecken im Ausdruck.</span> -Alfred! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was denn, Liebste? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Nichts, nichts! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Aber Du mußt doch was haben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Du kamst mir so ... so kalt ... Ach, -ich hab’ solche schrecklich dumme Einbildungen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie stehts’s denn oben? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Der Doktor zankt mit der Hebamme. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wird’s nicht bald <a id="corr-7"></a>zu Ende gehen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Weiß ich’s? — Aber wenn’s ... wenn’s -zu Ende ist, meine ich, dann ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was dann? .... Sag’ doch, bitte! was -wolltest Du sagen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Dann sollten wir bald von hier fortgehen. -Gleich! Auf der Stelle! -</p> - -<p> -<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a> -<span class="speaker">Loth.</span> Wenn Du das wirklich für das Beste hältst, -Lenchen — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Ja, ja! wir dürfen nicht warten! Es -ist das Beste — für Dich und mich. Wenn Du mich -nicht jetzt bald nimmst, dann läßt Du mich heilig noch -sitzen, und dann ... dann ... muß ich doch noch zu -Grunde gehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie Du doch mißtrauisch bist, Lenchen! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Sag’ das nicht, Liebster! Dir traut man, -Dir muß man trauen! .... Wenn ich erst Dein bin, -dann ... Du verläßt mich dann ganz gewiß nicht mehr. -<span class="dir">Wie außer sich.</span> Ich beschwöre Dich! geh nicht fort! Verlaß -mich doch nur nicht. Geh — nicht fort, Alfred! Alles -ist aus, alles, wenn Du einmal ohne mich von hier fortgehst. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Merkwürdig bist Du doch! .... Und da -willst Du nicht mißtrauisch sein? ... Oder sie plagen -Dich, martern Dich hier ganz entsetzlich, mehr als ich mir -je .... Jedenfalls gehen wir aber noch diese Nacht. -Ich bin bereit. Sobald Du willst, gehen wir also. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">gleichsam mit aufjauchzendem Dank ihm um den Hals -fallend</span>. Geliebter! <span class="dir">Sie küßt ihn wie rasend und eilt schnell davon.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -<span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig tritt durch die Mitte ein, er bemerkt noch, wie -Helene in der Wintergartenthür verschwindet. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wer war das? — Ach -so! <span class="dir">In sich hinein.</span> Armes Ding! <span class="dir">Er läßt sich mit einem Seufzer am -Tisch nieder, findet die alte Cigarre, wirft sie bei Seite, entnimmt dem Etui -eine frische Cigarre und fängt an, sie an der Tischkante zu klopfen, wobei er -nachdenklich darüber hinausstarrt.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span>, <span class="dir">der ihm zuschaut</span>. Genau so pflegtest Du vor -<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a> -acht Jahren jede Cigarre abzuklopfen, eh’ Du zu rauchen -anfingst. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Möglich —! <span class="dir">Als er mit -Anrauchen fertig ist.</span> Hör’ mal, Du! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, was denn? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du wirst doch — so bald -die Geschichte oben vorüber ist, mit zu mir kommen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das geht wirklich nicht! Leider. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Man hat so das Bedürfniß, -sich mal wieder gründlich von der Leber weg -zu äußern. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das hab ich so genau wie Du. Aber gerade -daraus kannst Du sehen, daß es heut absolut nicht -in meiner Macht steht, mit Dir .... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wenn ich Dir nun aber -ausdrücklich und — gewissermaßen feierlich erkläre: es -ist eine bestimmte, äußerst wichtige Angelegenheit, die ich -mit Dir noch diese Nacht besprechen möchte .... besprechen -muß sogar, Loth! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Curios! Für blutigen Ernst soll ich doch -das nicht etwa hinnehmen?! Doch wohl nicht? — So -viel Jahre hätt’st Du damit gewartet und nun hätte -es nicht einen Tag mehr Zeit damit? — Du kannst Dir -doch wohl denken, daß ich Dir keine Flausen vormache. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Also hat’s doch seine -Richtigkeit! <span class="dir">Er steht auf und geht umher.</span> -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Was hat seine Richtigkeit? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span>, <span class="dir">vor Loth still stehend, mit einem -<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a> -geraden Blick in seine Augen</span>. Es ist also wirklich etwas im -Gange zwischen Dir und Helene Krause? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich? — Wer hat Dir denn ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Wie bist Du nur in diese -Familie ....? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Woher — weißt Du denn das, Mensch? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Das war ja doch nicht -schwer zu errathen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na, dann halt um Gottes Willen den Mund, -daß nicht .... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ihr seid also richtig verlobt?! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie man’s nimmt. Jedenfalls sind wir -beide einig. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hm —! wie bist Du denn -hier herein gerathen, gerade in <em>diese</em> Familie? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hoffmann ist ja doch mein Schulfreund. -Er war auch Mitglied — auswärtiges allerdings — -Mitglied meines Colonial-Vereins. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Von der Sache hörte ich -in Zürich. — Also mit Dir ist er umgegangen! Auf -diese Weise wird mir der traurige Zwitter erklärlich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ein Zwitter ist er allerdings. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Eigentlich nicht mal <em>das</em>. — -Ehrlich, Du! — Ist das wirklich Dein Ernst? — die -Geschichte mit der Krause? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Na, selbstverständlich! — Zweifelst Du daran? -Du wirst mich doch nicht etwa für einen Schuft ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Schon gut! Ereifere Dich -<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a> -nur nicht. Hättst Dich ja verändert haben können während -der langen Zeit. Warum nicht? Wär auch gar kein -Nachtheil! N’ bissel Humor könnte Dir gar nicht schaden! -Ich seh’ nicht ein, warum man alles so verflucht ernsthaft -nehmen sollte. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ernst ist es mir mehr als je. <span class="dir">Er erhebt sich -und geht, immer ein wenig zurück, neben Schimmelpfennig her.</span> Du -kannst es ja nicht wissen, auch sagen kann ich Dir’s nicht -mal, was dieses Verhältniß für mich bedeutet. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hm! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Kerl, Du hast keine Idee, was das für ein -Zustand ist. Man kennt ihn nicht, wenn man sich danach -sehnt. Kennte man ihn, dann, dann müßte man geradezu -unsinnig werden vor Sehnsucht. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Das begreife der Teufel, -wie Ihr zu dieser unsinnigen Sehnsucht kommt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du bist auch noch nicht sicher davor. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Das möcht ich mal sehen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Du redst wie der Blinde von der Farbe. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Was ich mir für das -bischen Rausch koofe! Lächerlich. Daraus eine lebenslängliche -Ehe zu bauen .... da baut man noch nicht mal -so sicher als auf’n Sandhaufen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Rausch — Rausch — wer von einem Rausch -redet, — na! der kennt die Sache eben nicht. ’N Rausch -ist flüchtig. Solche Räusche hab ich schon gehabt, ich geb’s -zu. Aber <em>das</em> ist was ganz Anderes. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hm! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich bin dabei vollständig nüchtern. Denkst -<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a> -Du, daß ich meine Liebste so — na, wie soll ich sagen?! -— so mit ’ner — na, wie soll ich sagen?! mit ner -großen Glorie sehe? Gar nicht! — Sie hat Fehler, ist -auch nicht besonders schön, wenigstens — na, häßlich ist -sie auch gerade nicht. Ganz objectiv geurtheilt, ich — -das ist ja schließlich Geschmackssache — ich hab’ so’n -hübsches Mädel noch nicht gesehen. Also, Rausch — -Unsinn! Ich bin ja so nüchtern wie nur möglich. Aber, -siehst Du! <em>das</em> ist eben das Merkwürdige: ich kann mich -gar nicht mehr ohne sie denken — das kommt mir so -vor wie ’ne Legirung, weißt Du, wie wenn zwei Metalle -so recht innig legirt sind, daß man gar nicht mehr sagen -kann, das ist <em>das</em>, das ist <em>das</em>. Und alles so furchtbar -selbstverständlich — kurzum, ich quatsche vielleicht Unsinn -— oder was ich sage, ist vielleicht in Deinen Augen Unsinn, -aber so viel steht fest: wer das nicht kennt, ist ’n -erbärmlicher Frosch. Und so’n Frosch war ich bisher — -und so’n Jammerfrosch bist Du noch. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Das ist ja richtig der ganze -Symptomen-Complex. — Daß Ihr Kerls doch immer -bis über die Ohren in Dinge hineingerathet, die Ihr -theoretisch längst verworfen habt, wie zum Beispiel Du -die Ehe. So lange ich Dich kenne, laborirst Du an dieser -unglückseligen Ehemanie. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es ist Trieb bei mir, geradezu Trieb. Weiß -Gott! mag ich mich wenden, wie ich will. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Man kann schließlich auch -einen Trieb niederkämpfen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, wenn’s ’n Zweck hat, warum nicht? -</p> - -<p> -<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hat’s Heirathen etwa Zweck? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das will ich meinen. Das hat Zweck! Bei -mir hat es Zweck. Du weißt nicht, wie ich mich durchgefressen -hab’ bis hierher. Ich mag nicht sentimental werden. -Ich hab’s auch vielleicht nicht so gefühlt, es ist mir vielleicht -nicht ganz so klar bewußt geworden wie jetzt, daß -ich in meinem Streben etwas entsetzlich Ödes, gleichsam -Maschinenmäßiges angenommen hatte. Kein Geist, kein -Temperament, kein Leben, ja wer weiß, war noch Glauben -in mir? Das alles kommt seit ... seit heut wieder in -mich gezogen. So merkwürdig voll, so ursprünglich, so -fröhlich ... Unsinn, Du capirst’s ja doch nicht. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Was Ihr da alles nöthig -habt, um flott zu bleiben, Glaube, Liebe, Hoffnung. Für -mich ist das Kram. Es ist eine ganz simple Sache: die -Menschheit liegt in der Agonie, und unser einer macht ihr -mit Narkoticis die Sache so erträglich als möglich. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dein neuester Standpunkt? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Schon fünf bis sechs Jahre -alt und immer derselbe. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Gratulire! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Danke! -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Eine lange Pause. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig</span> <span class="dir">nach einigen unruhigen Anläufen</span>. -Die Geschichte ist leider die: ich halte mich für verpflichtet ... -ich schulde Dir unbedingt eine Aufklärung. -Du wirst Helene Krause, glaub ich, nicht heirathen -können. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">kalt</span>. So, glaubst Du? -</p> - -<p> -<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ja, ich bin der Meinung. -Es sind da Hindernisse vorhanden, die gerade Dir ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Hör’ mal Du: mach’ Dir darüber um Gottes -Willen keine Scrupel. Die Verhältnisse liegen auch gar nicht -mal so complicirt, sind im Grunde sogar furchtbar einfach. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Einfach <em>furchtbar</em> solltest -Du eher sagen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich meine, was die Hindernisse anbetrifft. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich auch zum Theil. Aber -auch überhaupt: ich kann mir nicht denken, daß Du diese -Verhältnisse hier kennen solltest. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich kenne sie aber doch ziemlich genau. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Dann mußt Du nothwendigerweise -Deine Grundsätze geändert haben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Bitte, Schimmel, drück’ Dich etwas deutlicher -aus. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du mußt unbedingt Deine -Hauptforderung in Bezug auf die Ehe fallen gelassen -haben, obgleich Du vorhin durchblicken ließt, es käme Dir -nach wie vor darauf an, ein an Leib und Seele gesundes -Geschlecht in die Welt zu setzen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Fallen gelassen? ... fallen gelassen? Wie -soll ich denn das ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Dann bleibt nichts übrig -... dann kennst Du eben doch die Verhältnisse nicht. -Dann weißt Du zum Beispiel nicht, daß Hoffmann einen -Sohn hatte, der mit drei Jahren bereits am Alkoholismus -zu Grunde ging. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wa... was — sagst Du? -</p> - -<p> -<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> S’ thut mir leid, Loth, -aber sagen muß ich Dir’s doch. Du kannst ja dann noch -machen, was Du willst. Die Sache war kein Spaß. -Sie waren gerade wie jetzt zum Besuch hier. Sie ließen -mich holen, eine halbe Stunde zu spät. Der kleine Kerl -hatte längst verblutet. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Loth mit den Zeichen tiefer, furchtbarer Erschütterung an des Doktors -Munde hängend. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Nach der Essigflasche hatte -das dumme Kerlchen gelangt in der Meinung, sein geliebter -Fusel sei darin. Die Flasche war herunter- und -das Kind in die Scherben gefallen. Hier unten, siehst -Du, die <span class="antiqua">vena saphena</span>, die hatte es sich vollständig durchschnitten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> W... w...essen Kind sagst Du ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hoffmann’s und eben derselben -Frau Kind, die da oben wieder ... Und auch -die trinkt, trinkt bis zur Besinnungslosigkeit, trinkt, soviel -sie bekommen kann. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Also von Hoffmann ... Hoffmann geht es -nicht aus?! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Bewahre! Das ist tragisch -an dem Menschen; er leidet darunter, so viel er überhaupt -leiden kann. Im Übrigen hat er’s gewußt, daß -er in eine Potatorenfamilie hinein kam. Der Bauer nämlich -kommt überhaupt gar nicht mehr aus dem Wirthshaus. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dann freilich — begreife ich manches — -nein! Alles begreife ich — alles. <span class="dir">Nach einem dumpfen -Schweigen.</span> Dann ist ihr Leben hier ... Helenens Leben -<a id="page-131" class="pagenum" title="131"></a> -— ein ... ein — wie soll ich sagen?! mir fehlt der -Ausdruck dafür — ... nicht? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Horrend geradezu! Das -kann ich beurtheilen. Daß Du bei ihr hängen bliebst, -war mir auch von Anfang an sehr begreiflich. Aber -wie ges... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Schon gut! — verstehe ... Thut denn ...? -Könnte man nicht vielleicht ... vielleicht könnte man -Hoffmann bewegen etwas ... etwas zu thun? Könntest -Du nicht vielleicht — ihn zu etwas bewegen? Man müßte -sie fortbringen aus dieser Sumpfluft. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Hoffmann? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, Hoffmann. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du kennst ihn schlecht ... -Ich glaube zwar nicht, daß er sie schon verdorben hat. -Aber ihren Ruf hat er sicherlich <em>jetzt</em> schon verdorben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">aufbrausend</span>. Wenn das ist: ich schlag ihn ... -Glaubst Du wirklich ...? hältst Du Hoffmann wirklich -für fähig ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Zu allem, zu allem halte ich -ihn fähig, wenn für ihn ein Vergnügen dabei heraus springt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Dann ist sie — das keuscheste Geschöpf, -was es giebt ... -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Loth nimmt langsam Hut und Stock und hängt sich ein Täschchen um. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Was gedenkst Du zu thun, -Loth? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> ... Nicht begegnen ...! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du bist also entschlossen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wozu entschlossen? -</p> - -<p> -<a id="page-132" class="pagenum" title="132"></a> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Euer Verhältniß aufzulösen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Wie sollt ich wohl dazu nicht entschlossen sein? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich kann Dir als Arzt -noch sagen, daß Fälle bekannt sind, wo solche vererbte -Uebel unterdrückt worden sind, und Du würdest ja gewiß -Deinen Kindern eine rationelle Erziehung geben. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Es mögen solche Fälle vorkommen. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Und die Wahrscheinlichkeit -ist vielleicht nicht so gering, daß ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Das kann uns nichts helfen, Schimmel. So -steht es: es giebt drei Möglichkeiten! Entweder ich heirathe -sie, und dann ... nein, dieser Ausweg existirt überhaupt -nicht. Oder — die bewußte Kugel. Na ja, dann -hätte man wenigstens Ruhe. Aber nein! So weit sind -wir noch nicht, so was kann man sich einstweilen noch -nicht leisten — also: leben! kämpfen! — Weiter, immer -weiter. <span class="dir">Sein Blick fällt auf den Tisch, er bemerkt das von Eduard zurecht -gestellte Schreibzeug, setzt sich, ergreift die Feder, zaudert, und sagt:</span> -Oder am Ende ...? -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich verspreche Dir, ihr die -Lage so deutlich als möglich vorzustellen. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja, ja! — nur eben ... ich kann nicht -anders. <span class="dir">Er schreibt, adressirt und couvertirt. Er steht auf und reicht -Schimmelpfennig die Hand.</span> Im Übrigen verlasse ich mich — -auf Dich. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Du gehst zu mir, wie? -Mein Kutscher soll Dich zu mir fahren. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Sag’ mal, sollte man denn nicht wenigstens -versuchen — sie aus den Händen dieses ... dieses -<a id="page-133" class="pagenum" title="133"></a> -Menschen zu ziehen? ... Auf diese Weise wird sie -doch unfehlbar noch seine Beute. -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Guter, bedauernswürdiger -Kerl! Soll ich Dir was rathen? Nimm ihr nicht -das ... Wenige, was Du ihr noch übrig läßt. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">tiefer Seufzer</span>. Qual über ... hast vielleicht — -recht — ja wohl, unbedingt sogar. -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Man hört Jemand hastig die Treppe herunter kommen. Im nächsten -Augenblick stürzt Hoffmann herein. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Herr Doktor, ich bitte Sie um Gottes -Willen ... sie ist ohnmächtig ... die Wehen setzen -aus ... wollen Sie nicht endlich ... -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Ich komme hinauf. <span class="dir">Zu -Loth bedeutungsvoll.</span> Auf Wiedersehen! <span class="dir">Zu Hoffmann, der ihm -nachfolgen will.</span> Herr Hoffmann, ich muß Sie bitten ... -eine Ablenkung oder Störung könnte verhängnißvoll ... -am liebsten wäre es mir, Sie blieben hier unten. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Sie verlangen sehr viel, aber ... na! -</p> - -<p> -<span class="speaker"><span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig.</span> Nicht mehr als billig. <span class="dir">Ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Hoffmann bleibt zurück. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann</span> <span class="dir">bemerkt Loth</span>. Ich zittere, die Aufregung -steckt mir in allen Gliedern. Sag’ mal, Du willst fort? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ja. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Jetzt mitten in der Nacht? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Nur bis zu Schimmelpfennig. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Ach so! Nun ... wie die Verhältnisse -sich gestaltet haben, ist es am Ende kein Vergnügen -mehr bei uns ... Also leb’ recht ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Ich danke für die Gastfreundschaft. -</p> - -<p> -<a id="page-134" class="pagenum" title="134"></a> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Und mit Deinem Plan, wie steht es da? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Plan? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Deine Arbeit, Deine volkswirthschaftliche -Arbeit über unseren District, meine ich. Ich muß -Dir sagen ... ich möchte Dich sogar als Freund inständig -und herzlich bitten ... -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Beunruhige Dich weiter nicht. Morgen schon -bin ich über alle Berge. -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das ist wirklich — <span class="dir">unterbricht sich</span>. — -</p> - -<p> -<span class="speaker">Loth.</span> Schön von Dir, wollt’st Du wohl sagen? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Das heißt — ja — in gewisser Hinsicht; -übrigens Du entschuldigst mich, ich bin so entsetzlich -aufgeregt. Zähle auf mich! Die alten Freunde sind -immer noch die besten. Adieu, Adieu. -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Ab durch die Mitte. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Loth</span> <span class="dir">wendet sich, bevor er zur Thür hinaustritt, noch einmal nach -rückwärts und nimmt mit den Augen noch einmal den ganzen Raum in sein -Gedächtniß auf. Hierauf zu sich.</span> Da könnt ich ja nun wohl — -gehen. <span class="dir">Nach einem letzten Blick ab.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p> -Das Zimmer bleibt für einige Augenblicke leer. Man -vernimmt gedämpfte Rufe und das Geräusch von Schritten, dann -erscheint Hoffmann. Er zieht, sobald er die Thür hinter sich geschlossen -hat, unverhältnißmäßig ruhig sein Notizbuch und rechnet -etwas; hierbei unterbricht er sich und lauscht, wird unruhig, -schreitet zur Thür und lauscht wieder. Plötzlich rennt Jemand -die Treppe herunter und herein stürzt Helene. -</p> - -</div> - -<p> -<span class="speaker">Helene</span> <span class="dir">noch außen</span>. Schwager! <span class="dir">In der Thür.</span> Schwager! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Was ist denn — los? -</p> - -<p> -<span class="speaker">Helene.</span> Mach Dich gefaßt: todtgeboren! -</p> - -<p> -<span class="speaker">Hoffmann.</span> Jesus Christus! <span class="dir">Er stürzt davon.</span> -</p> - -<div class="dir"> -<p class="center"> -Helene allein. -</p> - -</div> - -<p> -<a id="page-135" class="pagenum" title="135"></a> -<span class="dir">Sie sieht sich um und ruft leise:</span> <em>Alfred! Alfred!</em> <span class="dir">und -dann, als sie keine Antwort erhält, in schneller Folge:</span> <em>Alfred! -Alfred!</em> <span class="dir">Dabei ist sie bis zur Thür des Wintergartens geeilt, -durch die sie spähend blickt. Dann ab in den Wintergarten. -Nach einer Weile erscheint sie wieder.</span> <em>Alfred!</em> <span class="dir">Immer unruhiger -werdend, am Fenster, durch das sie hinausblickt:</span> <em>Alfred!</em> -<span class="dir">Sie öffnet das Fenster und steigt auf einen davor stehenden -Stuhl. In diesem Augenblick klingt deutlich vom Hofe herein -das Geschrei des betrunkenen, aus dem Wirtshaus heimkehrenden -Bauern, ihres Vaters.</span> <em>Dohie hä! biin iich nee a -hibscher Moan? Hoa’ iich nee a hibsch Weib? -Hoa’ iich nee a poar hibsche Tächter dohie hä?</em> -<span class="dir">Helene stößt einen kurzen Schrei aus und rennt wie gejagt nach -der Mittelthür. Von dort aus entdeckt sie den Brief, welchen -Loth auf dem Tisch zurückgelassen. Sie stürzt sich darauf, -reißt ihn auf und durchfliegt ihn, einzelne Worte aus seinem -Inhalt laut hervorstoßend:</span> „<em>Unübersteiglich!</em>“ ... -„<em>Niemals wieder!</em>“ <span class="dir">Sie läßt den Brief fallen, wankt.</span> Zu -Ende! <span class="dir">Rafft sich auf, hält sich den Kopf mit beiden Händen, kurz und -scharf schreiend.</span> <em>Zu En—de!</em> <span class="dir">Stürzt ab durch die Mitte. Der -Bauer draußen, schon aus geringerer Entfernung:</span> <em>Dohie hä? iis -ernt’s Gittla ne mei—ne? Hoa’ iich ne a -hibsch Weib? Bin iich nee a hibscher Moan?</em> -<span class="dir">Helene, immer noch suchend, wie eine halb Irrsinnige aus dem -Wintergarten hereinkommend, trifft <a id="corr-8"></a>auf Eduard, der etwas aus -Hoffmann’s Zimmer zu holen geht. Sie redet ihn an.</span> <em>Eduard!</em> -<span class="dir">Er antwortet.</span> <em>Gnädiges Fräulein?</em> <span class="dir">Darauf sie:</span> <em>Ich -möchte ... möchte den Herrn <span class="antiqua-optional">Dr.</span> Loth</em> ... <span class="dir">Eduard -antwortet:</span> <em>Herr <span class="antiqua-optional">Dr.</span> Loth sind in des Herrn -<span class="antiqua-optional">Dr.</span> Schimmelpfennig’s Wagen fortgefahren!</em> -</p> - -<p> -<a id="page-136" class="pagenum" title="136"></a> -<span class="dir">Damit verschwindet er im Zimmer Hoffmann’s.</span> <em>Wahr!</em> <span class="dir">stößt Helene -hervor und hat einen Augenblick Mühe aufrecht zu stehen. Im -nächsten durchfährt sie eine verzweifelte Energie. Sie rennt nach -dem Vordergrunde und ergreift den Hirschfänger sammt Gehänge, -der an dem Hirschgeweih über dem Sopha befestigt ist. Sie -verbirgt ihn und hält sich still im dunklen Vordergrund, bis -Eduard, aus Hoffmanns Zimmer kommend, zur Mittelthür -hinaus ist. Die Stimme des Bauern, immer deutlicher:</span> <em>Dohie hä, -biin iich nee a hibscher Moan?</em> <span class="dir">Auf diese Laute, wie -auf ein Signal hin, springt Helene auf und verschwindet ihrerseits in Hoffmanns -Zimmer. Das Hauptzimmer ist leer, und man hört fortgesetzt die -Stimme des Bauern:</span> Dohie hä, hoa’ iich nee die schinsten Zähne, -hä? Hoa’ iich ne a hibsch Gittla? <span class="dir"><em>Miele</em> kommt durch die -Mittelthür. Sie blickt suchend umher und ruft:</span> <em>Freilein Helene!</em> -<span class="dir">und wieder</span> <em>Freilein Helene!</em> <span class="dir">Dazwischen die Stimme des Bauern:</span> -<em>’s Gald iis mei—ne!</em> <span class="dir">Jetzt ist Miele ohne weiteres Zögern -in Hoffmanns Zimmer verschwunden, dessen Thüre sie offen läßt. -Im nächsten Augenblick stürzt sie heraus mit den Zeichen eines -wahnsinnigen Schrecks; schreiend dreht sie sich zwei — dreimal -um sich selber, schreiend jagt sie durch die Mittelthür. Ihr ununterbrochenes -Schreien, mit der Entfernung immer schwächer -werdend, ist noch einige weitere Sekunden vernehmlich. Man -hört nun die schwere Hausthüre aufgehen und dröhnend in’s -Schloß fallen, das Schrittegeräusch des im Hausflur herumtaumelnden -Bauern, schließlich eine rohe, näselnde, lallende -Trinkerstimme ganz aus der Nähe durch den Raum gellen:</span> -Dohie hä! Hoa’ iich nee a poar hibsche Tächter? -</p> - -<p class="printer"> -Herrosé & Ziemsen, Wittenberg. -</p> - - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p> -Die Schreibweise und Zeichensetzung des Originales wurden weitgehend -beibehalten. Nur offensichtliche Fehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt -(vorher/nachher): -</p> - - -<ul> - -<li> -... vom Buffet, setzt alles auf den Tisch vor Loth. Grand <span class="underline">Champague</span>, ...<br /> -... vom Buffet, setzt alles auf den Tisch vor Loth. Grand <a href="#corr-0"><span class="underline">Champagne</span></a>, ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">Vancover</span>-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation ...<br /> -... <a href="#corr-1"><span class="underline">Vancouver</span></a>-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation ...<br /> -</li> - -<li> -... auf seinen <span class="underline">Patz</span> begiebt. ...<br /> -... auf seinen <a href="#corr-2"><span class="underline">Platz</span></a> begiebt. ...<br /> -</li> - -<li> -... Loth <span class="underline">trit</span> aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut mehrere ...<br /> -... Loth <a href="#corr-3"><span class="underline">tritt</span></a> aus der Hausthür, steht still, dehnt sich, thut mehrere ...<br /> -</li> - -<li> -... beleuchtet ist auch noch die Holztreppe in dem <span class="underline">erstem</span> Stock. ...<br /> -... beleuchtet ist auch noch die Holztreppe in dem <a href="#corr-4"><span class="underline">ersten</span></a> Stock. ...<br /> -</li> - -<li> -... Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. — Immer <span class="underline">verraulicher</span>. ...<br /> -... Nich mal det bisken Nachtruhe hat man. — Immer <a href="#corr-5"><span class="underline">vertraulicher</span></a>. ...<br /> -</li> - -<li> -... Süd- <span class="underline">nnd</span> Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die ...<br /> -... Süd- <a href="#corr-6"><span class="underline">und</span></a> Nord-Amerika, an Afrika, Australien, die ...<br /> -</li> - -<li> -... Loth. Wird’s nicht bald <span class="underline">zn</span> Ende gehen? ...<br /> -... Loth. Wird’s nicht bald <a href="#corr-7"><span class="underline">zu</span></a> Ende gehen? ...<br /> -</li> - -<li> -... Wintergarten hereinkommend, trifft <span class="underline">aus</span> Eduard, der etwas aus ...<br /> -... Wintergarten hereinkommend, trifft <a href="#corr-8"><span class="underline">auf</span></a> Eduard, der etwas aus ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Vor Sonnenaufgang, by Gerhart Hauptmann - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK VOR SONNENAUFGANG *** - -***** This file should be named 52218-h.htm or 52218-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/2/1/52218/ - -Produced by Peter Becker, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net. 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It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org - - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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