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+The Project Gutenberg EBook of Gedichte, by Julius Maria Becker
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
+other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
+whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
+the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
+www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
+to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
+
+Title: Gedichte
+
+Author: Julius Maria Becker
+
+Release Date: June 2, 2016 [EBook #52219]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEDICHTE ***
+
+
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+
+Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed
+Proofreading Team at http://www.pgdp.net
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+ Julius Maria Becker
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+ Gedichte
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+ Kurt Wolff Verlag · Leipzig
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+ Bücherei »Der jüngste Tag«. Band 72
+
+ Gedruckt bei Poeschel & Trepte, Leipzig
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+ Johanni
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+
+ Als sich dein Haar den Berg entlang ergoß,
+ Wogte das Weizenfeld in seinem gereiften Gold.
+ Kornblumen dunkelten, wo noch eben dein Blick geweilt.
+ Im silbernen Blütenstaub dämmert dein Odem hinab.
+
+ Der Beter vorm Bildstock erfleht noch den Saaten Bestand:
+ Es tränke sie Tau und der Sturm erachte des Halms.
+ Dann schließt er auch dich in sein gilbes Gebet.
+ Saum deines Kleides wehet den Tannen vorbei.
+
+ Jetzt bette ich Müdsein in deine eratmete Saat,
+ Erde ist kühl und dein Leib ist dem Sinne der Erde so nah.
+ In Küssen beschwörst du den silbernen Abend heran.
+ Blaß über Wimpern tanzt schon die Sichel des Monds.
+
+
+
+
+ Ich -- Du
+
+
+ Ich halte im Umkreis deiner Verflüchtung mich auf.
+ Ich weile auch ferne der grenzenden Körperlichkeit.
+ Ich wandle im blasseren Licht deines Heiligenscheins.
+
+ Du stehst im Abend und verdämmerst ganz still hinaus.
+ Du streifst noch die Sterne und zitterst im Boden fort.
+ Der Schleier sind viele, sind Wolken und wehen dich hin.
+
+ Ich nehme das Beste von dir fern atmend in mich.
+ Ich tränke mein Erdreich mit deinem durchgoldeten Tau.
+ Ich helle den Traum mit deinem vergessenen Licht.
+
+ Du bist wie zu Hause und weißt auch nicht, wie du mich nährst.
+ Du senkst deinen Schatten, umwandelst dein Wurzelgerank.
+ Du blühst und vergehst, doch die Ferne stammelt von dir.
+
+ Ich pflanze dein Echo auf einen verewigten Stern.
+ Ich rette die Strahlung des Bluts in eine bedürftige Nacht.
+ Ich trage den Hauch, der noch blieb, auf meinem Fittich hinauf.
+
+
+
+
+ Dein Wesen ist über alle Welt zerstreut --
+
+
+ Dein Wesen ist über alle Welt zerstreut,
+ An alle Himmel verloren.
+ Im Kelch von tausend Blumen sammle
+ Ich dich ein.
+
+ Ich werfe meine Netze weit im Meer
+ Der Nachthimmel aus,
+ Feierliche Sternbilder, worin dein Blick sich verewigt,
+ Sammle ich in meinen Netzen.
+
+ Ich eile zu gehen:
+ Zurückholen will ich deinen Blick
+ Aus allen vier Winden der Rose.
+ Jedem deiner Gedanken reise ich nach.
+
+ Ich behüte mit aufgestellten Windharfen,
+ Die mein Lied dir brausen,
+ Geliebte, dein waches, hellwaches Ohr.
+
+ Ich will, daß deines Wesens
+ Volle Pracht in einem heißen
+ Kuß mich überschütte:
+
+ O ja, Geliebte, bleibe in meiner Hand!
+ Schwinde nicht fort aus meinen
+ Verdämmernden Horizonten!
+
+ Entferne dich nicht aus dem Goldrahmen
+ Meines geruhigen Tags!
+ Lästere nicht meinen Besitz an dir!
+ Habe keine fremden Götter neben mir!
+
+
+
+
+ Als ich im ersten Viertel des Monds --
+
+
+ Als ich im ersten Viertel des Monds
+ Ausgestreckt in den Rosen des Hügels lag,
+ Kamst du -- ein wärmender Schatten -- heran,
+ Gossest auf meine Stirne die Schale des Schlafs.
+
+ Ich eilte in rötlichen Blätterstürzen -- im Herbst
+ Und war deiner atmenden Nähe schon minder gewiß.
+ Zeitlosen rahmten die Landschaft der Traurigkeit.
+ Bei einer Harfe fand ich Zuflucht des Nachts.
+
+ Winters, wenn ich den Eiskristall
+ In das Licht der erstorbenen Sonne hob,
+ Fremde, erschienest du nicht.
+ Regenbogen umkreisten den ewigen Kern.
+ Zierliche Sterne des Schnees
+ Schmückten das Grab meiner Seele.
+
+ Aber im Lenz, bald schwimmt die immergrüne Insel heran.
+ Leidenschaftliche Sonne wühlt sich aus flimmerndem Gras.
+ Auftaucht, von rosiger Muschel gehoben,
+ Die Herbstliche, Nackte im Schaumgekräusel des Sees.
+
+ Füllhörner schütten Farben und Blumen über dich hin.
+ O wer darf dir jetzt
+ Aus zauberischen Lüften den purpurnen,
+ Rosenbestickten Mantel der Schönheit reichen?
+
+ Auf erhöhtem Wagen ziehst du einher,
+ An schlanke Deichsel sind goldgezäumte Rosse gespannt,
+ Schwebende Frauen führen die lockeren Zügel.
+ Weidenbüsche, die der Lufthauch deines Zuges berührt,
+ Tönen mit allen Zweigen, Schalmeien gleich.
+ Orgeln brausen inmitten des Schilfs.
+ Überall zieht Morgenröte herauf.
+
+ O und dein Wagen rast über mich hin.
+ Um lodernde Achse rollt sprühend das Sonnenrad.
+ Ich bin von den Bildern blitzender Sprossen umschattet.
+ Silberner Wegstaub hüllt meinen Jammer ein.
+
+
+
+
+ Es werde Licht
+
+
+ Ich hatte diese Welt schon ganz in meinen Geist genommen
+ Und sah nach innen, wo im Sphärendrehn
+ Die düstern Bilder wechselten. -- Es war ein stetes Kommen
+ Von Nachtgestalten -- stetiges Vergehn.
+
+ Von Gram gebleicht, von Last gekrümmt und mit zerquerter Stirne
+ So hing ich über diesem tiefsten See.
+ Aus Spiegelquellen wuchs mein Wolkenhaupt wie Glanz der Firne.
+ Die Wirbel kreisten um ein Tausend-Weh.
+
+ Da kam der Tag. Mich rief ein Lied. Da war's, als hell im Frühen
+ Sich diese Welt in deine Augen schwang.
+ Da brach aus jedem Ding sein Kern des Lichts im Fächerblühen,
+ Aus allen Wipfeln brauste der Gesang.
+
+ So werd ich diese Nacht der Welt durch deinen Himmel tragen
+ Und Träume sind der Möven Silberflug.
+ Des bangen Tags Geschehen ist ein lautlos Ruderschlagen.
+ Doch Güte kniet in Lämmern, sich genug.
+
+
+
+
+ Lied
+
+
+ Sie sind im Licht der Tagessonne
+ Der Leiber zwei, der Seelen zwei,
+ Sie streben sonder Wort und Wonne
+ In weiten Kreisen sich vorbei.
+
+ Er zieht mit jedem roten Morgen
+ Die wachen Pfade streng hinauf;
+ Im Köcher ist der Pfeil geborgen,
+ Es ruht die Hand an Schwertes Knauf.
+
+ Des Weibes Tag ist stiller Wandel
+ Der Sonne um umlaubtes Haus,
+ Ein ferner, süßer Duft von Sandel,
+ An seinem Weg ein Blütenstrauß.
+
+ Doch mit der Sonne Lichtvergluten
+ Fällt beider Kreis aus ihrer Kraft
+ Und dunkel muß zusammenfluten,
+ Was tags sein Einzelsein erschafft.
+
+ Baum, Strauch und Turm zerfließt ins Schweigen,
+ Der Strom verebbt im weiten Tal;
+ Der Himmelszeichen goldner Reigen
+ Geht ein in diesen Sternensaal.
+
+ Nichts will nun beide mehr umragen,
+ Ein Grauen zwingt den Mann zum Weib.
+ Von eines Odems Maß getragen,
+ Durchblüht die Nacht ein Sein, ein Leib.
+
+
+
+
+ Liebesode
+
+
+ Dein Blick ist unsterblich in mir.
+ Er hat ja erst wie ein Sonnenstrahl
+ Mein dumpf-unseiendes Leben erweckt.
+ Er hat ja erst die Sehnsucht erweckt.
+ Dein Blick ist unsterblich in mir.
+
+ Wir sanken, Glieder an Glieder gepreßt
+ Und Mund an Mund
+ Als Leib, lustvergessen ein Leib, ins Gras;
+ Und tief der Himmel mit tausend Sternen
+ Sank und deckte uns zu.
+ O Himmel der Lust! O Grab der Lust!
+ Aber dein Blick ist unsterblich in mir.
+
+ Und, die du gebärst, die Kinder kreisen
+ Als Sonnen auf eigen-beschriebener Bahn:
+ Ein neues System. Ich hab es erregt.
+ Nein, dein Blick hat es erregt.
+ Und dein Blick ist unsterblich in mir.
+
+ Unsterblicher als die Geschlechter nach mir.
+ In meiner Seele, wenn alles, was Staub war,
+ Staub wieder ist, lebt noch dein Blick,
+ Ihr sphärisches Sein durchleuchtend mit mildem Strahl,
+ Unsterblich ist dein Blick in mir.
+
+ So wird meine Seele die Sehnsucht hegen,
+ Wie tief ich gestorben, nach Leben im Fleische,
+ Um voller zu fassen das schwebende Leben
+ Im Blicke von dir zu mir,
+ Unsterblich ist dein Blick in mir.
+
+
+
+
+ Im Abenddämmern zwischen den Jahren --
+
+
+ Nun muß ich nächtelang
+ Vergeblich am Scheideweg der Milchstraße auf dich warten,
+ Im Abenddämmern zwischen den Jahren
+ Säumte ich drüben als der Mann im Mond.
+
+ Früher konnte ich dich in den verzweigten Tälern
+ Der Erde noch suchen gehn.
+ Im bläulichen Frostlicht des Monds
+ Schliefen die Hütten, im Schatten zerstreut.
+
+ Doch irgendwo, drinnen, dein kristallener Atem
+ Zeichnete Orchideen auf silberne Scheiben.
+ Eisblumen -- die schönsten auf gläsernen Beeten der Nacht --
+ Zeigten den Weg zum wärmenden Licht deines Kusses.
+
+ Nun weiß ich dich nirgends zu finden.
+ Ich suche die Träume der Jünglinge auf.
+ Ich weiß es, in Nächten des klirrenden Siebengestirns
+ Träumen sie immer nur dich,
+ Träumen dich mit all deinem Lächeln, farbig im stillen
+ Gedenken an mich.
+ Nur in den Träumen Verliebter finde ich nochmals zu dir zurück.
+
+
+
+
+ Der Kranke
+
+
+ Abends wissen wir, wenn jach das erste Viertel
+ Kalten Monds im Oberlichte reift,
+ Wenn um silberisch Gewand den Sternengürtel
+ Naher Abend zart mit Händen streift,
+ Daß der Adler nun sein Nest
+ Giererwacht, die Nacht auf Schwingen,
+ Nacht zu bringen,
+ Flügelgroß verläßt.
+
+ Leises Rollen wie bei düstern Nachtgewittern
+ Kündet, daß der fremde Vogel naht.
+ Diesen Kranken dann befällt ein heftig Zittern
+ Und er rüstet sich zur schwersten Tat,
+ Atmet hart; und fast erstickt
+ Ruft er Hilfe, wehrt mit Händen,
+ Abzuwenden
+ Unheil, blind geschickt.
+
+ Durch geschlossene Fenster, schmal durch Schloß und Riegel,
+ Sichtbar nur dem heißen Fiebertraum,
+ Schlägt's wie Schwefelflammen, bricht's wie Aschenflügel,
+ Spreitet sich wie Fächer, Krone, Baum,
+ Stürzt dem Kranken auf die Brust,
+ Krallt sich fest mit krummen Klauen,
+ Hell in blauen
+ Augen thront die Lust
+ Mit dem Schnabel dieses Kranken Fleisch zu spalten.
+ Eine Sichel bohrt sich tief hinein,
+ Wühlt hinab; das Herz in zuckenden Gewalten
+ Blutet Funken, sprüht wie Feuerstein.
+ Sieben Stunden währt die Not
+ Und den Kranken hört man stöhnen,
+ Gott verhöhnen
+ Und er liegt wie tot.
+
+ Heiße Tränen seh ich ihn aufs Kissen weinen,
+ Das ihn wie ein Felsgeklüft umfängt,
+ Und wir andern um sein Lager, Kinder, scheinen
+ Steinernes Gebirg, das ihn bedrängt
+ Und so wie Gebirge schweigt,
+ Da wir ganz in Schmerz erstarrten,
+ Zählen, warten,
+ Bis der Morgen steigt.
+
+ Unsre Blicke bohren sich ins Fensterdunkel,
+ Unsre Blicke suchen morgenwärts.
+ »Endigt, Venus, endigt nicht dein Lichtgefunkel?
+ Findet Ruhe endlich nicht dies Herz?«
+ Und ins Licht noch ganz versteckt,
+ Mündet Glanz der blassern Sterne.
+ Wolkenferne
+ Kühn der Tag sich reckt.
+
+ Ragt empor als Held mit goldenem Schild und Bogen,
+ Ist im Sonnenkahn herbeigeschifft.
+ Durch den Dämmer klirrend kommt ein Pfeil geflogen,
+ Der durchs Fenster kühn den Vogel trifft.
+ Lauter Jammer ist verweht,
+ Selbst der Kranke atmet Wonne
+ Bringt dir, Sonne,
+ Froh sein Dankgebet.
+
+
+
+
+ Nacht
+
+
+ Sei zufrieden! Schon ringt sich der Abendstern aus totem Sonnenrot.
+ Schmale Sichel des Monds schwimmt am gotischen Fenster vorbei.
+ Das farbige Traumbuch des Tags entblättert im Wind.
+ Atem des schlafenden Kinds eilt den Sternbildern voraus.
+
+ Siehe, ich harre der göttlichen Huld dieser Nacht,
+ Denn sie löst mir von Gliedern der trotzigen Ketten Geklirr
+ Und ich wandre im schneeigen Licht vormitternächtigen Schlafs
+ Lämmerumtanzt zu den äußersten Küsten der Seele.
+
+ Überm veilchenfarbigen Segel am Fährenrand
+ Dehnt sich im Sternengewoge das Meer der Unendlichkeit.
+ Meine Harfe am schäumenden Kiel erbraust in die Nacht.
+ Eure Hände, Geliebten, die einst ihr wart,
+ Mischen sich still in atmender Saiten Geflecht.
+
+ Nachtviolengeranke, so flicht sich der Sang um das Boot
+ Und mich besitzt die Gemeinschaft der Erdeentschwerten.
+ Aber schon dringen vom anderen Ufer Geräusche, erwacht,
+ Helios schirrt die blendenden Rosse zur morgigen Sonnenfahrt.
+ Und ich erwache zum Wissen der ärmlichsten Traurigkeit.
+ Langsam wachse ich wieder ins Kettengefüge des leiblichen Tags.
+
+
+
+
+ Ich komme aus meinen Träumen --
+
+
+ Ich komme aus meinen Träumen euch zugereist.
+ Ich habe meine Hände voll Glanz,
+ In meinen Augen ist Licht des fernsten Gestirns.
+ Ich will euch die Farben des Regenbogens bringen,
+ Denn ihr seid ja so aschengrau,
+ So erdgebrannten Gesichts.
+ Ihr säuselt an Krankenbetten als Echo der giftigen Seufzer,
+ Sterbet zehnmal des Tags und werdet
+ Mit blechernen Trauermärschen zehnmal des Tags zu Grabe gebracht.
+ Auswendig kennt ihr die Inschrift auf spiegelndem Marmor in Gold,
+ Den ewigen Grabstein schleppt ihr auf Rücken das Leben entlang.
+
+ Ihr sitzet am Schachbrett und haltet gedrechselten Läufer,
+ Schwimmt auf dem Rauch des Cafés
+ In euer brodelndes Nichts hinab,
+ Gespenster, hört mich, Gebannte ins schattenzerworfene
+ Nachttal der Erde:
+ Ich komme aus meinen Träumen euch zugereist,
+ Ich zünde nun farbige Feuer,
+ Lasse die Girandolen kreisen,
+ Eröffne das Lichtfest der Sterne,
+ Wehe mit farbigen Phönixflügeln heran.
+
+ Farbige Flügel mit Federn der trunkenen Asia
+ Dehnen sich zwischen den Säulen im morgenrötlichen Tempel.
+ O ich jage euch Sonnen über die Erde hin,
+ Ihr sehet an blühenden Himmeln weit
+ Lilienhände im Spiel der klingenden Saiten;
+ Ihr sollt euch nach Blumen bücken, hört ihr!
+ Kinder emporheben in den goldenen Stromfall des Lichts.
+ Sehnen soll euch erfassen
+ Nach dem göttlichen Tod im entflammtesten Kuß!
+
+
+
+
+ So haben mich die Jahrtausende gesehn --
+
+
+ So haben mich die Jahrtausende gesehn:
+ Hochgebäumt über brodelndem Menschen-Weh.
+ Ich war ein Springquell, mein Blutstrahl fiel
+ In die tönende Muschel der Erde hinab.
+
+ Deingedenken doch war das Rot am Abendhimmel der Schlacht,
+ War im zehnfachen Tod die tastende Ewigkeit.
+ Komm und brich den Glanz deiner Schönheit
+ Lächelnd im Stromfall, wenn ich mich erdwärts ergieße!
+
+ Denn so wird die Welt den fliehenden Augenblick schön
+ Und ihr Abglanz spiegelt im Antlitz der Engel sich fort.
+ Stürze sie ab!
+ Geläuterter Widerschein sind wir, der entflieht.
+
+
+
+
+ Fluch
+
+
+ Auf euere Neroschädel treffe dieser Fluch!
+ Euch war der Brudermord die beste Konjunktur,
+ Euch war der Börsenzettel die präzise Uhr,
+ Das Manometer, wo ihr grinsend -- o verrucht --
+ In Ledersesseln mit umpolsterten Gesäßen
+ Den letzten Stand der Blut-Flut lächelnd abgelesen.
+
+ Ach, meine neue Welt, ich weiß ja keine Qual,
+ So tief an tiefer Zeit, so weit an weitem Raum
+ Und meinen großen Fluch, o Fluch! erreicht sie kaum.
+ Denn schnürte ich euch auch an jeden Marterpfahl
+ Und bräch mein heilig Zorngefäß an euch in Scherben,
+ In tausend Blitzen könnt ihr doch nur einmal sterben!
+
+ Drum seiet ihr -- ich will's! -- der Ewigkeit erwählt!
+ Daß immer neu die Rache in Erfüllung geht,
+ Sei euch der Tod die Stunde, wo ihr aufersteht
+ Zu einem Leben, das gleich tausend Leben zählt.
+ Aus jedem Euter sollt ihr euch das Sterben melken.
+ Mit jedem Grashalm, jedem Blatt sollt ihr verwelken!
+
+ Ich schmeiße euern Balg in jeden Erdvulkan,
+ Ich warte, bis sein Ekel ihn zu Rande speit,
+ Ich stürz ihn neuerdings in Glut und Flammenleid,
+ Laß ihn hinab, zieh ihn empor wie Last am Kran
+ Und will mich höhnisch in ekstatischem Ergötzen
+ An seinen Tantalqualen tausend Jahre letzen.
+
+ Ihr trankt der Brüder Blut aus tausendfachem Kelch,
+ Verspeistet auch sein Herz und wurdet fett.
+ Nun reiß ich's euch aus klirrendem Skelett
+ Und werf es weit im Schnee der Arkten vor den Elch,
+ Damit er's schlinge; daß im Gallenschleim es ende.
+ Vielleicht auch findet es den Weg der Exkremente.
+
+ Ich denke mir die Quellenstollen tief genug;
+ Zehn Menschenalter sein sie finsterstes Verließ,
+ Worin euch meine Faust von Schacht zu Schächten stieß,
+ Erschaffend euch in jeder Ferne einen Trug
+ Von Luft, Eratmung, hellem Glanz der Tageslichter:
+ Doch meine Schlangen gürten eure Brüste dichter.
+
+ Auf jedes Rad, wenn sich's im Staub der Rosse bäumt,
+ Sei euer morscher Leib mit Strippen festgespannt,
+ Aus jeder Rille, Hufesspur, dem Tritt im Sand
+ Aufquelle euch ein Born von Blut, das schäumt,
+ Und fülle eure Mäuler, peste auch in Nasen:
+ So will ich mit euch durch die neuen Welten rasen!
+
+
+
+
+ Apokalyptisches Gebet
+
+
+ Nimm doch zurück, o Gott, in deine Stadt
+ Von Jaspismauern, Häusern roten Golds,
+ In heiliges Gezelt aus schmiegsam Zedernholz,
+ So uns dein Grimm, o Gott, gesendet hat:
+ Der Kräfte, Mächte, Engel Siebenzahl,
+ Die auf uns geußen Schalen wilder Qual.
+
+ Sieh, unsre Scheitel flammten auf und aschten grau!
+ Was je in Schmerz geboren aus dem Weib,
+ Wir decken ja mit blutbeströmtem Leib
+ Das Kraterland der Erde; Blut ist Tau,
+ Der alle Kelche füllt, aus Keltern träuft.
+ Geschlecht der Sünde ward zum Tod gehäuft.
+
+ Wo ragt das Schloß, das du erbauen wirst
+ Aus Schläfenquadern: Haus der Menschheitsnot?
+ Auf kahlen Straßen treibt der Kärrner Tod
+ Den Maultierkarren, der von Schädeln birst.
+ O düsterer Karren Karawanenzug!
+ Der Krähen Volk zieht mit, die Nacht im Flug.
+
+ In Höllengängen, wo Entsetzen Odemgift
+ Aus dickverknäulten Brüdermassen zeugt,
+ Im Rumpf des Schiffes, das dein Wehen beugt,
+ In Tempeln ist es, wo dein Schwertstreich trifft.
+ Wir finden auf der Erde, die wir groß geglaubt,
+ Nicht ein Versteck für dieses Dornenhaupt.
+
+ Kein Baum, wo im Geäst nicht wehend trieb
+ Ein Absalon im letzten Stolz, kein Stein,
+ Darunter nicht im Dunkeln das Gebein
+ Der Mensch-Skorpione dorrte. Warum schrieb
+ Dein Finger eine Sichel nur ans Firmament?
+ Zulang die Ernte! -- Ende ohne End.
+
+ Wie würgten Adler, Löwe ja und Stier
+ In uns, o Gott, und knieen vor dem Lamm,
+ Der weißen Wolke, die aus Nacht herfür
+ Die Sonne deckte am gekreuzten Stamm!
+ In zwanzig Zungen, Menschheit schreit zum Herrn:
+ Auf reiner Schale reiche uns den Morgenstern!
+
+
+
+
+ Altartiefe sollst du mir enthüllen --
+
+
+ Herzschlag ist nirgends, doch Pochen der Maschine, doch
+ Stundenschlag.
+ Odem ist nirgends, doch Qualm der Fabrik, doch Giftgas.
+ Sklavenrücken auf Schweißspuren mürrisch geschleppter Last
+ Tragen den Fluch in Wüsten, ferne den Tempeln, hinaus.
+
+ Dein Urgrund, o Mensch, ist Saatacker voll Unkraut und Moorsumpf,
+ Ist Kammer voll Lava,
+ Ist Bergwerk gestauter Nacht,
+ Ist Tümpel des Drachen, ist Einöde der Schlange --
+ Und Herdes Dumpfheit entsendet im Rauch
+ Heillose Wechselgestalt des Seins.
+
+ Sein, das in Kerkern liegt, treibt alpdrückenden Traum aus Licht.
+ Völkerwanderungen, Untergänge, Sturz der Babeltürme, Fluten
+ Geschlagener Heere auf Straßen, die Bäche des Blutes entlang:
+ Dumpfer Widerstreit deiner Triebe gebiert die Phantome der Schlacht.
+ Maschinengespenster mit hurtigem Arm: es schuf sie die Angst.
+ Gier stiebt auf in den Mückenschwärmen der Pest.
+ Aus rotem Blut hat dein Traum die Fahnen des Aufruhrs gehißt.
+
+ Tempelwinkel der Seele aber, Altartiefe sollst du mir enthüllen,
+ Verlorenen Weihrauchduft und zerbrochenen Heiligenschein,
+ Vergessene Heimlichkeit, Kniebeugen der Sehnsucht, die Liebe,
+ Dein Göttliches, deine stille Morgenschönheit, deine Psalmmelodie,
+ Das Schneeskleid deiner Lammesgüte, den Blumenhauch, dein Herz!
+
+
+
+
+ Erde -- o Erde
+
+
+ Erde, o Erde,
+ Wer hieß uns wandeln auf Blutäckern, auf Leichengefild,
+ Wer hat uns zum Dünger bestellt
+ Für Saatfrucht des Morgen, die eigenem Samen entsprießt?
+
+ Zackiger Flügelschlag des Drachen
+ Und sein Doppelstrahl aus goldenen Nüstern,
+ Purpurbeschlagener Rachen des Löwen und Tigersprung,
+ Schillernd herkriechende Schlangennähe und Ebers Zahn,
+ Brüllende Zorngiere gehörnter Ure, Auswurf verschmitzten Lamas
+ Und plattfüßig gewälzte Wucht der Bäre,
+ Und Stachel und Biß und Hieb und Hinterhalt,
+ Wurf, Stich, Überfall, Angriff -- Erde, o Erde:
+ So drohet die Geste, mit der du dich gegen uns Schollensöhne
+ erhobst,
+ So sengt, brennt, giftet das Kleid deiner Feindschaft,
+ So zündet der Glanz deines Harnischs, in Bilder der Angst zerträumt.
+
+ Heillosestes Bild, du bist es uns -- Mensch! -- --
+ Da schält uns Sonne aus Mitleidshüllen des Schlafs
+ Und zieht uns im Strahlglanz aufs Festland der üppigsten Schlacht.
+ Von Wunden löst sie das leichthin getrocknete Siegel
+ Und zahllos -- im Bogen gekreuzt --
+ Ergießt sich heiliger Springquell des Bluts.
+
+ Erde, o Erde,
+ Wo retten wir hin
+ Ärmliches Unsgehören des Schlafs?
+ O nähme Wipfel der Esche uns auf,
+ Daß Sterne fielen in heiter beruhigten Traum
+ O bettete See uns kühl, wo hoch die Glocken
+ Aus Türmen läuten im grünen und goldenen Strom,
+ O schliefen wir fort an Brüsten der seligsten Frau,
+ Von Kindheitsliedern unendlich gewiegt! --
+
+ Doch sollen wir träumens noch wissen,
+ Wie grimmig wir tags uns mähten
+ Zu Dünger -- zu Speise des Kots.
+ Aus Tiefen grellt auf
+ Funke gezückten Schwerts.
+ Schlachtlärm tost in der heulenden Schnecke des Ohrs
+ In Augen bricht nieder
+ Stützen von Leibern quer weg über Lanzen
+ Und Rücklingsbäumen von Pferden mit schmerzhaft geblecktem Gebiß.
+
+ Erde, o Erde!
+ Blut ist dein Trank,
+ Fleisch ist hehre Speise deinem Mund.
+ Dein Glanz, das Weltall durchdämmernd,
+ Ist Glanz der Schwerter, geschwungen von Menschenhand.
+ Dein Brausen auf blauer Sonnenbahn
+ Ist Donner der niebeendeten Schlacht.
+ Im Säulendrehn dein goldener Himmelsrauch
+ Ist Opfergruß des getränkten Altars.
+
+
+
+
+ Warum fällt denn nicht --
+
+
+ Warum fällt denn nicht die Sonne, Herr, aus deiner Hand?
+ Warum stürzen nicht im Strom der Falten
+ Weithin klirrend die Gestirne nieder?
+ Warum zittern nicht die fluchverwiesnen Erden,
+ Dunkeln blutbeströmt beschämte Monde nicht?
+ Warum welken nicht, vom Aschenatem angeweht,
+ Bäume, Gräser, wie vom Wurzelwurm zernagt?
+ Warum lodert nicht der Liebe Kuß verzehrend
+ Flammend auf?
+ Warum dorrt die Frucht im Kelch der Frauen nicht?
+ Warum stirbt denn nicht im Tröstermund dein Gotteswort?
+
+ Gott der Wüsten, du bist überlistet!
+ Hast du nicht die sieben Farben einst ans Firmament gesetzt,
+ Kündend, daß die Flut nie wiederkehre! --
+ Doch es war nicht ausgemacht, ob Wassers, ob des Bluts,
+ Und wir haben dich mit unserm Blut betrogen, Herr!
+ Sieh, aus Flüssen, aus Kanälen quillt's,
+ Aus den Ritzen des Planeten wie aus dorngekröntem Haupt!
+ Denn gespiegelt sieht, o Herr, dein Ebenbild
+ Lauernd Mensch im andern und sein Haß auf dich
+ Treibt verwirrten Triebes splitternd zu zerschlagen
+ Jenen Spiegel, fortzuscheuchen
+ Schreckendes Phantom.
+
+ O er trug ja welke Last des Daseins lang auf Schultern,
+ Tempelschüler war er aller abgelebten Alter,
+ Ward gelangweilt, ach, mit deiner Götzen
+ Pfauenäugig bunter, ungezählter Schar,
+ Ward von jedem grauen Wahn in Schlangenkreisen
+ Tausend Jahre lang umhergenarrt.
+
+ Hoch auf Wolken türme sich, o Gott, dein nah Gericht!
+ Wehe Völker recken tausend Arme
+ Brünstig deinem flammennahen Blitz entgegen,
+ Gieren Nacht und Tag um Gnade der Zerstörung,
+ Auszutilgen, was sich selbst mit Gram belud,
+ Auszurotten, was sich selbst sein Gift gebar,
+ Auszulöschen, was sein eignes Fleisch geschändet.
+
+ Schall des Endes, wenn erhobene Posaunen
+ Aus vier Winden letzten Gang verkünden:
+ Töne bald und breche berstend in den Chor
+ Dröhnenden Gemordes, ins Gebraus
+ Dunklen Blutes, das an Säulen brandet
+ Morschen Tempels
+ Totgeglaubten Gotts.
+
+
+
+
+ Es werden sich die Posaunen des Gerichts erheben --
+
+
+ Es werden sich die Posaunen des Gerichts erheben.
+ Aus einer Wolke, die sich erdwärts neigt,
+ Ragen die schlanken, zuckenden Rohre --
+ Tausend sind es an der Zahl --.
+ Ihr Schall trifft lanzensteil, schwertschlank,
+ Die Gewänder der Bläser bauschen sich im Erzgebraus
+ Rund auf wie Schwanengefieder.
+
+ Über der Erde aufgeworfenes Hügelland
+ Ist wimmelnd hingebreitet alles Fleisch.
+ Ganze Völker, Sippen, Jahrtausende reihen sich hügelan,
+ Schultern von Frauen glänzen rhythmisch wie Wellenkämme im Meer.
+ Haar stammt auf. Blicke dämmern in violettener Nacht.
+
+ Und Schall der Posaunen nimmt sie auf stählernen Rücken,
+ Die Zonen der Luft sind angefüllt von sanfthinschwebenden Leibern.
+ Manche sind leicht, es trägt sie verschwimmendes Wolkenrot wie
+ Rosenblätter;
+ Andere hanteln an flatternden Tüchern sich hoch.
+
+ Mütter bergen die Kinder in schützendem Arm,
+ Nackthineilende Frauen decken mit schattenden Händen
+ Die Scham.
+ Augen sind, in denen die Welt wie berstender Sternhimmel
+ ineinanderstürzt,
+ Augen voll Schuld und traumvergessener Angst,
+ Greller, tagheller Wiederkehr verjährtester Tat.
+
+ Und keiner möchte
+ Der Erste sein vor dem Blitz aus der goldenen Wolke,
+ Männer mit Würdebärten drängen sich vor, weichen voll Zagens zurück.
+ Es stauen sich Völker, Mauern des Fleischs
+ Und Leiber sind angstvoll vermischt
+ Im Mantel der ungewissesten Qual.
+
+ Jenseits aber ist Stürzen in klaffende Tiefen,
+ Girlanden aus wirrvoll verschlungenen Körpern
+ Ranken aus helleren Tiefen ins Dunkel hinab.
+ Sünder haben die Hände vors schreiende Antlitz geschlagen,
+ Knie zerbersten, Rücken zerbrechen im schwindelnden Fall.
+ Loderndes Haar flammt züngelnd dem Feuer entgegen.
+ Sie stürzen mit Köpfen voraus.
+ Aus Mündern dünstet die bläuliche Wolke des Fluchs.
+
+
+
+
+ Wenn drunten dunkel die Posaunen brausen --
+
+
+ Wenn drunten dunkel die Posaunen brausen,
+ Als Sonnenstäubchen werde ich zum Lichtquell aufwärtsstreben.
+ Von feinen Händen fühl ich unter Schultern mich gefaßt,
+ Mich trägt ein Schwanenflügelpaar,
+ Der goldne Odem eines Engels überströmt mich warm.
+
+ Noch bin ich ganz von Schollenlast betäubt,
+ Noch kreisen Regenbogen hinter wehgeschlossnen Lidern
+ Glanzlichternd gleitet noch die grüne Schlange der Verwesung
+ Um meinen marmorn-abgekühlten Leib.
+ Ein Wiegenlied -- unendlich tief, verschlafen --
+ Von Äolsharfen weit aus Pappelwipfeln hergeflockt,
+ Träumt mir im Ohre nach.
+ Ich schwimme müd-gestreckt im Fluß der Sonne.
+
+ Da fällt mich, den sein Schutzgeist trug,
+ Ein Nachtgespenst, ein fledermausgeflügelt Untier an.
+ Der Krallen Zwölfzahl -- Monde sind's, die aneinanderklirren --
+ Stürzt sich gleich Sicheln in mein trübes Fleisch.
+ Die Nüstern qualmen stinkendes Gewölk,
+ Das Maul bespeit mich frech mit Eiter, Schleim und Galle;
+ Erschrocken sehe ich in grausem Hundsgesicht,
+ In Augen, die wie Licht im Wind verflackern,
+ Die schlankgestreckte Landschaft meiner Sünden, Frevel Süchte.
+
+ Um mich tobt der Zweikampf.
+ Manchmal sinke ich hinab, es stürzt mit geiler Wucht
+ Des Bösen lastendes Gewicht auf mich;
+ Dann steige ich empor, vom guten Geist emporgerafft,
+ Sein silbern Flügelpaar verebbt in müder Luft.
+ Die müde Luft erklingt von hellem Kampf.
+ Um die Erstandnen rast die Schlacht entzweiter Mächte.
+ In sich verbissne Knäuel schweben hin.
+ Stürzt jetzt die Last in enger Krallenhaft zur Erde.
+ Schwebt sie mit ihrem Engel siegend auf?
+ Ich bin der Kräfte Spiel im schalldurchbrausten Meer.
+
+
+
+
+ Trümmer
+
+
+ Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese
+ Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen;
+ Roll sie ins Meer, zerstreue sie in Steppen,
+ Daß keiner käme, meine Torheit priese.
+ Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese
+ Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen.
+
+ Mein Babelturm ließ seine Wolkenfahne
+ Im Wirbelwehn der Sterne wütend kreisen.
+ Gewundne Treppen wollten aufwärtsweisen,
+ Dem wachen Hochmut seinen Himmelssteig zu bahnen.
+ Mein Turm des Ichs ließ seine Wolkenfahne
+ Im Wirbelwehn der Sterne wütend kreisen.
+
+ Doch fiel in müdern Stunden, sollt ich rasten,
+ Der Turm mit Schattenmacht auf Haupt und Glieder
+ Und beugte meinen Schlaf und warf mich nieder.
+ In meine Träume stürzt er seine Quaderlasten.
+ Es fiel in müdern Stunden, sollt ich rasten,
+ Der Turm mit Schattenmacht auf Haupt und Glieder.
+
+ Geschaffne Mauern wölbten mir den Kerker,
+ Doch oben brannten Sterne in den Haaren.
+ Wie sollte ich mein blassres Licht bewahren?
+ Kein Wirbelsturm der Täler tobte ärger.
+ Geschaffne Mauern wölbten mir den Kerker,
+ Doch oben brannten Sterne in den Haaren.
+
+ Da war ich's selber, der auf der Altane
+ Mit schwurerhobner Hand den Blitz gerufen.
+ Er zückte nieder. Erker barsten, Stuben.
+ Zerworfner Schutt begrub die Wolkenfahne.
+ Da war ich's selber, der auf der Altane
+ Mit schwurerhobner Hand den Blitz gerufen.
+
+ Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese
+ Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen;
+ Roll sie ins Meer, zerstreue sie in Steppen,
+ Daß keiner käme, meine Torheit priese.
+ Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese
+ Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen.
+
+
+
+
+ Trost
+
+
+ Es sind auch nicht all, o Gott, deine Gedanken
+ Nur Lämmer, von gütlicher Wärme beschneite,
+ Und dehnen nicht all sich
+ Nach seligem Tanz an Hängen von Klee
+ In süßen Schalmeiton des schläfrigen Monds.
+
+ In Pfauen auch denkst du
+ Und starrst in gespreizter Eitelkeitsgier
+ Aus Augen, in Fächern,
+ Vom Tempelteppich gewirkten Allsehens
+ In ewige Brunst des Lichts hinein.
+
+ In Tigers Kraft selbst dunkelt dein Groll,
+ Entflammt im Zinnober des Rachens noch Gier.
+ In Schlangen wirft Hinterlist metallischen Schimmers
+ So giftigen Ring vor ein ärmer Geschöpf.
+
+ Auch bist du ja Flamme und Lohe und Feuersbrunst,
+ Getümmelte Wogenherde, Zentaurenschar, Schlund,
+ Bist Zickzack und Blitz, Erdbeben, Vulkanausbruch,
+ Zusammenprall der Planeten, bist Untergang.
+
+ Doch wie du es bist, Gott: auch ich muß es sein.
+ O wandle mich denn in schwindenden Formen ab!
+ Denn Flamme schon war ich und Lohe und Feuersbrunst,
+ Erd-Erbeben -- Vulkanausbruch -- Untergang.
+ Als Tiger der Dschungeln ich trug
+
+ Im Nacken gefiederte Pfeile hinab,
+ Schweifte als Pfau an Tempelsäulen der Juno vorbei,
+ Lag lauernd geschmiegten Schlangenleibs
+ Im Schatten der lehmigen Diele zur Nacht. --
+
+ Gib Güte nun endlich,
+ Wärme des schneeigen Lämmerkleids!
+ Hülle mein Herz, o Gott,
+ In Sehnsucht der Hirtenschalmei!
+
+
+
+
+ Der neue Mensch
+
+
+ Aus Unform, Irrform, Wirrform,
+ Aus Zwitterform und Aberform der Zeit
+ Schreitet in banger Zuversicht der neue Mensch.
+ Die Brodemnebel veraschter Leichenhügel
+ Sind unter ihm.
+ Die Meere gekelterten Bluts, die Ströme, die Schaum krönt,
+ Sind unter ihm.
+ Die Babeltürme versteinter Irrtümer
+ Sind unter ihm.
+
+ Er schreitet: mehr Stirne als Kinn, mehr Gott als Tier.
+ Im Zackengeklüfte der Felsen
+ Nur manchmal hört er das Echo
+ Verworrenen Brudermords, verjährten Totschlags.
+ Denn jung war er noch, als Donner verzückter Kanonen
+ Die alten Jahrtausende pomphaft zu Grabe geläutet.
+ Das war einmal:
+ Schwertertag und Lorbeersieg,
+ Klirrender Klingenkampf und Triumphglanz,
+ Das war einmal:
+ Irgendwo, fern, irgendwann.
+
+ Er schreitet in nacktem Verzicht.
+ Er badet sich rein
+ Im weißen Quell des Gedankens.
+
+ Er nimmt -- lächelnd, großmütig und gütig --
+ Den armen Planeten in warme, umgitternde Hände
+ Und hebt ihn hinauf in den läuternden
+ Lichtstrom der Sonne, bettet ihn sanft in die kühlen
+ Heilenden Rosen der Morgenröte und wartet
+ Des dämmernden Tags.
+ Nicht wissen durchaus will er des Gestern.
+ Denn Gestern: Das ist ja gesammelter Fluch,
+ Geballtes Verhängnis, genetztes, tausendmaschig
+ Gefädeltes Schicksal. Nicht wissen will er des Gestern.
+
+ In Schutt sieht er stürzen
+ Dorische Säulen, Akanthus und gotische Fenster,
+ Gemauerte Schreie des Gottwahns verblichener Zeiten
+ Er fället der Götzen glanzbäuchige Hochmut
+ Und glüht in den Bränden des Alten sein jugendlich Herz,
+ Dies Pfand der Allmacht,
+ Die brausende Mitte des neuen, schaffenden Seins.
+
+ Und also weiß er zu beten: -- Nichts über mir!
+ Im Anfang war ich. Ich werde im Ende sein,
+ Bin ich doch Tempel, Gott, Beter zugleich
+ Und krümme den Rücken so wenig der mummenumschanzten Hoheit
+ Als Lasten, die fremder Wille mir auflädt.
+ Ich bin so berechtigt als irgend ein Mensch.
+ Nichts über mir!
+
+ Frauen will ich nicht suchen gehn. Sie nahen allein!
+ In ihrem Lächeln der Wollust
+ Einschleichend wälzen sich früheste Alter der Erde
+ In unseren kornreifen, ausgeglätteten Sommertag.
+ Die List ihrer Buhlschaft reicht uns die rostigen Schwerter
+ Hellbrünstigen Zweikampfs. Besitzgier und Eifersüchte
+ Spornen in uns nichtigen Krämergeist, Hamstersorge.
+ Wütendes Morden des Fleischs,
+ Wer stiftet es anders, als die es gebar: Helena,
+ Die maskenschöne Mutter der irdischen Kriege?
+ Wer säh sich nicht vor!
+
+
+
+
+ Die Fahrt
+
+
+ Offenem Lichtkreis, neuem Sonnejahr
+ Rollt steuernder Kiel der Erde entgegen.
+ Noch sind alle Segel von blutendem Abend rot;
+ Im Brackwasser ertrinkt in tausend Rubinen zerstäubter Komet.
+ Tief-Schlummernder bin ich,
+ Da scheucht erster Strahl den Alpdruck der engen Kabine.
+ Mitternächtiger Wintertraum unter Dächern des Schnees
+ Kleidet vergessene Spiegel mit jauchzendem Lenzgrün aus,
+ Tollt mit zerfetztem Haar im Glanz die Alleen entlang,
+ Jubelt im Birkenwipfel des Hügels ein harfenes Lied,
+ Sinkt als Frühtau mit kreisenden Himmeln die Kelche hinab.
+
+ Im Golfstrom des Lichtes saust glühende Erde empor.
+ Mit herzhafter Kraft umgürtet die Sonne das taumelnde Rund.
+ Ihr Licht trinkt die haftenden Dämpfe des Blutes hinweg,
+ Ihr heilender Atem saugt Pestgift und Brandhauch in sich.
+
+ Nun steig ich hinauf,
+ Letzte Wendeltreppen,
+ Schattenlabyrinthe hinauf!
+ Trunkener Aufstieg peitscht schon die tummelnden Wogen des Herzens
+ voraus.
+ Und ich stehe an höchstem Bord, auf fliegender Brücke am Steuerrad
+ Und winke die farbigen Vögel heran
+ Und winke Delphine heran
+ Und Fische mit silbernen Schuppen, mit güldenen Flossen
+ Und Haie und Wale und Robben und Rosse
+ Und alle geschäumten Wogen, die von den Polen schießen,
+ Und alle Sternbilder, auf schaukelnden Wassern an Bord gewiegt.
+
+ Der neue Mensch hält auf die Sonne zu.
+ Sein Herz umfaßt mit dem Strahlglanz den magischen Spiegel der Welt
+ Und jeglicher Atem strömt in den goldenen Becher zurück.
+ Mit ihm wird die Erde das fährliche Kap der Nächte umschiffen,
+ Krieg, Krankheit, Entzweiung, Verzweiflung umschiffen
+ Und Ekel der Wollust
+ Und Blutgier
+ Und Brunst.
+
+ Zermürbte Monde schon decken die Schädelstätte entfremdeter Nacht.
+ Träume versinken im Blachfeld der Not.
+ Alpdruck und Nachtmahr gurgeln im Sumpf hinab.
+ Denn offenem Lichtkreis, neuem Sonnejahr
+ Rollt steuernder Kiel der Erde entgegen.
+
+ All-Lebendes wandelt im Goldtau sein Herz
+ Und trägt es mir zu. Aus Palmenwipfeln
+ Wiegt sich fasanenbeschwingte Sehnsucht heran,
+ Aus Ranken der Beere dehnt es sich nah,
+ Zinnoberne Schnecken herkriechen auf silberner Spur.
+
+ Die Fahrt ist im Gang,
+ Die Erde im Brausen tönt selber Triumphgesang.
+ Folgt alle!
+ Ich steure die Arche auf goldener Flut!
+ Schon ist die Taube auf Wegen zu Gott voraus!
+
+
+
+
+ Inhaltsübersicht
+
+
+ Johanni 5
+ Ich -- Du 6
+ Dein Wesen ist über alle Welt zerstreut -- 7
+ Als ich im ersten Viertel des Monds -- 9
+ Es werde Licht 11
+ Lied 12
+ Liebesode 13
+ Im Abenddämmern zwischen den Jahren -- 14
+ Der Kranke 15
+ Nacht 18
+ Ich komme aus meinen Träumen -- 20
+ So haben mich die Jahrtausende gesehn -- 22
+ Fluch 23
+ Apokalyptisches Gebet 25
+ Altartiefe sollst du mir enthüllen -- 27
+ Erde -- o Erde 29
+ Warum fällt denn nicht -- 32
+ Es werden sich die Posaunen des Gerichts erheben -- 34
+ Wenn drunten dunkel die Posaunen brausen -- 36
+ Trümmer 38
+ Trost 40
+ Der neue Mensch 42
+ Die Fahrt 45
+
+
+
+
+Anmerkungen zur Transkription
+
+
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt
+(vorher/nachher):
+
+ [S. 10]:
+ ... An schlanke Deichsel sind goldgezäunte Rosse gespannt, ...
+ ... An schlanke Deichsel sind goldgezäumte Rosse gespannt, ...
+
+ [S. 11]:
+ ... So hing ich über diesem tiefstem See. ...
+ ... So hing ich über diesem tiefsten See. ...
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Gedichte, by Julius Maria Becker
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEDICHTE ***
+
+***** This file should be named 52219-8.txt or 52219-8.zip *****
+This and all associated files of various formats will be found in:
+ http://www.gutenberg.org/5/2/2/1/52219/
+
+Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed
+Proofreading Team at http://www.pgdp.net
+
+Updated editions will replace the previous one--the old editions will
+be renamed.
+
+Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright
+law means that no one owns a United States copyright in these works,
+so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United
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+1.E.8.
+
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+used on or associated in any way with an electronic work by people who
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+things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
+even without complying with the full terms of this agreement. See
+paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
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+electronic works. See paragraph 1.E below.
+
+1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the
+Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection
+of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual
+works in the collection are in the public domain in the United
+States. If an individual work is unprotected by copyright law in the
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+The Project Gutenberg EBook of Gedichte, by Julius Maria Becker
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+This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
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+whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
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+Title: Gedichte
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+Author: Julius Maria Becker
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+Release Date: June 2, 2016 [EBook #52219]
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+Language: German
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+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEDICHTE ***
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+Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed
+Proofreading Team at http://www.pgdp.net
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+Julius Maria Becker
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+<h1 class="title">
+Gedichte
+</h1>
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+<p class="pub">
+Kurt Wolff Verlag · Leipzig
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+</div>
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+<div class="frontmatter">
+<p class="ser">
+Bücherei &bdquo;Der jüngste Tag&ldquo;. Band 72
+</p>
+
+<p class="printer">
+Gedruckt bei Poeschel &amp; Trepte, Leipzig
+</p>
+
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-1">
+<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a>
+<span class="line1">Johanni</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Als sich dein Haar den Berg entlang ergoß,</p>
+ <p class="verse">Wogte das Weizenfeld in seinem gereiften Gold.</p>
+ <p class="verse">Kornblumen dunkelten, wo noch eben dein Blick geweilt.</p>
+ <p class="verse">Im silbernen Blütenstaub dämmert dein Odem hinab.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Der Beter vorm Bildstock erfleht noch den Saaten Bestand:</p>
+ <p class="verse">Es tränke sie Tau und der Sturm erachte des Halms.</p>
+ <p class="verse">Dann schließt er auch dich in sein gilbes Gebet.</p>
+ <p class="verse">Saum deines Kleides wehet den Tannen vorbei.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Jetzt bette ich Müdsein in deine eratmete Saat,</p>
+ <p class="verse">Erde ist kühl und dein Leib ist dem Sinne der Erde so nah.</p>
+ <p class="verse">In Küssen beschwörst du den silbernen Abend heran.</p>
+ <p class="verse">Blaß über Wimpern tanzt schon die Sichel des Monds.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-2">
+<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a>
+<span class="line1">Ich &mdash; Du</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich halte im Umkreis deiner Verflüchtung mich auf.</p>
+ <p class="verse">Ich weile auch ferne der grenzenden Körperlichkeit.</p>
+ <p class="verse">Ich wandle im blasseren Licht deines Heiligenscheins.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Du stehst im Abend und verdämmerst ganz still hinaus.</p>
+ <p class="verse">Du streifst noch die Sterne und zitterst im Boden fort.</p>
+ <p class="verse">Der Schleier sind viele, sind Wolken und wehen dich hin.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich nehme das Beste von dir fern atmend in mich.</p>
+ <p class="verse">Ich tränke mein Erdreich mit deinem durchgoldeten Tau.</p>
+ <p class="verse">Ich helle den Traum mit deinem vergessenen Licht.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Du bist wie zu Hause und weißt auch nicht, wie du mich nährst.</p>
+ <p class="verse">Du senkst deinen Schatten, umwandelst dein Wurzelgerank.</p>
+ <p class="verse">Du blühst und vergehst, doch die Ferne stammelt von dir.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich pflanze dein Echo auf einen verewigten Stern.</p>
+ <p class="verse">Ich rette die Strahlung des Bluts in eine bedürftige Nacht.</p>
+ <p class="verse">Ich trage den Hauch, der noch blieb, auf meinem Fittich hinauf.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-3">
+<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a>
+<span class="line1">Dein Wesen</span><br />
+<span class="line2">ist über alle Welt zerstreut &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Dein Wesen ist über alle Welt zerstreut,</p>
+ <p class="verse">An alle Himmel verloren.</p>
+ <p class="verse">Im Kelch von tausend Blumen sammle</p>
+ <p class="verse">Ich dich ein.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich werfe meine Netze weit im Meer</p>
+ <p class="verse">Der Nachthimmel aus,</p>
+ <p class="verse">Feierliche Sternbilder, worin dein Blick sich verewigt,</p>
+ <p class="verse">Sammle ich in meinen Netzen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich eile zu gehen:</p>
+ <p class="verse">Zurückholen will ich deinen Blick</p>
+ <p class="verse">Aus allen vier Winden der Rose.</p>
+ <p class="verse">Jedem deiner Gedanken reise ich nach.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich behüte mit aufgestellten Windharfen,</p>
+ <p class="verse">Die mein Lied dir brausen,</p>
+ <p class="verse">Geliebte, dein waches, hellwaches Ohr.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich will, daß deines Wesens</p>
+ <p class="verse">Volle Pracht in einem heißen</p>
+ <p class="verse">Kuß mich überschütte:</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">O ja, Geliebte, bleibe in meiner Hand!</p>
+ <p class="verse">Schwinde nicht fort aus meinen</p>
+ <p class="verse">Verdämmernden Horizonten!</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a>
+ <p class="verse">Entferne dich nicht aus dem Goldrahmen</p>
+ <p class="verse">Meines geruhigen Tags!</p>
+ <p class="verse">Lästere nicht meinen Besitz an dir!</p>
+ <p class="verse">Habe keine fremden Götter neben mir!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-4">
+<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
+<span class="line1">Als ich</span><br />
+<span class="line2">im ersten Viertel des Monds &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Als ich im ersten Viertel des Monds</p>
+ <p class="verse">Ausgestreckt in den Rosen des Hügels lag,</p>
+ <p class="verse">Kamst du &mdash; ein wärmender Schatten &mdash; heran,</p>
+ <p class="verse">Gossest auf meine Stirne die Schale des Schlafs.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich eilte in rötlichen Blätterstürzen &mdash; im Herbst</p>
+ <p class="verse">Und war deiner atmenden Nähe schon minder gewiß.</p>
+ <p class="verse">Zeitlosen rahmten die Landschaft der Traurigkeit.</p>
+ <p class="verse">Bei einer Harfe fand ich Zuflucht des Nachts.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Winters, wenn ich den Eiskristall</p>
+ <p class="verse">In das Licht der erstorbenen Sonne hob,</p>
+ <p class="verse">Fremde, erschienest du nicht.</p>
+ <p class="verse">Regenbogen umkreisten den ewigen Kern.</p>
+ <p class="verse">Zierliche Sterne des Schnees</p>
+ <p class="verse">Schmückten das Grab meiner Seele.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Aber im Lenz, bald schwimmt die immergrüne Insel heran.</p>
+ <p class="verse">Leidenschaftliche Sonne wühlt sich aus flimmerndem Gras.</p>
+ <p class="verse">Auftaucht, von rosiger Muschel gehoben,</p>
+ <p class="verse">Die Herbstliche, Nackte im Schaumgekräusel des Sees.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Füllhörner schütten Farben und Blumen über dich hin.</p>
+ <p class="verse">O wer darf dir jetzt</p>
+<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a>
+ <p class="verse">Aus zauberischen Lüften den purpurnen,</p>
+ <p class="verse">Rosenbestickten Mantel der Schönheit reichen?</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Auf erhöhtem Wagen ziehst du einher,</p>
+ <p class="verse">An schlanke Deichsel sind gold<a id="corr-0"></a>gezäumte Rosse gespannt,</p>
+ <p class="verse">Schwebende Frauen führen die lockeren Zügel.</p>
+ <p class="verse">Weidenbüsche, die der Lufthauch deines Zuges berührt,</p>
+ <p class="verse">Tönen mit allen Zweigen, Schalmeien gleich.</p>
+ <p class="verse">Orgeln brausen inmitten des Schilfs.</p>
+ <p class="verse">Überall zieht Morgenröte herauf.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">O und dein Wagen rast über mich hin.</p>
+ <p class="verse">Um lodernde Achse rollt sprühend das Sonnenrad.</p>
+ <p class="verse">Ich bin von den Bildern blitzender Sprossen umschattet.</p>
+ <p class="verse">Silberner Wegstaub hüllt meinen Jammer ein.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-5">
+<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
+<span class="line1">Es werde Licht</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich hatte diese Welt schon ganz in meinen Geist genommen</p>
+ <p class="verse">Und sah nach innen, wo im Sphärendrehn</p>
+ <p class="verse">Die düstern Bilder wechselten. &mdash; Es war ein stetes Kommen</p>
+ <p class="verse">Von Nachtgestalten &mdash; stetiges Vergehn.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Von Gram gebleicht, von Last gekrümmt und mit zerquerter Stirne</p>
+ <p class="verse">So hing ich über diesem <a id="corr-2"></a>tiefsten See.</p>
+ <p class="verse">Aus Spiegelquellen wuchs mein Wolkenhaupt wie Glanz der Firne.</p>
+ <p class="verse">Die Wirbel kreisten um ein Tausend-Weh.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Da kam der Tag. Mich rief ein Lied. Da war&rsquo;s, als hell im Frühen</p>
+ <p class="verse">Sich diese Welt in deine Augen schwang.</p>
+ <p class="verse">Da brach aus jedem Ding sein Kern des Lichts im Fächerblühen,</p>
+ <p class="verse">Aus allen Wipfeln brauste der Gesang.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">So werd ich diese Nacht der Welt durch deinen Himmel tragen</p>
+ <p class="verse">Und Träume sind der Möven Silberflug.</p>
+ <p class="verse">Des bangen Tags Geschehen ist ein lautlos Ruderschlagen.</p>
+ <p class="verse">Doch Güte kniet in Lämmern, sich genug.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-6">
+<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
+<span class="line1">Lied</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Sie sind im Licht der Tagessonne</p>
+ <p class="verse">Der Leiber zwei, der Seelen zwei,</p>
+ <p class="verse">Sie streben sonder Wort und Wonne</p>
+ <p class="verse">In weiten Kreisen sich vorbei.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Er zieht mit jedem roten Morgen</p>
+ <p class="verse">Die wachen Pfade streng hinauf;</p>
+ <p class="verse">Im Köcher ist der Pfeil geborgen,</p>
+ <p class="verse">Es ruht die Hand an Schwertes Knauf.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Des Weibes Tag ist stiller Wandel</p>
+ <p class="verse">Der Sonne um umlaubtes Haus,</p>
+ <p class="verse">Ein ferner, süßer Duft von Sandel,</p>
+ <p class="verse">An seinem Weg ein Blütenstrauß.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Doch mit der Sonne Lichtvergluten</p>
+ <p class="verse">Fällt beider Kreis aus ihrer Kraft</p>
+ <p class="verse">Und dunkel muß zusammenfluten,</p>
+ <p class="verse">Was tags sein Einzelsein erschafft.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Baum, Strauch und Turm zerfließt ins Schweigen,</p>
+ <p class="verse">Der Strom verebbt im weiten Tal;</p>
+ <p class="verse">Der Himmelszeichen goldner Reigen</p>
+ <p class="verse">Geht ein in diesen Sternensaal.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nichts will nun beide mehr umragen,</p>
+ <p class="verse">Ein Grauen zwingt den Mann zum Weib.</p>
+ <p class="verse">Von eines Odems Maß getragen,</p>
+ <p class="verse">Durchblüht die Nacht ein Sein, ein Leib.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-7">
+<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
+<span class="line1">Liebesode</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Dein Blick ist unsterblich in mir.</p>
+ <p class="verse">Er hat ja erst wie ein Sonnenstrahl</p>
+ <p class="verse">Mein dumpf-unseiendes Leben erweckt.</p>
+ <p class="verse">Er hat ja erst die Sehnsucht erweckt.</p>
+ <p class="verse">Dein Blick ist unsterblich in mir.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Wir sanken, Glieder an Glieder gepreßt</p>
+ <p class="verse">Und Mund an Mund</p>
+ <p class="verse">Als Leib, lustvergessen ein Leib, ins Gras;</p>
+ <p class="verse">Und tief der Himmel mit tausend Sternen</p>
+ <p class="verse">Sank und deckte uns zu.</p>
+ <p class="verse">O Himmel der Lust! O Grab der Lust!</p>
+ <p class="verse">Aber dein Blick ist unsterblich in mir.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Und, die du gebärst, die Kinder kreisen</p>
+ <p class="verse">Als Sonnen auf eigen-beschriebener Bahn:</p>
+ <p class="verse">Ein neues System. Ich hab es erregt.</p>
+ <p class="verse">Nein, dein Blick hat es erregt.</p>
+ <p class="verse">Und dein Blick ist unsterblich in mir.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Unsterblicher als die Geschlechter nach mir.</p>
+ <p class="verse">In meiner Seele, wenn alles, was Staub war,</p>
+ <p class="verse">Staub wieder ist, lebt noch dein Blick,</p>
+ <p class="verse">Ihr sphärisches Sein durchleuchtend mit mildem Strahl,</p>
+ <p class="verse">Unsterblich ist dein Blick in mir.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">So wird meine Seele die Sehnsucht hegen,</p>
+ <p class="verse">Wie tief ich gestorben, nach Leben im Fleische,</p>
+ <p class="verse">Um voller zu fassen das schwebende Leben</p>
+ <p class="verse">Im Blicke von dir zu mir,</p>
+ <p class="verse">Unsterblich ist dein Blick in mir.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-8">
+<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
+<span class="line1">Im Abenddämmern</span><br />
+<span class="line2">zwischen den Jahren &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nun muß ich nächtelang</p>
+ <p class="verse">Vergeblich am Scheideweg der Milchstraße auf dich warten,</p>
+ <p class="verse">Im Abenddämmern zwischen den Jahren</p>
+ <p class="verse">Säumte ich drüben als der Mann im Mond.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Früher konnte ich dich in den verzweigten Tälern</p>
+ <p class="verse">Der Erde noch suchen gehn.</p>
+ <p class="verse">Im bläulichen Frostlicht des Monds</p>
+ <p class="verse">Schliefen die Hütten, im Schatten zerstreut.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Doch irgendwo, drinnen, dein kristallener Atem</p>
+ <p class="verse">Zeichnete Orchideen auf silberne Scheiben.</p>
+ <p class="verse">Eisblumen &mdash; die schönsten auf gläsernen Beeten der Nacht &mdash;</p>
+ <p class="verse">Zeigten den Weg zum wärmenden Licht deines Kusses.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nun weiß ich dich nirgends zu finden.</p>
+ <p class="verse">Ich suche die Träume der Jünglinge auf.</p>
+ <p class="verse">Ich weiß es, in Nächten des klirrenden Siebengestirns</p>
+ <p class="verse">Träumen sie immer nur dich,</p>
+ <p class="verse">Träumen dich mit all deinem Lächeln, farbig im stillen</p>
+ <p class="verse">Gedenken an mich.</p>
+ <p class="verse">Nur in den Träumen Verliebter finde ich nochmals zu dir zurück.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-9">
+<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
+<span class="line1">Der Kranke</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Abends wissen wir, wenn jach das erste Viertel</p>
+ <p class="verse">Kalten Monds im Oberlichte reift,</p>
+ <p class="verse">Wenn um silberisch Gewand den Sternengürtel</p>
+ <p class="verse">Naher Abend zart mit Händen streift,</p>
+ <p class="verse">Daß der Adler nun sein Nest</p>
+ <p class="verse">Giererwacht, die Nacht auf Schwingen,</p>
+ <p class="verse">Nacht zu bringen,</p>
+ <p class="verse">Flügelgroß verläßt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Leises Rollen wie bei düstern Nachtgewittern</p>
+ <p class="verse">Kündet, daß der fremde Vogel naht.</p>
+ <p class="verse">Diesen Kranken dann befällt ein heftig Zittern</p>
+ <p class="verse">Und er rüstet sich zur schwersten Tat,</p>
+ <p class="verse">Atmet hart; und fast erstickt</p>
+ <p class="verse">Ruft er Hilfe, wehrt mit Händen,</p>
+ <p class="verse">Abzuwenden</p>
+ <p class="verse">Unheil, blind geschickt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Durch geschlossene Fenster, schmal durch Schloß und Riegel,</p>
+ <p class="verse">Sichtbar nur dem heißen Fiebertraum,</p>
+ <p class="verse">Schlägt&rsquo;s wie Schwefelflammen, bricht&rsquo;s wie Aschenflügel,</p>
+ <p class="verse">Spreitet sich wie Fächer, Krone, Baum,</p>
+ <p class="verse">Stürzt dem Kranken auf die Brust,</p>
+ <p class="verse">Krallt sich fest mit krummen Klauen,</p>
+ <p class="verse">Hell in blauen</p>
+ <p class="verse">Augen thront die Lust</p>
+<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
+ <p class="verse">Mit dem Schnabel dieses Kranken Fleisch zu spalten.</p>
+ <p class="verse">Eine Sichel bohrt sich tief hinein,</p>
+ <p class="verse">Wühlt hinab; das Herz in zuckenden Gewalten</p>
+ <p class="verse">Blutet Funken, sprüht wie Feuerstein.</p>
+ <p class="verse">Sieben Stunden währt die Not</p>
+ <p class="verse">Und den Kranken hört man stöhnen,</p>
+ <p class="verse">Gott verhöhnen</p>
+ <p class="verse">Und er liegt wie tot.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Heiße Tränen seh ich ihn aufs Kissen weinen,</p>
+ <p class="verse">Das ihn wie ein Felsgeklüft umfängt,</p>
+ <p class="verse">Und wir andern um sein Lager, Kinder, scheinen</p>
+ <p class="verse">Steinernes Gebirg, das ihn bedrängt</p>
+ <p class="verse">Und so wie Gebirge schweigt,</p>
+ <p class="verse">Da wir ganz in Schmerz erstarrten,</p>
+ <p class="verse">Zählen, warten,</p>
+ <p class="verse">Bis der Morgen steigt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Unsre Blicke bohren sich ins Fensterdunkel,</p>
+ <p class="verse">Unsre Blicke suchen morgenwärts.</p>
+ <p class="verse">&bdquo;Endigt, Venus, endigt nicht dein Lichtgefunkel?</p>
+ <p class="verse">Findet Ruhe endlich nicht dies Herz?&ldquo;</p>
+ <p class="verse">Und ins Licht noch ganz versteckt,</p>
+ <p class="verse">Mündet Glanz der blassern Sterne.</p>
+ <p class="verse">Wolkenferne</p>
+ <p class="verse">Kühn der Tag sich reckt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ragt empor als Held mit goldenem Schild und Bogen,</p>
+ <p class="verse">Ist im Sonnenkahn herbeigeschifft.</p>
+<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a>
+ <p class="verse">Durch den Dämmer klirrend kommt ein Pfeil geflogen,</p>
+ <p class="verse">Der durchs Fenster kühn den Vogel trifft.</p>
+ <p class="verse">Lauter Jammer ist verweht,</p>
+ <p class="verse">Selbst der Kranke atmet Wonne</p>
+ <p class="verse">Bringt dir, Sonne,</p>
+ <p class="verse">Froh sein Dankgebet.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-10">
+<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a>
+<span class="line1">Nacht</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Sei zufrieden! Schon ringt sich der Abendstern aus totem Sonnenrot.</p>
+ <p class="verse">Schmale Sichel des Monds schwimmt am gotischen Fenster vorbei.</p>
+ <p class="verse">Das farbige Traumbuch des Tags entblättert im Wind.</p>
+ <p class="verse">Atem des schlafenden Kinds eilt den Sternbildern voraus.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Siehe, ich harre der göttlichen Huld dieser Nacht,</p>
+ <p class="verse">Denn sie löst mir von Gliedern der trotzigen Ketten Geklirr</p>
+ <p class="verse">Und ich wandre im schneeigen Licht vormitternächtigen Schlafs</p>
+ <p class="verse">Lämmerumtanzt zu den äußersten Küsten der Seele.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Überm veilchenfarbigen Segel am Fährenrand</p>
+ <p class="verse">Dehnt sich im Sternengewoge das Meer der Unendlichkeit.</p>
+ <p class="verse">Meine Harfe am schäumenden Kiel erbraust in die Nacht.</p>
+ <p class="verse">Eure Hände, Geliebten, die einst ihr wart,</p>
+ <p class="verse">Mischen sich still in atmender Saiten Geflecht.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nachtviolengeranke, so flicht sich der Sang um das Boot</p>
+ <p class="verse">Und mich besitzt die Gemeinschaft der Erdeentschwerten.</p>
+<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a>
+ <p class="verse">Aber schon dringen vom anderen Ufer Geräusche, erwacht,</p>
+ <p class="verse">Helios schirrt die blendenden Rosse zur morgigen Sonnenfahrt.</p>
+ <p class="verse">Und ich erwache zum Wissen der ärmlichsten Traurigkeit.</p>
+ <p class="verse">Langsam wachse ich wieder ins Kettengefüge des leiblichen Tags.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-11">
+<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a>
+<span class="line1">Ich komme</span><br />
+<span class="line2">aus meinen Träumen &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich komme aus meinen Träumen euch zugereist.</p>
+ <p class="verse">Ich habe meine Hände voll Glanz,</p>
+ <p class="verse">In meinen Augen ist Licht des fernsten Gestirns.</p>
+ <p class="verse">Ich will euch die Farben des Regenbogens bringen,</p>
+ <p class="verse">Denn ihr seid ja so aschengrau,</p>
+ <p class="verse">So erdgebrannten Gesichts.</p>
+ <p class="verse">Ihr säuselt an Krankenbetten als Echo der giftigen Seufzer,</p>
+ <p class="verse">Sterbet zehnmal des Tags und werdet</p>
+ <p class="verse">Mit blechernen Trauermärschen zehnmal des Tags zu Grabe gebracht.</p>
+ <p class="verse">Auswendig kennt ihr die Inschrift auf spiegelndem Marmor in Gold,</p>
+ <p class="verse">Den ewigen Grabstein schleppt ihr auf Rücken das Leben entlang.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ihr sitzet am Schachbrett und haltet gedrechselten Läufer,</p>
+ <p class="verse">Schwimmt auf dem Rauch des Cafés</p>
+ <p class="verse">In euer brodelndes Nichts hinab,</p>
+ <p class="verse">Gespenster, hört mich, Gebannte ins schattenzerworfene</p>
+ <p class="verse">Nachttal der Erde:</p>
+ <p class="verse">Ich komme aus meinen Träumen euch zugereist,</p>
+ <p class="verse">Ich zünde nun farbige Feuer,</p>
+<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a>
+ <p class="verse">Lasse die Girandolen kreisen,</p>
+ <p class="verse">Eröffne das Lichtfest der Sterne,</p>
+ <p class="verse">Wehe mit farbigen Phönixflügeln heran.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Farbige Flügel mit Federn der trunkenen Asia</p>
+ <p class="verse">Dehnen sich zwischen den Säulen im morgenrötlichen Tempel.</p>
+ <p class="verse">O ich jage euch Sonnen über die Erde hin,</p>
+ <p class="verse">Ihr sehet an blühenden Himmeln weit</p>
+ <p class="verse">Lilienhände im Spiel der klingenden Saiten;</p>
+ <p class="verse">Ihr sollt euch nach Blumen bücken, hört ihr!</p>
+ <p class="verse">Kinder emporheben in den goldenen Stromfall des Lichts.</p>
+ <p class="verse">Sehnen soll euch erfassen</p>
+ <p class="verse">Nach dem göttlichen Tod im entflammtesten Kuß!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-12">
+<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a>
+<span class="line1">So haben</span><br />
+<span class="line2">mich die Jahrtausende gesehn &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">So haben mich die Jahrtausende gesehn:</p>
+ <p class="verse">Hochgebäumt über brodelndem Menschen-Weh.</p>
+ <p class="verse">Ich war ein Springquell, mein Blutstrahl fiel</p>
+ <p class="verse">In die tönende Muschel der Erde hinab.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Deingedenken doch war das Rot am Abendhimmel der Schlacht,</p>
+ <p class="verse">War im zehnfachen Tod die tastende Ewigkeit.</p>
+ <p class="verse">Komm und brich den Glanz deiner Schönheit</p>
+ <p class="verse">Lächelnd im Stromfall, wenn ich mich erdwärts ergieße!</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Denn so wird die Welt den fliehenden Augenblick schön</p>
+ <p class="verse">Und ihr Abglanz spiegelt im Antlitz der Engel sich fort.</p>
+ <p class="verse">Stürze sie ab!</p>
+ <p class="verse">Geläuterter Widerschein sind wir, der entflieht.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-13">
+<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a>
+<span class="line1">Fluch</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Auf euere Neroschädel treffe dieser Fluch!</p>
+ <p class="verse">Euch war der Brudermord die beste Konjunktur,</p>
+ <p class="verse">Euch war der Börsenzettel die präzise Uhr,</p>
+ <p class="verse">Das Manometer, wo ihr grinsend &mdash; o verrucht &mdash;</p>
+ <p class="verse">In Ledersesseln mit umpolsterten Gesäßen</p>
+ <p class="verse">Den letzten Stand der Blut-Flut lächelnd abgelesen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ach, meine neue Welt, ich weiß ja keine Qual,</p>
+ <p class="verse">So tief an tiefer Zeit, so weit an weitem Raum</p>
+ <p class="verse">Und meinen großen Fluch, o Fluch! erreicht sie kaum.</p>
+ <p class="verse">Denn schnürte ich euch auch an jeden Marterpfahl</p>
+ <p class="verse">Und bräch mein heilig Zorngefäß an euch in Scherben,</p>
+ <p class="verse">In tausend Blitzen könnt ihr doch nur einmal sterben!</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Drum seiet ihr &mdash; ich will&rsquo;s! &mdash; der Ewigkeit erwählt!</p>
+ <p class="verse">Daß immer neu die Rache in Erfüllung geht,</p>
+ <p class="verse">Sei euch der Tod die Stunde, wo ihr aufersteht</p>
+ <p class="verse">Zu einem Leben, das gleich tausend Leben zählt.</p>
+ <p class="verse">Aus jedem Euter sollt ihr euch das Sterben melken.</p>
+ <p class="verse">Mit jedem Grashalm, jedem Blatt sollt ihr verwelken!</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich schmeiße euern Balg in jeden Erdvulkan,</p>
+ <p class="verse">Ich warte, bis sein Ekel ihn zu Rande speit,</p>
+ <p class="verse">Ich stürz ihn neuerdings in Glut und Flammenleid,</p>
+ <p class="verse">Laß ihn hinab, zieh ihn empor wie Last am Kran</p>
+ <p class="verse">Und will mich höhnisch in ekstatischem Ergötzen</p>
+ <p class="verse">An seinen Tantalqualen tausend Jahre letzen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a>
+ <p class="verse">Ihr trankt der Brüder Blut aus tausendfachem Kelch,</p>
+ <p class="verse">Verspeistet auch sein Herz und wurdet fett.</p>
+ <p class="verse">Nun reiß ich&rsquo;s euch aus klirrendem Skelett</p>
+ <p class="verse">Und werf es weit im Schnee der Arkten vor den Elch,</p>
+ <p class="verse">Damit er&rsquo;s schlinge; daß im Gallenschleim es ende.</p>
+ <p class="verse">Vielleicht auch findet es den Weg der Exkremente.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Ich denke mir die Quellenstollen tief genug;</p>
+ <p class="verse">Zehn Menschenalter sein sie finsterstes Verließ,</p>
+ <p class="verse">Worin euch meine Faust von Schacht zu Schächten stieß,</p>
+ <p class="verse">Erschaffend euch in jeder Ferne einen Trug</p>
+ <p class="verse">Von Luft, Eratmung, hellem Glanz der Tageslichter:</p>
+ <p class="verse">Doch meine Schlangen gürten eure Brüste dichter.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Auf jedes Rad, wenn sich&rsquo;s im Staub der Rosse bäumt,</p>
+ <p class="verse">Sei euer morscher Leib mit Strippen festgespannt,</p>
+ <p class="verse">Aus jeder Rille, Hufesspur, dem Tritt im Sand</p>
+ <p class="verse">Aufquelle euch ein Born von Blut, das schäumt,</p>
+ <p class="verse">Und fülle eure Mäuler, peste auch in Nasen:</p>
+ <p class="verse">So will ich mit euch durch die neuen Welten rasen!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-14">
+<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a>
+<span class="line1">Apokalyptisches Gebet</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nimm doch zurück, o Gott, in deine Stadt</p>
+ <p class="verse">Von Jaspismauern, Häusern roten Golds,</p>
+ <p class="verse">In heiliges Gezelt aus schmiegsam Zedernholz,</p>
+ <p class="verse">So uns dein Grimm, o Gott, gesendet hat:</p>
+ <p class="verse">Der Kräfte, Mächte, Engel Siebenzahl,</p>
+ <p class="verse">Die auf uns geußen Schalen wilder Qual.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Sieh, unsre Scheitel flammten auf und aschten grau!</p>
+ <p class="verse">Was je in Schmerz geboren aus dem Weib,</p>
+ <p class="verse">Wir decken ja mit blutbeströmtem Leib</p>
+ <p class="verse">Das Kraterland der Erde; Blut ist Tau,</p>
+ <p class="verse">Der alle Kelche füllt, aus Keltern träuft.</p>
+ <p class="verse">Geschlecht der Sünde ward zum Tod gehäuft.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Wo ragt das Schloß, das du erbauen wirst</p>
+ <p class="verse">Aus Schläfenquadern: Haus der Menschheitsnot?</p>
+ <p class="verse">Auf kahlen Straßen treibt der Kärrner Tod</p>
+ <p class="verse">Den Maultierkarren, der von Schädeln birst.</p>
+ <p class="verse">O düsterer Karren Karawanenzug!</p>
+ <p class="verse">Der Krähen Volk zieht mit, die Nacht im Flug.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">In Höllengängen, wo Entsetzen Odemgift</p>
+ <p class="verse">Aus dickverknäulten Brüdermassen zeugt,</p>
+ <p class="verse">Im Rumpf des Schiffes, das dein Wehen beugt,</p>
+ <p class="verse">In Tempeln ist es, wo dein Schwertstreich trifft.</p>
+ <p class="verse">Wir finden auf der Erde, die wir groß geglaubt,</p>
+ <p class="verse">Nicht ein Versteck für dieses Dornenhaupt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a>
+ <p class="verse">Kein Baum, wo im Geäst nicht wehend trieb</p>
+ <p class="verse">Ein Absalon im letzten Stolz, kein Stein,</p>
+ <p class="verse">Darunter nicht im Dunkeln das Gebein</p>
+ <p class="verse">Der Mensch-Skorpione dorrte. Warum schrieb</p>
+ <p class="verse">Dein Finger eine Sichel nur ans Firmament?</p>
+ <p class="verse">Zulang die Ernte! &mdash; Ende ohne End.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Wie würgten Adler, Löwe ja und Stier</p>
+ <p class="verse">In uns, o Gott, und knieen vor dem Lamm,</p>
+ <p class="verse">Der weißen Wolke, die aus Nacht herfür</p>
+ <p class="verse">Die Sonne deckte am gekreuzten Stamm!</p>
+ <p class="verse">In zwanzig Zungen, Menschheit schreit zum Herrn:</p>
+ <p class="verse">Auf reiner Schale reiche uns den Morgenstern!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-15">
+<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a>
+<span class="line1">Altartiefe</span><br />
+<span class="line2">sollst du mir enthüllen &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Herzschlag ist nirgends, doch Pochen der Maschine, doch Stundenschlag.</p>
+ <p class="verse">Odem ist nirgends, doch Qualm der Fabrik, doch Giftgas.</p>
+ <p class="verse">Sklavenrücken auf Schweißspuren mürrisch geschleppter Last</p>
+ <p class="verse">Tragen den Fluch in Wüsten, ferne den Tempeln, hinaus.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Dein Urgrund, o Mensch, ist Saatacker voll Unkraut und Moorsumpf,</p>
+ <p class="verse">Ist Kammer voll Lava,</p>
+ <p class="verse">Ist Bergwerk gestauter Nacht,</p>
+ <p class="verse">Ist Tümpel des Drachen, ist Einöde der Schlange &mdash;</p>
+ <p class="verse">Und Herdes Dumpfheit entsendet im Rauch</p>
+ <p class="verse">Heillose Wechselgestalt des Seins.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Sein, das in Kerkern liegt, treibt alpdrückenden Traum aus Licht.</p>
+ <p class="verse">Völkerwanderungen, Untergänge, Sturz der Babeltürme, Fluten</p>
+ <p class="verse">Geschlagener Heere auf Straßen, die Bäche des Blutes entlang:</p>
+ <p class="verse">Dumpfer Widerstreit deiner Triebe gebiert die Phantome der Schlacht.</p>
+<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a>
+ <p class="verse">Maschinengespenster mit hurtigem Arm: es schuf sie die Angst.</p>
+ <p class="verse">Gier stiebt auf in den Mückenschwärmen der Pest.</p>
+ <p class="verse">Aus rotem Blut hat dein Traum die Fahnen des Aufruhrs gehißt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Tempelwinkel der Seele aber, Altartiefe sollst du mir enthüllen,</p>
+ <p class="verse">Verlorenen Weihrauchduft und zerbrochenen Heiligenschein,</p>
+ <p class="verse">Vergessene Heimlichkeit, Kniebeugen der Sehnsucht, die Liebe,</p>
+ <p class="verse">Dein Göttliches, deine stille Morgenschönheit, deine Psalmmelodie,</p>
+ <p class="verse">Das Schneeskleid deiner Lammesgüte, den Blumenhauch, dein Herz!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-16">
+<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a>
+<span class="line1">Erde &mdash; o Erde</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Erde, o Erde,</p>
+ <p class="verse">Wer hieß uns wandeln auf Blutäckern, auf Leichengefild,</p>
+ <p class="verse">Wer hat uns zum Dünger bestellt</p>
+ <p class="verse">Für Saatfrucht des Morgen, die eigenem Samen entsprießt?</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Zackiger Flügelschlag des Drachen</p>
+ <p class="verse">Und sein Doppelstrahl aus goldenen Nüstern,</p>
+ <p class="verse">Purpurbeschlagener Rachen des Löwen und Tigersprung,</p>
+ <p class="verse">Schillernd herkriechende Schlangennähe und Ebers Zahn,</p>
+ <p class="verse">Brüllende Zorngiere gehörnter Ure, Auswurf verschmitzten Lamas</p>
+ <p class="verse">Und plattfüßig gewälzte Wucht der Bäre,</p>
+ <p class="verse">Und Stachel und Biß und Hieb und Hinterhalt,</p>
+ <p class="verse">Wurf, Stich, Überfall, Angriff &mdash; Erde, o Erde:</p>
+ <p class="verse">So drohet die Geste, mit der du dich gegen uns Schollensöhne erhobst,</p>
+ <p class="verse">So sengt, brennt, giftet das Kleid deiner Feindschaft,</p>
+ <p class="verse">So zündet der Glanz deines Harnischs, in Bilder der Angst zerträumt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Heillosestes Bild, du bist es uns &mdash; Mensch! &mdash; &mdash;</p>
+ <p class="verse">Da schält uns Sonne aus Mitleidshüllen des Schlafs</p>
+ <p class="verse">Und zieht uns im Strahlglanz aufs Festland der üppigsten Schlacht.</p>
+<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a>
+ <p class="verse">Von Wunden löst sie das leichthin getrocknete Siegel</p>
+ <p class="verse">Und zahllos &mdash; im Bogen gekreuzt &mdash;</p>
+ <p class="verse">Ergießt sich heiliger Springquell des Bluts.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Erde, o Erde,</p>
+ <p class="verse">Wo retten wir hin</p>
+ <p class="verse">Ärmliches Unsgehören des Schlafs?</p>
+ <p class="verse">O nähme Wipfel der Esche uns auf,</p>
+ <p class="verse">Daß Sterne fielen in heiter beruhigten Traum</p>
+ <p class="verse">O bettete See uns kühl, wo hoch die Glocken</p>
+ <p class="verse">Aus Türmen läuten im grünen und goldenen Strom,</p>
+ <p class="verse">O schliefen wir fort an Brüsten der seligsten Frau,</p>
+ <p class="verse">Von Kindheitsliedern unendlich gewiegt! &mdash;</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Doch sollen wir träumens noch wissen,</p>
+ <p class="verse">Wie grimmig wir tags uns mähten</p>
+ <p class="verse">Zu Dünger &mdash; zu Speise des Kots.</p>
+ <p class="verse">Aus Tiefen grellt auf</p>
+ <p class="verse">Funke gezückten Schwerts.</p>
+ <p class="verse">Schlachtlärm tost in der heulenden Schnecke des Ohrs</p>
+ <p class="verse">In Augen bricht nieder</p>
+ <p class="verse">Stützen von Leibern quer weg über Lanzen</p>
+ <p class="verse">Und Rücklingsbäumen von Pferden mit schmerzhaft geblecktem Gebiß.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Erde, o Erde!</p>
+ <p class="verse">Blut ist dein Trank,</p>
+ <p class="verse">Fleisch ist hehre Speise deinem Mund.</p>
+ <p class="verse">Dein Glanz, das Weltall durchdämmernd,</p>
+<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a>
+ <p class="verse">Ist Glanz der Schwerter, geschwungen von Menschenhand.</p>
+ <p class="verse">Dein Brausen auf blauer Sonnenbahn</p>
+ <p class="verse">Ist Donner der niebeendeten Schlacht.</p>
+ <p class="verse">Im Säulendrehn dein goldener Himmelsrauch</p>
+ <p class="verse">Ist Opfergruß des getränkten Altars.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-17">
+<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a>
+<span class="line1">Warum fällt denn nicht &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Warum fällt denn nicht die Sonne, Herr, aus deiner Hand?</p>
+ <p class="verse">Warum stürzen nicht im Strom der Falten</p>
+ <p class="verse">Weithin klirrend die Gestirne nieder?</p>
+ <p class="verse">Warum zittern nicht die fluchverwiesnen Erden,</p>
+ <p class="verse">Dunkeln blutbeströmt beschämte Monde nicht?</p>
+ <p class="verse">Warum welken nicht, vom Aschenatem angeweht,</p>
+ <p class="verse">Bäume, Gräser, wie vom Wurzelwurm zernagt?</p>
+ <p class="verse">Warum lodert nicht der Liebe Kuß verzehrend</p>
+ <p class="verse">Flammend auf?</p>
+ <p class="verse">Warum dorrt die Frucht im Kelch der Frauen nicht?</p>
+ <p class="verse">Warum stirbt denn nicht im Tröstermund dein Gotteswort?</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Gott der Wüsten, du bist überlistet!</p>
+ <p class="verse">Hast du nicht die sieben Farben einst ans Firmament gesetzt,</p>
+ <p class="verse">Kündend, daß die Flut nie wiederkehre! &mdash;</p>
+ <p class="verse">Doch es war nicht ausgemacht, ob Wassers, ob des Bluts,</p>
+ <p class="verse">Und wir haben dich mit unserm Blut betrogen, Herr!</p>
+ <p class="verse">Sieh, aus Flüssen, aus Kanälen quillt&rsquo;s,</p>
+ <p class="verse">Aus den Ritzen des Planeten wie aus dorngekröntem Haupt!</p>
+ <p class="verse">Denn gespiegelt sieht, o Herr, dein Ebenbild</p>
+ <p class="verse">Lauernd Mensch im andern und sein Haß auf dich</p>
+<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a>
+ <p class="verse">Treibt verwirrten Triebes splitternd zu zerschlagen</p>
+ <p class="verse">Jenen Spiegel, fortzuscheuchen</p>
+ <p class="verse">Schreckendes Phantom.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">O er trug ja welke Last des Daseins lang auf Schultern,</p>
+ <p class="verse">Tempelschüler war er aller abgelebten Alter,</p>
+ <p class="verse">Ward gelangweilt, ach, mit deiner Götzen</p>
+ <p class="verse">Pfauenäugig bunter, ungezählter Schar,</p>
+ <p class="verse">Ward von jedem grauen Wahn in Schlangenkreisen</p>
+ <p class="verse">Tausend Jahre lang umhergenarrt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Hoch auf Wolken türme sich, o Gott, dein nah Gericht!</p>
+ <p class="verse">Wehe Völker recken tausend Arme</p>
+ <p class="verse">Brünstig deinem flammennahen Blitz entgegen,</p>
+ <p class="verse">Gieren Nacht und Tag um Gnade der Zerstörung,</p>
+ <p class="verse">Auszutilgen, was sich selbst mit Gram belud,</p>
+ <p class="verse">Auszurotten, was sich selbst sein Gift gebar,</p>
+ <p class="verse">Auszulöschen, was sein eignes Fleisch geschändet.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Schall des Endes, wenn erhobene Posaunen</p>
+ <p class="verse">Aus vier Winden letzten Gang verkünden:</p>
+ <p class="verse">Töne bald und breche berstend in den Chor</p>
+ <p class="verse">Dröhnenden Gemordes, ins Gebraus</p>
+ <p class="verse">Dunklen Blutes, das an Säulen brandet</p>
+ <p class="verse">Morschen Tempels</p>
+ <p class="verse">Totgeglaubten Gotts.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-18">
+<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a>
+<span class="line1">Es werden sich die</span><br />
+<span class="line2">Posaunen des Gerichts erheben &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Es werden sich die Posaunen des Gerichts erheben.</p>
+ <p class="verse">Aus einer Wolke, die sich erdwärts neigt,</p>
+ <p class="verse">Ragen die schlanken, zuckenden Rohre &mdash;</p>
+ <p class="verse">Tausend sind es an der Zahl &mdash;.</p>
+ <p class="verse">Ihr Schall trifft lanzensteil, schwertschlank,</p>
+ <p class="verse">Die Gewänder der Bläser bauschen sich im Erzgebraus</p>
+ <p class="verse">Rund auf wie Schwanengefieder.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Über der Erde aufgeworfenes Hügelland</p>
+ <p class="verse">Ist wimmelnd hingebreitet alles Fleisch.</p>
+ <p class="verse">Ganze Völker, Sippen, Jahrtausende reihen sich hügelan,</p>
+ <p class="verse">Schultern von Frauen glänzen rhythmisch wie Wellenkämme im Meer.</p>
+ <p class="verse">Haar stammt auf. Blicke dämmern in violettener Nacht.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Und Schall der Posaunen nimmt sie auf stählernen Rücken,</p>
+ <p class="verse">Die Zonen der Luft sind angefüllt von sanfthinschwebenden Leibern.</p>
+ <p class="verse">Manche sind leicht, es trägt sie verschwimmendes Wolkenrot wie Rosenblätter;</p>
+ <p class="verse">Andere hanteln an flatternden Tüchern sich hoch.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a>
+ <p class="verse">Mütter bergen die Kinder in schützendem Arm,</p>
+ <p class="verse">Nackthineilende Frauen decken mit schattenden Händen</p>
+ <p class="verse">Die Scham.</p>
+ <p class="verse">Augen sind, in denen die Welt wie berstender Sternhimmel ineinanderstürzt,</p>
+ <p class="verse">Augen voll Schuld und traumvergessener Angst,</p>
+ <p class="verse">Greller, tagheller Wiederkehr verjährtester Tat.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Und keiner möchte</p>
+ <p class="verse">Der Erste sein vor dem Blitz aus der goldenen Wolke,</p>
+ <p class="verse">Männer mit Würdebärten drängen sich vor, weichen voll Zagens zurück.</p>
+ <p class="verse">Es stauen sich Völker, Mauern des Fleischs</p>
+ <p class="verse">Und Leiber sind angstvoll vermischt</p>
+ <p class="verse">Im Mantel der ungewissesten Qual.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Jenseits aber ist Stürzen in klaffende Tiefen,</p>
+ <p class="verse">Girlanden aus wirrvoll verschlungenen Körpern</p>
+ <p class="verse">Ranken aus helleren Tiefen ins Dunkel hinab.</p>
+ <p class="verse">Sünder haben die Hände vors schreiende Antlitz geschlagen,</p>
+ <p class="verse">Knie zerbersten, Rücken zerbrechen im schwindelnden Fall.</p>
+ <p class="verse">Loderndes Haar flammt züngelnd dem Feuer entgegen.</p>
+ <p class="verse">Sie stürzen mit Köpfen voraus.</p>
+ <p class="verse">Aus Mündern dünstet die bläuliche Wolke des Fluchs.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-19">
+<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a>
+<span class="line1">Wenn drunten</span><br />
+<span class="line2">dunkel die Posaunen brausen &mdash;</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Wenn drunten dunkel die Posaunen brausen,</p>
+ <p class="verse">Als Sonnenstäubchen werde ich zum Lichtquell aufwärtsstreben.</p>
+ <p class="verse">Von feinen Händen fühl ich unter Schultern mich gefaßt,</p>
+ <p class="verse">Mich trägt ein Schwanenflügelpaar,</p>
+ <p class="verse">Der goldne Odem eines Engels überströmt mich warm.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Noch bin ich ganz von Schollenlast betäubt,</p>
+ <p class="verse">Noch kreisen Regenbogen hinter wehgeschlossnen Lidern</p>
+ <p class="verse">Glanzlichternd gleitet noch die grüne Schlange der Verwesung</p>
+ <p class="verse">Um meinen marmorn-abgekühlten Leib.</p>
+ <p class="verse">Ein Wiegenlied &mdash; unendlich tief, verschlafen &mdash;</p>
+ <p class="verse">Von Äolsharfen weit aus Pappelwipfeln hergeflockt,</p>
+ <p class="verse">Träumt mir im Ohre nach.</p>
+ <p class="verse">Ich schwimme müd-gestreckt im Fluß der Sonne.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Da fällt mich, den sein Schutzgeist trug,</p>
+ <p class="verse">Ein Nachtgespenst, ein fledermausgeflügelt Untier an.</p>
+ <p class="verse">Der Krallen Zwölfzahl &mdash; Monde sind&rsquo;s, die aneinanderklirren &mdash;</p>
+ <p class="verse">Stürzt sich gleich Sicheln in mein trübes Fleisch.</p>
+ <p class="verse">Die Nüstern qualmen stinkendes Gewölk,</p>
+<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a>
+ <p class="verse">Das Maul bespeit mich frech mit Eiter, Schleim und Galle;</p>
+ <p class="verse">Erschrocken sehe ich in grausem Hundsgesicht,</p>
+ <p class="verse">In Augen, die wie Licht im Wind verflackern,</p>
+ <p class="verse">Die schlankgestreckte Landschaft meiner Sünden, Frevel Süchte.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Um mich tobt der Zweikampf.</p>
+ <p class="verse">Manchmal sinke ich hinab, es stürzt mit geiler Wucht</p>
+ <p class="verse">Des Bösen lastendes Gewicht auf mich;</p>
+ <p class="verse">Dann steige ich empor, vom guten Geist emporgerafft,</p>
+ <p class="verse">Sein silbern Flügelpaar verebbt in müder Luft.</p>
+ <p class="verse">Die müde Luft erklingt von hellem Kampf.</p>
+ <p class="verse">Um die Erstandnen rast die Schlacht entzweiter Mächte.</p>
+ <p class="verse">In sich verbissne Knäuel schweben hin.</p>
+ <p class="verse">Stürzt jetzt die Last in enger Krallenhaft zur Erde.</p>
+ <p class="verse">Schwebt sie mit ihrem Engel siegend auf?</p>
+ <p class="verse">Ich bin der Kräfte Spiel im schalldurchbrausten Meer.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-20">
+<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a>
+<span class="line1">Trümmer</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese</p>
+ <p class="verse">Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen;</p>
+ <p class="verse">Roll sie ins Meer, zerstreue sie in Steppen,</p>
+ <p class="verse">Daß keiner käme, meine Torheit priese.</p>
+ <p class="verse">Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese</p>
+ <p class="verse">Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Mein Babelturm ließ seine Wolkenfahne</p>
+ <p class="verse">Im Wirbelwehn der Sterne wütend kreisen.</p>
+ <p class="verse">Gewundne Treppen wollten aufwärtsweisen,</p>
+ <p class="verse">Dem wachen Hochmut seinen Himmelssteig zu bahnen.</p>
+ <p class="verse">Mein Turm des Ichs ließ seine Wolkenfahne</p>
+ <p class="verse">Im Wirbelwehn der Sterne wütend kreisen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Doch fiel in müdern Stunden, sollt ich rasten,</p>
+ <p class="verse">Der Turm mit Schattenmacht auf Haupt und Glieder</p>
+ <p class="verse">Und beugte meinen Schlaf und warf mich nieder.</p>
+ <p class="verse">In meine Träume stürzt er seine Quaderlasten.</p>
+ <p class="verse">Es fiel in müdern Stunden, sollt ich rasten,</p>
+ <p class="verse">Der Turm mit Schattenmacht auf Haupt und Glieder.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Geschaffne Mauern wölbten mir den Kerker,</p>
+ <p class="verse">Doch oben brannten Sterne in den Haaren.</p>
+ <p class="verse">Wie sollte ich mein blassres Licht bewahren?</p>
+ <p class="verse">Kein Wirbelsturm der Täler tobte ärger.</p>
+ <p class="verse">Geschaffne Mauern wölbten mir den Kerker,</p>
+ <p class="verse">Doch oben brannten Sterne in den Haaren.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a>
+ <p class="verse">Da war ich&rsquo;s selber, der auf der Altane</p>
+ <p class="verse">Mit schwurerhobner Hand den Blitz gerufen.</p>
+ <p class="verse">Er zückte nieder. Erker barsten, Stuben.</p>
+ <p class="verse">Zerworfner Schutt begrub die Wolkenfahne.</p>
+ <p class="verse">Da war ich&rsquo;s selber, der auf der Altane</p>
+ <p class="verse">Mit schwurerhobner Hand den Blitz gerufen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese</p>
+ <p class="verse">Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen;</p>
+ <p class="verse">Roll sie ins Meer, zerstreue sie in Steppen,</p>
+ <p class="verse">Daß keiner käme, meine Torheit priese.</p>
+ <p class="verse">Nun muß ich wie ein lastgebückter Riese</p>
+ <p class="verse">Die Trümmer meines Ichs von dannen schleppen.</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-21">
+<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a>
+<span class="line1">Trost</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Es sind auch nicht all, o Gott, deine Gedanken</p>
+ <p class="verse">Nur Lämmer, von gütlicher Wärme beschneite,</p>
+ <p class="verse">Und dehnen nicht all sich</p>
+ <p class="verse">Nach seligem Tanz an Hängen von Klee</p>
+ <p class="verse">In süßen Schalmeiton des schläfrigen Monds.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">In Pfauen auch denkst du</p>
+ <p class="verse">Und starrst in gespreizter Eitelkeitsgier</p>
+ <p class="verse">Aus Augen, in Fächern,</p>
+ <p class="verse">Vom Tempelteppich gewirkten Allsehens</p>
+ <p class="verse">In ewige Brunst des Lichts hinein.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">In Tigers Kraft selbst dunkelt dein Groll,</p>
+ <p class="verse">Entflammt im Zinnober des Rachens noch Gier.</p>
+ <p class="verse">In Schlangen wirft Hinterlist metallischen Schimmers</p>
+ <p class="verse">So giftigen Ring vor ein ärmer Geschöpf.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Auch bist du ja Flamme und Lohe und Feuersbrunst,</p>
+ <p class="verse">Getümmelte Wogenherde, Zentaurenschar, Schlund,</p>
+ <p class="verse">Bist Zickzack und Blitz, Erdbeben, Vulkanausbruch,</p>
+ <p class="verse">Zusammenprall der Planeten, bist Untergang.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Doch wie du es bist, Gott: auch ich muß es sein.</p>
+ <p class="verse">O wandle mich denn in schwindenden Formen ab!</p>
+ <p class="verse">Denn Flamme schon war ich und Lohe und Feuersbrunst,</p>
+ <p class="verse">Erd-Erbeben &mdash; Vulkanausbruch &mdash; Untergang.</p>
+ <p class="verse">Als Tiger der Dschungeln ich trug</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a>
+ <p class="verse">Im Nacken gefiederte Pfeile hinab,</p>
+ <p class="verse">Schweifte als Pfau an Tempelsäulen der Juno vorbei,</p>
+ <p class="verse">Lag lauernd geschmiegten Schlangenleibs</p>
+ <p class="verse">Im Schatten der lehmigen Diele zur Nacht. &mdash;</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Gib Güte nun endlich,</p>
+ <p class="verse">Wärme des schneeigen Lämmerkleids!</p>
+ <p class="verse">Hülle mein Herz, o Gott,</p>
+ <p class="verse">In Sehnsucht der Hirtenschalmei!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-22">
+<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a>
+<span class="line1">Der neue Mensch</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Aus Unform, Irrform, Wirrform,</p>
+ <p class="verse">Aus Zwitterform und Aberform der Zeit</p>
+ <p class="verse">Schreitet in banger Zuversicht der neue Mensch.</p>
+ <p class="verse">Die Brodemnebel veraschter Leichenhügel</p>
+ <p class="verse">Sind unter ihm.</p>
+ <p class="verse">Die Meere gekelterten Bluts, die Ströme, die Schaum krönt,</p>
+ <p class="verse">Sind unter ihm.</p>
+ <p class="verse">Die Babeltürme versteinter Irrtümer</p>
+ <p class="verse">Sind unter ihm.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Er schreitet: mehr Stirne als Kinn, mehr Gott als Tier.</p>
+ <p class="verse">Im Zackengeklüfte der Felsen</p>
+ <p class="verse">Nur manchmal hört er das Echo</p>
+ <p class="verse">Verworrenen Brudermords, verjährten Totschlags.</p>
+ <p class="verse">Denn jung war er noch, als Donner verzückter Kanonen</p>
+ <p class="verse">Die alten Jahrtausende pomphaft zu Grabe geläutet.</p>
+ <p class="verse">Das war einmal:</p>
+ <p class="verse">Schwertertag und Lorbeersieg,</p>
+ <p class="verse">Klirrender Klingenkampf und Triumphglanz,</p>
+ <p class="verse">Das war einmal:</p>
+ <p class="verse">Irgendwo, fern, irgendwann.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Er schreitet in nacktem Verzicht.</p>
+ <p class="verse">Er badet sich rein</p>
+ <p class="verse">Im weißen Quell des Gedankens.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a>
+ <p class="verse">Er nimmt &mdash; lächelnd, großmütig und gütig &mdash;</p>
+ <p class="verse">Den armen Planeten in warme, umgitternde Hände</p>
+ <p class="verse">Und hebt ihn hinauf in den läuternden</p>
+ <p class="verse">Lichtstrom der Sonne, bettet ihn sanft in die kühlen</p>
+ <p class="verse">Heilenden Rosen der Morgenröte und wartet</p>
+ <p class="verse">Des dämmernden Tags.</p>
+ <p class="verse">Nicht wissen durchaus will er des Gestern.</p>
+ <p class="verse">Denn Gestern: Das ist ja gesammelter Fluch,</p>
+ <p class="verse">Geballtes Verhängnis, genetztes, tausendmaschig</p>
+ <p class="verse">Gefädeltes Schicksal. Nicht wissen will er des Gestern.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">In Schutt sieht er stürzen</p>
+ <p class="verse">Dorische Säulen, Akanthus und gotische Fenster,</p>
+ <p class="verse">Gemauerte Schreie des Gottwahns verblichener Zeiten</p>
+ <p class="verse">Er fället der Götzen glanzbäuchige Hochmut</p>
+ <p class="verse">Und glüht in den Bränden des Alten sein jugendlich Herz,</p>
+ <p class="verse">Dies Pfand der Allmacht,</p>
+ <p class="verse">Die brausende Mitte des neuen, schaffenden Seins.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Und also weiß er zu beten: &mdash; Nichts über mir!</p>
+ <p class="verse">Im Anfang war ich. Ich werde im Ende sein,</p>
+ <p class="verse">Bin ich doch Tempel, Gott, Beter zugleich</p>
+ <p class="verse">Und krümme den Rücken so wenig der mummenumschanzten Hoheit</p>
+ <p class="verse">Als Lasten, die fremder Wille mir auflädt.</p>
+ <p class="verse">Ich bin so berechtigt als irgend ein Mensch.</p>
+ <p class="verse">Nichts über mir!</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a>
+ <p class="verse">Frauen will ich nicht suchen gehn. Sie nahen allein!</p>
+ <p class="verse">In ihrem Lächeln der Wollust</p>
+ <p class="verse">Einschleichend wälzen sich früheste Alter der Erde</p>
+ <p class="verse">In unseren kornreifen, ausgeglätteten Sommertag.</p>
+ <p class="verse">Die List ihrer Buhlschaft reicht uns die rostigen Schwerter</p>
+ <p class="verse">Hellbrünstigen Zweikampfs. Besitzgier und Eifersüchte</p>
+ <p class="verse">Spornen in uns nichtigen Krämergeist, Hamstersorge.</p>
+ <p class="verse">Wütendes Morden des Fleischs,</p>
+ <p class="verse">Wer stiftet es anders, als die es gebar: Helena,</p>
+ <p class="verse">Die maskenschöne Mutter der irdischen Kriege?</p>
+ <p class="verse">Wer säh sich nicht vor!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-23">
+<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a>
+<span class="line1">Die Fahrt</span>
+</h2>
+
+<div class="poem-container">
+ <div class="poem">
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Offenem Lichtkreis, neuem Sonnejahr</p>
+ <p class="verse">Rollt steuernder Kiel der Erde entgegen.</p>
+ <p class="verse">Noch sind alle Segel von blutendem Abend rot;</p>
+ <p class="verse">Im Brackwasser ertrinkt in tausend Rubinen zerstäubter Komet.</p>
+ <p class="verse">Tief-Schlummernder bin ich,</p>
+ <p class="verse">Da scheucht erster Strahl den Alpdruck der engen Kabine.</p>
+ <p class="verse">Mitternächtiger Wintertraum unter Dächern des Schnees</p>
+ <p class="verse">Kleidet vergessene Spiegel mit jauchzendem Lenzgrün aus,</p>
+ <p class="verse">Tollt mit zerfetztem Haar im Glanz die Alleen entlang,</p>
+ <p class="verse">Jubelt im Birkenwipfel des Hügels ein harfenes Lied,</p>
+ <p class="verse">Sinkt als Frühtau mit kreisenden Himmeln die Kelche hinab.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Im Golfstrom des Lichtes saust glühende Erde empor.</p>
+ <p class="verse">Mit herzhafter Kraft umgürtet die Sonne das taumelnde Rund.</p>
+ <p class="verse">Ihr Licht trinkt die haftenden Dämpfe des Blutes hinweg,</p>
+ <p class="verse">Ihr heilender Atem saugt Pestgift und Brandhauch in sich.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Nun steig ich hinauf,</p>
+ <p class="verse">Letzte Wendeltreppen,</p>
+<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a>
+ <p class="verse">Schattenlabyrinthe hinauf!</p>
+ <p class="verse">Trunkener Aufstieg peitscht schon die tummelnden Wogen des Herzens voraus.</p>
+ <p class="verse">Und ich stehe an höchstem Bord, auf fliegender Brücke am Steuerrad</p>
+ <p class="verse">Und winke die farbigen Vögel heran</p>
+ <p class="verse">Und winke Delphine heran</p>
+ <p class="verse">Und Fische mit silbernen Schuppen, mit güldenen Flossen</p>
+ <p class="verse">Und Haie und Wale und Robben und Rosse</p>
+ <p class="verse">Und alle geschäumten Wogen, die von den Polen schießen,</p>
+ <p class="verse">Und alle Sternbilder, auf schaukelnden Wassern an Bord gewiegt.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Der neue Mensch hält auf die Sonne zu.</p>
+ <p class="verse">Sein Herz umfaßt mit dem Strahlglanz den magischen Spiegel der Welt</p>
+ <p class="verse">Und jeglicher Atem strömt in den goldenen Becher zurück.</p>
+ <p class="verse">Mit ihm wird die Erde das fährliche Kap der Nächte umschiffen,</p>
+ <p class="verse">Krieg, Krankheit, Entzweiung, Verzweiflung umschiffen</p>
+ <p class="verse">Und Ekel der Wollust</p>
+ <p class="verse">Und Blutgier</p>
+ <p class="verse">Und Brunst.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Zermürbte Monde schon decken die Schädelstätte entfremdeter Nacht.</p>
+<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a>
+ <p class="verse">Träume versinken im Blachfeld der Not.</p>
+ <p class="verse">Alpdruck und Nachtmahr gurgeln im Sumpf hinab.</p>
+ <p class="verse">Denn offenem Lichtkreis, neuem Sonnejahr</p>
+ <p class="verse">Rollt steuernder Kiel der Erde entgegen.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">All-Lebendes wandelt im Goldtau sein Herz</p>
+ <p class="verse">Und trägt es mir zu. Aus Palmenwipfeln</p>
+ <p class="verse">Wiegt sich fasanenbeschwingte Sehnsucht heran,</p>
+ <p class="verse">Aus Ranken der Beere dehnt es sich nah,</p>
+ <p class="verse">Zinnoberne Schnecken herkriechen auf silberner Spur.</p>
+ </div>
+ <div class="stanza">
+ <p class="verse">Die Fahrt ist im Gang,</p>
+ <p class="verse">Die Erde im Brausen tönt selber Triumphgesang.</p>
+ <p class="verse">Folgt alle!</p>
+ <p class="verse">Ich steure die Arche auf goldener Flut!</p>
+ <p class="verse">Schon ist die Taube auf Wegen zu Gott voraus!</p>
+ </div>
+ </div>
+</div>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-0-24">
+<span class="line1">Inhaltsübersicht</span>
+</h2>
+
+<div class="table">
+<table class="toc" summary="TOC">
+<tbody>
+ <tr>
+ <td class="col1">Johanni</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-5">5</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Ich &mdash; Du</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-6">6</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Dein Wesen ist über alle Welt zerstreut &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-7">7</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Als ich im ersten Viertel des Monds &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-9">9</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Es werde Licht</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-11">11</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Lied</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-12">12</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Liebesode</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-13">13</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Im Abenddämmern zwischen den Jahren &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-14">14</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Der Kranke</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-15">15</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Nacht</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-18">18</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Ich komme aus meinen Träumen &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-20">20</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">So haben mich die Jahrtausende gesehn &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-22">22</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Fluch</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-23">23</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Apokalyptisches Gebet</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-25">25</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Altartiefe sollst du mir enthüllen &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-27">27</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Erde &mdash; o Erde</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-29">29</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Warum fällt denn nicht &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-32">32</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Es werden sich die Posaunen des Gerichts erheben &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-34">34</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Wenn drunten dunkel die Posaunen brausen &mdash;</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-36">36</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Trümmer</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-38">38</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Trost</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-40">40</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Der neue Mensch</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-42">42</a></td>
+ </tr>
+ <tr>
+ <td class="col1">Die Fahrt</td>
+ <td class="col_page"><a href="#page-45">45</a></td>
+ </tr>
+</tbody>
+</table>
+</div>
+
+
+<div class="trnote">
+<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
+
+<p>
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher):
+</p>
+
+<ul>
+
+<li>
+... An schlanke Deichsel sind gold<span class="underline">gezäunte</span> Rosse gespannt, ...<br />
+... An schlanke Deichsel sind gold<a href="#corr-0"><span class="underline">gezäumte</span></a> Rosse gespannt, ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... So hing ich über diesem <span class="underline">tiefstem</span> See. ...<br />
+... So hing ich über diesem <a href="#corr-2"><span class="underline">tiefsten</span></a> See. ...<br />
+</li>
+</ul>
+</div>
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Gedichte, by Julius Maria Becker
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEDICHTE ***
+
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+1.E.8.
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+Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection
+of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual
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+claim a right to prevent you from copying, distributing, performing,
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+the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
+without further opportunities to fix the problem.
+
+1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
+OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT
+LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
+
+1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
+warranties or the exclusion or limitation of certain types of
+damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
+violates the law of the state applicable to this agreement, the
+agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or
+limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
+unenforceability of any provision of this agreement shall not void the
+remaining provisions.
+
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+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
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+the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
+or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
+additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
+Defect you cause.
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of
+computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
+exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
+from people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
+generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
+Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
+www.gutenberg.org
+
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
+U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
+mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
+volunteers and employees are scattered throughout numerous
+locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
+Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
+date contact information can be found at the Foundation's web site and
+official page at www.gutenberg.org/contact
+
+For additional contact information:
+
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
+DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
+state visit www.gutenberg.org/donate
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+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
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+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations. To
+donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
+Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
+freely shared with anyone. For forty years, he produced and
+distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
+volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
+the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
+necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
+edition.
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search
+facility: www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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