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-The Project Gutenberg EBook of Der persische Orden, by Anton Tschechow
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Der persische Orden
- und andere Grotesken
-
-Author: Anton Tschechow
-
-Illustrator: W. N. Massjutin
-
-Translator: Alexander Eliasberg
-
-Release Date: December 14, 2016 [EBook #53731]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER PERSISCHE ORDEN ***
-
-
-
-
-Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net (This book was produced from images
-made available by the HathiTrust Digital Library.)
-
-
-
-
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-
-
-
-
-[Illustration]
-
-
-
-
- ANTON TSCHECHOW
-
- Der Persische Orden
-
- und andere Grotesken
-
- Mit
-
- acht Holzschnitten
-
- von
-
- W. N. MASSJUTIN
-
- 1922
-
- Welt-Verlag / Berlin
-
-
-
-
-Deutsch von Alexander Eliasberg
-
-
- Alle Rechte vorbehalten
- Copyright by the Welt-Verlag 1922
- Gedruckt bei Otto v. Holten, Berlin C.
-
-
-
-
-Inhaltsverzeichnis
-
-
- Seite
-
- Der Persische Orden 9
-
- Die Simulanten 14
-
- Aus dem Tagebuch des zweiten Buchhalters 20
-
- Ein böser Junge 25
-
- Es war sie! 30
-
- Ein jähzorniger Mensch 37
-
- Eine problematische Natur 50
-
- Intrigen 55
-
-
-
-
-Der Persische Orden
-
-
-In einer der diesseits des Urals gelegenen Städte verbreitete sich das
-Gerücht, daß dieser Tage im Hotel »Japan« der persische Würdenträger
-Rachat-Chelam abgestiegen sei. Dieses Gerücht machte auf die Bürger
-nicht den geringsten Eindruck: ein Perser ist angekommen, was ist
-denn dabei? Nur das Stadthaupt Stepan Iwanowitsch Kuzyn wurde, als er
-vom Sekretär des Magistrats über die Ankunft des Orientalen erfuhr,
-nachdenklich und fragte:
-
-»Wohin reist er denn?«
-
-»Ich glaube, nach Paris oder nach London.«
-
-»Hm! ... Ist also ein großes Tier?«
-
-»Das weiß der Teufel.«
-
-[Illustration]
-
-Als das Stadthaupt aus dem Magistrat heimgekommen war und zu Mittag
-gegessen hatte, wurde es wieder nachdenklich und dachte diesmal bis
-zum Abend durch. Die Ankunft des vornehmen Persers intrigierte ihn
-außerordentlich. Er glaubte, das Schicksal selbst habe ihm diesen
-Rachat-Chelam gesandt und endlich sei der günstige Augenblick
-zur Verwirklichung seines sehnlichsten und leidenschaftlichsten
-Wunsches gekommen. Kuzyn besaß nämlich schon zwei Medaillen, den
-Stanislaus-Orden III. Klasse, die Denkmünze des Roten Kreuzes und das
-Abzeichen des »Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger«; außerdem hatte
-er sich ein Anhängsel für die Uhrkette machen lassen, das ein mit
-einer Gitarre gekreuztes goldenes Gewehr darstellte und das, aus dem
-Knopfloch seines Uniformrocks heraushängend, aus der Ferne wie etwas
-Besonderes aussah und als ein Ehrenzeichen angesehen werden konnte. Es
-ist bekannt, daß je mehr Orden und Medaillen einer hat, er um so mehr
-weitere haben möchte, -- das Stadthaupt wollte aber schon längst den
-Persischen Sonnen- und Löwenorden haben, er wollte es leidenschaftlich,
-wahnsinnig. Er wußte sehr gut, daß man zur Erlangung dieses Ordens
-weder kämpfen, noch Gelder für Waisenanstalten spenden, noch ein
-Ehrenamt bekleiden muß, sondern bloß einer günstigen Gelegenheit
-bedarf. Nun schien es ihm, daß diese Gelegenheit eingetreten sei.
-
-Am anderen Tag, um die Mittagsstunde, legte er alle seine Ehrenzeichen
-und die Uhrkette an und begab sich ins Hotel »Japan«. Das Schicksal war
-ihm günstig. Als er das Zimmer des vornehmen Persers betrat, war jener
-allein und unbeschäftigt. Rachat-Chelam, ein riesengroßer Asiate mit
-einer langen Schnepfennase und hervorstehenden Glotzaugen, saß, einen
-Fez auf dem Kopfe, auf dem Fußboden und wühlte in seinem Koffer.
-
-»Entschuldigen Sie gütigst die Belästigung«, begann Kuzyn mit einem
-Lächeln. »Habe die Ehre, mich vorzustellen: erblicher Ehrenbürger und
-Ritter verschiedener Orden, Stepan Iwanowitsch Kuzyn, der Bürgermeister
-dieser Stadt. Ich halte es für meine Pflicht, in Ihrer Person den
-Vertreter einer uns sozusagen freundnachbarlichen Großmacht zu
-begrüßen.«
-
-Der Perser wandte sich um und murmelte etwas in einem sehr schlechten
-Französisch, das wie Klopfen von Holz gegen Holz klang.
-
-»Die Grenzen Persiens«, fuhr Kuzyn in seiner vorher zurechtgelegten
-Ansprache fort, »berühren eng die Grenzen unseres ausgedehnten
-Vaterlandes, und die gegenseitigen Sympathien bewegen mich daher, Ihnen
-unsere Solidarität auszusprechen.«
-
-Der vornehme Perser erhob sich und murmelte wieder etwas, in seiner
-hölzernen Sprache. Kuzyn, der keine fremden Sprachen beherrschte,
-schüttelte den Kopf, um ihm zu bedeuten, daß er nichts verstehe.
-
--- Wie soll ich mit ihm reden? -- dachte er sich. -- Es wäre gut, einen
-Dolmetscher kommen zu lassen, aber es ist eine heikle Angelegenheit,
-und vor Zeugen kann ich darüber nicht gut sprechen. Der Dolmetscher
-wird es in der ganzen Stadt ausposaunen. --
-
-Und Kuzyn fing an, alle Fremdworte zusammenzukramen, die er aus den
-Zeitungen wußte.
-
-»Ich bin Stadthaupt ...« stammelte er. »Das heißt, Lord-Maire ...
-Municipalé ... Wui? Komprené?«
-
-Er wollte durch Worte und Mienenspiel seine gesellschaftliche Stellung
-erklären und wußte nicht, wie es zu machen. Zur Hilfe kam ihm das Bild
-mit der Unterschrift »Stadt Venedig«, das an der Wand hing. Er zeigte
-mit dem Finger auf die Stadt und dann auf seinen Kopf und glaubte auf
-diese Weise den Satz »Ich bin das Stadthaupt« ausgedrückt zu haben. Der
-Perser verstand absolut nichts, lächelte aber und sagte:
-
-»Bon, monsieur ... bon ...«
-
-Eine halbe Stunde später klopfte das Stadthaupt den Perser bald aufs
-Knie, bald auf die Schulter und sprach:
-
-»Komprené? Wui? Als Lord-Maire und Municipalé ... schlage ich Ihnen
-vor, eine kleine Promenade zu machen ... Komprené? Promenade ...«
-
-Kuzyn wandte sich wieder der Ansicht Venedigs zu und stellte mittelst
-zweier Finger ein Paar schreitende Beine dar. Rachat-Chelam, der keinen
-Blick von seinen Medaillen wandte und offenbar ahnte, daß er die
-wichtigste Person der Stadt vor sich habe, begriff das Wort »Promenade«
-und grinste höflich. Dann zogen die beiden ihre Mäntel an und verließen
-das Zimmer. Unten vor der Tür zum Restaurant »Japan« sagte sich Kuzyn,
-daß es gar nicht schaden würde, den Perser zu bewirten. Er blieb
-stehen, zeigte auf die Tische und sagte:
-
-»Nach russischer Sitte, es wäre nicht schlecht ... Ich meine: Purée,
-entre-côte ... Champagne usw. ... Komprené?«
-
-Der vornehme Gast kapierte es, und eine Weile später saßen die beiden
-im besten Extrazimmer des Restaurants, tranken Sekt und aßen.
-
-»Wollen wir auf das Gedeihen Persiens trinken!« sagte Kuzyn. »Wir
-Russen lieben die Perser. Wir sind zwar verschiedenen Glaubens, aber
-die gemeinsamen Interessen, sozusagen die gegenseitigen Sympathien
-... der Fortschritt ... die asiatischen Märkte ... sozusagen die
-friedlichen Eroberungen ...«
-
-Der vornehme Perser aß mit großem Appetit. Er bohrte seine Gabel in
-einen Störrücken, nickte mit dem Kopf und sagte:
-
-»Gut! Bien!«
-
-»Gefällt das Ihnen?« fragte das Stadthaupt erfreut. »Bien?
-Wunderschön!« Dann wandte er sich an den Kellner und sagte: »Luka, laß
-seiner Exzellenz zwei Störrücken aufs Zimmer bringen, von den besten!«
-
-Das Stadthaupt und der persische Würdenträger fuhren darauf die
-Menagerie besichtigen. Die Bürger sahen, wie ihr Stepan Iwanowitsch,
-rot vom getrunkenen Sekt, lustig und sehr zufrieden den Perser durch
-die Hauptstraßen der Stadt und auf den Markt führte und ihm die
-Sehenswürdigkeiten zeigte; er bestieg mit ihm auch den Feuerwachtturm.
-
-Die Bürger sahen u. a., wie er vor einem löwenflankierten steinernen
-Tore stehen blieb und dem Perser erst einen der Löwen und dann die
-Sonne am Himmel zeigte, sich dann auf die Brust tippte, dann wieder auf
-den Löwen und auf die Sonne wies, worauf der Perser bejahend mit dem
-Kopfe nickte und lächelnd seine weißen Zähne zeigte. Am Abend saßen die
-beiden im Hotel »London« und hörten einem Damenchor zu; wo sie aber in
-der Nacht waren, ist unbekannt.
-
-Am nächsten Morgen kam das Stadthaupt in den Magistrat; die
-Angestellten schienen schon etwas zu ahnen: der Sekretär ging auf ihn
-zu und sagte ihm mit einem spöttischen Lächeln:
-
-»Die Perser haben folgende Sitte: wenn zu Ihnen ein vornehmer Gast
-kommt, sind Sie verpflichtet, für ihn eigenhändig einen Hammel zu
-schlachten.«
-
-Etwas später reichte man ihm aber einen Brief, der mit der Post
-gekommen war. Kuzyn öffnete den Umschlag und fand darin eine Karikatur.
-Sie stellte Rachat-Chelam dar und das Stadthaupt, das vor ihm auf den
-Knien lag und, die Hände zu ihm emporstreckend, sagte:
-
- Um Rußlands und des Perserreichs
- Freundschaftsbeziehungen zu achten,
- Würd' ich, Herr Botschafter, respektvoll grenzenlos
- Mich selber gern als einen Hammel schlachten,
- Doch Sie verzeih'n: ein Esel bin ich bloß!
-
-Das Stadthaupt empfand ein unangenehmes Gefühl in der Herzgrube, es
-hielt aber nicht lange an. Um die Mittagsstunde war er schon wieder
-beim vornehmen Perser, bewirtete ihn wieder im Restaurant, zeigte ihm
-die Sehenswürdigkeiten der Stadt, führte ihn wieder vor das Löwentor
-und wies wieder bald auf den Löwen, bald auf die Sonne und bald auf
-seine Brust. Sie speisten im Hotel »Japan« und bestiegen nach dem
-Essen, mit Zigarren im Munde und geröteten strahlenden Gesichtern,
-wieder den Feuerwachtturm. Das Stadthaupt wollte wohl dem Gast ein
-seltenes Schauspiel bieten und rief von oben dem unten auf und ab
-gehenden Wächter zu:
-
-»Leute, Alarm!«
-
-Aber aus dem Alarm wurde nichts, da alle Feuerwehrleute sich um diese
-Stunde im Dampfbade befanden.
-
-Sie soupierten im Hotel »London«, und gleich darauf reiste der Perser
-ab. Stepan Iwanowitsch küßte ihn beim Abschied nach russischer Sitte
-dreimal und vergoß sogar einige Tränen. Als der Zug sich in Bewegung
-setzte, rief er ihm nach:
-
-»Grüßen Sie von uns Persien. Sagen Sie ihm, daß wir es lieben!«
-
-Ein Jahr und vier Monate waren vergangen. Es herrschten ein strenger
-Frost von etwa fünfunddreißig Grad, begleitet von einem durchdringenden
-Wind. Stepan Iwanowitsch ging durch die Straße, den Pelzmantel an der
-Brust geöffnet, und ärgerte sich furchtbar darüber, daß niemand ihm
-begegnete und seinen Sonnen- und Löwenorden sah. So ging er im offenen
-Pelz bis zum Abend und war ganz erfroren; in der Nacht aber wälzte er
-sich von der einen Seite auf die andere und konnte keinen Schlaf finden.
-
-Es war ihm schwer zumute, in seinem Innern brannte es, und sein
-Herz klopfte unruhig: jetzt gelüstete es ihn nach dem Serbischen
-Takowo-Orden. Es gelüstete ihn qualvoll und leidenschaftlich.
-
-
-
-
-Die Simulanten
-
-
-Die Generalin Marfa Petrowna Petschonkina oder, wie die Bauern
-sie nennen, die Petschonkin'sche, die schon seit zehn Jahren die
-homöopathische Praxis ausübt, empfängt an einem Maidienstag in ihrem
-Kabinett Kranke. Sie hat vor sich auf dem Tisch einen homöopathischen
-Arzneikasten, ein Handbuch der Homöopathie und Rechnungen von der
-homöopathischen Apotheke. An der Wand hängen in goldenen Rahmen die
-Briefe irgendeines Petersburger Homöopathen, eines nach Ansicht Marfa
-Petrownas sehr berühmten und sogar großen Mannes und das Bildnis des
-Priesters P. Aristarch, dem die Generalin ihre Rettung zu verdanken
-hat: die Lossagung von der schädlichen Allopathie und die Erkenntnis
-der Wahrheit. Im Vorzimmer warten die Patienten, zum größten Teil
-Bauern. Sie alle sind mit Ausnahme von zwei oder drei barfuß, da die
-Generalin befohlen hat, die stinkenden Stiefel draußen zu lassen.
-
-Marfa Petrowna hat schon zehn Patienten abgefertigt und ruft den elften:
-
-»Gawrila Grusdj!«
-
-Die Tür geht auf, und statt des Gawrila Grusdj tritt ins Zimmer der
-Nachbar der Generalin, der verarmte Gutsbesitzer Samuchrischin, ein
-kleines altes Männchen mit trüben Augen und einer Mütze mit rotem Rand.
-Er stellt seinen Stock in die Ecke, geht auf die Generalin zu und sinkt
-vor ihr stumm auf ein Knie.
-
-»Was fällt Ihnen ein! Was fällt Ihnen ein, Kusjma Kusjmitsch!« entsetzt
-sich die Generalin, über und über rot. »Um Gottes Willen!«
-
-[Illustration]
-
-»Solange ich lebe, stehe ich nicht auf!« sagt Samuchrischin, die
-Lippen an ihre Hand drückend. »Soll das ganze Volk sehen, wie ich
-vor Ihnen niederknie, Sie unser Schutzengel, Sie Wohltäterin des
-Menschengeschlechts! Sollen sie nur! Vor der wohltätigen Fee, die
-mir das Leben geschenkt, den wahren Weg gewiesen und mein skeptisches
-Klügeln erleuchtet hat, will ich nicht nur auf den Knien, sondern auch
-in Flammen liegen, Sie unsere wunderbare Ärztin, Mutter der Armen und
-Verwitweten! Ich bin gesund geworden! Ich bin auferstanden, Zauberin!«
-
-»Es ... es freut mich ...!« murmelt die Generalin, vor Vergnügen
-errötend. »Es ist angenehm, so etwas zu hören ... Setzen Sie sich
-bitte! Am vorigen Dienstag waren Sie aber so schwer krank!«
-
-»Ja, so schwer! Es wird mir bange, wenn ich daran zurückdenke!« sagt
-Samuchrischin, Platz nehmend. »In allen Körperteilen und Organen saß
-mir der Rheumatismus. Acht Jahre habe ich mich gequält und keine
-Ruhe gehabt ... Weder bei Tag, noch bei Nacht, meine Wohltäterin!
-Ich habe mich von Ärzten behandeln lassen, habe Professoren in
-Kasan konsultiert, Moorbäder genommen und Brunnen getrunken, alles,
-alles habe ich ausprobiert! Mein ganzes Vermögen ist draufgegangen,
-Mütterchen. Die Ärzte haben mir aber nur geschadet, sie haben mir
-meine Krankheit ins Innere getrieben. Hineintreiben können sie wohl,
-aber wieder heraustreiben -- das können sie nicht, so weit ist ihre
-Wissenschaft noch nicht ... Sie lieben nur Geld zu nehmen, diese
-Räuber, was aber das Wohl der Menschheit betrifft, so kümmern sie
-sich darum nicht viel. Er verschreibt mir irgendeine Chiromantie, und
-ich muß sie trinken. Mit einem Worte, es sind Mörder. Wenn Sie nicht
-wären, mein Engel, so läge ich schon im Grabe! Wie ich am vorigen
-Dienstag von Ihnen heimkomme und mir diese Streukügelchen ansehe, die
-Sie mir gegeben haben, denke ich mir: ›Was können die nützen? Können
-denn diese kaum sichtbaren Sandkörnchen meine schwere, alte Krankheit
-heilen?‹ So denke ich mir, Kleingläubiger, und lächele; kaum habe
-ich aber so ein Kügelchen eingenommen, als meine ganze Krankheit im
-Nu verschwunden ist. Meine Frau glotzt mich an und traut ihren Augen
-nicht. ›Bist du es, Kolja?‹ -- ›Ja, ich bin es.‹ Wir knieten beide vor
-dem Heiligenbilde nieder und beteten für unseren Engel: Herr, gib ihr
-alles, was wir ihr wünschen!«
-
-Samuchrischin wischt sich mit dem Ärmel die Augen ab, erhebt sich von
-seinem Stuhl und zeigt die Absicht, wieder niederzuknien, aber die
-Generalin hindert ihn daran und läßt ihn wieder Platz nehmen.
-
-»Danken Sie nicht mir,« sagt sie, vor Erregung errötend, mit einem
-Blick auf das Bildnis des P. Aristarch. »Nein, nicht mir! Ich bin
-hier nur ein gefügiges Werkzeug ... Es ist wirklich ein Wunder! Ein
-vernachlässigter achtjähriger Rheumatismus ist nach einer einzigen
-Pille Skrophuloso vergangen!«
-
-»Sie waren so gütig, mir drei Kügelchen zu geben. Das eine nahm ich
-zu Mittag, und es wirkte sofort! Das andere nahm ich am Abend und das
-dritte am nächsten Tag, und seitdem spüre ich nichts mehr! Wenn es mich
-auch nur irgendwo zwicken wollte! Ich dachte aber schon an den Tod und
-hatte sogar meinem Sohne nach Moskau geschrieben, daß er kommen solle!
-Eine solche Weisheit hat Ihnen der Herr beschieden, Sie Wundertäterin!
-Jetzt fühle ich mich wie im Paradies ... Am vorigen Dienstag, als ich
-bei Ihnen war, hinkte ich noch, jetzt könnte ich aber wie ein Hase
-hüpfen ... Ich kann auch noch hundert Jahre leben. Nur eines bedrückt
-mich noch -- meine große Armut. Ich bin zwar gesund, aber was taugt mir
-meine Gesundheit, wenn ich nicht habe, wovon zu leben? Die Not bedrückt
-mich noch schwerer als die Krankheit ... Zum Beispiel eine solche Sache
-... Jetzt ist Zeit, Hafer zu säen, wie soll ich ihn aber säen, wenn ich
-keine Saat habe? Ich müßte welche kaufen, aber das Geld dazu ... woher
-soll ich welches haben?«
-
-»Ich will Ihnen Hafer geben, Kusjma Kusjmitsch ... Bleiben Sie nur
-sitzen! Sie haben mich so sehr erfreut, Sie haben mir solches Vergnügen
-bereitet, daß ich Ihnen danken muß, und nicht Sie mir!«
-
-»Sie, unsere Freude! Was für eine Herzensgüte der liebe Gott manchmal
-in die Welt setzt! Freuen Sie sich, Mütterchen, Ihrer guten Werke!
-Wir Sünder haben aber nichts, dessen wir uns freuen könnten ... Wir
-sind kleine, kleinmütige, unnütze Menschen ... Ameisen ... Wir nennen
-uns nur Gutsbesitzer, in materieller Beziehung sind wir aber wie die
-Bauern, sogar noch schlimmer ... Wir wohnen zwar in steinernen Häusern,
-aber es ist nur eine Fata Morgana, denn das Dach ist undicht, so daß es
-hineinregnet ... Ich habe kein Geld, um Schindeln zu kaufen.«
-
-»Ich will Ihnen Schindeln geben, Kusjma Kusjmitsch.«
-
-Samuchrischin erbittet sich noch eine Kuh, einen Empfehlungsbrief
-für seine Tochter, die er ins Institut geben will, und ist von der
-Freigebigkeit der Generalin so gerührt, daß er vor Überfluß an
-Gefühlen aufschluchzt, den Mund verzieht und sein Tuch aus der Tasche
-holt ... Die Generalin sieht, wie zugleich mit dem Tuch aus seiner
-Tasche ein rotes Papierchen zum Vorschein kommt und lautlos auf den
-Boden fällt.
-
-»Mein Lebtag vergesse ich es nicht ...« stammelt er. »Ich werde es
-auch meinen Kindern befehlen, auch meinen Enkeln ... von Geschlecht zu
-Geschlecht ... Kinder, das ist sie, die mich vom Tode errettet hat,
-sie, die ...«
-
-Nachdem die Generalin den Patienten hinausbegleitet hat, sieht sie eine
-Minute lang mit tränenfeuchten Augen auf das Bild des P. Aristarch,
-läßt dann ihren freundlichen, andächtigen Blick über den Arzneikasten,
-die Handbücher, die Rechnungen und den Sessel schweifen, in dem eben
-der von ihr vom Tode errettete Mensch gesessen hat, und bemerkt
-schließlich das vom Patienten fallengelassene Papier. Die Generalin
-hebt das Papier auf und findet darin drei Streukügelchen, die gleichen
-Kügelchen, die sie am letzten Dienstag Samuchrischin gegeben hat.
-
-»Es sind dieselben ...« sagt sie sich erstaunt. »Es ist sogar dasselbe
-Papier ... Er hat es nicht mal entfaltet! Was hat er dann eingenommen?
-Sonderbar ... Er wird mich doch nicht betrügen.«
-
-In die Seele der Generalin schleicht sich zum ersten Male in ihrer
-zehnjährigen Praxis ein Zweifel ein ... Sie nimmt die folgenden Kranken
-vor und merkt, während sie mit ihnen über ihre Leiden spricht, manches,
-was sie bisher seltsamerweise überhört hat. Alle Kranken ohne Ausnahme
-preisen erst wie auf Verabredung ihre wunderbare Heilkunst, entzücken
-sich über ihre medizinische Weisheit, schimpfen auf die allopathischen
-Ärzte und beginnen dann, wenn sie vor Erregung rot geworden ist, mit
-der Schilderung ihrer Nöte. Der eine bittet um ein Stück Ackerland,
-der andere um Brennholz, der dritte um Erlaubnis, in ihren Waldungen
-zu jagen usw. Sie schaut auf das breite, gutmütige Antlitz des P.
-Aristarch, der ihr die Wahrheit offenbart hat, und eine neue Wahrheit
-beginnt ihr am Herzen zu nagen. Es ist eine unangenehme, schwere
-Wahrheit.
-
-Listig ist der Mensch!
-
-
-
-
-Aus dem Tagebuch des zweiten Buchhalters
-
-
-1863, d. 11. Mai. Unser sechzigjähriger Buchhalter Glotkin hat
-anläßlich seines Hustens Milch mit Kognak getrunken und ist
-infolgedessen an Delirium tremens erkrankt. Die Ärzte behaupten mit der
-ihnen eigenen Sicherheit, daß er morgen sterben wird. Endlich werde ich
-erster Buchhalter werden! Diese Stelle ist mir schon längst versprochen.
-
-Der Sekretär Kleschtschow kommt vors Gericht, weil er einen Bittsteller
-verprügelt hat, der ihn einen Bürokraten nannte. Das scheint
-beschlossene Sache zu sein.
-
-Ich nahm eine Kräuterabkochung gegen Magenkatarrh ein.
-
-1865, d. 3. August. Der Buchhalter Glotkin ist wieder brustkrank. Er
-hustet und trinkt Milch mit Kognak. Wenn er stirbt, kriege ich seine
-Stelle. Ich hoffe darauf, aber meine Hoffnung ist schwach, denn das
-Delirium tremens scheint nicht immer tödlich zu sein!
-
-Kleschtschow hat einem Armenier einen Wechsel aus der Hand gerissen und
-vernichtet. Vielleicht kommt er deswegen vors Gericht.
-
-Eine Alte (Gurjewna) sagte mir gestern, ich hätte keinen Magenkatarrh,
-sondern versteckte Hämorrhoiden. Es ist sehr möglich!
-
-1867, d. 30. Juni. In Arabien herrscht, wie man berichtet, die Cholera.
-Vielleicht kommt sie auch nach Rußland, und dann wird es viel Vakanzen
-geben. Vielleicht wird der alte Glotkin sterben, und dann werde ich
-erster Buchhalter. Zäh ist der Mensch! So lange zu leben, ist, meiner
-Ansicht nach, sogar sträflich!
-
-Was soll ich noch gegen meinen Magenkatarrh einnehmen? Vielleicht
-Zitwersamen?
-
-[Illustration]
-
-1870, d. 2. Januar. Im Hofe bei Glotkin hat die ganze Nacht ein Hund
-geheult. Meine Köchin Pelageja sagt, dies sei ein sicheres Zeichen, und
-ich sprach mit ihr bis zwei Uhr nachts darüber, daß ich mir, wenn ich
-erster Buchhalter geworden bin, einen Waschbärpelz und einen Schlafrock
-anschaffen werde. Vielleicht werde ich auch heiraten. Natürlich kein
-Mädchen, denn das steht mir bei meinem Alter nicht an, sondern eine
-Witwe.
-
-Gestern wurde Kleschtschow aus dem Klub hinausgeworfen, weil er einen
-unanständigen Witz erzählt und sich über den Patriotismus des Mitglieds
-der Handelsdeputation Ponjuchow lustig gemacht hat. Der letztere will
-ihn, wie man sagt, verklagen.
-
-Ich will mit meinem Magenkatarrh zu Doktor Botkin gehen. Man sagt, er
-behandele seine Patienten mit Erfolg ...
-
-1878, d. 4. Juni. In Wetljanka herrscht, wie man schreibt, die Pest.
-Die Leute sterben wie die Fliegen. Glotkin trinkt aus diesem Grunde
-Pfefferschnaps. Aber einem solchen Greis wird der Pfefferschnaps kaum
-helfen. Wenn die Pest herkommt, werde ich sicher erster Buchhalter
-werden.
-
-1883, d. 4. Juni. Glotkin liegt im Sterben. Ich habe ihn besucht
-und ihn unter Tränen um Verzeihung gebeten, weil ich seinen Tod mit
-Ungeduld erwartet hatte. Er vergab es mir mit Tränen in den Augen und
-riet mir, gegen den Magenkatarrh Eichelkaffee zu trinken.
-
-Kleschtschow ist aber wieder beinahe vors Gericht gekommen: er hat
-ein entliehenes Klavier bei einem Juden versetzt. Trotzalledem hat er
-schon den Stanislausorden und den Rang eines Kollegienassessors. Es ist
-merkwürdig, was in dieser Welt nicht alles möglich ist!
-
-Ingwer 2 Solotnik, Galgant 1½ Solotnik, Königswasser 1 Solotnik,
-Drachenblut 5 Solotnik; mischen, mit einer Flasche Schnaps ansetzen und
-jeden Morgen ein Weinglas nüchtern gegen den Magenkatarrh einnehmen.
-
-1883, d. 7. Juni. Gestern wurde Glotkin beerdigt. Der Tod dieses
-Greises gereichte mir nicht zum Segen! Er erscheint mir jede Nacht
-in einem weißen Gewand und winkt mit dem Finger. Wehe, wehe mir
-Verruchtem: erster Buchhalter bin nicht ich, sondern Tschalikow. Die
-Stelle bekam nicht ich, sondern ein junger Mann, der von der Tante der
-Geheimrätin protegiert wird. Alle meine Hoffnungen sind dahin!
-
-1886, d. 10. Juni. Tschalikow ist seine Frau durchgebrannt. Der Ärmste
-ist außer sich. Vielleicht wird er vor Kummer Hand an sich legen. Wenn
-er es tut, bin ich erster Buchhalter. Man spricht schon darüber. Also
-ist die Hoffnung noch nicht verloren, man kann noch leben, vielleicht
-erlebe ich auch noch den Waschbärpelz.
-
-Was die Verheiratung betrifft, so bin ich nicht abgeneigt. Warum soll
-ich nicht heiraten, wenn sich eine gute Partie bietet, nur müßte ich
-mich mit jemand beraten; denn der Schritt ist ernst.
-
-Kleschtschow hat gestern mit dem Geheimrat Lirmans die Gummischuhe
-vertauscht. Ein Skandal!
-
-Der Portier Pajissij rät mir gegen den Magenkatarrh Sublimat
-einzunehmen. Ich will es versuchen.
-
-
-
-
-Ein böser Junge
-
-
-Iwan Iwanowitsch Lapkin, ein junger Mann von angenehmem Äußeren,
-und Anna Ssemjonowna Samblizkaja, ein junges Mädchen mit einer
-Stupsnase, gingen das steile Ufer hinunter und setzten sich auf die
-Bank. Die Bank stand am Wasser, im dichten jungen Weidengebüsch. Ein
-herrliches Plätzchen! Wenn man sich hersetzt, ist man von der ganzen
-Welt verborgen, nur die Fische und die Spinnen, die blitzschnell über
-das Wasser laufen, sehen einen. Die jungen Leute waren mit Angeln,
-Handnetzen, Regenwürmerbehältern und sonstigen Fischereigeräten
-ausgerüstet. Sie setzten sich und machten sich sofort an den Fischfang.
-
-»Ich bin so froh, daß wir endlich allein sind,« begann Lapkin, sich
-umsehend. »Ich habe Ihnen viel zu sagen, Anna Ssemjonowna ... Sehr viel
-... Als ich Sie zum ersten Male sah ... Eben beißt es bei Ihnen an ...
-Ich begriff damals, wozu ich lebe, ich begriff, wo das Idol ist, dem
-ich mein ehrliches Arbeitsleben weihen muß ... Ist wohl ein großer
-Fisch ... er beißt an ... Als ich Sie erblickte, lernte ich zum ersten
-Male die Liebe kennen, ich gewann Sie leidenschaftlich lieb! Ziehen Sie
-noch nicht ... lassen Sie ihn noch einmal anbeißen ... Sagen Sie mir,
-meine Teure, ich beschwöre Sie: darf ich auf Gegenliebe hoffen -- nein,
-nicht auf Gegenliebe, das verdiene ich gar nicht, ich wage daran nicht
-mal zu denken, -- sondern auf ... Ziehen Sie!«
-
-Anna Ssemjonowna hob die Hand mit der Angelrute, zog sie mit einem
-Ruck heraus und schrie auf. In der Luft blitzte ein silberig-grünes
-Fischchen.
-
-»Mein Gott, ein Barsch! Ach, ach ... Schneller! Er hat sich
-losgerissen!«
-
-Der Barsch riß sich vom Haken los, hüpfte über den Rasen zu seinem
-heimatlichen Element ... und patsch -- da war er schon im Wasser!
-
-Auf der Jagd nach dem Fisch ergriff Lapkin, statt des Fisches, aus
-Versehen die Hand Anna Ssemjonownas und drückte sie, gleichfalls aus
-Versehen, an seine Lippen ... Sie versuchte, die Hand zurückzuziehen,
-aber es war schon zu spät: ihre Lippen trafen sich aus Versehen in
-einem Kuß. Das kam irgendwie ganz von selbst. Auf den ersten Kuß folgte
-ein zweiter, dann kamen Liebesschwüre und Versicherungen ... Glückliche
-Augenblicke! In diesem Erdenleben gibt es übrigens kein absolutes
-Glück. Das Glück trägt gewöhnlich das Gift in sich selbst oder wird
-durch irgend etwas von außen vergiftet. So war es auch diesmal. Als die
-jungen Leute sich küßten, ertönte plötzlich ein Lachen. Sie blickten
-auf den Fluß und erstarrten: Im Flusse stand bis an die Hüften im
-Wasser ein nackter Junge. Es war der Gymnasiast Kolja, der Bruder Anna
-Ssemjonownas. Er stand im Wasser, sah die jungen Leute an und lächelte
-giftig.
-
-»Aha ... ihr küßt euch?« sagte er. »Schön! Ich will es der Mama sagen.«
-
-»Ich hoffe, daß Sie als anständiger Mensch ...« stammelte Lapkin
-errötend.
-
-»Spionieren ist gemein, denunzieren ist aber niederträchtig, häßlich
-und abscheulich ... Ich nehme an, daß Sie als edler und anständiger
-Mensch ...«
-
-»Geben Sie mir einen Rubel, dann sage ich es nicht!« antwortete der
-anständige Mensch. »Sonst sage ich es.«
-
-Lapkin holte aus der Tasche einen Rubel und gab ihn Kolja. Jener
-drückte den Rubel in der nassen Faust zusammen, stieß einen Pfiff aus
-und schwamm davon. Aber die jungen Leute küßten sich diesmal nicht mehr.
-
-Am anderen Tage brachte Lapkin Kolja aus der Stadt einen Tuschkasten
-und einen Ball, die Schwester schenkte ihm aber alle ihre leeren
-Pillenschachteln. Dann mußte man ihm auch noch die Manschettenknöpfe
-mit den Hundeköpfen schenken. Dem bösen Jungen gefiel es wohl sehr gut,
-und er fing an, um noch mehr zu kriegen, zu beobachten. Wohin sich
-auch Lapkin und Anna Ssemjonowna wandten, er folgte ihnen überall. Für
-keinen Augenblick ließ er sie allein.
-
-»Schuft«, sagte Lapkin zähneknirschend. »So klein und ein so großer
-Schuft! Was wird noch aus ihm werden?!«
-
-[Illustration]
-
-Kolja ließ den ganzen Juni den armen Verliebten keine Ruhe. Er drohte
-mit einer Anzeige, beobachtete sie und forderte Geschenke; alles war
-ihm zu wenig, und zuletzt brachte er die Rede auf eine Taschenuhr.
-Nun, man mußte ihm die Taschenuhr versprechen.
-
-Einmal beim Mittagessen, als eben Waffeln gereicht wurden, lachte er
-plötzlich auf, blinzelte mit einem Auge und fragte Lapkin:
-
-»Soll ich es sagen? Was?«
-
-Lapkin errötete furchtbar und begann statt an der Waffel an der
-Serviette zu kauen.
-
-Anna Ssemjonowna sprang auf und lief ins andere Zimmer.
-
-In dieser Lage blieben die jungen Leute bis Ende August, bis zu dem
-Tag, als Lapkin Anna Ssemjonowna endlich den Antrag machte. Was war
-das für ein glücklicher Tag! Nachdem er mit den Eltern der Braut alles
-besprochen und ihre Einwilligung erhalten hatte, lief Lapkin sofort
-in den Garten und begann Kolja zu suchen. Als er ihn fand, brach er
-vor Freude schier in Tränen aus und packte den bösen Jungen am Ohr.
-Auch Anna Ssemjonowna, die gleichfalls Kolja suchte, kam herbei und
-packte ihn am anderen Ohr. Man muß das Entzücken gesehen haben, das die
-Gesichter der Verliebten ausdrückten, als Kolja weinte und flehte:
-
-»Meine Lieben, meine Guten, ich tue es nicht mehr! Au, au, verzeiht
-mir!«
-
-Die beiden gestanden später, daß sie, solange sie heimlich verliebt
-gewesen waren, kein einziges Mal solches Glück, solche atembeklemmende
-Seligkeit empfunden hätten, wie in den Augenblicken, als sie den bösen
-Jungen an den Ohren rissen.
-
-
-
-
-Es war sie!
-
-
-»Erzählen Sie uns etwas, Pjotr Iwanowitsch!« sagten die jungen Mädchen.
-
-Der Oberst drehte seinen ergrauten Schnurrbart, räusperte sich und
-begann:
-
-»Es war im Jahre 1843, als unser Regiment bei Czenstochowa lag. Ich
-muß Ihnen sagen, meine Damen, der Winter war in jenem Jahre so streng,
-daß kein Tag verging, wo sich die Wachtposten nicht die Nasen abfroren
-oder der Sturm die Straßen nicht mit Schnee verschüttete. Der Frost
-hatte Ende Oktober eingesetzt und hielt bis zum April an. Damals,
-müssen Sie wissen, war ich nicht der alte verrauchte Pfeifenkopf
-wie jetzt, sondern ein junger Bursche wie Blut und Milch, mit einem
-Worte, ein schöner Mann. Ich zierte mich wie ein Pfau, gab das Geld
-mit beiden Händen aus und drehte meinen Schnurrbart wie kein anderer
-Fähnrich auf der Welt. Ich brauchte oft nur mit einem Auge zu blinzeln,
-mit der Spore zu klirren und einmal den Schnurrbart zu streichen,
-damit die stolzeste Schöne sich sofort in ein sanftes Lamm verwandle.
-Ich war scharf auf die Weiber, wie eine Spinne auf die Fliegen, und
-wenn ich jetzt Ihnen, meine Damen, alle die Polinnen und Jüdinnen
-aufzählen wollte, die mir seinerzeit an den Hals flogen, so würden,
-ich versichere Sie, alle Zahlen der Mathematik nicht reichen ... Fügen
-Sie dem noch hinzu, daß ich Regimentsadjutant war, vorzüglich die
-Mazurka tanzte und mit einer allerliebsten Frau verheiratet war, Gott
-hab sie selig. Was ich für ein Taugenichts und ausgelassener Kerl war,
--- davon können Sie sich keinen Begriff machen! Wenn im Landkreise
-irgendeine tolle Liebesgeschichte passierte, wenn jemand einem Juden
-die Schläfenlocken ausriß oder einem polnischen Edelmann in die Fresse
-haute, so wußten alle sofort, daß Leutnant Wywertow es angestellt
-hatte.
-
-»Als Regimentsadjutant mußte ich mich viel im ganzen Landkreise
-herumtreiben. Bald kaufte ich Hafer oder Heu ein, bald verkaufte ich
-den Juden und Gutsbesitzern unsere ausgemusterten Pferde, meistens
-aber fuhr ich, meine Damen, eine Dienstreise vortäuschend, zu einem
-Stelldichein mit irgendeinem polnischen Edelfräulein oder zu einem
-reichen Gutsbesitzer, bei dem man Karten spielte ... In der Nacht
-vor Weihnachten fuhr ich einmal, ich erinnere mich, als wäre es eben
-gewesen, aus Czenstochowa ins Dorf Schewelki, wohin man mich in einer
-dienstlichen Angelegenheit geschickt hatte ... Der Frost war so
-grimmig, daß sogar die Pferde husteten und ich und mein Fuhrmann in
-einer halben Stunde zu zwei Eiszapfen geworden waren ... Mit dem Frost
-konnte man sich noch befreunden, aber denken Sie sich nur, auf dem
-halben Wege erhebt sich plötzlich ein Schneesturm. Der Schnee wirbelte
-und kreiste wie der Teufel vor der Ostermesse, der Wind heulte, als
-hätte man ihm seine Frau genommen, die Straße war verschwunden ... In
-kaum zehn Minuten waren wir alle -- ich, der Fuhrmann und die Pferde --
-über und über mit Schnee bedeckt.
-
-›Euer Wohlgeboren, wir haben den Weg verloren!‹ sagte der Fuhrmann.
-
-›Hol dich der Teufel! Wie hast du aufgepaßt, du Tölpel? Nun, fahre
-jetzt geradeaus, vielleicht stoßen wir auf eine Menschenwohnung!‹
-
-»Wir fuhren und fuhren, immer im Kreise herum, und so gegen Mitternacht
-stießen unsere Pferde an das Tor eines Gutshofes, der, ich erinnere
-mich noch, einem Grafen Bojadlowski, einem reichen Polen gehörte. Die
-Polen und die Juden sind für mich dasselbe wie Meerrettich nach dem
-Essen, aber ich muß die Wahrheit sagen: die polnischen Edelleute sind
-gastfreundlich, und es gibt keine heißeren Weiber als junge Polinnen ...
-
-»Man ließ uns ein ... Der Graf Bojadlowski lebte damals in Paris, und
-uns empfing sein Verwalter, der Pole Kasimir Chapzinski. Ich erinnere
-mich, es war keine Stunde vergangen, als ich schon in der Wohnung des
-Verwalters saß, seiner Frau den Hof machte, trank und Karten spielte.
-Als ich fünf Dukaten gewonnen und genug getrunken hatte, bat ich um ein
-Nachtlager. Da es im Verwalterflügel keinen Platz gab, wies man mir ein
-Zimmer im gräflichen Herrenhause an.
-
-›Fürchten Sie Gespenster?‹ fragte mich der Verwalter, mich in ein
-kleines Zimmer geleitend, das neben einem riesengroßen Saal voller
-Kälte und Finsternis lag.
-
-›Gibt es denn hier Gespenster?‹ fragte ich, während ein dumpfes Echo
-meine Worte und Schritte wiederholte.
-
-›Ich weiß es nicht,‹ antwortete der Pole lachend, ›aber mir scheint,
-daß es ein für Gespenster und unsaubere Geister außerordentlich
-geeigneter Ort ist.‹
-
-»Ich hatte ordentlich getrunken und war besoffen wie vierzigtausend
-Schuster, aber diese Worte machten mich, offen gestanden, erschauern.
-Hol mich der Teufel, lieber sind mir hundert Tscherkessen als ein
-einziges Gespenst! Es war aber nichts zu machen, ich zog mich aus und
-legte mich hin ... Meine Kerze erleuchtete die Wände mit schwachem
-Lichte, an den Wänden hingen aber, stellen Sie es sich nur vor,
-Ahnenbilder, eines schrecklicher als das andere, altertümliche Waffen,
-Jagdhörner und ähnliche phantastische Dinge ... Es herrschte eine
-Grabesstille, nur im Nebensaale piepsten die Mäuse und knisterten die
-trockenen Möbel. Draußen war aber die Hölle los ... Der Wind sang
-jemand die Totenmesse, die Bäume bogen sich heulend und weinend;
-irgendein Teufelsding, wahrscheinlich ein Laden, quietschte jämmerlich
-und klopfte gegen den Fensterrahmen. Denken Sie sich hinzu, daß mir
-der Kopf schwindelte und sich zugleich mit meinem Kopf die ganze Welt
-drehte ... Wenn ich die Augen schloß, war es mir, als flöge mein Bett
-durch das ganze leere Haus und tanze mit den Gespenstern einen Reigen.
-Um meine Angst zu vermindern, blies ich vor allen Dingen die Kerze aus,
-da die leeren Zimmer bei Licht viel schrecklicher erscheinen als im
-Finsteren ...«
-
-Die drei jungen Mädchen, die dem Oberst zuhörten, rückten zu ihm näher
-heran und bohrten in ihn ihre unbeweglichen Blicke.
-
-[Illustration]
-
-»Nun«, fuhr der Oberst fort, »wie sehr ich mich auch bemühte,
-einzuschlafen, der Schlaf floh meine Lider. Bald schien es mir, daß
-Diebe durchs Fenster eindringen, bald hörte ich ein Flüstern, bald
-berührte jemand meine Schulter, -- kurz, mir schwebte der ganze
-Teufelsspuk vor, den jedermann kennt, der einmal nervös erregt war. Nun
-stellen Sie sich vor, daß ich plötzlich mitten in diesem Teufelsspuk
-und Chaos von Tönen deutlich ein Geräusch erkenne, das wie Schlürfen
-von Pantoffeln klingt. Ich spitze die Ohren und, -- was glauben Sie
-wohl? -- ich höre, wie jemand vor meine Türe tritt, hustet, die Türe
-aufmacht ...
-
-›Wer ist da?‹ frage ich, mich aufrichtend.
-
-›Ich bin es ... fürchte dich nicht!‹ antwortet eine weibliche Stimme.
-
-»Ich ging zur Tür ... Es vergingen einige Sekunden, und plötzlich
-fühlte ich, wie sich mir zwei Frauenarme, so weich wie Eiderdaunen, auf
-die Schultern legten.
-
-›Ich liebe dich ... Du bist mir teurer als das Leben,‹ sagte eine
-melodische Frauenstimme.
-
-»Heißer Atem berührte meine Wange ... Ich vergaß den Schneesturm, die
-Gespenster und alles in der Welt und umschlang mit meiner Hand eine
-Taille ... was für eine Taille! Eine solche Taille kann die Natur nur
-auf besondere Bestellung, einmal in zehn Jahren anfertigen ... Schlank,
-wie gedrechselt, heiß und leicht wie der Atem eines Säuglings! Ich
-konnte mich nicht beherrschen und drückte sie fest in meinen Armen
-zusammen ... Unsere Lippen vereinigten sich in einem festen, langen
-Kusse, und ... ich schwöre Ihnen bei allen Frauen der Welt, ich werde
-jenen Kuß bis an mein Ende nicht vergessen.«
-
-Der Oberst verstummte, trank ein halbes Glas Wasser aus und fuhr mit
-gedämpfter Stimme fort:
-
-»Als ich am nächsten Morgen zum Fenster hinausblickte, sah ich,
-daß der Schneesturm noch stärker geworden war ... Weiterfahren war
-ganz unmöglich. So mußte ich den ganzen Tag beim Verwalter sitzen,
-Karten spielen und trinken. Abends war ich wieder im leeren Hause und
-umschlang Schlag Mitternacht wieder die mir bekannte Taille ... Ja,
-meine Damen, wenn nicht die Liebe, so wäre ich wohl vor Langeweile
-verreckt. Oder hätte mich zu Tode gesoffen.«
-
-Der Oberst seufzte, stand auf und ging schweigend durchs Zimmer.
-
-»Nun ... und weiter?« fragte eines der jungen Mädchen, ganz atemlos vor
-Erwartung.
-
-»Gar nichts. Am anderen Tage war ich schon unterwegs.«
-
-»Aber ... wer war denn die Dame?« fragten die jungen Mädchen zögernd.
-
-»Es versteht sich doch von selbst, wer es war!«
-
-»Nein, nichts versteht sich von selbst!«
-
-»Es war meine Frau!«
-
-Alle drei junge Mädchen sprangen wie von einer Schlange gebissen auf.
-
-»Das heißt ... wieso denn?« fragten sie.
-
-»Ach, mein Gott, was ist denn daran so unverständlich?« fragte der
-Oberst ärgerlich und zuckte die Achseln. »Ich glaube, ich habe mich
-klar genug ausgedrückt! Ich war doch mit meiner Frau nach Schewelki
-gefahren ... Sie übernachtete im leeren Hause im Nebenzimmer ... Es ist
-doch vollkommen klar!«
-
-»Hm ...« versetzten die jungen Mädchen und ließen enttäuscht die Arme
-sinken.
-
-»Die Geschichte hat so schön angefangen, aber das Ende ist Gott
-weiß wie ... Ihre Frau ... Entschuldigen Sie, es ist so gar nicht
-interessant und ... auch gar nicht geistreich.«
-
-»Sonderbar! Sie wollen also, daß es nicht meine rechtmäßige Frau
-gewesen sei, sondern irgendeine Fremde! Ach, meine Damen! Wenn
-Sie jetzt so urteilen, was werden Sie erst sagen, wenn Sie einmal
-verheiratet sind?«
-
-Die jungen Mädchen wurden verlegen und verstummten. Sie machten
-unzufriedene Mienen, zogen die Stirnen kraus und fingen an, gänzlich
-enttäuscht, laut zu gähnen ... Beim Abendbrot aßen sie nichts, kneteten
-Kügelchen aus Brot und schwiegen.
-
-»Nein, es ist sogar ... gewissenslos!« platzte eine von ihnen heraus.
-»Was brauchten Sie es uns erzählen, wenn die Geschichte ein solches
-Ende hat? Es ist gar nicht schön ... Es ist sogar unerhört!«
-
-»Sie haben so vielversprechend angefangen und plötzlich abgebrochen
-...« fügte eine andere hinzu. »Es ist einfach Hohn und sonst nichts.«
-
-»Na, na, na ... ich habe nur gescherzt ...« versetzte der Oberst.
-»Seien Sie nicht böse, meine Damen, ich habe nur Spaß gemacht. Es war
-nicht meine Frau, sondern die des Verwalters ...«
-
-»Ja?!«
-
-Die jungen Mädchen wurden plötzlich lustig, ihre Augen fingen zu
-leuchten an ... Sie rückten zum Obersten heran, schenkten ihm immer
-neuen Wein ein und überschütteten ihn mit Fragen. Die Langweile war
-verschwunden, auch das Abendbrot war bald verschwunden, denn die jungen
-Mädchen aßen plötzlich mit großem Appetit.
-
-
-
-
-Ein jähzorniger Mensch
-
-
-Ich bin ein ernster Mensch, und mein Geist hat eine philosophische
-Richtung. Von Beruf bin ich Finanzwissenschaftler, ich studiere
-Finanzrecht und schreibe eine Dissertation über das Thema:
-»Vergangenheit und Zukunft der Hundesteuer«. Man wird mir zugeben
-müssen, daß mich alle die jungen Mädchen, die Lieder, der Mond und
-sonstige Dummheiten absolut nichts angehen.
-
-Zehn Uhr früh. Meine Mama schenkt mir Kaffee ein. Ich trinke ihn aus
-und gehe auf den Balkon, um mich sofort an meine Dissertation zu
-machen. Ich nehme einen reinen Bogen, tauche die Feder ins Tintenfaß
-und male die Überschrift: »Vergangenheit und Zukunft der Hundesteuer«.
-Ich überlege eine Weile und schreibe: »Historischer Überblick. Aus
-einigen Andeutungen bei Herodot und Xenophon zu schließen, datieren die
-Anfänge der Hundesteuer ...«
-
-In diesem Augenblick höre ich aber höchst verdächtige Schritte. Ich
-schaue von meinem Balkon hinunter und erblicke ein junges Mädchen mit
-langem Gesicht und langer Taille. Sie heißt, glaube ich, Nadenjka oder
-Warenjka; übrigens ist es mir vollkommen gleich. Sie sucht etwas, tut
-so, als sähe sie mich nicht und summt vor sich hin:
-
-»Gedenkst du noch der Weise voller Sehnsucht ...«
-
-Ich lese das Geschriebene durch und will fortfahren, aber das junge
-Mädchen tut so, als hätte sie mich plötzlich bemerkt und spricht mit
-trauriger Stimme:
-
-»Guten Morgen, Nikolai Andrejewitsch! Denken Sie sich nur, dieses
-Unglück! Gestern beim Spazierengehen verlor ich ein Anhängsel von
-meinem Armband.«
-
-Ich lese den Anfang meiner Dissertation noch einmal durch, korrigiere
-die Öse beim Buchstaben »b« und will weiter schreiben, aber das junge
-Mädchen läßt nicht locker.
-
-»Nikolai Andrejewitsch,« sagt sie, »seien Sie so gut und begleiten Sie
-mich nach Hause. Die Karelins haben einen großen Hund, und ich kann
-mich nicht entschließen, allein vorbeizugehen.«
-
-Nichts zumachen. Ich lege die Feder weg und gehe hinunter. Nadenjka
-oder Warenjka nimmt mich unter den Arm, und wir schlagen den Weg zu
-ihrer Landwohnung ein.
-
-Wenn mich die Pflicht trifft, mit einer Dame oder mit einem Mädchen
-Arm in Arm zu gehen, so fühle ich mich aus irgendeinem Grunde immer
-wie ein Haken, an den man einen schweren Pelz gehängt hat; Nadenjka
-oder Warenjka ist aber, unter uns gesagt, leidenschaftlicher Natur (ihr
-Großvater war Armenier), sie hat die Fähigkeit, sich mit der ganzen
-Schwere ihres Körpers an meinen Arm zu hängen und schmiegt sich an
-meine Seite wie ein Blutegel. So gehen wir ...
-
-Wie wir am Landhause der Karelins vorbeikommen, sehe ich einen großen
-Hund, und dieser ruft mir die Hundesteuer in Erinnerung. Ich denke mit
-Sehnsucht an die angefangene Arbeit und seufze.
-
-»Warum seufzen Sie?« fragt mich Nadenjka oder Warenjka und stößt auch
-selbst einen Seufzer aus.
-
-Hier muß ich etwas einschalten. Nadenjka oder Warenjka (jetzt besinne
-ich mich, daß sie Maschenjka heißt) hat sich aus irgendeinem Grunde
-eingebildet, daß ich in sie verliebt sei, und hält es daher für eine
-Pflicht der Menschenliebe, mich immer mitleidsvoll anzublicken und
-meine Herzenswunde durch Worte zu heilen.
-
-»Hören Sie einmal,« sagt sie stehenbleibend, »ich weiß, warum Sie
-seufzen. Sie sind verliebt, ja! Aber ich bitte Sie bei unserer
-Freundschaft, versichert zu sein, daß das Mädchen, das Sie lieben, Sie
-tief achtet! Sie kann Ihnen Ihre Liebe nicht mit dem gleichen Gefühl
-beantworten, aber ist es denn ihre Schuld, daß ihr Herz schon längst
-einem anderen gehört?«
-
-[Illustration]
-
-Maschenjkas Nase wird rot und schwillt an, ihre Augen füllen sich mit
-Tränen; sie scheint auf meine Antwort zu warten, aber zum Glück sind
-wir schon am Ziel ... Auf der Veranda sitzt Maschenjkas Mama, eine gute
-Frau, doch voller Vorurteile; als sie das erregte Gesicht ihrer Tochter
-sieht, heftet sie einen langen Blick auf mich und seufzt, als wollte
-sie sagen: »Ach, diese Jugend versteht sich nicht mal zu verstellen!«
-Außer ihr sitzen auf der Veranda mehrere junge bunte Mädchen und unter
-ihnen mein Sommernachbar, der verabschiedete Offizier, der im letzten
-Kriege an der linken Schläfe und an der rechten Hüfte verwundet worden
-ist. Dieser Unglückliche will gleich mir den Sommer einer literarischen
-Arbeit weihen. Er schreibt an den »Memoiren eines Militärs«. Gleich mir
-macht er sich jeden Morgen an seine jede Achtung verdienende Arbeit,
-aber kaum hat er die Worte geschrieben: »Ich bin geboren im Jahre ...«,
-als unter seinem Balkon irgendeine Warenjka oder Maschenjka erscheint
-und den armen Kerl mit Beschlag belegt.
-
-Alle, die auf der Veranda sitzen, sind mit dem Putzen irgendwelcher
-dummer, zum Einkochen bestimmter Beeren beschäftigt. Ich grüße und will
-mich entfernen, aber die bunten jungen Mädchen nehmen mir quietschend
-meinen Hut und Stock weg und verlangen, daß ich bleibe. Ich setze mich.
-Man gibt mir einen Teller mit Beeren und eine Haarnadel. Ich beginne zu
-putzen.
-
-Die bunten jungen Mädchen sprechen über die Männer. Der eine sei nett,
-der andere hübsch, aber unsympathisch, der dritte häßlich, der vierte
-wäre nicht übel, wenn seine Nase nicht einem Fingerhut gliche usw.
-
-»Und Sie, Monsieur Nicolas,« wendet sich an mich Maschenjkas Mama,
-»sind nicht hübsch, aber sympathisch ... In Ihrem Gesicht ist etwas
-... Übrigens,« seufzt sie, »ist die Hauptsache am Manne nicht die
-Schönheit, sondern der Geist.«
-
-Die jungen Mädchen seufzen und schlagen die Augen nieder. Auch sie sind
-damit einverstanden, daß die Hauptsache am Manne nicht die Schönheit,
-sondern der Geist sei. Ich schiele nach dem Spiegel, um mich zu
-überzeugen, inwiefern ich sympathisch bin. Ich sehe einen zerzausten
-Kopf, einen zerzausten Bart und Schnurrbart, Augenbrauen, Haare an den
-Wangen, Haare unter den Augen, ein ganzer Wald, aus dem wie ein Turm
-meine solide Nase ragt. Hübsch, das muß man sagen!
-
-»Dafür schlagen Sie die anderen mit dem Seelischen, Nicolas,« seufzt
-Maschenjkas Mama, als bekräftige sie einen heimlichen Gedanken.
-
-Maschenjka leidet mit mir mit, zugleich scheint ihr aber das
-Bewußtsein, daß ihr gegenüber ein in sie verliebter Mensch sitzt, einen
-großen Genuß zu verschaffen.
-
-Als die Männer erledigt sind, beginnen die jungen Mädchen über die
-Liebe zu sprechen. Nachdem dieses Gespräch eine Weile gedauert hat,
-steht eines der jungen Mädchen auf und geht. Die Zurückgebliebenen
-beginnen sie sofort durchzuhecheln. Alle finden, sie sei dumm,
-unerträglich und abstoßend häßlich und eines ihrer Schulterblätter
-sitze nicht an der richtigen Stelle.
-
-Da kommt aber, Gott sei Dank, das von meiner Mama geschickte
-Dienstmädchen und ruft mich zum Essen. Nun darf ich die unangenehme
-Gesellschaft verlassen und heimgehen, um meine Dissertation weiter zu
-schreiben. Ich stehe auf und mache eine Verbeugung. Maschenjkas Mama,
-Maschenjka selbst und alle die bunten jungen Mädchen umringen mich und
-erklären, daß ich kein Recht habe, heimzugehen, da ich ihnen gestern
-mein Ehrenwort gegeben hätte, mit ihnen zu Mittag zu essen und nach dem
-Essen in den Wald auf die Pilzsuche zu gehen. Ich verbeuge mich und
-setze mich wieder ... In meiner Seele kocht der Haß, und ich fühle, daß
-ich bald für mich nicht mehr einstehen können werde, daß es gleich zu
-einer Explosion kommen müsse, aber meine Höflichkeit und die Angst, den
-guten Ton zu verletzen, zwingen mich, mich den Damen zu fügen. Und ich
-füge mich.
-
-Wir setzen uns an den Tisch. Der verwundete Offizier, der infolge der
-Verwundung an der Schläfe eine Kontraktion der Kiefern hat, ißt mit
-einer Miene, als wäre er aufgezäumt und hätte eine Kandare im Munde.
-Ich knete Kügelchen aus Brot, denke an die Hundesteuer und bemühe mich,
-da ich meinen jähzornigen Charakter kenne, zu schweigen. Maschenjka
-blickt mich voller Mitleid an. Es gibt eine kalte Sauerampfersuppe,
-Zunge mit jungen Erbsen, Brathuhn und Kompott. Ich habe keinen Appetit,
-esse aber aus Höflichkeit. Wie ich nach dem Essen allein auf der
-Veranda stehe und rauche, kommt auf mich Maschenjkas Mama zu, drückt
-mir die Hände und spricht um Atem ringend:
-
-»Verzweifeln Sie aber nicht, Nicolas ... Sie hat ein so empfindsames
-Herz ... ein solches Herz!«
-
-Wir gehen in den Wald auf die Pilzsuche ... Maschenjka hängt an meinem
-Arm und saugt sich an meiner Seite fest. Ich leide unmenschlich, dulde
-es aber.
-
-Wir kommen in den Wald.
-
-»Hören Sie einmal, Monsieur Nicolas,« beginnt Maschenjka seufzend:
-»Warum sind Sie so traurig? Warum schweigen Sie?«
-
-Ein sonderbares Mädchen: worüber könnte ich denn mit ihr sprechen? Was
-haben wir gemein?
-
-»Sagen Sie doch etwas ...« bittet sie.
-
-Ich bemühe mich, etwas Populäres auszudenken, was ihren Begriffen
-zugänglich wäre. Nachdem ich eine Weile nachgedacht habe, sage ich:
-
-»Die Ausrottung der Wälder fügt Rußland einen großen Schaden zu ...«
-
-»Nicolas!« seufzt Maschenjka, und ihre Nase wird rot. »Nicolas, ich
-sehe, Sie weichen einer offenen Aussprache aus ... Sie wollen mich
-wohl durch Ihr Schweigen strafen ... Ihr Gefühl bleibt unerwidert, und
-Sie wollen den Schmerz stumm, in der Einsamkeit tragen ... das ist
-schrecklich. Nicolas!« ruft sie aus und packt mich plötzlich bei der
-Hand, und ich sehe, wie ihre Nase zu schwellen beginnt. »Was würden Sie
-sagen, wenn das Mädchen, das Sie lieben, Ihnen die ewige Freundschaft
-anbieten würde?«
-
-Ich murmele etwas Zusammenhangloses, denn ich weiß absolut nicht, was
-ich ihr sagen könnte ... Erlauben Sie doch: erstens liebe ich kein
-Mädchen in der Welt, zweitens, was brauche ich die ewige Freundschaft?
-Drittens bin ich sehr jähzornig. Maschenjka oder Warenjka bedeckt das
-Gesicht mit den Händen und sagt leise, wie zu sich selbst:
-
-»Er schweigt ... Offenbar verlangt er ein Opfer von mir. Aber ich kann
-ihn doch nicht lieben, wenn ich immer noch den anderen liebe! Übrigens
-... ich will es mir überlegen ... Gut, ich werde es mir überlegen ...
-Ich werde alle Kräfte meiner Seele sammeln und vielleicht um den Preis
-meines Glückes diesen Menschen von seinen Leiden erlösen!«
-
-Ich verstehe nichts. Es ist eine Art Kabbala für mich. Wir gehen weiter
-und sammeln Pilze. Wir schweigen die ganze Zeit. Maschenjkas Gesicht
-drückt einen inneren Kampf aus. Ich höre Hundegebell: das bringt mir
-meine Dissertation in Erinnerung, und ich seufze laut auf. Zwischen den
-Baumstämmen erblicke ich den verwundeten Offizier. Der Ärmste hinkt
-schmerzvoll rechts und links: rechts hat er seine verwundete Hüfte,
-links hängt eines der bunten jungen Mädchen. Sein Gesicht drückt Demut
-vor dem Schicksal aus.
-
-Aus dem Walde kehren wir ins Haus zurück und trinken Tee. Dann spielen
-wir Krocket und hören zu, wie eines der bunten jungen Mädchen das Lied
-singt: »Nein, du liebst mich nicht, nein, nein!« Beim Worte »nein«
-verzieht sie den Mund bis zu den Ohren.
-
-»Charmant!« stöhnen die übrigen Mädchen. »Charmant!«
-
-Der Abend bricht an. Hinter dem Gebüsch kommt ein ekelhafter Mond
-zum Vorschein. Die Luft ist still, und es riecht unangenehm nach
-frischgemähtem Heu. Ich nehme meinen Hut und will gehen.
-
-»Ich muß Ihnen etwas sagen,« flüstert mir Maschenjka bedeutungsvoll zu.
-»Gehen Sie nicht.«
-
-Mir schwant etwas übles. Aber aus Höflichkeit bleibe ich doch.
-Maschenjka ergreift meinen Arm und führt mich die Allee entlang.
-Jetzt drückt schon ihre ganze Figur einen Kampf aus. Sie ist blaß,
-atmet schwer und scheint die Absicht zu haben, mir meinen rechten Arm
-abzureißen. Was hat sie bloß?
-
-»Hören Sie ...« murmelt sie. »Nein, ich kann nicht ... Nein ...«
-
-Sie will etwas sagen, kann sich aber nicht entschließen. Da sehe ich
-es aber ihrem Gesicht an, daß sie sich doch entschlossen hat. Mit
-funkelnden Augen und geschwollener Nase ergreift sie plötzlich meine
-Hand und sagt schnell:
-
-»Nicolas, ich bin die Ihre! Lieben kann ich Sie nicht, aber ich
-verspreche Ihnen Treue!«
-
-Dann schmiegt sie sich an meine Brust und prallt plötzlich zurück.
-
-»Da kommt wer ...« flüstert sie. »Leb wohl ... Morgen um elf werde ich
-im Gartenhäuschen sein ... Leb wohl!«
-
-Und sie verschwindet. Ohne etwas zu verstehen, klopfenden Herzens
-gehe ich heim. Mich erwartet die »Vergangenheit und Zukunft der
-Hundesteuer«, aber ich bin nicht mehr imstande zu arbeiten. Ich rase.
-Man darf wohl sagen, ich bin erschreckend. Hol der Teufel, ich werde
-es nicht dulden, daß man mich wie einen grünen Jungen behandelt! Ich
-bin jähzornig, und es ist gefährlich, mit mir zu spaßen! Als das
-Dienstmädchen hereinkommt, um mich zum Abendbrot zu rufen, schreie ich
-sie an: »Hinaus!« Mein jähzorniger Charakter verspricht wenig Gutes.
-
-Der nächste Morgen. Es ist ein echtes Sommerfrischenwetter, d. h.
-Temperatur unter Null, durchdringender kalter Wind, Regen, Schmutz
-und Naphthalingeruch, da meine Mama ihre warmen Mäntel aus dem Korb
-geholt hat. Ein teuflischer Morgen. Es ist der 7. August 1887, als die
-berühmte Sonnenfinsternis stattfand. Ich muß bemerken, daß bei einer
-Sonnenfinsternis ein jeder von uns, auch ohne Astronom zu sein, großen
-Nutzen bringen kann. So kann ein jeder: 1) den Durchmesser der Sonne
-und des Mondes bestimmen, 2) die Korona skizzieren, 3) die Temperatur
-messen, 4) während der Verfinsterung die Tiere und die Pflanzen
-beobachten, 5) seine eigenen Empfindungen aufschreiben u. s. w. Das
-alles ist so wichtig, daß ich mich entschloß, die »Vergangenheit und
-Zukunft der Hundesteuer« beiseite zu lassen und die Sonnenfinsternis
-zu beobachten. Wir alle standen sehr früh auf. Die ganze bevorstehende
-Arbeit verteilte ich auf folgende Weise: ich bestimme den Durchmesser
-der Sonne und des Mondes, der verwundete Offizier zeichnet die Korona,
-alles übrige übernehmen aber Maschenjka und die bunten jungen Mädchen.
-Nun sind wir alle versammelt und warten.
-
-»Wieso entsteht eine Sonnenfinsternis?« fragt mich Maschenjka.
-
-Ich antworte:
-
-»Eine Sonnenfinsternis kommt zustande, wenn der Mond, die Ebene
-der Ekliptik durchlaufend, auf die Linie zu stehen kommt, die die
-Mittelpunkte der Sonne und des Mondes verbindet.«
-
-»Was ist die Ekliptik?«
-
-Ich erkläre es ihr. Maschenjka hört mir aufmerksam zu und fragt:
-
-»Kann man durch ein angerußtes Glas die Linie sehen, die die
-Mittelpunkte der Sonne und des Mondes verbindet?«
-
-Ich antworte ihr, daß es eine gedachte Linie ist.
-
-»Wenn sie nur gedacht ist,« wundert sich Maschenjka, »wie kann dann der
-Mond auf ihr Platz finden?«
-
-Ich gebe ihr keine Antwort. Ich fühle, wie diese naive Frage meine
-Leber schwellen macht.
-
-»Es ist lauter Unsinn,« sagt Maschenjkas Mama. »Man kann doch nicht
-wissen, was kommen wird, auch sind Sie noch nie im Himmel gewesen;
-woher wollen Sie dann wissen, was mit dem Monde und der Sonne geschehen
-wird? Hirngespinste!«
-
-Da rückt aber ein schwarzer Fleck über die Sonne. Allgemeiner Aufruhr.
-Kühe, Schafe und Pferde rasten mit erhobenen Schwänzen, vor Angst
-brüllend, über das Feld. Die Hunde heulten. Die Wanzen bildeten
-sich ein, daß die Nacht angebrochen sei: sie kamen aus ihren Ritzen
-gekrochen und fingen an, die noch Schlafenden zu beißen. Der Diakon,
-der gerade mit einer Ladung Gurken heimfuhr, erschrak, sprang aus dem
-Wagen und verkroch sich unter die Brücke, sein Pferd fuhr aber mit dem
-Wagen in einen fremden Hof, wo die Gurken von den Schweinen gefressen
-wurden. Ein Akzisebeamter, der nicht bei sich zu Hause, sondern bei
-einer Sommerfrischlerin übernachtete, sprang in Unterwäsche aus dem
-Hause, lief in die Menge und schrie mit wilder Stimme:
-
-»Rette sich, wer kann!«
-
-Viele Sommerfrischlerinnen, selbst junge und hübsche, stürzten, vom
-Lärm geweckt, ohne Schuhe auf die Straße. Es passierte noch manches
-andere, was ich gar nicht wiedergeben kann.
-
-»Ach, wie schrecklich!« kreischen die bunten jungen Mädchen. »Ach, wie
-schrecklich!«
-
-»Meine Damen, beobachten Sie doch!« rufe ich ihnen zu, »die Zeit ist
-kostbar!«
-
-Ich selbst beeile mich, die Durchmesser festzustellen ... Ich besinne
-mich auf die Korona und suche mit den Blicken den verwundeten Offizier.
-Er steht da und tut nichts.
-
-»Was haben Sie?« schreie ich. »Was ist denn mit der Korona?«
-
-Er zuckt die Achseln und weist mit den Blicken hilflos auf seine
-Arme. Der Ärmste hat an beiden Armen je ein junges Mädchen hängen;
-sie schmiegen sich an ihn voller Angst und lassen ihn nicht arbeiten.
-Ich nehme einen Bleistift und notiere die Stunde mit den Sekunden.
-Das ist wichtig. Ich notiere auch die geographische Lage des
-Beobachtungspunktes. Auch das ist wichtig. Nun will ich den Durchmesser
-bestimmen, da ergreift aber Maschenjka meine Hand und sagt:
-
-»Vergessen Sie also nicht: heute um elf!«
-
-Ich befreie meine Hand und will, jede Sekunde ausnützend, meine
-Beobachtungen fortsetzen, aber Maschenjka hängt sich mir krampfhaft an
-den Arm und schmiegt sich an meine Seite. Der Bleistift, die Gläser,
-die Zeichnungen, -- alles fällt ins Gras. Teufel nocheinmal! Dieses
-Mädchen könnte doch wirklich endlich begreifen, daß ich jähzornig bin
-und, wenn ich einmal rasend geworden, für mich nicht einstehe.
-
-Ich will fortfahren, die Sonnenfinsternis ist aber schon zu Ende!
-
-»Schauen Sie mich doch an!« flüstert sie zärtlich.
-
-Oh, das ist schon der Gipfel der Verhöhnung! Man wird doch zugeben, daß
-ein solches Spiel mit der menschlichen Geduld nur ein übles Ende nehmen
-kann. Man mache mir keine Vorwürfe, wenn etwas Schreckliches geschieht!
-Ich werde es niemand gestatten, mich zu verhöhnen, Teufel nocheinmal,
-und wenn ich rasend bin, möchte ich niemand raten, mir nahe zu kommen!
-Ich bin zu allem fähig!
-
-Eines der jungen Mädchen sieht es wohl meinem Gesicht an, daß ich
-rasend bin und sagt, offenbar mit der Absicht, mich zu besänftigen:
-
-»Nikolai Andrejewitsch, ich habe Ihren Auftrag ausgeführt. Ich habe die
-Säugetiere beobachtet. Ich sah, wie vor der Sonnenfinsternis ein grauer
-Hund einer Katze nachlief und hinterher lange mit dem Schweif wedelte.«
-
-So ist aus der Sonnenfinsternis nichts geworden. Ich begebe mich
-nach Hause. Da es regnet, gehe ich nicht auf den Balkon arbeiten.
-Der verwundete Offizier hat sich aber auf seinem Balkon hinausgewagt
-und sogar geschrieben: »Ich bin geboren im Jahre ...«; nun sehe
-ich aus meinem Fenster, wie eines der jungen Mädchen ihn zu sich
-in die Landwohnung schleppt. Ich kann nicht arbeiten, denn ich bin
-noch immer rasend und habe Herzklopfen. Ins Gartenhäuschen gehe ich
-nicht. Es ist zwar unhöflich, aber ich kann doch nicht bei Regen
-hingehen! Um die Mittagstunde bekomme ich einen Brief von Maschenjka;
-er enthält Vorwürfe, die Bitte, ins Gartenhäuschen zu kommen und ist
-per »du« geschrieben. Um eins bekomme ich einen zweiten Brief, um
-zwei einen dritten ... Ich muß gehen. Bevor ich hingehe, muß ich mir
-aber überlegen, worüber ich mit ihr sprechen werde. Ich will wie ein
-anständiger Mensch handeln. Erstens werde ich ihr sagen, sie habe gar
-keinen Grund sich einzubilden, daß ich sie liebe. Solche Sachen sagt
-man übrigens einer Dame nicht. Einer Dame zu sagen: »Ich liebe Sie
-nicht,« ist dasselbe, wie einem Schriftsteller zu sagen: »Sie verstehen
-nicht zu schreiben.« Ich will Maschenjka lieber meine Ansichten
-über die Ehe darlegen. Ich ziehe einen warmen Mantel an, nehme den
-Regenschirm und gehe ins Gartenhäuschen. Da ich mein jähzorniges Wesen
-kenne, fürchte ich, zu viel zu sagen. Ich werde mir Mühe geben, mich zu
-beherrschen.
-
-Im Gartenhäuschen werde ich erwartet. Maschenjka ist blaß und hat
-verweinte Augen. Als sie mich erblickt, schreit sie freudig auf, fällt
-mir um den Hals und sagt:
-
-»Endlich! Du spielst mit meiner Geduld. Hör, ich habe die ganze Nacht
-nicht geschlafen ... Habe immer überlegt. Mir scheint, daß ich dich,
-wenn ich dich näher kennen lerne, ... lieb gewinnen werde ...«
-
-Ich setze mich hin und beginne ihr meine Ansichten über die Ehe
-darzulegen. Um nicht zu weit zu gehen und mich kürzer zu fassen,
-beginne ich mit einem historischen Überblick. Ich spreche von der
-Ehe bei den Indern und den Ägyptern und komme dann auf die späteren
-Perioden zu sprechen; bringe auch einige Gedanken Schopenhauers.
-Maschenjka hört mir aufmerksam zu, hält es aber plötzlich, gegen jede
-Logik verstoßend, für nötig, mich zu unterbrechen.
-
-»Nicolas, küsse mich!« sagt sie mir.
-
-Ich bin verdutzt und weiß nicht, was ich ihr sagen soll. Sie wiederholt
-ihre Aufforderung. Nichts zu machen, ich stehe auf und drücke meine
-Lippen auf ihr langes Gesicht, wobei ich dasselbe empfinde, was ich
-als Kind empfunden habe, als ich bei der Totenmesse meine verstorbene
-Großmutter küssen mußte. Aber Maschenjka begnügt sich nicht mit dem
-Kuß, sondern steht auf und umarmt mich sehr leidenschaftlich. In
-diesem Augenblick erscheint in der Tür des Gartenhäuschens Maschenjkas
-Mama. Sie macht ein erschrockenes Gesicht, sagt zu jemand: »Pst!« und
-verschwindet wie Mephistopheles in der Versenkung.
-
-Ratlos und rasend gehe ich heim. Zu Hause treffe ich Maschenjkas Mama,
-die mit Tränen in den Augen meine Mama umarmt, während meine Mama
-weinend sagt:
-
-»Ich habe es selbst gewünscht!«
-
-Dann -- wie gefällt Ihnen das? -- dann geht Maschenjkas Mama auf mich
-zu, umarmt mich und sagt:
-
-»Gott wird euch segnen! Pass auf, hab sie lieb ... Vergiß nicht, daß
-sie sich dir zum Opfer bringt ...«
-
-Nun werde ich verheiratet. Während ich dies schreibe, stehen vor mir
-die Trauzeugen und treiben mich zur Eile an. Diese Menschen kennen
-meinen Charakter wirklich nicht! Ich bin ja jähzornig und kann für mich
-nicht einstehen! Hol der Teufel, ihr werdet sehen, was noch kommen
-wird! Einen jähzornigen Menschen zum Traualtar zu schleppen ist meiner
-Ansicht nach ebenso gescheit, wie die Hand zu einem rasenden Tiger in
-den Käfig zu stecken. Wir werden sehen, wir werden sehen, was noch
-kommen wird!
-
- * * * * *
-
-So bin ich verheiratet. Alle gratulieren mir, und Maschenjka schmiegt
-sich immer an mich und spricht:
-
-»Begreife doch, daß du jetzt mein bist! Sag doch, daß du mich liebst!
-Sag!«
-
-Dabei schwillt ihr die Nase.
-
-Von den Trauzeugen erfuhr ich, daß der verwundete Offizier auf eine
-höchst geschickte Weise den Ehebanden entronnen ist. Er stellte dem
-bunten jungen Mädchen ein ärztliches Zeugnis bei, welches besagte, daß
-er infolge der Verwundung an der Schläfe geistig unnormal sei und daher
-laut Gesetz nicht heiraten dürfe. Eine Idee! Auch ich könnte so ein
-Zeugnis beistellen. Ein Onkel von mir war Quartalsäufer, ein anderer
-Onkel war auffallend zerstreut (einmal stülpte er sich statt einer
-Mütze einen Damenmuff über den Kopf), eine Tante spielte viel Klavier
-und zeigte bei Begegnungen mit Männern ihnen die Zunge. Zudem ist
-mein außerordentlich jähzorniger Charakter -- ein höchst verdächtiges
-Symptom. Warum kommen aber die guten Ideen so spät? Ja, warum?
-
-
-
-
-Eine problematische Natur
-
-
-Ein Coupé erster Klasse.
-
-Auf dem mit himbeerrotem Samt bezogenen Divan liegt ein hübsches junges
-Dämchen.
-
-Der kostbare befranste Fächer kracht in ihrer krampfhaft
-zusammengedrückten Hand, der Zwicker rutscht jeden Augenblick von
-ihrem hübschen Näschen, die Brosche an ihrer Brust hebt und senkt sich
-wie ein Nachen inmitten der Wellen. Sie ist sehr aufgeregt ... Ihr
-gegenüber sitzt der Beamte für besondere Aufträge beim Gouverneur,
-ein junger angehender Schriftsteller, der im Gouvernements-Amtsblatte
-kleine Novellen aus den höheren Kreisen erscheinen läßt ... Er schaut
-ihr unverwandt mit einer Kennermiene ins Gesicht. Er beobachtet,
-er studiert, er sucht diese exzentrische, problematische Natur zu
-ergründen, er hat sie schon beinahe erfaßt ... Ihre Seele, ihre ganze
-Psychologie sind ihm vollkommen klar.
-
-»Oh, ich verstehe Sie!« sagt der Beamte für besondere Aufträge,
-ihre Hand in der Nähe des Armbandes küssend. »Ihre empfindliche,
-empfängliche Seele sucht einen Ausgang aus dem Labyrinth ... Gewiß! Es
-ist ein ungeheuer schrecklicher Kampf, aber ... verzagen Sie nicht! Sie
-werden siegen! Ganz bestimmt!«
-
-»Beschreiben Sie mich doch, Woldemar!« spricht das Dämchen mit einem
-traurigen Lächeln. »Mein Leben ist so voll, so abwechselungsreich, so
-bunt ... Die Hauptsache aber ist, daß ich unglücklich bin! Ich bin eine
-Märtyrerin im Stile Dostojewskijs ... Zeigen Sie der Welt meine Seele,
-Woldemar, zeigen Sie ihr diese arme Seele! Sie sind ein Psycholog. Es
-ist kaum eine Stunde her, daß wir hier im Coupé sitzen und sprechen,
-Sie aber haben mich schon ganz erfaßt!«
-
-[Illustration]
-
-»Sprechen Sie! Ich beschwöre Sie, sprechen Sie doch!«
-
-»Hören Sie. Ich stamme aus einer armen Beamtenfamilie. Mein Vater war
-ein guter Kerl, gescheit, aber ... der Geist der Zeit und des Milieus
-... vous comprenez, ich klage meinen armen Vater nicht an. Er trank,
-spielte Karten ... nahm Bestechungsgelder an ... Auch die Mutter ...
-Was soll ich davon sprechen! Die Not, der Kampf um ein Stück Brot, das
-Bewußtsein seiner Nichtigkeit ... Ach, zwingen Sie mich nicht, diese
-Erinnerungen aufzufrischen! Ich mußte mir selbst meinen Weg bahnen
-... Die entsetzliche Institutserziehung, die Lektüre dummer Romane,
-die Verirrungen der Jugend, die erste scheue Liebe ... Und der Kampf
-mit dem Milieu? Schrecklich! Und die Zweifel? Und die Qualen der
-beginnenden Enttäuschung am Leben und an sich selbst? ... Ach! Sie sind
-Schriftsteller und kennen uns Frauen. Sie werden es begreifen ... Zu
-meinem Unglück bin ich mit einer breiten Natur begabt ... Ich wartete
-auf ein Glück, und auf was für eines! Ich lechzte danach, Mensch zu
-sein! Ja! Mensch zu sein, darin sah ich mein Glück!«
-
-»Sie Herrliche!« stammelt der Schriftsteller, ihr die Hand in der Nähe
-des Armbandes küssend. »Nicht Sie küsse ich, Sie wunderbares Geschöpf,
-sondern das menschliche Leid! Erinnern Sie sich an Raskolnikow? Er
-küßte so.«
-
-»Oh, Woldemar! Ich lechzte nach Ruhm ... nach rauschendem Leben und
-Glanz wie jede -- warum soll ich bescheiden sein? -- wie jede nicht
-ganz gewöhnliche Natur. Ich lechze nach Ungewöhnlichem ... gar nicht
-Weiblichem! Und ... Und ... ich stieß auf meinem Wege auf einen
-reichen alten General ... Begreifen Sie mich doch, Woldemar! Es war
-ja Selbstaufopferung, Entsagung, begreifen Sie mich! Ich konnte nicht
-anders. Ich versorgte meine Angehörigen, ich machte Reisen, ich tat
-Gutes ... Wie litt ich aber dabei, wie unerträglich und erniedrigend
-gemein erschienen mir die Umarmungen jenes Generals, obwohl er, das
-muß man ihm lassen, seinerzeit im Kriege große Tapferkeit gezeigt
-hat. Es gab Minuten ... schreckliche Minuten! Mich hielt aber der
-Gedanke aufrecht, daß der Alte heute oder morgen stirbt, daß ich dann
-nach meinem Wunsche leben, mich einem geliebten Menschen hingeben
-und glücklich sein werde ... Ich habe aber einen solchen Menschen,
-Woldemar! Gott weiß es, daß ich einen solchen habe!«
-
-Das Dämchen schwingt energisch den Fächer. Ihr Gesicht nimmt einen
-weinerlichen Ausdruck an.
-
-»Nun ist der Alte tot ... Er hat mir einiges Vermögen hinterlassen,
-ich bin so frei wie ein Vogel. Nun kann ich glücklich werden ... Nicht
-wahr, Woldemar? Das Glück klopft an meine Tür. Ich brauche es nur
-hereinlassen, aber ... nein! Woldemar, hören Sie, ich beschwöre Sie!
-Jetzt sollte ich mich doch dem geliebten Menschen hingeben, seine
-Freundin werden, seine Helferin, die Trägerin seiner Ideale, glücklich
-sein ... ausruhen ... Aber wie gemein, häßlich und dumm ist doch
-alles in dieser Welt! So niederträchtig ist alles, Woldemar! Ich bin
-unglücklich, unglücklich, unglücklich! Auf meinem Wege erhebt sich ein
-neues Hindernis! Wieder fühle ich, daß mein Glück fern, ach, so fern
-ist! Ach, diese Qual, wenn Sie nur wüßten, welch eine Qual!«
-
-»Was ist es denn? Was ist es für ein Hindernis? Ich beschwöre Sie,
-sagen Sie es mir! Was ist es?«
-
-»Ein anderer reicher Alter ...«
-
-Der zerbrochene Fächer verdeckt das hübsche Gesicht. Der Schriftsteller
-stützt seinen gedankenschweren Kopf in die Hand, seufzt und beginnt
-mit der Miene eines Kenners und Psychologen zu grübeln. Die Lokomotive
-pfeift und faucht, die Fenstervorhänge röten sich im Lichte der
-untergehenden Sonne ...
-
-
-
-
-Intrigen
-
-
- a) Wahl des Vereinsvorsitzenden.
- b) Erörterung des Zwischenfalles vom 2. Oktober.
- c) Referat des ordentlichen Vereinsmitgliedes Dr. M. N. von Bronn.
- d) Laufende Vereinsangelegenheiten.
-
-Doktor Schelestow, der Urheber des Zwischenfalles vom 2. Oktober,
-macht sich bereit, in diese Sitzung zu gehen; er steht schon lange vor
-dem Spiegel und bemüht sich, seinem Gesicht einen matten Ausdruck zu
-verleihen. Wenn er in der Sitzung mit einem aufgeregten, gespannten,
-roten oder allzublassen Gesicht erscheint, werden sich seine Feinde
-einbilden können, daß er ihren Intrigen allzuviel Bedeutung beimesse;
-wenn aber sein Gesicht kalt, leidenschaftslos, gleichsam verschlafen
-sein wird, wie bei Menschen, die über der Menge stehen und vom Leben
-ermüdet sind, so werden diese Feinde bei seinem Anblick Respekt vor ihm
-empfinden und sich denken:
-
- Sein unbeugsames Haupt ragt höher als das Denkmal
- Des Siegers, der Napoleon bezwang!
-
-Als ein Mensch, der sich für seine Feinde und ihre Ränke sehr wenig
-interessiert, wird er in die Sitzung später als alle kommen. Er wird
-lautlos in den Saal treten, sich mit einer müden Gebärde das Haar
-zurechtstreichen und sich, ohne jemand anzublicken, ans äußerste Ende
-des Tisches setzen. Er wird die Pose eines gelangweilten Zuhörers
-annehmen, kaum merklich gähnen, irgendeine Zeitung vom Tische nehmen
-und lesen ... Alle werden reden, streiten, sich ereifern, einander
-zur Ordnung rufen, er aber wird schweigen und in die Zeitung blicken.
-Endlich wird aber sein Name immer häufiger genannt werden und die
-brennende Frage in Weißglut übergehen; er wird seine gelangweilten,
-müden Augen auf die Kollegen heben und wie widerwillig sagen:
-
-»Man zwingt mich zu sprechen ... Ich habe mich darauf nicht
-vorbereitet, meine Herren, verzeihen Sie mir darum, wenn meine Rede
-etwas mangelhaft ausfallen wird. Ich will ab ovo anfangen ... In der
-letzten Sitzung haben gewisse verehrte Kollegen erklärt, daß ich mich
-bei Konsilien nicht so benehme, wie sie es gerne möchten, und von mir
-Erklärungen verlangt. Da ich alle Erklärungen für überflüssig und die
-gegen mich erhobenen Vorwürfe für unbegründet hielt, bat ich, mich
-aus dem Verein auszuschließen, und verließ die Sitzung. Aber jetzt,
-wo gegen mich eine neue Serie von Anklagen erhoben wird, sehe ich zu
-meinem Leidwesen ein, daß ich dennoch zu Erklärungen greifen muß. Ich
-will also solche abgeben.«
-
-Dann wird er, zerstreut mit dem Bleistifte oder mit der Uhrkette
-spielend, sagen, daß er bei den Konsilien oft tatsächlich die Stimme
-erhoben und die Kollegen unterbrochen habe, ohne sich um die Gegenwart
-Fremder zu kümmern; es sei auch wahr, daß er bei einem Konsilium den
-Patienten in Gegenwart der Ärzte und der Angehörigen gefragt habe:
-»Welcher Dummkopf hat Ihnen Opium verschrieben?« Fast kein einziges
-Konsilium sei ohne einen Zwischenfall abgelaufen ... Aber warum? Sehr
-einfach. Bei jedem Konsilium müsse er, Schelestow, über das tiefe
-Niveau der Fachkenntnisse seiner Kollegen staunen. Es gäbe in der Stadt
-zweiunddreißig Ärzte, und die meisten von ihnen wüßten weniger als
-jeder Student im ersten Semester. Nach Beispielen brauche man nicht
-weit zu gehen. Nomina sunt, natürlich, odiosa, aber in der Sitzung sei
-man doch unter sich, also könne er, um nicht abstrakt zu sein, die
-Namen nennen. Allen sei es z. B. bekannt, daß der verehrte Herr Kollege
-von Bronn der Beamtenfrau Sserjoschkina mit einer Sonde die Speiseröhre
-durchbohrt habe ...
-
-Der Kollege von Bronn wird in diesem Augenblick aufspringen, die Hände
-über dem Kopfe zusammenschlagen und aufschreien:
-
-»Herr Kollege, Sie haben sie durchbohrt und nicht ich! Sie! Und ich
-werde es Ihnen beweisen!«
-
-Schelestow wird ihm nicht die geringste Beachtung schenken und
-fortfahren:
-
-»Es ist auch allen bekannt, daß der verehrte Kollege Schila bei der
-Schauspielerin Semiramidina eine Wanderniere für einen Abszeß angesehen
-und einen Probedurchstich gemacht hat, was sehr bald zu einem exitus
-letalis führte. Der verehrte Kollege Besstrunko hat, statt einen Nagel
-an der großen Zehe des linken Fußes zu exstirpieren, den gesunden Nagel
-am rechten Fuß exstirpiert. Ich darf auch nicht den Fall unerwähnt
-lassen, wo unser verehrter Herr Kollege Tercharjanz dem Soldaten
-Iwanow die Eustachischen Röhren mit solchem Eifer katheterisierte,
-daß dem Patienten beide Trommelfelle platzten. Bei dieser Gelegenheit
-will ich noch erwähnen, daß derselbe Kollege einem Patienten beim
-Zahnziehen den Unterkiefer ausgerenkt hat und ihn nicht früher wieder
-einrenken wollte, als bis der Patient sich bereit erklärte, ihm für
-das Einrenken fünf Rubel zu bezahlen. Der verehrte Kollege Kurizyn ist
-mit einer Nichte des Apothekers Grummer verheiratet und hat mit ihm
-ein gewisses Abkommen getroffen. Es ist auch allen bekannt, daß unser
-Vereinssekretär, der junge Kollege Skoropalitelnyj mit der Gattin
-unseres verehrten Herrn Vorsitzenden Gustav Gustavowitsch Prechtel ein
-Verhältnis hat ...
-
-Vom tiefen Niveau des Wissens bin ich allmählich auf Verstöße gegen
-die ethischen Grundsätze zu sprechen gekommen. Um so besser. Die
-Ethik ist unser wunder Punkt, meine Herren, und um nicht abstrakt zu
-sprechen, will ich Ihnen unseren verehrten Kollegen Pusyrkow nennen,
-der bei einer Namenstagsfeier bei der Oberstenwitwe Treschtschinskaja
-erzählt hat, daß nicht Skoropalitelnyj das Verhältnis mit der Gattin
-unseres Vorsitzenden habe, sondern ich! Das wagt derselbe Herr Pusyrkow
-zu sagen, den ich im vorigen Jahre mit der Gattin unseres verehrten
-Kollegen Snobisch erwischt habe! Übrigens, Dr. Snobisch ... Wer
-genießt das Renommee eines Arztes, von dem sich behandeln zu lassen
-für die Damen nicht ganz ungefährlich ist? -- Snobisch ... Wer hat
-eine Kaufmannstochter wegen der Mitgift geheiratet? -- Snobisch! Was
-aber unseren verehrten Vorsitzenden betrifft, so treibt er heimlich
-Homöopathie und bekommt von den Preußen Geld für Spionage. Ein
-preußischer Spion -- das ist schon wirklich ultima ratio!«
-
-Ärzte, die klug und als gewandte Redner erscheinen möchten, gebrauchen
-immer diese beiden lateinischen Ausdrücke: »nomina sunt odiosa« und
-»ultima ratio«. Schelestow wird nicht nur lateinisch, sondern auch
-französisch und deutsch, in jeder beliebigen Sprache sprechen! Er wird
-alle bezichtigen und allen Intriganten die Masken herunterreißen; der
-Vorsitzende wird müde werden, die Glocke zu schwingen, die verehrten
-Kollegen werden von ihren Plätzen aufspringen und mit den Händen
-fuchteln ... Die Kollegen mosaischer Konfession werden sich zu einem
-Haufen zusammendrängen und ein Geschrei erheben.
-
-Schelestow wird aber, ohne jemand anzublicken, fortfahren:
-
-»Was aber unseren Verein betrifft, so muß er bei dem jetzigen
-Mitgliederbestand und den jetzt herrschenden Ordnungen unbedingt
-zugrunde gehen. Alles ist darin ausschließlich auf Intrigen begründet.
-Intrigen, Intrigen und Intrigen! Als eines der Opfer dieser einen
-großen, teuflischen Intrige halte ich mich für verpflichtet, folgendes
-zu erklären:«
-
-Er wird reden, und seine Partei wird applaudieren und sich
-triumphierend die Hände reiben. Unter einem unbeschreiblichen Lärm und
-Donner wird man zur Wahl des Vorsitzenden schreiten. Von Bronn & Co.
-werden ihren ganzen Einfluß für Prechtel einsetzen, aber das Publikum
-und die wohlgesinnten Ärzte werden sie auszischen und schreien:
-
-»Nieder mit Prechtel! Wir wollen Schelestow! Schelestow!«
-
-Schelestow nimmt die Wahl an, aber unter der Bedingung, daß Prechtel
-und von Bronn sich bei ihm wegen des Zwischenfalls vom 2. Oktober
-entschuldigen. Wieder erhebt sich ein ohrenbetäubender Lärm, wieder
-drängen sich die verehrten Kollegen mosaischer Konfession zu einem
-Haufen zusammen und schreien ... Prechtel und von Bronn sind empört
-und bitten schließlich, sie nicht mehr als Mitglieder des Vereins
-anzusehen. Um so besser!
-
-[Illustration]
-
-Schelestow ist Vorsitzender. Vor allen Dingen reinigt er den
-Augiasstall. Snobisch muß hinaus! Tercharjanz muß hinaus! Die verehrten
-Kollegen mosaischer Konfession müssen hinaus! Mit seiner Partei
-wird er es erreichen, daß bis zum Januar im Verein kein einziger
-Intrigant übrig bleibt. Im Ambulatorium des Vereins wird er zunächst
-die Wände streichen lassen und ein Plakat anbringen: »Rauchen
-strengstens verboten«; dann wird er den Feldscher und die Feldscherin
-hinausschmeißen, die Medikamente nicht von Grummer, sondern von
-Chrasczebicki beziehen, den Ärzten vorschlagen, keine einzige Operation
-ohne seine Aufsicht auszuführen usw. Vor allen Dingen wird aber auf
-seinen Visitkarten stehen: »Vorsitzender des Ärztevereins zu N.«
-
-So träumt Schelestow, bei sich zu Hause vor dem Spiegel stehend. Da
-schlägt aber die Uhr sieben und erinnert ihn daran, daß er in die
-Sitzung muß. Er erwacht aus seinen süßen Träumen und beeilt sich,
-seinem Gesicht den matten Ausdruck zu verleihen, aber das Gesicht will
-ihm nicht gehorchen und nimmt einen sauren und stumpfen Ausdruck an,
-wie bei einem erfrorenen jungen Hofhund; er will, daß es solid sei, es
-wird aber lang und drückt Bestürztheit aus, und nun scheint es ihm, daß
-er nicht mehr einem Hund, sondern einem Gänserich gleiche. Er senkt
-die Lider, kneift die Augen zusammen, bläht die Backen, runzelt die
-Stirne, aber es ist zum Verzweifeln: es kommt dabei etwas ganz anderes
-heraus als er möchte. Die natürlichen Eigenschaften dieses Gesichts
-sind wohl derart, daß mit ihm nichts anzufangen ist. Die Stirne ist
-niedrig, die kleinen Äuglein schweifen unruhig umher wie bei einer
-unreellen Händlerin, der Unterkiefer steht so dumm und blöd hervor, und
-die Wangen und die Frisur sehen so aus, als hätte man den »verehrten
-Kollegen« soeben aus einem Billardlokal hinausgeschmissen.
-
-Schelestow betrachtet sein Gesicht, ärgert sich, und es kommt ihm schon
-vor, daß auch das Gesicht gegen ihn intrigiere. Er geht ins Vorzimmer
-und macht sich fertig, und es scheint ihm, als intrigierten auch der
-Pelz, die Gummischuhe und die Mütze gegen ihn.
-
-»Kutscher, ins Ambulatorium!« schreit er.
-
-Er bietet zwanzig Kopeken, aber der Intrigant von einem
-Droschkenkutscher verlangt fünfundzwanzig ... Er setzt sich in die
-Droschke und fährt, aber der kalte Wind weht ihm ins Gesicht, der
-nasse Schnee blendet ihm die Augen, und das elende Pferd schleppt sich
-unerträglich langsam. Alles hat sich verschworen und intrigiert ...
-Intrigen, Intrigen und Intrigen!
-
-
-
-
- ZWEIHUNDERT EXEMPLARE DIESER AUSGABE
- SIND VOM KÜNSTLER HANDSCHRIFTLICH
- SIGNIERT, NUMERIERT UND
- IN HALBLEDER GEBUNDEN.
-
-
-
-
- Anmerkungen zur Transkription
-
-
- Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Die
- Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.
-
- Korrekturen:
-
- S. 36: sogar → so gar
- Entschuldigen Sie, es ist {so gar} nicht interessant
-
- S. 37 überlege mir → überlege
- Ich {überlege} eine Weile und schreibe
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Der persische Orden, by Anton Tschechow
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER PERSISCHE ORDEN ***
-
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-Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
-Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
-www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
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-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
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-mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
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-locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
-Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
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-The Project Gutenberg EBook of Der persische Orden, by Anton Tschechow
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-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
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-
-
-Title: Der persische Orden
- und andere Grotesken
-
-Author: Anton Tschechow
-
-Illustrator: W. N. Massjutin
-
-Translator: Alexander Eliasberg
-
-Release Date: December 14, 2016 [EBook #53731]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER PERSISCHE ORDEN ***
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-
-Produced by The Online Distributed Proofreading Team at
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-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p class="h2">ANTON TSCHECHOW</p>
-
-<h1>Der Persische Orden</h1>
-
-<p class="center">und andere Grotesken</p>
-
-<p class="center">Mit<br />
-acht Holzschnitten<br />
-von</p>
-
-<p class="center larger">W. N. MASSJUTIN</p>
-
-<p class="center p2">1922</p>
-
-<p class="center">Welt-Verlag / Berlin
-</p>
-<hr class="chap" />
-</div>
-
-<div class="chapter">
-<p class="center">Deutsch von Alexander Eliasberg</p>
-
-<p class="center p2">
-Alle Rechte vorbehalten<br />
-<em class="gesperrt">Copyright by the Welt-Verlag 1922</em><br />
-Gedruckt bei Otto v. Holten, Berlin C.</p>
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-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_7">[7]</a></span></p>
-
-<h2><a id="Inhaltsverzeichnis">Inhaltsverzeichnis</a></h2>
-</div>
-<table summary="Inhalt">
-<tr>
-<td></td><td class="tdr">Seite</td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Der Persische Orden</td>
- <td class="tdr"><a href="#Der_Persische_Orden">9</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Die Simulanten</td>
- <td class="tdr"><a href="#Die_Simulanten">14</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Aus dem Tagebuch des zweiten Buchhalters</td>
- <td class="tdr"><a href="#Aus_dem_Tagebuch_des_zweiten_Buchhalters">20</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Ein böser Junge</td>
- <td class="tdr"><a href="#Ein_boeser_Junge">25</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Es war sie!</td>
- <td class="tdr"><a href="#Es_war_sie">30</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Ein jähzorniger Mensch</td>
- <td class="tdr"><a href="#Ein_jaehzorniger_Mensch">37</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Eine problematische Natur</td>
- <td class="tdr"><a href="#Eine_problematische_Natur">50</a></td>
-</tr>
-<tr>
-<td>Intrigen</td>
- <td class="tdr"><a href="#Intrigen">55</a></td>
-</tr>
-</table>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_9">[9]</a></span></p>
-
-<h2 id="Der_Persische_Orden">Der Persische Orden</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">In einer der diesseits des Urals gelegenen Städte verbreitete sich das Gerücht, daß
-dieser Tage im Hotel »Japan« der persische Würdenträger Rachat-Chelam abgestiegen
-sei. Dieses Gerücht machte auf die Bürger nicht den geringsten Eindruck:
-ein Perser ist angekommen, was ist denn dabei? Nur das Stadthaupt Stepan
-Iwanowitsch Kuzyn wurde, als er vom Sekretär des Magistrats über die Ankunft
-des Orientalen erfuhr, nachdenklich und fragte:</p>
-
-<p>»Wohin reist er denn?«</p>
-
-<p>»Ich glaube, nach Paris oder nach London.«</p>
-
-<p>»Hm! … Ist also ein großes Tier?«</p>
-
-<p>»Das weiß der Teufel.«</p>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-004.png" alt="" />
-</div>
-
-<p>Als das Stadthaupt aus dem Magistrat heimgekommen war und zu Mittag gegessen
-hatte, wurde es wieder nachdenklich und dachte diesmal bis zum Abend durch. Die
-Ankunft des vornehmen Persers intrigierte ihn außerordentlich. Er glaubte, das
-Schicksal selbst habe ihm diesen Rachat-Chelam gesandt und endlich sei der
-günstige Augenblick zur Verwirklichung seines sehnlichsten und leidenschaftlichsten
-Wunsches gekommen. Kuzyn besaß nämlich schon zwei Medaillen, den Stanislaus-Orden
-III. Klasse, die Denkmünze des Roten Kreuzes und das Abzeichen des
-»Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger«; außerdem hatte er sich ein Anhängsel für
-die Uhrkette machen lassen, das ein mit einer Gitarre gekreuztes goldenes Gewehr
-darstellte und das, aus dem Knopfloch seines Uniformrocks heraushängend, aus
-der Ferne wie etwas Besonderes aussah und als ein Ehrenzeichen angesehen werden
-konnte. Es ist bekannt, daß je mehr Orden und Medaillen einer hat, er um so mehr<span class="pagenum"><a id="Seite_10">[10]</a></span>
-weitere haben möchte, &ndash; das Stadthaupt wollte aber schon längst den Persischen
-Sonnen- und Löwenorden haben, er wollte es leidenschaftlich, wahnsinnig. Er
-wußte sehr gut, daß man zur Erlangung dieses Ordens weder kämpfen, noch Gelder
-für Waisenanstalten spenden, noch ein Ehrenamt bekleiden muß, sondern bloß
-einer günstigen Gelegenheit bedarf. Nun schien es ihm, daß diese Gelegenheit
-eingetreten sei.</p>
-
-<p>Am anderen Tag, um die Mittagsstunde, legte er alle seine Ehrenzeichen und die
-Uhrkette an und begab sich ins Hotel »Japan«. Das Schicksal war ihm günstig.
-Als er das Zimmer des vornehmen Persers betrat, war jener allein und unbeschäftigt.
-Rachat-Chelam, ein riesengroßer Asiate mit einer langen Schnepfennase und hervorstehenden
-Glotzaugen, saß, einen Fez auf dem Kopfe, auf dem Fußboden und wühlte
-in seinem Koffer.</p>
-
-<p>»Entschuldigen Sie gütigst die Belästigung«, begann Kuzyn mit einem Lächeln.
-»Habe die Ehre, mich vorzustellen: erblicher Ehrenbürger und Ritter verschiedener
-Orden, Stepan Iwanowitsch Kuzyn, der Bürgermeister dieser Stadt. Ich halte es
-für meine Pflicht, in Ihrer Person den Vertreter einer uns sozusagen freundnachbarlichen
-Großmacht zu begrüßen.«</p>
-
-<p>Der Perser wandte sich um und murmelte etwas in einem sehr schlechten Französisch,
-das wie Klopfen von Holz gegen Holz klang.</p>
-
-<p>»Die Grenzen Persiens«, fuhr Kuzyn in seiner vorher zurechtgelegten Ansprache
-fort, »berühren eng die Grenzen unseres ausgedehnten Vaterlandes, und die
-gegenseitigen Sympathien bewegen mich daher, Ihnen unsere Solidarität auszusprechen.«</p>
-
-<p>Der vornehme Perser erhob sich und murmelte wieder etwas, in seiner hölzernen
-Sprache. Kuzyn, der keine fremden Sprachen beherrschte, schüttelte den Kopf, um
-ihm zu bedeuten, daß er nichts verstehe.</p>
-
-<p>&ndash; Wie soll ich mit ihm reden? &ndash; dachte er sich. &ndash; Es wäre gut, einen Dolmetscher
-kommen zu lassen, aber es ist eine heikle Angelegenheit, und vor Zeugen kann ich
-darüber nicht gut sprechen. Der Dolmetscher wird es in der ganzen Stadt ausposaunen.&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_11">[11]</a></span></p>
-
-<p>Und Kuzyn fing an, alle Fremdworte zusammenzukramen, die er aus den Zeitungen
-wußte.</p>
-
-<p>»Ich bin Stadthaupt …« stammelte er. »Das heißt, Lord-Maire … Municipalé …
-Wui? Komprené?«</p>
-
-<p>Er wollte durch Worte und Mienenspiel seine gesellschaftliche Stellung erklären und
-wußte nicht, wie es zu machen. Zur Hilfe kam ihm das Bild mit der Unterschrift
-»Stadt Venedig«, das an der Wand hing. Er zeigte mit dem Finger auf die Stadt
-und dann auf seinen Kopf und glaubte auf diese Weise den Satz »Ich bin das Stadthaupt«
-ausgedrückt zu haben. Der Perser verstand absolut nichts, lächelte aber
-und sagte:</p>
-
-<p>»Bon, monsieur … bon&nbsp;…«</p>
-
-<p>Eine halbe Stunde später klopfte das Stadthaupt den Perser bald aufs Knie, bald
-auf die Schulter und sprach:</p>
-
-<p>»Komprené? Wui? Als Lord-Maire und Municipalé … schlage ich Ihnen vor, eine
-kleine Promenade zu machen … Komprené? Promenade&nbsp;…«</p>
-
-<p>Kuzyn wandte sich wieder der Ansicht Venedigs zu und stellte mittelst zweier Finger
-ein Paar schreitende Beine dar. Rachat-Chelam, der keinen Blick von seinen Medaillen
-wandte und offenbar ahnte, daß er die wichtigste Person der Stadt vor sich habe,
-begriff das Wort »Promenade« und grinste höflich. Dann zogen die beiden ihre
-Mäntel an und verließen das Zimmer. Unten vor der Tür zum Restaurant »Japan«
-sagte sich Kuzyn, daß es gar nicht schaden würde, den Perser zu bewirten. Er
-blieb stehen, zeigte auf die Tische und sagte:</p>
-
-<p>»Nach russischer Sitte, es wäre nicht schlecht … Ich meine: Purée, entre-côte …
-Champagne usw. … Komprené?«</p>
-
-<p>Der vornehme Gast kapierte es, und eine Weile später saßen die beiden im besten
-Extrazimmer des Restaurants, tranken Sekt und aßen.</p>
-
-<p>»Wollen wir auf das Gedeihen Persiens trinken!« sagte Kuzyn. »Wir Russen
-lieben die Perser. Wir sind zwar verschiedenen Glaubens, aber die gemeinsamen
-Interessen, sozusagen die gegenseitigen Sympathien … der Fortschritt … die
-asiatischen Märkte … sozusagen die friedlichen Eroberungen&nbsp;…«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_12">[12]</a></span></p>
-
-<p>Der vornehme Perser aß mit großem Appetit. Er bohrte seine Gabel in einen Störrücken,
-nickte mit dem Kopf und sagte:</p>
-
-<p>»Gut! Bien!«</p>
-
-<p>»Gefällt das Ihnen?« fragte das Stadthaupt erfreut. »Bien? Wunderschön!« Dann
-wandte er sich an den Kellner und sagte: »Luka, laß seiner Exzellenz zwei Störrücken
-aufs Zimmer bringen, von den besten!«</p>
-
-<p>Das Stadthaupt und der persische Würdenträger fuhren darauf die Menagerie besichtigen.
-Die Bürger sahen, wie ihr Stepan Iwanowitsch, rot vom getrunkenen Sekt, lustig
-und sehr zufrieden den Perser durch die Hauptstraßen der Stadt und auf den Markt führte
-und ihm die Sehenswürdigkeiten zeigte; er bestieg mit ihm auch den Feuerwachtturm.</p>
-
-<p>Die Bürger sahen u. a., wie er vor einem löwenflankierten steinernen Tore stehen
-blieb und dem Perser erst einen der Löwen und dann die Sonne am Himmel zeigte,
-sich dann auf die Brust tippte, dann wieder auf den Löwen und auf die Sonne wies,
-worauf der Perser bejahend mit dem Kopfe nickte und lächelnd seine weißen Zähne
-zeigte. Am Abend saßen die beiden im Hotel »London« und hörten einem Damenchor
-zu; wo sie aber in der Nacht waren, ist unbekannt.</p>
-
-<p>Am nächsten Morgen kam das Stadthaupt in den Magistrat; die Angestellten
-schienen schon etwas zu ahnen: der Sekretär ging auf ihn zu und sagte ihm mit
-einem spöttischen Lächeln:</p>
-
-<p>»Die Perser haben folgende Sitte: wenn zu Ihnen ein vornehmer Gast kommt, sind
-Sie verpflichtet, für ihn eigenhändig einen Hammel zu schlachten.«</p>
-
-<p>Etwas später reichte man ihm aber einen Brief, der mit der Post gekommen war.
-Kuzyn öffnete den Umschlag und fand darin eine Karikatur. Sie stellte Rachat-Chelam
-dar und das Stadthaupt, das vor ihm auf den Knien lag und, die Hände
-zu ihm emporstreckend, sagte:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Um Rußlands und des Perserreichs<br /></span>
-<span class="i0">Freundschaftsbeziehungen zu achten,<br /></span>
-<span class="i0">Würd' ich, Herr Botschafter, respektvoll grenzenlos<br /></span>
-<span class="i0">Mich selber gern als einen Hammel schlachten,<br /></span>
-<span class="i0">Doch Sie verzeih'n: ein Esel bin ich bloß!<br /></span>
-</div></div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_13">[13]</a></span></p>
-<p>Das Stadthaupt empfand ein unangenehmes Gefühl in der Herzgrube, es hielt aber
-nicht lange an. Um die Mittagsstunde war er schon wieder beim vornehmen Perser,
-bewirtete ihn wieder im Restaurant, zeigte ihm die Sehenswürdigkeiten der Stadt,
-führte ihn wieder vor das Löwentor und wies wieder bald auf den Löwen, bald
-auf die Sonne und bald auf seine Brust. Sie speisten im Hotel »Japan« und bestiegen
-nach dem Essen, mit Zigarren im Munde und geröteten strahlenden Gesichtern,
-wieder den Feuerwachtturm. Das Stadthaupt wollte wohl dem Gast ein
-seltenes Schauspiel bieten und rief von oben dem unten auf und ab gehenden
-Wächter zu:</p>
-
-<p>»Leute, Alarm!«</p>
-
-<p>Aber aus dem Alarm wurde nichts, da alle Feuerwehrleute sich um diese Stunde
-im Dampfbade befanden.</p>
-
-<p>Sie soupierten im Hotel »London«, und gleich darauf reiste der Perser ab. Stepan
-Iwanowitsch küßte ihn beim Abschied nach russischer Sitte dreimal und vergoß
-sogar einige Tränen. Als der Zug sich in Bewegung setzte, rief er ihm nach:</p>
-
-<p>»Grüßen Sie von uns Persien. Sagen Sie ihm, daß wir es lieben!«</p>
-
-<p>Ein Jahr und vier Monate waren vergangen. Es herrschten ein strenger Frost von
-etwa fünfunddreißig Grad, begleitet von einem durchdringenden Wind. Stepan
-Iwanowitsch ging durch die Straße, den Pelzmantel an der Brust geöffnet, und ärgerte
-sich furchtbar darüber, daß niemand ihm begegnete und seinen Sonnen- und Löwenorden
-sah. So ging er im offenen Pelz bis zum Abend und war ganz erfroren; in
-der Nacht aber wälzte er sich von der einen Seite auf die andere und konnte keinen
-Schlaf finden.</p>
-
-<p>Es war ihm schwer zumute, in seinem Innern brannte es, und sein Herz klopfte
-unruhig: jetzt gelüstete es ihn nach dem Serbischen Takowo-Orden. Es gelüstete
-ihn qualvoll und leidenschaftlich.</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_14">[14]</a></span></p>
-
-<h2 id="Die_Simulanten">Die Simulanten</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">Die Generalin Marfa Petrowna Petschonkina oder, wie die Bauern sie nennen,
-die Petschonkin'sche, die schon seit zehn Jahren die homöopathische Praxis
-ausübt, empfängt an einem Maidienstag in ihrem Kabinett Kranke. Sie hat vor sich
-auf dem Tisch einen homöopathischen Arzneikasten, ein Handbuch der Homöopathie
-und Rechnungen von der homöopathischen Apotheke. An der Wand hängen in goldenen
-Rahmen die Briefe irgendeines Petersburger Homöopathen, eines nach Ansicht
-Marfa Petrownas sehr berühmten und sogar großen Mannes und das Bildnis des Priesters
-P. Aristarch, dem die Generalin ihre Rettung zu verdanken hat: die Lossagung von
-der schädlichen Allopathie und die Erkenntnis der Wahrheit. Im Vorzimmer warten
-die Patienten, zum größten Teil Bauern. Sie alle sind mit Ausnahme von zwei oder
-drei barfuß, da die Generalin befohlen hat, die stinkenden Stiefel draußen zu lassen.</p>
-
-<p>Marfa Petrowna hat schon zehn Patienten abgefertigt und ruft den elften:</p>
-
-<p>»Gawrila Grusdj!«</p>
-
-<p>Die Tür geht auf, und statt des Gawrila Grusdj tritt ins Zimmer der Nachbar der
-Generalin, der verarmte Gutsbesitzer Samuchrischin, ein kleines altes Männchen
-mit trüben Augen und einer Mütze mit rotem Rand. Er stellt seinen Stock in die
-Ecke, geht auf die Generalin zu und sinkt vor ihr stumm auf ein Knie.</p>
-
-<p>»Was fällt Ihnen ein! Was fällt Ihnen ein, Kusjma Kusjmitsch!« entsetzt sich die
-Generalin, über und über rot. »Um Gottes Willen!«</p>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_15">[15]</a></span></p>
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-015.png" alt="" />
-</div>
-<p>»Solange ich lebe, stehe ich nicht auf!« sagt Samuchrischin, die Lippen an ihre
-Hand drückend. »Soll das ganze Volk sehen, wie ich vor Ihnen niederknie, Sie
-unser Schutzengel, Sie Wohltäterin des Menschengeschlechts! Sollen sie nur! Vor<span class="pagenum"><a id="Seite_17">[17]</a></span>
-der wohltätigen Fee, die mir das Leben geschenkt, den wahren Weg gewiesen und
-mein skeptisches Klügeln erleuchtet hat, will ich nicht nur auf den Knien, sondern
-auch in Flammen liegen, Sie unsere wunderbare Ärztin, Mutter der Armen und
-Verwitweten! Ich bin gesund geworden! Ich bin auferstanden, Zauberin!«</p>
-
-<p>»Es … es freut mich …!« murmelt die Generalin, vor Vergnügen errötend. »Es
-ist angenehm, so etwas zu hören … Setzen Sie sich bitte! Am vorigen Dienstag
-waren Sie aber so schwer krank!«</p>
-
-<p>»Ja, so schwer! Es wird mir bange, wenn ich daran zurückdenke!« sagt Samuchrischin,
-Platz nehmend. »In allen Körperteilen und Organen saß mir der Rheumatismus.
-Acht Jahre habe ich mich gequält und keine Ruhe gehabt … Weder bei
-Tag, noch bei Nacht, meine Wohltäterin! Ich habe mich von Ärzten behandeln
-lassen, habe Professoren in Kasan konsultiert, Moorbäder genommen und Brunnen
-getrunken, alles, alles habe ich ausprobiert! Mein ganzes Vermögen ist draufgegangen,
-Mütterchen. Die Ärzte haben mir aber nur geschadet, sie haben mir meine
-Krankheit ins Innere getrieben. Hineintreiben können sie wohl, aber wieder heraustreiben
-&ndash; das können sie nicht, so weit ist ihre Wissenschaft noch nicht … Sie lieben
-nur Geld zu nehmen, diese Räuber, was aber das Wohl der Menschheit betrifft, so
-kümmern sie sich darum nicht viel. Er verschreibt mir irgendeine Chiromantie,
-und ich muß sie trinken. Mit einem Worte, es sind Mörder. Wenn Sie nicht wären,
-mein Engel, so läge ich schon im Grabe! Wie ich am vorigen Dienstag von Ihnen
-heimkomme und mir diese Streukügelchen ansehe, die Sie mir gegeben haben, denke
-ich mir: ›Was können die nützen? Können denn diese kaum sichtbaren Sandkörnchen
-meine schwere, alte Krankheit heilen?‹ So denke ich mir, Kleingläubiger,
-und lächele; kaum habe ich aber so ein Kügelchen eingenommen, als meine ganze
-Krankheit im Nu verschwunden ist. Meine Frau glotzt mich an und traut ihren Augen
-nicht. ›Bist du es, Kolja?‹ &ndash; ›Ja, ich bin es.‹ Wir knieten beide vor dem Heiligenbilde
-nieder und beteten für unseren Engel: Herr, gib ihr alles, was wir ihr wünschen!«</p>
-
-<p>Samuchrischin wischt sich mit dem Ärmel die Augen ab, erhebt sich von seinem
-Stuhl und zeigt die Absicht, wieder niederzuknien, aber die Generalin hindert ihn
-daran und läßt ihn wieder Platz nehmen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_18">[18]</a></span></p>
-
-<p>»Danken Sie nicht mir,« sagt sie, vor Erregung errötend, mit einem Blick auf das
-Bildnis des P. Aristarch. »Nein, nicht mir! Ich bin hier nur ein gefügiges Werkzeug
-… Es ist wirklich ein Wunder! Ein vernachlässigter achtjähriger Rheumatismus
-ist nach einer einzigen Pille Skrophuloso vergangen!«</p>
-
-<p>»Sie waren so gütig, mir drei Kügelchen zu geben. Das eine nahm ich zu Mittag,
-und es wirkte sofort! Das andere nahm ich am Abend und das dritte am nächsten
-Tag, und seitdem spüre ich nichts mehr! Wenn es mich auch nur irgendwo zwicken
-wollte! Ich dachte aber schon an den Tod und hatte sogar meinem Sohne nach
-Moskau geschrieben, daß er kommen solle! Eine solche Weisheit hat Ihnen der
-Herr beschieden, Sie Wundertäterin! Jetzt fühle ich mich wie im Paradies … Am
-vorigen Dienstag, als ich bei Ihnen war, hinkte ich noch, jetzt könnte ich aber wie
-ein Hase hüpfen … Ich kann auch noch hundert Jahre leben. Nur eines bedrückt
-mich noch &ndash; meine große Armut. Ich bin zwar gesund, aber was taugt mir meine
-Gesundheit, wenn ich nicht habe, wovon zu leben? Die Not bedrückt mich noch
-schwerer als die Krankheit … Zum Beispiel eine solche Sache … Jetzt ist Zeit,
-Hafer zu säen, wie soll ich ihn aber säen, wenn ich keine Saat habe? Ich müßte
-welche kaufen, aber das Geld dazu … woher soll ich welches haben?«</p>
-
-<p>»Ich will Ihnen Hafer geben, Kusjma Kusjmitsch … Bleiben Sie nur sitzen! Sie
-haben mich so sehr erfreut, Sie haben mir solches Vergnügen bereitet, daß ich Ihnen
-danken muß, und nicht Sie mir!«</p>
-
-<p>»Sie, unsere Freude! Was für eine Herzensgüte der liebe Gott manchmal in die Welt
-setzt! Freuen Sie sich, Mütterchen, Ihrer guten Werke! Wir Sünder haben aber
-nichts, dessen wir uns freuen könnten … Wir sind kleine, kleinmütige, unnütze
-Menschen … Ameisen … Wir nennen uns nur Gutsbesitzer, in materieller Beziehung
-sind wir aber wie die Bauern, sogar noch schlimmer … Wir wohnen zwar in
-steinernen Häusern, aber es ist nur eine Fata Morgana, denn das Dach ist undicht,
-so daß es hineinregnet … Ich habe kein Geld, um Schindeln zu kaufen.«</p>
-
-<p>»Ich will Ihnen Schindeln geben, Kusjma Kusjmitsch.«</p>
-
-<p>Samuchrischin erbittet sich noch eine Kuh, einen Empfehlungsbrief für seine Tochter,
-die er ins Institut geben will, und ist von der Freigebigkeit der Generalin so gerührt,<span class="pagenum"><a id="Seite_19">[19]</a></span>
-daß er vor Überfluß an Gefühlen aufschluchzt, den Mund verzieht und sein Tuch
-aus der Tasche holt … Die Generalin sieht, wie zugleich mit dem Tuch aus
-seiner Tasche ein rotes Papierchen zum Vorschein kommt und lautlos auf den
-Boden fällt.</p>
-
-<p>»Mein Lebtag vergesse ich es nicht …« stammelt er. »Ich werde es auch meinen
-Kindern befehlen, auch meinen Enkeln … von Geschlecht zu Geschlecht … Kinder,
-das ist sie, die mich vom Tode errettet hat, sie, die&nbsp;…«</p>
-
-<p>Nachdem die Generalin den Patienten hinausbegleitet hat, sieht sie eine Minute lang
-mit tränenfeuchten Augen auf das Bild des P. Aristarch, läßt dann ihren freundlichen,
-andächtigen Blick über den Arzneikasten, die Handbücher, die Rechnungen und den
-Sessel schweifen, in dem eben der von ihr vom Tode errettete Mensch gesessen hat,
-und bemerkt schließlich das vom Patienten fallengelassene Papier. Die Generalin
-hebt das Papier auf und findet darin drei Streukügelchen, die gleichen Kügelchen,
-die sie am letzten Dienstag Samuchrischin gegeben hat.</p>
-
-<p>»Es sind dieselben …« sagt sie sich erstaunt. »Es ist sogar dasselbe Papier …
-Er hat es nicht mal entfaltet! Was hat er dann eingenommen? Sonderbar … Er
-wird mich doch nicht betrügen.«</p>
-
-<p>In die Seele der Generalin schleicht sich zum ersten Male in ihrer zehnjährigen
-Praxis ein Zweifel ein … Sie nimmt die folgenden Kranken vor und merkt, während
-sie mit ihnen über ihre Leiden spricht, manches, was sie bisher seltsamerweise überhört
-hat. Alle Kranken ohne Ausnahme preisen erst wie auf Verabredung ihre
-wunderbare Heilkunst, entzücken sich über ihre medizinische Weisheit, schimpfen
-auf die allopathischen Ärzte und beginnen dann, wenn sie vor Erregung rot geworden
-ist, mit der Schilderung ihrer Nöte. Der eine bittet um ein Stück Ackerland,
-der andere um Brennholz, der dritte um Erlaubnis, in ihren Waldungen zu
-jagen usw. Sie schaut auf das breite, gutmütige Antlitz des P. Aristarch, der ihr
-die Wahrheit offenbart hat, und eine neue Wahrheit beginnt ihr am Herzen zu
-nagen. Es ist eine unangenehme, schwere Wahrheit.</p>
-
-<p>Listig ist der Mensch!</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_20">[20]</a></span></p>
-
-<h2 id="Aus_dem_Tagebuch_des_zweiten_Buchhalters">Aus dem Tagebuch des zweiten Buchhalters</h2>
-</div>
-
-<p class="noind">1863, d. 11. Mai. Unser sechzigjähriger Buchhalter Glotkin hat anläßlich seines
-Hustens Milch mit Kognak getrunken und ist infolgedessen an Delirium tremens
-erkrankt. Die Ärzte behaupten mit der ihnen eigenen Sicherheit, daß er morgen
-sterben wird. Endlich werde ich erster Buchhalter werden! Diese Stelle ist mir
-schon längst versprochen.</p>
-
-<p>Der Sekretär Kleschtschow kommt vors Gericht, weil er einen Bittsteller verprügelt
-hat, der ihn einen Bürokraten nannte. Das scheint beschlossene Sache zu sein.</p>
-
-<p>Ich nahm eine Kräuterabkochung gegen Magenkatarrh ein.</p>
-
-<p>1865, d. 3. August. Der Buchhalter Glotkin ist wieder brustkrank. Er hustet und
-trinkt Milch mit Kognak. Wenn er stirbt, kriege ich seine Stelle. Ich hoffe darauf,
-aber meine Hoffnung ist schwach, denn das Delirium tremens scheint nicht immer
-tödlich zu sein!</p>
-
-<p>Kleschtschow hat einem Armenier einen Wechsel aus der Hand gerissen und vernichtet.
-Vielleicht kommt er deswegen vors Gericht.</p>
-
-<p>Eine Alte (Gurjewna) sagte mir gestern, ich hätte keinen Magenkatarrh, sondern
-versteckte Hämorrhoiden. Es ist sehr möglich!</p>
-
-<p>1867, d. 30. Juni. In Arabien herrscht, wie man berichtet, die Cholera. Vielleicht
-kommt sie auch nach Rußland, und dann wird es viel Vakanzen geben. Vielleicht
-wird der alte Glotkin sterben, und dann werde ich erster Buchhalter. Zäh ist der
-Mensch! So lange zu leben, ist, meiner Ansicht nach, sogar sträflich!</p>
-
-<p>Was soll ich noch gegen meinen Magenkatarrh einnehmen? Vielleicht Zitwersamen?</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_21">[21]</a></span></p>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-021.png" alt="" />
-</div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_23">[23]</a></span></p>
-<p>1870, d. 2. Januar. Im Hofe bei Glotkin hat die ganze Nacht ein Hund geheult.
-Meine Köchin Pelageja sagt, dies sei ein sicheres Zeichen, und ich sprach mit ihr
-bis zwei Uhr nachts darüber, daß ich mir, wenn ich erster Buchhalter geworden
-bin, einen Waschbärpelz und einen Schlafrock anschaffen werde. Vielleicht werde
-ich auch heiraten. Natürlich kein Mädchen, denn das steht mir bei meinem Alter
-nicht an, sondern eine Witwe.</p>
-
-<p>Gestern wurde Kleschtschow aus dem Klub hinausgeworfen, weil er einen unanständigen
-Witz erzählt und sich über den Patriotismus des Mitglieds der Handelsdeputation
-Ponjuchow lustig gemacht hat. Der letztere will ihn, wie man sagt,
-verklagen.</p>
-
-<p>Ich will mit meinem Magenkatarrh zu Doktor Botkin gehen. Man sagt, er behandele
-seine Patienten mit Erfolg&nbsp;…</p>
-
-<p>1878, d. 4. Juni. In Wetljanka herrscht, wie man schreibt, die Pest. Die Leute sterben
-wie die Fliegen. Glotkin trinkt aus diesem Grunde Pfefferschnaps. Aber einem
-solchen Greis wird der Pfefferschnaps kaum helfen. Wenn die Pest herkommt,
-werde ich sicher erster Buchhalter werden.</p>
-
-<p>1883, d. 4. Juni. Glotkin liegt im Sterben. Ich habe ihn besucht und ihn unter
-Tränen um Verzeihung gebeten, weil ich seinen Tod mit Ungeduld erwartet hatte.
-Er vergab es mir mit Tränen in den Augen und riet mir, gegen den Magenkatarrh
-Eichelkaffee zu trinken.</p>
-
-<p>Kleschtschow ist aber wieder beinahe vors Gericht gekommen: er hat ein entliehenes
-Klavier bei einem Juden versetzt. Trotzalledem hat er schon den Stanislausorden
-und den Rang eines Kollegienassessors. Es ist merkwürdig, was in dieser Welt
-nicht alles möglich ist!</p>
-
-<p>Ingwer 2 Solotnik, Galgant 1½ Solotnik, Königswasser 1 Solotnik, Drachenblut
-5 Solotnik; mischen, mit einer Flasche Schnaps ansetzen und jeden Morgen ein
-Weinglas nüchtern gegen den Magenkatarrh einnehmen.</p>
-
-<p>1883, d. 7. Juni. Gestern wurde Glotkin beerdigt. Der Tod dieses Greises gereichte
-mir nicht zum Segen! Er erscheint mir jede Nacht in einem weißen Gewand und
-winkt mit dem Finger. Wehe, wehe mir Verruchtem: erster Buchhalter bin nicht<span class="pagenum"><a id="Seite_24">[24]</a></span>
-ich, sondern Tschalikow. Die Stelle bekam nicht ich, sondern ein junger Mann,
-der von der Tante der Geheimrätin protegiert wird. Alle meine Hoffnungen sind
-dahin!</p>
-
-<p>1886, d. 10. Juni. Tschalikow ist seine Frau durchgebrannt. Der Ärmste ist außer
-sich. Vielleicht wird er vor Kummer Hand an sich legen. Wenn er es tut, bin ich
-erster Buchhalter. Man spricht schon darüber. Also ist die Hoffnung noch nicht
-verloren, man kann noch leben, vielleicht erlebe ich auch noch den Waschbärpelz.</p>
-
-<p>Was die Verheiratung betrifft, so bin ich nicht abgeneigt. Warum soll ich nicht
-heiraten, wenn sich eine gute Partie bietet, nur müßte ich mich mit jemand beraten;
-denn der Schritt ist ernst.</p>
-
-<p>Kleschtschow hat gestern mit dem Geheimrat Lirmans die Gummischuhe vertauscht.
-Ein Skandal!</p>
-
-<p>Der Portier Pajissij rät mir gegen den Magenkatarrh Sublimat einzunehmen. Ich
-will es versuchen.</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_25">[25]</a></span></p>
-
-<h2 id="Ein_boeser_Junge">Ein böser Junge</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">Iwan Iwanowitsch Lapkin, ein junger Mann von angenehmem Äußeren, und Anna
-Ssemjonowna Samblizkaja, ein junges Mädchen mit einer Stupsnase, gingen das
-steile Ufer hinunter und setzten sich auf die Bank. Die Bank stand am Wasser, im
-dichten jungen Weidengebüsch. Ein herrliches Plätzchen! Wenn man sich hersetzt,
-ist man von der ganzen Welt verborgen, nur die Fische und die Spinnen, die blitzschnell
-über das Wasser laufen, sehen einen. Die jungen Leute waren mit Angeln,
-Handnetzen, Regenwürmerbehältern und sonstigen Fischereigeräten ausgerüstet.
-Sie setzten sich und machten sich sofort an den Fischfang.</p>
-
-<p>»Ich bin so froh, daß wir endlich allein sind,« begann Lapkin, sich umsehend. »Ich
-habe Ihnen viel zu sagen, Anna Ssemjonowna … Sehr viel … Als ich Sie zum
-ersten Male sah … Eben beißt es bei Ihnen an … Ich begriff damals, wozu ich
-lebe, ich begriff, wo das Idol ist, dem ich mein ehrliches Arbeitsleben weihen muß …
-Ist wohl ein großer Fisch … er beißt an … Als ich Sie erblickte, lernte ich zum ersten
-Male die Liebe kennen, ich gewann Sie leidenschaftlich lieb! Ziehen Sie noch nicht …
-lassen Sie ihn noch einmal anbeißen … Sagen Sie mir, meine Teure, ich beschwöre
-Sie: darf ich auf Gegenliebe hoffen &ndash; nein, nicht auf Gegenliebe, das verdiene ich
-gar nicht, ich wage daran nicht mal zu denken, &ndash; sondern auf … Ziehen Sie!«</p>
-
-<p>Anna Ssemjonowna hob die Hand mit der Angelrute, zog sie mit einem Ruck heraus
-und schrie auf. In der Luft blitzte ein silberig-grünes Fischchen.</p>
-
-<p>»Mein Gott, ein Barsch! Ach, ach … Schneller! Er hat sich losgerissen!«</p>
-
-<p>Der Barsch riß sich vom Haken los, hüpfte über den Rasen zu seinem heimatlichen
-Element … und patsch &ndash; da war er schon im Wasser!</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_26">[26]</a></span></p>
-
-<p>Auf der Jagd nach dem Fisch ergriff Lapkin, statt des Fisches, aus Versehen die Hand
-Anna Ssemjonownas und drückte sie, gleichfalls aus Versehen, an seine Lippen …
-Sie versuchte, die Hand zurückzuziehen, aber es war schon zu spät: ihre Lippen trafen
-sich aus Versehen in einem Kuß. Das kam irgendwie ganz von selbst. Auf den ersten
-Kuß folgte ein zweiter, dann kamen Liebesschwüre und Versicherungen … Glückliche
-Augenblicke! In diesem Erdenleben gibt es übrigens kein absolutes Glück. Das
-Glück trägt gewöhnlich das Gift in sich selbst oder wird durch irgend etwas von außen
-vergiftet. So war es auch diesmal. Als die jungen Leute sich küßten, ertönte plötzlich
-ein Lachen. Sie blickten auf den Fluß und erstarrten: Im Flusse stand bis an die Hüften
-im Wasser ein nackter Junge. Es war der Gymnasiast Kolja, der Bruder Anna
-Ssemjonownas. Er stand im Wasser, sah die jungen Leute an und lächelte giftig.</p>
-
-<p>»Aha … ihr küßt euch?« sagte er. »Schön! Ich will es der Mama sagen.«</p>
-
-<p>»Ich hoffe, daß Sie als anständiger Mensch …« stammelte Lapkin errötend.</p>
-
-<p>»Spionieren ist gemein, denunzieren ist aber niederträchtig, häßlich und abscheulich
-… Ich nehme an, daß Sie als edler und anständiger Mensch&nbsp;…«</p>
-
-<p>»Geben Sie mir einen Rubel, dann sage ich es nicht!« antwortete der anständige
-Mensch. »Sonst sage ich es.«</p>
-
-<p>Lapkin holte aus der Tasche einen Rubel und gab ihn Kolja. Jener drückte den
-Rubel in der nassen Faust zusammen, stieß einen Pfiff aus und schwamm davon.
-Aber die jungen Leute küßten sich diesmal nicht mehr.</p>
-
-<p>Am anderen Tage brachte Lapkin Kolja aus der Stadt einen Tuschkasten und einen
-Ball, die Schwester schenkte ihm aber alle ihre leeren Pillenschachteln. Dann mußte
-man ihm auch noch die Manschettenknöpfe mit den Hundeköpfen schenken. Dem
-bösen Jungen gefiel es wohl sehr gut, und er fing an, um noch mehr zu kriegen,
-zu beobachten. Wohin sich auch Lapkin und Anna Ssemjonowna wandten, er
-folgte ihnen überall. Für keinen Augenblick ließ er sie allein.</p>
-
-<p>»Schuft«, sagte Lapkin zähneknirschend. »So klein und ein so großer Schuft!
-Was wird noch aus ihm werden?!«</p>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_27">[27]</a></span></p>
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-027.png" alt="" />
-</div>
-<p>Kolja ließ den ganzen Juni den armen Verliebten keine Ruhe. Er drohte mit einer
-Anzeige, beobachtete sie und forderte Geschenke; alles war ihm zu wenig, und<span class="pagenum"><a id="Seite_29">[29]</a></span>
-zuletzt brachte er die Rede auf eine Taschenuhr. Nun, man mußte ihm die Taschenuhr
-versprechen.</p>
-
-<p>Einmal beim Mittagessen, als eben Waffeln gereicht wurden, lachte er plötzlich auf,
-blinzelte mit einem Auge und fragte Lapkin:</p>
-
-<p>»Soll ich es sagen? Was?«</p>
-
-<p>Lapkin errötete furchtbar und begann statt an der Waffel an der Serviette zu kauen.</p>
-
-<p>Anna Ssemjonowna sprang auf und lief ins andere Zimmer.</p>
-
-<p>In dieser Lage blieben die jungen Leute bis Ende August, bis zu dem Tag, als
-Lapkin Anna Ssemjonowna endlich den Antrag machte. Was war das für ein
-glücklicher Tag! Nachdem er mit den Eltern der Braut alles besprochen und ihre
-Einwilligung erhalten hatte, lief Lapkin sofort in den Garten und begann Kolja zu
-suchen. Als er ihn fand, brach er vor Freude schier in Tränen aus und packte den
-bösen Jungen am Ohr. Auch Anna Ssemjonowna, die gleichfalls Kolja suchte,
-kam herbei und packte ihn am anderen Ohr. Man muß das Entzücken gesehen
-haben, das die Gesichter der Verliebten ausdrückten, als Kolja weinte und flehte:</p>
-
-<p>»Meine Lieben, meine Guten, ich tue es nicht mehr! Au, au, verzeiht mir!«</p>
-
-<p>Die beiden gestanden später, daß sie, solange sie heimlich verliebt gewesen waren,
-kein einziges Mal solches Glück, solche atembeklemmende Seligkeit empfunden
-hätten, wie in den Augenblicken, als sie den bösen Jungen an den Ohren rissen.</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_30">[30]</a></span></p>
-
-<h2 id="Es_war_sie">Es war sie!</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">»Erzählen Sie uns etwas, Pjotr Iwanowitsch!« sagten die jungen Mädchen.</p>
-
-<p>Der Oberst drehte seinen ergrauten Schnurrbart, räusperte sich und begann:</p>
-
-<p>»Es war im Jahre 1843, als unser Regiment bei Czenstochowa lag. Ich muß Ihnen
-sagen, meine Damen, der Winter war in jenem Jahre so streng, daß kein Tag verging,
-wo sich die Wachtposten nicht die Nasen abfroren oder der Sturm die Straßen
-nicht mit Schnee verschüttete. Der Frost hatte Ende Oktober eingesetzt und hielt bis zum
-April an. Damals, müssen Sie wissen, war ich nicht der alte verrauchte Pfeifenkopf
-wie jetzt, sondern ein junger Bursche wie Blut und Milch, mit einem Worte,
-ein schöner Mann. Ich zierte mich wie ein Pfau, gab das Geld mit beiden Händen
-aus und drehte meinen Schnurrbart wie kein anderer Fähnrich auf der Welt. Ich
-brauchte oft nur mit einem Auge zu blinzeln, mit der Spore zu klirren und einmal
-den Schnurrbart zu streichen, damit die stolzeste Schöne sich sofort in ein sanftes
-Lamm verwandle. Ich war scharf auf die Weiber, wie eine Spinne auf die Fliegen,
-und wenn ich jetzt Ihnen, meine Damen, alle die Polinnen und Jüdinnen aufzählen
-wollte, die mir seinerzeit an den Hals flogen, so würden, ich versichere Sie, alle
-Zahlen der Mathematik nicht reichen … Fügen Sie dem noch hinzu, daß ich
-Regimentsadjutant war, vorzüglich die Mazurka tanzte und mit einer allerliebsten
-Frau verheiratet war, Gott hab sie selig. Was ich für ein Taugenichts und ausgelassener
-Kerl war, &ndash; davon können Sie sich keinen Begriff machen! Wenn im
-Landkreise irgendeine tolle Liebesgeschichte passierte, wenn jemand einem Juden
-die Schläfenlocken ausriß oder einem polnischen Edelmann in die Fresse haute, so
-wußten alle sofort, daß Leutnant Wywertow es angestellt hatte.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_31">[31]</a></span></p>
-
-<p>»Als Regimentsadjutant mußte ich mich viel im ganzen Landkreise herumtreiben.
-Bald kaufte ich Hafer oder Heu ein, bald verkaufte ich den Juden und Gutsbesitzern
-unsere ausgemusterten Pferde, meistens aber fuhr ich, meine Damen, eine Dienstreise
-vortäuschend, zu einem Stelldichein mit irgendeinem polnischen Edelfräulein
-oder zu einem reichen Gutsbesitzer, bei dem man Karten spielte … In der Nacht
-vor Weihnachten fuhr ich einmal, ich erinnere mich, als wäre es eben gewesen,
-aus Czenstochowa ins Dorf Schewelki, wohin man mich in einer dienstlichen
-Angelegenheit geschickt hatte … Der Frost war so grimmig, daß sogar die Pferde
-husteten und ich und mein Fuhrmann in einer halben Stunde zu zwei Eiszapfen
-geworden waren … Mit dem Frost konnte man sich noch befreunden, aber denken
-Sie sich nur, auf dem halben Wege erhebt sich plötzlich ein Schneesturm. Der
-Schnee wirbelte und kreiste wie der Teufel vor der Ostermesse, der Wind heulte,
-als hätte man ihm seine Frau genommen, die Straße war verschwunden … In
-kaum zehn Minuten waren wir alle &ndash; ich, der Fuhrmann und die Pferde &ndash; über
-und über mit Schnee bedeckt.</p>
-
-<p>›Euer Wohlgeboren, wir haben den Weg verloren!‹ sagte der Fuhrmann.</p>
-
-<p>›Hol dich der Teufel! Wie hast du aufgepaßt, du Tölpel? Nun, fahre jetzt geradeaus,
-vielleicht stoßen wir auf eine Menschenwohnung!‹</p>
-
-<p>»Wir fuhren und fuhren, immer im Kreise herum, und so gegen Mitternacht
-stießen unsere Pferde an das Tor eines Gutshofes, der, ich erinnere mich noch,
-einem Grafen Bojadlowski, einem reichen Polen gehörte. Die Polen und die Juden
-sind für mich dasselbe wie Meerrettich nach dem Essen, aber ich muß die Wahrheit
-sagen: die polnischen Edelleute sind gastfreundlich, und es gibt keine heißeren
-Weiber als junge Polinnen&nbsp;…</p>
-
-<p>»Man ließ uns ein … Der Graf Bojadlowski lebte damals in Paris, und uns
-empfing sein Verwalter, der Pole Kasimir Chapzinski. Ich erinnere mich, es war
-keine Stunde vergangen, als ich schon in der Wohnung des Verwalters saß, seiner
-Frau den Hof machte, trank und Karten spielte. Als ich fünf Dukaten gewonnen
-und genug getrunken hatte, bat ich um ein Nachtlager. Da es im Verwalterflügel
-keinen Platz gab, wies man mir ein Zimmer im gräflichen Herrenhause an.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_32">[32]</a></span></p>
-
-<p>›Fürchten Sie Gespenster?‹ fragte mich der Verwalter, mich in ein kleines Zimmer
-geleitend, das neben einem riesengroßen Saal voller Kälte und Finsternis lag.</p>
-
-<p>›Gibt es denn hier Gespenster?‹ fragte ich, während ein dumpfes Echo meine Worte
-und Schritte wiederholte.</p>
-
-<p>›Ich weiß es nicht,‹ antwortete der Pole lachend, ›aber mir scheint, daß es ein für
-Gespenster und unsaubere Geister außerordentlich geeigneter Ort ist.‹</p>
-
-<p>»Ich hatte ordentlich getrunken und war besoffen wie vierzigtausend Schuster,
-aber diese Worte machten mich, offen gestanden, erschauern. Hol mich der Teufel,
-lieber sind mir hundert Tscherkessen als ein einziges Gespenst! Es war aber nichts
-zu machen, ich zog mich aus und legte mich hin … Meine Kerze erleuchtete die
-Wände mit schwachem Lichte, an den Wänden hingen aber, stellen Sie es sich
-nur vor, Ahnenbilder, eines schrecklicher als das andere, altertümliche Waffen,
-Jagdhörner und ähnliche phantastische Dinge … Es herrschte eine Grabesstille,
-nur im Nebensaale piepsten die Mäuse und knisterten die trockenen Möbel.
-Draußen war aber die Hölle los … Der Wind sang jemand die Totenmesse, die
-Bäume bogen sich heulend und weinend; irgendein Teufelsding, wahrscheinlich
-ein Laden, quietschte jämmerlich und klopfte gegen den Fensterrahmen. Denken
-Sie sich hinzu, daß mir der Kopf schwindelte und sich zugleich mit meinem Kopf
-die ganze Welt drehte … Wenn ich die Augen schloß, war es mir, als flöge mein
-Bett durch das ganze leere Haus und tanze mit den Gespenstern einen Reigen.
-Um meine Angst zu vermindern, blies ich vor allen Dingen die Kerze aus, da die
-leeren Zimmer bei Licht viel schrecklicher erscheinen als im Finsteren&nbsp;…«</p>
-
-<p>Die drei jungen Mädchen, die dem Oberst zuhörten, rückten zu ihm näher heran
-und bohrten in ihn ihre unbeweglichen Blicke.</p>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_33">[33]</a></span></p>
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-033.png" alt="" />
-</div>
-
-<p>»Nun«, fuhr der Oberst fort, »wie sehr ich mich auch bemühte, einzuschlafen, der
-Schlaf floh meine Lider. Bald schien es mir, daß Diebe durchs Fenster eindringen,
-bald hörte ich ein Flüstern, bald berührte jemand meine Schulter, &ndash; kurz, mir
-schwebte der ganze Teufelsspuk vor, den jedermann kennt, der einmal nervös erregt
-war. Nun stellen Sie sich vor, daß ich plötzlich mitten in diesem Teufelsspuk
-und Chaos von Tönen deutlich ein Geräusch erkenne, das wie Schlürfen von<span class="pagenum"><a id="Seite_35">[35]</a></span>
-Pantoffeln klingt. Ich spitze die Ohren und, &ndash; was glauben Sie wohl? &ndash; ich höre,
-wie jemand vor meine Türe tritt, hustet, die Türe aufmacht&nbsp;…</p>
-
-<p>›Wer ist da?‹ frage ich, mich aufrichtend.</p>
-
-<p>›Ich bin es … fürchte dich nicht!‹ antwortet eine weibliche Stimme.</p>
-
-<p>»Ich ging zur Tür … Es vergingen einige Sekunden, und plötzlich fühlte ich, wie
-sich mir zwei Frauenarme, so weich wie Eiderdaunen, auf die Schultern legten.</p>
-
-<p>›Ich liebe dich … Du bist mir teurer als das Leben,‹ sagte eine melodische Frauenstimme.</p>
-
-<p>»Heißer Atem berührte meine Wange … Ich vergaß den Schneesturm, die Gespenster
-und alles in der Welt und umschlang mit meiner Hand eine Taille … was
-für eine Taille! Eine solche Taille kann die Natur nur auf besondere Bestellung,
-einmal in zehn Jahren anfertigen … Schlank, wie gedrechselt, heiß und leicht wie
-der Atem eines Säuglings! Ich konnte mich nicht beherrschen und drückte sie fest
-in meinen Armen zusammen … Unsere Lippen vereinigten sich in einem festen,
-langen Kusse, und … ich schwöre Ihnen bei allen Frauen der Welt, ich werde jenen
-Kuß bis an mein Ende nicht vergessen.«</p>
-
-<p>Der Oberst verstummte, trank ein halbes Glas Wasser aus und fuhr mit gedämpfter
-Stimme fort:</p>
-
-<p>»Als ich am nächsten Morgen zum Fenster hinausblickte, sah ich, daß der Schneesturm
-noch stärker geworden war … Weiterfahren war ganz unmöglich. So mußte
-ich den ganzen Tag beim Verwalter sitzen, Karten spielen und trinken. Abends
-war ich wieder im leeren Hause und umschlang Schlag Mitternacht wieder die mir
-bekannte Taille … Ja, meine Damen, wenn nicht die Liebe, so wäre ich wohl vor
-Langeweile verreckt. Oder hätte mich zu Tode gesoffen.«</p>
-
-<p>Der Oberst seufzte, stand auf und ging schweigend durchs Zimmer.</p>
-
-<p>»Nun … und weiter?« fragte eines der jungen Mädchen, ganz atemlos vor Erwartung.</p>
-
-<p>»Gar nichts. Am anderen Tage war ich schon unterwegs.«</p>
-
-<p>»Aber … wer war denn die Dame?« fragten die jungen Mädchen zögernd.</p>
-
-<p>»Es versteht sich doch von selbst, wer es war!«</p>
-
-<p>»Nein, nichts versteht sich von selbst!«</p>
-
-<p>»Es war meine Frau!«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_36">[36]</a></span></p>
-
-<p>Alle drei junge Mädchen sprangen wie von einer Schlange gebissen auf.</p>
-
-<p>»Das heißt … wieso denn?« fragten sie.</p>
-
-<p>»Ach, mein Gott, was ist denn daran so unverständlich?« fragte der Oberst ärgerlich
-und zuckte die Achseln. »Ich glaube, ich habe mich klar genug ausgedrückt! Ich
-war doch mit meiner Frau nach Schewelki gefahren … Sie übernachtete im leeren
-Hause im Nebenzimmer … Es ist doch vollkommen klar!«</p>
-
-<p>»Hm …« versetzten die jungen Mädchen und ließen enttäuscht die Arme sinken.</p>
-
-<p>»Die Geschichte hat so schön angefangen, aber das Ende ist Gott weiß wie …
-Ihre Frau … Entschuldigen Sie, es ist <span id="corr036">so gar</span> nicht interessant und … auch gar
-nicht geistreich.«</p>
-
-<p>»Sonderbar! Sie wollen also, daß es nicht meine rechtmäßige Frau gewesen sei,
-sondern irgendeine Fremde! Ach, meine Damen! Wenn Sie jetzt so urteilen, was
-werden Sie erst sagen, wenn Sie einmal verheiratet sind?«</p>
-
-<p>Die jungen Mädchen wurden verlegen und verstummten. Sie machten unzufriedene
-Mienen, zogen die Stirnen kraus und fingen an, gänzlich enttäuscht, laut zu gähnen …
-Beim Abendbrot aßen sie nichts, kneteten Kügelchen aus Brot und schwiegen.</p>
-
-<p>»Nein, es ist sogar … gewissenslos!« platzte eine von ihnen heraus. »Was brauchten
-Sie es uns erzählen, wenn die Geschichte ein solches Ende hat? Es ist gar nicht
-schön … Es ist sogar unerhört!«</p>
-
-<p>»Sie haben so vielversprechend angefangen und plötzlich abgebrochen …« fügte
-eine andere hinzu. »Es ist einfach Hohn und sonst nichts.«</p>
-
-<p>»Na, na, na … ich habe nur gescherzt …« versetzte der Oberst. »Seien Sie nicht
-böse, meine Damen, ich habe nur Spaß gemacht. Es war nicht meine Frau, sondern
-die des Verwalters&nbsp;…«</p>
-
-<p>»Ja?!«</p>
-
-<p>Die jungen Mädchen wurden plötzlich lustig, ihre Augen fingen zu leuchten an …
-Sie rückten zum Obersten heran, schenkten ihm immer neuen Wein ein und überschütteten
-ihn mit Fragen. Die Langweile war verschwunden, auch das Abendbrot
-war bald verschwunden, denn die jungen Mädchen aßen plötzlich mit großem
-Appetit.</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_37">[37]</a></span></p>
-
-<h2 id="Ein_jaehzorniger_Mensch">Ein jähzorniger Mensch</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">Ich bin ein ernster Mensch, und mein Geist hat eine philosophische Richtung. Von
-Beruf bin ich Finanzwissenschaftler, ich studiere Finanzrecht und schreibe eine
-Dissertation über das Thema: »Vergangenheit und Zukunft der Hundesteuer«. Man
-wird mir zugeben müssen, daß mich alle die jungen Mädchen, die Lieder, der Mond
-und sonstige Dummheiten absolut nichts angehen.</p>
-
-<p>Zehn Uhr früh. Meine Mama schenkt mir Kaffee ein. Ich trinke ihn aus und gehe
-auf den Balkon, um mich sofort an meine Dissertation zu machen. Ich nehme einen
-reinen Bogen, tauche die Feder ins Tintenfaß und male die Überschrift: »Vergangenheit
-und Zukunft der Hundesteuer«. Ich <span id="corr037">überlege</span> eine Weile und schreibe:
-»Historischer Überblick. Aus einigen Andeutungen bei Herodot und Xenophon zu
-schließen, datieren die Anfänge der Hundesteuer&nbsp;…«</p>
-
-<p>In diesem Augenblick höre ich aber höchst verdächtige Schritte. Ich schaue von
-meinem Balkon hinunter und erblicke ein junges Mädchen mit langem Gesicht und langer
-Taille. Sie heißt, glaube ich, Nadenjka oder Warenjka; übrigens ist es mir vollkommen
-gleich. Sie sucht etwas, tut so, als sähe sie mich nicht und summt vor sich hin:</p>
-
-<p>»Gedenkst du noch der Weise voller Sehnsucht&nbsp;…«</p>
-
-<p>Ich lese das Geschriebene durch und will fortfahren, aber das junge Mädchen tut
-so, als hätte sie mich plötzlich bemerkt und spricht mit trauriger Stimme:</p>
-
-<p>»Guten Morgen, Nikolai Andrejewitsch! Denken Sie sich nur, dieses Unglück!
-Gestern beim Spazierengehen verlor ich ein Anhängsel von meinem Armband.«</p>
-
-<p>Ich lese den Anfang meiner Dissertation noch einmal durch, korrigiere die Öse beim
-Buchstaben »b« und will weiter schreiben, aber das junge Mädchen läßt nicht locker.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_38">[38]</a></span></p>
-
-<p>»Nikolai Andrejewitsch,« sagt sie, »seien Sie so gut und begleiten Sie mich nach
-Hause. Die Karelins haben einen großen Hund, und ich kann mich nicht entschließen,
-allein vorbeizugehen.«</p>
-
-<p>Nichts zumachen. Ich lege die Feder weg und gehe hinunter. Nadenjka oder
-Warenjka nimmt mich unter den Arm, und wir schlagen den Weg zu ihrer Landwohnung
-ein.</p>
-
-<p>Wenn mich die Pflicht trifft, mit einer Dame oder mit einem Mädchen Arm in Arm
-zu gehen, so fühle ich mich aus irgendeinem Grunde immer wie ein Haken, an
-den man einen schweren Pelz gehängt hat; Nadenjka oder Warenjka ist aber,
-unter uns gesagt, leidenschaftlicher Natur (ihr Großvater war Armenier), sie hat
-die Fähigkeit, sich mit der ganzen Schwere ihres Körpers an meinen Arm zu
-hängen und schmiegt sich an meine Seite wie ein Blutegel. So gehen wir&nbsp;…</p>
-
-<p>Wie wir am Landhause der Karelins vorbeikommen, sehe ich einen großen Hund,
-und dieser ruft mir die Hundesteuer in Erinnerung. Ich denke mit Sehnsucht an
-die angefangene Arbeit und seufze.</p>
-
-<p>»Warum seufzen Sie?« fragt mich Nadenjka oder Warenjka und stößt auch selbst
-einen Seufzer aus.</p>
-
-<p>Hier muß ich etwas einschalten. Nadenjka oder Warenjka (jetzt besinne ich mich,
-daß sie Maschenjka heißt) hat sich aus irgendeinem Grunde eingebildet, daß ich
-in sie verliebt sei, und hält es daher für eine Pflicht der Menschenliebe, mich immer
-mitleidsvoll anzublicken und meine Herzenswunde durch Worte zu heilen.</p>
-
-<p>»Hören Sie einmal,« sagt sie stehenbleibend, »ich weiß, warum Sie seufzen. Sie
-sind verliebt, ja! Aber ich bitte Sie bei unserer Freundschaft, versichert zu sein,
-daß das Mädchen, das Sie lieben, Sie tief achtet! Sie kann Ihnen Ihre Liebe nicht
-mit dem gleichen Gefühl beantworten, aber ist es denn ihre Schuld, daß ihr Herz
-schon längst einem anderen gehört?«</p>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_39">[39]</a></span></p>
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-039.png" alt="" />
-</div>
-
-<p>Maschenjkas Nase wird rot und schwillt an, ihre Augen füllen sich mit Tränen;
-sie scheint auf meine Antwort zu warten, aber zum Glück sind wir schon am
-Ziel … Auf der Veranda sitzt Maschenjkas Mama, eine gute Frau, doch voller
-Vorurteile; als sie das erregte Gesicht ihrer Tochter sieht, heftet sie einen langen<span class="pagenum"><a id="Seite_41">[41]</a></span>
-Blick auf mich und seufzt, als wollte sie sagen: »Ach, diese Jugend versteht sich nicht
-mal zu verstellen!« Außer ihr sitzen auf der Veranda mehrere junge bunte Mädchen
-und unter ihnen mein Sommernachbar, der verabschiedete Offizier, der im letzten
-Kriege an der linken Schläfe und an der rechten Hüfte verwundet worden ist.
-Dieser Unglückliche will gleich mir den Sommer einer literarischen Arbeit weihen.
-Er schreibt an den »Memoiren eines Militärs«. Gleich mir macht er sich jeden
-Morgen an seine jede Achtung verdienende Arbeit, aber kaum hat er die Worte
-geschrieben: »Ich bin geboren im Jahre …«, als unter seinem Balkon irgendeine
-Warenjka oder Maschenjka erscheint und den armen Kerl mit Beschlag belegt.</p>
-
-<p>Alle, die auf der Veranda sitzen, sind mit dem Putzen irgendwelcher dummer,
-zum Einkochen bestimmter Beeren beschäftigt. Ich grüße und will mich entfernen,
-aber die bunten jungen Mädchen nehmen mir quietschend meinen Hut und
-Stock weg und verlangen, daß ich bleibe. Ich setze mich. Man gibt mir einen
-Teller mit Beeren und eine Haarnadel. Ich beginne zu putzen.</p>
-
-<p>Die bunten jungen Mädchen sprechen über die Männer. Der eine sei nett, der
-andere hübsch, aber unsympathisch, der dritte häßlich, der vierte wäre nicht übel,
-wenn seine Nase nicht einem Fingerhut gliche usw.</p>
-
-<p>»Und Sie, Monsieur Nicolas,« wendet sich an mich Maschenjkas Mama, »sind nicht
-hübsch, aber sympathisch … In Ihrem Gesicht ist etwas … Übrigens,« seufzt
-sie, »ist die Hauptsache am Manne nicht die Schönheit, sondern der Geist.«</p>
-
-<p>Die jungen Mädchen seufzen und schlagen die Augen nieder. Auch sie sind damit
-einverstanden, daß die Hauptsache am Manne nicht die Schönheit, sondern der
-Geist sei. Ich schiele nach dem Spiegel, um mich zu überzeugen, inwiefern ich
-sympathisch bin. Ich sehe einen zerzausten Kopf, einen zerzausten Bart und Schnurrbart,
-Augenbrauen, Haare an den Wangen, Haare unter den Augen, ein ganzer Wald,
-aus dem wie ein Turm meine solide Nase ragt. Hübsch, das muß man sagen!</p>
-
-<p>»Dafür schlagen Sie die anderen mit dem Seelischen, Nicolas,« seufzt Maschenjkas
-Mama, als bekräftige sie einen heimlichen Gedanken.</p>
-
-<p>Maschenjka leidet mit mir mit, zugleich scheint ihr aber das Bewußtsein, daß ihr
-gegenüber ein in sie verliebter Mensch sitzt, einen großen Genuß zu verschaffen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_42">[42]</a></span></p>
-
-<p>Als die Männer erledigt sind, beginnen die jungen Mädchen über die Liebe zu
-sprechen. Nachdem dieses Gespräch eine Weile gedauert hat, steht eines der jungen
-Mädchen auf und geht. Die Zurückgebliebenen beginnen sie sofort durchzuhecheln.
-Alle finden, sie sei dumm, unerträglich und abstoßend häßlich und eines ihrer
-Schulterblätter sitze nicht an der richtigen Stelle.</p>
-
-<p>Da kommt aber, Gott sei Dank, das von meiner Mama geschickte Dienstmädchen
-und ruft mich zum Essen. Nun darf ich die unangenehme Gesellschaft verlassen
-und heimgehen, um meine Dissertation weiter zu schreiben. Ich stehe auf und
-mache eine Verbeugung. Maschenjkas Mama, Maschenjka selbst und alle die bunten
-jungen Mädchen umringen mich und erklären, daß ich kein Recht habe, heimzugehen,
-da ich ihnen gestern mein Ehrenwort gegeben hätte, mit ihnen zu Mittag
-zu essen und nach dem Essen in den Wald auf die Pilzsuche zu gehen. Ich verbeuge
-mich und setze mich wieder … In meiner Seele kocht der Haß, und ich fühle, daß
-ich bald für mich nicht mehr einstehen können werde, daß es gleich zu einer Explosion
-kommen müsse, aber meine Höflichkeit und die Angst, den guten Ton zu
-verletzen, zwingen mich, mich den Damen zu fügen. Und ich füge mich.</p>
-
-<p>Wir setzen uns an den Tisch. Der verwundete Offizier, der infolge der Verwundung
-an der Schläfe eine Kontraktion der Kiefern hat, ißt mit einer Miene, als wäre er
-aufgezäumt und hätte eine Kandare im Munde. Ich knete Kügelchen aus Brot,
-denke an die Hundesteuer und bemühe mich, da ich meinen jähzornigen Charakter
-kenne, zu schweigen. Maschenjka blickt mich voller Mitleid an. Es gibt eine kalte
-Sauerampfersuppe, Zunge mit jungen Erbsen, Brathuhn und Kompott. Ich habe
-keinen Appetit, esse aber aus Höflichkeit. Wie ich nach dem Essen allein auf der
-Veranda stehe und rauche, kommt auf mich Maschenjkas Mama zu, drückt mir
-die Hände und spricht um Atem ringend:</p>
-
-<p>»Verzweifeln Sie aber nicht, Nicolas … Sie hat ein so empfindsames Herz …
-ein solches Herz!«</p>
-
-<p>Wir gehen in den Wald auf die Pilzsuche … Maschenjka hängt an meinem Arm und
-saugt sich an meiner Seite fest. Ich leide unmenschlich, dulde es aber.</p>
-
-<p>Wir kommen in den Wald.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_43">[43]</a></span></p>
-
-<p>»Hören Sie einmal, Monsieur Nicolas,« beginnt Maschenjka seufzend: »Warum
-sind Sie so traurig? Warum schweigen Sie?«</p>
-
-<p>Ein sonderbares Mädchen: worüber könnte ich denn mit ihr sprechen? Was haben
-wir gemein?</p>
-
-<p>»Sagen Sie doch etwas …« bittet sie.</p>
-
-<p>Ich bemühe mich, etwas Populäres auszudenken, was ihren Begriffen zugänglich
-wäre. Nachdem ich eine Weile nachgedacht habe, sage ich:</p>
-
-<p>»Die Ausrottung der Wälder fügt Rußland einen großen Schaden zu&nbsp;…«</p>
-
-<p>»Nicolas!« seufzt Maschenjka, und ihre Nase wird rot. »Nicolas, ich sehe, Sie
-weichen einer offenen Aussprache aus … Sie wollen mich wohl durch Ihr Schweigen
-strafen … Ihr Gefühl bleibt unerwidert, und Sie wollen den Schmerz stumm, in
-der Einsamkeit tragen … das ist schrecklich. Nicolas!« ruft sie aus und packt
-mich plötzlich bei der Hand, und ich sehe, wie ihre Nase zu schwellen beginnt.
-»Was würden Sie sagen, wenn das Mädchen, das Sie lieben, Ihnen die ewige
-Freundschaft anbieten würde?«</p>
-
-<p>Ich murmele etwas Zusammenhangloses, denn ich weiß absolut nicht, was ich ihr
-sagen könnte … Erlauben Sie doch: erstens liebe ich kein Mädchen in der Welt,
-zweitens, was brauche ich die ewige Freundschaft? Drittens bin ich sehr jähzornig.
-Maschenjka oder Warenjka bedeckt das Gesicht mit den Händen und sagt leise,
-wie zu sich selbst:</p>
-
-<p>»Er schweigt … Offenbar verlangt er ein Opfer von mir. Aber ich kann ihn doch
-nicht lieben, wenn ich immer noch den anderen liebe! Übrigens … ich will es mir
-überlegen … Gut, ich werde es mir überlegen … Ich werde alle Kräfte meiner
-Seele sammeln und vielleicht um den Preis meines Glückes diesen Menschen von
-seinen Leiden erlösen!«</p>
-
-<p>Ich verstehe nichts. Es ist eine Art Kabbala für mich. Wir gehen weiter und
-sammeln Pilze. Wir schweigen die ganze Zeit. Maschenjkas Gesicht drückt einen
-inneren Kampf aus. Ich höre Hundegebell: das bringt mir meine Dissertation in
-Erinnerung, und ich seufze laut auf. Zwischen den Baumstämmen erblicke ich den
-verwundeten Offizier. Der Ärmste hinkt schmerzvoll rechts und links: rechts hat<span class="pagenum"><a id="Seite_44">[44]</a></span>
-er seine verwundete Hüfte, links hängt eines der bunten jungen Mädchen. Sein
-Gesicht drückt Demut vor dem Schicksal aus.</p>
-
-<p>Aus dem Walde kehren wir ins Haus zurück und trinken Tee. Dann spielen wir
-Krocket und hören zu, wie eines der bunten jungen Mädchen das Lied singt: »Nein,
-du liebst mich nicht, nein, nein!« Beim Worte »nein« verzieht sie den Mund bis
-zu den Ohren.</p>
-
-<p>»Charmant!« stöhnen die übrigen Mädchen. »Charmant!«</p>
-
-<p>Der Abend bricht an. Hinter dem Gebüsch kommt ein ekelhafter Mond zum Vorschein.
-Die Luft ist still, und es riecht unangenehm nach frischgemähtem Heu.
-Ich nehme meinen Hut und will gehen.</p>
-
-<p>»Ich muß Ihnen etwas sagen,« flüstert mir Maschenjka bedeutungsvoll zu. »Gehen
-Sie nicht.«</p>
-
-<p>Mir schwant etwas übles. Aber aus Höflichkeit bleibe ich doch. Maschenjka ergreift
-meinen Arm und führt mich die Allee entlang. Jetzt drückt schon ihre ganze Figur
-einen Kampf aus. Sie ist blaß, atmet schwer und scheint die Absicht zu haben, mir
-meinen rechten Arm abzureißen. Was hat sie bloß?</p>
-
-<p>»Hören Sie …« murmelt sie. »Nein, ich kann nicht … Nein&nbsp;…«</p>
-
-<p>Sie will etwas sagen, kann sich aber nicht entschließen. Da sehe ich es aber
-ihrem Gesicht an, daß sie sich doch entschlossen hat. Mit funkelnden Augen und
-geschwollener Nase ergreift sie plötzlich meine Hand und sagt schnell:</p>
-
-<p>»Nicolas, ich bin die Ihre! Lieben kann ich Sie nicht, aber ich verspreche Ihnen
-Treue!«</p>
-
-<p>Dann schmiegt sie sich an meine Brust und prallt plötzlich zurück.</p>
-
-<p>»Da kommt wer …« flüstert sie. »Leb wohl … Morgen um elf werde ich im
-Gartenhäuschen sein … Leb wohl!«</p>
-
-<p>Und sie verschwindet. Ohne etwas zu verstehen, klopfenden Herzens gehe ich
-heim. Mich erwartet die »Vergangenheit und Zukunft der Hundesteuer«, aber ich
-bin nicht mehr imstande zu arbeiten. Ich rase. Man darf wohl sagen, ich bin
-erschreckend. Hol der Teufel, ich werde es nicht dulden, daß man mich wie
-einen grünen Jungen behandelt! Ich bin jähzornig, und es ist gefährlich, mit mir zu<span class="pagenum"><a id="Seite_45">[45]</a></span>
-spaßen! Als das Dienstmädchen hereinkommt, um mich zum Abendbrot zu
-rufen, schreie ich sie an: »Hinaus!« Mein jähzorniger Charakter verspricht wenig
-Gutes.</p>
-
-<p>Der nächste Morgen. Es ist ein echtes Sommerfrischenwetter, d. h. Temperatur
-unter Null, durchdringender kalter Wind, Regen, Schmutz und Naphthalingeruch,
-da meine Mama ihre warmen Mäntel aus dem Korb geholt hat. Ein teuflischer
-Morgen. Es ist der 7. August 1887, als die berühmte Sonnenfinsternis stattfand.
-Ich muß bemerken, daß bei einer Sonnenfinsternis ein jeder von uns, auch ohne
-Astronom zu sein, großen Nutzen bringen kann. So kann ein jeder: 1) den Durchmesser
-der Sonne und des Mondes bestimmen, 2) die Korona skizzieren, 3) die
-Temperatur messen, 4) während der Verfinsterung die Tiere und die Pflanzen
-beobachten, 5) seine eigenen Empfindungen aufschreiben u. s. w. Das alles ist so
-wichtig, daß ich mich entschloß, die »Vergangenheit und Zukunft der Hundesteuer«
-beiseite zu lassen und die Sonnenfinsternis zu beobachten. Wir alle standen sehr
-früh auf. Die ganze bevorstehende Arbeit verteilte ich auf folgende Weise: ich bestimme
-den Durchmesser der Sonne und des Mondes, der verwundete Offizier
-zeichnet die Korona, alles übrige übernehmen aber Maschenjka und die bunten
-jungen Mädchen. Nun sind wir alle versammelt und warten.</p>
-
-<p>»Wieso entsteht eine Sonnenfinsternis?« fragt mich Maschenjka.</p>
-
-<p>Ich antworte:</p>
-
-<p>»Eine Sonnenfinsternis kommt zustande, wenn der Mond, die Ebene der Ekliptik
-durchlaufend, auf die Linie zu stehen kommt, die die Mittelpunkte der Sonne und
-des Mondes verbindet.«</p>
-
-<p>»Was ist die Ekliptik?«</p>
-
-<p>Ich erkläre es ihr. Maschenjka hört mir aufmerksam zu und fragt:</p>
-
-<p>»Kann man durch ein angerußtes Glas die Linie sehen, die die Mittelpunkte der
-Sonne und des Mondes verbindet?«</p>
-
-<p>Ich antworte ihr, daß es eine gedachte Linie ist.</p>
-
-<p>»Wenn sie nur gedacht ist,« wundert sich Maschenjka, »wie kann dann der Mond
-auf ihr Platz finden?«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_46">[46]</a></span></p>
-
-<p>Ich gebe ihr keine Antwort. Ich fühle, wie diese naive Frage meine Leber schwellen
-macht.</p>
-
-<p>»Es ist lauter Unsinn,« sagt Maschenjkas Mama. »Man kann doch nicht wissen,
-was kommen wird, auch sind Sie noch nie im Himmel gewesen; woher wollen Sie
-dann wissen, was mit dem Monde und der Sonne geschehen wird? Hirngespinste!«</p>
-
-<p>Da rückt aber ein schwarzer Fleck über die Sonne. Allgemeiner Aufruhr. Kühe,
-Schafe und Pferde rasten mit erhobenen Schwänzen, vor Angst brüllend, über das
-Feld. Die Hunde heulten. Die Wanzen bildeten sich ein, daß die Nacht angebrochen
-sei: sie kamen aus ihren Ritzen gekrochen und fingen an, die noch Schlafenden
-zu beißen. Der Diakon, der gerade mit einer Ladung Gurken heimfuhr,
-erschrak, sprang aus dem Wagen und verkroch sich unter die Brücke, sein Pferd
-fuhr aber mit dem Wagen in einen fremden Hof, wo die Gurken von den Schweinen
-gefressen wurden. Ein Akzisebeamter, der nicht bei sich zu Hause, sondern bei
-einer Sommerfrischlerin übernachtete, sprang in Unterwäsche aus dem Hause, lief
-in die Menge und schrie mit wilder Stimme:</p>
-
-<p>»Rette sich, wer kann!«</p>
-
-<p>Viele Sommerfrischlerinnen, selbst junge und hübsche, stürzten, vom Lärm geweckt,
-ohne Schuhe auf die Straße. Es passierte noch manches andere, was ich gar nicht
-wiedergeben kann.</p>
-
-<p>»Ach, wie schrecklich!« kreischen die bunten jungen Mädchen. »Ach, wie
-schrecklich!«</p>
-
-<p>»Meine Damen, beobachten Sie doch!« rufe ich ihnen zu, »die Zeit ist kostbar!«</p>
-
-<p>Ich selbst beeile mich, die Durchmesser festzustellen … Ich besinne mich auf die
-Korona und suche mit den Blicken den verwundeten Offizier. Er steht da und
-tut nichts.</p>
-
-<p>»Was haben Sie?« schreie ich. »Was ist denn mit der Korona?«</p>
-
-<p>Er zuckt die Achseln und weist mit den Blicken hilflos auf seine Arme. Der Ärmste
-hat an beiden Armen je ein junges Mädchen hängen; sie schmiegen sich an ihn
-voller Angst und lassen ihn nicht arbeiten. Ich nehme einen Bleistift und notiere
-die Stunde mit den Sekunden. Das ist wichtig. Ich notiere auch die geographische<span class="pagenum"><a id="Seite_47">[47]</a></span>
-Lage des Beobachtungspunktes. Auch das ist wichtig. Nun will ich den Durchmesser
-bestimmen, da ergreift aber Maschenjka meine Hand und sagt:</p>
-
-<p>»Vergessen Sie also nicht: heute um elf!«</p>
-
-<p>Ich befreie meine Hand und will, jede Sekunde ausnützend, meine Beobachtungen
-fortsetzen, aber Maschenjka hängt sich mir krampfhaft an den Arm und schmiegt
-sich an meine Seite. Der Bleistift, die Gläser, die Zeichnungen, &ndash; alles fällt ins
-Gras. Teufel nocheinmal! Dieses Mädchen könnte doch wirklich endlich begreifen,
-daß ich jähzornig bin und, wenn ich einmal rasend geworden, für mich
-nicht einstehe.</p>
-
-<p>Ich will fortfahren, die Sonnenfinsternis ist aber schon zu Ende!</p>
-
-<p>»Schauen Sie mich doch an!« flüstert sie zärtlich.</p>
-
-<p>Oh, das ist schon der Gipfel der Verhöhnung! Man wird doch zugeben, daß ein
-solches Spiel mit der menschlichen Geduld nur ein übles Ende nehmen kann. Man
-mache mir keine Vorwürfe, wenn etwas Schreckliches geschieht! Ich werde es
-niemand gestatten, mich zu verhöhnen, Teufel nocheinmal, und wenn ich rasend
-bin, möchte ich niemand raten, mir nahe zu kommen! Ich bin zu allem fähig!</p>
-
-<p>Eines der jungen Mädchen sieht es wohl meinem Gesicht an, daß ich rasend bin
-und sagt, offenbar mit der Absicht, mich zu besänftigen:</p>
-
-<p>»Nikolai Andrejewitsch, ich habe Ihren Auftrag ausgeführt. Ich habe die Säugetiere
-beobachtet. Ich sah, wie vor der Sonnenfinsternis ein grauer Hund einer
-Katze nachlief und hinterher lange mit dem Schweif wedelte.«</p>
-
-<p>So ist aus der Sonnenfinsternis nichts geworden. Ich begebe mich nach Hause.
-Da es regnet, gehe ich nicht auf den Balkon arbeiten. Der verwundete Offizier
-hat sich aber auf seinem Balkon hinausgewagt und sogar geschrieben: »Ich bin
-geboren im Jahre …«; nun sehe ich aus meinem Fenster, wie eines der jungen
-Mädchen ihn zu sich in die Landwohnung schleppt. Ich kann nicht arbeiten, denn
-ich bin noch immer rasend und habe Herzklopfen. Ins Gartenhäuschen gehe ich
-nicht. Es ist zwar unhöflich, aber ich kann doch nicht bei Regen hingehen! Um
-die Mittagstunde bekomme ich einen Brief von Maschenjka; er enthält Vorwürfe,
-die Bitte, ins Gartenhäuschen zu kommen und ist per »du« geschrieben. Um eins<span class="pagenum"><a id="Seite_48">[48]</a></span>
-bekomme ich einen zweiten Brief, um zwei einen dritten … Ich muß gehen.
-Bevor ich hingehe, muß ich mir aber überlegen, worüber ich mit ihr sprechen
-werde. Ich will wie ein anständiger Mensch handeln. Erstens werde ich ihr sagen,
-sie habe gar keinen Grund sich einzubilden, daß ich sie liebe. Solche Sachen
-sagt man übrigens einer Dame nicht. Einer Dame zu sagen: »Ich liebe Sie nicht,«
-ist dasselbe, wie einem Schriftsteller zu sagen: »Sie verstehen nicht zu schreiben.«
-Ich will Maschenjka lieber meine Ansichten über die Ehe darlegen. Ich ziehe einen
-warmen Mantel an, nehme den Regenschirm und gehe ins Gartenhäuschen. Da
-ich mein jähzorniges Wesen kenne, fürchte ich, zu viel zu sagen. Ich werde mir
-Mühe geben, mich zu beherrschen.</p>
-
-<p>Im Gartenhäuschen werde ich erwartet. Maschenjka ist blaß und hat verweinte Augen.
-Als sie mich erblickt, schreit sie freudig auf, fällt mir um den Hals und sagt:</p>
-
-<p>»Endlich! Du spielst mit meiner Geduld. Hör, ich habe die ganze Nacht nicht
-geschlafen … Habe immer überlegt. Mir scheint, daß ich dich, wenn ich dich näher
-kennen lerne, … lieb gewinnen werde&nbsp;…«</p>
-
-<p>Ich setze mich hin und beginne ihr meine Ansichten über die Ehe darzulegen. Um
-nicht zu weit zu gehen und mich kürzer zu fassen, beginne ich mit einem historischen
-Überblick. Ich spreche von der Ehe bei den Indern und den Ägyptern und komme
-dann auf die späteren Perioden zu sprechen; bringe auch einige Gedanken Schopenhauers.
-Maschenjka hört mir aufmerksam zu, hält es aber plötzlich, gegen jede Logik
-verstoßend, für nötig, mich zu unterbrechen.</p>
-
-<p>»Nicolas, küsse mich!« sagt sie mir.</p>
-
-<p>Ich bin verdutzt und weiß nicht, was ich ihr sagen soll. Sie wiederholt ihre Aufforderung.
-Nichts zu machen, ich stehe auf und drücke meine Lippen auf ihr langes
-Gesicht, wobei ich dasselbe empfinde, was ich als Kind empfunden habe, als ich bei
-der Totenmesse meine verstorbene Großmutter küssen mußte. Aber Maschenjka
-begnügt sich nicht mit dem Kuß, sondern steht auf und umarmt mich sehr
-leidenschaftlich. In diesem Augenblick erscheint in der Tür des Gartenhäuschens
-Maschenjkas Mama. Sie macht ein erschrockenes Gesicht, sagt zu jemand: »Pst!«
-und verschwindet wie Mephistopheles in der Versenkung.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_49">[49]</a></span></p>
-
-<p>Ratlos und rasend gehe ich heim. Zu Hause treffe ich Maschenjkas Mama, die mit
-Tränen in den Augen meine Mama umarmt, während meine Mama weinend sagt:</p>
-
-<p>»Ich habe es selbst gewünscht!«</p>
-
-<p>Dann &ndash; wie gefällt Ihnen das? &ndash; dann geht Maschenjkas Mama auf mich zu, umarmt
-mich und sagt:</p>
-
-<p>»Gott wird euch segnen! Pass auf, hab sie lieb … Vergiß nicht, daß sie sich dir
-zum Opfer bringt&nbsp;…«</p>
-
-<p>Nun werde ich verheiratet. Während ich dies schreibe, stehen vor mir die Trauzeugen
-und treiben mich zur Eile an. Diese Menschen kennen meinen Charakter
-wirklich nicht! Ich bin ja jähzornig und kann für mich nicht einstehen! Hol der
-Teufel, ihr werdet sehen, was noch kommen wird! Einen jähzornigen Menschen
-zum Traualtar zu schleppen ist meiner Ansicht nach ebenso gescheit, wie die Hand
-zu einem rasenden Tiger in den Käfig zu stecken. Wir werden sehen, wir werden
-sehen, was noch kommen wird!</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>So bin ich verheiratet. Alle gratulieren mir, und Maschenjka schmiegt sich immer
-an mich und spricht:</p>
-
-<p>»Begreife doch, daß du jetzt mein bist! Sag doch, daß du mich liebst! Sag!«</p>
-
-<p>Dabei schwillt ihr die Nase.</p>
-
-<p>Von den Trauzeugen erfuhr ich, daß der verwundete Offizier auf eine höchst
-geschickte Weise den Ehebanden entronnen ist. Er stellte dem bunten jungen
-Mädchen ein ärztliches Zeugnis bei, welches besagte, daß er infolge der Verwundung
-an der Schläfe geistig unnormal sei und daher laut Gesetz nicht heiraten dürfe.
-Eine Idee! Auch ich könnte so ein Zeugnis beistellen. Ein Onkel von mir war
-Quartalsäufer, ein anderer Onkel war auffallend zerstreut (einmal stülpte er sich
-statt einer Mütze einen Damenmuff über den Kopf), eine Tante spielte viel Klavier
-und zeigte bei Begegnungen mit Männern ihnen die Zunge. Zudem ist mein außerordentlich
-jähzorniger Charakter &ndash; ein höchst verdächtiges Symptom. Warum
-kommen aber die guten Ideen so spät? Ja, warum?</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_50">[50]</a></span></p>
-
-<h2 id="Eine_problematische_Natur">Eine problematische Natur</h2>
-</div>
-
-<p class="drop">Ein Coupé erster Klasse.</p>
-
-<p>Auf dem mit himbeerrotem Samt bezogenen Divan liegt ein hübsches junges
-Dämchen.</p>
-
-<p>Der kostbare befranste Fächer kracht in ihrer krampfhaft zusammengedrückten Hand,
-der Zwicker rutscht jeden Augenblick von ihrem hübschen Näschen, die Brosche
-an ihrer Brust hebt und senkt sich wie ein Nachen inmitten der Wellen. Sie ist
-sehr aufgeregt … Ihr gegenüber sitzt der Beamte für besondere Aufträge beim
-Gouverneur, ein junger angehender Schriftsteller, der im Gouvernements-Amtsblatte
-kleine Novellen aus den höheren Kreisen erscheinen läßt … Er schaut ihr unverwandt
-mit einer Kennermiene ins Gesicht. Er beobachtet, er studiert, er sucht diese
-exzentrische, problematische Natur zu ergründen, er hat sie schon beinahe erfaßt …
-Ihre Seele, ihre ganze Psychologie sind ihm vollkommen klar.</p>
-
-<p>»Oh, ich verstehe Sie!« sagt der Beamte für besondere Aufträge, ihre Hand in der
-Nähe des Armbandes küssend. »Ihre empfindliche, empfängliche Seele sucht einen
-Ausgang aus dem Labyrinth … Gewiß! Es ist ein ungeheuer schrecklicher Kampf,
-aber … verzagen Sie nicht! Sie werden siegen! Ganz bestimmt!«</p>
-
-<p>»Beschreiben Sie mich doch, Woldemar!« spricht das Dämchen mit einem traurigen
-Lächeln. »Mein Leben ist so voll, so abwechselungsreich, so bunt … Die Hauptsache
-aber ist, daß ich unglücklich bin! Ich bin eine Märtyrerin im Stile Dostojewskijs
-… Zeigen Sie der Welt meine Seele, Woldemar, zeigen Sie ihr diese arme
-Seele! Sie sind ein Psycholog. Es ist kaum eine Stunde her, daß wir hier im Coupé
-sitzen und sprechen, Sie aber haben mich schon ganz erfaßt!«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_51">[51]</a></span></p>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-051.png" alt="" />
-</div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_53">[53]</a></span></p>
-<p>»Sprechen Sie! Ich beschwöre Sie, sprechen Sie doch!«</p>
-
-<p>»Hören Sie. Ich stamme aus einer armen Beamtenfamilie. Mein Vater war ein
-guter Kerl, gescheit, aber … der Geist der Zeit und des Milieus … vous comprenez,
-ich klage meinen armen Vater nicht an. Er trank, spielte Karten … nahm
-Bestechungsgelder an … Auch die Mutter … Was soll ich davon sprechen! Die
-Not, der Kampf um ein Stück Brot, das Bewußtsein seiner Nichtigkeit … Ach,
-zwingen Sie mich nicht, diese Erinnerungen aufzufrischen! Ich mußte mir selbst
-meinen Weg bahnen … Die entsetzliche Institutserziehung, die Lektüre dummer
-Romane, die Verirrungen der Jugend, die erste scheue Liebe … Und der Kampf
-mit dem Milieu? Schrecklich! Und die Zweifel? Und die Qualen der beginnenden
-Enttäuschung am Leben und an sich selbst? … Ach! Sie sind Schriftsteller und
-kennen uns Frauen. Sie werden es begreifen … Zu meinem Unglück bin ich mit
-einer breiten Natur begabt … Ich wartete auf ein Glück, und auf was für eines! Ich
-lechzte danach, Mensch zu sein! Ja! Mensch zu sein, darin sah ich mein Glück!«</p>
-
-<p>»Sie Herrliche!« stammelt der Schriftsteller, ihr die Hand in der Nähe des Armbandes
-küssend. »Nicht Sie küsse ich, Sie wunderbares Geschöpf, sondern das
-menschliche Leid! Erinnern Sie sich an Raskolnikow? Er küßte so.«</p>
-
-<p>»Oh, Woldemar! Ich lechzte nach Ruhm … nach rauschendem Leben und Glanz
-wie jede &ndash; warum soll ich bescheiden sein? &ndash; wie jede nicht ganz gewöhnliche
-Natur. Ich lechze nach Ungewöhnlichem … gar nicht Weiblichem! Und … Und …
-ich stieß auf meinem Wege auf einen reichen alten General … Begreifen Sie mich
-doch, Woldemar! Es war ja Selbstaufopferung, Entsagung, begreifen Sie mich! Ich
-konnte nicht anders. Ich versorgte meine Angehörigen, ich machte Reisen, ich tat
-Gutes … Wie litt ich aber dabei, wie unerträglich und erniedrigend gemein erschienen
-mir die Umarmungen jenes Generals, obwohl er, das muß man ihm lassen, seinerzeit
-im Kriege große Tapferkeit gezeigt hat. Es gab Minuten … schreckliche Minuten!
-Mich hielt aber der Gedanke aufrecht, daß der Alte heute oder morgen stirbt, daß
-ich dann nach meinem Wunsche leben, mich einem geliebten Menschen hingeben
-und glücklich sein werde … Ich habe aber einen solchen Menschen, Woldemar!
-Gott weiß es, daß ich einen solchen habe!«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_54">[54]</a></span></p>
-
-<p>Das Dämchen schwingt energisch den Fächer. Ihr Gesicht nimmt einen weinerlichen
-Ausdruck an.</p>
-
-<p>»Nun ist der Alte tot … Er hat mir einiges Vermögen hinterlassen, ich bin so frei
-wie ein Vogel. Nun kann ich glücklich werden … Nicht wahr, Woldemar? Das
-Glück klopft an meine Tür. Ich brauche es nur hereinlassen, aber … nein! Woldemar,
-hören Sie, ich beschwöre Sie! Jetzt sollte ich mich doch dem geliebten Menschen
-hingeben, seine Freundin werden, seine Helferin, die Trägerin seiner Ideale, glücklich
-sein … ausruhen … Aber wie gemein, häßlich und dumm ist doch alles in dieser
-Welt! So niederträchtig ist alles, Woldemar! Ich bin unglücklich, unglücklich,
-unglücklich! Auf meinem Wege erhebt sich ein neues Hindernis! Wieder fühle
-ich, daß mein Glück fern, ach, so fern ist! Ach, diese Qual, wenn Sie nur wüßten,
-welch eine Qual!«</p>
-
-<p>»Was ist es denn? Was ist es für ein Hindernis? Ich beschwöre Sie, sagen Sie es
-mir! Was ist es?«</p>
-
-<p>»Ein anderer reicher Alter&nbsp;…«</p>
-
-<p>Der zerbrochene Fächer verdeckt das hübsche Gesicht. Der Schriftsteller stützt
-seinen gedankenschweren Kopf in die Hand, seufzt und beginnt mit der Miene
-eines Kenners und Psychologen zu grübeln. Die Lokomotive pfeift und faucht,
-die Fenstervorhänge röten sich im Lichte der untergehenden Sonne&nbsp;…</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_55">[55]</a></span></p>
-
-<h2 id="Intrigen">Intrigen</h2>
-</div>
-
-<ul class="index">
-<li>a) Wahl des Vereinsvorsitzenden.</li>
-<li>b) Erörterung des Zwischenfalles vom 2. Oktober.</li>
-<li>c) Referat des ordentlichen Vereinsmitgliedes Dr. M. N. von Bronn.</li>
-<li>d) Laufende Vereinsangelegenheiten.</li>
-</ul>
-
-<p>Doktor Schelestow, der Urheber des Zwischenfalles vom 2. Oktober, macht sich
-bereit, in diese Sitzung zu gehen; er steht schon lange vor dem Spiegel und bemüht
-sich, seinem Gesicht einen matten Ausdruck zu verleihen. Wenn er in der Sitzung
-mit einem aufgeregten, gespannten, roten oder allzublassen Gesicht erscheint,
-werden sich seine Feinde einbilden können, daß er ihren Intrigen allzuviel Bedeutung
-beimesse; wenn aber sein Gesicht kalt, leidenschaftslos, gleichsam verschlafen sein
-wird, wie bei Menschen, die über der Menge stehen und vom Leben ermüdet sind,
-so werden diese Feinde bei seinem Anblick Respekt vor ihm empfinden und sich
-denken:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Sein unbeugsames Haupt ragt höher als das Denkmal<br /></span>
-<span class="i0">Des Siegers, der Napoleon bezwang!<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Als ein Mensch, der sich für seine Feinde und ihre Ränke sehr wenig interessiert,
-wird er in die Sitzung später als alle kommen. Er wird lautlos in den Saal treten,
-sich mit einer müden Gebärde das Haar zurechtstreichen und sich, ohne jemand
-anzublicken, ans äußerste Ende des Tisches setzen. Er wird die Pose eines gelangweilten
-Zuhörers annehmen, kaum merklich gähnen, irgendeine Zeitung vom Tische
-nehmen und lesen … Alle werden reden, streiten, sich ereifern, einander zur Ordnung
-rufen, er aber wird schweigen und in die Zeitung blicken. Endlich wird aber<span class="pagenum"><a id="Seite_56">[56]</a></span>
-sein Name immer häufiger genannt werden und die brennende Frage in Weißglut
-übergehen; er wird seine gelangweilten, müden Augen auf die Kollegen heben und
-wie widerwillig sagen:</p>
-
-<p>»Man zwingt mich zu sprechen … Ich habe mich darauf nicht vorbereitet, meine
-Herren, verzeihen Sie mir darum, wenn meine Rede etwas mangelhaft ausfallen
-wird. Ich will ab ovo anfangen … In der letzten Sitzung haben gewisse verehrte
-Kollegen erklärt, daß ich mich bei Konsilien nicht so benehme, wie sie es gerne
-möchten, und von mir Erklärungen verlangt. Da ich alle Erklärungen für überflüssig
-und die gegen mich erhobenen Vorwürfe für unbegründet hielt, bat ich, mich
-aus dem Verein auszuschließen, und verließ die Sitzung. Aber jetzt, wo gegen mich
-eine neue Serie von Anklagen erhoben wird, sehe ich zu meinem Leidwesen ein,
-daß ich dennoch zu Erklärungen greifen muß. Ich will also solche abgeben.«</p>
-
-<p>Dann wird er, zerstreut mit dem Bleistifte oder mit der Uhrkette spielend, sagen,
-daß er bei den Konsilien oft tatsächlich die Stimme erhoben und die Kollegen unterbrochen
-habe, ohne sich um die Gegenwart Fremder zu kümmern; es sei auch
-wahr, daß er bei einem Konsilium den Patienten in Gegenwart der Ärzte und der
-Angehörigen gefragt habe: »Welcher Dummkopf hat Ihnen Opium verschrieben?«
-Fast kein einziges Konsilium sei ohne einen Zwischenfall abgelaufen … Aber
-warum? Sehr einfach. Bei jedem Konsilium müsse er, Schelestow, über das tiefe
-Niveau der Fachkenntnisse seiner Kollegen staunen. Es gäbe in der Stadt zweiunddreißig
-Ärzte, und die meisten von ihnen wüßten weniger als jeder Student im
-ersten Semester. Nach Beispielen brauche man nicht weit zu gehen. Nomina sunt,
-natürlich, odiosa, aber in der Sitzung sei man doch unter sich, also könne er, um
-nicht abstrakt zu sein, die Namen nennen. Allen sei es z. B. bekannt, daß der
-verehrte Herr Kollege von Bronn der Beamtenfrau Sserjoschkina mit einer Sonde
-die Speiseröhre durchbohrt habe&nbsp;…</p>
-
-<p>Der Kollege von Bronn wird in diesem Augenblick aufspringen, die Hände über
-dem Kopfe zusammenschlagen und aufschreien:</p>
-
-<p>»Herr Kollege, Sie haben sie durchbohrt und nicht ich! Sie! Und ich werde es
-Ihnen beweisen!«</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_57">[57]</a></span></p>
-
-<p>Schelestow wird ihm nicht die geringste Beachtung schenken und fortfahren:</p>
-
-<p>»Es ist auch allen bekannt, daß der verehrte Kollege Schila bei der Schauspielerin
-Semiramidina eine Wanderniere für einen Abszeß angesehen und einen Probedurchstich
-gemacht hat, was sehr bald zu einem exitus letalis führte. Der verehrte
-Kollege Besstrunko hat, statt einen Nagel an der großen Zehe des linken Fußes
-zu exstirpieren, den gesunden Nagel am rechten Fuß exstirpiert. Ich darf auch nicht
-den Fall unerwähnt lassen, wo unser verehrter Herr Kollege Tercharjanz dem
-Soldaten Iwanow die Eustachischen Röhren mit solchem Eifer katheterisierte, daß
-dem Patienten beide Trommelfelle platzten. Bei dieser Gelegenheit will ich noch
-erwähnen, daß derselbe Kollege einem Patienten beim Zahnziehen den Unterkiefer
-ausgerenkt hat und ihn nicht früher wieder einrenken wollte, als bis der Patient
-sich bereit erklärte, ihm für das Einrenken fünf Rubel zu bezahlen. Der verehrte
-Kollege Kurizyn ist mit einer Nichte des Apothekers Grummer verheiratet
-und hat mit ihm ein gewisses Abkommen getroffen. Es ist auch allen bekannt,
-daß unser Vereinssekretär, der junge Kollege Skoropalitelnyj mit der Gattin unseres
-verehrten Herrn Vorsitzenden Gustav Gustavowitsch Prechtel ein Verhältnis hat&nbsp;…</p>
-
-<p>Vom tiefen Niveau des Wissens bin ich allmählich auf Verstöße gegen die ethischen
-Grundsätze zu sprechen gekommen. Um so besser. Die Ethik ist unser wunder
-Punkt, meine Herren, und um nicht abstrakt zu sprechen, will ich Ihnen unseren verehrten
-Kollegen Pusyrkow nennen, der bei einer Namenstagsfeier bei der Oberstenwitwe
-Treschtschinskaja erzählt hat, daß nicht Skoropalitelnyj das Verhältnis mit
-der Gattin unseres Vorsitzenden habe, sondern ich! Das wagt derselbe Herr
-Pusyrkow zu sagen, den ich im vorigen Jahre mit der Gattin unseres verehrten
-Kollegen Snobisch erwischt habe! Übrigens, Dr. Snobisch … Wer genießt das
-Renommee eines Arztes, von dem sich behandeln zu lassen für die Damen nicht
-ganz ungefährlich ist? &ndash; Snobisch … Wer hat eine Kaufmannstochter wegen
-der Mitgift geheiratet? &ndash; Snobisch! Was aber unseren verehrten Vorsitzenden betrifft,
-so treibt er heimlich Homöopathie und bekommt von den Preußen Geld für
-Spionage. Ein preußischer Spion &ndash; das ist schon wirklich ultima ratio!«</p>
-
-<p>Ärzte, die klug und als gewandte Redner erscheinen möchten, gebrauchen immer<span class="pagenum"><a id="Seite_58">[58]</a></span>
-diese beiden lateinischen Ausdrücke: »nomina sunt odiosa« und »ultima ratio«.
-Schelestow wird nicht nur lateinisch, sondern auch französisch und deutsch, in jeder
-beliebigen Sprache sprechen! Er wird alle bezichtigen und allen Intriganten die
-Masken herunterreißen; der Vorsitzende wird müde werden, die Glocke zu
-schwingen, die verehrten Kollegen werden von ihren Plätzen aufspringen und mit
-den Händen fuchteln … Die Kollegen mosaischer Konfession werden sich zu
-einem Haufen zusammendrängen und ein Geschrei erheben.</p>
-
-<p>Schelestow wird aber, ohne jemand anzublicken, fortfahren:</p>
-
-<p>»Was aber unseren Verein betrifft, so muß er bei dem jetzigen Mitgliederbestand und
-den jetzt herrschenden Ordnungen unbedingt zugrunde gehen. Alles ist darin ausschließlich
-auf Intrigen begründet. Intrigen, Intrigen und Intrigen! Als eines der
-Opfer dieser einen großen, teuflischen Intrige halte ich mich für verpflichtet, folgendes
-zu erklären:«</p>
-
-<p>Er wird reden, und seine Partei wird applaudieren und sich triumphierend die
-Hände reiben. Unter einem unbeschreiblichen Lärm und Donner wird man zur
-Wahl des Vorsitzenden schreiten. Von Bronn &amp; Co. werden ihren ganzen Einfluß
-für Prechtel einsetzen, aber das Publikum und die wohlgesinnten Ärzte werden sie
-auszischen und schreien:</p>
-
-<p>»Nieder mit Prechtel! Wir wollen Schelestow! Schelestow!«</p>
-
-<p>Schelestow nimmt die Wahl an, aber unter der Bedingung, daß Prechtel und von
-Bronn sich bei ihm wegen des Zwischenfalls vom 2. Oktober entschuldigen. Wieder
-erhebt sich ein ohrenbetäubender Lärm, wieder drängen sich die verehrten Kollegen
-mosaischer Konfession zu einem Haufen zusammen und schreien … Prechtel und
-von Bronn sind empört und bitten schließlich, sie nicht mehr als Mitglieder des
-Vereins anzusehen. Um so besser!</p>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_59">[59]</a></span></p>
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-059.png" alt="" />
-</div>
-
-<p>Schelestow ist Vorsitzender. Vor allen Dingen reinigt er den Augiasstall. Snobisch
-muß hinaus! Tercharjanz muß hinaus! Die verehrten Kollegen mosaischer Konfession
-müssen hinaus! Mit seiner Partei wird er es erreichen, daß bis zum Januar
-im Verein kein einziger Intrigant übrig bleibt. Im Ambulatorium des Vereins wird
-er zunächst die Wände streichen lassen und ein Plakat anbringen: »Rauchen<span class="pagenum"><a id="Seite_61">[61]</a></span>
-strengstens verboten«; dann wird er den Feldscher und die Feldscherin hinausschmeißen,
-die Medikamente nicht von Grummer, sondern von Chrasczebicki beziehen,
-den Ärzten vorschlagen, keine einzige Operation ohne seine Aufsicht auszuführen
-usw. Vor allen Dingen wird aber auf seinen Visitkarten stehen: »Vorsitzender
-des Ärztevereins zu N.«</p>
-
-<p>So träumt Schelestow, bei sich zu Hause vor dem Spiegel stehend. Da schlägt
-aber die Uhr sieben und erinnert ihn daran, daß er in die Sitzung muß. Er erwacht
-aus seinen süßen Träumen und beeilt sich, seinem Gesicht den matten Ausdruck
-zu verleihen, aber das Gesicht will ihm nicht gehorchen und nimmt einen sauren
-und stumpfen Ausdruck an, wie bei einem erfrorenen jungen Hofhund; er will, daß
-es solid sei, es wird aber lang und drückt Bestürztheit aus, und nun scheint es ihm,
-daß er nicht mehr einem Hund, sondern einem Gänserich gleiche. Er senkt die
-Lider, kneift die Augen zusammen, bläht die Backen, runzelt die Stirne, aber es
-ist zum Verzweifeln: es kommt dabei etwas ganz anderes heraus als er möchte.
-Die natürlichen Eigenschaften dieses Gesichts sind wohl derart, daß mit ihm nichts
-anzufangen ist. Die Stirne ist niedrig, die kleinen Äuglein schweifen unruhig umher
-wie bei einer unreellen Händlerin, der Unterkiefer steht so dumm und blöd hervor,
-und die Wangen und die Frisur sehen so aus, als hätte man den »verehrten Kollegen«
-soeben aus einem Billardlokal hinausgeschmissen.</p>
-
-<p>Schelestow betrachtet sein Gesicht, ärgert sich, und es kommt ihm schon vor, daß
-auch das Gesicht gegen ihn intrigiere. Er geht ins Vorzimmer und macht sich fertig,
-und es scheint ihm, als intrigierten auch der Pelz, die Gummischuhe und die
-Mütze gegen ihn.</p>
-
-<p>»Kutscher, ins Ambulatorium!« schreit er.</p>
-
-<p>Er bietet zwanzig Kopeken, aber der Intrigant von einem Droschkenkutscher verlangt
-fünfundzwanzig … Er setzt sich in die Droschke und fährt, aber der kalte
-Wind weht ihm ins Gesicht, der nasse Schnee blendet ihm die Augen, und das
-elende Pferd schleppt sich unerträglich langsam. Alles hat sich verschworen und
-intrigiert … Intrigen, Intrigen und Intrigen!</p>
-
-<hr class="chap" />
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_63">[63]</a></span></p>
-
-<p class="center">
-ZWEIHUNDERT EXEMPLARE DIESER AUSGABE<br />
-SIND VOM KÜNSTLER HANDSCHRIFTLICH<br />
-SIGNIERT, NUMERIERT UND<br />
-IN HALBLEDER GEBUNDEN.
-</p>
-<hr class="chap" />
-</div>
-
-<div class="transnote chapter" id="tnextra">
-
-<p class="h2">Anmerkungen zur Transkription</p>
-
-<p>Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Darstellung
-der Ellipsen wurde vereinheitlicht.</p>
-
-<p>Korrekturen:</p>
-
-<div class="corr">
-<p>
-S. 36: sogar → so gar<br />
-Entschuldigen Sie, es ist <a href="#corr036">so gar</a> nicht interessant</p>
-<p>
-S. 37 überlege mir → überlege<br />
-Ich <a href="#corr037">überlege</a> eine Weile und schreibe</p>
-</div>
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Der persische Orden, by Anton Tschechow
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER PERSISCHE ORDEN ***
-
-***** This file should be named 53731-h.htm or 53731-h.zip *****
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-</pre>
-
-</body>
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