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| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-01-22 15:05:18 -0800 |
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If you are not located in the United States, you -will have to check the laws of the country where you are located before -using this eBook. - -Title: Briefe eines Malers an seine Schwester - -Author: Rosalie Sandvoß - -Release Date: October 9, 2021 [eBook #66499] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - -Produced by: the Online Distributed Proofreading Team at - https://www.pgdp.net (This book was produced from scanned - images of public domain material from the Google Books - project.) - -*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BRIEFE EINES MALERS AN SEINE -SCHWESTER *** - - - - - Briefe eines Malers - an - seine Schwester. - - Von - Rosalie Sandvoß. - - Hamburg. - Agentur des Rauhen Hauses. - - Druckerei des Rauhen Hauses. 1865. - - - - - Burgwall, den 10. Juni 18--. - -Nun bin ich in der Heimath, vorgestern langte ich hier an. Es ist doch ein -eignes Gefühl, wie ein Fremder, den Niemand kennt, den Keiner erwartet, -für den nicht eine Seele einen freundlichen Gruß hat, in die Vaterstadt, -in die Stadt seiner holdesten Erinnerungen zurück zu kehren. Du weißt, -ich bin nicht sentimental, Pauline, aber da Du »Alles wissen willst, was -sich zwischen mir und Burgwall ereignet,« so sei's gestanden, daß ich -eine Art Herzweh fühlte, überall auf meinem Wege zum Gasthause Personen -zu begegnen, die mich höchstens mit dem Blicke der Betrachtung beehrten. -Und nun im Gasthause zu wohnen, ein wirklicher Gast, ein Fremder daheim zu -sein! - -Das deutsche Haus, mit seinen Kastanien vor der Thüre -- sie standen -richtig noch da -- lockte mich heimisch an: ihm gegenüber liegt ja das -alte, liebe Haus, das meiner Phantasie immer als Heerd tiefsten Behagens -vorgeschwebt hatte. Du erinnerst Dich gewiß, obgleich Du es als ein Kind -von acht Jahren verließest, es steht mit dem Giebel nach der Straße, hat -im zweiten Stock einen runden Ausbau, ist mit Schnitzwerk überladen und -sieht auswendig gerade aus, wie ein Magister des sechszehnten Jahrhunderts -sich der Welt präsentirt haben mag, künstlich, solid und pedantisch. -Aber inwendig ist das anders. Gerade das Erkerstübchen war ein überaus -behagliches, freundliches Zimmer, mit Blumen, vielem Lichte und duftigen -Vorhängen. Ich erinnere mich, daß es grün decorirt war, und nußholzene -Möbel hatte, die immer wie neu polirt glänzten. In der einen Ecke -stand eine Harfe -- Mutter spielte sie wundervoll -- und mitten in einer -Blumengruppe zog mich immer ein Bild an, ein Christus auf dem Meere. Das -Gesicht der Hauptfigur hatte einen bezaubernden Ausdruck; es schwebt mir -oft vor, und ich habe schon oft es zu malen gewünscht, aber seltsam! mit -diesen Heiligenbildern will es mir nie gelingen. -- Mutter schien sich -stets zu freuen, wenn ich bei den seltenen Gelegenheiten, da sich mir dies -Zimmer öffnete, lange betrachtend vor dem Bilde stand, sie hatte eine -etwas bigotte Richtung, die herrliche Seele, und hat sich, glaube ich, -über die nichtssagendsten Dinge, das Leben schwer genug gemacht. Du hast -Mutter kaum gekannt, Pauline, Du warst erst sechs Jahr alt, als sie starb, -ich sechszehn. Sie war ein Engel -- aber etwas überspannt, ich glaube -nicht, daß Vater ganz glücklich mit ihr war. Von einer alten Tante, so -einer Art Nonne, erzogen, brachte sie eine Last von Vorurtheilen unserm -lebensfrohen, geistvollen Vater zu, und nur seiner Liebe zu ihr ist es wohl -zuzuschreiben, wenn er nie darüber klagte, daß sie in ihrer Ehe stets -ihren eignen Gang ging und sich nicht zu Vaters Lebensanschauung erheben -konnte. Kinder beobachten schärfer als man gewöhnlich glaubt, ich habe -öfter bemerkt, wie still und ernst Mutter ihre Vorkehrungen traf, wenn -Vater Gesellschaft gebeten hatte, wie erschreckt sie von ihrem Buche -aufsah, wenn spät Abends ein munteres Gelächter oder jubelnde Toaste in -das Schlafzimmer hinauf schallten, wo sie uns so sorglich gebettet hatte -und dann lesend des Vaters harrte. -- Erinnerst Du Dich nicht, wie sie uns -beten lehrte? -- Die liebe Heilige! Ich denke nicht ohne Rührung an sie, -aber ich möchte um keinen Preis, daß Du ihr einst glichest. Ich bin -kein Heide, aber mir schaudert vor dieser Pietisterei; sie vergällt die -reinsten, unschuldigsten, harmlosesten Freuden, und verdammt ihre Opfer zur -gänzlich unnöthigen, unfruchtbaren Selbstkasteiung. - -Leider sind unsere Verhältnisse der Art, daß ich nicht, wie ich möchte, -auf Deine völlige Ausbildung einwirken kann, wir sind zu selten bei -einander, und sind wir es, so können wir uns selten ungestört sprechen, -immer kommt irgend ein zärtliches Wesen, den geliebten Verzug zu -beaufsichtigen. Vermuthlich befürchten Deine alten Jungfern, ich bezwecke -Dich ehestens aus ihrem verzauberten Schlosse zu entführen, um das kleine -Wunder von Liebenswürdigkeit in der Welt für Geld sehen zu lassen. -Wahrhaftig, ich kann ganz unbesorgt sein, welchen verdächtigen Anstrich -auch zuweilen Deine Aeußerungen haben, eine Heilige wirst Du dennoch -nicht, dafür sorgen besagte Damen mit allen Kräften. So will ich denn -für diesmal meine Erziehungsgedanken fahren lassen und ganz einfach mit -Dir in der Stadt umherspazieren. Hast Du hohe Erwartungen, so stimme herab, -besonders für den heutigen Tag, es hat geregnet und ist grundlos in den -Straßen, Pfütze an Pfütze. Rümpfe aber um alles in der Welt Deine -hübsche Nase nicht, diese Pfützen sind ein Vorzug der guten, alten -Stadt, wie mir Herr Brauer, mein behäbiger Wirth, alles Ernstes -auseinandergesetzt hat. Du glaubst es nicht? -- nun so höre. Zweierlei -Wohlthaten sind die Ursachen dieser kleinen Unannehmlichkeit: reger Verkehr -und herrliches Röhrenwasser. Letzteres macht seine unterirdische Reise in -ausgehöhlten Tannen, die im Laufe der Zeit nicht selten leidend werden, da -wird denn das Pflaster aufgerissen und es kann dann leicht passiren, daß -die Kieselmosaik nicht so recht sorgfältig wieder restaurirt wird. -- - -Visiten können wir nicht viele machen, es ändert sich in zehn Jahren -unglaublich viel. Die meisten Freunde unsers Vaters sind nicht mehr -vorhanden -- todt, weggezogen, Andere erinnern sich des Knaben Justus Brand -nur sehr nebelhaft, und ich bin nicht just von der Art, ihrem Gedächtnisse -eifrig zu Hülfe zu kommen. Die freundlichste Aufnahme habe ich bei -Bernwachts gefunden, einem außerordentlich töchterreichen Ehepaare. -Wie solche Mädchen doch in die Höhe wachsen, als ich die vier ältesten -zuletzt sahe, waren es Wildfänge zwischen vier und zehn Jahren, mit -hängenden Schuhbändern, fliegenden Locken =et cetera=, jetzt, ich -versichere Dich, man weiß nicht, wohin man die Augen wenden soll, aus -jeder der zahlreichen Nebenthüren der großen Stube schwebt eine neue -Huldin herein. Alle sind bildhübsch, ich bin neugierig zu erfahren, -wie sie sonst beschaffen sind; die Alten haben mich, sehr großherzig, -eingeladen, sie oft zu besuchen. - -Auf dem Schlosse bin ich noch nicht gewesen. Brrr! Kannst Du mich nicht -davon erlösen? Fromm und vornehm, eine Heilige und eine Gräfin, alles in -einer Person! Womit werden mich die vortrefflichen Herrschaften regaliren? -Mit erhabenen Worten, hohen Mienen, und einer Weisung in bestimmte Grenzen? -Mit gelehrten Redensarten über Malerei, mit Honigworten christlicher -Liebe? Eins so widerwärtig wie das Andere; o könnte ich allen Dünkel, -alle klugthuende Nichtswisserei und alle Formenreligiosität, die nur die -innere Armuth bemänteln soll, schleudern in das Meer, da es am tiefsten -ist! -- War das nicht etwas -- ja es muß so sein, ich irre nicht -- -es erinnert an einen Bibelvers, mir wird ganz besonders dabei. Warum -eigentlich? Widerwille war es nicht -- ich muß sondiren, es liegt -in meiner Natur -- war es etwa ein stummer, schweigender Vorwurf der -»heiligen Schrift?« -- Wundere Dich nicht über mich, ich bin in -Burgwall, Bilder der Kindheit umschweben mich, die alten Klänge werden -wach, der Mann wird wieder zum Kinde, aber nur auf Augenblicke; sieh, -da zieht es schon hin, das magische Blendwerk, all die frommen -Legendengestalten, die ich in dem Giebelhause drüben einst kennen lernte, -und die so mysteriös von ewigen Kronen und himmlischen Palmen sprachen. -Der ganze Traum zerrinnt, fort sind sie. -- - -Für heute genug. Dein Bruder - - _Justus_. - - - - - Am 11. Juni. - -Pauline, ich habe mich wie ein Dummkopf benommen, wie ein vollendeter -Dummkopf! Auf alles Mögliche war ich gefaßt, nur nicht auf eine -liebenswürdige, einfache Frau, die dennoch, eben in ihrer schlichten -Würde, mir gewaltig imponirte. - -Es ist sehr gut, daß wir diesen Briefwechsel verabredet haben, Kameraden -sind nicht habhaft, die Burgwaller ersterben in Ehrfurcht vor der -»Herrschaft,« und man kann mit ihnen kein freies, vernünftiges Wort -über diese Halbgötter reden, und ich liebe den Austausch. Aber halt, -was werde ich für meine famosen Berichte bekommen? Wenn nichts weiter, -so bedinge ich Recension, eine detaillirte; ganz entschieden, Pauline, Du -mußt mir gehörig antworten. - -Jetzt von der Gräfin. - -Es war gegen Mittag, als ich den Schloßberg, versteht sich in Galla, -hinanstieg. Das Wetter war gut und die Gegend ist wirklich schön, der -Spaziergang war ein Genuß; der Weg ist auch besser geworden, überhaupt -ist für Verschönerung der Schloßumgebungen besonders, aber auch für die -der Stadt, viel gethan. -- Eine Wallthür stand offen, und ich ging hinein. -Gleich in der ersten Laube bot sich mir ein hübsches lebendes Bild dar. -Eine junge Dame saß mitten unter einer Fülle herrlicher Blumen und -ordnete sie zu Sträußen. Für einen Maler hat so etwas doppeltes -Interesse, und weil mich die Schöne nicht sehen konnte -- sie hatte mir -den Rücken halb zugedreht und war äußerst eifrig bei ihrer Arbeit -- -blieb ich einen Augenblick stehen und sah ihr zu. - -»Schnell den Bast, Johanne!« rief sie. Es erschien keine Johanne. Sie -wartete einen Augenblick, sah auf, horchte, und vermuthlich überzeugt, -daß keine Johanne sie gehört habe, gab sie die Hoffnung auf, gleich Bast -zu bekommen, und legte den schön arrangirten Strauß behutsam auf den -Tisch, um zum Ordnen des zweiten zu schreiten. Sie nahm eine Lilie, fügte -Rosen hinzu, zettelte eine Epheuranke unter den Blumen hervor und -- um -das erste Bouquet war's geschehn, es war aus der Fassung gekommen, fiel aus -einander und theilweis zu Boden. Eiligst trete ich vor, ich Narr! und -raffe die Blumen auf, sie der Dame wieder zuzureichen. Sie nahm sie etwas -erstaunt, erwiederte meinen Gruß freundlich, und sah dann zur Laube -hinaus, »wo ihre kleine Johanne wohl geblieben sein möchte.« - -»Vielleicht sehe ich sie unterwegs, mein Fräulein,« verhieß ich -Kurzsichtiger, »und werde sie schicken.« - -»Wollen Sie in's Schloß?« fragte die Dame. -- Das war ja ganz -vertraulich, ich entgegnete also ganz guter Dinge: »Ja wohl, zur Gräfin, -wenn sie zu Hause ist.« - -»Dann nehmen Sie nur den Wallschlüssel mit, Johanne hat ihn ausgezogen, --- Kinder machen sich so gerne mit Thüren zu schaffen -- und Sie haben -wohl keinen Schlüssel, nicht wahr, die untere Thüre stand offen?« - -Ich bejahte, dankte, und weil nicht recht mehr was zu sprechen war, empfahl -ich mich und ging meiner Wege, bereute aber bald nicht länger geblieben -zu sein, es fielen mir, als ich im Vorzimmer wohl eine Viertelstunde warten -mußte, der Fragen noch mancherlei ein. Endlich erschien die Gräfin, und -wer war es? -- mein Fräulein vom Walle! O, ich Blinder! Hätte ich es -der holden Frau nicht gleich ansehen können, daß sie kein gewöhnliches -Menschenkind ist; würde ein Stadt- oder Hoffräulein mir ihren -Wallschlüssel gegeben haben, wäre sie so unbefangen freundlich gewesen?! - -Während sie nun um Entschuldigung bat, mich warten gelassen zu haben, -stand ich kümmerlicher Mensch, und konnte mich nicht in die rechte Form -finden, wollte selbst entschuldigen und wußte nicht wie, und fühlte mich -erröthen, wie ein Schüler. Natürlich schien sie nichts davon zu merken, -sie war ganz gesprächig, redete zum Glück bald von Malerei und plauderte -so nett darüber, daß ich meinen stichelnden Gedanken allmählig entrissen -wurde. Die Gräfin scheint von der Sache just nicht viel zu verstehn, aber -sie zu lieben und das ist auch gerade recht. -- Sie wird mir in nächster -Woche sitzen, bis dahin wird sie »das Vergnügen gehabt haben, mich ihrem -Gemahl vorgestellt zu haben.« - -Da hast Du die Geschichte; ich werde noch heute diesen Brief absenden, und -grüße Dich herzlich als Dein Bruder - - _Justus_. - - - - - Den 24. Juni. - -Mittsommertag, himmlisches Behagen! Ich möchte alle Ecken und Winkel -meines Ichs von diesem Lichte durchströmen, von dieser Wärme erfüllen -lassen. Es ist wundervoll! In meinem Leben habe ich solchen Sommer nicht -kennen gelernt, bin ich so gründlich heiter und befriedigt gewesen, wie in -diesem. Aber, meine Theuerste, Du hast auch keine Ahnung davon, von welcher -Höhe herab ich auf die Auen und Wälder schaue, wie die Natur »zu meinen -Füßen« daliegt. Es ist unbestrittene Wahrheit: je erhabener -unser Standpunkt, desto schöner und harmonischer erscheinen uns die -verschiedenen Einzelnheiten fernab. Steig auf den Kirchthurm, wenn Du's -nicht glauben willst, wie bildhübsch und harmlos wird Dein altes Nest, -Verzeihung! aussehen; die Kinder auf den Straßen spielen so nett und -manierlich mit einander, das Geschrei und Gelärm, welches sie betreiben, -dringt höchstens als sanftes Gemurmel in Deine Region, all die -Häuserchen, die Hüttchen stehen so nett da, als wären sie aus einem -Nürnberger Schächtelchen genommen, genug, es ist so, wie ich sagte. -- -Ich residire gegenwärtig auf Schloß Burgwall, vergiß es nicht, es auf -Deinen Briefen gehörig zu bemerken. Meine Residenz ist sehr hoch, ja -wirklich, denn die alten mächtigen Linden, die ihre Kronen bis zu den -Fenstern der Gräfin emporstrecken, sind nur dann von meinem Reiche aus -sichtbar, wenn ich mich aus dem Fenster zu ihnen hinabneige: ich wohne -buchstäblich auf Schloß Burgwall, nämlich in zwei Dachstübchen, dicht -neben dem Thurme. - -Keinen Stein auf die Gräfin, ich bitte sehr! Die Zimmer sind ganz meine -Wahl, eben der Aussicht wegen. Als mir die Erlaubniß wurde im Schlosse zu -wohnen, habe ich mir gerade diese kleinen Zimmer gewählt, welche mir schon -früher bei Besichtigung des Schlosses besonders gefielen. In jeder Stube -ist ein großes, tiefes Fenster, ausgezeichnet für die Aufstellung einer -Staffelei geeignet. Für nette Einrichtung wurde sogleich gesorgt, und so -wohne ich hier so angenehm wie möglich. - -Seit meinem Umzuge liegen schon zehn Tage dahinten, mir ist heut auf jeden -Fall doch sehr anders zu Sinn, als da ich kam. Tags zuvor war ich dem -Grafen erst vorgestellt. Er ist ein gewichtiger Mann, nicht mehr jung, -gewiß, wenn nicht Funfzig, doch nahe daran; in seinem charakteristischen -Gesichte nehmen die Züge des Wohlwollens und tiefen Ernstes sehr für -ihn ein, und sein ganzes sicheres, bestimmtes und doch durchaus nicht -anmaßendes Wesen beherrscht unwillkürlich seine Umgebung. Die Gräfin -scheint ihn nahezu anzubeten, sie lebt in seinem Lichte. Wenn er spricht, -so ist es gewiß, daß sie nichts anderes hört, tritt er in's Zimmer, -so überfliegt ein Freudenschein ihre holden Züge. Nie habe ich solche -Innigkeit, solch gegenseitiges Glück gesehn, als bei diesen beiden -Menschen, und er ist wenigstens zwanzig Jahre älter als sie. So recht -verständlich ist mir dies nicht; Ehrfurcht und töchterliche Gefühle -könnte ich ihrerseits begreifen, aber sie liebt ihn anders und viel mehr, -als ich überhaupt glaubte, daß man lieben könne. - -Tags nach meinem ersten Besuche bei dem Grafen wurde ich zu Tisch geladen, -und da wurde es gleich ausgemacht, daß ich, der Bequemlichkeit wegen, bei -ihnen wohnen sollte. So bin ich denn täglich, außer den Sitzungen -- der -Graf hat den Anfang gemacht -- in der Gesellschaft der liebenswürdigen -Familie. Meine Unbehaglichkeit schwindet immer mehr, und ich weiß nicht, -welcher der edlen Herrschaften ich den Preis höchster Liebenswürdigkeit -zuerkennen soll, ihm oder ihr. Eigentlich sind sie gar nicht zu trennen, -vereint sind sie das Ideal vollendeter Freundschaft und einer rührenden -Liebe. Auch die kleine Johanne, des Paares einziges sechsjähriges -Töchterchen, ist etwas Liebreizendes. Das Kind besucht mich zuweilen, und -letzt brachte sie ein Tractätchen mit und wollte mir etwas vorlesen, fing -auch richtig an und es ging über Erwartung gut, aber ich fand doch für -besser das Thema der Unterhaltung zu wechseln, und erzählte ihr das -Märchen von Schneewittchen. Dabei saß sie auf einem kleinen mitgebrachten -Stuhle und sah mich mit den großen Augen ganz ernsthaft an, während ich -unverdrossen ein in Berlin angefangenes Bild nachfeilte und mich bemühte, -einem winterlichen Himmel mehr das Ansehn zufriedener Ergebung als das der -trostlosen Gleichgültigkeit zu geben, die sich in Berlin über das kleine -Gemälde gelagert hatte. - -Als die Geschichte aus war, sagte sie: »Mama ist auch eine Stiefmutter, -Max ist ihr Stiefsohn.« - -»Wo ist er?« fragte ich. - -»Weit weg,« erwiderte sie, »wo der König wohnt.« - -»Was thut er da?« - -»Das weiß ich nicht gewiß,« antwortete die Kleine höchst gewissenhaft, -»aber ich glaube, der König gebraucht ihn; Mama sagt, er sei des Königs -treuer Diener.« -- Was für eine Art Diener, ob Page oder Adjutant, das -konnte ich nicht herausbringen. - -In der Stadt werde ich, will es mir scheinen, seit ich hier wohne, mit -größerer Zuvorkommenheit behandelt. Ich meine im Allgemeinen, Bernwachts -sind unverändert dieselben. Die Familie, obgleich ganz anders als die -meiner erlauchten Beschützer, wird mir sehr lieb, und ich gehe fast -täglich zu ihnen. Noch eine Bekanntschaft habe ich erneuert, Du könntest -rathen, welche treue Seele ich meine. Julchen Hermann ist es. Sie wohnt im -Hospitale, das heißt in einem neuerbauten Hause, neben der alten Behausung -der Gebrechen und des Alters, für diejenigen Einsamen bestimmt, welche ein -rundes Sümmchen für die Wohlthat sichern Daches und einiger Fuder Holz -zahlen können. Früher wohnte sie in der Vorstadt, bei ihrer alten -Mutter, Du mußt es noch wissen, wir besuchten sie zuweilen, und gingen nie -unbeschenkt und ungeküßt von dannen. - -Die alte Mutter kam mir stets mit ihren großen leuchtenden Augen, wie -eine Seherin vor, ihre Worte klangen alle so weise, wie Orakelsprüche. -Sie liegt nun auch auf dem Katharinenhofe, nicht hundert Schritt von dem -Stübchen ihrer Tochter. Julchen zeigte mir das Grab durch das Fenster, und -später habe ich es auch aufgesucht, es ist das wohlunterhaltenste auf dem -ganzen Kirchhofe. - -Von unserer Eltern Ruhestätte muß ich Dir etwas mittheilen, was mir -hochpoetisch erscheint. Vater hat kein Monument, unser Vormund hatte es -nicht für gut befunden, das Grab des Ehrenmannes zu bezeichnen, nur ein -Baum, bald nach Vaters Tode von mir gepflanzt, wurzelt daran. An Mutters -Grabe steht ein schönes, hohes Kreuz, Vater hat es setzen lassen. Auch -dieses Grab hat ein Zeichen der Liebe von mir, einen Epheu, der die Jahre -hindurch so mächtig gewachsen ist, daß nicht nur das Grab ganz, und das -Kreuz größtentheils davon umschlungen wurde, sondern er hat auch die -zu ihm niederhängenden Zweige der Traueresche umsponnen, sich an ihnen -aufgerankt, und so stehen beide Gräber auch äußerlich, in der innigsten -Verbindung. Das hat Natur gethan, und mir war es doch als hätten Mutters -feine Finger, still und sinnig, die Zweige in einander geflochten. -- - - - Später. - -Endlich habe ich einen Brief von Dir. Meinst Du wirklich: ich sähe die -Bibel mit den Augen der Weltkinder an, anders als ich sollte? die innere -Bewegung damals, sei eine Warnung meines Engels gewesen? - -Liebes Kind, Kind des Lebens und nicht der Welt, Du scheinst wirklich -auf einem andern Wege zu sein, als ich, aber wie natürlich! -- -Vergegenwärtige Dir eine Pilgerfahrt, nach irgend einem Heiligthume, -meinetwegen nach dem heiligen Grabe. Es ist kein Kreuzzug, sondern eine -Wallfahrt, Männer, Frauen, Jungfrauen, Greise, begeisterte Kinder -- -Alles vereint sich, zu demselben Ziele zu gelangen. Wird Jeder die Reise in -derselben Weise machen, trägt die Mutter nicht das Kind, stützt der Mann -nicht sein Weib, bedarf der Alte nicht des Stabes? Meinst Du nicht, daß -die Kinder, im Gefühl ihrer Schwäche oft auf die Knie sinken, Gott um -neue Kraft anflehend, daß vielleicht ein Stärkerer sich dann über sie -erbarme? - -Siehst Du: Ein Ziel; der Eine erreicht es gehobenen, der Andere gebeugten -Hauptes, Dieser stützend, Jener getragen, Einer schaut mit vollem Blick -in das Morgenroth Canaans, während Viele auf ihre wunden Füße -niederblicken, und auf den Weg, den sie wandeln müssen, damit sie -die Steine des Anstoßes darauf vermeiden. -- Wir haben Alle Ein Ziel: -Befriedigung. Du findest es, ich ahnte es, im Glauben, ich suche es im -Leben, in der Kunst, überall. Jetzt bin ich hier, und ich weiß was -hier meine Seele ganz erfüllen könnte -- kommt die Zukunft, die weite, -unbestimmte, Du wirst wohl Ewigkeit sagen, etwas, was über das Grab hinaus -währt, nun, so ist es immer Zeit auch dafür Entschlüsse zu fassen und -zu handeln. Wer kann das früher, ehe er bestimmt weiß, wofür und wie? -- -Aber ich habe hier einsehen gelernt, daß bei der Heiligkeit nicht absolut -Gefahr für das Lebensglück ist; kannst Du in dieser Façon Befriedigung -erlangen, nun wohlan, Du hast meine brüderlichen Glückwünsche dazu. -- - -Laß uns diese Sache nicht als abgemacht betrachten, ich versichere -Dich, daß Dein Widerspruch mich wohl reizt, zum Nachdenken, wiederum zum -Widerspruch, aber keineswegs zum Zorne. Hier meine Hand, liebe Schwester! -Dein Brief hat Dich in meinen Augen um mindestens zehn Jahre erfahrener -gemacht, um nicht älter zu sagen. Wie alt bist Du eigentlich? Achtzehn -rechne ich eben. Wo lerntest Du so ernst sein? -- Grüße Deine alten, -ehrbaren Damen von mir. - - _Dein Bruder Justus._ - - - - - Am 27. Juli. - -Gestern erhielt ich Deinen Brief. Warum ich nicht schon wieder geschrieben? -Es beschäftigte mich Vieles, allerlei Begebenheiten kreuzten sich bunt -durcheinander, ich war mitten darin, und doch waren sie kaum der Art, daß -Dir meine Notizen darüber irgend wie wichtig erschienen wären. -- Mit -großer Liebe habe ich des Grafen Bild vollendet, es ist gelungen und die -Herrschaften finden es auch. Die Gräfin werde ich noch nicht malen, es -sind Gäste hier, aus Schlesien, welche mich mit ihren Aufträgen beehrt -haben, und ich bin jetzt dabei ein Kind zu malen, ein unbeschreiblich -reizendes kleines Gesicht, mit großen, fragenden Augen, die mich -unaufhörlich an Cäcilie Bernwacht, des Bürgermeisters dritte Tochter -erinnern. Nicht, daß das junge Mädchen so schön, wie die kleine -Felicitas, oder überhaupt sehr nach meinem Geschmacke wäre, aber es liegt -etwas Verwandtes in den Augen beider Mädchen, so recht echter Kindersinn, -Seele, viel Seele. - -Wenn ich so schöne Augen male, ist es mir oft, als sei in ihnen das -Geschick der Besitzerinnen ausgesprochen. Bei denen der Felicitas denke ich -zum Beispiel: was das Kind nicht Alles glaubt! Es glaubt an einen Himmel -auf der Erde und an einen ewigen Himmel; es wird wahrscheinlich ewig -ein Kind bleiben, und sehr viel vertrauen, und immer das Beste von allen -Menschen denken, es wird auch sehr lieb haben, die ihm Liebes erweisen, und -andere Menschen auch noch, und wird für alle seine Liebe nur etwas Treue -erwarten und sie selten finden, vielleicht gerade dort nicht, wo es am -sichersten darauf gerechnet hatte. Dann werden diese frommen Augen viel -weinen, sehr viel, bis allmählig ihr milder Glanz erlischt, und sie sich -schließen. - -»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas,« sagte ich letzt zu ihr. Sie -that es; ich sah sie lange an und vergaß in meinen Träumereien ihr zu -sagen, sie könne sie wieder öffnen, bis sie endlich ganz geduldig fragte: -»darf ich dich nun wieder ansehen?« -- - -Es giebt große Geheimnisse. Pauline, wir begegnen ihnen täglich, die -größten liegen in den Worten Herz und Schicksal. -- - -Cäcilie Bernwacht ist gerade unter ihren Schwestern die mir fremdeste. Ich -will Dir die kleine Gesellschaft skizziren. Therese, die Aelteste, ist ein -hübsches, besonders verständiges Mädchen; sie ist Braut, und näht -den ganzen Tag an ihrer Aussteuer, was sie indeß nicht verhindert, -theilnehmend zu sein, ich mag sie sehr gern und unterhalte mich am -anhaltendsten mit ihr. -- Ihre zweite Schwester, Ida, ist eine Schönheit, -ja, sie ist wirklich schön und ich muß sie malen, es ist ein Genuß diese -Formen, diese Frische, diese Grazie studiren und copiren zu dürfen. Das -Mädchen ist auch nicht ohne Geist und wird auch wohl ein Herz haben, aber -sie gefällt mir von ihren Schwestern am wenigsten, ihr Witz ist scharf, -sie kann beißend sein, ich mag das nicht an Damen. - -Nun kommt Cäcilie, offenbar der Mutter Liebling, ein Mädchen von -siebzehn Jahren, sehr zarter Gestalt, etwas blaß, mit herrlichem Haar und -wundervollen Augen. Cäcilie ist vielleicht, um schön zu sein, etwas zu -klein, und um im Allgemeinen so recht gefallen zu können, zu still, man -kann sie kaum kennen lernen. -- Nun kommen ein Paar prächtige Wildfänge -von dreizehn und elf Jahren, Burga und Berga genannt, Wallburga nämlich -und Luitberga, komische Namen! Wo Burga ist, ist Berga, sie sitzen in einer -Klasse, binden einen Kranz, spielen zusammen Klavier und Versteck, -und umarmen gleichzeitig ihre Mutter, die sich auf ihre stürmischen -Ueberfälle gewöhnlich schon durch Bergung ihrer Mützenbänder mit -Resignation vorbereitet. Kürzlich hörte Berga, daß ihr Vater mein Pathe -ist, und augenblicklich trug sie hocherfreut darauf an, mich Pathe nennen -zu dürfen, Herr Brand gefalle ihr nicht, Herr Justus wäre freilich recht -hübsch, aber ungewöhnlich, Justus schlicht weg, passe sich nicht, Pathing -sei das Beste. Die Mutter schüttelte gewaltig mißbilligend den Kopf und -entschuldigte, ich erlaubte natürlich dagegen der elfjährigen Berga mich -Pathe nennen zu dürfen. »Burga muß aber auch so sagen, sonst kann ichs -doch nicht,« behauptete sie und Burga bequemte sich. Es wurde gelacht, der -Alte zog die Mädchen etwas auf und damit war es abgemacht. - - - Am 4. August. - -Heute will ich diesen Brief an Dich abschicken. Dein letzter Brief war mehr -als ernst, es sprach sich Unruhe, Besorgniß darin aus. Du schreibst: ich -verkenne das Streben meiner Seele, nicht flüchtige Befriedigung, die -man täglich in irgend einer Sache, einer Creatur finden könne, sei der -Endpunkt derselben, sondern Frieden in Gott. -- Ist das nicht ein Spielen -mit Worten, oder pedantische Festhaltung eines einmal so und nicht anders -geformten Glaubenssatzes? Wir suchen was uns zu unserm Glücke fehlt, -Jeder nach seiner Natur. Du bist ätherischer Natur als ich, und suchst -geistigere, oder rein geistige, oder auch phantastische Genüsse, ich -verstehe Dein Friedensverlangen nicht. Warum ist dieser Friede von Dir erst -zu suchen, wodurch hast Du reines Kind ihn erschüttert, oder gar verbannt? -Und warum ist mein Trachten nach Befriedigung verwerflich, da ich sie nicht -im Unedlen, Rohen, Gemeinen suche? Widerstrebt mein Verlangen dem reinen -Naturgeiste? -- Ich habe vor meiner Vergangenheit in keiner Weise zu -erröthen, und brauche dem Frieden nicht nachzujagen, weil ich ihn habe. -Beunruhige Dich meinetwegen nicht im Geringsten, meine theure Schwester, -ich bin vollkommen glücklich! - -Lebe wohl! - - _Dein Bruder Justus._ - - - - - Den 16. August. - -Es will mir scheinen, als erkalte unser Briefwechsel, Du machst größere -Pausen, als ich wünsche. Um meinerseits nichts dabei zu verschulden, -schreibe ich dennoch, es ist mir wohlthuend -- auch eine kleine -Befriedigung -- wenn ich an Dich schreibe und mich so von Grund aus -ausspreche. -- - -Weißt Du, wer Dir hier in Burgwall sehr gefallen würde, welche junge Dame -mich oft, nicht an Deine Person, denn Du bist glänzender, aber an Deine -Briefe erinnert? -- Cäcilie. -- Vor ein Paar Tagen hatte ich mehrere -Stunden anhaltend an dem Bilde der Gräfin gemalt -- der Engelskopf der -Felicitas steht auf der Staffelei im Dachstübchen -- der Graf hatte uns -dabei vorgelesen, tiefsinnige, anziehende Sachen, die nachher von uns -besprochen wurden. Pauline, letzt schrieb ich Dir ich sei glücklich, heute -fühle ich mich, und schon seit einigen Tagen stürmisch aufgeregt, und -nicht glücklich, nein! -- Wie kommt es nur, daß sie mich als Einen der -Ihrigen betrachtet hatten, als einen Glaubensgenossen? Weil ich bei ihren -Tischgebeten keine Störung veranlasse, sondern auch meine Hände falte? Es -kann ja sein, daß die ewige Macht ein solcher Vater unser ist, als welchen -sie sie anbeten! Ich bins zufrieden, aber ich weiß nicht obs wahr ist. -Wahrscheinlich ist es wahr, ich glaube es fast, aber ich weiß es nicht, -dabei muß ich verharren. Es mag für Tausende leicht sein, sich bei -solchen Gelegenheiten, wie an jenem Tage, in ein Schweigen der Bewunderung -zu versenken, oder in oftgehörten Phrasen Beifall zu zollen, ich kann es -aber nicht. Ich sagte was ich meinte, und es ward lautlos still im -Zimmer. Das erste Wort, was ich wieder hörte, war die Johannen gegebene -Erlaubniß, das Zimmer zu verlassen. Es zog mir eisig durchs Herz, sie -fürchteten für das Kind den Gifthauch der Gottlosigkeit. Gottlos! -ein schreckliches Wort. Bin ich es? Antworte mir darauf. -- Dieser -verehrungswürdige Mann, diese herrliche Frau schaudern vielleicht vor mir -zusammen, sie beten vielleicht für mich, für den armen Sünder, denn in -ihren Augen giebt es keine größere Sünde, als gottlos zu sein. Aber ich -protestire, ich bin es nicht! An jenem Tage wurde der wunde Punkt nicht -auf das Leiseste mehr berührt, doch fühlte ich mich unbehaglich und ging -bald. Im Zimmer hatte ich nicht Ruhe, ich ging hinaus, durchstreifte -den Wald, das Feld, kam, ohne es beabsichtigt zu haben, in die Nähe des -Kirchhofs und stand an den Gräbern der Eltern. Mutters weißes Marmorkreuz -sah mich matt an, es war mir, als spräche es traurig: gottlos, armer Sohn! --- »Nein!« rief ich, beugte mich und küßte das Grab. Julchen fiel mir -ein. Sie ist eine Dienerin des Gottes, den ich nicht kenne. Aufgeregt, -wie ich war, sehnte ich mich ihre Meinung zu hören, ich wollte sie schon -geschickt herauslocken, ohne mir eine Blöße zu geben; es braucht nicht -alle Welt zu wissen, daß ich gottlos bin! -- - -Ich ging dem Hause zu. Ihr Stübchen liegt zu ebner Erde, ich kann es -vorübergehend übersehen. Ich warf einen Blick hinein und sah mit Unmuth, -daß sie nicht allein war, Cäcilie war bei ihr. Als ich jedoch das junge -Mädchen erkannte, kam etwas wie Segen über mich, es wurde stille, ganz -stille in mir, jetzt wieder -- unerklärliche Wonne! -- - -Ich blieb stehen und sah hinein, hören konnte ich nichts, wollte auch -nicht, und gesehen konnte ich auch nicht werden. Es war Dämmerung und -Julchen lag auf dem Sopha von vielen Kissen unterstützt, vor ihr, mit -den Knien auf dem Estrich, Dielen sind für das Hospital Luxus, kniete das -bleiche Kind, und drückte abwechselnd bald die eine, bald die andere Hand -auf die Stirn der Kranken. Es war ein rührendes Bild. -- Nein Pauline, -ich bin gewiß nicht gottlos, sieh, als ich wieder zwischen den Gräbern -hinschritt, bat ich Mutter, Gott um den schönsten Segen für das stille -Kind anzuflehn, und dieser Wunsch kam aus tiefstem Herzen, ich muß also -glauben, trotz der vielen Wenns und Abers des Verstandes. - -Es ist mir ein süßer Gedanke, Cäcilien unter den Schutz meiner Mutter -gestellt zu haben. -- - -Gute Nacht, Schwester; ich habe eben am Fenster gestanden und auf die -ruhende Welt hinabgeschaut, der Mond hält oben Wacht, es ist sehr schön -draußen. Mein Herz ist in wunderbarer Aufregung, nie habe ich mich so -ernstlich gefragt, ob ich Gott glaube, ob ich gottlos bin. Wie kam es, daß -diese Frage mein Inneres so in Aufruhr gebracht hat? Das Verstummen zweier -Menschen hats vermocht, zweier Menschen, die ich hochschätze. Wenn es -einen persönlichen Gott giebt, Pauline, dann muß er eine unausdenkbare -Größe sein. Denk Dir eine Macht, welche die Welt, die Natur in dieser -wunderbaren Ordnung erhält, denke diesen raffinirten Naturgesetzen nach, -denke Dir dazu eine Liebe, welche dies Alles erschaffen hat und erhält -für Geschöpfe, die ihn verneinen, verhöhnen; ist ein Gott, so ist mir -nicht bange, Gott wird und muß am größesten im Verzeihen sein. Es -ist ein wonnereicher Gedanke: Gott. Entweder beginnt nun für mich ein -besonders reiches Leben, oder ein sehr ödes, kaltes. Meine Seele ist nun -einmal von einem Verlangen erfaßt, diesmal kann es nur Gott befriedigen. - - _Justus._ - - - - - Den 3. September. - -Die kleine Johanne ist an den Masern erkrankt, die Gäste haben das Schloß -verlassen, und ich treibe mich umher, denn das Bild der Gräfin ruht -natürlich, sie verläßt die Kleine nicht, um sich in Kostüm zu werfen -und mir zu sitzen. Der Graf ist vielbeschäftigt, unsere Unterhaltung bei -Tisch ist einsilbiger und dreht sich meist um die kleine Kranke. -- Ich -erwarte Deinen Brief mit Spannung, aber nicht mehr mit der fieberhaften -Unruhe wie Anfangs: ich weiß was ist, und fühle mich wohl dabei. -- - -Berga hat mir einen Gruß für Dich aufgetragen. Ida schalt sie dafür, sie -sollte nicht zudringlich sein. »Sie meint es ja ganz gut in ihrer Weise, -Ida,« sagte Cäcilie sanft, »es ist wirklich nichts Unrechtes dabei.« - -Ida warf den Kopf sehr auf und erwiderte, Cäcilie scheine heute sehr -gnädig zu sein, gestern habe sie Berga über ein ganz unschuldig -hingeworfenes Wort eine lange Strafpredigt gehalten. Ich war gespannt, -zu erfahren, was das für ein Wort gewesen sein mochte und fragte -mein Pathchen. »Herr Jesus,« antwortete sie und senkte den Kopf ganz -beschämt. -- »Sie thuts nicht wieder,« versicherte Burga, »es thut ihr -selbst leid.« -- - -Cäcilie sprach kein Wort weiter darüber, ich dachte aber, was würde -Cäcilie sagen, wenn sie in meiner Seele lesen könnte. Später waren -wir im Garten und ich wurde fortwährend von der Versuchung gepeinigt, -Cäcilien zu fragen, was sie von mir denke, nur wartete ich auf eine -günstige Gelegenheit dazu. Endlich waren wir einmal mitten in einem -Laubengange allein und ich fragte mit dürren Worten: »liebes Pathchen, -bin ich ein guter Mensch?« - -»Ich bin Ihre Pathin nicht,« erwiederte das junge Mädchen sehr ernst, -»ich war weder Zeugin Ihrer Taufe noch -- fügte sie leise hinzu -- Ihrer -Wiedergeburt.« - -Ist das nicht streng von solchem kleinen Mädchen von siebzehn Jahren, das -so sanfte Züge hat? -- es kränkte mich auch etwas, aber es verdroß mich -nicht. - -»So wiederhole ich denn Fräulein Bernwacht meine Frage,« sagte ich ganz -treuherzig, und war begierig ihre Antwort zu vernehmen. - -»Ich halte Sie für warmherzig,« sagte sie. »Genügt das?« fragte ich. -Sie schüttelte mit dem Kopfe und Ida rauschte heran; ich hätte gern mehr -gehört. -- - - - Den 10. September. - -Dank für Deinen Brief, liebe Schwester. Es ist doch schön um sichere -Liebe, wie die der Geschwister; Gott sei Dank, daß ich Dich habe. Ja, Gott -sei Dank, Du weißt, ich kenne ihn nun. Du hast nie daran gezweifelt, mein -Leben habe es bewiesen, daß ich ihm nicht fern sei, ich hätte ihn -nur durch die dichten Schleier der Selbstüberschätzung, des geistigen -Hochmuths gesehn. Kind, welche Worte! -- Indessen, es ist etwas Wahres -daran, und die Schüchternheit, mit der Du diese harten Behauptungen -aufstellst, und die Freudigkeit, mit welcher Du mich auch ein Gotteskind -nennst, zeigen Deine eigne Demuth und Liebe hinreichend, um mich vor -Bitterkeit zu bewahren. - -Da steht weiter: »Aber Du bist kein Christ, Gott führe Dich zu den -Füßen des Heilands, der uns Allen zur Erlösung gegeben ist, und er wird -es thun, ich fühle es mit köstlicher Bestimmtheit. Wenn Du auf meine -tiefsten Herzenswünsche etwas giebst, so lies das neue Testament und suche -die Unterhaltung gläubiger Menschen. Thu es nur zur Probe, wenn Du Deiner -Sache augenblicklich ganz gewiß bist nichts weiter zu Deinem Heile zu -bedürfen, als Deine jetzige Erkenntniß.« - -Dein Rath soll befolgt werden. Aber verlange nicht, daß ich aus Respect -vor Euren vermeintlich unantastbaren Wahrheiten verstummen soll. Ist Eure -Religion die beste, so muß sie Widerspruch vertragen können, und ihre -Priester und Priesterinnen dürfen über ein freies Wort nicht gleich den -Stab brechen, oder über den Andersdenkenden den Bann verhängen. -- - -Mit wahrer Herzenserleichterung habe ich wahrgenommen, daß der Graf -und seine Gemahlin mir nicht ihre Achtung entzogen haben. Wir verkehren -ähnlich wie früher, nun Johanne wieder genesen ist und die Kleine besucht -mich auch wieder. Durch diesen Zwischenact ist dennoch unser Verhältniß -anders geworden, ich fühle etwas wie Mitleid aus der Art und Weise heraus, -wie sich die hohe Frau gegen mich benimmt, und des Grafen Umgehung alles -dessen, was sich auf Religion bezieht, ist es nicht Schonung? -- oder will -er die Perlen nicht in den Bereich des Unreinen werfen? Ich glaube Besseres -und verehre Beide um Vieles inniger noch, als zuvor. Oft wünsche ich, -sie möchten sprechen, und ich würde ihnen dann sagen, wie es nun mit mir -steht. -- Freilich würde es ihnen nicht genügen, aber sie doch vielleicht -erfreuen. - -Lebe wohl, liebes Kind, und schreibe bald wieder Deinem Bruder - - _Justus_. - - - - - Den 20. September. - -Gestern Abend bin ich bei Julchen Hermann gewesen und habe eine lange -Unterredung mit ihr gehabt. Sie ist das, was Du eine echte Christin nennen -würdest, liebreich, dienstfertig, freudig, genügsam, Alles »um des Herrn -willen,« wie es auf ihrer heitern Stirn und in den großen grauen Augen -klar steht. Ein religiöses Gespräch mit ihr anzuknüpfen, bedarf weiter -keines Vorbedachtes, man kann nur nach einem Warum ihres Thuns fragen und -man hat, was man will. Die Seligkeit, ihre und anderer Menschen, ist ihr -Hauptgedanke, und sie ist der eignen so sicher, daß sie sich unter den -Gräbern ringsum, und in der Gesellschaft eines Dutzend alter, einfältiger -Weiber sogar schon wie im Vorhofe des Himmels fühlt. Ihre Sicherheit -reizte mich mehr, als Du Dir vielleicht denken kannst, und ich ließ mich -von meiner Heftigkeit zu Entgegnungen hinreißen, deren ich mich bei kaltem -Blute schäme. »Toben Sie nur,« sagte sie ganz siegesgewiß und mit -dem gütigsten Lächeln, »dieser Eifer ist mir ganz angenehm, er ist -das Geschrei des angegriffenen alten Menschen, der alte Adam fürchtet -überwunden zu werden.« - -»Ich bitte Sie, bestes Julchen,« rief ich anmuthig, »verschonen Sie mich -mit diesen abgeschmackten, Ihrer ganz unwürdigen Redensarten, -- alter -Adam!« - -»Fleischeswille, wenn Sie das lieber hören,« erwiederte sie ganz -gelassen. - -»Was will denn mein Fleisch?« fragte ich lachend. - -»Herrschen, das Sinnliche, die Erde mit ihren Freuden zum Abgott machen.« - -»Ich denke nicht daran,« betheuerte ich. - -»Sie thaten es aber, und thun es noch,« beharrte sie. -- - -Ich bat sie, mich dieser Anschuldigung zu überführen, allein sie meinte, -es sei wohl besser, ich thäte das selbst, sie verstehe vom Disputiren -wenig. Sie wisse das aber ganz gewiß, daß sie ohne Christus nicht -bestehen könne, daß sie nur an seiner Hand auf Erden wandeln und im -Himmel selig sein könne. Auf meine Aeußerung solche Ansichten seien -Schwärmerei, schüttelte sie den Kopf und fragte mich, ob ich denn allen -Ernstes glaube, den Himmel verdient zu haben? -- »Verdient,« sagte ich -ihr, »zwar gerade nicht, aber für wen er denn sein solle, wenn nicht für -Menschen, die ein richtiges Leben geführt hätten, ich sei kein Grausamer, -kein Lüstling u. s. w.« - -»Sie meinen, Sie haben die Gebote gehalten?« fragte sie. - -»Gewiß,« behauptete ich. -- - -Es erfolgte eine lange Pause, dann sagte sie: »In diesem Falle haben Sie -den Himmel verdient; ich kann das von mir nicht sagen, ich habe keines der -Gebote gehalten.« - -Ihr Ton war bei diesem demüthigen Bekenntniß ganz ruhig, ich fühlte, sie -sprach ihres Herzens Meinung aus. Desto größer war mein Staunen. Julchen -Hermann gilt allgemein als eins der vortrefflichsten Wesen, unsere Mutter -war ihre Freundin, ihr ganzes langes Leben wird musterhaft genannt und -sie sagt, sie habe alle Gebote übertreten. Ich dachte an das fünfte, das -sechste, das siebente. »Das ist Selbstverblendung,« rief ich, »die ganze -Stadt würde Ihnen widersprechen!« - -»Das ist Selbsterkenntniß,« entgegnete sie, »was weiß die Stadt von -meiner Herzensgeschichte, und das Herz ist der Heerd, der stille, heimliche -Heerd der geschehenen und ungeschehenen nur gewollten Thaten, die vor Gott -alle gleich sind. Das Wort »Du sollst nicht begehren« steht in gleicher -Reihe mit dem »Du sollst nicht fluchen, stehlen« u. s. w. Was die Stadt -nicht weiß, soll Ihrer Mutter Sohn erfahren, und so hören Sie denn etwas -aus dem Leben einer alten, unbescholtenen Jungfrau, und sehen Sie hinein -wie in einen Spiegel, lieber Justus.« -- - -Die Erzählung, welche ich Dir gewiß mittheilen darf, da Du meiner Mutter -Tochter bist, hat einen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht. Es wird mir -nicht schwer werden, sie Dir ziemlich getreu mit Julchens eigenen Worten zu -überliefern, das Ganze ist mir lebendig gegenwärtig. - - -Aus Julchen Hermanns Leben. - -»So weit ich zurückdenken kann, ist es unverdiente Liebe, welche mich -gepflegt, gehütet und geführt hat. Meine Mutter haben Sie gekannt, sie -war einzig in ihrer Art, ich könnte stundenlang von ihren Eigenschaften -reden, und hätte sie doch nicht vollständig geschildert. In ihren -frühern Jahren war sie sehr lebendig und hat sich ihre geistige Frische -auch bis ins höchste Alter erhalten, Sie müssen sich noch erinnern -können, wie eindringlich all ihre Worte und wie ausdrucksvoll ihr -Mienenspiel und all ihre Bewegungen waren. Mutters Worte hatten stets die -größte Gewalt über mich. -- Mein lieber Vater war Geschäftsmann und -hatte für meines Bruders und meine Erziehung nur wenig Zeit übrig, Mutter -nahm uns also ganz unter ihre Leitung, und so war ich denn schon früh so -glücklich das Gute in seiner Schönheit kennen, es lieben zu lernen, von -Kind an war ich unsers himmlischen Schöpfers und seines Sohnes Eigenthum, -das er vor tausend Gefahren von seinen Engeln bewachen ließ. Aber trotz -dieser Leitung, trotz dieses Schutzes, trotz meiner Liebe zu dem Heiligen, -habe ich oft tiefes Leid über meine Sündhaftigkeit tragen müssen, sie -steckt zu tief, glauben Sie, wir werden ihrer erst ledig, wenn die Hülle -zerbricht.« - -»Als mein Vater starb, der nur ein geringes Vermögen hinterließ, war -mein Bruder auf dem Gymnasium, und ich ein Mädchen von sechszehn Jahren. -Mein Bruder Leopold war sehr befähigt und Mutter und ich wünschten -beide sehr, er möchte Theologie studiren, kein Opfer, welches wir uns zur -Förderung dieses Zweckes auferlegten, schien uns zu schwer, wir entbehrten -mit Freudigkeit und freuten uns über jede neue Bestellung an Näh- und -Stickarbeiten, deren Ertrag für den Bruder zurückgelegt wurde. Leopold -kam wirklich zur Universität und erleichterte Mutter den kostspieligen -Unterhalt durch Stundengeben, so daß vorauszusehen war, es werde Alles gut -gehen. Daß wir's an Bitten bei der rechten Behörde nicht fehlen ließen, -können Sie sich denken -- aber Leopold irrte ab. Er trieb es sehr, sehr -schlimm, mit der Theologie war es aus, er kam zu Haus und es sollte nun -überlegt werden, was nun aus ihm werden könne. Ehe er ankam, war ich in -der vortrefflichsten Stimmung, es war nicht schwer, neben der Mutter das -Rechte zu finden: ich hatte nicht zu richten, sondern nur zu beten und zu -bitten, auch konnte ich meinem lieben Herrn beweisen, bis zu welchem Grade -von Sanftmuth ich es gebracht hatte, ich wollte mit schwesterlicher -Liebe den zu halten suchen, der unbrüderlich den Lohn meines anhaltenden -Fleißes verpraßt hatte, nur Lächeln anstatt Thränen zeigen.« - -»Alles gelang, bis Leopold auch in seiner Heimath das schreckliche Leben -wieder begann, und die traurigsten Excesse unter unsern Augen verübte, -obgleich Mutter alles Mögliche, was seine Verblendung zerstören konnte, -anwendete, obgleich ich, nach meiner Meinung, mit der überzeugendsten -Klarheit auseinandersetzte, daß der von ihm eingeschlagene Weg einzig -in den Abgrund bodenloser Verderbtheit und Unheiles führen müsse. Er -_wollte_ also nicht! Nun war es aus mit meiner großen, schönen Liebe, mit -meiner Sanftmuth, da glaubte ich entschieden die Grenze zwischen ihm und -mir gezogen, ich wendete mich kalt von ihm ab und betrachtete ihn mit dem -Blicke der Verachtung. Mein Herz litt unsäglich dabei, aber ich -hüllte mich in ein stolzes Schweigen, den Bruder vermeidend, die Mutter -auffordernd, ihn zu lassen, wie ich es gethan, in mir den Ersatz zu suchen. -Ja, ich wagte das Unglaubliche, ich war so stolz in meiner Tugend, die mich -so hoch über den Bruder stellte -- aber Mutter hatte keine Antwort dafür, -sie sah mich nur an, stumm und verwundert, schmerzlich befremdet.« -- - -»Am Abende dieses Tages brachten Jünglinge den Leichnam meines Bruders, -aber Gott sei gepriesen! er hatte sich nicht selbst entleibt, wie es -mir bei dem ersten Anblicke qualvoll durch die Seele fuhr, er war -verunglückt.« -- - -Julchen schwieg einige Augenblicke, aber bald gefaßt, fuhr sie fort: - -»Ist es gewiß, daß mein abstoßendes Wesen nicht Ursach war, daß mein -Bruder gerade an diesem Tage das Haus verließ, draußen umherirrte? -- -Hatte ich nicht jedenfalls Mutters Liebe von dem Unglücklichen zu reißen -gesucht, hatte ich nicht Uebels von ihm geredet, während ich »ihn -entschuldigen sollte und Alles zum Besten kehren!« -- - -»Meiner Mutter Haupt richtete sich früher empor als das meinige, sie -hatte ein gutes Gewissen. Aber sie tröstete mich mit liebevollen Worten, -erinnerte mich an Gottes Weisheit und Güte, die Alles voraussieht, immer -wacht, gern verzeiht, und hob mein, in der Seelenqual gesunkenes Vertrauen -zu dem, der das zerbrochene Rohr nicht knickt und den glimmenden Docht -nicht auslöscht. Durch Gottes und ihre Hülfe wurde ich wieder ruhiger, -ich drückte die Hände meiner Freundinnen wieder wärmer, als in der Zeit -des Elends. Viel Worte des Lobes und der Bewunderung wurden in jener Zeit -über mich gesprochen, die öffentliche Meinung überschreitet leicht das -Maaß, im Tadel wie im Lobe, man hinterbrachte sie mir, mich zu erfreuen, -aber ich verbarg mich schamroth vor den kurzsichtigen Beobachtern. Die -freundliche Aufnahme und Vertheidigung, die Leopold Anfangs bei mir -gefunden hatte, dokumentirten aufs Neue mein vortreffliches Herz, meine -spätere Kälte war untrüglicher Beweis meiner reinen Tugendhaftigkeit, -die mit dem Unreinen durchaus keine Gemeinschaft haben könne, und dann, -mein unverkennbar tiefer Schmerz nach Leopolds Tode -- wie rührend -erschien er der Welt, mit welcher Zartheit begegnete man mir seinetwegen!« - -»Jahre verstrichen, ich war zwei und zwanzig Jahre alt geworden, und Gott -hatte mir ein Glück geschenkt, das in seinem Umfange vorher nicht zu ahnen -ist: ich meine die Liebe eines Freundes, in dessen Gemeinschaft uns die -Welt verschwindet, wir uns nur selig vor dem Herrn aller Liebe fühlen. -Mein Freund war unendlich mehr als ich, aber ich verstand ihn. Ich staunte -über den Reichthum des innerlichen Lebens, den er mir erst zugänglich -gemacht hatte; er war der Engel der mir lächelnd unser seliges Endziel und -alle Hindernisse auf dem Wege dahin im Lichte der überwindenden Kraft -der Gnade zeigte. Ich bin jetzt ein altes Mädchen, aber wenn ich von ihm -spreche, so verkörpere ich nur ein freudiges Hallen der ihn feiernden -Seele; ich liebe ihn noch, und freue mich ihm entgegen, aber staunen Sie, -Niemand weiß es: ich wurde ihm ungetreu.« - -»Gott nahm ihn mir früh, ich sah ihn begraben; aber an seinem Grabe -sprach ich das Gelübde aus, einsam meinen Weg zu wandeln; Keiner sollte -so Theil an mir haben, wie er, Niemand so meine Theilnahme, mein Vertrauen, -meine Freundschaft besitzen; er sollte mein Leitstern bleiben, bis wir -wieder bei Gott vereint sein würden.« - -»In diesem Gelübde fand ich neue Kraft, ich hatte die Süßigkeit -der innigsten Gemeinschaft zweier Herzen kennen gelernt und wollte, das -vielleicht lange Leben hindurch, darauf verzichten; wollte mich mit der -sekundairen, laueren Freundschaft derer begnügen, die mein Herz nur -oberflächlich kannten, und in andern Verbindungen größere Befriedigung -fanden.« - -»Meine Sehnsucht und Trauer war groß, ich habe Jahre lang viel gelitten, -mehr als ein Christenherz um einen Heimgegangenen leiden sollte. Endlich -erhob ich mich, mit Gottes Hülfe, zu größerer Klarheit, ich empfand -wieder Freude bei seinem Andenken, ich freute mich in seinem Sinne handeln -zu können, richtete meine Blicke und mein Herz wieder fester zu den -Höhen, von wannen die Hülfe kommt. -- Da starb Mutter und ich war ganz -verwaist. Es ist sehr schwer allein zu stehn, wenn man ein warmes Herz -hat. Es fehlt freilich nie an Gelegenheiten zum Gutesthun, aber unsere -Liebesthaten werden da unendlich wohlthätiger wirken, wo die Liebe sie -empfängt; man will auch nicht verschwenden, weil man weiß, wie glücklich -Liebe machen kann. Fühlen Sie, wie es kam, daß die welche als ein Muster -felsenfester Treue galt, allmählig die Wünsche hegte, mit ihrem tiefsten -Seyn, sich an ein anderes lebendes Wesen zu schließen, fühlen Sie aber -auch die Kämpfe, Selbstanklagen und welches Verzagen diese arme Seele -erschütterten? Der geistige Bund, die geistige Ehe, wenn Sie wollen, war -entweihet, auf welche Tugend durfte ich noch bauen, wenn nicht auf diese -Treue, auf mein freiwilliges Gelübde der feurigsten dankerfülltesten -Liebe? -- Auf keine Tugend, keine Kraft war zu rechnen, in mir war kein -Halt.« - -»Was giebt mir nun den Muth mich dem Himmel und meinem Freunde dennoch -entgegen zu freuen?« fuhr die Erzählerin fort, »ich will es Ihnen -sagen. Kennen Sie noch Worte wie diese: »Kommet her zu mir Alle, die ihr -mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Nehmet auf euch -mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und von Herzen -demüthig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, und saget den -verzagten Herzen, seid getrost, fürchtet euch nicht; ich bin der Herr dein -Arzt; selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet -- wendet euch zu -mir, so werdet ihr selig -- die Liebe decket der Sünden Menge -- verlasset -euch auf den Herrn ewiglich -- durch Stillesein und Hoffen würdet ihr -stark sein!« - -»Jetzt bin ich stark im Glauben, ich bin auch selig in Liebe und -Hoffnung.« - -Das treffliche Mädchen schwieg und sah mich mit den leuchtenden Augen -ihrer Mutter an. Ich küßte ihre Hand. - -»Haben Sie wirklich alle Gebote gehalten?« fragte sie. - -»Nein,« entgegnete ich. Sie drückte mir die Hand, und ich verließ sie -voller bewegten Herzens. -- - -Wenn ich einmal verheirathet sein werde, dann will ich Julchen Hermann für -mein Haus zu gewinnen suchen, da soll sie noch viel Liebe finden. Meine -Frau soll die Geschichte erfahren, und wenn sie sie jetzt nicht etwa schon -liebt -- man kann's ja nicht wissen -- dann wird sie's nachher sicher. -Julchen wird dieser Frau eine sehr kräftige Stütze werden, ich nenne sie -freilich immer alt, deshalb ist sie aber noch nicht gebrechlich, und hat -sie auch einmal Migräne, so legt meine Frau die Hände auf sie und Alles -ist gut. -- - -Gott segne alle guten Menschen, Dich auch recht sehr, liebe Pauline! -Schreibe bald wieder. - - _Justus._ - - - - - Den 13. October. - -Kleines Mädchen, ich fühle mich sehr behaglich auf Gottes schöner -Welt, und er hat mir einen netten Platz und entsprechende Arbeit darauf -angewiesen. Der liebe, großmüthige Herr Gott hat mich ohne Zweifel -wirklich recht lieb, sonst könnte er mir nicht so viele gute Menschen in -den Weg schicken und mein Herz so fröhlich machen. - -Sonntags kam ich aus der Kirche, -- ich schäme mich dieses Ganges -keineswegs, ich fühle mich darin ganz behaglich, ganz zu Hause, ich habe -gesungen wie die Andern: Befiehl du deine Wege u. s. w. -- also ich kam aus -der Kirche, und stehe mit der kleinen Johanne, die ihrer Bonne weg- und mir -entgegen gelaufen ist, und plaudere ganz freundschaftlich, als »Grafs« -kamen. Der liebe Engel grüßte, bevor ich meinen Hut herunter hatte, wie -Maienlicht und steuerte auf uns los. - -»Wissen Sie, lieber Herr Brand, was wir in dieser Woche für ein Fest -feiern?« frägt sie. Ich wußte von nichts. »Königs Geburtstag, am -15.,« fuhr sie fort, »und ich führe zur Verherrlichung des Tages etwas -im Schilde gegen Sie.« -- Ich stellte mich ihr mit allen meinen Kräften -zur Disposition. - -»Eigentlich muthet Ihnen meine Frau ein starkes Stück zu,« bemerkte der -Graf, »aber sie hat ein merkwürdiges Vertrauen zu Ihnen.« - -Ich fühlte mich erröthen und sah die edle Dame dankbar an; sie lächelte -und sagte: »O ja, sein Sie dessen ganz gewiß, was ich aber wünsche, ist -gerade nichts Gewaltiges, es handelt sich nur um ein Paar Transparente -zum Festtage, nicht wahr, Sie machen sie gerne? wir wollen recht schön am -Abende illuminiren.« - -Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind und ich versprach natürlich -mein Möglichstes dabei zu thun. Da stehn sie nun, 3 Rahmen, mit dem -königlichen Namenszuge, Adler, Laubwerk u. s. w., ich habe sie vorhin -probirt, es ist eine wahre Pracht! -- Hast Du wohl beachtet: sie hat -merkwürdiges Vertrauen zu mir! - -Uebermorgen Abend also glänzende Illumination, und in der Stadt Ball. Zu -drei Tänzen habe ich bereits engagirt, Theresen zur Polonaise und Ida zum -ersten Walzer und Cottillon. Cäcilie will nicht hingehen, sie wird Burga's -und Berga's Kameradschaften mit Kuchen und =blanc manger= tractiren -- -Jeder nach seinem Geschmack! -- Nach dem großen Tage mehr. - - - Am 16. October. - -Was steckt doch alles in einem und demselben Menschen; ich z. B. bin -überraschend vielseitig, es kommt nur darauf an, mich dahin zu stellen, -wo etwas fehlt, und man erlebt Staunenswerthes! -- Die Tage waren köstlich -und ich werde Dir alles getreulich berichten, es ist ein Vergnügen noch -einmal Alles durchzunehmen. - -Die Transparente waren also zur rechten Zeit fertig und ich glaubte bei -den übrigen Vorbereitungen den Zuschauer abgeben zu können, aber weit -gefehlt! - -Schon am frühen Morgen des 14. begann ein allseitiges Rumoren, die ganze -Dienerschaft lief durcheinander, schleppte hierhin und dorthin, schrie und -frohlockte, als sei es heute Pflicht und Schuldigkeit Menschen, welche -von der Natur mit zarten Gehörnerven versehen sind, zur Verzweiflung zu -bringen. Wie die Gräfin dies aushält, dachte ich, wo sie wohl steckt, -während dieses Lärmens. -- Der Tag war einzig schön, ich öffnete das -Fenster, setzte mich daran und begann zu malen. Es ging aber nicht, trotz -des besten Willens, so beschloß ich Toilette zu machen und mir den -Wirwarr draußen in der Nähe zu besehn, vielleicht daß ich ihm dann -mehr Geschmack abgewönne. Aber zum ersten Male sah ich mich hier -vernachlässigt, der Toilettentisch entbehrte des Nothwendigsten, wer denkt -an den Maler im Dachstübchen, wenn Königs Geburtstag ist! Ich machte mich -jedoch bemerklich und klingelte, einmal, und noch einmal, und als das -nicht half, lief ich an die Wendeltreppe, und schrie um durchzudringen -mit einigem Kraftaufwande erst nach dem Bedienten und dann ganz energisch -»Waschwasser!« Leichte Schritte wurden in einem benachbarten Zimmer -hörbar, sie entfernten sich, und nichts erfolgte. Nun galt es Geduld zu -üben und mit Ergebung abzuwarten, was geschehen würde. - -Es dauerte nicht lange und das Zöfchen erschien, nach meinen Befehlen -fragend, Frau Gräfin schicke sie. »Frisches Wasser, liebes Kind,« gab -ich ganz bescheiden zur Antwort. Also ihre Erlaucht hatte ich vorhin mit -meinem Befehle beehrt! - -Nach einer Viertelstunde stand ich im Eßsaale, wo aber ein großes Malheur -passirt war. Ein ungeschickter Bedienter hatte einen Wandleuchter an Ort -und Stelle bringen wollen, sich statt einer Treppe einer Leiter bedient, -war damit auf dem geglätteten Fußboden ausgeglitten, niedergefallen, und -dabei, um die Sache nicht allein abzumachen, hatte er einen in der Nähe -stehenden großen Gypsengel bei einem Flügel ergriffen und ihn glücklich -mit zu Falle gebracht. Mit Mienen stummer Verzweiflung umgab das fast -vollständig gegenwärtige Dienstpersonal die jämmerliche Gestalt -des schwerverletzten Schutzengels, der Sünder selbst stand da, mit -leichenblassem Gesichte. Auch die Gräfin besichtigte den Schaden und -befahl dann die Figur aus dem Saale zu schaffen, als ich bat die Sache -etwas genauer untersuchen zu dürfen. Nun stellte es sich heraus, daß -die Zierde des Saales noch zu retten war, zwar mußte der rechte Flügel -dreimal gekittet und eine starke Schramme auf der Stirn ausgefüllt werden, -aber das war auch das Schwierigste, die andern Defecte waren höchst -unbedeutend. Die Gräfin schüttelte anfangs den Kopf zu meinem Entschlusse -die Operation zu übernehmen, und meinte ein geflicktes Kunstwerk sei keine -Zierde mehr, als ich jedoch erklärte es nicht übel nehmen zu wollen, -wenn man den Geheilten verwerfen würde, und betheuerte ich würde nur sehr -ungern von der Arbeit abstehen, gab sie lächelnd ihre Einwilligung. -- -Der Engel genaß vollkommen, jede Narbe verschwand unter einer angemessenen -Dosis Marmormehl und am 15. Morgens war ihm von seinem =salto mortale= -nichts mehr anzusehen. Ob nun zum Lohn für diese Kur oder nicht, das kann -ich nicht entscheiden, genug, ich wurde eingeladen mit der Herrschaft gegen -Abend durch den Park zu fahren, es war ein Genuß, in dieser Gesellschaft -und unter den alten prächtigen Bäumen hin, die indessen schon bedeutend -gelichtet sind und die reichste Schattirung zwischen Grün, Gold und Purpur -bilden. Mehrere dieser Alleen sollten auch illuminirt werden, nur bedauerte -die Gräfin, daß man nicht bei Zeiten daran gedacht habe, die Wege vom -hochdaraufliegenden Laube säubern zu lassen, es sähe schlecht aus, und -lasse sich auch nicht schön darin gehen und sie spaziere doch so gerne -bei solchen Gelegenheiten in diesen Gängen, wo sie so viele freundliche -Gesichter zu sehen bekomme. Der Graf bedauerte es ebenfalls, konnte aber -nur versprechen die dem Schlosse zunächst liegenden Wege sauber herstellen -zu lassen, seine Leute hätten schon reichliche Beschäftigung. - -Ganz bescheiden wagte ich es mich ein wenig in die Sache zu mischen und -fragte, ob die armen Leute in der Stadt wohl nicht gern das Laub wegholen -würden, wenn sie nur die Erlaubniß dazu bekämen. »Gern,« erwiederte -der Graf, »aber bei solchen Gelegenheiten kennen die Leute nicht Maß noch -Ziel. Würde ich die Erlaubniß zu morgen früh ertheilen, so könnte -man sicher darauf rechnen, daß noch Mittags, wenn die Gäste kommen, der -Schloßberg mit den Laubharkern besetzt ist, und da weiß ich doch nicht -was vorzuziehen ist, besonders wenn ich bedenke, daß das Wild durch die -Kinder auf mehrere Tage in den Hintergrund des Parkes gescheucht werden -wird, wer kann solche verschiedenartigen, zahlreichen Arbeiten hüten?« - -Mir fuhr ein komischer Gedanke durch den Kopf. »Ich will's thun, -Erlaucht,« sagte ich, »es wird mir ein Vergnügen sein.« - -»Ebenso wie mit der Natur?« fragte die Gräfin. - -»Ja,« antwortete ich, »gestatten Sie nur daß mir ein bespannter Wagen -und eine Menge Säcke zur Verfügung gestellt werden, das Andere werde ich -mit Vergnügen besorgen.« -- Der Graf fand das zwar unmöglich anzunehmen, -aber seine liebe Frau bewies ihm die Möglichkeit ganz einfach. - -»Laß dem Herrn nur den Willen,« sagte sie schließlich, »Du hörst -wohl, er thut so etwas gern, es ist gewiß wahr, da er es zweimal -betheuert, und warum auch nicht? ich kann mir das Geschäft auch ganz nett -denken.« -- Erlaucht war überwunden. - -Gleich nach der Abendtafel eilte ich in die Stadt, mein Plan war schon -fix und fertig. Der Bürgermeister sollte eine Anzahl Personen nennen, -mit denen etwas aufzustellen war, diese sollten für die Frühstunden des -nächsten Tages zum Laubharken geworben werden, und für die Arbeit bekamen -sie das Laub bis vor die Thüre gefahren. Bernwacht war im Familienzimmer, -dort wurde die Geschichte also verhandelt. »Giebts denn schon was?« -fragte Frau Bernwacht ganz erstaunt, wir haben ja noch gar keinen Frost -gehabt. - -»Aber Kastanien Mama, bedenke Kastanien, die schon ganz kahl sind,« -belehrte Berga, »und wie viel ist noch vom vorigen Jahre! Burga und ich -wir gehen in der langen Allee manchmal zum Spaß durch das allertiefste -Laub, und dann raschelt es sehr, Du solltest mal hören.« Für ihre -Vertheidigung der Wichtigkeit meiner Angelegenheit beanspruchte sie für -sich und Burga die Erlaubniß mit zu harken, sie könnten das Laub herrlich -für ihre Kaninchen zum Einstreuen gebrauchen. Ida meinte: so eine Gräfin -ist doch allmächtig, sie darf nur einen Wunsch äußern und man eilt -ihn auszuführen und sollte man auch die merkwürdigsten Metamorphosen -durchmachen. - -»Sanfte, liebenswürdige Damen,« entgegnete ich, »haben über jedes -Männerherz zu gebieten.« - -»Das ist ja schrecklich,« spottete sie, »da hat ja keine Braut und -Frau das Herz ihres Mannes für sich allein; fürchtest Du Dich nicht, -Therese?« - -»Nicht im Geringsten,« erwiederte diese lachend, »ich werde mich -bemühen Theodor als die sanfteste und liebenswürdigste Frau zu -erscheinen, dann bin ich, nach eines Kenners Aussage, seiner größten -Liebe gewiß.« - -»Sehr edel von Dir, dennoch theilen zu wollen,« sagte Ida pathetisch -und hob den Kopf gewaltig, »ich meinerseits verlange entweder Alles oder -Nichts.« - -An solchen Scherzen betheiligt sich Cäcilie nie. Sie sitzt dann ganz ruhig -und strickt oder näht, oder zeichnet Muster, aber sie sieht oft aus, als -verstände sie von dem, was um sie her vorgeht, nichts, als seien ihre -Gedanken weit, weit weg. Ich möchte wohl wissen, wie es in einem Kopfe und -Herzen wie dem dieses kleinen Mädchens aussieht. - -Am andern Morgen ertheilte ich meine Befehle als Laubkommissarius, wie -Burga mich betitelte, und gegen zehn Uhr waren die Wege in schönster -Ordnung, geharkt und gefegt, und als die Gäste durch den Thiergarten -fuhren, war kein einziger Barfüßer mehr zu sehn. -- Um drei Uhr war -großes Diner, es dauerte mehrere Stunden, und ich habe mich unter dem -fremden hohen Adel weder gelangweilt noch gekränkt gefühlt, freilich war -das auch nicht zu befürchten, da die Gäste, außer einigen Herren aus -der Stadt, aus Freunden unserer gräflichen Familie bestanden, die ihnen -natürlich geistesverwandt sein müssen. Einige Unruhe fühlte ich gegen -Ende der langen Sitzung dennoch, ich dachte an das, was noch kommen sollte, -besonders an den Ball auf dem Rathhause; endlich erhob man sich, ich war -frei, und wollte eben aus der Thür schlüpfen, als ich den Blicken der -Gräfin begegnete. Sie winkte. »Sie gehen zu Ball,« sprach sie huldreich, -»und sprechen vorher bei Bernwachts ein, wollen Sie den Kindern nicht -etwas Confect mitnehmen? Sie werden sich sehr dadurch insinuiren.« -- -Ich ließ mir das nicht zweimal sagen, füllte einen Teller mit feinen -Süßigkeiten an, nahm ihn ungenirt nach außen, schlug dort die ganze -Bescherung in einen Bogen weißen Papiers und steckte das ansehnliche -Paquet in die Rocktasche. Nun gings in Sätzen den Schloßberg hinunter --- an der Toilette war nichts mehr zu ändern -- dem bürgermeisterlichen -Hause zu. Man war natürlich noch nicht fort, denn der Papa mußte erst -kommen, und der war bei meinem Abgange noch in ein Gespräch mit dem -Landrathe vertieft, auch wollte man erst die Illumination sehen, denn bei -dem schönen Wetter drohte dem Putze keine Gefahr, man hatte es früher -auch schon gethan, und war ganz entschlossen. Ida in rosa Flor sah -entzückend aus, sie hatte weiße Rosen im Haar und Perlen um Hals und Arme -geschlungen. Als sie mir entgegen kam, blieb ich wie geblendet stehen, -und hielt die Hand über die Augen. Sie lachte anmuthig und sagte: »Nicht -wahr, ich bin wundervoll?« -- »Wundervoll!« echote ich. »Süperb?« --- »Süperb!« Lachend gab sie Theresen die Hand und länderte durch das -Zimmer. Sie kam mir reizender vor als je. Therese war weiß gekleidet; sie -wäre vielleicht ebenso gern zu Hause geblieben, ihr Bräutigam war nicht -da. -- Cäcilie kam mit einem Schlüsselbunde zum Vorschein und trug -mächtige Körbe mit Aepfeln und Wallnüssen, das erinnerte mich an meine -gespickte Tasche, und Burga und Berga empfingen überglücklich die Sendung -der Gräfin. Darauf kam die Nachricht: die Erleuchtung sei im Gange, der -Papa brachte sie selber, ich half den Damen sich einzuhüllen und nun -gingen wir Alle dem Thiergarten zu. - -»Papa und Mama müssen unsere Lootsen sein,« meinte Berga. - -»Ja,« wiederholte die Andere, »es ist gewiß« -- »Schweig!« gebot -Ida, »wir wissen allemal im Voraus, was die Zweite von Euch zu sagen hat, -macht nicht so viel unnütze Worte.« -- - -Die Kleinen hüpften zu Cäcilien, hakten unter und somit war ich auf -die beiden Balldamen angewiesen, die denn auch geruhten mich zum Führer -anzunehmen. -- - -Oft habe ich Illuminationen gesehn, die diese einfache bei weitem -überstrahlten, aber keine erschien mir so lieblich, kindlich möchte -ich sagen, wie diese, und keine habe ich in so angenehmer Gesellschaft -betrachtet. In den schönen Alleen wogte es nur so von Menschen, und alle -waren mehr oder weniger von dem schönen Schauspiele entzückt. So schön -war es noch nie gewesen, das hörten wir wenigstens zehnmal. - -»Das sagen sie alle Jahre,« bemerkte Ida. - -»Nein,« widersprach eine der naseweisen Kleinen; »Cäcilie sagt es -selbst, so lieb ist es nie gewesen.« -- Ich sah mich nach dem Dreiblatt -um. »Es ist heut Abend wunderschön,« lächelte das kleine blasse, süße -Gesicht. -- »Ich denke lieb?« fragte ich. -- »Ja, recht lieb.« -- - -Nun wurden die Transparente sichtbar, und ich erntete indirect -überreichlichen Lohn für meine kleine, gern übernommene Mühe. Es war -an der Stelle, von welcher man sie am besten sehen konnte, ein förmliches -Gedränge. Ida wurde sehr unwillig, ihr Anzug verdürbe auf diese Weise -ganz, sie müsse nur allein gehen und auszuweichen suchen; ich verbeugte -mich und ließ sie gehen. Bald darauf sah sich auch Cäcilie treulos -verlassen, die kleinen Schwestern waren zur Mutter gestürmt, um ihr etwas -Nothwendiges über die Eindrücke zu sagen, welche dies Alles auf sie -hervorgebracht hatte, sie stand ganz allein da und vertiefte ihre Augen -in die Tausende von Sternen, die sich mit einem Male auf den schönen Wald -niedergelassen hatten. »Wir müssen die junge Dame nur unter unsern Schutz -nehmen,« flüsterte ich Theresen zu, und bot Cäcilien meinen Arm an, aber --- sie dankte! Sie dankte recht sehr, ich möchte es aber -- aber nicht -übel nehmen. -- - -Ich nahm's ihr dennoch übel. -- - -Nach einer guten halben Stunde eröffnete Ida an der Seite eines jungen -Militairs den Ball, und man tanzte, tanzte und tanzte, das ist die -Geschichte des Balles. Aber außerhalb des Balles trug sich an diesem -Abende noch Etwas zu. Von Bedeutung? magst du fragen -- je nun, ich meine -fast. Sieh, als ich die beiden Schwestern durch den Saal schweben sah, -- -sie sind Beide _sehr_ graciös -- fiel mir plötzlich Cäcilie, die kleine -Unergründliche, ein. Ich dachte: wie sie wohl tanzen würde, gewiß -hinreißender wie die Salome vor Zeiten, denn sie hat eine feenhafte kleine -Gestalt, und schwebt überhaupt mehr als sie geht. Und, dachte ich weiter, -was sie nun wohl treibt, und ob ihr Zuhausebleiben vom Ball wohl wirklich -Geschmackssache war oder ein pietistisches Opfer, ob sie zu Hause wohl den -Kopf ein wenig hängen läßt, und dachte so lange an dergleichen, bis ich -mit einer Art Freude, die mir ganz neu war, mich daran erinnerte, daß mich -ja nichts verhindere sie aufzusuchen, daß ich ja überhaupt so frei sei -wie der Vogel in der Luft. Der Mantel wurde umgeworfen und bald war ich da. -Am Fenster blieb ich lauschend stehn, lauter Gesang hoher Diskantstimmen -schallte mir entgegen: »Heil Dir im Siegeskranz, Herrscher des -Vaterlands!« -- eine schöne sanfte, aber sichere Altstimme führte das -Steuer. Die zusammengezogenen Gardinen waren nicht allzu dicht, ich konnte -vortrefflich hindurchschauen, da saß sie am Claviere und dirigirte; Burga -und Berga mit wenigstens einem Dutzend künftiger Schönheiten standen -ringsum und sangen nach Möglichkeit, Julchen Hermann, mit dem Ausdrucke -innigster Freude, daneben. - -»Fühl in des Thrones Glanz,« sie sangen mit ganzer Seele, die Mädchen, -ich mußte einstimmen, was gings mich an, wenn die Nachbarn etwa ihre -Bemerkungen darüber machten, es war ja Patriotismus -- »Die hohe Wonne -ganz, Liebling des Volks zu sein, Heil Liebling Dir!« - -Meine Einmischung hatte all die Oehrchen da drinnen gespitzt, Berga -errieth, und sang sich gerade bei der letzten Zeile aus der Hausthür -heraus. - -»König heißt es!« rief sie corrigirend, und sang, an meinem Arme -hängend, und meine Variationen noch einmal berichtigend: »Heil -König Dir!« als ich eben mit höflichem Gruße in der Versammlung der -Sängerinnen erschien. Cäcilie nickte mir freundlich zu, ließ sich aber -nicht stören, der Gesang nahm ununterbrochen seinen Fortgang. - -»Was wollen Sie denn eigentlich?« fragte mich Julchen, als wir Beide -auf dem Sopha saßen. »Mich ruhen, erholen.« -- »Glaubten Sie hier Ruhe -finden zu können?« -- »Ruhe und Frieden,« antwortete ich und sah ihr -voll in die Augen. Sie lächelte und nickte mit dem Kopfe. »Ja,« sagte -sie dann, »es ist ein großer Unterschied darin, den Lustbarkeiten -Erwachsener sich hinzugeben oder den Spielen der Kinder zuzusehen; ich bin -auch sehr gern unter Kindern.« -- - -Dieses alte Mädchen hat ein sehr feines Verständniß, aber wenn ich -einmal ein Geheimniß habe, soll sie es theilen. - -Nach dem Vortrage diverser Lieder tanzten die Kinder; Cäcilie spielte -mit einer Geduld, welche die meinige ermüdete, endlich erbot sich ein -liebenswürdiges Kind sie abzulösen, und sie setzte sich in unsere Nähe. -Nun könnte ich sie vielleicht tanzen sehn, dachte ich, oder gar selbst mit -ihr tanzen, sie wird aber ein rundes Nein bei der Hand haben, das will ich -doch nicht so schnell riskiren. Da kam Burga und bat sie, und sie tanzte, -nun versuchte ich mein Glück auch, und sie gab mir die kleine Hand ganz -willig. Sie tanzte noch lieblicher, als ich es mir vorgestellt hatte, -leise, leise, sinnig, lache nicht! -- sinnig, wiederhole ich -- sie thut -nichts als in dieser holden Weise. Da war keine Hast, kein innerer Sturm, -der sie trieb, keine Eitelkeit, die sich geltend machen wollte, sie hörte -Musik und bewegte sich harmonisch, das war es; ich, auf dessen Arm sie sich -lehnte, der ihr Führer hätte dabei sein sollen, konnte nicht anders als -sie. Nie hatte ich so getanzt! -- - -Nun tanzte sie nicht mehr, sie schlug es verschiedenen Kindern ab, ich -wagte es nicht, sie noch einmal zu bitten. Julchen lobte sie deshalb, sie -scheint sie für schwach zu halten. -- - -Nach einiger Zeit wurde Pause gemacht und Erfrischungen gereicht, Cäcilie -war die Vielbeschäftigte; ich hatte was ich wollte, und ging nach dem -Rathhaussaale zurück, fühlte mich aber nicht sehr zum Tanz mehr aufgelegt -und sah zu, bis der Cottillon kam, den Ida mir zugesagt hatte. Er dauerte -sehr lange, und es schlug bereits vier Uhr als der Pförtner mich zum -Schlosse herein ließ. -- - -Heut war hier nun eine hübsche Nachfeier, die Armen wurden in den -Laubengängen gespeist, und die Gräfin sah selbst mit ihren fröhlichen -Augen überall hin, ob auch Jeder sein Recht bekomme. Es ist rührend zu -denken, was Alles und wie so ein Frauenherz lieben kann. Spricht diese Frau -von Mann und Kind, oder ruht nur ihr Auge auf ihnen, so ist es Einem, als -füllten diese Geliebten ihre Seele ganz aus. Wer sie gestern zum ersten -Male gesehen hätte, oder überhaupt während die Anstalten zum Feste -gemacht wurden, der würde den Monarchen beneiden, dessen Namenstag mit so -inniger Freude begrüßt wurde, wie von dieser Frau. Ihr Töchterchen lehrt -sie beten für »den theuren König«, den Kindern in der Schule spricht -sie, wie man sagt, begeistert von seiner väterlichen Treue, ihren Gatten -und Sohn nennt sie mit Stolz Diener ihres königlichen Herrn. Heute flammte -wieder der heilige Liebesstrahl in ihren Augen, und für die Armen, die -ihr nichts Liebes erwiesen, die in ihrem innern und äußern Mangel so -himmelweit verschieden von ihr sind. Erbarmen habe ich auch für diese -Menschen -- wozu sage ich übrigens was du weißt und sich von selbst -versteht, -- aber solches Gefühl ist mir fremd. Ich mußte sie oft -betrachten. Ob sie es fühlte, weiß ich nicht, und wenn's der Fall war, -dann muß ich ihr doppelt dankbar sein; einmal als ich in ihrer Nähe -stand, sagte sie: »Wie glücklich bin ich heut, mehr als glücklich! Immer -muß ich an die schönen lieben Segensworte denken: »Alles was ihr gethan -habt Einem dieser Geringsten« -- ihr Auge wurde feucht, und sie brach ab, -aber ganz leise hörte ich neben ihr die Worte flüstern: »das habt ihr -mir gethan.« Es war Johanne, ihr kleines Abbild, welches den Vers so -andächtig ausbetete. Die Mutter küßte sie und sah mich mit einem -strahlenden Blicke an. Ihr Glaube macht sie selig. - -Nachmittags ging ich zu Bernwachts, mich nach ihrem Befinden zu erkundigen. -Die Alten waren im Garten, wo neue Anlagen vorbereitet wurden, Therese und -Ida hielten Nachmittagsruhe und Cäcilie saß im stillen Zimmer und brachte -Ida's Florkleid wieder in Ordnung, welches mit den Sporen des jungen -Vaterlandsvertheidigers in unangenehme Berührung gekommen war. Ich -setzte mich ein wenig zu ihr hin und fragte sie, ob sie das Märchen von -Aschenbrödel kenne. - -»Sehr gut,« antwortete sie, »es war immer mein liebstes.« -- »Das -läßt sich denken,« bemerkte ich, »wie sieht die Fee aus, sie ist wohl -wunderschön?« -- »Ich denke, wie Ida ungefähr,« sagte sie munter in -den Scherz eingehend, »ein schöneres Mädchengesicht als Ida's kann ich -mir so leicht nicht vorstellen; ich freue mich recht, daß Sie sie malen -wollen.« - -»Haben Sie Ida ganz besonders lieb?« forschte ich weiter. - -»Die Schwestern sind mir Alle gleich lieb,« entgegnete sie, »ich möchte -sie Alle gern gemalt haben, wenn's eine aber doch nur sein soll, so muß es -die Schönste sein.« - -»Sie lieben also das Schöne sehr?« - -»Sehr,« wiederholte sie, »ganz außerordentlich.« - -»Bei so viel Schönheitssinn,« behauptete ich, »muß ich Talente -voraussetzen, die Sie neidisch verstecken, gewiß malen Sie ausgezeichnet, -oder componiren oder dergleichen.« - -»Nichts von Allem,« entgegnete sie, »ich kann nur bewundern und lieben, -aber sehr wenig leisten.« -- »Bewundern, lieben und die Fehler Anderer -wieder gut machen,« sagte ich unwillkürlich, und wieder fiel mir -Aschenbrödel ein. »Sie müssen mir entschieden zu einem Bilde sitzen, ich -lasse Ihnen keine Ruhe anders,« kündigte ich ihr an; sie lächelte -aber und meinte: erst solle ich nur Ida malen, dann könne das Weitere -besprochen werden. Thut sie's, so wird diese Aschenbrödel ein süßes -Bild. Ich gebe ihr etwas mehr Farbe, die ihrige ist fast zu zart, und lasse -sie das herabflatternde Täubchen mit den erstaunten, fast erschrockenen -Wunderaugen begrüßen, die sie so manchmal auf uns richtet, wenn ihr etwas -Unerwartetes passirt, oder ich lasse sie vor der Fee stehn, und diese Augen -mit dem Ausdrucke der Bewunderung auf sie heften, den ich schon manchmal -mit einem zärtlichen Gefühle belauscht habe. Die Fee kann dann Ida sein, -weil sie es gesagt hat, sie wird mit ihrer vollendeten Gestalt und den -tadellosen Zügen prächtig werden. -- Sieh' Schwesterchen, so habe ich -schon wieder eine Freude im Voraus, ich begreife nicht, wie man das Leben -langweilig finden kann, wie z. B. Waldemar es thut, von dem ich erst -kürzlich eine lange Jeremiade über die Nüchternheit des menschlichen -Lebens aus Berlin erhalten habe. - -Nun will ich meinen langen Brief absenden und nur noch für den Deinigen -danken. Ja, Julchen ist mir auch sehr theuer geworden, und ich werde sie -öfter besuchen. Lebe wohl! - - _Dein Bruder Justus._ - - - - - Den 5. December. - -Du bist erstaunt über meine Brauchbarkeit nach so vielen Seiten hin -- -liebes Kind; Du weißt so viel wie nichts davon, Du wirst noch ganz andere -Begriffe von mir bekommen, wenn Du diesen Brief gelesen hast. Aber ich -übereile mich nicht damit, es wird ganz =en passant= kommen, ich werde den -Faden des Berichtes da wieder aufnehmen, wo er abgerissen wurde. -- Nach -dem denkwürdigen 15. October beschloß ich sehr fleißig zu arbeiten, weil -mein Bewußtsein etwas unzufrieden geworden war. So vollendete ich denn das -Bild der Gräfin zunächst und begann mit Eifer die Restauration der alten -Familienportraits im Ahnensaale. Der Graf besuchte mich oft bei meiner -Arbeit, sah mit Theilnahme zu und sprach manch gutes, anregendes Wort. Er -ist ein ausgezeichneter Mann. Seine holde Gemahlin begleitet ihn zuweilen -und das Kind kommt am oftesten, bringt mir zuweilen schönes Obst oder ein -Paar Blumen, die es auf dem Walle für mich gepflückt hat, oder fühlt den -Trieb, mir irgend eine wundersame Historie mitzutheilen, die Mama erzählt, -oder es selbst in einem bilderreichen Elberfelder Büchlein gelesen hat. -Dann thut es oft die seltsamsten Fragen, so auch einst, ob ich Joseph oder -Timotheus lieber leiden möchte. Sie ihrerseits war geneigt, dem Jünger -den Vorzug zu geben, obgleich Joseph auch sehr liebenswürdig und -großmüthig gewesen sei, aber zweierlei fand sie nicht schön von ihm, -erstens: daß er die stolzen Träume erzählt hatte, und zweitens: daß er -bei der ersten Rückkehr der Brüder aus Aegypten seinem Vater keinen -Trost gesendet hatte, »und er trug doch Leid um ihn!« sagte sie höchst -mitleidig. Dann zeigte sie mir ein kleines Bild, wo Timotheus als Knabe zu -den Füßen einer alten Frau saß und in der Bibel las. Die Mutter stand -daneben und weidete sich an dem Anblicke. »Ist er nicht sehr nett?« -fragte sie, »sieh nur, wie sie ihn lieb haben, der war schon von klein an -ein Jünger Gottes, und nachher liebte er den Heiland so sehr, und dann -war er des Apostels Paulus lieber Sohn; ich glaube, er ist noch besser als -Joseph, aber Joseph ist auch sehr gut.« - -»Joseph war aber ein Jude,« wendete ich ein. »Das schadet nichts,« -sagte sie, »er konnte ja damals nichts Besseres sein; weißt Du nicht, die -Juden waren ja auch Gottes Kinder.« - -»Aber jetzt sind sie es wohl nicht mehr?« fragte ich. - -Sie sah mich groß an und sagte: »Alle Menschen gehören ja dem lieben -Gott, die armen Heiden ja auch, und der liebe Gott will alle, alle Menschen -in seinen schönen Himmel bringen, in sein großes, großes Reich, -denk mal, wie viel Menschen da zusammenkommen werden; ob ich Dich wohl -wiederfinde?« -- - -»Der liebe Gott wird's wohl so einrichten,« gab ich ihr zur Antwort. -- -»Das ist wunderschön,« rief sie freudig, »ich mag Dich auch sehr gern -leiden.« -- Ich küßte sie für diese wohlthuende Erklärung und nahm -sie auf meine Knie, um meine Mappe mit ihr zu durchblättern: viele von den -Bildern machten ihr große Freude und mir ihr Geplauder noch mehr. - -Zuweilen trat ich auch Mittwochs in den Betsaal, wo der Kaplan einen -Vortrag hält und viel gesungen und gebetet wird; diese Versammlungen -werden auch von Mehreren aus der Stadt besucht, namentlich habe ich -Julchen und Cäcilie fast jedesmal dort bemerkt, wenn ich einsah, auch Frau -Bernwacht und Therese zuweilen, Ida sehr selten. Ich blieb nicht immer die -ganze Zeit über da, gewöhnlich während der Rede, oder ich kam gegen das -Ende und wagte mich dann nicht über die Thür hinaus. Das lange Singen -ermüdet mich bald, und die Begleitung ist auch nur sehr mittelmäßig, -auf einem alten Klaviere, welches wahrscheinlich aus Rücksicht auf seine -langjährigen Dienste an dieser Stätte noch in Activität bleibt. Vorigen -Mittwoch war man nun in Verlegenheit, wer das Amt des Organisten in der -Eile übernehmen sollte, der alte Kantor aus der Stadt, ein freundlicher -Greis, der es bis dahin verwaltet, war unterwegs ausgeglitten und hatte -sich die Hand verstaucht; die Gräfin war um ihn bemüht, schickte nach -einem Arzte und bedauerte, daß ihr Mann verreist sei, er spiele so gut -Choräle, der Sekretair spiele zwar auch Klavier, aber so viel sie wisse, -nur moderne Sachen, nun es müsse auch ohne Begleitung einmal gehen, der -Rentmeister sei ein zuverlässiger Sänger, der könne den Ton angeben. -- -Nun weißt Du, was geschah. Ja, ich spielte; ein mächtiges Choralbuch war -ja da, und ich fühlte mich ganz wohl dabei; aber eigner Mensch, der -ich bin, ich genirte mich nachher den Blicken Julchens und Cäciliens zu -begegnen. -- Da der alte Mann sich noch schonen soll, werde ich noch einige -Male den Platz am Instrumente einnehmen. Die Gräfin war sehr gütig und -erlaubte mir, den Flügel im Speisesaale nach Gefallen zu benutzen, werde -es aber nicht oft thun, die Zeit fliegt ohnehin fast allzuschnell dahin. - -Das ist Mittwochs. Freitags gehe ich mit dem Bürgermeister zu einer -Parthie Schach nach dem Klubb, und Sonntags ist Leseabend bei Bernwachts, -an welchem, außer Julchen, noch ein Paar junge Damen Theil nehmen, die -mir gegenüber sehr schüchtern sind, und von denen ich kaum mehr als die -Namen, und daß sie Cousinen Theodors, des Verlobten Theresens sind, weiß. --- Die Lectüre wird durch die Mitglieder bestimmt; jede der Damen wird der -Reihe nach für ein Buch sorgen, dann nach Cäcilien, als der Jüngsten, -komme ich, und simulire öfter schon, was ich auswählen soll, um Alle zu -befriedigen, ein solches Buch wird schwer zu finden sein; Dumas wäre etwas -für Ida, Göthe für Theresen, aber ich möchte gar nicht Cäcilien den -Grafen von Monte Christo oder Faust oder die Wahlverwandtschaften vorlesen -hören. Neulich fragte ich sie nach ihren Lieblingsschriftstellern, da -nannte sie mir mehrere Lyriker, dann Andersen, die Bremer, Nathusius, -Namen, die mir zum Theil ganz unbekannt waren. Vielleicht kannst Du mir -etwas vorschlagen. - -So unter Arbeit und in angenehmer Gesellschaft verstreicht die Zeit sehr -schnell, und die Wochen entfliehen wie Tage. Als ich kam, blühten die -Rosen, jetzt wirbelt der Schnee um's Fenster und die Raben sitzen auf den -nackten Bäumen, und doch ist's mir, als hätte ich vor Kurzem erst das -liebe Nest nach so manchem Jahr der Abwesenheit wieder gesehen. Gestern -habe ich viel von Dir gesprochen und soll Dich auch von Julchen grüßen. -Ebenso wie sie, hören die Mädchen im Bernwachtschen Hause gerne von Dir; -ich habe Dich vor einigen Tagen, auf Ida's Begehr, vom Kopf bis zu den -Füßen schildern müssen. Zuweilen lese ich ihnen Stellen aus Deinen -Briefen vor, eigentlich nicht ihnen, sondern nur Theresen und Cäcilien, -die sich am meisten dafür zu interessiren scheinen. Sie wünschen Alle, -Du möchtest mal kommen. Ginge es nicht? Freilich nicht vor dem Frühlinge, -und wo bin ich dann? -- Zwar habe ich außer meiner Arbeit hier im Schlosse -noch zwei Bilder anzufertigen versprochen und ein drittes wünsche ich =in -doublo= zu malen, aber zum Frühjahr werde ich mich doch wohl reisefertig -machen müssen. Wohin? -- Das weiß ich noch nicht. Das Leben in den -großen Städten, wo ich nirgends heimisch bin, wird mir nachher schlecht -behagen, ich muß mich wohl irgendwo, auf irgend einem schönen Fleckchen -der weiten Erde häuslich niederlassen. Was meinst Du dazu, erscheine ich -Dir schon gereift genug zu einem Hausherrn, oder glaubst Du, daß ich meine -Lehr- und Wanderjahre noch ausdehnen muß, um später mit um so sicherer -Hand das Fundament zu meinem Lebensglücke zu legen? -- - -Im Kreise solcher Familien, wie die des Grafen und Bernwachts, steigen bei -dem flatterhaftesten Menschen solide Gedanken auf; ich könnte mir -mein Haus in Zukunft sehr hübsch denken, es würde im Aeußeren etwas -alterthümlich mit Schnitzwerk, Erker und schwerem Messinghammer an -der eichenen Hausthüre sein, es würde tiefe, weite Fensternischen -und behaglich eingerichtete Zimmer haben. Unten wären Empfang- und -Wirthschaftszimmer, oben die des Hausherrn und das Kabinet der Frau, das -wäre ein kleines licht- und blumenreiches Gemach, mit einem Fortepiano, -Bücherschrank und schönen Gemälden, wüßte ich doch jenen Christus -wieder aufzuspüren! -- In dem Erker würde eine Staffelei stehen können, -vielleicht wäre sie der Frau nicht zuwider, und während ich malte, -tauschten wir unsere Gedanken aus, oder sie läse oder spielte. - -Das Bild ist verlockend, ich muß es bedecken, mich davon abwenden, -vielleicht ist es ebenso unerringbar wie jener spurlos verschwundene -Christus. -- Doch genug, ich muß heute noch einen weiten Spaziergang -machen und schließe mit einem Gruße warmer, brüderlicher Liebe. - - _Justus._ - - - - - Den 13. December. - -Liebe Schwester, ich habe eine Menge Aufträge für Dich. Du schriebst im -letzten Briefe, Du würdest vor Weihnachten noch einmal nach Berlin reisen, -das paßt ganz zu meinen Wünschen. Burga hat es nämlich bei ihren Eltern -dahin gebracht, daß ich die Erlaubniß erhielt, den heiligen Abend des -Weihnachtsfestes bei ihnen zuzubringen, und nun wollte ich Dich bitten, -in Berlin passende Geschenke für die Familie auszusuchen. Ich denke, -eine hübsche Schreibmappe mit schönem Papier würde Theresen nicht -unwillkommen, eine Auswahl neuer Tänze oder irgend ein Putzgegenstand für -Ida nicht unpassend sein. Burga und Berga müssen etwas Egales haben, oder -Gemeinschaftliches, Noten zu vier Händen etwa, oder Spiele, oder eine -wohleingerichtete Kochanstalt, was Du willst, Du wirst schon das Richtige -treffen. Für Cäcilie etwas zu wählen, ist schon schwerer; ich habe an -Scrivers Werke gedacht -- ich habe in diesen Büchern gelesen, sie stehen -in der mir zugänglichen Bibliothek des Grafen -- aber wie könnte ich es -wagen, ihr ein Erbauungsbuch zu schenken! Aber wenn Du dennoch meinst, -es ginge, dann schicke sie, in recht würdigem, gediegenem Einbande. -Vielleicht machten ihr auch Märchen, mit vielen Bildern im Text, Freude, -es müßte aber schon etwas _sehr Gutes_ sein, gehaltvoll, in der Form -gelungen, und jedenfalls in einer Prachtausgabe; erkundige Dich doch, was -es Bestes in der Art giebt. Auch habe ich an Schmucksachen gedacht: ein -Perlenhalsband mit schönem, goldenem Schlosse würde ihr vortrefflich -stehn; doch Perlen bedeuten Thränen, mein Geschenk soll weiter keine -Bedeutung haben, als ein Andenken an diesen heiligen Abend, die der -Thränen gewiß nicht, und so ist es auch mit einem goldenen Kreuze, -welches sie vielleicht trüge, aber nein, Kreuz bedeutet Leid. - -Du siehst wohl, für Cäcilien weiß ich garnichts, suche Du nur etwas aus, -was für ein frommes, sinniges und schönes junges Mädchen paßt, vergiß -aber nicht, mir auch all die Sachen, welche ich angedeutet habe, mit zu -besorgen, es könnte doch sein, daß mir das Eine oder Andere davon noch -wünschenswerth für sie erschiene. Gern malte ich ihr etwas, aber was? Sie -hat so viel Schönheitssinn, so viel Kunstverstand, werde ich ihr in der -kurzen Zeit, neben den mir aufgetragenen Arbeiten, noch etwas Würdiges -schaffen können? Ich bezweifle es. Für die kleine Johanne habe ich -ein Album machen lassen, welches ich mit Zeichnungen aus der biblischen -Geschichte schmücke, ein kleines Büchlein nur. Ein Album wäre auch etwas -Passendes für Cäcilie, aber ich müßte es ihr fast leer überreichen, -und das möchte ich nicht. Höre, Kind, besorge doch auch eine Prachtmappe -von Sammet und einfachem Golddruck, es könnte sein, daß ich unter meiner -Sammlung noch so viel Gutes zusammenfände, was ich ihr, ohne lächerlich -zu erscheinen, anbieten dürfte. -- - -Lebe wohl, liebes Kind, ich habe es sehr eilig. - - _Dein Bruder Justus._ - -Um allem Irrthum vorzubeugen, füge ich diesem Briefe ein einfaches -Register derjenigen Dinge bei, welche ich für Cäcilien besorgt zu haben -wünschte: 1) Scrivers Werke, 2) Märchen, 3) ein Perlenhalsband, 4) ein -goldenes Kreuz, 5) eine Mappe, und 6) Verschiedenes, durch welches Dein -Geschmack meiner Rathlosigkeit zu Hülfe kommen könnte. - - J. - -Was meinst Du, schenke ich auch den Alten etwas? Es wäre wohl nicht gut -angebracht, aber Julchen muß etwas haben; sinne nach, was es sein kann. -Spare ja nicht, ich lege einen Wechsel von 50 Rthl. bei, und reicht das -Geld nicht, so lege nur für mich aus. - - _Dein Bruder._ - - - - - Den 20. December. - -Welche Wichtigkeit ein Bräutigam ist! Kommt so ein Mensch in's Haus, so -erschallt vom First bis in's Souterrain ein Jubel: er ist da, Heil, er ist -gekommen! Selbst Cäcilie, ja gerade Cäcilie läuft mir da heute Morgen -entgegen, daß die schwarze Sammetschleife im Haar in ungewohnten Schwung -kommt, sieht mich mit beiden Augen freudenvoll an und ruft: »Theodor ist -hier!« -- »So?« fragte ich ganz kühl; ich fühlte gar keine so große -Veranlassung zur Freude. -- »Ja, und bleibt bis acht Tage nach Neujahr, -kommen Sie, ich werde Sie vorstellen,« und hin ging's zu dem Herrn -Theodor, der doch auch Seinesgleichen in der Welt hat. Sonst ist er ganz -nett, -- er hat in der That etwas sehr Einnehmendes, und durch die Briefe -seiner Braut von meiner Einbürgerung im schwiegerväterlichen Hause -benachrichtigt, reichte er mir mit offener Herzlichkeit gleich die Hand -zur Einleitung eines freundschaftlichen Verkehres. -- Ich bin neugierig -zu wissen, ob man mit mir, wenn ich einmal Bräutigam sein werde, auch so -viele Umstände macht. -- - -Deine Sendung ist noch nicht angekommen, ich erwarte sie täglich. -- Die -Vorfreuden des Festes beginnen, Pfeffernüsse durchduften fast alle Häuser -seit längerer Zeit, und Tannenbäume schleichen in der Dämmerung durch -die Straßen, um unbemerkt in die Häuser zu schlüpfen, die Geheimnisse -mehren sich. - -Die Gräfin ist ganz Glück, so recht in ihrem Elemente, aber wann ist sie -dies nicht? -- Ohne Unterlaß gehen Boten mit Commissionszetteln nach -allen Himmelsgegenden; verschiedene alte und junge sanfte Frauengesichter -erscheinen geheimnißvoll mit großen Körben voller Sachen im Schlosse -und ziehen sich, ihrer Bürde entledigt, mit augenscheinlicher Befriedigung -wieder zurück. Sie scheinen den Frommen anzugehören, denn diese mögen -alt oder jung, hübsch oder häßlich sein, ein gemeinsames Kennzeichen -haben sie Alle, sie zeigen fast beständig ein heiteres Gesicht, -ein ruhiges Auge, die Seufzer über das menschliche Elend sind nur -vorübergehend, der liebe Herr macht alles, was uneben ist, ihnen wieder -gerade. Julchen ist mir das Ideal solcher Frommen. Man möge diese Leute -in Zukunft in meiner Gegenwart nicht wieder angreifen, ich werde sie -entschlossen, mit dem Muthe der Ueberzeugung vertheidigen. Sehr möglich, -daß es auch unter ihnen Heuchler giebt, aber wo giebt es keine? Wie viele -Freigeister, die ihre Thaten ihr Gottsein beweisen lassen wollen, verbergen -bedächtig viele ihrer schmutzigen Werke vor den Augen der Welt, verstecken -unter Phrasen über Berechtigung, Freiheit und dergl. die an sich -wohl erkannten Flecken. Hier ist es anders, und wer sich wohl fühlen, -vereinfachen will, wieder in das Paradies der Kindheit zurückversetzen -möchte, komme nach Burgwall, wo nichts von der verschrieenen Kopfhängerei -an den Gläubigen zu merken ist, wo Hoch und Niedrig das Band Einer Liebe, -Eines Glaubens verbindet. Halte mich wegen dieses Zeugnisses aber ja nicht -für einen mit ihnen in Christo Verbündeten, Du würdest sehr irren. Ich -möchte es wohl sein, weil ich sehe, wie innigst befriedigt sich diese -Menschen fühlen, welche Geduld sie beweisen, welche Todesfreudigkeit sie -haben. Auch das habe ich nicht aus Schilderungen, denn fern ist diesen -Leuten Proselytenmacherei; sie brauchen nicht klüglich zu sprechen, um -für sich und ihre Lehre zu werben, sie sind anziehend, das ist mehr -als Jenes. -- Ich hörte öfter von einem alten, sehr leidenden Manne im -Bernwachtschen Hause reden, und ging eines Abends zu ihm. Möchte ich einst -so heiter sterben, wie dieser Greis! -- Als ich ihn fragte, ob ich ihm -irgendwie dienen, ihn mit etwas erquicken könnte, deutete er auf ein -Buch und einen Gesang, den ich ihm daraus vorlesen sollte; ich that es mit -Schüchternheit, das kindliche Verlangen nach der frohen Ewigkeit, welches -in diesem Liede lebte, war mir fremd, der Alte kannte es. Und dann wie -dankbar war er. »Der Herr wird es Ihnen lohnen,« verhieß er. Einige -Tage später war er bei seinem Herrn. Ich sagte es Bernwachts, als ich -es gehört hatte, sie wußten es schon, und Cäcilie sagte mit freudigen -Augen: »Wie schön wird er Weihnachten feiern!« - -Solch ein Glaube kann da schwerlich einziehen, wo er so lange belächelt -ist; ich habe ihn nicht, aber ich muß ihn ehren. -- - -Gestern Abend nach Tisch war ich noch im Familienzimmer, wo wir -ausnahmsweise gegessen hatten, als die Gräfin ein dickes Buch hervorholte, -um ein Weihnachtslied auszuwählen. Der Graf, der sich mit mir unterhielt, -wurde zu Rath gezogen, und endlich ein Gesang zum Festliede ausersehen. -Es gefiel auch mir besonders, und als die Gräfin Anstalt machte es -abzuschreiben und viele Quartblätter schnitt, welche zeigten, daß sie es -in vielen Exemplaren haben wollte, bot ich meine Hülfe an. Ein freudiger -Blick lohnte mir. »Finden Sie das Lied schön?« fragte sie. -- »Ja,« -erwiederte ich, »es sagt mir sehr zu.« - -»O, das ist auch eine Festfreude,« sagte sie herzlich, und reichte mir -die Hand zum Drucke; ich küßte sie aber demuthsvoll. - -»Die Wahrheit ist eine siegreiche Macht,« sprach der Graf, »und eine so -selige,« fügte seine Frau hinzu. - -»Aber mein Herz und mein Verstand sind sehr trotzig,« entgegnete -ich, »sie wehren sich selbst dann noch, wenn sie schon die Größe des -Ueberwinders ahnen und ehren.« - -»Es wird Ihnen nichts helfen,« sagte der Graf, und drückte mir warm die -Hand; »die Wahrheit bedarf nur geringen Raumes, um bald siegreich das Feld -zu behaupten. Gott segne das Fest an Ihrem Herzen!« - -»Amen!« hallte die Gräfin. - -Ein Jahr zurück, nur ein halbes, und wie anders damals und jetzt! Was ich -jetzt zu sein wünsche, verlachte ich damals, Glauben nenne ich, was damals -Vorurtheil hieß, Aufklärung, was Befangenheit genannt wurde. Und dieser -Umschwung geschah in aller Stille, und was das Traurige dabei ist, ich -stehe nur draußen vor der Schwelle des Heiligthums, höre mit dem einen -Ohr die Harmonie drinnen, mit dem andern das Spotten ehemaliger Genossen. -Dennoch beschwere ich mich keineswegs, und wenn ich die ganze Wahrheit -sagen soll, so bin ich auf die Entwickelung dieses Seelenprozesses -neugierig. Wie und wann werde ich so glückselig werden wie der Graf, -oder sein Gärtner, oder Julchen, oder wird eine Reaction eintreten? Ich -wünschte, jene Leute wären wirklich in der Wahrheit, und Gott hülfe mir -auch dazu zu kommen. Gottes und Marien Sohn! -- - -Julchen sagte vor einigen Tagen zu mir: »Worin liegt denn eigentlich das -Unglück, wo steckt der Knoten?« - -»Ich möchte gern ein Christ sein, wie andere mir liebe Menschen, und bin -es nicht im Stande.« - -»Warum wollen Sie es denn sein?« - -»Weil ich das Beste nicht für zu gut für mich halte, als Gottes Kind -könnte ich ja auch wohl ein Christ sein.« -- Sie lächelte, mußte aber -wieder fragen, warum ich das Christenthum für »das Beste« hielte, -und ich sagte ihr, daß ich die Wirkungen seiner Vortrefflichkeit nun -hinlänglich wahrgenommen hätte, um zu diesem Schlusse zu kommen, und -zweitens gedächte ich zuweilen mit einem peinvollen Gefühle an meine -mögliche Verblendung, an meine Undankbarkeit, wenn Christus nämlich -wirklich der wäre, den ich nicht glauben könne. - -»Wenn es so steht, dann wenden Sie sich nur mit Ihrem Verlangen an Ihren -Schöpfer, beten Sie nur das schönste Gebet, welches wir haben, Sie beten -dann zu Ihrem Gott, und ganz im Sinne dessen, den Sie suchen, mit seinen -eigenen Worten.« -- - -»Das thue ich auch, und lasse es nun auf Ihn ankommen, lese auch fleißig -in der Bibel. Zuweilen prüfe ich, da nicht zu verkennen ist, daß ich -gewissermaßen mich der Kindheit wieder nähere, ob ich in meinem Urtheile -über andere Dinge auch anders, etwa schwächer, geworden bin, ob mein -Auswendiges gelitten hat, so fest hänge ich an Vorurtheilen! Aber lachend -muß ich mir gestehen, daß ich noch alle meine Gaben gut bei einander -habe, und mein der Freude so gern offenes Herz mit vielen schönen -Gefühlen angefüllt ist. - -Das Lied will ich Dir abschreiben, es ist von Gerhard Tersteegen und -heißt: - - Jauchzet ihr Himmel! frohlocket ihr englischen Chöre, - Singet dem Herren, dem Heiland der Menschen zu Ehre; - Sehet doch da! Gott will so freundlich und nah - Zu den Verlornen sich kehren. - - Jauchzet ihr Himmel, frohlocket ihr Enden der Erden! - Gott und der Sünder, die sollen zu Freunden nun werden; - Friede und Freud' wird uns verkündiget heut'; - Freuet euch Hirten und Heerden. - - Sehet dies Wunder, wie tief sich der Höchste hier beuget! - Sehet die Liebe, die endlich als Liebe sich zeiget! - Gott wird ein Kind, träget und hebet die Sünd': - Alles anbetet und schweiget. - - Gott ist im Fleische, wer kann dies Geheimniß verstehen? - Hier ist die Pforte des Lebens nun offen zu sehen, - Gehet hinein, macht euch dem Kinde gemein, - Die ihr zum Vater wollt gehen. - - Hast du denn, Höchster, auch meiner noch wollen gedenken? - Du willst dich selber, dein Herze der Liebe, mir schenken? - Sollt' nicht mein Sinn innigst sich freuen darin - Und sich in Demuth versenken? -- - - König der Ehren, aus Liebe geworden zum Kinde, - Dem ich auch wieder mein Herze in Liebe verbinde, - Du sollst es sein, den ich erwähle allein, - Ewig entsag' ich der Sünde. - - Süßer Immanuel, werd' auch geboren inwendig, - Komm doch, mein Heiland, und laß mich nicht länger elendig, - Wohne in mir, mach mich ganz Eines mit dir, - Und mich belebe beständig. - - Menschenfreund Jesu, dich lieb' ich, dich will ich erheben, - Laß mich doch einzig nach deinem Gefallen nur leben, - Gieb mir auch bald, Jesu, die Kindesgestalt, - An dir alleine zu kleben. - -Zuweilen drückt sich der Verfasser ein bischen wunderlich aus, aber paßt -das Gedicht nicht genau auf mich und meinen gegenwärtigen Zustand? So -finde ich es auch mit vielen Bibelstellen, oft finde ich Worte des -Rathes in der Bibel, die mir fast wie ein Wunder vorkommen, denn vor fast -zweitausend Jahren geschrieben, beantworten sie genau eine nur gedachte -Frage der Gegenwart. Wenn Jesus doch noch auf Erden lebte! -- Das sieht -nun aus wie der fromme Seufzer eines Heiligen, während ich, weit davon -entfernt, durchaus ein Kind dieser Welt bin, und den Heiligen eigentlich so -ziemlich gänzlich verleugne. -- - -Gute Nacht, liebe Schwester; es ist bei meinem Schreiben spät geworden. -Wie die Sterne draußen funkeln! Der Schnee liegt hoch, weit und breit, die -Natur feiert auch auf ihre Weise. -- Ich lege diesen Brief auf ein -Bild, welches Du Dir längst gewünscht hast, und schicke es Dir mit den -wärmsten Grüßen. Lebe wohl! - - _Dein Bruder Justus._ - - - - - Am 2. Weihnachtsfeiertage. - -Es läutet eben zum Nachmittagsgottesdienst, die Sonne lacht heiter in's -Fenster und läßt die vergoldeten Aepfel an meinem Weihnachtsbaume hell -erglühen. Dein Brief, der mit all den vielen empfangenen Geschenken -darunter liegt, redet mir zu zu schreiben, und -- hier bin ich. - -Ich bin in einer wundervoll friedereichen Stimmung. Das Leben ist -kein Traum, aber ein Räthsel, ein unerschöpflicher Glückesborn, ein -sinnreicher Lehrmeister, der zugleich beschämt und beseligt. Warum es -mir so einzig im Kopf und Herzen klingt, kann ich nicht genau -auseinandersetzen, in Summa aber ist es die Liebe, die mich jubeln und -danken läßt. Liebe überall! -- »Also hat Gott die Welt geliebt« --- kennst Du das auch, daß irgend eine Strophe oder ein anderes Wort -unablässig im Ohre klingt, daß man es gar nicht los werden kann? So geht -es mir heute mit den Worten: »also hat Gott die Welt geliebt.« -- -Die Welt hat diese Liebe begriffen, wie entzückt sieht sie aus, wie -verschwenderisch ist sie im Nachahmen jener Liebe, auch ich werde damit -überschüttet, aber ich erwiedere, verlaß Dich darauf! -- - -Ich möchte, ich könnte Dir auch all die schönen Sachen zeigen, die mir -am heiligen Abend bescheert wurden, da liegen sie festlich im Sonnenglanze: -ein neues Testament von der Frau Gräfin, ein warmer, weicher Reisepelz -von dem Grafen, von Johannen der Baum -- das süße Geschöpf mit seinen -prächtigen Einfällen! -- Nun kommen die aus dem Bernwachtschen Hause: -eine Specialkarte der Provinz vom Alten, ein riesiger Pfefferkuchen -von Frau Bernwacht; Therese hat mir eine Uhrschnur gearbeitet, Ida ein -Notizbuch gestickt, Cäcilie drei Lesezeichen, Burga und Berga ein -Paar farbenreiche Morgenschuhe. Auch von Julchen liegt etwas da, etwas -Rührendes: es ist ein Brief von unserer Mutter, ich will ihn Dir -abschreiben. - -Liebes Julchen. Hier schicke ich Dir das Probehemdchen für Paulinen, die -neuen müssen aber eine handbreit länger und weiter gemacht und auch in -den Aermeln verhältnißmäßig größer werden. Gern hätte ich es Dir -selbst gebracht, Du weißt, ich wünschte schon am Sonntag bei Euch zu -sein, aber mein Justus ist unwohl, und ich mag ihn, da er so stürmisch -ist und seine Vorsätze leicht vergißt, nicht verlassen, er könnte leicht -etwas thun, was ihm schadete, das Mutterherz ist so ängstlich! -- - -Gott befohlen! - - _Deine Marie._ - -Die alte Zeit lebt auf, ich sehe der Mutter zarte Gestalt, ihr sorgsames -Auge. Das Wort, das längst ungewohnte, _mein_ Justus, weckte ein Sehnen -in mir, oder schärfte es nur -- aber ich will nicht mehr stürmisch sein, -Pauline, meine guten Vorsätze sollen erstarken. - -Wie es im Feste war? Schön. Erst allgemeine Bescheerung hier im Schlosse, -die ganze Bewahranstalt, alle Waisenkinder waren da. Ehe sie in den -Speisesaal, wo Alles arrangirt war, eingelassen wurden, war Andacht im -daranstoßenden Betsaale, ähnlich wie schon manchmal, nur viel freudiger -noch. Auch die Bernwachtschen Töchter waren sämmtlich da. »Mama baut -auf,« flüsterte Berga, »freuest Du Dich nicht schrecklich?« -- »Nein, -ich freute mich recht schön, für Niemanden zum Erschrecken, ganz sanft -wie ein gutes Kind, ähnlich vielleicht wie Cäcilie.« -- - -Die von der Gräfin für die Kinder bestimmten Geschenke waren durch -freiwillige Beiträge aus der Stadt bedeutend vermehrt; ich entdeckte auch -hübsche, braun- und rothgestreifte Schürzchen, welche ich unter Theresens -Händen entstehen gesehen, und eine Menge kleiner gestrickter Handschuhe -wollten mich an ein junges Mädchen erinnern, dessen Fleiß ich in den -Leseabenden zu bewundern Gelegenheit gefunden hatte. -- Allgemeine Freude -auf dem Schlosse und ebenso bei Bernwachts, Jeder gab, Jeder empfing und -war in bewegter Stimmung. -- - -Deine Einkäufe habe ich mit vieler Freude empfangen und ausgetheilt, -doch anders wie ich anfangs beabsichtigte. Als ich den Berg Geschenke für -Cäcilie erblickte, stieg's wie Spott über meine Zuversichtlichkeit in mir -auf: mit welchem Rechte durfte ich sie so auffallend vor ihren Schwestern -auszeichnen? Nur Amarant, welches ich Deiner Wahl verdankte, und das mich -gleich, nachdem ich hineingesehn und ein Paar Verse gelesen hatte, für -sich entschied, legte ich, nebst einem frischen Bouquet aus dem Treibhause, -auf ihren Platz unter dem Baume, das andere Buch, »die weite, weite -Welt,« will ich für die Leseabende aufheben. Therese erhielt zu ihrer -Briefmappe die Perlen, Ida zu den Noten das Kreuz, Julchen außer dem Muff -Scrivers Werke, und den Kleinen steckte ich die Mappe voll Zeichnungen. -Alle fanden sich sehr reich beschenkt; noch an demselben Abend sah ich -Cäciliens Wangen sich höher färben durch -- Amarant. Sie findet es -schön, und hat es ihrerseits zum Beitrag für die Leseabende bestimmt, -obgleich Theodor sie mit den herrlichen Briefen »Wilhelm von Humboldts an -eine Freundin,« beschenkt hat. -- Nun auch Dir Dank, Schwesterherz! -Dank für jeden Ausdruck Deiner Liebe. -- Dein Rath, mich mit meinen -Ansiedlungsplänen nicht zu übereilen, ist begründet, und soll befolgt -werden -- ich sagte es Dir ja, ich habe nicht die leiseste Hoffnung, -daß der süße Traum einst verwirklicht werden könne; ich will nichts -übereilen, sondern still abwarten, wie Gott es will. Mein herzliches -Lebewohl! - - _Justus._ - - - - - Den 15. Februar. - -Du mahnst mich an mein Versprechen, keine Lücke in unserm Briefwechsel -entstehen zu lassen, so will ich schreiben, es ist jedoch wenig zu -berichten. -- Des Tags bin ich meist sehr fleißig, und die Abende -verfließen in Dir bekannter, lieber Weise, nur lesen wir zweimal in der -Woche, statt einmal. Wir sind bei der weiten, weiten Welt, und mit Ausnahme -Ida's, die gleich durch den etwas breiten Anfang des Buches gegen dasselbe -eingenommen wurde, findet es allgemeinen Beifall, besonders bei meinem -kleinen, frommen Lieblinge, der Cäcilie. Sie schwärmt für Helene -Montgomery, für Alice und St. John, sie liebt Master Vanbrunt, und -entschuldigt -- auf Ida's Angriffe -- selbst alle vorkommenden kleinen -Teufeleien, welche die wilde kleine Person, Helenens Plagegeist, ausübt, -damit, daß das Alles nachher ihr leid genug gethan habe, und mehr -könne man nicht verlangen. -- Da fällt mir noch etwas Anderes bei, was -charakteristisch ist. Vor einiger Zeit war ich Nachmittags bei Bernwachts. -Draußen, vom wildesten Schneegestöber umstürmt, standen ein Mann und ein -junges Mädchen, er drehte die Orgel, sie sang, und sang mit einer Ruhe und -Resignation, aber dennoch melancholischer Stimme und Weise, das Lied -- ich -weiß seinen Anfang nicht -- welches zum Refrain die Worte hat: »Das Leben -ist ja nur ein Traum.« - -Frau Bernwacht schickte einige Münze hinaus und sagte: »Die junge Person -hätte besser gethan, in ihrem Dorfe zu bleiben, als in der Welt herum -zu reisen; was hat sie nun davon? Ich sollte denken, die schwerste Arbeit -wäre ein Vergnügen gegen diese Lebensweise.« - -»Sie mag aus der Stadt sein, Mama,« entgegnete Therese nachdenklich, -»und Du weißt, wie schwer es Vielen in den großen Städten wird, sich -ehrlich zu ernähren, sie hat vielleicht schon Mancherlei vergeblich -versucht und nothgedrungen dies Wanderleben begonnen.« - -»Vielleicht hat sie eine arme, kranke Mutter zu Haus,« sagte Cäcilie -mitleidig, und betrachtete sie ernst mit ihren warmen Blicken; »sie sieht -recht so aus, als wenn ihr das Herz weh thäte.« - -»In dem Falle hätte sie lieber die Barmherzigkeit der Menschen ansprechen -sollen, und die Mutter pflegen,« beharrte die Bürgermeisterin, »dies -Vagabondiren ist der Ruin für solche Mädchen. War es vorhin für sie -schwer, ein Unterkommen oder Unterhalt zu finden, dann wird es ihr nachher -fast unmöglich sein. Wer nimmt wohl ein Mädchen, was sich zu solchem -Leben einmal bequemt hat, in Dienst? ich gewiß nicht.« - -Ida war auch theilnehmend geworden und vertheidigte das Mädchen: sie -arbeite ja auch, das sei, nach ihrer Meinung, immer besser als betteln. So -lange man irgend Kräfte habe, müsse man Andern doch nicht lästig fallen -wollen. Wenn sie z. B. in so unglücklicher Lage wäre zwischen Betteln und -Straßensingen wählen zu müssen, so würde sie ihr Angesicht verhüllen -und singen. - -»Ich nicht,« sagte Cäcilie erregt, und reichte dem vorübergehenden -Mädchen ein winziges, weißes Päckchen aus dem Fenster, »mir würde das -Bitten gar nicht so schwer werden. Das Geben ist ja eine Freude, man -kann sich ja mit seinen Bitten an solche Leute wenden, die dadurch nicht -belästigt werden, und nun gar für Andere! -- ich habe doch mehr Muth als -Du, Ida.« - -»Demuth,« sagte die Mutter. Cäcilie erschrak fast und senkte die Augen; -sie sah gerade so aus, als dächte sie: Demuth -- ich? - -»Demuth -- ja,« wiederholte Ida kühn, »aber Muth -- nein: Du -würdest lieber vergehen, als ein Leben führen, was unter dem Banne -der öffentlichen Meinung steht, Du würdest fürchten im Bereiche des -Niedrigen und Unreinen auch bei Dir selbst zu verlieren, Du bist überhaupt -nicht sicher, trotz Allem, immer stehen zu können.« - -»Nein, das bin ich nicht,« erwiederte die Schwester sanft, »ich mache -ja alle Tage die Erfahrung, daß ich der göttlichen Hülfe und Gnade -bedarf.« -- - -Bin ich ein Thor, Pauline, daß ich der Neugierde den Zügel schießen -ließ, daß ich mich in ihre kleinen Geheimnisse eindränge? Ich habe das -singende Paar in einer Spelunke aufgesucht und mir das Zettelchen zeigen -lassen. Hergeben wollte ihn das Mädchen um keinen Preis, ich bot ihr viel, -aber sie blieb fest, und warum soll ich ihr den Talisman, den Engelgruß -nehmen, da sie ein armes, elendes Geschöpf ist, was vielleicht nichts -Heiliges weiter in der Welt hat! -- Auf dem Zettel, auf dem noch deutlich -die Spur des eingewickelten Geldstückes zu sehen war, stand: - - Habe Gott vor Augen und im Herzen, und hüte Dich, daß Du in keine - Sünde willigest, noch thuest wider Gottes Gebot. -- Wirf dein Anliegen - auf den Herrn, der wird Dich versorgen. Gott sei mit Dir, Amen. - -Ich beschenkte sie reichlich und sie trug mir auf, der jungen Dame zu sagen --- was natürlich wohl nie geschehen kann -- daß sie nie wieder so singen -würde. Sie sei einer allzu strengen Herrin entlaufen, Angehörige habe -sie nicht mehr, ein Dienst sei nicht zu finden gewesen, sie habe Schulden -machen müssen -- so sei es gekommen. Nun sollte ein anderes Leben begonnen -werden. -- Ob ich ihr nicht den Namen des Fräuleins sagen wolle, sie wolle -ihn dem lieben Gott nennen. »Glauben Sie denn an Gott?« fragte ich schon -in der Thüre. »Ach,« seufzte sie da, »Sie dachten, ich wäre ganz -verworfen!« - -Ida's Bild ist bald fertig; ich habe Dir wohl noch nicht geschrieben, daß -die Familienhäupter sich dem Aschenbrödelproject entschieden widersetzen. -Die jungen Damen fanden es ganz hübsch und hätten ihre Einwilligung -vielleicht nicht versagt. Zu Anfang der nächsten Woche gedenke ich -Cäcilien zu malen, hier im Schlosse bin ich bald fertig. Noch bin -ich unschlüssig, wohin ich von hier gehe, zuweilen denke ich an das -Morgenland, es wären interessante Studien dort zu machen, und vielleicht --- ich träume wieder! nein, ich will nur in der Nähe bleiben. -- - -Weißt Du, ich habe ein Lied gehört, das Du Dir in einer -Musikalienhandlung suchen mußt. Von wem es gedichtet und componirt ist, -weiß ich nicht, aber ich habe es singen hören, kann Dir auch den Text -schreiben. -- Ida war bei der letzten Sitzung mißgestimmt, und ich wollte, -weil ich diese Linien des Verdrusses nicht in das Portrait einfließen -lassen mochte, zu malen aufhören, als Therese Cäcilien bat, dies Lied -zu singen, sie meinte mit Recht, dann würde die Wolke wohl verfliegen. -Du magst den Text sehr einfach finden, vielleicht ganz unbedeutend, ich -versichere Dich aber, das Ganze war von ergreifender Wirkung. - - Du Tropfen Thau, seh ich dich an, - Kommt mir die Thräne süß und still, - Weil du so treu dein Blümlein liebst, - Wie ich wohl einmal lieben will. - - Und trennt dich auch an jedem Tag - Von deinem Lieb der Sonnenschein, - Du kehrst am Abend stets zurück, - So muß wohl treue Liebe sein. - - Und stirbt dein Lieb vom Sonnenbrand, - Dann stirbst auch du im letzten Kuß, - Ich seh dich an und sinne still; - Wie solch ein Tod beglücken muß! -- - -Wie ich wohl einmal lieben will! Sie weiß es nicht, das Kind, und doch -dieser hinreißende Vortrag, dieser unvergleichliche Ausdruck! Es liegt -gewiß darin, daß es ihr angeboren ist, nie Mißgriffe zu begehen, in -Allem vollendet zu sein. -- Ida wurde ganz sanft und schön, ich unruhig, -mir klopfte das Herz vor schmerzlicher Wemuth. Cäcilie und ich, welch ein -Unterschied! Kannst Du mir nichts nennen, was die Kluft ausfüllen könnte? -Doch wie spreche ich, wie solltest Du junges Kind wissen, was der Weiseste -auf Erden nicht erdenken könnte. Lebe recht, recht wohl! - - _Justus._ - - - - - Am 2. März. - -Bin bei der süßesten Arbeit, Du weißt bei welcher. Natürlich sind wir -nie allein, aber wozu auch? ich würde ihr doch nichts sagen, nicht von -fern meine schneeweiße Lilie beunruhigen. Wir plaudern herrlich unbefangen -mit einander und ich bin auch, ihr gegenüber, vollständig befriedigt. Was -könnte ich noch Schöneres wünschen, als sie ansehen, ihre freundliche -Stimme hören zu dürfen, die mir des Lieblichen so viel sagt: -- Sie ist -ganz vertrauungsvoll, und plaudert, was ihr in den Sinn kommt. »Was wird -Theodor sagen,« meinte sie gestern, »wenn er wiederkommt und mich auch -gemalt sieht; ich habe es immer für Scherz gehalten, wenn Sie davon -sprachen.« -- »Warum,« fragte ich, »sah ich so spaßhaft dabei aus?« - -»Auch wohl, und ich bleibe ja bei den Eltern.« -- - -»Ida ja auch,« wendete ich ein, als wäre das kein Grund. Sie lächelte. -»Wenn Sie wieder kommen, müssen Sie Theresen auch malen,« fuhr sie -fort, »in spätestens zwei Jahren ist ihre Hochzeit und dann verläßt sie -Burgwall.« - -»Komm ich denn wieder?« fragte ich. - -»Ich dachte,« antwortete sie ganz erstaunt. - -»Und so bald?« fuhr ich zu fragen fort. - -»Das müssen Sie am besten wissen.« -- Ich schüttelte den Kopf; es -schien mir gerade in diesem Augenblicke, als sei es doch besser, ich kehre -in Jahr und Tag nicht wieder hierher zurück. -- Zuweilen erzählt sie -etwas aus ihrer Kinderzeit, und wie frisch lacht sie dabei! Neulich wurde -das Gespräch zwischen ihr und den Schwestern sehr lebhaft, man neckte sie -mit vergangenen Zeiten, da hatte sie sich zu vertheidigen, und dann mußte -sie wieder lachen, sie wurde ganz unruhig auf ihrem Stuhle und wendete sich -bald hier und bald dorthin, ich vergaß das Malen darüber und sah sie an. -Plötzlich fiel ihr Blick auf mich, wie ich dasaß, nichts that und sie -betrachtete, sogleich setzte sie sich in Positur, neigte sich mir etwas -entgegen und flüsterte: »Sie sind eigentlich sehr gut -- nicht wahr -Mama?« - -»Was denn?« fragte diese. - -»Herr Brand ist sehr gütig, so geduldig zu warten.« -- - -Hätte sie die Sache nicht unter uns lassen können? -- aber nein, sie hat -nichts zu verheimlichen, was mich angeht. - -Julchen Hermann hatte, als sie an der Reihe war, kein Buch mitgebracht, und -appellirte an die Großmuth der Jugend, die da nichts verlangen werde, wo -nichts sei, sie habe keine belletristischen Bücher. Sie kam aber mit -ihren schönen Reden nicht durch, sondern mußte sich bequemen frei eine -Erzählung aus dem Leben vorzutragen, und wenn nicht aus ihrem eigenen -Leben, so doch aus ihrer Zeit. - -Nach einigem Weigern that sie's, und ich will sie Dir copiren. - - -Der Sohn der Wittwe. - -Nicht weit von der Försterei zu Drosehalm, liegt ein kleines Haus, welches -vor mehreren Jahren einer Wittwe gehörte, die mit ihrem einzigen Sohne, -einem lebhaften, gescheuten Knaben, in der einförmigsten Weise darin -lebte. Während Ludwig, so hieß der kleine Wildfang, der die Gedanken der -stillen Frau fast beständig beschäftigte, in der Schule war, besorgte sie -das kleine Hauswesen, führte die Ziegen auf die Weide, arbeitete in dem -Gärtchen, welches die Vorüberfahrenden, wenn sie um die Waldecke bogen -- -das Haus lag an der Landstraße -- vom Frühling bis zum Herbste, wie -ein unerwarteter, freundlicher Gruß, durch seine lachenden Blumen -überraschte, oder sie saß auch im Zimmer und spann. That sie Letzteres, -dann konnte man sicher daraus rechnen, daß irgend ein Erbauungsbuch, die -Bibel war ihr das liebste, aufgeschlagen neben ihr lag, denn durch die -jahrelange Uebung hatte sie es dahin gebracht, daß sie neben dem Spinnen -auch lesen konnte. -- Zuweilen erhielt die Wittwe auch Besuch aus der -Stadt, von Solchen, die ihr befreundet waren, und die auf der Reise nach -der Nachbarstadt, vor ihrer Thüre vorbei mußten, oder von dieser oder -jener armen Frau, die in großer Verlegenheit war, und Frau Schmidt um -Rath, Unterstützung oder Fürsprache bitten wollte, denn es war bekannt, -daß die einfache Frau im Waldhause unter den vornehmen Damen Gönnerinnen -hatte, die sie an manchem lieblichen Abende in ihrem stillen Hause -aufsuchten. Alle Besuchenden fanden dieselbe Aufnahme, sie erhielten -sämmtlich zum Gruße ein freundliches Gesicht, die Hand zum Drucke und -ein herzliches Willkommen. Alle gingen auch in der Regel befriedigt von -ihr fort, die Bittenden, nachdem sie erhalten, was sie wünschten, die -Trostesbedürftigen mit erneutem Muthe im Herzen, denn Frau Schmidt hatte -stets guten Muth, sie konnte unter allen Umständen, zu jeder Zeit davon -mittheilen. Auch die großmüthigen Damen, welche die Wittwe dann und wann -besuchten -- obgleich sie, trotz der Bitten der Kinder namentlich, nie -in ihren Häusern in der Stadt zu sehen war -- fanden sich in ihrer -Gesellschaft und der stillen Stube, welche im Sommer eine schöne Linde -beschattete, sehr behaglich. Die Kinder, welche sie mitbrachten, tummelten -sich, während die Frauen sich drinnen unterhielten, auf dem freien -Platze vor dem Hause, herum, oder näherten sich vorsichtig dem kleinen -Flüßchen, das noch sehr jung und unerfahren, mit großer Eile, über -Stock und Stein, durch den grünen Thalgrund, dem größeren, bedächtiger -fließenden Fluße zu eilte, der sich um die Stadt schlingt. In den Garten -zu gehen, wagten sie erst dann, wenn Frau Schmidt es ihnen ausdrücklich -erlaubte, oder wenn Ludwig aus der Schule kam, der dann sogleich sein -Bücherpaquet sammt Riemen in die erste, beste Ecke schleuderte, um als -galanter Wirth sich seinen Gästen zur Disposition zu stellen. Heidi, dann -gings lustig zu! kein ansehnlicher Schmetterling war seines Lebens -sicher, er mochte flattern wo er wollte, über dem Bache oder über den -Lilienkelchen, ihm wurde rücksichtslos nachgestellt. Ferner wurde den -kleinen, schlanken Fischen aufgelauert, die ganz harmlos schaarenweise, -zwischen den bemoosten Steinen, sich so wohlig dahinwanden; zuweilen war -denn auch wohl eine schöne bunte Forelle darunter, die durfte dann nie -entwischen, denn Forellen sind theure wohlschmeckende, vornehme Fische, -wohlgeeignet für die Tische reicher Leute und Ludwig schenkte gerne. Er -hatte sich dazu einen Topf mit durchlöchertem Deckel, von seinem Spargelde -gekauft, damit er, so oft das Glück ihm wohlwollte, lebendige Forellen, -auf seinem Schulwege der Frau Pastorin, oder Stadträthin, oder irgend -einer namhaften Dame, mitnehmen konnte. Von vorn herein hatte er sich so -zu stellen gewußt, daß man ihm solche Lieferungen nicht bezahlen konnte, -nein, er nahm nichts, er durfte auch nicht, er dankte sehr, höchstens -waren ihm ein Paar Aepfel aufzunöthigen, und die nahm er dann mit einer so -tiefen Verbeugung, und bedankte sich so ernst, daß es aussah, als glaubte -er, der besonders, hauptsächlich Beschenkte zu sein. - -Aber Ludwig war durchaus nicht so bescheiden, wie es im Allgemeinen von ihm -hieß, er war vielmehr stolz, und baute nicht, wie er durfte, Hoffnungen -auf seine ihm von Gott verliehenen Gaben, sondern er pochte auf sie. Er war -klug, geschickt und muthig, was lag nun daran, daß er nur eines schlichten -Bergmannes Sohn und nicht der Sprößling einer Patrizierfamilie war? Das -Blättchen kann sich wenden im Leben, dachte er, und blickte stolz dabei -umher, was niedrig ist, kann hoch, und was hoch ist, kann ganz klein -werden. - -Einmal hörte seine Mutter einen solchen laut gewordenen Gedanken, da -sagte sie: »Wenn Gott will -- aber dem Demüthigen giebt Er Gnade.« -- -»Erkundige Dich doch, was die Leute von mir sagen,« entgegnete ihr der -vierzehn Jahre alte Knabe, »Niemand wird mich hochmüthig nennen.« -- -»Du kannst wohl Menschen, aber nicht Gott betrügen,« erwiederte ihm -seine Mutter sehr ernst, und nun hütete er sich wohl, seine innersten -Gedanken wieder laut werden zu lassen. - -Ostern darauf wurde Ludwig eingesegnet und zu einem geschickten Tischler -in die Lehre gebracht, obgleich er seine Mutter fast fußfällig um die -Erlaubniß bat, einen höhern Beruf wählen zu dürfen. Auch seine Lehrer -riethen der Wittwe, dem Sohne eine umfassendere Ausbildung geben zu -lassen, als die Schule es bisher thun konnte, denn seine Gaben seien nicht -unbedeutend, und ein in ihm wohnender, nicht zu verkennender Ehrgeiz werde -ihn spornen, ihre Opfer zu vergelten. Aber die sonst so sanfte Mutter -zeigte hier eine große Festigkeit und blieb beharrlich bei ihrem -Entschlusse, den Sohn ein Handwerk erlernen zu lassen, welches -- das möge -er selbst bestimmen. Eben sein Ehrgeiz sei es, der sie in dieser Sache so -entschlossen mache, sie wolle das Ihrige dazu thun, diesen hochstrebenden -Sinn zu demüthigen, damit er einst fähig werden könne, nach wahrhaft -hohen Dingen zu trachten. - -»Mutter, ist es denn etwas Gefährliches, ein guter Lehrer oder gar -Prediger werden zu wollen?« fragte Ludwig mit Thränen in den Augen, -»kann ich nicht dem lieben Gott viel besser dienen, wenn ich den Beruf -habe von seiner Größe und Liebe den Menschen zu erzählen, als wenn ich -dastehe und schmiede, oder leime, oder so etwas?« - -»Wenn Du wirklich viel von seiner Größe wüßtest, und von heiliger -Liebe getrieben würdest, mein Sohn, dann würdest Du demüthiger sein,« -antwortete die Mutter, »etwas Sündlicheres kann ich mir kaum denken, als -einen Geistlichen, der auf die Kanzel mit dem Gedanken kommt: heute werde -ich gewiß bewundert werden, der mit seiner Predigt sich verherrlichen -will; der das Kreuz predigt und den eigenen Ruhm vor Augen hat. Nein, -Ludwig, bleib in unserm Stande, Du kannst darin sicherer selig werden.« - -Ludwig sah sehr finster dazu aus, und er seufzte tief über der Mutter -schreckliche, sein Lebensglück zerstörende, Verblendung, aber er konnte -nichts dagegen ausrichten und so wurde er ein Tischlerlehrling. - -Sein Meister nannte ihn musterhaft: er war fleißig, anständig in seiner -äußern Erscheinung, zuvorkommend, ernst, zuverlässig, sein Lob ertönte -reichlich, namentlich fand der Lehrherr es so rühmenswerth, daß er stets -pünktlich an Ort und Stelle war, sei es zur Arbeit, zu Tisch, zur Kirche, -oder sonst irgendwo, einem Versprechen oder Auftrage zu folgen; was er -versprach, hielt er mit gewissenhafter Genauigkeit. - -»Er wird einmal ein gemachter Mann,« prophezeihete er, »ich sehe schon -den künftigen Gewerksvorsteher, wenn nicht Senator der Stadt in ihm.« -- -Wohl freute sich die Mutter über das Lob ihres Lieblings, aber sie bat den -Meister inständig, es den Knaben nicht hören zu lassen. - -»Glauben Sie, es ist Wasser auf seine Mühle,« stellte sie ihm vor, »es -bewegt seinen Sinn die leidige Eitelkeit ohnehin genug.« - -»Nun was schadet die Eitelkeit?« entgegnete der Meister fast unwillig, -»wenn sie das Rad der Thätigkeit in Bewegung setzt und den Jungen alle -seine Kräfte mit Lust gebrauchen läßt? Nichts für ungut, Frau Schmidt, -aber Weibererziehung ist nicht für solchen aufstrebenden kleinen Menschen, -Ihr möchtet aus lauter Zaghaftigkeit alle frischen Sproßen seiner -kernigen Wurzel streng beschneiden, damit sie möglicher Weise nicht zu -einer Wildniß heranwachsen.« - -»Gott hat ihm doch den Vater genommen, und mich für ihn bestellt,« -erwiederte die Mutter ganz sicher, »darum muß ich ihn nach der Einsicht -erziehen, die Er mir gegeben hat.« - -Die Lehrzeit verfloß. Zwei Jahre blieb Ludwig noch am Orte, dann schnürte -er sein Bündel und ging in die Fremde. Der Abschiedstag war ein schwerer -für seine Mutter, sie hatte nichts weiter auf der Welt, daran ihr Herz -so ganz hing, wie diesen einen Sohn, und trotz seiner Fehler, als Sohn -war Ludwig musterhaft! Aber es mußte geschieden sein, und die Liebe macht -stark, besonders eine Mutter, welche freudigen Glauben zu Gott dem Herrn -hat, sie küßte und segnete ihn, begleitete ihn auch über das Weichbild -der Stadt hinaus und kehrte dann ergeben in ihr einsames Haus zurück. -- -Ihre Lebensweise blieb dieselbe wie bisher, nur daß sie nicht mehr wie -früher, Sonntags auf der Brücke, die über den kleinen Fluß führte, -stand und nach der Stadt hinsah, von welcher ihr Sohn sonst kam, und daß -sie jetzt noch mehr betete als las. - -Ein Festtag war allemal für sie, wenn der Postbote auf ihr Haus zuschritt. -O, ihr Herz fühlte dann einen wahren Freudenrausch! -- Die Nachrichten -waren anfangs meist gut, Ludwig hatte fast immer in großen Städten Arbeit -gesucht und gefunden, und schrieb gewöhnlich erfreut über das Gute, das -man auf Reisen kennen lernen und einsammeln kann. Selten klagte er, auch -vom Heimweh hatte er nicht gerade zu leiden, doch war seine innige Liebe -zur Mutter unverkennbar. Mehr als es der bescheidenen Frau lieb war, -deutete er an, wie er es ganz anders für die Zukunft mit ihr beabsichtige, -sie sollte einst bequemer, schöner wohnen, ein Haus in der Nähe der Stadt -haben, schon damit der Kirchweg ein kürzerer sei; er wollte dieses Haus -mit den schönsten Möbeln schmücken, für wen er denn sonst etwas lerne, -wenn nicht für sie? In diesem Tone schrieb er oft, wenn auch die Mutter -zu mäßigen suchte, und darauf hinwies, daß ihr Glück nicht im -Aeußerlichen bestehe, daß sie auch für ihren Stand und ihre Gewohnheit -hinreichend mit dem Nöthigen, ja Angenehmen versehen sei. - -Jahre verstrichen wieder, die Wittwe hatte ein ganzes Kistchen voller -Briefe, sie hatte auch des Sohnes Bild und freute sich sehr darüber: es -lächelte sie an und sah stattlich aus, der Jüngling war zum Manne heran -gereift, nur schien es ihr, als wisse diese breite Stirn von Trotz, als -läge in der ganzen Haltung eine Energie, die sich gegen jede zugemuthete -Unterwerfung sofort empören würde. Aber seine Briefe waren ja so -liebevoll, _ihr_ war er doch ergeben, das war gewiß, sie wollte auch nicht -zu ängstlich sorgen, sondern alle ihre Sorge auf Ihn werfen, der für uns -sorgen will. - -Dann kam aber eine Zeit, da seine Briefe das deutliche Gepräge des -Mißmuthes trugen; er klagte, es werde den Abhängigen zu schwer gemacht -sich den, ihren Fähigkeiten gemäßen, Standpunkt zu erringen, der Lohn -sei im Verhältniß zur Arbeit zu gering, die Behandlung nicht selten -unwürdig, die Besitzenden seien meistentheils herzlos -- die Mutter -wisse es nur nicht, wie es in der Welt zugehe, und er danke Gott, daß sie -dieselbe nicht gebrauche. Die Mutter hatte genug zu ermahnen und -schrieb auch, wenn es ihm draußen nicht gefalle, dann möchte er doch -wiederkommen, sie sehne sich ohnehin so sehr nach ihm. Gewiß hätte er so -viel gelernt, um die Innung mit einem Meisterstück zufrieden stellen zu -können, dann könnte er in der großen Stube seine Werkstatt aufschlagen -und sie würden Beide ein so recht seliges Leben, nach der langen Trennung -mit einander führen. Diese liebevolle Einladung hatte aber eine sehr -heftige Entgegnung zur Folge. Ob er darum so weit und lange gereist sei, um -mit leerer Hand, als ein armseliger Gesell wieder zu kehren, und der Mutter -Besitz zu seiner Etablirung zu benutzen? Nimmermehr! Er fühle hinlänglich -Kraft in sich, es mit der Feindseligkeit einer ganzen verkehrten Welt -aufzunehmen! - -Dieser harte Brief kam im Waldhause bei Winterszeit an, als der Schnee hoch -lag und die Wittwe schon wochenlang nicht aus dem Hause gekommen war. Wie -sehnte sie sich nach der Kirche! Zwar war ihr Herz selber ein dem Herrn -geweihter Tempel, und Haus und Garten und der stille Wald kannten den -Austausch ihrer Gefühle gegen den Segen himmlischen Trostes, aber dort, wo -sie die Weihe der Sakramente empfangen, sie und ihr Sohn, dort betete sie -besonders freudig für den geliebten Fernen. Nun ging es nicht, sie konnte -kaum zur Försterin kommen, um sich in ihrer Herzensbeklemmung an einigen -freundlichen Worten der Försterin zu erquicken, sie war mit ihrer Unruhe -in das Haus gebannt. »Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch -auf Erden, hilf dazu!« das waren Worte, die sich oft, vielleicht ihr -unbewußt, über die Lippen drängten, ihr Herz fühlte das Flehen -beständig. - -Und die Zeit der Finsterniß ging vorüber, der Schnee schmolz, die Sonne -lachte heiter durch die kleinen Scheiben des Fensters, wo über Rosen- und -Myrthenstöcken des Sohnes Bild hing; er schien die Mutter anzulächeln -und -- o der Freude! da kam auch der Mann mit der Briefmappe wieder, kaum -konnte die Mutter sein herzliches »Gott grüß!« erwiedern, so bewegt -war sie von der Erwartung, ob der liebe Herr, ihr treuer Helfer, des Sohnes -Herz gemildert habe, ob er, der Ferne, auch Sonnenschein um sich sehe und -in sich spüre. Und es war gut, Alles gut! Er schrieb reuig, bat wegen -seiner Heftigkeit um Verzeihung, erzählte von bessern Tagen, die ihm -angebrochen, und von der Aussicht auf Verwirklichung seiner Wünsche. -- An -diesem Tage hätte Mutter Schmidt sich recht gern arm geschenkt, vielleicht -hätte sie dies überhaupt schon längst gethan, wenn sie den Sohn nicht -gehabt hätte. Zum Glück sah sie, noch ehe die Sonne unterging, die -liebe, freundliche, theilnehmende Sonne! auf dem Wege drüben ein Paar -arme Kinder, die holte sie, fragte redselig wie nie, nach ihren geheimsten -Wünschen, und fand sich so reich, diese befriedigen zu können. Einen -so seligen Tag hatte sie lange nicht gehabt. Ja, das Herz ist tief zu -bejammern, welches so gerne opfern möchte, und keinen Altar finden kann, -auf dem es geschehen könnte. Es gehört zuweilen Muth dazu, ihn zu suchen -und viel Zeit, ihn zu finden, aber es giebt ihrer unzählige um uns herum. -Möge Gott zu allen Zeiten unsere Augen leiten, daß wir das Rechte sehen, -und unser Herz, daß wir das Rechte thun! - -Vergiß nicht, Pauline, daß ich nur wieder erzähle, ich spreche das -Gehörte nach, aber ich spreche auch mit. Ja, Gott helfe allewege! -- - -Nach wenigen Wochen kam abermals ein Brief, und diesmal von einem reichen -Geschenke von Kleidungsstücken begleitet. Das war nicht nach dem Sinne der -Mutter, sie wurde wieder nachdenklicher, aber der Frühling wollte es nicht -leiden, er lockte sie nach draußen und zeigte ihr die Verschwendung an -Prachtgewändern, welche der liebe Gott den Blumen gestattete. Tausende -blühten gestern und lagen heute welk, verblüht zu den Füßen -Neugeschmückter, das ganze Thal war im farbenreichsten zartesten Schmucke, -der Reichthum sproßte als saftige Zweige aus den Bäumen, breitete sich -als bunt gewirkte Decke über die Hügel, wogte in der Farbe der Hoffnung -über die im Herbst bestellten Aecker. Das Leben däuchte ihr wieder -wunderschön, selbst so getrennt von dem geliebtesten Kinde, sie übergab -ihn wieder beruhigt der Obhut des reichen Gottes, dessen Ehre die Himmel -erzählen, und des Vaters voller Gnade und Treue, von dessen wundervoller -Liebe die Erde, seiner Hände Werk, fröhliches Zeugniß ablegte. -- - -Ludwigs Briefe wurden zwar von nun an etwas seltener, enthielten aber -immer verständlichere Andeutungen eines innern Triumphes. Es war viel von -Manneskraft und Aufsichselbstverlassen die Rede, nur blieb es dunkel, was -eigentlich Bedeutendes erreicht war. Seit jenem freudenreichen Briefe -im Frühjahre datirten alle Briefe aus einem kleinen Orte an der Ostsee, -welcher aber in Ludwigs Atlas von dem Sohne des Försters durchaus nicht -zu entdecken war. Er hielt sich daselbst beim Gastwirth auf, der sein Haus -ausbauen ließ, und noch längere Zeit Arbeit für ihn haben würde. Wie -dieses Verhältniß Ludwigs ehrgeizige oder liebevolle Pläne fördern -konnte, war schwer zu ergründen; nach der Mutter Meinung hätte er da, -in dem armen kleinen Orte, als welchen er ihn selbst bezeichnete, nur -bescheidener in seinen Wünschen werden müssen. -- - -So verstrich ein Jahr unter Hoffen und Fürchten. Zu Weihnachten war -wieder eine bedeutende Sendung schöner Sachen angekommen: Kaffee, Zucker, -Gewürze, selbst schöner Wein, aber die Mutter ließ den Ueberfluß für -kommende Zeiten liegen und blieb bei ihrer einfachen Lebensweise. -- Als -der Frühling wieder erschien, wurde ihr sehr bang um's Herz, denn die -Briefe ihres Sohnes blieben ganz aus; vergebens hatte sie gehofft, zu -ihrem Geburtstage, den Ludwig stets als Festtag betrachtet hatte, durch -Nachricht, vielleicht gar seines baldigen Kommens erfreut zu werden, aber -die Blumensträuße, welche ihre alten und jungen Freundinnen ihr gebracht -hatten, verwelkten, ohne das Gesicht der Gefeierten im Lichtglanze der -Freude gesehen zu haben. - -Als dieser qualvolle Zustand einige Monate gedauert hatte, wurde Frau -Schmidt heiterer, sie lächelte wieder, wurde sehr thätig -- in ihrer -Herzensangst hatte sie oft, die Hände in den Schooß gelegt, dagesessen --- ging auch nach dem Gottesdienste eines Sonntags in das Pfarrhaus zum -Besuch, mit einem Worte, sie schien ganz aufzuleben. Aber man sollte noch -Ungewohnteres, als Besuche in der Stadt, an ihr erleben; zuerst kam die -Reihe des Erstaunens an die Försterin, welche gebeten wurde, die Ziegen -und Hühner der alten Frau bei ihrem Vieh aufzunehmen, und dann und wann -so gütig zu sein, einen Blick nach ihrem Heimwesen zu werfen, weil sie es -verlassen müsse. Eine innere Stimme ermahne sie beständig, ihren Ludwig -aufzusuchen, der in Noth wäre, sie sei dazu entschlossen, und schon am -nächsten Tage solle die Reise angetreten werden. -- In aller Frühe des -folgenden Morgens brach sie auf, und mancher der Vorübergehenden blieb an -diesem Tage dem Hause gegenüber stehen, und dachte darüber nach, was es -wohl mit den verschlossenen Laden für eine Bewandtniß haben könnte. Es -wurde auch von einer entschlossenen Frau daran geklopft, die Schmidt konnte -ja heftig erkrankt sein und hülflos daliegen, es antwortete aber weder ein -Wort noch ein Seufzen, und kopfschüttelnd ging die gute Frau ihrer Wege. -Dies geschah im Juni. Zwei Monate vorher hatte auch Ludwig eine Reise -angetreten, aber ehe ich sage wohin, muß ich erst von _Pranbeck_ reden, -und von der Zeit, die Ludwig darin verlebte. - -Als er vor fast anderthalb Jahren nach der, von dem Kirchdorfe Pranbeck -ungefähr fünf Meilen entfernten größeren Hafenstadt wandern wollte, und -in das Gasthaus des kleinen Ortes trat, war er so recht zerfallen mit der -Welt, die so viel des Lockenden und Reizenden für ihn hatte, es ihm, -wie er meinte, höhnisch vorhielt, und, so oft er die Hände darnach -ausstrecken wollte, schnell entzog. Selten hatte er etwas Vollkommenes -gefunden, besonders in den letzten Jahren: war der Meister gut, so taugten -die Gesellen nichts; fand er Gelegenheit viel zu verdienen, so war die -Familie seines Vorgesetzten entweder aufgeblasen oder gar zu ungebildet, -so daß er sich nicht mit ihr befassen konnte. Ging er in diesem letztern -Falle seinen eigenen Weg, so fehlte es wieder nicht an bornirten Versuchen, -sich über ihn lustig zu machen. Nein, dies Beugen und Fürliebnehmen -war zu unausstehlich, und wurde ihm immer lästiger! Hätte er es nur -verstanden Geld zusammen zu scharren wie diese Pilze, deren Herz gegen -jedes gute Gefühl durch einen Harnisch geschützt war, diese Schwämme, -die alles in ihrer Nähe Befindliche gewissenlos aussaugen, und dann -wohlgefällig auf ihre magern Nachbarn herabblicken, ja dann, dann konnte -er zeigen, wie der Hausstand eines christlichen Handwerkers eingerichtet -sein müsse, wie man sich den Lernenden, Helfenden gegenüber zu betragen -habe. -- Freilich, beschränkte Menschen, das stand fest, würde er nie in -seine Werkstatt aufnehmen, sondern nur solche, deren tüchtiger Verstand -sich gleich durch ein anständig freies Wesen bekunde, was auf den ersten -Blick von der tölpelhaften Selbstgefälligkeit einfältiger Menschen zu -unterscheiden sei. -- - -So ungefähr dachte und sprach Ludwig, der Sohn der demüthigen, -zufriedenen Wittwe im Waldhause, mit dieser Neigung die gesellschaftlichen -Zustände von ihrer trübsten Seite aufzufassen und zu verurtheilen, sah er -zum ersten Male das Meer in seiner unabsehbaren Ausdehnung. Es machte -einen tiefen Eindruck auf ihn, aber keinen guten, es half nur in seiner ihm -unverständlichen Größe seine Ansichten befestigen. Es war ein trauriger -Tag, als Ludwig zum ersten Male an einer Küste stand, der Wind stürmte -seewärts auf ihn ein und trieb die schäumenden Wogen, dunkel wie der -wolkenbedeckte Himmel, stürmisch gegen den niedern Hügel, von dessen -Rücken er in das unruhige Element schaute. »Ja,« sprach er bei sich -selbst, »Woge auf Woge, Tag auf Tag! Es ist alles einerlei, Seelen- und -Geschickeszwang und Zwang in der Natur, Niemand und Nichts kann gegen sein -Verhängniß; kann er Gefallen daran finden, der liebe Gott im Himmel, wie -die Mutter sagt?« -- - -Ein verächtliches Lächeln entstellte sein sonst hübsches Gesicht, und er -drehte dem Meere den Rücken, um ein Obdach zu suchen. - -Nun ist Pranbeck zwar nur ein kleiner Ort, und auch kein sehr wohlhabender, -aber ein stattliches Gasthaus befindet sich doch da, und ein ebenso -stattlicher Wirth, ein ganz gewandter Mann, dessen Bildung auch für ein -Hôtel ausgereicht haben würde, darin. Als Ludwig durchnäßt, denn es -hatte den ganzen Morgen geregnet, auf seiner Schwelle erschien, beging er -nicht den Mißgriff, ihn in die ordinaire Gaststube nach dem Hofe hinaus, -wo Knechte, Boten, lotterige Handwerksburschen und dergl. placirt wurden, -zu verweisen, sondern er führte ihn mit einigen freundlichen Worten des -Bedauerns ob des schlechten Reisewetters in das behagliche Zimmer, wo -Landherrschaften und die Honoratioren des Dorfes sich häufig des Abends -zu versammeln pflegten, das des Tages aber in der Regel nur ganz flüchtige -Besuche Solcher empfing, die nicht ausgehen konnten, ohne im Wirthshause -die Frage: Was giebts Neues? auszusprechen, und ein Gläschen zu trinken. -Selten kamen Reisende anderer Art, als die Genannten, nach Pranbeck, daher -mochte es kommen, daß die Erscheinung des für einen Handwerksburschen -sehr nobel gekleideten Fremden dem Wirthe sehr angenehm war. -- Bald hatte -Ludwig seine Kleider gewechselt, etwas Stärkendes genossen und war mit -dem Wirthe in der besten Unterhaltung, die damit endete, daß er versprach -vorläufig in Pranbeck zu bleiben, um dem einzigen Tischler des Ortes, dem -die Gesellen wegen seiner zänkischen Hausfrau allzuschnell davon liefen, -zu helfen und die obere Etage des noch unvollendeten Wohnhauses mit den -nothwendigen Tischlerarbeiten zu versehen. Dabei wurde gleich abgemacht, -daß Ludwig im Gasthause selbst und nicht bei dem Meister wohnen solle. -- - -So weit war Alles gut, aber das Schlimme lauerte dahinter. Nicht daß -Ludwig ein Schlemmer wurde, und wie so mancher tägliche Besucher des -Gasthauses, dem Laster des Trunkes fröhnen lernte -- er fühlte einen -Abscheu vor solcher Verirrung, er wendete sein Auge weg, wenn so ein -lallender, schwankender Mensch versuchte Witze zu reißen oder zu beweisen, -daß er wirklich nur »angetrunken sei, nur genippt habe!« -- Eine solche -Erniedrigung war für ihn nicht zu befürchten, seine Mutter dachte kaum -daran; Ludwig war ja stolz, wie konnte er sich zum Gegenstande des Ekels, -des Spottes herabwürdigen! -- - -Der Wirth war ein reicher Mann, er hatte Felder und Wiesen, Haus und Hof, -und ein reich versorgtes Waarenlager, da er das Recht hatte Handel zu -treiben. Sein Verkehr als Handelsmann war ganz großartig, doch wußten -nicht Viele genau darum, er ging meist in der Stille der Nacht vor sich, -aber dafür war er desto ergiebiger. Nach kaum einem Monate war Ludwig -Mitwisser dieses geheimnißvollen Verkehrs, und wenige Wochen später -Compagnon des Wirthes. Nun wurde der Ton zwischen beiden Männern noch -verbindlicher und das nächtliche Geschäft noch gewinnbringender, denn -Ludwig war höchst thätig, umsichtig und kühn, gerade ein solcher Mann, -wie er für den Wirth paßte, und dieser war die Freundschaft selbst gegen -ihn. - -Zum ersten Male hatte es nun Ludwig so, wie er es wünschte: einen -gescheuten, aufgeklärten Vorgesetzten, achtungsvolle Behandlung, -Anerkennung seiner Fähigkeiten und Leistungen, und reichlichen Gewinn. -Dennoch sah er nicht aus wie ein Mensch, über dem die Glückssonne -strahlt; er war viel schweigsamer geworden, sein Blick hatte an Offenheit -verloren und über sein Gesicht flog oft etwas dem Argwohn ähnliches; sein -durchdringender Blick schien dann zu fragen: wer wagt es, mein Thun und -Lassen zu beurtheilen? Ich, ich allein bin Herr meiner Entschlüsse und -Handlungen! - -Pranbeck liegt ganz nahe an der Grenzlinie, und der Wirth war durch kühn -getriebene Schmuggelei reich geworden. Aus Zuneigung zu Ludwig, wie er -sagte, hatte er ihm gezeigt, wie leicht man es dahin bringen könne, die -oft langweilige Berufsarbeit nur =pro forma= zur Hand zu nehmen, wenn man -nämlich nur genug Entschlossenheit besitze, mit einigen Vorurtheilen -zu brechen. Und dann hatte der Wirth ihm in fließender Rede auseinander -gesetzt, wie ungerecht die Besteuerung der ausländischen Produkte sei, -das arme Volk müsse sie fast ganz entbehren, mäßig Begüterte sie mit -äußerster Einschränkung genießen, während man höher hinauf damit -schwelge und sie verprasse. In solche Behauptungen stimmte nun zwar Ludwig -nicht mit ein, aber in ihre Consequenzen, er vergaß die Worte: »seid -unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat,« und »gebet dem -Kaiser, was des Kaisers ist,« -- und ward Schleichhändler wie sein -Verführer. - -Die Geschäfte gingen nach Wunsch, denn von den drei Officianten, welche in -Pranbeck stationirt waren, drückten zwei ihre Augen bei den nächtlichen -Affairen des Wirthes zu, denn dieser wußte ebenso gut zu zahlen wie -zu sprechen, und der Dritte war schon ein älterer Mann, der leicht zu -täuschen war. Bald war Ludwig so gut bei Kasse wie nie vorher, daraus -erklären sich seine Hoffnungen, Briefe und Geschenke nach Waldhaus. - -Etwas länger als ein Jahr mochte Ludwig in Pranbeck sein, als bei -furchtbaren Aequinoctialstürmen ein Schiff in der Nähe des Oertchens -strandete. Die Mannschaft rettete sich, und die reichen Waaren, die es -trug, wurden glücklich im Wachthäuschen auf einem Küstenvorsprunge -und dem daneben stehenden Wachtthurme geborgen. Das Schiff gehörte einem -Lübecker Kaufmanne und war in einer Anstalt versichert, die einen Agenten -in der Provinzialhauptstadt hatte. Dieser, schnell benachrichtigt, war -selbst bei der Bergung zugegen gewesen, hatte die Bekanntschaft des -zuvorkommenden Wirthes und auch Ludwigs gemacht, der bei dem Unglücke -sich sehr muthvoll und menschenfreundlich bewiesen hatte. Am Tage nach des -Agenten Abreise sollten die Sachen auf schon bestellte Wagen gepackt und -ihm nachgeschickt werden. - -Die nun hereinbrechende Nacht wurde verhängnißvoll für Ludwig. -- - -Der Wirth war am Nachmittage schon äußerst splendid mit Wein gewesen, -aufgeregt war man ohnehin von den Begebenheiten. Man redete viel von Muth, -Recht und lächerlicher Peinlichkeit, und endlich stand so viel fest, -daß, wer es wage die geborgenen Sachen sich zuzueignen, einen Hauptstreich -ausführe, der ersprießlichere Folgen haben werde, als die Arbeit -von wenigstens zwanzig Jahren, und der Verlust sei nur der der -Versicherungsgesellschaft, komme auf Niemanden eigentlich merklich. - -Ludwig stand auf und wollte der Versuchung entfliehen, sein Zimmer -aufsuchen, aber dort war es ihm zu eng, er hüllte sich dicht ein und -ging zum Dorfe hinaus, wo das Rauschen des Meeres -- ein wunderlicher -Sirenengesang! -- ihn zog und lockte, bis er am Strande stand. - -Weithin ringsum hörte man nichts anderes als Wind und Wasser, und wäre -auch ein leises Geräusch entstanden, es wäre ungehört erstorben in -diesem unnachahmlichen Zwiegespräch. Da kam der Wirth mit seinem Knechte -in der Dunkelheit daher, auch die beiden ungetreuen, eidbrüchigen -Grenzbeamten folgten. Sie schritten so eilig dem alten Wachtthurme zu, als -beflügle der Pflichteifer ihre Schritte, als seien sie so ganz sicher, auf -richtigen Wegen zu gehen. Ludwigs Blut pulsirte heftig, er sollte Mitwisser -dieses Unternehmens werden, halber Theilnehmer, und keiner Gewinn davon -haben, wo so großer Gewinn zu hoffen war? Es kostete dem Wirth nur wenige -Worte und Ludwig ging mit ihm. Es war freilich eine That, die er nie, -selbst nicht in Zukunft seinem Weibe vertrauen durfte, aber für seine -Ueberwindung zahlte sie auch mit dem eigenen Herde! - -Nur eine Schwierigkeit war bei der Geschichte zu fürchten, und das war die -mögliche Widersetzlichkeit des Wächters. Zwar war er ein bequemer Mann -und hatte bei der Schmuggelei oft seine Hand zur Hülfe geliehen, aber hier -war's gefährlich für ihn, und wenn er sich weigerte, gemeinschaftliche -Sache mit ihnen zu machen, dann mußte man auf den Fang verzichten. Es war, -wie man gefürchtet hatte, der Wächter war unbestechlich. Vergebens -waren all die glatten Worte des Wirthes, der Plan schien dem Alten zu -handgreiflich: ohne Zuchthaus, meinte er, könnte das unmöglich enden. - -Der Knecht erhielt von seinem Herrn einen Wink und begab sich wieder nach -Pranbeck zurück, die Uebrigen schienen ihre verbrecherischen Wünsche -aufgegeben zu haben, der Wirth schmollte zwar etwas, nahm aber die -Einladung zu einer Parthie Landsknecht an, und setzte sich zum Spiele an -den Tisch. - -»Halt!« rief er plötzlich nach einer Weile, »ich habe einen -unbezahlbaren Einfall. Wir wollen unsern Aerger hinunterspülen. Einen -Bohrer her!« - -»Wozu?« fragte der Strandwächter. - -»Sollt schon sehen, altes Hasenherz. Wo ist der Schlüssel zur Remise?« - -»Gut verwahrt,« erhielt er lachend zur Antwort. - -»Keine Dummheiten!« schalt Jener, »glaubt Ihr denn, wir werden Euch -wider Willen die Sachen wegnehmen, die Ihr nicht theilen wollt? Nein, das -führte höchstens zu einem Jahre Wolle spinnen in Gesellschaft, aber wir -wollen die hübschen Fäßchen ein Bischen erleichtern, und Eure Gesundheit -in gekapertem Weine trinken.« - -»Geht doch nicht an,« wehrte der Alte, »'s ist gleich zu merken, sie -brauchen bloß das Faß anzurühren, so --« - -»Giebts denn kein Wasser in der Welt mehr?« unterbrach ihn der Wirth -lachend, »nur einen Bohrer her, für das Uebrige werde ich sorgen.« - -Der Wächter, nach dem verführerischen Getränke lüstern, war's -zufrieden; bald war Wein in Fülle da, und von Neuem begann ein -lästerliches Trinken und Durcheinandergerede schlechter Dinge. Ludwig war -nur Zuschauer dieser Scene geblieben; das, was er hörte, war ihm ekelhaft, -er hätte dies gern gesagt, oder durch sein Entfernen angedeutet, aber er -merkte, daß der Wirth noch etwas im Schilde führte, sah deutlich seinen -Triumph, als der Wächter, von dem reichlich genossenen Weine betäubt und -verwirrt, allmählig ein albernes Gewäsch zu reden anfing, in welches der -feine Wirth lustig mit einstimmte, dann mit übersichtigen Augen, wie -im Traume, bald hier, bald dorthin starrte, und endlich sich in die Ecke -lehnte und einschlief. Jedenfalls wollte er abwarten, wie die Geschichte -sich noch entwickeln würde. - -»Das hat Mühe genug gekostet,« flüsterte der Wirth und deutete auf den -Trunkenen, der von seinen Sinnen nicht wußte, »aber nun schnell, Johann -wird längst mit dem großen Wagen draußen halten; ich wußte, wie -es kommen würde, und habe meine Vorkehrungen getroffen. Hier ist der -Schlüssel, ich stecke die Laterne an und komme nach.« - -Ludwig stand noch da, ohne sich zu regen. Ein Rest der alten Gesinnungen -war noch vorhanden, eine Scheu warnte ihn, nicht ein so großes Uebel zu -thun und wider den Herrn seinen Gott zu sündigen. -- - -»Alle Mann heran!« scherzte frohlockend der Wirth, und rieb sich die -Hände, »das giebt einen köstlichen Spaß!« - -»Aber,« wendete Ludwig ein, »Kraaß wird natürlich Alles erzählen.« - -»Bewahre!« entgegnete der Andere, »wir rühren hier im Thurme nicht das -Mindeste an. Wenn er morgen aufwacht, wird's sein, daß man ihn, -entsetzt über den leeren Speicher, herausdonnert. Jeder Mensch wird dem -verschlafenen, alten Säufer die Unschuld gleich an der Nase ansehen, und -er wird sich hüten, die auf Verdacht anzuklagen, die als Freunde sehr -vortheilhaft, als Feinde aber sehr gefährlich sein würden.« -- - -Ludwig betheiligte sich an dem Diebstahle. Es wurde gleich abgemacht, daß -bei der Theilung keine Gewinnstufen stattfinden sollten, nur der Knecht -mußte sich mit einem Antheile von 50 Rthl. zufrieden erklären. - -Gegen 2 Uhr Nachts fuhr die erste Ladung in die ungepflasterte Auffahrt des -Wirthshauses. Ludwig begleitete sie, um die Waaren nach Weisung des -Wirthes unterzubringen. Während dieser Zeit belud man den schon harrenden -Einspänner und berechnete, wann Alles abgemacht sein könnte, als der -Wächter laut scheltend und fluchend vor dem Thurme erschien, und mit -vielen Schwüren betheuerte, er werde diesen Diebstahl verhindern. Den -Dieben trat der Angstschweiß auf die Stirn, zum Glück tobte freilich das -Meer, aber der Mann hatte eine gellende Stimme. - -»Schweigt, Unsinniger,« sprach der Wirth drohend auf ihn ein, »es ist zu -spät, legt Euch und schlaft, Ihr wißt von Nichts!« - -»Oho!« schrie der Andere, »ich weiß von Nichts? -- wir wollen doch -einmal sehen!« und damit ging er trotzig in den Thurm. Wie der Wind war -der Wirth hinter ihm her. Aber da klang es schon durch die Nacht hin -- -Glockenschlag -- der Alte hatte die Nothglocke angeschlagen, einmal aber -nur, dann mußte er sich beruhigt haben, vielleicht war er in seiner -Trunkenheit umgefallen. Es wurde ganz still im Thurme. -- - -Am andern Morgen verbreitete sich mit reißender Schnelligkeit das -Gerücht: der Strandwächter Kraaß sei erdrosselt, und ein großer Theil -der Ladung des gestrandeten Schiffes Hieroglyph gestohlen. - -Einer von denen, die durchaus dieses Gerücht nicht glauben konnten, war -der Wirth in Pranbeck, und als sich die Thatsache dennoch herausstellte, -war er eifrig damit beschäftigt zu beweisen, daß Seeleute dies Verbrechen -verübt haben müßten. Trotz seines Unglaubens und seiner Gründe wendete -sich aber der Verdacht sehr bald gegen ihn selbst, und acht Tage nach jener -schrecklichen Nacht ward er, die beiden jüngern Grenzbeamten, sein Knecht -und Ludwig Schmidt, der bei ihm arbeitende Tischlergesell, auf einem Wagen -nach der nächsten Kreisstadt eskortirt. Die Gefangenen waren gefesselt und -zwei Gensdarmen begleiteten sie. - -In dieser Zeit war es, als die alte Mutter im Waldhause so vergeblich und -unruhig auf einen Brief von ihrem Sohne wartete. In dieser Zeit beugte sich -auch ein Mensch, der lange Zeit mit seinem Gotte unzufrieden gewesen war, -und ihn gemeistert hatte, mit durchgreifender Zerknirschung tief, tief in -den Staub. Gleich in dem ersten Verhöre hatte er seine Schuld gestanden; -vom Morde wußte er nichts. Das mußte aber erst erwiesen werden; zwei -der andern Gefangenen gingen gerade so weit wie Ludwig, des Diebstahls -bekannten sie sich schuldig, des Mordes nicht, und der Wirth und sein -Knecht wollten anfangs sogar von gar keiner Schuld wissen, die gefundenen -Sachen waren rechtmäßig erworbene Lagervorräthe, alle erschwerenden -Umstände des Verdachtes beklagenswerther Zufall. -- - -In seiner einsamen Zelle erschienen Ludwig am Tage und in den langen -schlaflosen Nächten liebliche und doch so schmerzenbringende Bilder. Seine -Jugendzeit, das stille, heimische, so oft verachtete Haus, besonders -aber die Mutter mit ihrer reichen Liebe, ihren Thränen und ihren tausend -Opfern. Auch seine stolzen Gedanken von früher und alle seine hohen -Versprechungen kamen zurück und sahen ihn höhnend an. Dann hätte er laut -aufschreien mögen, zu qualvoll war's, zu schrecklich! - -»O Mutter, Mutter!« rief er laut. -- Der Schlüssel klirrte im Schlosse, -die Thür ging auf, Ludwig raffte sich auf vom Boden, er hatte auf den -Knien gelegen, aber er stieß einen furchtbaren Schrei aus, verhüllte sein -Antlitz und beugte es ganz hinab, daß es nichts mehr sehen konnte, auch -all sein Elend nicht zeigte. Seine Mutter stand ja vor ihm, wirklich vor -ihm, bleich und liebevoll, weinend ihm entgegen lächelnd. Sie streckte -auch die Arme aus, aber wie hätte er es wagen dürfen, dahinein zu sinken, -er, der Verbrecher im Kerker, in die Arme dieser Mutter! - -Aber hatte der Anblick die Mutter denn getödtet? Er hörte ja nichts von -ihr, kein Wort, keine Bewegung. Er mußte es wagen, seine Augen zu ihr zu -erheben. Da lag sie auf ihren Knien, und ihre Hände und Blicke und ihr -ganzes Herz waren nach oben gerichtet, und ihre Lippen bewegten sich ganz -leise. Da das der Sohn sahe, wand er sich kniend zu ihr hin und reichte ihr -die heilige Schrift, wie sie da aufgeschlagen gelegen hatte, und deutete -mit dem Blicke auf eine Stelle, die er täglich wohl hundert Mal gelesen -und immer wiederholt hatte. Und die Mutter warf nur einen Blick hinein, -und dann sprach sie laut und klangvoll, daß das Herz des Sohnes erbebte: -»Herr Gott, Dich lobe ich; dieser mein Sohn war todt und ist wieder -lebendig geworden, er war verloren und ist wieder gefunden worden!« - -Ludwigs Abwesenheit vom Schauplatze des Verbrechens zur Zeit des Absterbens -des Alten, stellte sich im Laufe der Untersuchung sicher heraus; er ward -von der Anklage auf muthmaßlichen Mord freigesprochen. Anders war's mit -dem Diebstahle, den er selbst eingestanden, dafür wurde er zu zwei Jahren -Zuchthaus verurtheilt, die er, begleitet von seiner Mutter, die sich -nie wieder von ihm trennen wollte, abbüßte. Die alte Frau, -vom Untersuchungsrichter empfohlen, fand in der Familie eines -Strafanstaltsbeamten ein Unterkommen als Kinderwärterin und durfte -täglich ihren Sohn sehen, auch mit ihm Morgens und Abends in dem großen -Betsaale des Zuchthauses ihr Gebet mit dem seinigen vereinigen. - -Als die Strafzeit zu Ende war, kehrten Mutter und Sohn in die Heimath -zurück. Ludwig konnte nach den Gesetzen der Innung nicht Meister seines -Gewerkes werden, aber er fand dennoch allerlei Beschäftigung und viel -weniger hartes Urtheil, als man gewöhnlich über Gefallene hört. Sein -stilles Wesen, sein Fleiß, seine Kindesliebe, und vor Allem seine Demuth -und Anspruchslosigkeit söhnten die Menschen mit ihm aus, und seine Mutter -fühlte sich so glücklich in seiner Gesellschaft wie nimmer zuvor. -- - -»Lebt sie noch?« fragte Cäcilie. - -»Nein,« antwortete Julchen, »aber Du kennst den Sohn ganz gut, es ist -der Missionsbote für unsern Kreis.« -- - -»Schmidt?« fragten die Mädchen verwundert. - -»Ich habe ihn ja immer bei seinem Namen genannt,« erwiederte Julchen -lächelnd. - -»Es giebt viele dieses Namens, aber nun weiß ich, wovon er es versteht, -so wunderschöne ausgelegte Kästchen zu verfertigen,« meinte Ida. - -»Und warum er, der geschickte Mann, diese Beschäftigung erwählt hat,« -setzte Cäcilie hinzu. »Ja, wie viele Menschen würden wir mit ganz andern -Augen ansehen, wenn wir ihre Geschichte so genau kennten.« - -»Und ihr Herz,« sprach ich leise. - -»Das gehört ja zusammen,« erwiederte sie nachdenklich, »ich glaube -wenigstens.« -- - -Ein unerhört langer Brief. Ich habe mehrere Abende daran geschrieben, that -es aber recht gern. Schade daß Du die Augen nicht dazu siehst, die mir -dabei oft vorschwebten. In diesen Augen spiegeln sich treu alle Gefühle: -Besorgniß, Trauer, Hoffnung, Beifall, Andacht, nur eins sah ich noch nicht -darin, werde es auch wohl nie sehen. Zuweilen senken sich auch diese Augen -beharrlich, dann möchte ich erst recht wissen, was sie zu verbergen sich -bemühen. -- Lebe wohl. - - _Dein Justus._ - - - - - Am 6. März. - -Dank für Deinen lieben Brief, besonders für die Stelle, welche meine -Frage so schön beantwortet. Gemeinsames Streben also, Ein Zier, Ein -Glaube, Eine Liebe, Eine Hoffnung verwischen alle sonstige Verschiedenheit -und bedecken der Flecken Menge. Ein Streben -- ja das ist vorhanden, zur -höchsten Klarheit, aber Glaube, Liebe, Hoffnung, darin erscheint sie mir -vollendet, und ich bin nur ein schüchterner Anfänger darin; es ist nicht -unmännlich, die Wahrheit zu gestehen, sie mag heißen, wie sie will. -- - -Ich werde jetzt stark in Versuchung geführt, etwas zu wagen: unser -elterliches Haus soll verkauft werden, aber es ist nur eine Versuchung -Unruhe und Schmerzen hervorzurufen, ich will mich davon losreißen. -- -Dienstag über acht Tage werde ich abreisen, dann fährt der Graf nach -Berlin und ich mit ihm. Vielleicht ist dies also der letzte Brief aus -Burgwall, er soll Dir innige, treue Grüße bringen. -- - - - Den 15. März. - -Der Brief liegt noch, die letzte Zeit war voller Unruhe, nun will ich -aber unsere Burgwaller Correspondenz schließen. Auf morgen früh ist die -Abreise festgesetzt, der Koffer ist gepackt und die leidigen Visiten sind -überstanden, nur Bernwachts und Julchen habe ich noch aufgespart, die sind -für sich. -- Cäcilie ist seit einiger Zeit leidend, möglich, daß ich -sie nur noch auf Augenblicke sehe. Ich liebe das junge Mädchen, Pauline, -es ist keine Phantasie, keine Passion, es ist ein unwiderstehlicher Zug des -Herzens, der mich an sie fesselt, ich fühle das jetzt mit einer Klarheit, -die mir den Abschied sehr schwer, aber ganz unumgänglich nothwendig macht. --- Das Kind ist so zart, wenn sie stürbe! Ich zittere bei dem Gedanken. -Wüßte sie, daß ich leide, dann würde sie traurig werden, trauriger muß -ich sagen, denn in ihrem leidenden Zustande sieht sie matt und angegriffen -aus, auch seelenmatt, sie lächelt viel seltener als sonst, aber ihr -würde auch unheimlich dabei, denn sie kennt ja keine Liebe, die Schmerzen -bereitet. Sie sei Gott empfohlen, Seine Engel werden sie beschirmen. -- - -Ich werde nun in die Stadt gehen, auch auf den Friedhof, und will für Dich -ein Epheublatt mitbringen vom Grabe der Mutter. -- - -Sobald ich kann, werde ich Dich aufsuchen. Die Zukunft sieht mich -allzuschaal und nüchtern an, kaum mag ich an sie denken. Lebe wohl! - - _Justus._ - - - - - Berlin, den 20. März. - -Du wirst es gleich diesen Schriftzügen ansehen, daß etwas Großes mit mir -geschehen ist, nicht wahr, Schwesterherz? Falte Deine Hände und bete für -Deinen Bruder, mein Herz ist nicht im Stande, allein dem Herrn die heiligen -Opfer darzubringen, die ihm gebühren, Du mußt helfen dabei! Sei -auch nicht unwillig, wenn ich ungewöhnlich spreche, es ist ja nur Dir -gegenüber, wo das Herz und der Mund klingen dürfen, wie sie wollen, die -Welt hört nichts davon und ich kann ja nicht anders. - -Ich schrieb Dir traurig zuletzt, -- da auf den vorigen Seiten steht es noch --- und beklemmten Herzens ging ich zu Bernwachts hinab. - -»Cäcilie ist krank,« flüsterte mir Burga zu, als ich mich dem Hause -näherte, »Du mußt ja leise gehen, und die Thür nicht so hastig -aufmachen, sie ist so schreckhaft.« - -»Sie hat das Fieber,« setzte Berga hinzu, »Mama meint, sie fiebere.« -- -»Nein,« widersprach die Andere, »sie hat ein Herzleiden. Vorhin war ich -oben bei ihr, und wir sprachen ganz ruhig, ich sagte, das Wetter wäre so -schön zu Deiner Reise, da sah ich, daß sie die Hand auf die Brust -legte. Thut's da weh? fragte ich, da sagte sie: nein, aber es klopft viel -heftiger, als es soll und, darf. Nach einer ganzen Weile sagte sie erst: -so, nun ist es gut.« - -Mit Schrecken gedachte ich ihrer stets sehr zarten Farbe und in letzter -Zeit war sie wirklich auffallend blaß gewesen. Die Mutter begegnete mir -auf dem Flur, ich fragte gleich nach Cäcilien und erhielt tröstliche -Nachricht. Es sei durchaus nichts von Bedeutung, sie sei auch unten im -Wohnzimmer. So war es auch. Ich fühlte mich nicht behaglich, der Abschied -lag mir wie eine Bürde auf dem Herzen, daher brach ich früh auf. Alle -sprachen liebe Worte, auch Cäcilie reichte mir ihre liebe Hand und sah -mich lange sanft und freundlich an. »Sie wollen ja nicht wieder kommen,« -sagte sie, »nun will ich mir schon Ihre Züge recht einprägen. Sie sind -stets gütig gegen mich gewesen.« - -Ich küßte ihr schweigend die Hand und ging dann zu Julchen und nahm -Abschied von den Gräbern. - -Als ich zurückkehrte, sah ich in Cäciliens Zimmer helles Licht, ich -wußte ganz bestimmt, daß diese Stube im obern Stock die ihrige war. Gern -hätte ich noch einen Schimmer ihrer Gestalt gesehn; ich harrte, da kam sie -an das Fenster und sah zum Himmel hinan, droben aber funkelten die Sterne -in wundervoller Pracht! Ich faßte gar keinen Entschluß, ich überlegte -nichts, aber ich ging zu ihr, ich konnte nicht anders. - -Niemand begegnete mir, im Dunkeln fand ich mich hin, bald stand ich vor der -Thür und klopfte an: ich durfte eintreten. Sie stand noch am Fenster, nun -wendete sie sich mir zu, ihre Hand legte sie leise aufs Herz, dann setzte -sie sich wie erschöpft, fast wankend auf den Sopha und beugte einen Moment -ihre Stirn in die Kissen nieder. »Sie sind sehr krank,« sagte ich heftig -ergriffen. »Nein,« erwiederte sie, »nur sehr schwach, und ich verdiene -diese Strafe vollkommen.« - -»Welche?« fragte ich. »Daß Sie mich so sehen.« Ich verstand sie nicht. -»Ich bin sehr heftig,« fuhr sie fort, »die erste große Versuchung, die -der Herr mir schickt, zeigt mir meine gänzliche Hülflosigkeit, aber im -Bekennen wächst die Kraft, so, nun wird es besser!« - -Sie richtete bei diesen Worten ihren Blick mit Begeisterung auf ein Bild -ihr gegenüber, ich folgte und war versucht an Wunder zu glauben; das -Christusbild aus meiner Mutter Kabinet war Cäciliens Eigenthum! - -»Ich kenne den Grund Ihrer Selbstanklagen nicht,« sprach ich mit tiefer -Erregung, »ich kann nicht ahnen, was Sie so tief bewegt, aber Sie sollen -wissen, mit welchem Schmerze ich von hier scheide; ich wollte schweigen, -aber ich kann es nicht.« - -Und nun erzählte ich ihr all die schönen Träume, die mich in Burgwall -umschwebt, von dem Erkerstübchen, von all den wonnigen Phantasien, die -mit ihm zusammenhingen, daß ich ihnen entsagen müßte, weil ich mich der -vollen Huld eines geliebten Wesens, welches für mich der Inbegriff aller -menschlichen Liebenswürdigkeit sei, unwürdig fühlte, daß ihr ganzes -Benehmen mir auch zeige, wie wenig sie meine Liebe verstanden habe und -erwiedere. Jetzt sei sie leidend, eine dunkle Unruhe hätte mich getrieben, -sie noch einmal aufzusuchen, sie möge verzeihen, um der Liebe willen, die -ihr geweiht sei. Und ich verstummte vor seligem Entzücken, entzündet an -ihrem, an Cäciliens, die mich, mich liebt. Du glaubst es nicht, Du fragst, -ob dies möglich ist; es ist durch Gottes reiche Huld volle köstliche -Wahrheit! - -Viel hätte ich zu erzählen von ihrer Demuth, die von Glück sprach, -von ihrer himmlischen Offenheit, die mir gestand, wie sie bei meiner -herannahenden Abreise Blicke in ihr Herz gethan und gefunden habe, daß -es zagte, eine Oede zu werden, wenn sie fern von mir sein würde, wie sie -befürchtet, Gott müsse zürnen, daß sie sein Geschöpf so sehr, zu sehr -liebe. Und sie hat recht: bin ich dessen würdig? -- Aber nun strahlte ihr -kleines blasses, süßes Gesicht im Glanze der Verklärung: Gott war ihren -Gefühlen gnädig, er segnete sie! - -Wir gingen Hand in Hand hinab. Nichts von dem allgemeinen Staunen, Du -kannst Dir's denken. Die Alten waren anfangs vor Ueberraschung stumm, -Cäcilie hing aber an ihrem Halse und Burga und Berga umarmten mich, -Therese und Ida kamen auch, da bekamen sie die Sprache wieder und Thränen -dazu, und ich erhielt ihr Engelskind mit dem vollsten wärmsten Segen. - -Nur wenige Stunden war ich noch in ihrem Kreise, hatte auch -Geistesgegenwart genug an den Kauf unsers Vaterhauses zu denken, mein -_Schwiegervater_, -- wie klingt das, Pauline? ich sage Dir wie ein Segen! --- also mein Schwiegervater wird diese Angelegenheit besorgen. - -Zum letzten Male erstieg ich den Schloßberg. Ich blieb oft stehen und sah -gen Himmel. Gott, welcher Reichthum droben und hier, ich staune, ich bete -an, ich bitte um Verzeihung! Mein Glück wird endelos sein, Gott hat es mir -gegeben; es ist auch ein solches, welches noch wachsen wird, denn Er wird -es pflegen und behüten, ich fühle es. - -Am nächsten Morgen verkündigte ich dieses Glück der gräflichen Familie -und empfing ihre freudigen Glückwünsche, dann nahm ich Abschied von der -verehrten Frau, und bald lag Burgwall hinter mir, aber trotz Abschied und -Ferne, damals und jetzt, erhebe ich meine Hände und mein Herz hinan zum -Himmel, Ihm Dank und Preis darzubringen, der so Großes an mir gethan -hat; der meiner Seele half, als sie rang nach dem neuen Leben, der alle -Dunkelheit und alles Bangen vernichtete, und in seinem Liebesrath mir den -Engel beigesellte, dessen lichte Klarheit mir in Zukunft jeden Schatten von -meinem Pfade verscheuchen wird! - -Aber Du mußt sehen, Pauline, Du sollst und mußt Deine Schwester bald -kennen lernen. Zu Pfingsten erwarten wir Dich bestimmt in Burgwall. - -Schreibe bald, grüße auch Deine edlen, alten Freundinnen, und sei so -glücklich wie - - _Dein Bruder Justus_. - - - - -=Empfehlenswerthe Bücher= - -=aus dem= - -=Verlage der Agentur des Rauhen Hauses=, - -=durch alle Buchhandlungen zu beziehen=. - - -Für Frauen und Jungfrauen: - - -Die Pflegerin. - - Von _Rosalie Sandvoß_. 90 S. br. 7½ Sgr. - -Grüße an die christl. Mädchenwelt. - - Gesammelt für kindliche Jungfrauen von einer Freundin der Jugend. - 108 S. cart. 4½ Sgr. - -Lucile. - - Ein Buch für Leser der heiligen Schrift. Von _Adolph Monod_. 332 S. - br. 22½ Sgr. - -Madelaine. - - Eine Dorfgeschichte, wahren Ereignissen nacherzählt. Von _Julie - Kavanagh_. 370 S. br. 22½ Sgr. - -Hanna More, - - auch ein Schriftstellerleben, von der Verfasserin des »Lebens der Frau - Elisabeth Fry.« 388 S. br. 27 Sgr. - -Sara Martin, die Schneiderin. - - Eine Lebensgeschichte erzählt von _Friedrich Eckart_. 2. Aufl. 131 S. - cart. 7½ Sgr. - -Vier kleine Festgeschichten - - auf Weihnachten, Charfreitag, Ostern und Pfingsten. 3. Aufl. 84 S. br. - 5 Sgr. - - - - -[ Hinweise zur Transkription - - -Das Originalbuch ist in Fraktur gesetzt. - -Darstellung abweichender Schriftarten: _gesperrt_, =Antiqua=. - -Auf den Seiten 72 und 118 wurde das Währungssymbol für "Reichsthaler" -ersetzt durch die Abkürzung "Rthl." - -Der Text des Originalbuches wurde grundsätzlich beibehalten, mit folgenden -Ausnahmen, - - (Seite 21) - im Original "»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas," - geändert in "»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas,«" - - (Seite 22) - im Original "um schön zu sei, etwas zu klein" - geändert in "um schön zu sein, etwas zu klein" - - (Seite 22) - im Original "dreizehn und elf Jahren Burga und Berga genannt" - geändert in "dreizehn und elf Jahren, Burga und Berga genannt" - - (Seite 40) - im Original "Gott nahm ihn mir früh" - geändert in "»Gott nahm ihn mir früh" - - (Seite 41) - im Original "fuhr die Erzählerin fort,« ich will es Ihnen sagen" - geändert in "fuhr die Erzählerin fort, »ich will es Ihnen sagen" - - (Seite 44) - im Original "»Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind" - geändert in "Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind" - - (Seite 47) - im Original "und betheuerthe ich würde nur sehr ungern" - geändert in "und betheuerte ich würde nur sehr ungern" - - (Seite 48) - im Original "die dem Schloße zunächst liegenden Wege" - geändert in "die dem Schlosse zunächst liegenden Wege" - - (Seite 49) - im Original "»Ja,« antwortete ich,« gestatten Sie nur" - geändert in "»Ja,« antwortete ich, »gestatten Sie nur" - - (Seite 60) - im Original "»es war immer mein liebstes." - geändert in "»es war immer mein liebstes.«" - - (Seite 78) - im Original "»Das thue ich auch, und lasse es nun" - geändert in "Das thue ich auch, und lasse es nun" - - (Seite 89) - im Original "hier im Schloße bin ich bald fertig" - geändert in "hier im Schlosse bin ich bald fertig" - - (Seite 96) - im Original "»Wenn, Gott will -- aber dem Demüthigen" - geändert in "»Wenn Gott will -- aber dem Demüthigen" - - (Seite 98) - im Original "Du kannst darin sicherer selig werden." - geändert in "Du kannst darin sicherer selig werden.«" - - (Seite 124) - im Original "alle sonstige Verschiedenheit und bedecken" - geändert in "alle sonstige Verschie-schiedenheit und bedecken" - - (Seite 126) - im Original "»Cäcilie ist krank, flüsterte mir Burga zu" - geändert in "»Cäcilie ist krank,« flüsterte mir Burga zu" - - (Seite 127) - im Original "sagte sie »nun will ich mir schon" - geändert in "sagte sie, »nun will ich mir schon" ] - - - -*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BRIEFE EINES MALERS AN SEINE -SCHWESTER *** - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the -United States without permission and without paying copyright -royalties. 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Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms -of the Project Gutenberg License included with this eBook or online -at <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you -are not located in the United States, you will have to check the laws of the -country where you are located before using this eBook. -</div> - -<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Title: Briefe eines Malers an seine Schwester</p> - -<div style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Author: Rosalie Sandvoß</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Release Date: October 9, 2021 [eBook #66499]</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Language: German</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Character set encoding: UTF-8</div> - -<div style='display:block; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Produced by: the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net (This book was produced from scanned images of public domain material from the Google Books project.)</div> - -<div style='margin-top:2em; margin-bottom:4em'>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BRIEFE EINES MALERS AN SEINE SCHWESTER ***</div> - - -<h1><span class="ge pb"><span class="fsxl">Briefe eines Malers</span><br /> -an<br /> -<span class="fsl">seine Schwester.</span></span></h1> - -<p class="ce mt2 lh1"><span class="ge">Von</span><br /> -<span class="fsl">Rosalie Sandvoß.</span></p> - -<p class="ce mt2 lh1">Hamburg.<br /> -<span class="ge fss">Agentur des Rauhen Hauses.</span></p> - -<p class="ce fsxs">Druckerei des Rauhen Hauses. 1865.</p> - - - - -<h2 class="datum">Burgwall, den 10. Juni 18––.</h2> - -<p><b>N</b>un bin ich in der Heimath, vorgestern langte ich -hier an. Es ist doch ein eignes Gefühl, wie ein Fremder, -den Niemand kennt, den Keiner erwartet, für den -nicht eine Seele einen freundlichen Gruß hat, in die -Vaterstadt, in die Stadt seiner holdesten Erinnerungen -zurück zu kehren. Du weißt, ich bin nicht sentimental, -Pauline, aber da Du »Alles wissen willst, was sich -zwischen mir und Burgwall ereignet,« so sei's gestanden, -daß ich eine Art Herzweh fühlte, überall auf meinem -Wege zum Gasthause Personen zu begegnen, die mich -höchstens mit dem Blicke der Betrachtung beehrten. Und -nun im Gasthause zu wohnen, ein wirklicher Gast, ein -Fremder daheim zu sein!</p> - -<p>Das deutsche Haus, mit seinen Kastanien vor der -Thüre – sie standen richtig noch da – lockte mich heimisch -an: ihm gegenüber liegt ja das alte, liebe Haus, -das meiner Phantasie immer als Heerd tiefsten Behagens -vorgeschwebt hatte. Du erinnerst Dich gewiß, obgleich -Du es als ein Kind von acht Jahren verließest, es steht -mit dem Giebel nach der Straße, hat im zweiten Stock -einen runden Ausbau, ist mit Schnitzwerk überladen und -sieht auswendig gerade aus, wie ein Magister des sechszehnten -Jahrhunderts sich der Welt präsentirt haben mag, -künstlich, solid und pedantisch. Aber inwendig ist das -anders. Gerade das Erkerstübchen war ein überaus behagliches, -freundliches Zimmer, mit Blumen, vielem Lichte -und duftigen Vorhängen. Ich erinnere mich, daß es -grün decorirt war, und nußholzene Möbel hatte, die -immer wie neu polirt glänzten. In der einen Ecke stand -eine Harfe – Mutter spielte sie wundervoll – und -mitten in einer Blumengruppe zog mich immer ein Bild -an, ein Christus auf dem Meere. Das Gesicht der -Hauptfigur hatte einen bezaubernden Ausdruck; es schwebt -mir oft vor, und ich habe schon oft es zu malen gewünscht, -aber seltsam! mit diesen Heiligenbildern will es -mir nie gelingen. – Mutter schien sich stets zu freuen, -wenn ich bei den seltenen Gelegenheiten, da sich mir -dies Zimmer öffnete, lange betrachtend vor dem Bilde -stand, sie hatte eine etwas bigotte Richtung, die herrliche -Seele, und hat sich, glaube ich, über die nichtssagendsten -Dinge, das Leben schwer genug gemacht. Du hast Mutter -kaum gekannt, Pauline, Du warst erst sechs Jahr alt, -als sie starb, ich sechszehn. Sie war ein Engel – aber -etwas überspannt, ich glaube nicht, daß Vater ganz glücklich -mit ihr war. Von einer alten Tante, so einer Art -Nonne, erzogen, brachte sie eine Last von Vorurtheilen -unserm lebensfrohen, geistvollen Vater zu, und nur seiner -Liebe zu ihr ist es wohl zuzuschreiben, wenn er nie darüber -klagte, daß sie in ihrer Ehe stets ihren eignen Gang -ging und sich nicht zu Vaters Lebensanschauung erheben -konnte. Kinder beobachten schärfer als man gewöhnlich -glaubt, ich habe öfter bemerkt, wie still und ernst Mutter -ihre Vorkehrungen traf, wenn Vater Gesellschaft gebeten -hatte, wie erschreckt sie von ihrem Buche aufsah, wenn -spät Abends ein munteres Gelächter oder jubelnde Toaste -in das Schlafzimmer hinauf schallten, wo sie uns so -sorglich gebettet hatte und dann lesend des Vaters harrte. -– Erinnerst Du Dich nicht, wie sie uns beten lehrte? -– Die liebe Heilige! Ich denke nicht ohne Rührung an -sie, aber ich möchte um keinen Preis, daß Du ihr einst -glichest. Ich bin kein Heide, aber mir schaudert vor -dieser Pietisterei; sie vergällt die reinsten, unschuldigsten, -harmlosesten Freuden, und verdammt ihre Opfer zur -gänzlich unnöthigen, unfruchtbaren Selbstkasteiung.</p> - -<p>Leider sind unsere Verhältnisse der Art, daß ich -nicht, wie ich möchte, auf Deine völlige Ausbildung einwirken -kann, wir sind zu selten bei einander, und sind -wir es, so können wir uns selten ungestört sprechen, -immer kommt irgend ein zärtliches Wesen, den geliebten -Verzug zu beaufsichtigen. Vermuthlich befürchten Deine -alten Jungfern, ich bezwecke Dich ehestens aus ihrem -verzauberten Schlosse zu entführen, um das kleine Wunder -von Liebenswürdigkeit in der Welt für Geld sehen zu -lassen. Wahrhaftig, ich kann ganz unbesorgt sein, welchen -verdächtigen Anstrich auch zuweilen Deine Aeußerungen -haben, eine Heilige wirst Du dennoch nicht, dafür sorgen -besagte Damen mit allen Kräften. So will ich denn -für diesmal meine Erziehungsgedanken fahren lassen und -ganz einfach mit Dir in der Stadt umherspazieren. Hast -Du hohe Erwartungen, so stimme herab, besonders für -den heutigen Tag, es hat geregnet und ist grundlos in -den Straßen, Pfütze an Pfütze. Rümpfe aber um alles -in der Welt Deine hübsche Nase nicht, diese Pfützen sind -ein Vorzug der guten, alten Stadt, wie mir Herr Brauer, -mein behäbiger Wirth, alles Ernstes auseinandergesetzt -hat. Du glaubst es nicht? – nun so höre. Zweierlei -Wohlthaten sind die Ursachen dieser kleinen Unannehmlichkeit: -reger Verkehr und herrliches Röhrenwasser. Letzteres -macht seine unterirdische Reise in ausgehöhlten Tannen, -die im Laufe der Zeit nicht selten leidend werden, -da wird denn das Pflaster aufgerissen und es kann dann -leicht passiren, daß die Kieselmosaik nicht so recht sorgfältig -wieder restaurirt wird. –</p> - -<p>Visiten können wir nicht viele machen, es ändert -sich in zehn Jahren unglaublich viel. Die meisten Freunde -unsers Vaters sind nicht mehr vorhanden – todt, weggezogen, -Andere erinnern sich des Knaben Justus Brand -nur sehr nebelhaft, und ich bin nicht just von der Art, -ihrem Gedächtnisse eifrig zu Hülfe zu kommen. Die -freundlichste Aufnahme habe ich bei Bernwachts gefunden, -einem außerordentlich töchterreichen Ehepaare. Wie solche -Mädchen doch in die Höhe wachsen, als ich die vier -ältesten zuletzt sahe, waren es Wildfänge zwischen vier -und zehn Jahren, mit hängenden Schuhbändern, fliegenden -Locken <i>et cetera</i>, jetzt, ich versichere Dich, man weiß -nicht, wohin man die Augen wenden soll, aus jeder der -zahlreichen Nebenthüren der großen Stube schwebt eine -neue Huldin herein. Alle sind bildhübsch, ich bin neugierig -zu erfahren, wie sie sonst beschaffen sind; die Alten -haben mich, sehr großherzig, eingeladen, sie oft zu besuchen.</p> - -<p>Auf dem Schlosse bin ich noch nicht gewesen. Brrr! -Kannst Du mich nicht davon erlösen? Fromm und vornehm, -eine Heilige und eine Gräfin, alles in einer -Person! Womit werden mich die vortrefflichen Herrschaften -regaliren? Mit erhabenen Worten, hohen Mienen, -und einer Weisung in bestimmte Grenzen? Mit gelehrten -Redensarten über Malerei, mit Honigworten christlicher -Liebe? Eins so widerwärtig wie das Andere; o könnte -ich allen Dünkel, alle klugthuende Nichtswisserei und alle -Formenreligiosität, die nur die innere Armuth bemänteln -soll, schleudern in das Meer, da es am tiefsten ist! – -War das nicht etwas – ja es muß so sein, ich irre -nicht – es erinnert an einen Bibelvers, mir wird ganz -besonders dabei. Warum eigentlich? Widerwille war es -nicht – ich muß sondiren, es liegt in meiner Natur – -war es etwa ein stummer, schweigender Vorwurf der -»heiligen Schrift?« – Wundere Dich nicht über mich, -ich bin in Burgwall, Bilder der Kindheit umschweben -mich, die alten Klänge werden wach, der Mann wird -wieder zum Kinde, aber nur auf Augenblicke; sieh, da -zieht es schon hin, das magische Blendwerk, all die -frommen Legendengestalten, die ich in dem Giebelhause -drüben einst kennen lernte, und die so mysteriös von -ewigen Kronen und himmlischen Palmen sprachen. Der -ganze Traum zerrinnt, fort sind sie. –</p> - -<p>Für heute genug. Dein Bruder</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus</span>.</p> - - - - -<h2 class="datum">Am 11. Juni.</h2> - -<p>Pauline, ich habe mich wie ein Dummkopf benommen, -wie ein vollendeter Dummkopf! Auf alles Mögliche -war ich gefaßt, nur nicht auf eine liebenswürdige, einfache -Frau, die dennoch, eben in ihrer schlichten Würde, -mir gewaltig imponirte.</p> - -<p>Es ist sehr gut, daß wir diesen Briefwechsel verabredet -haben, Kameraden sind nicht habhaft, die Burgwaller -ersterben in Ehrfurcht vor der »Herrschaft,« und -man kann mit ihnen kein freies, vernünftiges Wort über -diese Halbgötter reden, und ich liebe den Austausch. -Aber halt, was werde ich für meine famosen Berichte -bekommen? Wenn nichts weiter, so bedinge ich Recension, -eine detaillirte; ganz entschieden, Pauline, Du mußt mir -gehörig antworten.</p> - -<p>Jetzt von der Gräfin.</p> - -<p>Es war gegen Mittag, als ich den Schloßberg, -versteht sich in Galla, hinanstieg. Das Wetter war gut -und die Gegend ist wirklich schön, der Spaziergang war -ein Genuß; der Weg ist auch besser geworden, überhaupt -ist für Verschönerung der Schloßumgebungen besonders, -aber auch für die der Stadt, viel gethan. – Eine Wallthür -stand offen, und ich ging hinein. Gleich in der -ersten Laube bot sich mir ein hübsches lebendes Bild dar. -Eine junge Dame saß mitten unter einer Fülle herrlicher -Blumen und ordnete sie zu Sträußen. Für einen Maler -hat so etwas doppeltes Interesse, und weil mich die -Schöne nicht sehen konnte – sie hatte mir den Rücken -halb zugedreht und war äußerst eifrig bei ihrer Arbeit -– blieb ich einen Augenblick stehen und sah ihr zu.</p> - -<p>»Schnell den Bast, Johanne!« rief sie. Es erschien -keine Johanne. Sie wartete einen Augenblick, sah auf, -horchte, und vermuthlich überzeugt, daß keine Johanne -sie gehört habe, gab sie die Hoffnung auf, gleich Bast -zu bekommen, und legte den schön arrangirten Strauß -behutsam auf den Tisch, um zum Ordnen des zweiten -zu schreiten. Sie nahm eine Lilie, fügte Rosen hinzu, -zettelte eine Epheuranke unter den Blumen hervor und -– um das erste Bouquet war's geschehn, es war aus -der Fassung gekommen, fiel aus einander und theilweis -zu Boden. Eiligst trete ich vor, ich Narr! und raffe -die Blumen auf, sie der Dame wieder zuzureichen. Sie -nahm sie etwas erstaunt, erwiederte meinen Gruß freundlich, -und sah dann zur Laube hinaus, »wo ihre kleine -Johanne wohl geblieben sein möchte.«</p> - -<p>»Vielleicht sehe ich sie unterwegs, mein Fräulein,« -verhieß ich Kurzsichtiger, »und werde sie schicken.«</p> - -<p>»Wollen Sie in's Schloß?« fragte die Dame. – -Das war ja ganz vertraulich, ich entgegnete also ganz -guter Dinge: »Ja wohl, zur Gräfin, wenn sie zu -Hause ist.«</p> - -<p>»Dann nehmen Sie nur den Wallschlüssel mit, -Johanne hat ihn ausgezogen, – Kinder machen sich so -gerne mit Thüren zu schaffen – und Sie haben wohl -keinen Schlüssel, nicht wahr, die untere Thüre stand -offen?«</p> - -<p>Ich bejahte, dankte, und weil nicht recht mehr was -zu sprechen war, empfahl ich mich und ging meiner -Wege, bereute aber bald nicht länger geblieben zu sein, -es fielen mir, als ich im Vorzimmer wohl eine Viertelstunde -warten mußte, der Fragen noch mancherlei ein. -Endlich erschien die Gräfin, und wer war es? – mein -Fräulein vom Walle! O, ich Blinder! Hätte ich es der -holden Frau nicht gleich ansehen können, daß sie kein -gewöhnliches Menschenkind ist; würde ein Stadt- oder -Hoffräulein mir ihren Wallschlüssel gegeben haben, wäre -sie so unbefangen freundlich gewesen?!</p> - -<p>Während sie nun um Entschuldigung bat, mich -warten gelassen zu haben, stand ich kümmerlicher Mensch, -und konnte mich nicht in die rechte Form finden, wollte -selbst entschuldigen und wußte nicht wie, und fühlte mich -erröthen, wie ein Schüler. Natürlich schien sie nichts -davon zu merken, sie war ganz gesprächig, redete zum -Glück bald von Malerei und plauderte so nett darüber, -daß ich meinen stichelnden Gedanken allmählig entrissen -wurde. Die Gräfin scheint von der Sache just nicht -viel zu verstehn, aber sie zu lieben und das ist auch -gerade recht. – Sie wird mir in nächster Woche sitzen, -bis dahin wird sie »das Vergnügen gehabt haben, mich -ihrem Gemahl vorgestellt zu haben.«</p> - -<p>Da hast Du die Geschichte; ich werde noch heute -diesen Brief absenden, und grüße Dich herzlich als -Dein Bruder</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus</span>.</p> - - - - -<h2 class="datum">Den 24. Juni.</h2> - -<p>Mittsommertag, himmlisches Behagen! Ich möchte -alle Ecken und Winkel meines Ichs von diesem Lichte -durchströmen, von dieser Wärme erfüllen lassen. Es ist -wundervoll! In meinem Leben habe ich solchen Sommer -nicht kennen gelernt, bin ich so gründlich heiter und -befriedigt gewesen, wie in diesem. Aber, meine Theuerste, -Du hast auch keine Ahnung davon, von welcher Höhe -herab ich auf die Auen und Wälder schaue, wie die -Natur »zu meinen Füßen« daliegt. Es ist unbestrittene -Wahrheit: je erhabener unser Standpunkt, desto schöner -und harmonischer erscheinen uns die verschiedenen Einzelnheiten -fernab. Steig auf den Kirchthurm, wenn -Du's nicht glauben willst, wie bildhübsch und harmlos -wird Dein altes Nest, Verzeihung! aussehen; die Kinder -auf den Straßen spielen so nett und manierlich mit einander, -das Geschrei und Gelärm, welches sie betreiben, -dringt höchstens als sanftes Gemurmel in Deine Region, -all die Häuserchen, die Hüttchen stehen so nett da, als -wären sie aus einem Nürnberger Schächtelchen genommen, -genug, es ist so, wie ich sagte. – Ich residire -gegenwärtig auf Schloß Burgwall, vergiß es nicht, es -auf Deinen Briefen gehörig zu bemerken. Meine Residenz -ist sehr hoch, ja wirklich, denn die alten mächtigen -Linden, die ihre Kronen bis zu den Fenstern der Gräfin -emporstrecken, sind nur dann von meinem Reiche aus -sichtbar, wenn ich mich aus dem Fenster zu ihnen hinabneige: -ich wohne buchstäblich auf Schloß Burgwall, nämlich -in zwei Dachstübchen, dicht neben dem Thurme.</p> - -<p>Keinen Stein auf die Gräfin, ich bitte sehr! Die -Zimmer sind ganz meine Wahl, eben der Aussicht wegen. -Als mir die Erlaubniß wurde im Schlosse zu wohnen, -habe ich mir gerade diese kleinen Zimmer gewählt, welche -mir schon früher bei Besichtigung des Schlosses besonders -gefielen. In jeder Stube ist ein großes, tiefes Fenster, -ausgezeichnet für die Aufstellung einer Staffelei geeignet. -Für nette Einrichtung wurde sogleich gesorgt, und so -wohne ich hier so angenehm wie möglich.</p> - -<p>Seit meinem Umzuge liegen schon zehn Tage dahinten, -mir ist heut auf jeden Fall doch sehr anders zu -Sinn, als da ich kam. Tags zuvor war ich dem Grafen -erst vorgestellt. Er ist ein gewichtiger Mann, nicht mehr -jung, gewiß, wenn nicht Funfzig, doch nahe daran; in -seinem charakteristischen Gesichte nehmen die Züge des -Wohlwollens und tiefen Ernstes sehr für ihn ein, und -sein ganzes sicheres, bestimmtes und doch durchaus nicht -anmaßendes Wesen beherrscht unwillkürlich seine Umgebung. -Die Gräfin scheint ihn nahezu anzubeten, sie -lebt in seinem Lichte. Wenn er spricht, so ist es gewiß, -daß sie nichts anderes hört, tritt er in's Zimmer, so -überfliegt ein Freudenschein ihre holden Züge. Nie habe -ich solche Innigkeit, solch gegenseitiges Glück gesehn, als -bei diesen beiden Menschen, und er ist wenigstens zwanzig -Jahre älter als sie. So recht verständlich ist mir -dies nicht; Ehrfurcht und töchterliche Gefühle könnte ich -ihrerseits begreifen, aber sie liebt ihn anders und viel -mehr, als ich überhaupt glaubte, daß man lieben könne.</p> - -<p>Tags nach meinem ersten Besuche bei dem Grafen -wurde ich zu Tisch geladen, und da wurde es gleich ausgemacht, -daß ich, der Bequemlichkeit wegen, bei ihnen -wohnen sollte. So bin ich denn täglich, außer den -Sitzungen – der Graf hat den Anfang gemacht – in -der Gesellschaft der liebenswürdigen Familie. Meine -Unbehaglichkeit schwindet immer mehr, und ich weiß nicht, -welcher der edlen Herrschaften ich den Preis höchster -Liebenswürdigkeit zuerkennen soll, ihm oder ihr. Eigentlich -sind sie gar nicht zu trennen, vereint sind sie das -Ideal vollendeter Freundschaft und einer rührenden Liebe. -Auch die kleine Johanne, des Paares einziges sechsjähriges -Töchterchen, ist etwas Liebreizendes. Das Kind -besucht mich zuweilen, und letzt brachte sie ein Tractätchen -mit und wollte mir etwas vorlesen, fing auch richtig an -und es ging über Erwartung gut, aber ich fand doch -für besser das Thema der Unterhaltung zu wechseln, und -erzählte ihr das Märchen von Schneewittchen. Dabei -saß sie auf einem kleinen mitgebrachten Stuhle und sah -mich mit den großen Augen ganz ernsthaft an, während -ich unverdrossen ein in Berlin angefangenes Bild nachfeilte -und mich bemühte, einem winterlichen Himmel mehr -das Ansehn zufriedener Ergebung als das der trostlosen -Gleichgültigkeit zu geben, die sich in Berlin über das -kleine Gemälde gelagert hatte.</p> - -<p>Als die Geschichte aus war, sagte sie: »Mama ist -auch eine Stiefmutter, Max ist ihr Stiefsohn.«</p> - -<p>»Wo ist er?« fragte ich.</p> - -<p>»Weit weg,« erwiderte sie, »wo der König wohnt.«</p> - -<p>»Was thut er da?«</p> - -<p>»Das weiß ich nicht gewiß,« antwortete die Kleine -höchst gewissenhaft, »aber ich glaube, der König gebraucht -ihn; Mama sagt, er sei des Königs treuer Diener.« – -Was für eine Art Diener, ob Page oder Adjutant, das -konnte ich nicht herausbringen.</p> - -<p>In der Stadt werde ich, will es mir scheinen, seit -ich hier wohne, mit größerer Zuvorkommenheit behandelt. -Ich meine im Allgemeinen, Bernwachts sind unverändert -dieselben. Die Familie, obgleich ganz anders als die -meiner erlauchten Beschützer, wird mir sehr lieb, und ich -gehe fast täglich zu ihnen. Noch eine Bekanntschaft habe -ich erneuert, Du könntest rathen, welche treue Seele ich -meine. Julchen Hermann ist es. Sie wohnt im Hospitale, -das heißt in einem neuerbauten Hause, neben der -alten Behausung der Gebrechen und des Alters, für diejenigen -Einsamen bestimmt, welche ein rundes Sümmchen -für die Wohlthat sichern Daches und einiger Fuder Holz -zahlen können. Früher wohnte sie in der Vorstadt, bei -ihrer alten Mutter, Du mußt es noch wissen, wir besuchten -sie zuweilen, und gingen nie unbeschenkt und -ungeküßt von dannen.</p> - -<p>Die alte Mutter kam mir stets mit ihren großen -leuchtenden Augen, wie eine Seherin vor, ihre Worte -klangen alle so weise, wie Orakelsprüche. Sie liegt nun -auch auf dem Katharinenhofe, nicht hundert Schritt von -dem Stübchen ihrer Tochter. Julchen zeigte mir das -Grab durch das Fenster, und später habe ich es auch -aufgesucht, es ist das wohlunterhaltenste auf dem ganzen -Kirchhofe.</p> - -<p>Von unserer Eltern Ruhestätte muß ich Dir etwas -mittheilen, was mir hochpoetisch erscheint. Vater hat -kein Monument, unser Vormund hatte es nicht für gut -befunden, das Grab des Ehrenmannes zu bezeichnen, nur -ein Baum, bald nach Vaters Tode von mir gepflanzt, -wurzelt daran. An Mutters Grabe steht ein schönes, -hohes Kreuz, Vater hat es setzen lassen. Auch dieses -Grab hat ein Zeichen der Liebe von mir, einen Epheu, -der die Jahre hindurch so mächtig gewachsen ist, daß -nicht nur das Grab ganz, und das Kreuz größtentheils -davon umschlungen wurde, sondern er hat auch die zu -ihm niederhängenden Zweige der Traueresche umsponnen, -sich an ihnen aufgerankt, und so stehen beide Gräber -auch äußerlich, in der innigsten Verbindung. Das hat -Natur gethan, und mir war es doch als hätten Mutters -feine Finger, still und sinnig, die Zweige in einander -geflochten. –</p> - - -<h3 class="datum">Später.</h3> - -<p>Endlich habe ich einen Brief von Dir. Meinst -Du wirklich: ich sähe die Bibel mit den Augen der -Weltkinder an, anders als ich sollte? die innere Bewegung -damals, sei eine Warnung meines Engels gewesen?</p> - -<p>Liebes Kind, Kind des Lebens und nicht der Welt, -Du scheinst wirklich auf einem andern Wege zu sein, als -ich, aber wie natürlich! – Vergegenwärtige Dir eine -Pilgerfahrt, nach irgend einem Heiligthume, meinetwegen -nach dem heiligen Grabe. Es ist kein Kreuzzug, sondern -eine Wallfahrt, Männer, Frauen, Jungfrauen, -Greise, begeisterte Kinder – Alles vereint sich, zu demselben -Ziele zu gelangen. Wird Jeder die Reise in -derselben Weise machen, trägt die Mutter nicht das Kind, -stützt der Mann nicht sein Weib, bedarf der Alte nicht -des Stabes? Meinst Du nicht, daß die Kinder, im Gefühl -ihrer Schwäche oft auf die Knie sinken, Gott um -neue Kraft anflehend, daß vielleicht ein Stärkerer sich -dann über sie erbarme?</p> - -<p>Siehst Du: Ein Ziel; der Eine erreicht es gehobenen, -der Andere gebeugten Hauptes, Dieser stützend, -Jener getragen, Einer schaut mit vollem Blick in das -Morgenroth Canaans, während Viele auf ihre wunden -Füße niederblicken, und auf den Weg, den sie wandeln -müssen, damit sie die Steine des Anstoßes darauf vermeiden. -– Wir haben Alle Ein Ziel: Befriedigung. -Du findest es, ich ahnte es, im Glauben, ich suche es -im Leben, in der Kunst, überall. Jetzt bin ich hier, -und ich weiß was hier meine Seele ganz erfüllen könnte -– kommt die Zukunft, die weite, unbestimmte, Du wirst -wohl Ewigkeit sagen, etwas, was über das Grab hinaus -währt, nun, so ist es immer Zeit auch dafür Entschlüsse -zu fassen und zu handeln. Wer kann das früher, ehe -er bestimmt weiß, wofür und wie? – Aber ich habe -hier einsehen gelernt, daß bei der Heiligkeit nicht absolut -Gefahr für das Lebensglück ist; kannst Du in dieser -Façon Befriedigung erlangen, nun wohlan, Du hast -meine brüderlichen Glückwünsche dazu. –</p> - -<p>Laß uns diese Sache nicht als abgemacht betrachten, -ich versichere Dich, daß Dein Widerspruch mich wohl -reizt, zum Nachdenken, wiederum zum Widerspruch, aber -keineswegs zum Zorne. Hier meine Hand, liebe Schwester! -Dein Brief hat Dich in meinen Augen um mindestens -zehn Jahre erfahrener gemacht, um nicht älter -zu sagen. Wie alt bist Du eigentlich? Achtzehn rechne -ich eben. Wo lerntest Du so ernst sein? – Grüße -Deine alten, ehrbaren Damen von mir.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Am 27. Juli.</h2> - -<p>Gestern erhielt ich Deinen Brief. Warum ich nicht -schon wieder geschrieben? Es beschäftigte mich Vieles, -allerlei Begebenheiten kreuzten sich bunt durcheinander, -ich war mitten darin, und doch waren sie kaum der Art, -daß Dir meine Notizen darüber irgend wie wichtig erschienen -wären. – Mit großer Liebe habe ich des Grafen -Bild vollendet, es ist gelungen und die Herrschaften finden -es auch. Die Gräfin werde ich noch nicht malen, -es sind Gäste hier, aus Schlesien, welche mich mit ihren -Aufträgen beehrt haben, und ich bin jetzt dabei ein Kind -zu malen, ein unbeschreiblich reizendes kleines Gesicht, -mit großen, fragenden Augen, die mich unaufhörlich an -Cäcilie Bernwacht, des Bürgermeisters dritte Tochter erinnern. -Nicht, daß das junge Mädchen so schön, wie -die kleine Felicitas, oder überhaupt sehr nach meinem -Geschmacke wäre, aber es liegt etwas Verwandtes in -den Augen beider Mädchen, so recht echter Kindersinn, -Seele, viel Seele.</p> - -<p>Wenn ich so schöne Augen male, ist es mir oft, -als sei in ihnen das Geschick der Besitzerinnen ausgesprochen. -Bei denen der Felicitas denke ich zum Beispiel: -was das Kind nicht Alles glaubt! Es glaubt an -einen Himmel auf der Erde und an einen ewigen Himmel; -es wird wahrscheinlich ewig ein Kind bleiben, und -sehr viel vertrauen, und immer das Beste von allen -Menschen denken, es wird auch sehr lieb haben, die ihm -Liebes erweisen, und andere Menschen auch noch, und -wird für alle seine Liebe nur etwas Treue erwarten und -sie selten finden, vielleicht gerade dort nicht, wo es am -sichersten darauf gerechnet hatte. Dann werden diese -frommen Augen viel weinen, sehr viel, bis allmählig -ihr milder Glanz erlischt, und sie sich schließen.</p> - -<p>»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas,« sagte -ich letzt zu ihr. Sie that es; ich sah sie lange an und -vergaß in meinen Träumereien ihr zu sagen, sie könne -sie wieder öffnen, bis sie endlich ganz geduldig fragte: -»darf ich dich nun wieder ansehen?« –</p> - -<p>Es giebt große Geheimnisse. Pauline, wir begegnen -ihnen täglich, die größten liegen in den Worten Herz -und Schicksal. –</p> - -<p>Cäcilie Bernwacht ist gerade unter ihren Schwestern -die mir fremdeste. Ich will Dir die kleine Gesellschaft -skizziren. Therese, die Aelteste, ist ein hübsches, besonders -verständiges Mädchen; sie ist Braut, und näht den -ganzen Tag an ihrer Aussteuer, was sie indeß nicht -verhindert, theilnehmend zu sein, ich mag sie sehr gern -und unterhalte mich am anhaltendsten mit ihr. – Ihre -zweite Schwester, Ida, ist eine Schönheit, ja, sie ist -wirklich schön und ich muß sie malen, es ist ein Genuß -diese Formen, diese Frische, diese Grazie studiren und -copiren zu dürfen. Das Mädchen ist auch nicht ohne -Geist und wird auch wohl ein Herz haben, aber sie gefällt -mir von ihren Schwestern am wenigsten, ihr Witz -ist scharf, sie kann beißend sein, ich mag das nicht an -Damen.</p> - -<p>Nun kommt Cäcilie, offenbar der Mutter Liebling, -ein Mädchen von siebzehn Jahren, sehr zarter Gestalt, -etwas blaß, mit herrlichem Haar und wundervollen Augen. -Cäcilie ist vielleicht, um schön zu sein, etwas zu klein, -und um im Allgemeinen so recht gefallen zu können, zu -still, man kann sie kaum kennen lernen. – Nun kommen -ein Paar prächtige Wildfänge von dreizehn und elf -Jahren, Burga und Berga genannt, Wallburga nämlich -und Luitberga, komische Namen! Wo Burga ist, ist -Berga, sie sitzen in einer Klasse, binden einen Kranz, -spielen zusammen Klavier und Versteck, und umarmen -gleichzeitig ihre Mutter, die sich auf ihre stürmischen -Ueberfälle gewöhnlich schon durch Bergung ihrer Mützenbänder -mit Resignation vorbereitet. Kürzlich hörte Berga, -daß ihr Vater mein Pathe ist, und augenblicklich trug sie -hocherfreut darauf an, mich Pathe nennen zu dürfen, -Herr Brand gefalle ihr nicht, Herr Justus wäre freilich -recht hübsch, aber ungewöhnlich, Justus schlicht weg, passe -sich nicht, Pathing sei das Beste. Die Mutter schüttelte -gewaltig mißbilligend den Kopf und entschuldigte, ich erlaubte -natürlich dagegen der elfjährigen Berga mich Pathe -nennen zu dürfen. »Burga muß aber auch so sagen, -sonst kann ichs doch nicht,« behauptete sie und Burga -bequemte sich. Es wurde gelacht, der Alte zog die Mädchen -etwas auf und damit war es abgemacht.</p> - - -<h3 class="datum">Am 4. August.</h3> - -<p>Heute will ich diesen Brief an Dich abschicken. -Dein letzter Brief war mehr als ernst, es sprach sich -Unruhe, Besorgniß darin aus. Du schreibst: ich verkenne -das Streben meiner Seele, nicht flüchtige Befriedigung, -die man täglich in irgend einer Sache, einer Creatur -finden könne, sei der Endpunkt derselben, sondern Frieden -in Gott. – Ist das nicht ein Spielen mit Worten, -oder pedantische Festhaltung eines einmal so und nicht -anders geformten Glaubenssatzes? Wir suchen was uns zu -unserm Glücke fehlt, Jeder nach seiner Natur. Du bist ätherischer -Natur als ich, und suchst geistigere, oder rein geistige, -oder auch phantastische Genüsse, ich verstehe Dein Friedensverlangen -nicht. Warum ist dieser Friede von Dir erst -zu suchen, wodurch hast Du reines Kind ihn erschüttert, -oder gar verbannt? Und warum ist mein Trachten nach -Befriedigung verwerflich, da ich sie nicht im Unedlen, -Rohen, Gemeinen suche? Widerstrebt mein Verlangen -dem reinen Naturgeiste? – Ich habe vor meiner Vergangenheit -in keiner Weise zu erröthen, und brauche dem -Frieden nicht nachzujagen, weil ich ihn habe. Beunruhige -Dich meinetwegen nicht im Geringsten, meine -theure Schwester, ich bin vollkommen glücklich!</p> - -<p>Lebe wohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 16. August.</h2> - -<p>Es will mir scheinen, als erkalte unser Briefwechsel, -Du machst größere Pausen, als ich wünsche. Um meinerseits -nichts dabei zu verschulden, schreibe ich dennoch, es -ist mir wohlthuend – auch eine kleine Befriedigung – -wenn ich an Dich schreibe und mich so von Grund aus -ausspreche. –</p> - -<p>Weißt Du, wer Dir hier in Burgwall sehr gefallen -würde, welche junge Dame mich oft, nicht an Deine -Person, denn Du bist glänzender, aber an Deine Briefe -erinnert? – Cäcilie. – Vor ein Paar Tagen hatte -ich mehrere Stunden anhaltend an dem Bilde der Gräfin -gemalt – der Engelskopf der Felicitas steht auf der -Staffelei im Dachstübchen – der Graf hatte uns dabei -vorgelesen, tiefsinnige, anziehende Sachen, die nachher -von uns besprochen wurden. Pauline, letzt schrieb ich -Dir ich sei glücklich, heute fühle ich mich, und schon seit -einigen Tagen stürmisch aufgeregt, und nicht glücklich, -nein! – Wie kommt es nur, daß sie mich als Einen -der Ihrigen betrachtet hatten, als einen Glaubensgenossen? -Weil ich bei ihren Tischgebeten keine Störung veranlasse, -sondern auch meine Hände falte? Es kann ja sein, daß -die ewige Macht ein solcher Vater unser ist, als welchen -sie sie anbeten! Ich bins zufrieden, aber ich weiß nicht -obs wahr ist. Wahrscheinlich ist es wahr, ich glaube es -fast, aber ich weiß es nicht, dabei muß ich verharren. -Es mag für Tausende leicht sein, sich bei solchen Gelegenheiten, -wie an jenem Tage, in ein Schweigen der -Bewunderung zu versenken, oder in oftgehörten Phrasen -Beifall zu zollen, ich kann es aber nicht. Ich sagte -was ich meinte, und es ward lautlos still im Zimmer. -Das erste Wort, was ich wieder hörte, war die Johannen -gegebene Erlaubniß, das Zimmer zu verlassen. Es -zog mir eisig durchs Herz, sie fürchteten für das Kind -den Gifthauch der Gottlosigkeit. Gottlos! ein schreckliches -Wort. Bin ich es? Antworte mir darauf. – Dieser -verehrungswürdige Mann, diese herrliche Frau schaudern -vielleicht vor mir zusammen, sie beten vielleicht für mich, -für den armen Sünder, denn in ihren Augen giebt es -keine größere Sünde, als gottlos zu sein. Aber ich -protestire, ich bin es nicht! An jenem Tage wurde der -wunde Punkt nicht auf das Leiseste mehr berührt, doch -fühlte ich mich unbehaglich und ging bald. Im Zimmer -hatte ich nicht Ruhe, ich ging hinaus, durchstreifte den -Wald, das Feld, kam, ohne es beabsichtigt zu haben, in -die Nähe des Kirchhofs und stand an den Gräbern der -Eltern. Mutters weißes Marmorkreuz sah mich matt -an, es war mir, als spräche es traurig: gottlos, armer -Sohn! – »Nein!« rief ich, beugte mich und küßte das -Grab. Julchen fiel mir ein. Sie ist eine Dienerin des -Gottes, den ich nicht kenne. Aufgeregt, wie ich war, -sehnte ich mich ihre Meinung zu hören, ich wollte sie -schon geschickt herauslocken, ohne mir eine Blöße zu -geben; es braucht nicht alle Welt zu wissen, daß ich -gottlos bin! –</p> - -<p>Ich ging dem Hause zu. Ihr Stübchen liegt zu -ebner Erde, ich kann es vorübergehend übersehen. Ich -warf einen Blick hinein und sah mit Unmuth, daß sie -nicht allein war, Cäcilie war bei ihr. Als ich jedoch -das junge Mädchen erkannte, kam etwas wie Segen -über mich, es wurde stille, ganz stille in mir, jetzt wieder -– unerklärliche Wonne! –</p> - -<p>Ich blieb stehen und sah hinein, hören konnte ich -nichts, wollte auch nicht, und gesehen konnte ich auch -nicht werden. Es war Dämmerung und Julchen lag -auf dem Sopha von vielen Kissen unterstützt, vor ihr, -mit den Knien auf dem Estrich, Dielen sind für das -Hospital Luxus, kniete das bleiche Kind, und drückte abwechselnd -bald die eine, bald die andere Hand auf die -Stirn der Kranken. Es war ein rührendes Bild. – -Nein Pauline, ich bin gewiß nicht gottlos, sieh, als ich -wieder zwischen den Gräbern hinschritt, bat ich Mutter, -Gott um den schönsten Segen für das stille Kind anzuflehn, -und dieser Wunsch kam aus tiefstem Herzen, ich -muß also glauben, trotz der vielen Wenns und Abers -des Verstandes.</p> - -<p>Es ist mir ein süßer Gedanke, Cäcilien unter den -Schutz meiner Mutter gestellt zu haben. –</p> - -<p>Gute Nacht, Schwester; ich habe eben am Fenster -gestanden und auf die ruhende Welt hinabgeschaut, der -Mond hält oben Wacht, es ist sehr schön draußen. -Mein Herz ist in wunderbarer Aufregung, nie habe ich -mich so ernstlich gefragt, ob ich Gott glaube, ob ich -gottlos bin. Wie kam es, daß diese Frage mein Inneres -so in Aufruhr gebracht hat? Das Verstummen -zweier Menschen hats vermocht, zweier Menschen, die ich -hochschätze. Wenn es einen persönlichen Gott giebt, -Pauline, dann muß er eine unausdenkbare Größe sein. -Denk Dir eine Macht, welche die Welt, die Natur in -dieser wunderbaren Ordnung erhält, denke diesen raffinirten -Naturgesetzen nach, denke Dir dazu eine Liebe, -welche dies Alles erschaffen hat und erhält für Geschöpfe, -die ihn verneinen, verhöhnen; ist ein Gott, so ist mir -nicht bange, Gott wird und muß am größesten im Verzeihen -sein. Es ist ein wonnereicher Gedanke: Gott. -Entweder beginnt nun für mich ein besonders reiches -Leben, oder ein sehr ödes, kaltes. Meine Seele ist nun -einmal von einem Verlangen erfaßt, diesmal kann es -nur Gott befriedigen.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 3. September.</h2> - -<p>Die kleine Johanne ist an den Masern erkrankt, -die Gäste haben das Schloß verlassen, und ich treibe -mich umher, denn das Bild der Gräfin ruht natürlich, -sie verläßt die Kleine nicht, um sich in Kostüm zu werfen -und mir zu sitzen. Der Graf ist vielbeschäftigt, unsere -Unterhaltung bei Tisch ist einsilbiger und dreht sich meist -um die kleine Kranke. – Ich erwarte Deinen Brief mit -Spannung, aber nicht mehr mit der fieberhaften Unruhe -wie Anfangs: ich weiß was ist, und fühle mich wohl -dabei. –</p> - -<p>Berga hat mir einen Gruß für Dich aufgetragen. -Ida schalt sie dafür, sie sollte nicht zudringlich sein. -»Sie meint es ja ganz gut in ihrer Weise, Ida,« sagte -Cäcilie sanft, »es ist wirklich nichts Unrechtes dabei.«</p> - -<p>Ida warf den Kopf sehr auf und erwiderte, Cäcilie -scheine heute sehr gnädig zu sein, gestern habe sie -Berga über ein ganz unschuldig hingeworfenes Wort eine -lange Strafpredigt gehalten. Ich war gespannt, zu erfahren, -was das für ein Wort gewesen sein mochte und -fragte mein Pathchen. »Herr Jesus,« antwortete sie und -senkte den Kopf ganz beschämt. – »Sie thuts nicht -wieder,« versicherte Burga, »es thut ihr selbst leid.« –</p> - -<p>Cäcilie sprach kein Wort weiter darüber, ich dachte -aber, was würde Cäcilie sagen, wenn sie in meiner Seele -lesen könnte. Später waren wir im Garten und ich -wurde fortwährend von der Versuchung gepeinigt, Cäcilien -zu fragen, was sie von mir denke, nur wartete ich -auf eine günstige Gelegenheit dazu. Endlich waren wir -einmal mitten in einem Laubengange allein und ich -fragte mit dürren Worten: »liebes Pathchen, bin ich ein -guter Mensch?«</p> - -<p>»Ich bin Ihre Pathin nicht,« erwiederte das junge -Mädchen sehr ernst, »ich war weder Zeugin Ihrer Taufe -noch – fügte sie leise hinzu – Ihrer Wiedergeburt.«</p> - -<p>Ist das nicht streng von solchem kleinen Mädchen -von siebzehn Jahren, das so sanfte Züge hat? – es -kränkte mich auch etwas, aber es verdroß mich nicht.</p> - -<p>»So wiederhole ich denn Fräulein Bernwacht meine -Frage,« sagte ich ganz treuherzig, und war begierig ihre -Antwort zu vernehmen.</p> - -<p>»Ich halte Sie für warmherzig,« sagte sie. »Genügt -das?« fragte ich. Sie schüttelte mit dem Kopfe -und Ida rauschte heran; ich hätte gern mehr gehört. –</p> - - -<h3 class="datum">Den 10. September.</h3> - -<p>Dank für Deinen Brief, liebe Schwester. Es ist -doch schön um sichere Liebe, wie die der Geschwister; Gott -sei Dank, daß ich Dich habe. Ja, Gott sei Dank, Du -weißt, ich kenne ihn nun. Du hast nie daran gezweifelt, -mein Leben habe es bewiesen, daß ich ihm nicht fern -sei, ich hätte ihn nur durch die dichten Schleier der -Selbstüberschätzung, des geistigen Hochmuths gesehn. -Kind, welche Worte! – Indessen, es ist etwas Wahres -daran, und die Schüchternheit, mit der Du diese harten -Behauptungen aufstellst, und die Freudigkeit, mit welcher -Du mich auch ein Gotteskind nennst, zeigen Deine eigne -Demuth und Liebe hinreichend, um mich vor Bitterkeit -zu bewahren.</p> - -<p>Da steht weiter: »Aber Du bist kein Christ, Gott -führe Dich zu den Füßen des Heilands, der uns Allen -zur Erlösung gegeben ist, und er wird es thun, ich fühle -es mit köstlicher Bestimmtheit. Wenn Du auf meine -tiefsten Herzenswünsche etwas giebst, so lies das neue -Testament und suche die Unterhaltung gläubiger Menschen. -Thu es nur zur Probe, wenn Du Deiner Sache -augenblicklich ganz gewiß bist nichts weiter zu Deinem -Heile zu bedürfen, als Deine jetzige Erkenntniß.«</p> - -<p>Dein Rath soll befolgt werden. Aber verlange -nicht, daß ich aus Respect vor Euren vermeintlich unantastbaren -Wahrheiten verstummen soll. Ist Eure Religion -die beste, so muß sie Widerspruch vertragen können, -und ihre Priester und Priesterinnen dürfen über ein -freies Wort nicht gleich den Stab brechen, oder über -den Andersdenkenden den Bann verhängen. –</p> - -<p>Mit wahrer Herzenserleichterung habe ich wahrgenommen, -daß der Graf und seine Gemahlin mir nicht -ihre Achtung entzogen haben. Wir verkehren ähnlich -wie früher, nun Johanne wieder genesen ist und die -Kleine besucht mich auch wieder. Durch diesen Zwischenact -ist dennoch unser Verhältniß anders geworden, ich -fühle etwas wie Mitleid aus der Art und Weise heraus, -wie sich die hohe Frau gegen mich benimmt, und des -Grafen Umgehung alles dessen, was sich auf Religion -bezieht, ist es nicht Schonung? – oder will er die -Perlen nicht in den Bereich des Unreinen werfen? Ich -glaube Besseres und verehre Beide um Vieles inniger -noch, als zuvor. Oft wünsche ich, sie möchten sprechen, -und ich würde ihnen dann sagen, wie es nun mit mir -steht. – Freilich würde es ihnen nicht genügen, aber -sie doch vielleicht erfreuen.</p> - -<p>Lebe wohl, liebes Kind, und schreibe bald wieder -Deinem Bruder</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus</span>.</p> - - - - -<h2 class="datum">Den 20. September.</h2> - -<p>Gestern Abend bin ich bei Julchen Hermann gewesen -und habe eine lange Unterredung mit ihr gehabt. -Sie ist das, was Du eine echte Christin nennen würdest, -liebreich, dienstfertig, freudig, genügsam, Alles »um des -Herrn willen,« wie es auf ihrer heitern Stirn und in -den großen grauen Augen klar steht. Ein religiöses -Gespräch mit ihr anzuknüpfen, bedarf weiter keines Vorbedachtes, -man kann nur nach einem Warum ihres Thuns -fragen und man hat, was man will. Die Seligkeit, -ihre und anderer Menschen, ist ihr Hauptgedanke, und -sie ist der eignen so sicher, daß sie sich unter den Gräbern -ringsum, und in der Gesellschaft eines Dutzend -alter, einfältiger Weiber sogar schon wie im Vorhofe des -Himmels fühlt. Ihre Sicherheit reizte mich mehr, als -Du Dir vielleicht denken kannst, und ich ließ mich von -meiner Heftigkeit zu Entgegnungen hinreißen, deren ich -mich bei kaltem Blute schäme. »Toben Sie nur,« sagte -sie ganz siegesgewiß und mit dem gütigsten Lächeln, -»dieser Eifer ist mir ganz angenehm, er ist das Geschrei -des angegriffenen alten Menschen, der alte Adam fürchtet -überwunden zu werden.«</p> - -<p>»Ich bitte Sie, bestes Julchen,« rief ich anmuthig, -»verschonen Sie mich mit diesen abgeschmackten, Ihrer -ganz unwürdigen Redensarten, – alter Adam!«</p> - -<p>»Fleischeswille, wenn Sie das lieber hören,« erwiederte -sie ganz gelassen.</p> - -<p>»Was will denn mein Fleisch?« fragte ich lachend.</p> - -<p>»Herrschen, das Sinnliche, die Erde mit ihren -Freuden zum Abgott machen.«</p> - -<p>»Ich denke nicht daran,« betheuerte ich.</p> - -<p>»Sie thaten es aber, und thun es noch,« beharrte -sie. –</p> - -<p>Ich bat sie, mich dieser Anschuldigung zu überführen, -allein sie meinte, es sei wohl besser, ich thäte -das selbst, sie verstehe vom Disputiren wenig. Sie wisse -das aber ganz gewiß, daß sie ohne Christus nicht bestehen -könne, daß sie nur an seiner Hand auf Erden -wandeln und im Himmel selig sein könne. Auf meine -Aeußerung solche Ansichten seien Schwärmerei, schüttelte -sie den Kopf und fragte mich, ob ich denn allen Ernstes -glaube, den Himmel verdient zu haben? – »Verdient,« -sagte ich ihr, »zwar gerade nicht, aber für wen er denn -sein solle, wenn nicht für Menschen, die ein richtiges -Leben geführt hätten, ich sei kein Grausamer, kein Lüstling -u. s. w.«</p> - -<p>»Sie meinen, Sie haben die Gebote gehalten?« -fragte sie.</p> - -<p>»Gewiß,« behauptete ich. –</p> - -<p>Es erfolgte eine lange Pause, dann sagte sie: »In -diesem Falle haben Sie den Himmel verdient; ich kann -das von mir nicht sagen, ich habe keines der Gebote -gehalten.«</p> - -<p>Ihr Ton war bei diesem demüthigen Bekenntniß -ganz ruhig, ich fühlte, sie sprach ihres Herzens Meinung -aus. Desto größer war mein Staunen. Julchen Hermann -gilt allgemein als eins der vortrefflichsten Wesen, -unsere Mutter war ihre Freundin, ihr ganzes langes Leben -wird musterhaft genannt und sie sagt, sie habe alle Gebote -übertreten. Ich dachte an das fünfte, das sechste, -das siebente. »Das ist Selbstverblendung,« rief ich, »die -ganze Stadt würde Ihnen widersprechen!«</p> - -<p>»Das ist Selbsterkenntniß,« entgegnete sie, »was -weiß die Stadt von meiner Herzensgeschichte, und das -Herz ist der Heerd, der stille, heimliche Heerd der geschehenen -und ungeschehenen nur gewollten Thaten, die -vor Gott alle gleich sind. Das Wort »Du sollst -nicht begehren« steht in gleicher Reihe mit dem »Du -sollst nicht fluchen, stehlen« u. s. w. Was die Stadt -nicht weiß, soll Ihrer Mutter Sohn erfahren, und so -hören Sie denn etwas aus dem Leben einer alten, unbescholtenen -Jungfrau, und sehen Sie hinein wie in -einen Spiegel, lieber Justus.« –</p> - -<p>Die Erzählung, welche ich Dir gewiß mittheilen -darf, da Du meiner Mutter Tochter bist, hat einen -nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht. Es wird mir -nicht schwer werden, sie Dir ziemlich getreu mit Julchens -eigenen Worten zu überliefern, das Ganze ist mir lebendig -gegenwärtig.</p> - - -<h3><span class="ge">Aus Julchen Hermanns Leben.</span></h3> - -<p>»So weit ich zurückdenken kann, ist es unverdiente -Liebe, welche mich gepflegt, gehütet und geführt hat. -Meine Mutter haben Sie gekannt, sie war einzig in -ihrer Art, ich könnte stundenlang von ihren Eigenschaften -reden, und hätte sie doch nicht vollständig geschildert. -In ihren frühern Jahren war sie sehr lebendig und hat -sich ihre geistige Frische auch bis ins höchste Alter erhalten, -Sie müssen sich noch erinnern können, wie eindringlich -all ihre Worte und wie ausdrucksvoll ihr -Mienenspiel und all ihre Bewegungen waren. Mutters -Worte hatten stets die größte Gewalt über mich. – -Mein lieber Vater war Geschäftsmann und hatte für -meines Bruders und meine Erziehung nur wenig Zeit -übrig, Mutter nahm uns also ganz unter ihre Leitung, -und so war ich denn schon früh so glücklich das Gute -in seiner Schönheit kennen, es lieben zu lernen, von -Kind an war ich unsers himmlischen Schöpfers und -seines Sohnes Eigenthum, das er vor tausend Gefahren -von seinen Engeln bewachen ließ. Aber trotz dieser Leitung, -trotz dieses Schutzes, trotz meiner Liebe zu dem -Heiligen, habe ich oft tiefes Leid über meine Sündhaftigkeit -tragen müssen, sie steckt zu tief, glauben Sie, -wir werden ihrer erst ledig, wenn die Hülle zerbricht.«</p> - -<p>»Als mein Vater starb, der nur ein geringes Vermögen -hinterließ, war mein Bruder auf dem Gymnasium, -und ich ein Mädchen von sechszehn Jahren. Mein Bruder -Leopold war sehr befähigt und Mutter und ich wünschten -beide sehr, er möchte Theologie studiren, kein Opfer, -welches wir uns zur Förderung dieses Zweckes auferlegten, -schien uns zu schwer, wir entbehrten mit Freudigkeit und -freuten uns über jede neue Bestellung an Näh- und -Stickarbeiten, deren Ertrag für den Bruder zurückgelegt -wurde. Leopold kam wirklich zur Universität und erleichterte -Mutter den kostspieligen Unterhalt durch Stundengeben, -so daß vorauszusehen war, es werde Alles gut -gehen. Daß wir's an Bitten bei der rechten Behörde -nicht fehlen ließen, können Sie sich denken – aber -Leopold irrte ab. Er trieb es sehr, sehr schlimm, mit -der Theologie war es aus, er kam zu Haus und es -sollte nun überlegt werden, was nun aus ihm werden -könne. Ehe er ankam, war ich in der vortrefflichsten -Stimmung, es war nicht schwer, neben der Mutter das -Rechte zu finden: ich hatte nicht zu richten, sondern nur -zu beten und zu bitten, auch konnte ich meinem lieben -Herrn beweisen, bis zu welchem Grade von Sanftmuth -ich es gebracht hatte, ich wollte mit schwesterlicher Liebe -den zu halten suchen, der unbrüderlich den Lohn meines -anhaltenden Fleißes verpraßt hatte, nur Lächeln anstatt -Thränen zeigen.«</p> - -<p>»Alles gelang, bis Leopold auch in seiner Heimath -das schreckliche Leben wieder begann, und die traurigsten -Excesse unter unsern Augen verübte, obgleich Mutter -alles Mögliche, was seine Verblendung zerstören konnte, -anwendete, obgleich ich, nach meiner Meinung, mit der -überzeugendsten Klarheit auseinandersetzte, daß der von -ihm eingeschlagene Weg einzig in den Abgrund bodenloser -Verderbtheit und Unheiles führen müsse. Er <em class="ge">wollte</em> -also nicht! Nun war es aus mit meiner großen, schönen -Liebe, mit meiner Sanftmuth, da glaubte ich entschieden -die Grenze zwischen ihm und mir gezogen, ich wendete -mich kalt von ihm ab und betrachtete ihn mit dem Blicke -der Verachtung. Mein Herz litt unsäglich dabei, aber -ich hüllte mich in ein stolzes Schweigen, den Bruder -vermeidend, die Mutter auffordernd, ihn zu lassen, wie -ich es gethan, in mir den Ersatz zu suchen. Ja, ich -wagte das Unglaubliche, ich war so stolz in meiner Tugend, -die mich so hoch über den Bruder stellte – aber -Mutter hatte keine Antwort dafür, sie sah mich nur an, -stumm und verwundert, schmerzlich befremdet.« –</p> - -<p>»Am Abende dieses Tages brachten Jünglinge den -Leichnam meines Bruders, aber Gott sei gepriesen! er -hatte sich nicht selbst entleibt, wie es mir bei dem ersten -Anblicke qualvoll durch die Seele fuhr, er war verunglückt.« –</p> - -<p>Julchen schwieg einige Augenblicke, aber bald gefaßt, -fuhr sie fort:</p> - -<p>»Ist es gewiß, daß mein abstoßendes Wesen nicht -Ursach war, daß mein Bruder gerade an diesem Tage -das Haus verließ, draußen umherirrte? – Hatte ich -nicht jedenfalls Mutters Liebe von dem Unglücklichen zu -reißen gesucht, hatte ich nicht Uebels von ihm geredet, -während ich »ihn entschuldigen sollte und Alles zum -Besten kehren!« –</p> - -<p>»Meiner Mutter Haupt richtete sich früher empor -als das meinige, sie hatte ein gutes Gewissen. Aber -sie tröstete mich mit liebevollen Worten, erinnerte mich -an Gottes Weisheit und Güte, die Alles voraussieht, -immer wacht, gern verzeiht, und hob mein, in der Seelenqual -gesunkenes Vertrauen zu dem, der das zerbrochene -Rohr nicht knickt und den glimmenden Docht nicht auslöscht. -Durch Gottes und ihre Hülfe wurde ich wieder -ruhiger, ich drückte die Hände meiner Freundinnen wieder -wärmer, als in der Zeit des Elends. Viel Worte des -Lobes und der Bewunderung wurden in jener Zeit über -mich gesprochen, die öffentliche Meinung überschreitet -leicht das Maaß, im Tadel wie im Lobe, man hinterbrachte -sie mir, mich zu erfreuen, aber ich verbarg mich -schamroth vor den kurzsichtigen Beobachtern. Die freundliche -Aufnahme und Vertheidigung, die Leopold Anfangs -bei mir gefunden hatte, dokumentirten aufs Neue mein -vortreffliches Herz, meine spätere Kälte war untrüglicher -Beweis meiner reinen Tugendhaftigkeit, die mit dem -Unreinen durchaus keine Gemeinschaft haben könne, und -dann, mein unverkennbar tiefer Schmerz nach Leopolds -Tode – wie rührend erschien er der Welt, mit welcher -Zartheit begegnete man mir seinetwegen!«</p> - -<p>»Jahre verstrichen, ich war zwei und zwanzig Jahre -alt geworden, und Gott hatte mir ein Glück geschenkt, -das in seinem Umfange vorher nicht zu ahnen ist: ich -meine die Liebe eines Freundes, in dessen Gemeinschaft -uns die Welt verschwindet, wir uns nur selig vor dem -Herrn aller Liebe fühlen. Mein Freund war unendlich -mehr als ich, aber ich verstand ihn. Ich staunte über -den Reichthum des innerlichen Lebens, den er mir erst -zugänglich gemacht hatte; er war der Engel der mir lächelnd -unser seliges Endziel und alle Hindernisse auf dem -Wege dahin im Lichte der überwindenden Kraft der Gnade -zeigte. Ich bin jetzt ein altes Mädchen, aber wenn ich von -ihm spreche, so verkörpere ich nur ein freudiges Hallen der -ihn feiernden Seele; ich liebe ihn noch, und freue mich ihm -entgegen, aber staunen Sie, Niemand weiß es: ich wurde -ihm ungetreu.«</p> - -<p>»Gott nahm ihn mir früh, ich sah ihn begraben; -aber an seinem Grabe sprach ich das Gelübde aus, einsam -meinen Weg zu wandeln; Keiner sollte so Theil an mir -haben, wie er, Niemand so meine Theilnahme, mein Vertrauen, -meine Freundschaft besitzen; er sollte mein Leitstern -bleiben, bis wir wieder bei Gott vereint sein würden.«</p> - -<p>»In diesem Gelübde fand ich neue Kraft, ich hatte -die Süßigkeit der innigsten Gemeinschaft zweier Herzen -kennen gelernt und wollte, das vielleicht lange Leben hindurch, -darauf verzichten; wollte mich mit der sekundairen, -laueren Freundschaft derer begnügen, die mein Herz nur -oberflächlich kannten, und in andern Verbindungen größere -Befriedigung fanden.«</p> - -<p>»Meine Sehnsucht und Trauer war groß, ich habe -Jahre lang viel gelitten, mehr als ein Christenherz um -einen Heimgegangenen leiden sollte. Endlich erhob ich -mich, mit Gottes Hülfe, zu größerer Klarheit, ich empfand -wieder Freude bei seinem Andenken, ich freute mich -in seinem Sinne handeln zu können, richtete meine Blicke -und mein Herz wieder fester zu den Höhen, von wannen -die Hülfe kommt. – Da starb Mutter und ich war ganz -verwaist. Es ist sehr schwer allein zu stehn, wenn man -ein warmes Herz hat. Es fehlt freilich nie an Gelegenheiten -zum Gutesthun, aber unsere Liebesthaten werden -da unendlich wohlthätiger wirken, wo die Liebe sie empfängt; -man will auch nicht verschwenden, weil man weiß, -wie glücklich Liebe machen kann. Fühlen Sie, wie es kam, -daß die welche als ein Muster felsenfester Treue galt, -allmählig die Wünsche hegte, mit ihrem tiefsten Seyn, sich -an ein anderes lebendes Wesen zu schließen, fühlen Sie -aber auch die Kämpfe, Selbstanklagen und welches Verzagen -diese arme Seele erschütterten? Der geistige -Bund, die geistige Ehe, wenn Sie wollen, war entweihet, -auf welche Tugend durfte ich noch bauen, wenn nicht -auf diese Treue, auf mein freiwilliges Gelübde der feurigsten -dankerfülltesten Liebe? – Auf keine Tugend, -keine Kraft war zu rechnen, in mir war kein Halt.«</p> - -<p>»Was giebt mir nun den Muth mich dem Himmel -und meinem Freunde dennoch entgegen zu freuen?« fuhr -die Erzählerin fort, »ich will es Ihnen sagen. Kennen -Sie noch Worte wie diese: »Kommet her zu mir Alle, -die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. -Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn -ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig, so werdet -ihr Ruhe finden für eure Seelen, und saget den verzagten -Herzen, seid getrost, fürchtet euch nicht; ich bin -der Herr dein Arzt; selig ist der Mann, der die Anfechtung -erduldet – wendet euch zu mir, so werdet ihr -selig – die Liebe decket der Sünden Menge – verlasset -euch auf den Herrn ewiglich – durch Stillesein und -Hoffen würdet ihr stark sein!«</p> - -<p>»Jetzt bin ich stark im Glauben, ich bin auch selig -in Liebe und Hoffnung.«</p> - -<p>Das treffliche Mädchen schwieg und sah mich mit -den leuchtenden Augen ihrer Mutter an. Ich küßte -ihre Hand.</p> - -<p>»Haben Sie wirklich alle Gebote gehalten?« fragte sie.</p> - -<p>»Nein,« entgegnete ich. Sie drückte mir die Hand, -und ich verließ sie voller bewegten Herzens. –</p> - -<p>Wenn ich einmal verheirathet sein werde, dann will -ich Julchen Hermann für mein Haus zu gewinnen suchen, -da soll sie noch viel Liebe finden. Meine Frau soll die -Geschichte erfahren, und wenn sie sie jetzt nicht etwa schon -liebt – man kann's ja nicht wissen – dann wird sie's -nachher sicher. Julchen wird dieser Frau eine sehr kräftige -Stütze werden, ich nenne sie freilich immer alt, deshalb -ist sie aber noch nicht gebrechlich, und hat sie auch einmal -Migräne, so legt meine Frau die Hände auf sie und -Alles ist gut. –</p> - -<p>Gott segne alle guten Menschen, Dich auch recht sehr, -liebe Pauline! Schreibe bald wieder.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 13. October.</h2> - -<p>Kleines Mädchen, ich fühle mich sehr behaglich auf -Gottes schöner Welt, und er hat mir einen netten Platz -und entsprechende Arbeit darauf angewiesen. Der liebe, -großmüthige Herr Gott hat mich ohne Zweifel wirklich -recht lieb, sonst könnte er mir nicht so viele gute Menschen -in den Weg schicken und mein Herz so fröhlich -machen.</p> - -<p>Sonntags kam ich aus der Kirche, – ich schäme -mich dieses Ganges keineswegs, ich fühle mich darin ganz -behaglich, ganz zu Hause, ich habe gesungen wie die -Andern: Befiehl du deine Wege u. s. w. – also ich kam -aus der Kirche, und stehe mit der kleinen Johanne, die -ihrer Bonne weg- und mir entgegen gelaufen ist, und -plaudere ganz freundschaftlich, als »Grafs« kamen. Der -liebe Engel grüßte, bevor ich meinen Hut herunter hatte, -wie Maienlicht und steuerte auf uns los.</p> - -<p>»Wissen Sie, lieber Herr Brand, was wir in dieser -Woche für ein Fest feiern?« frägt sie. Ich wußte von -nichts. »Königs Geburtstag, am 15.,« fuhr sie fort, -»und ich führe zur Verherrlichung des Tages etwas im -Schilde gegen Sie.« – Ich stellte mich ihr mit allen -meinen Kräften zur Disposition.</p> - -<p>»Eigentlich muthet Ihnen meine Frau ein starkes -Stück zu,« bemerkte der Graf, »aber sie hat ein merkwürdiges -Vertrauen zu Ihnen.«</p> - -<p>Ich fühlte mich erröthen und sah die edle Dame -dankbar an; sie lächelte und sagte: »O ja, sein Sie dessen -ganz gewiß, was ich aber wünsche, ist gerade nichts Gewaltiges, -es handelt sich nur um ein Paar Transparente -zum Festtage, nicht wahr, Sie machen sie gerne? wir -wollen recht schön am Abende illuminiren.«</p> - -<p>Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind -und ich versprach natürlich mein Möglichstes dabei zu -thun. Da stehn sie nun, 3 Rahmen, mit dem königlichen -Namenszuge, Adler, Laubwerk u. s. w., ich habe sie -vorhin probirt, es ist eine wahre Pracht! – Hast Du -wohl beachtet: sie hat merkwürdiges Vertrauen zu mir!</p> - -<p>Uebermorgen Abend also glänzende Illumination, -und in der Stadt Ball. Zu drei Tänzen habe ich bereits -engagirt, Theresen zur Polonaise und Ida zum ersten -Walzer und Cottillon. Cäcilie will nicht hingehen, sie -wird Burga's und Berga's Kameradschaften mit Kuchen -und <i>blanc manger</i> tractiren – Jeder nach seinem Geschmack! -– Nach dem großen Tage mehr.</p> - - -<h3 class="datum">Am 16. October.</h3> - -<p>Was steckt doch alles in einem und demselben Menschen; -ich z. B. bin überraschend vielseitig, es kommt -nur darauf an, mich dahin zu stellen, wo etwas fehlt, -und man erlebt Staunenswerthes! – Die Tage waren -köstlich und ich werde Dir alles getreulich berichten, es ist -ein Vergnügen noch einmal Alles durchzunehmen.</p> - -<p>Die Transparente waren also zur rechten Zeit fertig -und ich glaubte bei den übrigen Vorbereitungen den Zuschauer -abgeben zu können, aber weit gefehlt!</p> - -<p>Schon am frühen Morgen des 14. begann ein -allseitiges Rumoren, die ganze Dienerschaft lief durcheinander, -schleppte hierhin und dorthin, schrie und frohlockte, -als sei es heute Pflicht und Schuldigkeit Menschen, welche -von der Natur mit zarten Gehörnerven versehen sind, -zur Verzweiflung zu bringen. Wie die Gräfin dies aushält, -dachte ich, wo sie wohl steckt, während dieses -Lärmens. – Der Tag war einzig schön, ich öffnete das -Fenster, setzte mich daran und begann zu malen. Es -ging aber nicht, trotz des besten Willens, so beschloß ich -Toilette zu machen und mir den Wirwarr draußen in -der Nähe zu besehn, vielleicht daß ich ihm dann mehr -Geschmack abgewönne. Aber zum ersten Male sah ich mich -hier vernachlässigt, der Toilettentisch entbehrte des Nothwendigsten, -wer denkt an den Maler im Dachstübchen, -wenn Königs Geburtstag ist! Ich machte mich jedoch -bemerklich und klingelte, einmal, und noch einmal, und -als das nicht half, lief ich an die Wendeltreppe, und -schrie um durchzudringen mit einigem Kraftaufwande erst -nach dem Bedienten und dann ganz energisch »Waschwasser!« -Leichte Schritte wurden in einem benachbarten -Zimmer hörbar, sie entfernten sich, und nichts erfolgte. -Nun galt es Geduld zu üben und mit Ergebung abzuwarten, -was geschehen würde.</p> - -<p>Es dauerte nicht lange und das Zöfchen erschien, -nach meinen Befehlen fragend, Frau Gräfin schicke sie. -»Frisches Wasser, liebes Kind,« gab ich ganz bescheiden -zur Antwort. Also ihre Erlaucht hatte ich vorhin mit -meinem Befehle beehrt!</p> - -<p>Nach einer Viertelstunde stand ich im Eßsaale, wo -aber ein großes Malheur passirt war. Ein ungeschickter -Bedienter hatte einen Wandleuchter an Ort und Stelle -bringen wollen, sich statt einer Treppe einer Leiter bedient, -war damit auf dem geglätteten Fußboden ausgeglitten, -niedergefallen, und dabei, um die Sache nicht allein -abzumachen, hatte er einen in der Nähe stehenden großen -Gypsengel bei einem Flügel ergriffen und ihn glücklich -mit zu Falle gebracht. Mit Mienen stummer Verzweiflung -umgab das fast vollständig gegenwärtige Dienstpersonal -die jämmerliche Gestalt des schwerverletzten Schutzengels, -der Sünder selbst stand da, mit leichenblassem Gesichte. -Auch die Gräfin besichtigte den Schaden und befahl dann -die Figur aus dem Saale zu schaffen, als ich bat die -Sache etwas genauer untersuchen zu dürfen. Nun stellte -es sich heraus, daß die Zierde des Saales noch zu retten -war, zwar mußte der rechte Flügel dreimal gekittet und -eine starke Schramme auf der Stirn ausgefüllt werden, -aber das war auch das Schwierigste, die andern Defecte -waren höchst unbedeutend. Die Gräfin schüttelte anfangs -den Kopf zu meinem Entschlusse die Operation zu übernehmen, -und meinte ein geflicktes Kunstwerk sei keine -Zierde mehr, als ich jedoch erklärte es nicht übel nehmen -zu wollen, wenn man den Geheilten verwerfen würde, -und betheuerte ich würde nur sehr ungern von der Arbeit -abstehen, gab sie lächelnd ihre Einwilligung. – Der -Engel genaß vollkommen, jede Narbe verschwand unter -einer angemessenen Dosis Marmormehl und am 15. -Morgens war ihm von seinem <i>salto mortale</i> nichts -mehr anzusehen. Ob nun zum Lohn für diese Kur oder -nicht, das kann ich nicht entscheiden, genug, ich wurde -eingeladen mit der Herrschaft gegen Abend durch den Park -zu fahren, es war ein Genuß, in dieser Gesellschaft und -unter den alten prächtigen Bäumen hin, die indessen schon -bedeutend gelichtet sind und die reichste Schattirung zwischen -Grün, Gold und Purpur bilden. Mehrere dieser Alleen -sollten auch illuminirt werden, nur bedauerte die Gräfin, -daß man nicht bei Zeiten daran gedacht habe, die Wege -vom hochdaraufliegenden Laube säubern zu lassen, es -sähe schlecht aus, und lasse sich auch nicht schön darin -gehen und sie spaziere doch so gerne bei solchen Gelegenheiten -in diesen Gängen, wo sie so viele freundliche -Gesichter zu sehen bekomme. Der Graf bedauerte es -ebenfalls, konnte aber nur versprechen die dem Schlosse -zunächst liegenden Wege sauber herstellen zu lassen, seine -Leute hätten schon reichliche Beschäftigung.</p> - -<p>Ganz bescheiden wagte ich es mich ein wenig in die -Sache zu mischen und fragte, ob die armen Leute in der -Stadt wohl nicht gern das Laub wegholen würden, wenn -sie nur die Erlaubniß dazu bekämen. »Gern,« erwiederte -der Graf, »aber bei solchen Gelegenheiten kennen die -Leute nicht Maß noch Ziel. Würde ich die Erlaubniß -zu morgen früh ertheilen, so könnte man sicher darauf -rechnen, daß noch Mittags, wenn die Gäste kommen, der -Schloßberg mit den Laubharkern besetzt ist, und da weiß -ich doch nicht was vorzuziehen ist, besonders wenn ich -bedenke, daß das Wild durch die Kinder auf mehrere -Tage in den Hintergrund des Parkes gescheucht werden -wird, wer kann solche verschiedenartigen, zahlreichen Arbeiten -hüten?«</p> - -<p>Mir fuhr ein komischer Gedanke durch den Kopf. -»Ich will's thun, Erlaucht,« sagte ich, »es wird mir ein -Vergnügen sein.«</p> - -<p>»Ebenso wie mit der Natur?« fragte die Gräfin.</p> - -<p>»Ja,« antwortete ich, »gestatten Sie nur daß mir -ein bespannter Wagen und eine Menge Säcke zur Verfügung -gestellt werden, das Andere werde ich mit Vergnügen -besorgen.« – Der Graf fand das zwar unmöglich anzunehmen, -aber seine liebe Frau bewies ihm die Möglichkeit -ganz einfach.</p> - -<p>»Laß dem Herrn nur den Willen,« sagte sie schließlich, -»Du hörst wohl, er thut so etwas gern, es ist gewiß -wahr, da er es zweimal betheuert, und warum auch nicht? -ich kann mir das Geschäft auch ganz nett denken.« – -Erlaucht war überwunden.</p> - -<p>Gleich nach der Abendtafel eilte ich in die Stadt, -mein Plan war schon fix und fertig. Der Bürgermeister -sollte eine Anzahl Personen nennen, mit denen etwas -aufzustellen war, diese sollten für die Frühstunden des -nächsten Tages zum Laubharken geworben werden, und -für die Arbeit bekamen sie das Laub bis vor die Thüre -gefahren. Bernwacht war im Familienzimmer, dort wurde -die Geschichte also verhandelt. »Giebts denn schon was?« -fragte Frau Bernwacht ganz erstaunt, wir haben ja noch -gar keinen Frost gehabt.</p> - -<p>»Aber Kastanien Mama, bedenke Kastanien, die -schon ganz kahl sind,« belehrte Berga, »und wie viel ist -noch vom vorigen Jahre! Burga und ich wir gehen in der -langen Allee manchmal zum Spaß durch das allertiefste -Laub, und dann raschelt es sehr, Du solltest mal hören.« -Für ihre Vertheidigung der Wichtigkeit meiner Angelegenheit -beanspruchte sie für sich und Burga die Erlaubniß -mit zu harken, sie könnten das Laub herrlich für ihre -Kaninchen zum Einstreuen gebrauchen. Ida meinte: so -eine Gräfin ist doch allmächtig, sie darf nur einen Wunsch -äußern und man eilt ihn auszuführen und sollte man -auch die merkwürdigsten Metamorphosen durchmachen.</p> - -<p>»Sanfte, liebenswürdige Damen,« entgegnete ich, -»haben über jedes Männerherz zu gebieten.«</p> - -<p>»Das ist ja schrecklich,« spottete sie, »da hat ja -keine Braut und Frau das Herz ihres Mannes für sich -allein; fürchtest Du Dich nicht, Therese?«</p> - -<p>»Nicht im Geringsten,« erwiederte diese lachend, »ich -werde mich bemühen Theodor als die sanfteste und liebenswürdigste -Frau zu erscheinen, dann bin ich, nach -eines Kenners Aussage, seiner größten Liebe gewiß.«</p> - -<p>»Sehr edel von Dir, dennoch theilen zu wollen,« -sagte Ida pathetisch und hob den Kopf gewaltig, »ich -meinerseits verlange entweder Alles oder Nichts.«</p> - -<p>An solchen Scherzen betheiligt sich Cäcilie nie. Sie -sitzt dann ganz ruhig und strickt oder näht, oder zeichnet -Muster, aber sie sieht oft aus, als verstände sie von dem, -was um sie her vorgeht, nichts, als seien ihre Gedanken -weit, weit weg. Ich möchte wohl wissen, wie es in einem -Kopfe und Herzen wie dem dieses kleinen Mädchens -aussieht.</p> - -<p>Am andern Morgen ertheilte ich meine Befehle als -Laubkommissarius, wie Burga mich betitelte, und gegen -zehn Uhr waren die Wege in schönster Ordnung, geharkt -und gefegt, und als die Gäste durch den Thiergarten -fuhren, war kein einziger Barfüßer mehr zu sehn. – -Um drei Uhr war großes Diner, es dauerte mehrere -Stunden, und ich habe mich unter dem fremden hohen -Adel weder gelangweilt noch gekränkt gefühlt, freilich war -das auch nicht zu befürchten, da die Gäste, außer einigen -Herren aus der Stadt, aus Freunden unserer gräflichen -Familie bestanden, die ihnen natürlich geistesverwandt sein -müssen. Einige Unruhe fühlte ich gegen Ende der langen -Sitzung dennoch, ich dachte an das, was noch kommen -sollte, besonders an den Ball auf dem Rathhause; endlich -erhob man sich, ich war frei, und wollte eben aus der -Thür schlüpfen, als ich den Blicken der Gräfin begegnete. -Sie winkte. »Sie gehen zu Ball,« sprach sie huldreich, -»und sprechen vorher bei Bernwachts ein, wollen Sie -den Kindern nicht etwas Confect mitnehmen? Sie werden -sich sehr dadurch insinuiren.« – Ich ließ mir das nicht -zweimal sagen, füllte einen Teller mit feinen Süßigkeiten -an, nahm ihn ungenirt nach außen, schlug dort die ganze -Bescherung in einen Bogen weißen Papiers und steckte -das ansehnliche Paquet in die Rocktasche. Nun gings in -Sätzen den Schloßberg hinunter – an der Toilette war -nichts mehr zu ändern – dem bürgermeisterlichen Hause -zu. Man war natürlich noch nicht fort, denn der Papa -mußte erst kommen, und der war bei meinem Abgange -noch in ein Gespräch mit dem Landrathe vertieft, auch -wollte man erst die Illumination sehen, denn bei dem -schönen Wetter drohte dem Putze keine Gefahr, man hatte -es früher auch schon gethan, und war ganz entschlossen. -Ida in rosa Flor sah entzückend aus, sie hatte weiße -Rosen im Haar und Perlen um Hals und Arme geschlungen. -Als sie mir entgegen kam, blieb ich wie geblendet -stehen, und hielt die Hand über die Augen. -Sie lachte anmuthig und sagte: »Nicht wahr, ich bin -wundervoll?« – »Wundervoll!« echote ich. »Süperb?« -– »Süperb!« Lachend gab sie Theresen die Hand und -länderte durch das Zimmer. Sie kam mir reizender vor -als je. Therese war weiß gekleidet; sie wäre vielleicht -ebenso gern zu Hause geblieben, ihr Bräutigam war -nicht da. – Cäcilie kam mit einem Schlüsselbunde zum -Vorschein und trug mächtige Körbe mit Aepfeln und -Wallnüssen, das erinnerte mich an meine gespickte Tasche, -und Burga und Berga empfingen überglücklich die Sendung -der Gräfin. Darauf kam die Nachricht: die Erleuchtung -sei im Gange, der Papa brachte sie selber, ich -half den Damen sich einzuhüllen und nun gingen wir -Alle dem Thiergarten zu.</p> - -<p>»Papa und Mama müssen unsere Lootsen sein,« -meinte Berga.</p> - -<p>»Ja,« wiederholte die Andere, »es ist gewiß« – -»Schweig!« gebot Ida, »wir wissen allemal im Voraus, -was die Zweite von Euch zu sagen hat, macht nicht so -viel unnütze Worte.« –</p> - -<p>Die Kleinen hüpften zu Cäcilien, hakten unter und -somit war ich auf die beiden Balldamen angewiesen, die -denn auch geruhten mich zum Führer anzunehmen. –</p> - -<p>Oft habe ich Illuminationen gesehn, die diese einfache -bei weitem überstrahlten, aber keine erschien mir so -lieblich, kindlich möchte ich sagen, wie diese, und keine -habe ich in so angenehmer Gesellschaft betrachtet. In -den schönen Alleen wogte es nur so von Menschen, und -alle waren mehr oder weniger von dem schönen Schauspiele -entzückt. So schön war es noch nie gewesen, das -hörten wir wenigstens zehnmal.</p> - -<p>»Das sagen sie alle Jahre,« bemerkte Ida.</p> - -<p>»Nein,« widersprach eine der naseweisen Kleinen; -»Cäcilie sagt es selbst, so lieb ist es nie gewesen.« – -Ich sah mich nach dem Dreiblatt um. »Es ist heut -Abend wunderschön,« lächelte das kleine blasse, süße -Gesicht. – »Ich denke lieb?« fragte ich. – »Ja, recht -lieb.« –</p> - -<p>Nun wurden die Transparente sichtbar, und ich -erntete indirect überreichlichen Lohn für meine kleine, -gern übernommene Mühe. Es war an der Stelle, von -welcher man sie am besten sehen konnte, ein förmliches -Gedränge. Ida wurde sehr unwillig, ihr Anzug verdürbe -auf diese Weise ganz, sie müsse nur allein gehen -und auszuweichen suchen; ich verbeugte mich und ließ sie -gehen. Bald darauf sah sich auch Cäcilie treulos verlassen, -die kleinen Schwestern waren zur Mutter gestürmt, -um ihr etwas Nothwendiges über die Eindrücke zu sagen, -welche dies Alles auf sie hervorgebracht hatte, sie stand -ganz allein da und vertiefte ihre Augen in die Tausende -von Sternen, die sich mit einem Male auf den schönen -Wald niedergelassen hatten. »Wir müssen die junge -Dame nur unter unsern Schutz nehmen,« flüsterte ich -Theresen zu, und bot Cäcilien meinen Arm an, aber – -sie dankte! Sie dankte recht sehr, ich möchte es aber – -aber nicht übel nehmen. –</p> - -<p>Ich nahm's ihr dennoch übel. –</p> - -<p>Nach einer guten halben Stunde eröffnete Ida an -der Seite eines jungen Militairs den Ball, und man -tanzte, tanzte und tanzte, das ist die Geschichte des -Balles. Aber außerhalb des Balles trug sich an diesem -Abende noch Etwas zu. Von Bedeutung? magst du fragen -– je nun, ich meine fast. Sieh, als ich die beiden -Schwestern durch den Saal schweben sah, – sie sind -Beide <em class="ge">sehr</em> graciös – fiel mir plötzlich Cäcilie, die -kleine Unergründliche, ein. Ich dachte: wie sie wohl -tanzen würde, gewiß hinreißender wie die Salome vor -Zeiten, denn sie hat eine feenhafte kleine Gestalt, und -schwebt überhaupt mehr als sie geht. Und, dachte ich -weiter, was sie nun wohl treibt, und ob ihr Zuhausebleiben -vom Ball wohl wirklich Geschmackssache war oder -ein pietistisches Opfer, ob sie zu Hause wohl den Kopf -ein wenig hängen läßt, und dachte so lange an dergleichen, -bis ich mit einer Art Freude, die mir ganz neu -war, mich daran erinnerte, daß mich ja nichts verhindere -sie aufzusuchen, daß ich ja überhaupt so frei sei wie der -Vogel in der Luft. Der Mantel wurde umgeworfen und -bald war ich da. Am Fenster blieb ich lauschend stehn, -lauter Gesang hoher Diskantstimmen schallte mir entgegen: -»Heil Dir im Siegeskranz, Herrscher des Vaterlands!« -– eine schöne sanfte, aber sichere Altstimme -führte das Steuer. Die zusammengezogenen Gardinen -waren nicht allzu dicht, ich konnte vortrefflich hindurchschauen, -da saß sie am Claviere und dirigirte; Burga -und Berga mit wenigstens einem Dutzend künftiger Schönheiten -standen ringsum und sangen nach Möglichkeit, -Julchen Hermann, mit dem Ausdrucke innigster Freude, -daneben.</p> - -<p>»Fühl in des Thrones Glanz,« sie sangen mit -ganzer Seele, die Mädchen, ich mußte einstimmen, was -gings mich an, wenn die Nachbarn etwa ihre Bemerkungen -darüber machten, es war ja Patriotismus – -»Die hohe Wonne ganz, Liebling des Volks zu sein, -Heil Liebling Dir!«</p> - -<p>Meine Einmischung hatte all die Oehrchen da drinnen -gespitzt, Berga errieth, und sang sich gerade bei der -letzten Zeile aus der Hausthür heraus.</p> - -<p>»König heißt es!« rief sie corrigirend, und sang, -an meinem Arme hängend, und meine Variationen noch -einmal berichtigend: »Heil König Dir!« als ich eben mit -höflichem Gruße in der Versammlung der Sängerinnen -erschien. Cäcilie nickte mir freundlich zu, ließ sich aber -nicht stören, der Gesang nahm ununterbrochen seinen -Fortgang.</p> - -<p>»Was wollen Sie denn eigentlich?« fragte mich -Julchen, als wir Beide auf dem Sopha saßen. »Mich -ruhen, erholen.« – »Glaubten Sie hier Ruhe finden -zu können?« – »Ruhe und Frieden,« antwortete ich -und sah ihr voll in die Augen. Sie lächelte und nickte -mit dem Kopfe. »Ja,« sagte sie dann, »es ist ein großer -Unterschied darin, den Lustbarkeiten Erwachsener sich hinzugeben -oder den Spielen der Kinder zuzusehen; ich bin -auch sehr gern unter Kindern.« –</p> - -<p>Dieses alte Mädchen hat ein sehr feines Verständniß, -aber wenn ich einmal ein Geheimniß habe, soll sie -es theilen.</p> - -<p>Nach dem Vortrage diverser Lieder tanzten die Kinder; -Cäcilie spielte mit einer Geduld, welche die meinige -ermüdete, endlich erbot sich ein liebenswürdiges Kind sie -abzulösen, und sie setzte sich in unsere Nähe. Nun könnte -ich sie vielleicht tanzen sehn, dachte ich, oder gar selbst -mit ihr tanzen, sie wird aber ein rundes Nein bei der -Hand haben, das will ich doch nicht so schnell riskiren. -Da kam Burga und bat sie, und sie tanzte, nun versuchte -ich mein Glück auch, und sie gab mir die kleine -Hand ganz willig. Sie tanzte noch lieblicher, als ich -es mir vorgestellt hatte, leise, leise, sinnig, lache nicht! -– sinnig, wiederhole ich – sie thut nichts als in dieser -holden Weise. Da war keine Hast, kein innerer Sturm, -der sie trieb, keine Eitelkeit, die sich geltend machen wollte, -sie hörte Musik und bewegte sich harmonisch, das war -es; ich, auf dessen Arm sie sich lehnte, der ihr Führer -hätte dabei sein sollen, konnte nicht anders als sie. Nie -hatte ich so getanzt! –</p> - -<p>Nun tanzte sie nicht mehr, sie schlug es verschiedenen -Kindern ab, ich wagte es nicht, sie noch einmal zu -bitten. Julchen lobte sie deshalb, sie scheint sie für -schwach zu halten. –</p> - -<p>Nach einiger Zeit wurde Pause gemacht und Erfrischungen -gereicht, Cäcilie war die Vielbeschäftigte; ich -hatte was ich wollte, und ging nach dem Rathhaussaale -zurück, fühlte mich aber nicht sehr zum Tanz mehr aufgelegt -und sah zu, bis der Cottillon kam, den Ida mir -zugesagt hatte. Er dauerte sehr lange, und es schlug -bereits vier Uhr als der Pförtner mich zum Schlosse -herein ließ. –</p> - -<p>Heut war hier nun eine hübsche Nachfeier, die -Armen wurden in den Laubengängen gespeist, und die -Gräfin sah selbst mit ihren fröhlichen Augen überall -hin, ob auch Jeder sein Recht bekomme. Es ist rührend -zu denken, was Alles und wie so ein Frauenherz lieben -kann. Spricht diese Frau von Mann und Kind, oder -ruht nur ihr Auge auf ihnen, so ist es Einem, als -füllten diese Geliebten ihre Seele ganz aus. Wer sie -gestern zum ersten Male gesehen hätte, oder überhaupt -während die Anstalten zum Feste gemacht wurden, der -würde den Monarchen beneiden, dessen Namenstag mit -so inniger Freude begrüßt wurde, wie von dieser Frau. -Ihr Töchterchen lehrt sie beten für »den theuren König«, -den Kindern in der Schule spricht sie, wie man sagt, -begeistert von seiner väterlichen Treue, ihren Gatten und -Sohn nennt sie mit Stolz Diener ihres königlichen Herrn. -Heute flammte wieder der heilige Liebesstrahl in ihren -Augen, und für die Armen, die ihr nichts Liebes erwiesen, -die in ihrem innern und äußern Mangel so himmelweit -verschieden von ihr sind. Erbarmen habe ich auch für -diese Menschen – wozu sage ich übrigens was du weißt -und sich von selbst versteht, – aber solches Gefühl ist mir -fremd. Ich mußte sie oft betrachten. Ob sie es fühlte, -weiß ich nicht, und wenn's der Fall war, dann muß ich -ihr doppelt dankbar sein; einmal als ich in ihrer Nähe -stand, sagte sie: »Wie glücklich bin ich heut, mehr als -glücklich! Immer muß ich an die schönen lieben Segensworte -denken: »Alles was ihr gethan habt Einem dieser -Geringsten« – ihr Auge wurde feucht, und sie brach -ab, aber ganz leise hörte ich neben ihr die Worte flüstern: -»das habt ihr mir gethan.« Es war Johanne, ihr -kleines Abbild, welches den Vers so andächtig ausbetete. -Die Mutter küßte sie und sah mich mit einem strahlenden -Blicke an. Ihr Glaube macht sie selig.</p> - -<p>Nachmittags ging ich zu Bernwachts, mich nach -ihrem Befinden zu erkundigen. Die Alten waren im -Garten, wo neue Anlagen vorbereitet wurden, Therese -und Ida hielten Nachmittagsruhe und Cäcilie saß im -stillen Zimmer und brachte Ida's Florkleid wieder in -Ordnung, welches mit den Sporen des jungen Vaterlandsvertheidigers -in unangenehme Berührung gekommen -war. Ich setzte mich ein wenig zu ihr hin und fragte -sie, ob sie das Märchen von Aschenbrödel kenne.</p> - -<p>»Sehr gut,« antwortete sie, »es war immer mein -liebstes.« – »Das läßt sich denken,« bemerkte ich, »wie -sieht die Fee aus, sie ist wohl wunderschön?« – »Ich -denke, wie Ida ungefähr,« sagte sie munter in den Scherz -eingehend, »ein schöneres Mädchengesicht als Ida's kann -ich mir so leicht nicht vorstellen; ich freue mich recht, -daß Sie sie malen wollen.«</p> - -<p>»Haben Sie Ida ganz besonders lieb?« forschte -ich weiter.</p> - -<p>»Die Schwestern sind mir Alle gleich lieb,« entgegnete -sie, »ich möchte sie Alle gern gemalt haben, -wenn's eine aber doch nur sein soll, so muß es die -Schönste sein.«</p> - -<p>»Sie lieben also das Schöne sehr?«</p> - -<p>»Sehr,« wiederholte sie, »ganz außerordentlich.«</p> - -<p>»Bei so viel Schönheitssinn,« behauptete ich, »muß -ich Talente voraussetzen, die Sie neidisch verstecken, gewiß -malen Sie ausgezeichnet, oder componiren oder -dergleichen.«</p> - -<p>»Nichts von Allem,« entgegnete sie, »ich kann nur -bewundern und lieben, aber sehr wenig leisten.« – -»Bewundern, lieben und die Fehler Anderer wieder gut -machen,« sagte ich unwillkürlich, und wieder fiel mir -Aschenbrödel ein. »Sie müssen mir entschieden zu einem -Bilde sitzen, ich lasse Ihnen keine Ruhe anders,« kündigte -ich ihr an; sie lächelte aber und meinte: erst solle ich -nur Ida malen, dann könne das Weitere besprochen -werden. Thut sie's, so wird diese Aschenbrödel ein süßes -Bild. Ich gebe ihr etwas mehr Farbe, die ihrige ist -fast zu zart, und lasse sie das herabflatternde Täubchen -mit den erstaunten, fast erschrockenen Wunderaugen begrüßen, -die sie so manchmal auf uns richtet, wenn ihr -etwas Unerwartetes passirt, oder ich lasse sie vor der -Fee stehn, und diese Augen mit dem Ausdrucke der Bewunderung -auf sie heften, den ich schon manchmal mit -einem zärtlichen Gefühle belauscht habe. Die Fee kann -dann Ida sein, weil sie es gesagt hat, sie wird mit ihrer -vollendeten Gestalt und den tadellosen Zügen prächtig -werden. – Sieh' Schwesterchen, so habe ich schon wieder -eine Freude im Voraus, ich begreife nicht, wie man das -Leben langweilig finden kann, wie z. B. Waldemar es -thut, von dem ich erst kürzlich eine lange Jeremiade über -die Nüchternheit des menschlichen Lebens aus Berlin -erhalten habe.</p> - -<p>Nun will ich meinen langen Brief absenden und -nur noch für den Deinigen danken. Ja, Julchen ist -mir auch sehr theuer geworden, und ich werde sie öfter -besuchen. Lebe wohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 5. December.</h2> - -<p>Du bist erstaunt über meine Brauchbarkeit nach so -vielen Seiten hin – liebes Kind; Du weißt so viel wie -nichts davon, Du wirst noch ganz andere Begriffe von -mir bekommen, wenn Du diesen Brief gelesen hast. Aber -ich übereile mich nicht damit, es wird ganz <i>en passant</i> -kommen, ich werde den Faden des Berichtes da wieder -aufnehmen, wo er abgerissen wurde. – Nach dem denkwürdigen -15. October beschloß ich sehr fleißig zu arbeiten, -weil mein Bewußtsein etwas unzufrieden geworden war. -So vollendete ich denn das Bild der Gräfin zunächst -und begann mit Eifer die Restauration der alten Familienportraits -im Ahnensaale. Der Graf besuchte mich oft -bei meiner Arbeit, sah mit Theilnahme zu und sprach -manch gutes, anregendes Wort. Er ist ein ausgezeichneter -Mann. Seine holde Gemahlin begleitet ihn zuweilen -und das Kind kommt am oftesten, bringt mir -zuweilen schönes Obst oder ein Paar Blumen, die es -auf dem Walle für mich gepflückt hat, oder fühlt den -Trieb, mir irgend eine wundersame Historie mitzutheilen, -die Mama erzählt, oder es selbst in einem bilderreichen -Elberfelder Büchlein gelesen hat. Dann thut es oft die -seltsamsten Fragen, so auch einst, ob ich Joseph oder -Timotheus lieber leiden möchte. Sie ihrerseits war geneigt, -dem Jünger den Vorzug zu geben, obgleich Joseph -auch sehr liebenswürdig und großmüthig gewesen sei, -aber zweierlei fand sie nicht schön von ihm, erstens: daß -er die stolzen Träume erzählt hatte, und zweitens: daß -er bei der ersten Rückkehr der Brüder aus Aegypten -seinem Vater keinen Trost gesendet hatte, »und er trug -doch Leid um ihn!« sagte sie höchst mitleidig. Dann -zeigte sie mir ein kleines Bild, wo Timotheus als Knabe -zu den Füßen einer alten Frau saß und in der Bibel -las. Die Mutter stand daneben und weidete sich an dem -Anblicke. »Ist er nicht sehr nett?« fragte sie, »sieh nur, -wie sie ihn lieb haben, der war schon von klein an ein -Jünger Gottes, und nachher liebte er den Heiland so -sehr, und dann war er des Apostels Paulus lieber -Sohn; ich glaube, er ist noch besser als Joseph, aber -Joseph ist auch sehr gut.«</p> - -<p>»Joseph war aber ein Jude,« wendete ich ein. -»Das schadet nichts,« sagte sie, »er konnte ja damals -nichts Besseres sein; weißt Du nicht, die Juden waren -ja auch Gottes Kinder.«</p> - -<p>»Aber jetzt sind sie es wohl nicht mehr?« fragte ich.</p> - -<p>Sie sah mich groß an und sagte: »Alle Menschen -gehören ja dem lieben Gott, die armen Heiden ja auch, -und der liebe Gott will alle, alle Menschen in seinen -schönen Himmel bringen, in sein großes, großes Reich, -denk mal, wie viel Menschen da zusammenkommen werden; -ob ich Dich wohl wiederfinde?« –</p> - -<p>»Der liebe Gott wird's wohl so einrichten,« gab -ich ihr zur Antwort. – »Das ist wunderschön,« rief sie -freudig, »ich mag Dich auch sehr gern leiden.« – Ich -küßte sie für diese wohlthuende Erklärung und nahm sie -auf meine Knie, um meine Mappe mit ihr zu durchblättern: -viele von den Bildern machten ihr große Freude -und mir ihr Geplauder noch mehr.</p> - -<p>Zuweilen trat ich auch Mittwochs in den Betsaal, -wo der Kaplan einen Vortrag hält und viel gesungen -und gebetet wird; diese Versammlungen werden auch -von Mehreren aus der Stadt besucht, namentlich habe -ich Julchen und Cäcilie fast jedesmal dort bemerkt, wenn -ich einsah, auch Frau Bernwacht und Therese zuweilen, -Ida sehr selten. Ich blieb nicht immer die ganze Zeit -über da, gewöhnlich während der Rede, oder ich kam -gegen das Ende und wagte mich dann nicht über die -Thür hinaus. Das lange Singen ermüdet mich bald, -und die Begleitung ist auch nur sehr mittelmäßig, auf -einem alten Klaviere, welches wahrscheinlich aus Rücksicht -auf seine langjährigen Dienste an dieser Stätte noch in -Activität bleibt. Vorigen Mittwoch war man nun in -Verlegenheit, wer das Amt des Organisten in der Eile -übernehmen sollte, der alte Kantor aus der Stadt, ein -freundlicher Greis, der es bis dahin verwaltet, war unterwegs -ausgeglitten und hatte sich die Hand verstaucht; -die Gräfin war um ihn bemüht, schickte nach einem Arzte -und bedauerte, daß ihr Mann verreist sei, er spiele so -gut Choräle, der Sekretair spiele zwar auch Klavier, -aber so viel sie wisse, nur moderne Sachen, nun es -müsse auch ohne Begleitung einmal gehen, der Rentmeister -sei ein zuverlässiger Sänger, der könne den Ton -angeben. – Nun weißt Du, was geschah. Ja, ich -spielte; ein mächtiges Choralbuch war ja da, und ich -fühlte mich ganz wohl dabei; aber eigner Mensch, der -ich bin, ich genirte mich nachher den Blicken Julchens -und Cäciliens zu begegnen. – Da der alte Mann sich -noch schonen soll, werde ich noch einige Male den Platz -am Instrumente einnehmen. Die Gräfin war sehr gütig -und erlaubte mir, den Flügel im Speisesaale nach Gefallen -zu benutzen, werde es aber nicht oft thun, die -Zeit fliegt ohnehin fast allzuschnell dahin.</p> - -<p>Das ist Mittwochs. Freitags gehe ich mit dem -Bürgermeister zu einer Parthie Schach nach dem Klubb, -und Sonntags ist Leseabend bei Bernwachts, an welchem, -außer Julchen, noch ein Paar junge Damen Theil nehmen, -die mir gegenüber sehr schüchtern sind, und von -denen ich kaum mehr als die Namen, und daß sie Cousinen -Theodors, des Verlobten Theresens sind, weiß. – -Die Lectüre wird durch die Mitglieder bestimmt; jede -der Damen wird der Reihe nach für ein Buch sorgen, -dann nach Cäcilien, als der Jüngsten, komme ich, und -simulire öfter schon, was ich auswählen soll, um Alle -zu befriedigen, ein solches Buch wird schwer zu finden -sein; Dumas wäre etwas für Ida, Göthe für Theresen, -aber ich möchte gar nicht Cäcilien den Grafen von -Monte Christo oder Faust oder die Wahlverwandtschaften -vorlesen hören. Neulich fragte ich sie nach ihren Lieblingsschriftstellern, -da nannte sie mir mehrere Lyriker, -dann Andersen, die Bremer, Nathusius, Namen, die mir -zum Theil ganz unbekannt waren. Vielleicht kannst Du -mir etwas vorschlagen.</p> - -<p>So unter Arbeit und in angenehmer Gesellschaft -verstreicht die Zeit sehr schnell, und die Wochen entfliehen -wie Tage. Als ich kam, blühten die Rosen, jetzt wirbelt -der Schnee um's Fenster und die Raben sitzen auf den -nackten Bäumen, und doch ist's mir, als hätte ich vor -Kurzem erst das liebe Nest nach so manchem Jahr der -Abwesenheit wieder gesehen. Gestern habe ich viel von -Dir gesprochen und soll Dich auch von Julchen grüßen. -Ebenso wie sie, hören die Mädchen im Bernwachtschen -Hause gerne von Dir; ich habe Dich vor einigen Tagen, -auf Ida's Begehr, vom Kopf bis zu den Füßen schildern -müssen. Zuweilen lese ich ihnen Stellen aus Deinen -Briefen vor, eigentlich nicht ihnen, sondern nur Theresen -und Cäcilien, die sich am meisten dafür zu interessiren -scheinen. Sie wünschen Alle, Du möchtest mal kommen. -Ginge es nicht? Freilich nicht vor dem Frühlinge, und -wo bin ich dann? – Zwar habe ich außer meiner -Arbeit hier im Schlosse noch zwei Bilder anzufertigen -versprochen und ein drittes wünsche ich <i>in doublo</i> zu -malen, aber zum Frühjahr werde ich mich doch wohl reisefertig -machen müssen. Wohin? – Das weiß ich noch -nicht. Das Leben in den großen Städten, wo ich nirgends -heimisch bin, wird mir nachher schlecht behagen, -ich muß mich wohl irgendwo, auf irgend einem schönen -Fleckchen der weiten Erde häuslich niederlassen. Was meinst -Du dazu, erscheine ich Dir schon gereift genug zu einem -Hausherrn, oder glaubst Du, daß ich meine Lehr- und -Wanderjahre noch ausdehnen muß, um später mit um -so sicherer Hand das Fundament zu meinem Lebensglücke -zu legen? –</p> - -<p>Im Kreise solcher Familien, wie die des Grafen -und Bernwachts, steigen bei dem flatterhaftesten Menschen -solide Gedanken auf; ich könnte mir mein Haus in Zukunft -sehr hübsch denken, es würde im Aeußeren etwas -alterthümlich mit Schnitzwerk, Erker und schwerem Messinghammer -an der eichenen Hausthüre sein, es würde -tiefe, weite Fensternischen und behaglich eingerichtete Zimmer -haben. Unten wären Empfang- und Wirthschaftszimmer, -oben die des Hausherrn und das Kabinet der -Frau, das wäre ein kleines licht- und blumenreiches Gemach, -mit einem Fortepiano, Bücherschrank und schönen -Gemälden, wüßte ich doch jenen Christus wieder aufzuspüren! -– In dem Erker würde eine Staffelei stehen -können, vielleicht wäre sie der Frau nicht zuwider, und -während ich malte, tauschten wir unsere Gedanken aus, -oder sie läse oder spielte.</p> - -<p>Das Bild ist verlockend, ich muß es bedecken, mich -davon abwenden, vielleicht ist es ebenso unerringbar wie -jener spurlos verschwundene Christus. – Doch genug, -ich muß heute noch einen weiten Spaziergang machen -und schließe mit einem Gruße warmer, brüderlicher Liebe.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 13. December.</h2> - -<p>Liebe Schwester, ich habe eine Menge Aufträge für -Dich. Du schriebst im letzten Briefe, Du würdest vor -Weihnachten noch einmal nach Berlin reisen, das paßt -ganz zu meinen Wünschen. Burga hat es nämlich bei -ihren Eltern dahin gebracht, daß ich die Erlaubniß erhielt, -den heiligen Abend des Weihnachtsfestes bei ihnen -zuzubringen, und nun wollte ich Dich bitten, in Berlin -passende Geschenke für die Familie auszusuchen. Ich -denke, eine hübsche Schreibmappe mit schönem Papier -würde Theresen nicht unwillkommen, eine Auswahl neuer -Tänze oder irgend ein Putzgegenstand für Ida nicht -unpassend sein. Burga und Berga müssen etwas Egales -haben, oder Gemeinschaftliches, Noten zu vier Händen -etwa, oder Spiele, oder eine wohleingerichtete Kochanstalt, -was Du willst, Du wirst schon das Richtige treffen. -Für Cäcilie etwas zu wählen, ist schon schwerer; ich habe -an Scrivers Werke gedacht – ich habe in diesen Büchern -gelesen, sie stehen in der mir zugänglichen Bibliothek des -Grafen – aber wie könnte ich es wagen, ihr ein Erbauungsbuch -zu schenken! Aber wenn Du dennoch meinst, -es ginge, dann schicke sie, in recht würdigem, gediegenem -Einbande. Vielleicht machten ihr auch Märchen, mit -vielen Bildern im Text, Freude, es müßte aber schon -etwas <em class="ge">sehr Gutes</em> sein, gehaltvoll, in der Form gelungen, -und jedenfalls in einer Prachtausgabe; erkundige -Dich doch, was es Bestes in der Art giebt. Auch habe -ich an Schmucksachen gedacht: ein Perlenhalsband mit -schönem, goldenem Schlosse würde ihr vortrefflich stehn; -doch Perlen bedeuten Thränen, mein Geschenk soll weiter -keine Bedeutung haben, als ein Andenken an diesen heiligen -Abend, die der Thränen gewiß nicht, und so ist -es auch mit einem goldenen Kreuze, welches sie vielleicht -trüge, aber nein, Kreuz bedeutet Leid.</p> - -<p>Du siehst wohl, für Cäcilien weiß ich garnichts, -suche Du nur etwas aus, was für ein frommes, sinniges -und schönes junges Mädchen paßt, vergiß aber nicht, -mir auch all die Sachen, welche ich angedeutet habe, mit -zu besorgen, es könnte doch sein, daß mir das Eine oder -Andere davon noch wünschenswerth für sie erschiene. -Gern malte ich ihr etwas, aber was? Sie hat so viel -Schönheitssinn, so viel Kunstverstand, werde ich ihr in -der kurzen Zeit, neben den mir aufgetragenen Arbeiten, -noch etwas Würdiges schaffen können? Ich bezweifle es. -Für die kleine Johanne habe ich ein Album machen -lassen, welches ich mit Zeichnungen aus der biblischen -Geschichte schmücke, ein kleines Büchlein nur. Ein Album -wäre auch etwas Passendes für Cäcilie, aber ich müßte -es ihr fast leer überreichen, und das möchte ich nicht. -Höre, Kind, besorge doch auch eine Prachtmappe von -Sammet und einfachem Golddruck, es könnte sein, daß -ich unter meiner Sammlung noch so viel Gutes zusammenfände, -was ich ihr, ohne lächerlich zu erscheinen, anbieten -dürfte. –</p> - -<p>Lebe wohl, liebes Kind, ich habe es sehr eilig.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus.</span></p> - -<p>Um allem Irrthum vorzubeugen, füge ich diesem -Briefe ein einfaches Register derjenigen Dinge bei, welche -ich für Cäcilien besorgt zu haben wünschte: 1) Scrivers -Werke, 2) Märchen, 3) ein Perlenhalsband, 4) ein goldenes -Kreuz, 5) eine Mappe, und 6) Verschiedenes, -durch welches Dein Geschmack meiner Rathlosigkeit zu -Hülfe kommen könnte.</p> - -<p class="si">J.</p> - -<p>Was meinst Du, schenke ich auch den Alten etwas? -Es wäre wohl nicht gut angebracht, aber Julchen muß -etwas haben; sinne nach, was es sein kann. Spare ja -nicht, ich lege einen Wechsel von 50 Rthl. bei, und reicht -das Geld nicht, so lege nur für mich aus.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 20. December.</h2> - -<p>Welche Wichtigkeit ein Bräutigam ist! Kommt so -ein Mensch in's Haus, so erschallt vom First bis in's -Souterrain ein Jubel: er ist da, Heil, er ist gekommen! -Selbst Cäcilie, ja gerade Cäcilie läuft mir da heute -Morgen entgegen, daß die schwarze Sammetschleife im -Haar in ungewohnten Schwung kommt, sieht mich mit -beiden Augen freudenvoll an und ruft: »Theodor ist -hier!« – »So?« fragte ich ganz kühl; ich fühlte gar -keine so große Veranlassung zur Freude. – »Ja, und -bleibt bis acht Tage nach Neujahr, kommen Sie, ich -werde Sie vorstellen,« und hin ging's zu dem Herrn -Theodor, der doch auch Seinesgleichen in der Welt hat. -Sonst ist er ganz nett, – er hat in der That etwas -sehr Einnehmendes, und durch die Briefe seiner Braut -von meiner Einbürgerung im schwiegerväterlichen Hause -benachrichtigt, reichte er mir mit offener Herzlichkeit gleich -die Hand zur Einleitung eines freundschaftlichen Verkehres. -– Ich bin neugierig zu wissen, ob man mit -mir, wenn ich einmal Bräutigam sein werde, auch so -viele Umstände macht. –</p> - -<p>Deine Sendung ist noch nicht angekommen, ich erwarte -sie täglich. – Die Vorfreuden des Festes beginnen, -Pfeffernüsse durchduften fast alle Häuser seit längerer -Zeit, und Tannenbäume schleichen in der Dämmerung -durch die Straßen, um unbemerkt in die Häuser zu -schlüpfen, die Geheimnisse mehren sich.</p> - -<p>Die Gräfin ist ganz Glück, so recht in ihrem Elemente, -aber wann ist sie dies nicht? – Ohne Unterlaß -gehen Boten mit Commissionszetteln nach allen Himmelsgegenden; -verschiedene alte und junge sanfte Frauengesichter -erscheinen geheimnißvoll mit großen Körben voller -Sachen im Schlosse und ziehen sich, ihrer Bürde entledigt, -mit augenscheinlicher Befriedigung wieder zurück. -Sie scheinen den Frommen anzugehören, denn diese -mögen alt oder jung, hübsch oder häßlich sein, ein gemeinsames -Kennzeichen haben sie Alle, sie zeigen fast -beständig ein heiteres Gesicht, ein ruhiges Auge, die -Seufzer über das menschliche Elend sind nur vorübergehend, -der liebe Herr macht alles, was uneben ist, ihnen -wieder gerade. Julchen ist mir das Ideal solcher Frommen. -Man möge diese Leute in Zukunft in meiner -Gegenwart nicht wieder angreifen, ich werde sie entschlossen, -mit dem Muthe der Ueberzeugung vertheidigen. -Sehr möglich, daß es auch unter ihnen Heuchler giebt, -aber wo giebt es keine? Wie viele Freigeister, die ihre -Thaten ihr Gottsein beweisen lassen wollen, verbergen -bedächtig viele ihrer schmutzigen Werke vor den Augen -der Welt, verstecken unter Phrasen über Berechtigung, -Freiheit und dergl. die an sich wohl erkannten Flecken. -Hier ist es anders, und wer sich wohl fühlen, vereinfachen -will, wieder in das Paradies der Kindheit zurückversetzen -möchte, komme nach Burgwall, wo nichts von -der verschrieenen Kopfhängerei an den Gläubigen zu -merken ist, wo Hoch und Niedrig das Band Einer Liebe, -Eines Glaubens verbindet. Halte mich wegen dieses -Zeugnisses aber ja nicht für einen mit ihnen in Christo -Verbündeten, Du würdest sehr irren. Ich möchte es -wohl sein, weil ich sehe, wie innigst befriedigt sich diese -Menschen fühlen, welche Geduld sie beweisen, welche -Todesfreudigkeit sie haben. Auch das habe ich nicht aus -Schilderungen, denn fern ist diesen Leuten Proselytenmacherei; -sie brauchen nicht klüglich zu sprechen, um für -sich und ihre Lehre zu werben, sie sind anziehend, das -ist mehr als Jenes. – Ich hörte öfter von einem alten, -sehr leidenden Manne im Bernwachtschen Hause reden, -und ging eines Abends zu ihm. Möchte ich einst so -heiter sterben, wie dieser Greis! – Als ich ihn fragte, -ob ich ihm irgendwie dienen, ihn mit etwas erquicken -könnte, deutete er auf ein Buch und einen Gesang, den -ich ihm daraus vorlesen sollte; ich that es mit Schüchternheit, -das kindliche Verlangen nach der frohen Ewigkeit, -welches in diesem Liede lebte, war mir fremd, der -Alte kannte es. Und dann wie dankbar war er. »Der -Herr wird es Ihnen lohnen,« verhieß er. Einige Tage -später war er bei seinem Herrn. Ich sagte es Bernwachts, -als ich es gehört hatte, sie wußten es schon, und -Cäcilie sagte mit freudigen Augen: »Wie schön wird er -Weihnachten feiern!«</p> - -<p>Solch ein Glaube kann da schwerlich einziehen, wo -er so lange belächelt ist; ich habe ihn nicht, aber ich -muß ihn ehren. –</p> - -<p>Gestern Abend nach Tisch war ich noch im Familienzimmer, -wo wir ausnahmsweise gegessen hatten, als -die Gräfin ein dickes Buch hervorholte, um ein Weihnachtslied -auszuwählen. Der Graf, der sich mit mir -unterhielt, wurde zu Rath gezogen, und endlich ein -Gesang zum Festliede ausersehen. Es gefiel auch mir -besonders, und als die Gräfin Anstalt machte es abzuschreiben -und viele Quartblätter schnitt, welche zeigten, -daß sie es in vielen Exemplaren haben wollte, bot ich -meine Hülfe an. Ein freudiger Blick lohnte mir. »Finden -Sie das Lied schön?« fragte sie. – »Ja,« erwiederte -ich, »es sagt mir sehr zu.«</p> - -<p>»O, das ist auch eine Festfreude,« sagte sie herzlich, -und reichte mir die Hand zum Drucke; ich küßte sie -aber demuthsvoll.</p> - -<p>»Die Wahrheit ist eine siegreiche Macht,« sprach -der Graf, »und eine so selige,« fügte seine Frau hinzu.</p> - -<p>»Aber mein Herz und mein Verstand sind sehr -trotzig,« entgegnete ich, »sie wehren sich selbst dann noch, -wenn sie schon die Größe des Ueberwinders ahnen und -ehren.«</p> - -<p>»Es wird Ihnen nichts helfen,« sagte der Graf, -und drückte mir warm die Hand; »die Wahrheit bedarf -nur geringen Raumes, um bald siegreich das Feld zu -behaupten. Gott segne das Fest an Ihrem Herzen!«</p> - -<p>»Amen!« hallte die Gräfin.</p> - -<p>Ein Jahr zurück, nur ein halbes, und wie anders -damals und jetzt! Was ich jetzt zu sein wünsche, verlachte -ich damals, Glauben nenne ich, was damals Vorurtheil -hieß, Aufklärung, was Befangenheit genannt -wurde. Und dieser Umschwung geschah in aller Stille, -und was das Traurige dabei ist, ich stehe nur draußen -vor der Schwelle des Heiligthums, höre mit dem einen -Ohr die Harmonie drinnen, mit dem andern das Spotten -ehemaliger Genossen. Dennoch beschwere ich mich keineswegs, -und wenn ich die ganze Wahrheit sagen soll, so -bin ich auf die Entwickelung dieses Seelenprozesses neugierig. -Wie und wann werde ich so glückselig werden -wie der Graf, oder sein Gärtner, oder Julchen, oder -wird eine Reaction eintreten? Ich wünschte, jene Leute -wären wirklich in der Wahrheit, und Gott hülfe mir -auch dazu zu kommen. Gottes und Marien Sohn! –</p> - -<p>Julchen sagte vor einigen Tagen zu mir: »Worin -liegt denn eigentlich das Unglück, wo steckt der Knoten?«</p> - -<p>»Ich möchte gern ein Christ sein, wie andere mir -liebe Menschen, und bin es nicht im Stande.«</p> - -<p>»Warum wollen Sie es denn sein?«</p> - -<p>»Weil ich das Beste nicht für zu gut für mich -halte, als Gottes Kind könnte ich ja auch wohl ein -Christ sein.« – Sie lächelte, mußte aber wieder fragen, -warum ich das Christenthum für »das Beste« hielte, -und ich sagte ihr, daß ich die Wirkungen seiner Vortrefflichkeit -nun hinlänglich wahrgenommen hätte, um zu -diesem Schlusse zu kommen, und zweitens gedächte ich -zuweilen mit einem peinvollen Gefühle an meine mögliche -Verblendung, an meine Undankbarkeit, wenn Christus -nämlich wirklich der wäre, den ich nicht glauben könne.</p> - -<p>»Wenn es so steht, dann wenden Sie sich nur mit -Ihrem Verlangen an Ihren Schöpfer, beten Sie nur -das schönste Gebet, welches wir haben, Sie beten dann -zu Ihrem Gott, und ganz im Sinne dessen, den Sie -suchen, mit seinen eigenen Worten.« –</p> - -<p>Das thue ich auch, und lasse es nun auf Ihn -ankommen, lese auch fleißig in der Bibel. Zuweilen -prüfe ich, da nicht zu verkennen ist, daß ich gewissermaßen -mich der Kindheit wieder nähere, ob ich in meinem -Urtheile über andere Dinge auch anders, etwa schwächer, -geworden bin, ob mein Auswendiges gelitten hat, so fest -hänge ich an Vorurtheilen! Aber lachend muß ich mir -gestehen, daß ich noch alle meine Gaben gut bei einander -habe, und mein der Freude so gern offenes Herz mit -vielen schönen Gefühlen angefüllt ist.</p> - -<p>Das Lied will ich Dir abschreiben, es ist von Gerhard -Tersteegen und heißt:</p> - -<table class="fss" summary="" border="0" cellpadding="1"> - <tr><td class="tdl"> Jauchzet ihr Himmel! frohlocket ihr englischen Chöre,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Singet dem Herren, dem Heiland der Menschen zu Ehre;</td></tr> - <tr><td class="tdl">Sehet doch da! Gott will so freundlich und nah</td></tr> - <tr><td class="tdl">Zu den Verlornen sich kehren.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Jauchzet ihr Himmel, frohlocket ihr Enden der Erden!</td></tr> - <tr><td class="tdl">Gott und der Sünder, die sollen zu Freunden nun werden;</td></tr> - <tr><td class="tdl">Friede und Freud' wird uns verkündiget heut';</td></tr> - <tr><td class="tdl">Freuet euch Hirten und Heerden.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Sehet dies Wunder, wie tief sich der Höchste hier beuget!</td></tr> - <tr><td class="tdl">Sehet die Liebe, die endlich als Liebe sich zeiget!</td></tr> - <tr><td class="tdl">Gott wird ein Kind, träget und hebet die Sünd':</td></tr> - <tr><td class="tdl">Alles anbetet und schweiget.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Gott ist im Fleische, wer kann dies Geheimniß verstehen?</td></tr> - <tr><td class="tdl">Hier ist die Pforte des Lebens nun offen zu sehen,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Gehet hinein, macht euch dem Kinde gemein,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Die ihr zum Vater wollt gehen.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Hast du denn, Höchster, auch meiner noch wollen gedenken?</td></tr> - <tr><td class="tdl">Du willst dich selber, dein Herze der Liebe, mir schenken?</td></tr> - <tr><td class="tdl">Sollt' nicht mein Sinn innigst sich freuen darin</td></tr> - <tr><td class="tdl">Und sich in Demuth versenken? –</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> König der Ehren, aus Liebe geworden zum Kinde,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Dem ich auch wieder mein Herze in Liebe verbinde,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Du sollst es sein, den ich erwähle allein,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Ewig entsag' ich der Sünde.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Süßer Immanuel, werd' auch geboren inwendig,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Komm doch, mein Heiland, und laß mich nicht länger elendig,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Wohne in mir, mach mich ganz Eines mit dir,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Und mich belebe beständig.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Menschenfreund Jesu, dich lieb' ich, dich will ich erheben,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Laß mich doch einzig nach deinem Gefallen nur leben,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Gieb mir auch bald, Jesu, die Kindesgestalt,</td></tr> - <tr><td class="tdl">An dir alleine zu kleben.</td></tr> -</table> - -<p>Zuweilen drückt sich der Verfasser ein bischen wunderlich -aus, aber paßt das Gedicht nicht genau auf mich -und meinen gegenwärtigen Zustand? So finde ich es -auch mit vielen Bibelstellen, oft finde ich Worte des -Rathes in der Bibel, die mir fast wie ein Wunder vorkommen, -denn vor fast zweitausend Jahren geschrieben, -beantworten sie genau eine nur gedachte Frage der Gegenwart. -Wenn Jesus doch noch auf Erden lebte! – -Das sieht nun aus wie der fromme Seufzer eines Heiligen, -während ich, weit davon entfernt, durchaus ein -Kind dieser Welt bin, und den Heiligen eigentlich so -ziemlich gänzlich verleugne. –</p> - -<p>Gute Nacht, liebe Schwester; es ist bei meinem -Schreiben spät geworden. Wie die Sterne draußen funkeln! -Der Schnee liegt hoch, weit und breit, die Natur -feiert auch auf ihre Weise. – Ich lege diesen Brief auf -ein Bild, welches Du Dir längst gewünscht hast, und -schicke es Dir mit den wärmsten Grüßen. Lebe wohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Am 2. Weihnachtsfeiertage.</h2> - -<p>Es läutet eben zum Nachmittagsgottesdienst, die -Sonne lacht heiter in's Fenster und läßt die vergoldeten -Aepfel an meinem Weihnachtsbaume hell erglühen. Dein -Brief, der mit all den vielen empfangenen Geschenken -darunter liegt, redet mir zu zu schreiben, und – hier -bin ich.</p> - -<p>Ich bin in einer wundervoll friedereichen Stimmung. -Das Leben ist kein Traum, aber ein Räthsel, ein unerschöpflicher -Glückesborn, ein sinnreicher Lehrmeister, der -zugleich beschämt und beseligt. Warum es mir so einzig -im Kopf und Herzen klingt, kann ich nicht genau auseinandersetzen, -in Summa aber ist es die Liebe, die -mich jubeln und danken läßt. Liebe überall! – »Also -hat Gott die Welt geliebt« – kennst Du das auch, daß -irgend eine Strophe oder ein anderes Wort unablässig -im Ohre klingt, daß man es gar nicht los werden kann? -So geht es mir heute mit den Worten: »also hat Gott -die Welt geliebt.« – Die Welt hat diese Liebe begriffen, -wie entzückt sieht sie aus, wie verschwenderisch ist sie im -Nachahmen jener Liebe, auch ich werde damit überschüttet, -aber ich erwiedere, verlaß Dich darauf! –</p> - -<p>Ich möchte, ich könnte Dir auch all die schönen -Sachen zeigen, die mir am heiligen Abend bescheert wurden, -da liegen sie festlich im Sonnenglanze: ein neues -Testament von der Frau Gräfin, ein warmer, weicher -Reisepelz von dem Grafen, von Johannen der Baum -– das süße Geschöpf mit seinen prächtigen Einfällen! -– Nun kommen die aus dem Bernwachtschen Hause: -eine Specialkarte der Provinz vom Alten, ein riesiger -Pfefferkuchen von Frau Bernwacht; Therese hat mir eine -Uhrschnur gearbeitet, Ida ein Notizbuch gestickt, Cäcilie -drei Lesezeichen, Burga und Berga ein Paar farbenreiche -Morgenschuhe. Auch von Julchen liegt etwas da, etwas -Rührendes: es ist ein Brief von unserer Mutter, ich -will ihn Dir abschreiben.</p> - -<p>Liebes Julchen. Hier schicke ich Dir das Probehemdchen -für Paulinen, die neuen müssen aber eine handbreit -länger und weiter gemacht und auch in den Aermeln -verhältnißmäßig größer werden. Gern hätte ich es Dir -selbst gebracht, Du weißt, ich wünschte schon am Sonntag -bei Euch zu sein, aber mein Justus ist unwohl, und -ich mag ihn, da er so stürmisch ist und seine Vorsätze -leicht vergißt, nicht verlassen, er könnte leicht etwas thun, -was ihm schadete, das Mutterherz ist so ängstlich! –</p> - -<p>Gott befohlen!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Deine Marie.</span></p> - -<p>Die alte Zeit lebt auf, ich sehe der Mutter zarte -Gestalt, ihr sorgsames Auge. Das Wort, das längst -ungewohnte, <em class="ge">mein</em> Justus, weckte ein Sehnen in mir, -oder schärfte es nur – aber ich will nicht mehr stürmisch -sein, Pauline, meine guten Vorsätze sollen erstarken.</p> - -<p>Wie es im Feste war? Schön. Erst allgemeine -Bescheerung hier im Schlosse, die ganze Bewahranstalt, -alle Waisenkinder waren da. Ehe sie in den Speisesaal, -wo Alles arrangirt war, eingelassen wurden, war Andacht -im daranstoßenden Betsaale, ähnlich wie schon manchmal, -nur viel freudiger noch. Auch die Bernwachtschen Töchter -waren sämmtlich da. »Mama baut auf,« flüsterte -Berga, »freuest Du Dich nicht schrecklich?« – »Nein, -ich freute mich recht schön, für Niemanden zum Erschrecken, -ganz sanft wie ein gutes Kind, ähnlich vielleicht -wie Cäcilie.« –</p> - -<p>Die von der Gräfin für die Kinder bestimmten -Geschenke waren durch freiwillige Beiträge aus der Stadt -bedeutend vermehrt; ich entdeckte auch hübsche, braun- -und rothgestreifte Schürzchen, welche ich unter Theresens -Händen entstehen gesehen, und eine Menge kleiner gestrickter -Handschuhe wollten mich an ein junges Mädchen -erinnern, dessen Fleiß ich in den Leseabenden zu bewundern -Gelegenheit gefunden hatte. – Allgemeine Freude -auf dem Schlosse und ebenso bei Bernwachts, Jeder gab, -Jeder empfing und war in bewegter Stimmung. –</p> - -<p>Deine Einkäufe habe ich mit vieler Freude empfangen -und ausgetheilt, doch anders wie ich anfangs beabsichtigte. -Als ich den Berg Geschenke für Cäcilie erblickte, -stieg's wie Spott über meine Zuversichtlichkeit in -mir auf: mit welchem Rechte durfte ich sie so auffallend -vor ihren Schwestern auszeichnen? Nur Amarant, welches -ich Deiner Wahl verdankte, und das mich gleich, nachdem -ich hineingesehn und ein Paar Verse gelesen hatte, -für sich entschied, legte ich, nebst einem frischen Bouquet -aus dem Treibhause, auf ihren Platz unter dem Baume, -das andere Buch, »die weite, weite Welt,« will ich für -die Leseabende aufheben. Therese erhielt zu ihrer Briefmappe -die Perlen, Ida zu den Noten das Kreuz, Julchen -außer dem Muff Scrivers Werke, und den Kleinen steckte -ich die Mappe voll Zeichnungen. Alle fanden sich sehr -reich beschenkt; noch an demselben Abend sah ich Cäciliens -Wangen sich höher färben durch – Amarant. -Sie findet es schön, und hat es ihrerseits zum Beitrag -für die Leseabende bestimmt, obgleich Theodor sie mit den -herrlichen Briefen »Wilhelm von Humboldts an eine -Freundin,« beschenkt hat. – Nun auch Dir Dank, -Schwesterherz! Dank für jeden Ausdruck Deiner Liebe. -– Dein Rath, mich mit meinen Ansiedlungsplänen nicht -zu übereilen, ist begründet, und soll befolgt werden – -ich sagte es Dir ja, ich habe nicht die leiseste Hoffnung, -daß der süße Traum einst verwirklicht werden könne; ich -will nichts übereilen, sondern still abwarten, wie Gott -es will. Mein herzliches Lebewohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Den 15. Februar.</h2> - -<p>Du mahnst mich an mein Versprechen, keine Lücke -in unserm Briefwechsel entstehen zu lassen, so will ich -schreiben, es ist jedoch wenig zu berichten. – Des Tags -bin ich meist sehr fleißig, und die Abende verfließen in -Dir bekannter, lieber Weise, nur lesen wir zweimal in -der Woche, statt einmal. Wir sind bei der weiten, weiten -Welt, und mit Ausnahme Ida's, die gleich durch -den etwas breiten Anfang des Buches gegen dasselbe -eingenommen wurde, findet es allgemeinen Beifall, besonders -bei meinem kleinen, frommen Lieblinge, der -Cäcilie. Sie schwärmt für Helene Montgomery, für -Alice und St. John, sie liebt Master Vanbrunt, und -entschuldigt – auf Ida's Angriffe – selbst alle vorkommenden -kleinen Teufeleien, welche die wilde kleine -Person, Helenens Plagegeist, ausübt, damit, daß das -Alles nachher ihr leid genug gethan habe, und mehr -könne man nicht verlangen. – Da fällt mir noch etwas -Anderes bei, was charakteristisch ist. Vor einiger Zeit -war ich Nachmittags bei Bernwachts. Draußen, vom -wildesten Schneegestöber umstürmt, standen ein Mann -und ein junges Mädchen, er drehte die Orgel, sie sang, -und sang mit einer Ruhe und Resignation, aber dennoch -melancholischer Stimme und Weise, das Lied – -ich weiß seinen Anfang nicht – welches zum Refrain -die Worte hat: »Das Leben ist ja nur ein Traum.«</p> - -<p>Frau Bernwacht schickte einige Münze hinaus und -sagte: »Die junge Person hätte besser gethan, in ihrem -Dorfe zu bleiben, als in der Welt herum zu reisen; -was hat sie nun davon? Ich sollte denken, die schwerste -Arbeit wäre ein Vergnügen gegen diese Lebensweise.«</p> - -<p>»Sie mag aus der Stadt sein, Mama,« entgegnete -Therese nachdenklich, »und Du weißt, wie schwer es -Vielen in den großen Städten wird, sich ehrlich zu ernähren, -sie hat vielleicht schon Mancherlei vergeblich versucht -und nothgedrungen dies Wanderleben begonnen.«</p> - -<p>»Vielleicht hat sie eine arme, kranke Mutter zu -Haus,« sagte Cäcilie mitleidig, und betrachtete sie ernst -mit ihren warmen Blicken; »sie sieht recht so aus, als -wenn ihr das Herz weh thäte.«</p> - -<p>»In dem Falle hätte sie lieber die Barmherzigkeit -der Menschen ansprechen sollen, und die Mutter pflegen,« -beharrte die Bürgermeisterin, »dies Vagabondiren ist der -Ruin für solche Mädchen. War es vorhin für sie schwer, -ein Unterkommen oder Unterhalt zu finden, dann wird -es ihr nachher fast unmöglich sein. Wer nimmt wohl -ein Mädchen, was sich zu solchem Leben einmal bequemt -hat, in Dienst? ich gewiß nicht.«</p> - -<p>Ida war auch theilnehmend geworden und vertheidigte -das Mädchen: sie arbeite ja auch, das sei, nach -ihrer Meinung, immer besser als betteln. So lange -man irgend Kräfte habe, müsse man Andern doch nicht -lästig fallen wollen. Wenn sie z. B. in so unglücklicher -Lage wäre zwischen Betteln und Straßensingen wählen -zu müssen, so würde sie ihr Angesicht verhüllen und -singen.</p> - -<p>»Ich nicht,« sagte Cäcilie erregt, und reichte dem -vorübergehenden Mädchen ein winziges, weißes Päckchen -aus dem Fenster, »mir würde das Bitten gar nicht so -schwer werden. Das Geben ist ja eine Freude, man -kann sich ja mit seinen Bitten an solche Leute wenden, -die dadurch nicht belästigt werden, und nun gar für Andere! -– ich habe doch mehr Muth als Du, Ida.«</p> - -<p>»Demuth,« sagte die Mutter. Cäcilie erschrak fast -und senkte die Augen; sie sah gerade so aus, als dächte -sie: Demuth – ich?</p> - -<p>»Demuth – ja,« wiederholte Ida kühn, »aber -Muth – nein: Du würdest lieber vergehen, als ein Leben -führen, was unter dem Banne der öffentlichen Meinung -steht, Du würdest fürchten im Bereiche des Niedrigen und -Unreinen auch bei Dir selbst zu verlieren, Du bist überhaupt -nicht sicher, trotz Allem, immer stehen zu können.«</p> - -<p>»Nein, das bin ich nicht,« erwiederte die Schwester -sanft, »ich mache ja alle Tage die Erfahrung, daß ich -der göttlichen Hülfe und Gnade bedarf.« –</p> - -<p>Bin ich ein Thor, Pauline, daß ich der Neugierde -den Zügel schießen ließ, daß ich mich in ihre kleinen -Geheimnisse eindränge? Ich habe das singende Paar in -einer Spelunke aufgesucht und mir das Zettelchen zeigen -lassen. Hergeben wollte ihn das Mädchen um keinen -Preis, ich bot ihr viel, aber sie blieb fest, und warum -soll ich ihr den Talisman, den Engelgruß nehmen, da -sie ein armes, elendes Geschöpf ist, was vielleicht nichts -Heiliges weiter in der Welt hat! – Auf dem Zettel, -auf dem noch deutlich die Spur des eingewickelten Geldstückes -zu sehen war, stand:</p> - -<p class="ci">Habe Gott vor Augen und im Herzen, und hüte -Dich, daß Du in keine Sünde willigest, noch thuest wider -Gottes Gebot. – Wirf dein Anliegen auf den Herrn, -der wird Dich versorgen. Gott sei mit Dir, Amen.</p> - -<p>Ich beschenkte sie reichlich und sie trug mir auf, der -jungen Dame zu sagen – was natürlich wohl nie geschehen -kann – daß sie nie wieder so singen würde. -Sie sei einer allzu strengen Herrin entlaufen, Angehörige -habe sie nicht mehr, ein Dienst sei nicht zu finden gewesen, -sie habe Schulden machen müssen – so sei es gekommen. -Nun sollte ein anderes Leben begonnen werden. – Ob -ich ihr nicht den Namen des Fräuleins sagen wolle, sie -wolle ihn dem lieben Gott nennen. »Glauben Sie denn -an Gott?« fragte ich schon in der Thüre. »Ach,« -seufzte sie da, »Sie dachten, ich wäre ganz verworfen!«</p> - -<p>Ida's Bild ist bald fertig; ich habe Dir wohl noch -nicht geschrieben, daß die Familienhäupter sich dem Aschenbrödelproject -entschieden widersetzen. Die jungen Damen -fanden es ganz hübsch und hätten ihre Einwilligung -vielleicht nicht versagt. Zu Anfang der nächsten Woche -gedenke ich Cäcilien zu malen, hier im Schlosse bin ich -bald fertig. Noch bin ich unschlüssig, wohin ich von -hier gehe, zuweilen denke ich an das Morgenland, es -wären interessante Studien dort zu machen, und vielleicht -– ich träume wieder! nein, ich will nur in der -Nähe bleiben. –</p> - -<p>Weißt Du, ich habe ein Lied gehört, das Du Dir -in einer Musikalienhandlung suchen mußt. Von wem es -gedichtet und componirt ist, weiß ich nicht, aber ich habe -es singen hören, kann Dir auch den Text schreiben. – -Ida war bei der letzten Sitzung mißgestimmt, und ich -wollte, weil ich diese Linien des Verdrusses nicht in das -Portrait einfließen lassen mochte, zu malen aufhören, -als Therese Cäcilien bat, dies Lied zu singen, sie meinte -mit Recht, dann würde die Wolke wohl verfliegen. Du -magst den Text sehr einfach finden, vielleicht ganz unbedeutend, -ich versichere Dich aber, das Ganze war von -ergreifender Wirkung.</p> - -<table class="fss" summary="" border="0" cellpadding="1"> - <tr><td class="tdl"> Du Tropfen Thau, seh ich dich an,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Kommt mir die Thräne süß und still,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Weil du so treu dein Blümlein liebst,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Wie ich wohl einmal lieben will.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Und trennt dich auch an jedem Tag</td></tr> - <tr><td class="tdl">Von deinem Lieb der Sonnenschein,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Du kehrst am Abend stets zurück,</td></tr> - <tr><td class="tdl">So muß wohl treue Liebe sein.</td></tr> - <tr class="fsxs"><td> </td></tr> - <tr><td class="tdl"> Und stirbt dein Lieb vom Sonnenbrand,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Dann stirbst auch du im letzten Kuß,</td></tr> - <tr><td class="tdl">Ich seh dich an und sinne still;</td></tr> - <tr><td class="tdl">Wie solch ein Tod beglücken muß! –</td></tr> -</table> - -<p>Wie ich wohl einmal lieben will! Sie weiß es nicht, -das Kind, und doch dieser hinreißende Vortrag, dieser -unvergleichliche Ausdruck! Es liegt gewiß darin, daß es -ihr angeboren ist, nie Mißgriffe zu begehen, in Allem -vollendet zu sein. – Ida wurde ganz sanft und schön, -ich unruhig, mir klopfte das Herz vor schmerzlicher Wemuth. -Cäcilie und ich, welch ein Unterschied! Kannst -Du mir nichts nennen, was die Kluft ausfüllen könnte? -Doch wie spreche ich, wie solltest Du junges Kind wissen, -was der Weiseste auf Erden nicht erdenken könnte. Lebe -recht, recht wohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Am 2. März.</h2> - -<p>Bin bei der süßesten Arbeit, Du weißt bei welcher. -Natürlich sind wir nie allein, aber wozu auch? ich würde -ihr doch nichts sagen, nicht von fern meine schneeweiße -Lilie beunruhigen. Wir plaudern herrlich unbefangen -mit einander und ich bin auch, ihr gegenüber, vollständig -befriedigt. Was könnte ich noch Schöneres wünschen, -als sie ansehen, ihre freundliche Stimme hören zu dürfen, -die mir des Lieblichen so viel sagt: – Sie ist ganz -vertrauungsvoll, und plaudert, was ihr in den Sinn -kommt. »Was wird Theodor sagen,« meinte sie gestern, -»wenn er wiederkommt und mich auch gemalt sieht; ich -habe es immer für Scherz gehalten, wenn Sie davon -sprachen.« – »Warum,« fragte ich, »sah ich so spaßhaft -dabei aus?«</p> - -<p>»Auch wohl, und ich bleibe ja bei den Eltern.« –</p> - -<p>»Ida ja auch,« wendete ich ein, als wäre das kein -Grund. Sie lächelte. »Wenn Sie wieder kommen, müssen -Sie Theresen auch malen,« fuhr sie fort, »in spätestens -zwei Jahren ist ihre Hochzeit und dann verläßt sie -Burgwall.«</p> - -<p>»Komm ich denn wieder?« fragte ich.</p> - -<p>»Ich dachte,« antwortete sie ganz erstaunt.</p> - -<p>»Und so bald?« fuhr ich zu fragen fort.</p> - -<p>»Das müssen Sie am besten wissen.« – Ich schüttelte -den Kopf; es schien mir gerade in diesem Augenblicke, -als sei es doch besser, ich kehre in Jahr und Tag nicht -wieder hierher zurück. – Zuweilen erzählt sie etwas -aus ihrer Kinderzeit, und wie frisch lacht sie dabei! Neulich -wurde das Gespräch zwischen ihr und den Schwestern -sehr lebhaft, man neckte sie mit vergangenen Zeiten, da -hatte sie sich zu vertheidigen, und dann mußte sie wieder -lachen, sie wurde ganz unruhig auf ihrem Stuhle und -wendete sich bald hier und bald dorthin, ich vergaß das -Malen darüber und sah sie an. Plötzlich fiel ihr Blick -auf mich, wie ich dasaß, nichts that und sie betrachtete, -sogleich setzte sie sich in Positur, neigte sich mir etwas -entgegen und flüsterte: »Sie sind eigentlich sehr gut – nicht -wahr Mama?«</p> - -<p>»Was denn?« fragte diese.</p> - -<p>»Herr Brand ist sehr gütig, so geduldig zu -warten.« –</p> - -<p>Hätte sie die Sache nicht unter uns lassen können? -– aber nein, sie hat nichts zu verheimlichen, was -mich angeht.</p> - -<p>Julchen Hermann hatte, als sie an der Reihe war, -kein Buch mitgebracht, und appellirte an die Großmuth -der Jugend, die da nichts verlangen werde, wo nichts sei, -sie habe keine belletristischen Bücher. Sie kam aber mit -ihren schönen Reden nicht durch, sondern mußte sich bequemen -frei eine Erzählung aus dem Leben vorzutragen, -und wenn nicht aus ihrem eigenen Leben, so doch aus -ihrer Zeit.</p> - -<p>Nach einigem Weigern that sie's, und ich will sie -Dir copiren.</p> - - -<h3><span class="ge">Der Sohn der Wittwe.</span></h3> - -<p>Nicht weit von der Försterei zu Drosehalm, liegt -ein kleines Haus, welches vor mehreren Jahren einer -Wittwe gehörte, die mit ihrem einzigen Sohne, einem -lebhaften, gescheuten Knaben, in der einförmigsten Weise -darin lebte. Während Ludwig, so hieß der kleine Wildfang, -der die Gedanken der stillen Frau fast beständig -beschäftigte, in der Schule war, besorgte sie das kleine -Hauswesen, führte die Ziegen auf die Weide, arbeitete -in dem Gärtchen, welches die Vorüberfahrenden, wenn sie -um die Waldecke bogen – das Haus lag an der Landstraße -– vom Frühling bis zum Herbste, wie ein unerwarteter, -freundlicher Gruß, durch seine lachenden Blumen -überraschte, oder sie saß auch im Zimmer und spann. -That sie Letzteres, dann konnte man sicher daraus rechnen, -daß irgend ein Erbauungsbuch, die Bibel war ihr das -liebste, aufgeschlagen neben ihr lag, denn durch die jahrelange -Uebung hatte sie es dahin gebracht, daß sie neben -dem Spinnen auch lesen konnte. – Zuweilen erhielt -die Wittwe auch Besuch aus der Stadt, von Solchen, die -ihr befreundet waren, und die auf der Reise nach der -Nachbarstadt, vor ihrer Thüre vorbei mußten, oder von -dieser oder jener armen Frau, die in großer Verlegenheit -war, und Frau Schmidt um Rath, Unterstützung oder -Fürsprache bitten wollte, denn es war bekannt, daß die -einfache Frau im Waldhause unter den vornehmen Damen -Gönnerinnen hatte, die sie an manchem lieblichen Abende -in ihrem stillen Hause aufsuchten. Alle Besuchenden -fanden dieselbe Aufnahme, sie erhielten sämmtlich zum -Gruße ein freundliches Gesicht, die Hand zum Drucke -und ein herzliches Willkommen. Alle gingen auch in der -Regel befriedigt von ihr fort, die Bittenden, nachdem sie -erhalten, was sie wünschten, die Trostesbedürftigen mit -erneutem Muthe im Herzen, denn Frau Schmidt hatte -stets guten Muth, sie konnte unter allen Umständen, zu -jeder Zeit davon mittheilen. Auch die großmüthigen -Damen, welche die Wittwe dann und wann besuchten – -obgleich sie, trotz der Bitten der Kinder namentlich, nie -in ihren Häusern in der Stadt zu sehen war – fanden -sich in ihrer Gesellschaft und der stillen Stube, welche -im Sommer eine schöne Linde beschattete, sehr behaglich. -Die Kinder, welche sie mitbrachten, tummelten sich, während -die Frauen sich drinnen unterhielten, auf dem freien Platze -vor dem Hause, herum, oder näherten sich vorsichtig dem -kleinen Flüßchen, das noch sehr jung und unerfahren, mit -großer Eile, über Stock und Stein, durch den grünen -Thalgrund, dem größeren, bedächtiger fließenden Fluße -zu eilte, der sich um die Stadt schlingt. In den Garten -zu gehen, wagten sie erst dann, wenn Frau Schmidt es -ihnen ausdrücklich erlaubte, oder wenn Ludwig aus der -Schule kam, der dann sogleich sein Bücherpaquet sammt -Riemen in die erste, beste Ecke schleuderte, um als galanter -Wirth sich seinen Gästen zur Disposition zu stellen. Heidi, -dann gings lustig zu! kein ansehnlicher Schmetterling -war seines Lebens sicher, er mochte flattern wo er wollte, -über dem Bache oder über den Lilienkelchen, ihm wurde -rücksichtslos nachgestellt. Ferner wurde den kleinen, schlanken -Fischen aufgelauert, die ganz harmlos schaarenweise, -zwischen den bemoosten Steinen, sich so wohlig dahinwanden; -zuweilen war denn auch wohl eine schöne bunte -Forelle darunter, die durfte dann nie entwischen, denn -Forellen sind theure wohlschmeckende, vornehme Fische, -wohlgeeignet für die Tische reicher Leute und Ludwig -schenkte gerne. Er hatte sich dazu einen Topf mit -durchlöchertem Deckel, von seinem Spargelde gekauft, -damit er, so oft das Glück ihm wohlwollte, lebendige -Forellen, auf seinem Schulwege der Frau Pastorin, oder -Stadträthin, oder irgend einer namhaften Dame, mitnehmen -konnte. Von vorn herein hatte er sich so zu -stellen gewußt, daß man ihm solche Lieferungen nicht -bezahlen konnte, nein, er nahm nichts, er durfte auch -nicht, er dankte sehr, höchstens waren ihm ein Paar Aepfel -aufzunöthigen, und die nahm er dann mit einer so tiefen -Verbeugung, und bedankte sich so ernst, daß es aussah, -als glaubte er, der besonders, hauptsächlich Beschenkte -zu sein.</p> - -<p>Aber Ludwig war durchaus nicht so bescheiden, wie -es im Allgemeinen von ihm hieß, er war vielmehr stolz, -und baute nicht, wie er durfte, Hoffnungen auf seine -ihm von Gott verliehenen Gaben, sondern er pochte auf -sie. Er war klug, geschickt und muthig, was lag nun -daran, daß er nur eines schlichten Bergmannes Sohn und -nicht der Sprößling einer Patrizierfamilie war? Das -Blättchen kann sich wenden im Leben, dachte er, und -blickte stolz dabei umher, was niedrig ist, kann hoch, und -was hoch ist, kann ganz klein werden.</p> - -<p>Einmal hörte seine Mutter einen solchen laut gewordenen -Gedanken, da sagte sie: »Wenn Gott will – -aber dem Demüthigen giebt Er Gnade.« – »Erkundige -Dich doch, was die Leute von mir sagen,« entgegnete ihr -der vierzehn Jahre alte Knabe, »Niemand wird mich hochmüthig -nennen.« – »Du kannst wohl Menschen, aber -nicht Gott betrügen,« erwiederte ihm seine Mutter sehr -ernst, und nun hütete er sich wohl, seine innersten Gedanken -wieder laut werden zu lassen.</p> - -<p>Ostern darauf wurde Ludwig eingesegnet und zu -einem geschickten Tischler in die Lehre gebracht, obgleich -er seine Mutter fast fußfällig um die Erlaubniß bat, einen -höhern Beruf wählen zu dürfen. Auch seine Lehrer -riethen der Wittwe, dem Sohne eine umfassendere Ausbildung -geben zu lassen, als die Schule es bisher thun -konnte, denn seine Gaben seien nicht unbedeutend, und -ein in ihm wohnender, nicht zu verkennender Ehrgeiz werde -ihn spornen, ihre Opfer zu vergelten. Aber die sonst so -sanfte Mutter zeigte hier eine große Festigkeit und blieb -beharrlich bei ihrem Entschlusse, den Sohn ein Handwerk -erlernen zu lassen, welches – das möge er selbst bestimmen. -Eben sein Ehrgeiz sei es, der sie in dieser Sache -so entschlossen mache, sie wolle das Ihrige dazu thun, -diesen hochstrebenden Sinn zu demüthigen, damit er einst -fähig werden könne, nach wahrhaft hohen Dingen zu -trachten.</p> - -<p>»Mutter, ist es denn etwas Gefährliches, ein guter -Lehrer oder gar Prediger werden zu wollen?« fragte -Ludwig mit Thränen in den Augen, »kann ich nicht -dem lieben Gott viel besser dienen, wenn ich den Beruf -habe von seiner Größe und Liebe den Menschen zu erzählen, -als wenn ich dastehe und schmiede, oder leime, -oder so etwas?«</p> - -<p>»Wenn Du wirklich viel von seiner Größe wüßtest, -und von heiliger Liebe getrieben würdest, mein Sohn, -dann würdest Du demüthiger sein,« antwortete die Mutter, -»etwas Sündlicheres kann ich mir kaum denken, als einen -Geistlichen, der auf die Kanzel mit dem Gedanken kommt: -heute werde ich gewiß bewundert werden, der mit seiner -Predigt sich verherrlichen will; der das Kreuz predigt und -den eigenen Ruhm vor Augen hat. Nein, Ludwig, bleib in -unserm Stande, Du kannst darin sicherer selig werden.«</p> - -<p>Ludwig sah sehr finster dazu aus, und er seufzte tief -über der Mutter schreckliche, sein Lebensglück zerstörende, -Verblendung, aber er konnte nichts dagegen ausrichten -und so wurde er ein Tischlerlehrling.</p> - -<p>Sein Meister nannte ihn musterhaft: er war fleißig, -anständig in seiner äußern Erscheinung, zuvorkommend, -ernst, zuverlässig, sein Lob ertönte reichlich, namentlich -fand der Lehrherr es so rühmenswerth, daß er stets pünktlich -an Ort und Stelle war, sei es zur Arbeit, zu Tisch, -zur Kirche, oder sonst irgendwo, einem Versprechen oder -Auftrage zu folgen; was er versprach, hielt er mit gewissenhafter -Genauigkeit.</p> - -<p>»Er wird einmal ein gemachter Mann,« prophezeihete -er, »ich sehe schon den künftigen Gewerksvorsteher, wenn -nicht Senator der Stadt in ihm.« – Wohl freute sich -die Mutter über das Lob ihres Lieblings, aber sie bat -den Meister inständig, es den Knaben nicht hören zu -lassen.</p> - -<p>»Glauben Sie, es ist Wasser auf seine Mühle,« -stellte sie ihm vor, »es bewegt seinen Sinn die leidige -Eitelkeit ohnehin genug.«</p> - -<p>»Nun was schadet die Eitelkeit?« entgegnete der -Meister fast unwillig, »wenn sie das Rad der Thätigkeit -in Bewegung setzt und den Jungen alle seine Kräfte mit -Lust gebrauchen läßt? Nichts für ungut, Frau Schmidt, -aber Weibererziehung ist nicht für solchen aufstrebenden -kleinen Menschen, Ihr möchtet aus lauter Zaghaftigkeit -alle frischen Sproßen seiner kernigen Wurzel streng beschneiden, -damit sie möglicher Weise nicht zu einer Wildniß -heranwachsen.«</p> - -<p>»Gott hat ihm doch den Vater genommen, und -mich für ihn bestellt,« erwiederte die Mutter ganz sicher, -»darum muß ich ihn nach der Einsicht erziehen, die Er -mir gegeben hat.«</p> - -<p>Die Lehrzeit verfloß. Zwei Jahre blieb Ludwig -noch am Orte, dann schnürte er sein Bündel und ging -in die Fremde. Der Abschiedstag war ein schwerer für -seine Mutter, sie hatte nichts weiter auf der Welt, daran -ihr Herz so ganz hing, wie diesen einen Sohn, und trotz -seiner Fehler, als Sohn war Ludwig musterhaft! Aber -es mußte geschieden sein, und die Liebe macht stark, besonders -eine Mutter, welche freudigen Glauben zu Gott -dem Herrn hat, sie küßte und segnete ihn, begleitete ihn -auch über das Weichbild der Stadt hinaus und kehrte -dann ergeben in ihr einsames Haus zurück. – Ihre -Lebensweise blieb dieselbe wie bisher, nur daß sie nicht -mehr wie früher, Sonntags auf der Brücke, die über den -kleinen Fluß führte, stand und nach der Stadt hinsah, von -welcher ihr Sohn sonst kam, und daß sie jetzt noch mehr -betete als las.</p> - -<p>Ein Festtag war allemal für sie, wenn der Postbote -auf ihr Haus zuschritt. O, ihr Herz fühlte dann -einen wahren Freudenrausch! – Die Nachrichten waren -anfangs meist gut, Ludwig hatte fast immer in großen -Städten Arbeit gesucht und gefunden, und schrieb gewöhnlich -erfreut über das Gute, das man auf Reisen kennen -lernen und einsammeln kann. Selten klagte er, auch vom -Heimweh hatte er nicht gerade zu leiden, doch war seine -innige Liebe zur Mutter unverkennbar. Mehr als es -der bescheidenen Frau lieb war, deutete er an, wie er es -ganz anders für die Zukunft mit ihr beabsichtige, sie -sollte einst bequemer, schöner wohnen, ein Haus in der -Nähe der Stadt haben, schon damit der Kirchweg ein -kürzerer sei; er wollte dieses Haus mit den schönsten Möbeln -schmücken, für wen er denn sonst etwas lerne, wenn -nicht für sie? In diesem Tone schrieb er oft, wenn auch -die Mutter zu mäßigen suchte, und darauf hinwies, daß -ihr Glück nicht im Aeußerlichen bestehe, daß sie auch für -ihren Stand und ihre Gewohnheit hinreichend mit dem -Nöthigen, ja Angenehmen versehen sei.</p> - -<p>Jahre verstrichen wieder, die Wittwe hatte ein ganzes -Kistchen voller Briefe, sie hatte auch des Sohnes Bild -und freute sich sehr darüber: es lächelte sie an und sah -stattlich aus, der Jüngling war zum Manne heran gereift, -nur schien es ihr, als wisse diese breite Stirn von -Trotz, als läge in der ganzen Haltung eine Energie, die -sich gegen jede zugemuthete Unterwerfung sofort empören -würde. Aber seine Briefe waren ja so liebevoll, <em class="ge">ihr</em> -war er doch ergeben, das war gewiß, sie wollte auch nicht -zu ängstlich sorgen, sondern alle ihre Sorge auf Ihn -werfen, der für uns sorgen will.</p> - -<p>Dann kam aber eine Zeit, da seine Briefe das -deutliche Gepräge des Mißmuthes trugen; er klagte, es -werde den Abhängigen zu schwer gemacht sich den, ihren -Fähigkeiten gemäßen, Standpunkt zu erringen, der Lohn -sei im Verhältniß zur Arbeit zu gering, die Behandlung -nicht selten unwürdig, die Besitzenden seien meistentheils -herzlos – die Mutter wisse es nur nicht, wie es in der -Welt zugehe, und er danke Gott, daß sie dieselbe nicht -gebrauche. Die Mutter hatte genug zu ermahnen und -schrieb auch, wenn es ihm draußen nicht gefalle, dann -möchte er doch wiederkommen, sie sehne sich ohnehin so sehr -nach ihm. Gewiß hätte er so viel gelernt, um die Innung -mit einem Meisterstück zufrieden stellen zu können, dann -könnte er in der großen Stube seine Werkstatt aufschlagen -und sie würden Beide ein so recht seliges Leben, nach -der langen Trennung mit einander führen. Diese liebevolle -Einladung hatte aber eine sehr heftige Entgegnung zur -Folge. Ob er darum so weit und lange gereist sei, um -mit leerer Hand, als ein armseliger Gesell wieder zu -kehren, und der Mutter Besitz zu seiner Etablirung zu -benutzen? Nimmermehr! Er fühle hinlänglich Kraft in -sich, es mit der Feindseligkeit einer ganzen verkehrten Welt -aufzunehmen!</p> - -<p>Dieser harte Brief kam im Waldhause bei Winterszeit -an, als der Schnee hoch lag und die Wittwe schon -wochenlang nicht aus dem Hause gekommen war. Wie -sehnte sie sich nach der Kirche! Zwar war ihr Herz selber -ein dem Herrn geweihter Tempel, und Haus und Garten -und der stille Wald kannten den Austausch ihrer Gefühle -gegen den Segen himmlischen Trostes, aber dort, wo sie -die Weihe der Sakramente empfangen, sie und ihr Sohn, -dort betete sie besonders freudig für den geliebten Fernen. -Nun ging es nicht, sie konnte kaum zur Försterin kommen, -um sich in ihrer Herzensbeklemmung an einigen freundlichen -Worten der Försterin zu erquicken, sie war mit -ihrer Unruhe in das Haus gebannt. »Dein Wille geschehe -wie im Himmel, also auch auf Erden, hilf dazu!« -das waren Worte, die sich oft, vielleicht ihr unbewußt, -über die Lippen drängten, ihr Herz fühlte das Flehen -beständig.</p> - -<p>Und die Zeit der Finsterniß ging vorüber, der Schnee -schmolz, die Sonne lachte heiter durch die kleinen Scheiben -des Fensters, wo über Rosen- und Myrthenstöcken des -Sohnes Bild hing; er schien die Mutter anzulächeln -und – o der Freude! da kam auch der Mann mit der -Briefmappe wieder, kaum konnte die Mutter sein herzliches -»Gott grüß!« erwiedern, so bewegt war sie von -der Erwartung, ob der liebe Herr, ihr treuer Helfer, -des Sohnes Herz gemildert habe, ob er, der Ferne, auch -Sonnenschein um sich sehe und in sich spüre. Und es -war gut, Alles gut! Er schrieb reuig, bat wegen seiner -Heftigkeit um Verzeihung, erzählte von bessern Tagen, -die ihm angebrochen, und von der Aussicht auf Verwirklichung -seiner Wünsche. – An diesem Tage hätte Mutter -Schmidt sich recht gern arm geschenkt, vielleicht hätte sie -dies überhaupt schon längst gethan, wenn sie den Sohn -nicht gehabt hätte. Zum Glück sah sie, noch ehe die -Sonne unterging, die liebe, freundliche, theilnehmende -Sonne! auf dem Wege drüben ein Paar arme Kinder, -die holte sie, fragte redselig wie nie, nach ihren geheimsten -Wünschen, und fand sich so reich, diese befriedigen -zu können. Einen so seligen Tag hatte sie lange nicht -gehabt. Ja, das Herz ist tief zu bejammern, welches -so gerne opfern möchte, und keinen Altar finden kann, -auf dem es geschehen könnte. Es gehört zuweilen Muth -dazu, ihn zu suchen und viel Zeit, ihn zu finden, aber -es giebt ihrer unzählige um uns herum. Möge Gott -zu allen Zeiten unsere Augen leiten, daß wir das Rechte -sehen, und unser Herz, daß wir das Rechte thun!</p> - -<p>Vergiß nicht, Pauline, daß ich nur wieder erzähle, -ich spreche das Gehörte nach, aber ich spreche auch mit. -Ja, Gott helfe allewege! –</p> - -<p>Nach wenigen Wochen kam abermals ein Brief, -und diesmal von einem reichen Geschenke von Kleidungsstücken -begleitet. Das war nicht nach dem Sinne der -Mutter, sie wurde wieder nachdenklicher, aber der Frühling -wollte es nicht leiden, er lockte sie nach draußen -und zeigte ihr die Verschwendung an Prachtgewändern, -welche der liebe Gott den Blumen gestattete. Tausende -blühten gestern und lagen heute welk, verblüht zu den -Füßen Neugeschmückter, das ganze Thal war im farbenreichsten -zartesten Schmucke, der Reichthum sproßte als -saftige Zweige aus den Bäumen, breitete sich als bunt -gewirkte Decke über die Hügel, wogte in der Farbe der -Hoffnung über die im Herbst bestellten Aecker. Das -Leben däuchte ihr wieder wunderschön, selbst so getrennt -von dem geliebtesten Kinde, sie übergab ihn wieder beruhigt -der Obhut des reichen Gottes, dessen Ehre die -Himmel erzählen, und des Vaters voller Gnade und -Treue, von dessen wundervoller Liebe die Erde, seiner -Hände Werk, fröhliches Zeugniß ablegte. –</p> - -<p>Ludwigs Briefe wurden zwar von nun an etwas -seltener, enthielten aber immer verständlichere Andeutungen -eines innern Triumphes. Es war viel von Manneskraft -und Aufsichselbstverlassen die Rede, nur blieb es -dunkel, was eigentlich Bedeutendes erreicht war. Seit -jenem freudenreichen Briefe im Frühjahre datirten alle -Briefe aus einem kleinen Orte an der Ostsee, welcher -aber in Ludwigs Atlas von dem Sohne des Försters -durchaus nicht zu entdecken war. Er hielt sich daselbst -beim Gastwirth auf, der sein Haus ausbauen ließ, und -noch längere Zeit Arbeit für ihn haben würde. Wie -dieses Verhältniß Ludwigs ehrgeizige oder liebevolle Pläne -fördern konnte, war schwer zu ergründen; nach der -Mutter Meinung hätte er da, in dem armen kleinen -Orte, als welchen er ihn selbst bezeichnete, nur bescheidener -in seinen Wünschen werden müssen. –</p> - -<p>So verstrich ein Jahr unter Hoffen und Fürchten. -Zu Weihnachten war wieder eine bedeutende Sendung -schöner Sachen angekommen: Kaffee, Zucker, Gewürze, -selbst schöner Wein, aber die Mutter ließ den Ueberfluß -für kommende Zeiten liegen und blieb bei ihrer einfachen -Lebensweise. – Als der Frühling wieder erschien, wurde -ihr sehr bang um's Herz, denn die Briefe ihres Sohnes -blieben ganz aus; vergebens hatte sie gehofft, zu ihrem -Geburtstage, den Ludwig stets als Festtag betrachtet hatte, -durch Nachricht, vielleicht gar seines baldigen Kommens -erfreut zu werden, aber die Blumensträuße, welche ihre -alten und jungen Freundinnen ihr gebracht hatten, verwelkten, -ohne das Gesicht der Gefeierten im Lichtglanze -der Freude gesehen zu haben.</p> - -<p>Als dieser qualvolle Zustand einige Monate gedauert -hatte, wurde Frau Schmidt heiterer, sie lächelte -wieder, wurde sehr thätig – in ihrer Herzensangst hatte -sie oft, die Hände in den Schooß gelegt, dagesessen – -ging auch nach dem Gottesdienste eines Sonntags in -das Pfarrhaus zum Besuch, mit einem Worte, sie schien -ganz aufzuleben. Aber man sollte noch Ungewohnteres, -als Besuche in der Stadt, an ihr erleben; zuerst kam die -Reihe des Erstaunens an die Försterin, welche gebeten -wurde, die Ziegen und Hühner der alten Frau bei ihrem -Vieh aufzunehmen, und dann und wann so gütig zu -sein, einen Blick nach ihrem Heimwesen zu werfen, weil -sie es verlassen müsse. Eine innere Stimme ermahne -sie beständig, ihren Ludwig aufzusuchen, der in Noth -wäre, sie sei dazu entschlossen, und schon am nächsten -Tage solle die Reise angetreten werden. – In aller -Frühe des folgenden Morgens brach sie auf, und mancher -der Vorübergehenden blieb an diesem Tage dem Hause -gegenüber stehen, und dachte darüber nach, was es wohl -mit den verschlossenen Laden für eine Bewandtniß haben -könnte. Es wurde auch von einer entschlossenen Frau -daran geklopft, die Schmidt konnte ja heftig erkrankt -sein und hülflos daliegen, es antwortete aber weder ein -Wort noch ein Seufzen, und kopfschüttelnd ging die gute -Frau ihrer Wege. Dies geschah im Juni. Zwei Monate -vorher hatte auch Ludwig eine Reise angetreten, -aber ehe ich sage wohin, muß ich erst von <em class="ge">Pranbeck</em> -reden, und von der Zeit, die Ludwig darin verlebte.</p> - -<p>Als er vor fast anderthalb Jahren nach der, von -dem Kirchdorfe Pranbeck ungefähr fünf Meilen entfernten -größeren Hafenstadt wandern wollte, und in das Gasthaus -des kleinen Ortes trat, war er so recht zerfallen -mit der Welt, die so viel des Lockenden und Reizenden -für ihn hatte, es ihm, wie er meinte, höhnisch vorhielt, -und, so oft er die Hände darnach ausstrecken wollte, -schnell entzog. Selten hatte er etwas Vollkommenes -gefunden, besonders in den letzten Jahren: war der -Meister gut, so taugten die Gesellen nichts; fand er -Gelegenheit viel zu verdienen, so war die Familie seines -Vorgesetzten entweder aufgeblasen oder gar zu ungebildet, -so daß er sich nicht mit ihr befassen konnte. Ging er -in diesem letztern Falle seinen eigenen Weg, so fehlte es -wieder nicht an bornirten Versuchen, sich über ihn lustig -zu machen. Nein, dies Beugen und Fürliebnehmen war -zu unausstehlich, und wurde ihm immer lästiger! Hätte -er es nur verstanden Geld zusammen zu scharren wie -diese Pilze, deren Herz gegen jedes gute Gefühl durch -einen Harnisch geschützt war, diese Schwämme, die alles -in ihrer Nähe Befindliche gewissenlos aussaugen, und dann -wohlgefällig auf ihre magern Nachbarn herabblicken, ja -dann, dann konnte er zeigen, wie der Hausstand eines -christlichen Handwerkers eingerichtet sein müsse, wie man -sich den Lernenden, Helfenden gegenüber zu betragen -habe. – Freilich, beschränkte Menschen, das stand fest, -würde er nie in seine Werkstatt aufnehmen, sondern nur -solche, deren tüchtiger Verstand sich gleich durch ein anständig -freies Wesen bekunde, was auf den ersten Blick -von der tölpelhaften Selbstgefälligkeit einfältiger Menschen -zu unterscheiden sei. –</p> - -<p>So ungefähr dachte und sprach Ludwig, der Sohn -der demüthigen, zufriedenen Wittwe im Waldhause, mit -dieser Neigung die gesellschaftlichen Zustände von ihrer -trübsten Seite aufzufassen und zu verurtheilen, sah er -zum ersten Male das Meer in seiner unabsehbaren Ausdehnung. -Es machte einen tiefen Eindruck auf ihn, -aber keinen guten, es half nur in seiner ihm unverständlichen -Größe seine Ansichten befestigen. Es war -ein trauriger Tag, als Ludwig zum ersten Male an -einer Küste stand, der Wind stürmte seewärts auf ihn -ein und trieb die schäumenden Wogen, dunkel wie der -wolkenbedeckte Himmel, stürmisch gegen den niedern Hügel, -von dessen Rücken er in das unruhige Element -schaute. »Ja,« sprach er bei sich selbst, »Woge auf -Woge, Tag auf Tag! Es ist alles einerlei, Seelen- und -Geschickeszwang und Zwang in der Natur, Niemand -und Nichts kann gegen sein Verhängniß; kann er Gefallen -daran finden, der liebe Gott im Himmel, wie die -Mutter sagt?« –</p> - -<p>Ein verächtliches Lächeln entstellte sein sonst hübsches -Gesicht, und er drehte dem Meere den Rücken, um -ein Obdach zu suchen.</p> - -<p>Nun ist Pranbeck zwar nur ein kleiner Ort, und -auch kein sehr wohlhabender, aber ein stattliches Gasthaus -befindet sich doch da, und ein ebenso stattlicher Wirth, -ein ganz gewandter Mann, dessen Bildung auch für ein -Hôtel ausgereicht haben würde, darin. Als Ludwig -durchnäßt, denn es hatte den ganzen Morgen geregnet, -auf seiner Schwelle erschien, beging er nicht den Mißgriff, -ihn in die ordinaire Gaststube nach dem Hofe hinaus, -wo Knechte, Boten, lotterige Handwerksburschen -und dergl. placirt wurden, zu verweisen, sondern er -führte ihn mit einigen freundlichen Worten des Bedauerns -ob des schlechten Reisewetters in das behagliche -Zimmer, wo Landherrschaften und die Honoratioren des -Dorfes sich häufig des Abends zu versammeln pflegten, -das des Tages aber in der Regel nur ganz flüchtige -Besuche Solcher empfing, die nicht ausgehen konnten, -ohne im Wirthshause die Frage: Was giebts Neues? -auszusprechen, und ein Gläschen zu trinken. Selten -kamen Reisende anderer Art, als die Genannten, nach -Pranbeck, daher mochte es kommen, daß die Erscheinung -des für einen Handwerksburschen sehr nobel gekleideten -Fremden dem Wirthe sehr angenehm war. – Bald hatte -Ludwig seine Kleider gewechselt, etwas Stärkendes genossen -und war mit dem Wirthe in der besten Unterhaltung, -die damit endete, daß er versprach vorläufig in -Pranbeck zu bleiben, um dem einzigen Tischler des Ortes, -dem die Gesellen wegen seiner zänkischen Hausfrau allzuschnell -davon liefen, zu helfen und die obere Etage des noch -unvollendeten Wohnhauses mit den nothwendigen Tischlerarbeiten -zu versehen. Dabei wurde gleich abgemacht, -daß Ludwig im Gasthause selbst und nicht bei dem Meister -wohnen solle. –</p> - -<p>So weit war Alles gut, aber das Schlimme lauerte -dahinter. Nicht daß Ludwig ein Schlemmer wurde, und -wie so mancher tägliche Besucher des Gasthauses, dem -Laster des Trunkes fröhnen lernte – er fühlte einen -Abscheu vor solcher Verirrung, er wendete sein Auge weg, -wenn so ein lallender, schwankender Mensch versuchte -Witze zu reißen oder zu beweisen, daß er wirklich nur -»angetrunken sei, nur genippt habe!« – Eine solche -Erniedrigung war für ihn nicht zu befürchten, seine -Mutter dachte kaum daran; Ludwig war ja stolz, wie -konnte er sich zum Gegenstande des Ekels, des Spottes -herabwürdigen! –</p> - -<p>Der Wirth war ein reicher Mann, er hatte Felder -und Wiesen, Haus und Hof, und ein reich versorgtes -Waarenlager, da er das Recht hatte Handel zu treiben. -Sein Verkehr als Handelsmann war ganz großartig, -doch wußten nicht Viele genau darum, er ging meist in -der Stille der Nacht vor sich, aber dafür war er desto -ergiebiger. Nach kaum einem Monate war Ludwig Mitwisser -dieses geheimnißvollen Verkehrs, und wenige Wochen -später Compagnon des Wirthes. Nun wurde der Ton -zwischen beiden Männern noch verbindlicher und das -nächtliche Geschäft noch gewinnbringender, denn Ludwig -war höchst thätig, umsichtig und kühn, gerade ein solcher -Mann, wie er für den Wirth paßte, und dieser war die -Freundschaft selbst gegen ihn.</p> - -<p>Zum ersten Male hatte es nun Ludwig so, wie er -es wünschte: einen gescheuten, aufgeklärten Vorgesetzten, -achtungsvolle Behandlung, Anerkennung seiner Fähigkeiten -und Leistungen, und reichlichen Gewinn. Dennoch -sah er nicht aus wie ein Mensch, über dem die Glückssonne -strahlt; er war viel schweigsamer geworden, sein -Blick hatte an Offenheit verloren und über sein Gesicht -flog oft etwas dem Argwohn ähnliches; sein durchdringender -Blick schien dann zu fragen: wer wagt es, mein -Thun und Lassen zu beurtheilen? Ich, ich allein bin -Herr meiner Entschlüsse und Handlungen!</p> - -<p>Pranbeck liegt ganz nahe an der Grenzlinie, und -der Wirth war durch kühn getriebene Schmuggelei reich -geworden. Aus Zuneigung zu Ludwig, wie er sagte, -hatte er ihm gezeigt, wie leicht man es dahin bringen -könne, die oft langweilige Berufsarbeit nur <i>pro forma</i> -zur Hand zu nehmen, wenn man nämlich nur genug -Entschlossenheit besitze, mit einigen Vorurtheilen zu brechen. -Und dann hatte der Wirth ihm in fließender Rede auseinander -gesetzt, wie ungerecht die Besteuerung der ausländischen -Produkte sei, das arme Volk müsse sie fast -ganz entbehren, mäßig Begüterte sie mit äußerster Einschränkung -genießen, während man höher hinauf damit -schwelge und sie verprasse. In solche Behauptungen -stimmte nun zwar Ludwig nicht mit ein, aber in ihre -Consequenzen, er vergaß die Worte: »seid unterthan der -Obrigkeit, die Gewalt über euch hat,« und »gebet dem -Kaiser, was des Kaisers ist,« – und ward Schleichhändler -wie sein Verführer.</p> - -<p>Die Geschäfte gingen nach Wunsch, denn von den -drei Officianten, welche in Pranbeck stationirt waren, -drückten zwei ihre Augen bei den nächtlichen Affairen -des Wirthes zu, denn dieser wußte ebenso gut zu zahlen -wie zu sprechen, und der Dritte war schon ein älterer -Mann, der leicht zu täuschen war. Bald war Ludwig -so gut bei Kasse wie nie vorher, daraus erklären sich -seine Hoffnungen, Briefe und Geschenke nach Waldhaus.</p> - -<p>Etwas länger als ein Jahr mochte Ludwig in -Pranbeck sein, als bei furchtbaren Aequinoctialstürmen -ein Schiff in der Nähe des Oertchens strandete. Die -Mannschaft rettete sich, und die reichen Waaren, die -es trug, wurden glücklich im Wachthäuschen auf einem -Küstenvorsprunge und dem daneben stehenden Wachtthurme -geborgen. Das Schiff gehörte einem Lübecker Kaufmanne -und war in einer Anstalt versichert, die einen Agenten -in der Provinzialhauptstadt hatte. Dieser, schnell benachrichtigt, -war selbst bei der Bergung zugegen gewesen, -hatte die Bekanntschaft des zuvorkommenden Wirthes und -auch Ludwigs gemacht, der bei dem Unglücke sich sehr -muthvoll und menschenfreundlich bewiesen hatte. Am -Tage nach des Agenten Abreise sollten die Sachen auf -schon bestellte Wagen gepackt und ihm nachgeschickt werden.</p> - -<p>Die nun hereinbrechende Nacht wurde verhängnißvoll -für Ludwig. –</p> - -<p>Der Wirth war am Nachmittage schon äußerst splendid -mit Wein gewesen, aufgeregt war man ohnehin von -den Begebenheiten. Man redete viel von Muth, Recht -und lächerlicher Peinlichkeit, und endlich stand so viel -fest, daß, wer es wage die geborgenen Sachen sich zuzueignen, -einen Hauptstreich ausführe, der ersprießlichere -Folgen haben werde, als die Arbeit von wenigstens -zwanzig Jahren, und der Verlust sei nur der der Versicherungsgesellschaft, -komme auf Niemanden eigentlich -merklich.</p> - -<p>Ludwig stand auf und wollte der Versuchung entfliehen, -sein Zimmer aufsuchen, aber dort war es ihm -zu eng, er hüllte sich dicht ein und ging zum Dorfe -hinaus, wo das Rauschen des Meeres – ein wunderlicher -Sirenengesang! – ihn zog und lockte, bis er am -Strande stand.</p> - -<p>Weithin ringsum hörte man nichts anderes als -Wind und Wasser, und wäre auch ein leises Geräusch -entstanden, es wäre ungehört erstorben in diesem unnachahmlichen -Zwiegespräch. Da kam der Wirth mit seinem -Knechte in der Dunkelheit daher, auch die beiden ungetreuen, -eidbrüchigen Grenzbeamten folgten. Sie schritten -so eilig dem alten Wachtthurme zu, als beflügle der -Pflichteifer ihre Schritte, als seien sie so ganz sicher, auf -richtigen Wegen zu gehen. Ludwigs Blut pulsirte heftig, -er sollte Mitwisser dieses Unternehmens werden, halber -Theilnehmer, und keiner Gewinn davon haben, wo so -großer Gewinn zu hoffen war? Es kostete dem Wirth -nur wenige Worte und Ludwig ging mit ihm. Es war -freilich eine That, die er nie, selbst nicht in Zukunft -seinem Weibe vertrauen durfte, aber für seine Ueberwindung -zahlte sie auch mit dem eigenen Herde!</p> - -<p>Nur eine Schwierigkeit war bei der Geschichte zu -fürchten, und das war die mögliche Widersetzlichkeit des -Wächters. Zwar war er ein bequemer Mann und hatte -bei der Schmuggelei oft seine Hand zur Hülfe geliehen, -aber hier war's gefährlich für ihn, und wenn er sich -weigerte, gemeinschaftliche Sache mit ihnen zu machen, -dann mußte man auf den Fang verzichten. Es war, -wie man gefürchtet hatte, der Wächter war unbestechlich. -Vergebens waren all die glatten Worte des Wirthes, -der Plan schien dem Alten zu handgreiflich: ohne Zuchthaus, -meinte er, könnte das unmöglich enden.</p> - -<p>Der Knecht erhielt von seinem Herrn einen Wink -und begab sich wieder nach Pranbeck zurück, die Uebrigen -schienen ihre verbrecherischen Wünsche aufgegeben zu haben, -der Wirth schmollte zwar etwas, nahm aber die Einladung -zu einer Parthie Landsknecht an, und setzte sich -zum Spiele an den Tisch.</p> - -<p>»Halt!« rief er plötzlich nach einer Weile, »ich habe -einen unbezahlbaren Einfall. Wir wollen unsern Aerger -hinunterspülen. Einen Bohrer her!«</p> - -<p>»Wozu?« fragte der Strandwächter.</p> - -<p>»Sollt schon sehen, altes Hasenherz. Wo ist der -Schlüssel zur Remise?«</p> - -<p>»Gut verwahrt,« erhielt er lachend zur Antwort.</p> - -<p>»Keine Dummheiten!« schalt Jener, »glaubt Ihr -denn, wir werden Euch wider Willen die Sachen wegnehmen, -die Ihr nicht theilen wollt? Nein, das führte -höchstens zu einem Jahre Wolle spinnen in Gesellschaft, -aber wir wollen die hübschen Fäßchen ein Bischen erleichtern, -und Eure Gesundheit in gekapertem Weine -trinken.«</p> - -<p>»Geht doch nicht an,« wehrte der Alte, »'s ist gleich -zu merken, sie brauchen bloß das Faß anzurühren, so –«</p> - -<p>»Giebts denn kein Wasser in der Welt mehr?« -unterbrach ihn der Wirth lachend, »nur einen Bohrer -her, für das Uebrige werde ich sorgen.«</p> - -<p>Der Wächter, nach dem verführerischen Getränke -lüstern, war's zufrieden; bald war Wein in Fülle da, -und von Neuem begann ein lästerliches Trinken und -Durcheinandergerede schlechter Dinge. Ludwig war nur -Zuschauer dieser Scene geblieben; das, was er hörte, -war ihm ekelhaft, er hätte dies gern gesagt, oder durch -sein Entfernen angedeutet, aber er merkte, daß der Wirth -noch etwas im Schilde führte, sah deutlich seinen Triumph, -als der Wächter, von dem reichlich genossenen Weine -betäubt und verwirrt, allmählig ein albernes Gewäsch -zu reden anfing, in welches der feine Wirth lustig mit -einstimmte, dann mit übersichtigen Augen, wie im Traume, -bald hier, bald dorthin starrte, und endlich sich in die -Ecke lehnte und einschlief. Jedenfalls wollte er abwarten, -wie die Geschichte sich noch entwickeln würde.</p> - -<p>»Das hat Mühe genug gekostet,« flüsterte der Wirth -und deutete auf den Trunkenen, der von seinen Sinnen -nicht wußte, »aber nun schnell, Johann wird längst mit -dem großen Wagen draußen halten; ich wußte, wie es -kommen würde, und habe meine Vorkehrungen getroffen. -Hier ist der Schlüssel, ich stecke die Laterne an und -komme nach.«</p> - -<p>Ludwig stand noch da, ohne sich zu regen. Ein -Rest der alten Gesinnungen war noch vorhanden, eine -Scheu warnte ihn, nicht ein so großes Uebel zu thun -und wider den Herrn seinen Gott zu sündigen. –</p> - -<p>»Alle Mann heran!« scherzte frohlockend der Wirth, -und rieb sich die Hände, »das giebt einen köstlichen -Spaß!«</p> - -<p>»Aber,« wendete Ludwig ein, »Kraaß wird natürlich -Alles erzählen.«</p> - -<p>»Bewahre!« entgegnete der Andere, »wir rühren -hier im Thurme nicht das Mindeste an. Wenn er morgen -aufwacht, wird's sein, daß man ihn, entsetzt über -den leeren Speicher, herausdonnert. Jeder Mensch wird -dem verschlafenen, alten Säufer die Unschuld gleich an -der Nase ansehen, und er wird sich hüten, die auf Verdacht -anzuklagen, die als Freunde sehr vortheilhaft, als -Feinde aber sehr gefährlich sein würden.« –</p> - -<p>Ludwig betheiligte sich an dem Diebstahle. Es -wurde gleich abgemacht, daß bei der Theilung keine Gewinnstufen -stattfinden sollten, nur der Knecht mußte sich -mit einem Antheile von 50 Rthl. zufrieden erklären.</p> - -<p>Gegen 2 Uhr Nachts fuhr die erste Ladung in die -ungepflasterte Auffahrt des Wirthshauses. Ludwig begleitete -sie, um die Waaren nach Weisung des Wirthes -unterzubringen. Während dieser Zeit belud man den -schon harrenden Einspänner und berechnete, wann Alles -abgemacht sein könnte, als der Wächter laut scheltend -und fluchend vor dem Thurme erschien, und mit vielen -Schwüren betheuerte, er werde diesen Diebstahl verhindern. -Den Dieben trat der Angstschweiß auf die Stirn, -zum Glück tobte freilich das Meer, aber der Mann hatte -eine gellende Stimme.</p> - -<p>»Schweigt, Unsinniger,« sprach der Wirth drohend -auf ihn ein, »es ist zu spät, legt Euch und schlaft, Ihr -wißt von Nichts!«</p> - -<p>»Oho!« schrie der Andere, »ich weiß von Nichts? -– wir wollen doch einmal sehen!« und damit ging er -trotzig in den Thurm. Wie der Wind war der Wirth -hinter ihm her. Aber da klang es schon durch die Nacht -hin – Glockenschlag – der Alte hatte die Nothglocke -angeschlagen, einmal aber nur, dann mußte er sich beruhigt -haben, vielleicht war er in seiner Trunkenheit -umgefallen. Es wurde ganz still im Thurme. –</p> - -<p>Am andern Morgen verbreitete sich mit reißender -Schnelligkeit das Gerücht: der Strandwächter Kraaß sei -erdrosselt, und ein großer Theil der Ladung des gestrandeten -Schiffes Hieroglyph gestohlen.</p> - -<p>Einer von denen, die durchaus dieses Gerücht nicht -glauben konnten, war der Wirth in Pranbeck, und als -sich die Thatsache dennoch herausstellte, war er eifrig damit -beschäftigt zu beweisen, daß Seeleute dies Verbrechen -verübt haben müßten. Trotz seines Unglaubens und -seiner Gründe wendete sich aber der Verdacht sehr bald -gegen ihn selbst, und acht Tage nach jener schrecklichen -Nacht ward er, die beiden jüngern Grenzbeamten, sein -Knecht und Ludwig Schmidt, der bei ihm arbeitende -Tischlergesell, auf einem Wagen nach der nächsten Kreisstadt -eskortirt. Die Gefangenen waren gefesselt und -zwei Gensdarmen begleiteten sie.</p> - -<p>In dieser Zeit war es, als die alte Mutter im -Waldhause so vergeblich und unruhig auf einen Brief -von ihrem Sohne wartete. In dieser Zeit beugte sich -auch ein Mensch, der lange Zeit mit seinem Gotte unzufrieden -gewesen war, und ihn gemeistert hatte, mit -durchgreifender Zerknirschung tief, tief in den Staub. -Gleich in dem ersten Verhöre hatte er seine Schuld gestanden; -vom Morde wußte er nichts. Das mußte aber -erst erwiesen werden; zwei der andern Gefangenen gingen -gerade so weit wie Ludwig, des Diebstahls bekannten sie -sich schuldig, des Mordes nicht, und der Wirth und sein -Knecht wollten anfangs sogar von gar keiner Schuld -wissen, die gefundenen Sachen waren rechtmäßig erworbene -Lagervorräthe, alle erschwerenden Umstände des Verdachtes -beklagenswerther Zufall. –</p> - -<p>In seiner einsamen Zelle erschienen Ludwig am -Tage und in den langen schlaflosen Nächten liebliche -und doch so schmerzenbringende Bilder. Seine Jugendzeit, -das stille, heimische, so oft verachtete Haus, besonders -aber die Mutter mit ihrer reichen Liebe, ihren -Thränen und ihren tausend Opfern. Auch seine stolzen -Gedanken von früher und alle seine hohen Versprechungen -kamen zurück und sahen ihn höhnend an. Dann -hätte er laut aufschreien mögen, zu qualvoll war's, zu -schrecklich!</p> - -<p>»O Mutter, Mutter!« rief er laut. – Der -Schlüssel klirrte im Schlosse, die Thür ging auf, Ludwig -raffte sich auf vom Boden, er hatte auf den Knien -gelegen, aber er stieß einen furchtbaren Schrei aus, -verhüllte sein Antlitz und beugte es ganz hinab, daß es -nichts mehr sehen konnte, auch all sein Elend nicht -zeigte. Seine Mutter stand ja vor ihm, wirklich vor -ihm, bleich und liebevoll, weinend ihm entgegen lächelnd. -Sie streckte auch die Arme aus, aber wie hätte er es -wagen dürfen, dahinein zu sinken, er, der Verbrecher im -Kerker, in die Arme dieser Mutter!</p> - -<p>Aber hatte der Anblick die Mutter denn getödtet? -Er hörte ja nichts von ihr, kein Wort, keine Bewegung. -Er mußte es wagen, seine Augen zu ihr zu erheben. -Da lag sie auf ihren Knien, und ihre Hände und Blicke -und ihr ganzes Herz waren nach oben gerichtet, und -ihre Lippen bewegten sich ganz leise. Da das der Sohn -sahe, wand er sich kniend zu ihr hin und reichte ihr die -heilige Schrift, wie sie da aufgeschlagen gelegen hatte, -und deutete mit dem Blicke auf eine Stelle, die er täglich -wohl hundert Mal gelesen und immer wiederholt -hatte. Und die Mutter warf nur einen Blick hinein, -und dann sprach sie laut und klangvoll, daß das Herz -des Sohnes erbebte: »Herr Gott, Dich lobe ich; dieser -mein Sohn war todt und ist wieder lebendig geworden, -er war verloren und ist wieder gefunden worden!«</p> - -<p>Ludwigs Abwesenheit vom Schauplatze des Verbrechens -zur Zeit des Absterbens des Alten, stellte sich -im Laufe der Untersuchung sicher heraus; er ward von -der Anklage auf muthmaßlichen Mord freigesprochen. -Anders war's mit dem Diebstahle, den er selbst eingestanden, -dafür wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus -verurtheilt, die er, begleitet von seiner Mutter, die sich -nie wieder von ihm trennen wollte, abbüßte. Die alte -Frau, vom Untersuchungsrichter empfohlen, fand in der -Familie eines Strafanstaltsbeamten ein Unterkommen als -Kinderwärterin und durfte täglich ihren Sohn sehen, -auch mit ihm Morgens und Abends in dem großen -Betsaale des Zuchthauses ihr Gebet mit dem seinigen -vereinigen.</p> - -<p>Als die Strafzeit zu Ende war, kehrten Mutter -und Sohn in die Heimath zurück. Ludwig konnte nach -den Gesetzen der Innung nicht Meister seines Gewerkes -werden, aber er fand dennoch allerlei Beschäftigung und -viel weniger hartes Urtheil, als man gewöhnlich über -Gefallene hört. Sein stilles Wesen, sein Fleiß, seine -Kindesliebe, und vor Allem seine Demuth und Anspruchslosigkeit -söhnten die Menschen mit ihm aus, und seine -Mutter fühlte sich so glücklich in seiner Gesellschaft wie -nimmer zuvor. –</p> - -<p>»Lebt sie noch?« fragte Cäcilie.</p> - -<p>»Nein,« antwortete Julchen, »aber Du kennst den -Sohn ganz gut, es ist der Missionsbote für unsern -Kreis.« –</p> - -<p>»Schmidt?« fragten die Mädchen verwundert.</p> - -<p>»Ich habe ihn ja immer bei seinem Namen genannt,« -erwiederte Julchen lächelnd.</p> - -<p>»Es giebt viele dieses Namens, aber nun weiß ich, -wovon er es versteht, so wunderschöne ausgelegte Kästchen -zu verfertigen,« meinte Ida.</p> - -<p>»Und warum er, der geschickte Mann, diese Beschäftigung -erwählt hat,« setzte Cäcilie hinzu. »Ja, wie -viele Menschen würden wir mit ganz andern Augen ansehen, -wenn wir ihre Geschichte so genau kennten.«</p> - -<p>»Und ihr Herz,« sprach ich leise.</p> - -<p>»Das gehört ja zusammen,« erwiederte sie nachdenklich, -»ich glaube wenigstens.« –</p> - -<p>Ein unerhört langer Brief. Ich habe mehrere -Abende daran geschrieben, that es aber recht gern. Schade -daß Du die Augen nicht dazu siehst, die mir dabei oft -vorschwebten. In diesen Augen spiegeln sich treu alle -Gefühle: Besorgniß, Trauer, Hoffnung, Beifall, Andacht, -nur eins sah ich noch nicht darin, werde es auch -wohl nie sehen. Zuweilen senken sich auch diese Augen -beharrlich, dann möchte ich erst recht wissen, was sie zu -verbergen sich bemühen. – Lebe wohl.</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Am 6. März.</h2> - -<p>Dank für Deinen lieben Brief, besonders für die -Stelle, welche meine Frage so schön beantwortet. Gemeinsames -Streben also, Ein Zier, Ein Glaube, Eine -Liebe, Eine Hoffnung verwischen alle sonstige Verschiedenheit -und bedecken der Flecken Menge. Ein Streben -– ja das ist vorhanden, zur höchsten Klarheit, aber -Glaube, Liebe, Hoffnung, darin erscheint sie mir vollendet, -und ich bin nur ein schüchterner Anfänger darin; -es ist nicht unmännlich, die Wahrheit zu gestehen, sie -mag heißen, wie sie will. –</p> - -<p>Ich werde jetzt stark in Versuchung geführt, etwas -zu wagen: unser elterliches Haus soll verkauft werden, -aber es ist nur eine Versuchung Unruhe und Schmerzen -hervorzurufen, ich will mich davon losreißen. – Dienstag -über acht Tage werde ich abreisen, dann fährt der -Graf nach Berlin und ich mit ihm. Vielleicht ist dies -also der letzte Brief aus Burgwall, er soll Dir innige, -treue Grüße bringen. –</p> - - -<h3 class="datum">Den 15. März.</h3> - -<p>Der Brief liegt noch, die letzte Zeit war voller -Unruhe, nun will ich aber unsere Burgwaller Correspondenz -schließen. Auf morgen früh ist die Abreise festgesetzt, -der Koffer ist gepackt und die leidigen Visiten -sind überstanden, nur Bernwachts und Julchen habe ich -noch aufgespart, die sind für sich. – Cäcilie ist seit -einiger Zeit leidend, möglich, daß ich sie nur noch auf -Augenblicke sehe. Ich liebe das junge Mädchen, Pauline, -es ist keine Phantasie, keine Passion, es ist ein -unwiderstehlicher Zug des Herzens, der mich an sie fesselt, -ich fühle das jetzt mit einer Klarheit, die mir den Abschied -sehr schwer, aber ganz unumgänglich nothwendig -macht. – Das Kind ist so zart, wenn sie stürbe! Ich -zittere bei dem Gedanken. Wüßte sie, daß ich leide, -dann würde sie traurig werden, trauriger muß ich sagen, -denn in ihrem leidenden Zustande sieht sie matt und -angegriffen aus, auch seelenmatt, sie lächelt viel seltener -als sonst, aber ihr würde auch unheimlich dabei, denn -sie kennt ja keine Liebe, die Schmerzen bereitet. Sie sei -Gott empfohlen, Seine Engel werden sie beschirmen. –</p> - -<p>Ich werde nun in die Stadt gehen, auch auf den -Friedhof, und will für Dich ein Epheublatt mitbringen -vom Grabe der Mutter. –</p> - -<p>Sobald ich kann, werde ich Dich aufsuchen. Die -Zukunft sieht mich allzuschaal und nüchtern an, kaum mag -ich an sie denken. Lebe wohl!</p> - -<p class="si"><span class="ge">Justus.</span></p> - - - - -<h2 class="datum">Berlin, den 20. März.</h2> - -<p>Du wirst es gleich diesen Schriftzügen ansehen, daß -etwas Großes mit mir geschehen ist, nicht wahr, Schwesterherz? -Falte Deine Hände und bete für Deinen -Bruder, mein Herz ist nicht im Stande, allein dem Herrn -die heiligen Opfer darzubringen, die ihm gebühren, Du -mußt helfen dabei! Sei auch nicht unwillig, wenn ich -ungewöhnlich spreche, es ist ja nur Dir gegenüber, wo -das Herz und der Mund klingen dürfen, wie sie wollen, -die Welt hört nichts davon und ich kann ja nicht -anders.</p> - -<p>Ich schrieb Dir traurig zuletzt, – da auf den vorigen -Seiten steht es noch – und beklemmten Herzens -ging ich zu Bernwachts hinab.</p> - -<p>»Cäcilie ist krank,« flüsterte mir Burga zu, als ich -mich dem Hause näherte, »Du mußt ja leise gehen, und -die Thür nicht so hastig aufmachen, sie ist so schreckhaft.«</p> - -<p>»Sie hat das Fieber,« setzte Berga hinzu, »Mama -meint, sie fiebere.« – »Nein,« widersprach die Andere, -»sie hat ein Herzleiden. Vorhin war ich oben bei ihr, -und wir sprachen ganz ruhig, ich sagte, das Wetter wäre -so schön zu Deiner Reise, da sah ich, daß sie die Hand -auf die Brust legte. Thut's da weh? fragte ich, da sagte -sie: nein, aber es klopft viel heftiger, als es soll und, -darf. Nach einer ganzen Weile sagte sie erst: so, nun -ist es gut.«</p> - -<p>Mit Schrecken gedachte ich ihrer stets sehr zarten Farbe -und in letzter Zeit war sie wirklich auffallend blaß gewesen. -Die Mutter begegnete mir auf dem Flur, ich fragte gleich -nach Cäcilien und erhielt tröstliche Nachricht. Es sei -durchaus nichts von Bedeutung, sie sei auch unten im -Wohnzimmer. So war es auch. Ich fühlte mich nicht -behaglich, der Abschied lag mir wie eine Bürde auf -dem Herzen, daher brach ich früh auf. Alle sprachen -liebe Worte, auch Cäcilie reichte mir ihre liebe Hand -und sah mich lange sanft und freundlich an. »Sie -wollen ja nicht wieder kommen,« sagte sie, »nun will -ich mir schon Ihre Züge recht einprägen. Sie sind stets -gütig gegen mich gewesen.«</p> - -<p>Ich küßte ihr schweigend die Hand und ging dann -zu Julchen und nahm Abschied von den Gräbern.</p> - -<p>Als ich zurückkehrte, sah ich in Cäciliens Zimmer -helles Licht, ich wußte ganz bestimmt, daß diese Stube -im obern Stock die ihrige war. Gern hätte ich noch -einen Schimmer ihrer Gestalt gesehn; ich harrte, da kam -sie an das Fenster und sah zum Himmel hinan, droben -aber funkelten die Sterne in wundervoller Pracht! Ich -faßte gar keinen Entschluß, ich überlegte nichts, aber ich -ging zu ihr, ich konnte nicht anders.</p> - -<p>Niemand begegnete mir, im Dunkeln fand ich mich -hin, bald stand ich vor der Thür und klopfte an: ich -durfte eintreten. Sie stand noch am Fenster, nun wendete -sie sich mir zu, ihre Hand legte sie leise aufs Herz, -dann setzte sie sich wie erschöpft, fast wankend auf den -Sopha und beugte einen Moment ihre Stirn in die -Kissen nieder. »Sie sind sehr krank,« sagte ich heftig -ergriffen. »Nein,« erwiederte sie, »nur sehr schwach, und -ich verdiene diese Strafe vollkommen.«</p> - -<p>»Welche?« fragte ich. »Daß Sie mich so sehen.« -Ich verstand sie nicht. »Ich bin sehr heftig,« fuhr sie -fort, »die erste große Versuchung, die der Herr mir schickt, -zeigt mir meine gänzliche Hülflosigkeit, aber im Bekennen -wächst die Kraft, so, nun wird es besser!«</p> - -<p>Sie richtete bei diesen Worten ihren Blick mit Begeisterung -auf ein Bild ihr gegenüber, ich folgte und -war versucht an Wunder zu glauben; das Christusbild -aus meiner Mutter Kabinet war Cäciliens Eigenthum!</p> - -<p>»Ich kenne den Grund Ihrer Selbstanklagen nicht,« -sprach ich mit tiefer Erregung, »ich kann nicht ahnen, -was Sie so tief bewegt, aber Sie sollen wissen, mit -welchem Schmerze ich von hier scheide; ich wollte schweigen, -aber ich kann es nicht.«</p> - -<p>Und nun erzählte ich ihr all die schönen Träume, -die mich in Burgwall umschwebt, von dem Erkerstübchen, -von all den wonnigen Phantasien, die mit ihm zusammenhingen, -daß ich ihnen entsagen müßte, weil ich mich der -vollen Huld eines geliebten Wesens, welches für mich der -Inbegriff aller menschlichen Liebenswürdigkeit sei, unwürdig -fühlte, daß ihr ganzes Benehmen mir auch zeige, wie -wenig sie meine Liebe verstanden habe und erwiedere. -Jetzt sei sie leidend, eine dunkle Unruhe hätte mich getrieben, -sie noch einmal aufzusuchen, sie möge verzeihen, -um der Liebe willen, die ihr geweiht sei. Und ich verstummte -vor seligem Entzücken, entzündet an ihrem, an -Cäciliens, die mich, mich liebt. Du glaubst es nicht, -Du fragst, ob dies möglich ist; es ist durch Gottes reiche -Huld volle köstliche Wahrheit!</p> - -<p>Viel hätte ich zu erzählen von ihrer Demuth, die -von Glück sprach, von ihrer himmlischen Offenheit, die -mir gestand, wie sie bei meiner herannahenden Abreise -Blicke in ihr Herz gethan und gefunden habe, daß es -zagte, eine Oede zu werden, wenn sie fern von mir sein -würde, wie sie befürchtet, Gott müsse zürnen, daß sie sein -Geschöpf so sehr, zu sehr liebe. Und sie hat recht: bin -ich dessen würdig? – Aber nun strahlte ihr kleines blasses, -süßes Gesicht im Glanze der Verklärung: Gott war ihren -Gefühlen gnädig, er segnete sie!</p> - -<p>Wir gingen Hand in Hand hinab. Nichts von dem -allgemeinen Staunen, Du kannst Dir's denken. Die -Alten waren anfangs vor Ueberraschung stumm, Cäcilie -hing aber an ihrem Halse und Burga und Berga umarmten -mich, Therese und Ida kamen auch, da bekamen -sie die Sprache wieder und Thränen dazu, und ich erhielt -ihr Engelskind mit dem vollsten wärmsten Segen.</p> - -<p>Nur wenige Stunden war ich noch in ihrem Kreise, -hatte auch Geistesgegenwart genug an den Kauf unsers -Vaterhauses zu denken, mein <em class="ge">Schwiegervater</em>, – wie -klingt das, Pauline? ich sage Dir wie ein Segen! – -also mein Schwiegervater wird diese Angelegenheit besorgen.</p> - -<p>Zum letzten Male erstieg ich den Schloßberg. Ich -blieb oft stehen und sah gen Himmel. Gott, welcher -Reichthum droben und hier, ich staune, ich bete an, ich -bitte um Verzeihung! Mein Glück wird endelos sein, -Gott hat es mir gegeben; es ist auch ein solches, welches -noch wachsen wird, denn Er wird es pflegen und behüten, -ich fühle es.</p> - -<p>Am nächsten Morgen verkündigte ich dieses Glück -der gräflichen Familie und empfing ihre freudigen Glückwünsche, -dann nahm ich Abschied von der verehrten Frau, -und bald lag Burgwall hinter mir, aber trotz Abschied -und Ferne, damals und jetzt, erhebe ich meine Hände -und mein Herz hinan zum Himmel, Ihm Dank und -Preis darzubringen, der so Großes an mir gethan hat; -der meiner Seele half, als sie rang nach dem neuen Leben, -der alle Dunkelheit und alles Bangen vernichtete, und in -seinem Liebesrath mir den Engel beigesellte, dessen lichte -Klarheit mir in Zukunft jeden Schatten von meinem -Pfade verscheuchen wird!</p> - -<p>Aber Du mußt sehen, Pauline, Du sollst und mußt -Deine Schwester bald kennen lernen. Zu Pfingsten erwarten -wir Dich bestimmt in Burgwall.</p> - -<p>Schreibe bald, grüße auch Deine edlen, alten Freundinnen, -und sei so glücklich wie</p> - -<p class="si"><span class="ge">Dein Bruder Justus</span>.</p> - -<hr /> - - - - -<h2 class="fsl lh1 mt2"><i><b>Empfehlenswerthe Bücher</b><br /> -<span class="fsxs">aus dem</span><br /> -<span class="ge fss"><i>Verlage der Agentur des Rauhen Hauses</i></span><br /> -<span class="fsxs"><b>durch alle Buchhandlungen zu beziehen</b></span></i>.</h2> - - -<p class="ce fsl">Für Frauen und Jungfrauen:</p> - - -<table class="fss mw36" summary="" border="1" cellpadding="10"> - <tr> - <td class="tdc fsl"><b>Die Pflegerin.</b></td> - <td class="tdl2">Von <span class="ge">Rosalie Sandvoß</span>. 90 S. br. 7½ Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc"><b>Grüße an die<br /><span class="fsl">christl. Mädchenwelt.</span></b></td> - <td class="tdl2">Gesammelt für kindliche Jungfrauen von einer Freundin - der Jugend. 108 S. cart. 4½ Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc fsl">Lucile.</td> - <td class="tdl2">Ein Buch für Leser der heiligen Schrift. - Von <span class="ge">Adolph Monod</span>. 332 S. br. 22½ Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc fsl"><b>Madelaine.</b></td> - <td class="tdl2">Eine Dorfgeschichte, wahren Ereignissen - nacherzählt. Von <span class="ge">Julie Kavanagh</span>. - 370 S. br. 22½ Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc fsl"><b>Hanna More,</b></td> - <td class="tdl2">auch ein Schriftstellerleben, von der Verfasserin - des »Lebens der Frau Elisabeth - Fry.« 388 S. br. 27 Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc"><b><span class="fsl">Sara Martin,</span><br />die Schneiderin.</b></td> - <td class="tdl2">Eine Lebensgeschichte erzählt von <span class="ge">Friedrich - Eckart</span>. 2. Aufl. 131 S. cart. 7½ Sgr.</td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc"><b>Vier kleine<br /><span class="fsl">Festgeschichten</span></b></td> - <td class="tdl2">auf Weihnachten, Charfreitag, Ostern und - Pfingsten. 3. Aufl. 84 S. br. 5 Sgr.</td> - </tr> -</table> - - - - -<h2 class="fsl">Hinweise zur Transkription</h2> - - -<div class="mw36"> -<p class="in0">Das Originalbuch ist in Fraktur gesetzt.</p> - -<p class="in0">Darstellung abweichender Schriftarten: <span class="ge">gesperrt</span>, <i>Antiqua</i>.</p> - -<p class="in0">Auf den Seiten 72 und 118 wurde das Währungssymbol für "Reichsthaler" ersetzt durch die -Abkürzung "Rthl."</p> - -<p class="in0">Der Text des Originalbuches wurde grundsätzlich beibehalten, mit folgenden -Ausnahmen,</p> - -<p class="ci">(Seite 21)<br /> -im Original "»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas,"<br /> -geändert in "»Mache einmal deine Augen zu, Felicitas,«"</p> - -<p class="ci">(Seite 22)<br /> -im Original "um schön zu sei, etwas zu klein"<br /> -geändert in "um schön zu sein, etwas zu klein"</p> - -<p class="ci">(Seite 22)<br /> -im Original "dreizehn und elf Jahren Burga und Berga genannt"<br /> -geändert in "dreizehn und elf Jahren, Burga und Berga genannt"</p> - -<p class="ci">(Seite 40)<br /> -im Original "Gott nahm ihn mir früh"<br /> -geändert in "»Gott nahm ihn mir früh"</p> - -<p class="ci">(Seite 41)<br /> -im Original "fuhr die Erzählerin fort,« ich will es Ihnen sagen"<br /> -geändert in "fuhr die Erzählerin fort, »ich will es Ihnen sagen"</p> - -<p class="ci">(Seite 44)<br /> -im Original "»Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind"<br /> -geändert in "Sie war dabei so erwartungsfroh wie ein Kind"</p> - -<p class="ci">(Seite 47)<br /> -im Original "und betheuerthe ich würde nur sehr ungern"<br /> -geändert in "und betheuerte ich würde nur sehr ungern"</p> - -<p class="ci">(Seite 48)<br /> -im Original "die dem Schloße zunächst liegenden Wege"<br /> -geändert in "die dem Schlosse zunächst liegenden Wege"</p> - -<p class="ci">(Seite 49)<br /> -im Original "»Ja,« antwortete ich,« gestatten Sie nur"<br /> -geändert in "»Ja,« antwortete ich, »gestatten Sie nur"</p> - -<p class="ci">(Seite 60)<br /> -im Original "»es war immer mein liebstes."<br /> -geändert in "»es war immer mein liebstes.«"</p> - -<p class="ci">(Seite 78)<br /> -im Original "»Das thue ich auch, und lasse es nun"<br /> -geändert in "Das thue ich auch, und lasse es nun"</p> - -<p class="ci">(Seite 89)<br /> -im Original "hier im Schloße bin ich bald fertig"<br /> -geändert in "hier im Schlosse bin ich bald fertig"</p> - -<p class="ci">(Seite 96)<br /> -im Original "»Wenn, Gott will – aber dem Demüthigen"<br /> -geändert in "»Wenn Gott will – aber dem Demüthigen"</p> - -<p class="ci">(Seite 98)<br /> -im Original "Du kannst darin sicherer selig werden."<br /> -geändert in "Du kannst darin sicherer selig werden.«"</p> - -<p class="ci">(Seite 124)<br /> -im Original "alle sonstige Verschiedenheit und bedecken"<br /> -geändert in "alle sonstige Verschie-schiedenheit und bedecken"</p> - -<p class="ci">(Seite 126)<br /> -im Original "»Cäcilie ist krank, flüsterte mir Burga zu"<br /> -geändert in "»Cäcilie ist krank,« flüsterte mir Burga zu"</p> - -<p class="ci">(Seite 127)<br /> -im Original "sagte sie »nun will ich mir schon"<br /> -geändert in "sagte sie, »nun will ich mir schon"</p> -</div> - -<hr /> - -<div style='display:block; margin-top:4em'>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK BRIEFE EINES MALERS AN SEINE SCHWESTER ***</div> -<div style='text-align:left'> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Updated editions will replace the previous one—the old editions will -be renamed. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Redistribution is subject to the trademark -license, especially commercial redistribution. -</div> - -<div style='margin:0.83em 0; font-size:1.1em; text-align:center'>START: FULL LICENSE<br /> -<span style='font-size:smaller'>THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE<br /> -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK</span> -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase “Project -Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg™ License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.A. 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Information about the Mission of Project Gutenberg™ -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s -goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg™ and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state’s laws. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, -Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up -to date contact information can be found at the Foundation’s website -and official page at www.gutenberg.org/contact -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread -public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine-readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. 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