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If you are not located in the United States, you -will have to check the laws of the country where you are located before -using this eBook. - -Title: Die Hexe - -Author: Wilhelm Weigand - -Release Date: September 29, 2022 [eBook #69066] - -Language: German - -Produced by: Peter Becker and the Online Distributed Proofreading Team - at https://www.pgdp.net (This file was produced from images - generously made available by The Internet Archive) - -*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE HEXE *** - - - - - - - Die Hexe - - Eine Erzählung - - von - - Wilhelm Weigand - - - - - Im Insel-Verlag zu Leipzig - - - - -An einem schönen Maimorgen des Jahres 1751 fuhr eine festliche -Gesellschaft in einem Dutzend alter Staatskutschen aus dem Falkentor -der Reichsstadt Frankenthal auf das Appental los. Es galt, der -Grundsteinlegung des Schlosses Monrepos anzuwohnen, das der -Fürstbischof Adam Friedrich von Helmstätt nach den Plänen Johann -Balthasar Neumanns für seinen Neffen, den jungen Fürsten Lothar Franz -von Weiningen, der sich just auf seiner Kavalierstour durch Europa -befand, an der Stelle eines alten Jagdhauses errichten ließ. Am -Vorabend des bedeutsamen Ereignisses war der Domherr Withold von Hutten -als Vertreter seines Herrn, der in Würzburg an der Gicht darniederlag, -mit einem würdigen Gefolge von Weltgeistlichen und bischöflichen -Beamten in Frankenthal angelangt, um die Ehrengäste auf dem Bauplatze -zu begrüßen und nach der Grundsteinlegung unter einem offenen Zelte -zu bewirten. Auf der Herreise war er in dem Wallfahrtsorte Walldürn -mit einem Sohne des kurmainzischen Oberamtmanns zu Bischofsheim, dem -jungen Freiherrn Emmerich Rüdt von Collenberg, zusammengetroffen, der -in einer Familienangelegenheit an den Hof nach Mainz ging und die -berühmte Reichsstadt nur auf der Durchreise zu berühren gedachte. Doch -das Unglück wollte es, daß der vorausfahrende Kutscher des Freiherrn, -ein gewalttätiger Bursche, in der engen Torgasse gegen einen Prellstein -fuhr und die Achse seines Reisewagens brach. Der junge Herr gab dem -Tölpel einen Fußtritt; aber er mußte sich, trotz aller Eile, wohl -oder übel entschließen, bis zur Ausbesserung des Schadens in der -Stadt zu verweilen, und der Domherr zeigte sich hocherfreut, unter -den zahlreichen Gästen einen Bekannten zu wissen, dessen Späße ihm -die Fahrt kurzweilig gemacht hatten. Der junge Fant machte kein Hehl -aus seinem Wesen: er war für den Hofdienst in Mainz bestimmt; er war -in Venedig und in Paris gewesen, und was er von dem Leben der guten -Gesellschaft an diesen Lustorten der höhern Welt zu erzählen wußte, -ließ die kleinen Äuglein des beleibten geistlichen Herrn bei der -Erinnerung an dieses festliche Treiben immer wieder erglänzen. -- - -In der ersten Festkutsche fuhr der Domherr mit dem Bürgermeister Adam -Lienlein und zwei geistlichen Herren, dem katholischen Dekan Lotter und -dem evangelischen Propst Veit Schlegelmilch, einher; in einer zweiten -folgte die Bürgermeisterin mit den Gattinnen dreier Ratsherren; die -dritte Kutsche war vollbepackt mit Jugend und Schönheit: unter den -vier geputzten Mädchen, die da lachend und kichernd in den Morgen -hineinfuhren, saß ein blondes elfenhaftes Wesen, die Tochter des -verstorbenen Oberförsters von Weiningen, Babette Glock, aufrecht wie -eine junge Königin auf dem Rücksitz und wechselte schelmische Blicke -mit dem Junker Emmerich Rüdt, der in französischem Reitrock neben der -bemalten Kutsche einherritt und unter seinem Federhut mit den Augen -eines glücklichen Siegers auf die zwitschernde Weiblichkeit in dem -Wagen herabsah. Je lustiger aber das Lachen der Mädchen klang, desto -finsterer blickten die jungen Herren drein, die in einem wackeligen -Gefährt hinter dem dritten Wagen einherrasselten: da saß, außer zwei -Ratsherrnsöhnen, der einzige Sohn des Bürgermeisters, Kaspar Lienlein, -der im Frühjahr von der Akademie zu Mainz nach Hause gekommen war, -neben dem neuen Stadtschreiber oder Kanzler Friedrich Lerch, den -der große Rat just am Tag zuvor erst gewählt hatte und der nun der -Bestätigung seiner Wahl nicht ohne Bangen entgegensah: denn es war, -von alters her, der Brauch in Frankenthal, daß auf einen katholischen -Stadtschreiber ein evangelischer folgte, und Friedrich Lerch war, wie -sein Vorgänger, im katholischen Glauben geboren und erzogen und zudem -kein Frankenthaler Kind. Der lustige Junker Emmerich, der hoch zu Roß -neben den jungen Demoiselles einherritt, war den jungen Frankenthaler -Herren ein Dorn im Auge: sie betrachteten den Sohn des kurfürstlichen -Amtmanns als Eindringling in ein Reich, wo die Frankenthaler von jeher -keinen Nebenbuhler zu dulden geneigt waren, und sannen mit gerunzelten -Stirnen darüber nach, welchen Possen sie dem verfluchten Windhund, der -nach Ambra und Moschus duftete, vor seiner Abreise spielen könnten. -- - -Als die Kutschen an dem Bauplatz vorfuhren, begann zunächst ein -würdiges Komplimentieren und Begrüßen, wobei sich der Junker -Collenberg wie ein frisch ausgeschlüpfter Schmetterling unter den -Gästen umherbewegte. Er küßte alten und jungen Damen die Fingerspitzen -mit einer Grazie, vor deren Leichtigkeit die jungen Frankenthaler -Herren vor Neid erblaßten, und sein dünner Zierdegen stach wie ein -Blitz in die Luft, wenn er sich auf eine Frauenhand niederbeugte, -um seine gespitzten Lippen draufzudrücken. Da der Meister Neumann -studierenshalber in Paris weilte und zurzeit dort krank zu Bette lag, -geleitete sein Gehilfe, ein in schwarze Seide gekleideter Italiener, -die Herrschaften beim Klange eines Festmarsches zu den Fundamenten, -wo der Stadtpfarrer die Weihe vornahm, worauf der Domherr von Hutten -den Bau dem Schutz der jungfräulichen Himmelsmutter, der Patronin -Frankens, anempfahl und im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit -den ersten Hammerschlag tat. Die Bürgermeisterin Lienlein, als die -erste Frau des festlichen Kreises, versenkte sodann ein versiegeltes -Dokument und eine gehäufte Schale voller silberner und goldener -Münzen in den Stein, worauf ihn die anwesenden Mädchen mit den ersten -Rosen des Jahres bewarfen. Während von den Ehrengästen jeder sein -Hammerschläglein tat, bliesen vier Hornisten, die abseits auf einer -Wiese standen, einen Choral und stimmten sodann einen Marsch an, als -die Gesellschaft in feierlicher Stimmung nach dem Zelte aufbrach, wo -eine schweigende Dienerschaft in der bischöflichen Haustracht um die -geschmückte Festtafel bereitstand. Der Domherr von Hutten gedachte, -seinen jungen Reisefreund bei Tisch in seine Nähe zu ziehen; aber -der Fant zog es vor, sich an das andere Ende, zu den jungen Mädchen, -zu setzen, von wo sofort, als die Diener süßen Wein in spitzen -Gläsern reichten, helles und dunkles Lachen wie ein vielstimmiges -Glockengeläute über die festlich schimmernde Tafel hereinbrach. - -Das elfenhafte Fräulein Babette Glock saß anfangs schweigend und wie -von innerem Glücke glühend unter ihren Freundinnen da. Sie hielt ihre -Augenlider gesenkt; aber wenn sie ihre großen blauen Augen aufschlug, -ging ein Leuchten über ihr Gesicht und blieb als Lächeln stehen, wenn -ihre Blicke zu dem Kanzler Friedrich Lerch hinüberschweiften, auf -dessen ernstem Gesicht der Abglanz seiner künftigen Amtswürde lag. -Der Junker Emmerich aber führte das große Wort; er behauptete, die -zierlichsten Füße der Welt habe er in Frankenthal zu Gesicht bekommen, -und als endlich, gegen Ende der Festmahlzeit, einige besonders edle -alte Weine aus dem ehrwürdigen Juliusspitalkeller in die Römer flossen, -erklomm die Lustigkeit des jungen Freiherrn, der sich unter den -lachenden Frauen mehr und mehr als Hahn im Korbe fühlte, die höchste -Staffel. Beim ersten Anstoßen mit dem schweren Tranke neigte er sich zu -seiner Nachbarin und raunte ihr eine leise Mitteilung ins Ohr. Babette -Glock hielt den Blick gesenkt, während ihr Nachbar sein Geheimnis -preisgab, und nahm die Miene eines erstaunten Kindes an, als sie mit -sanftester Stimme entgegnete: „Ich kann es fast nicht glauben, daß der -Herr nur dieser Sache wegen nach Mainz geht!“ - -Der Junker lachte und tat erstaunt: „Hat die Demoiselle von der Sache -läuten hören? Ich mache die Gesellschaft zum Richter meines Herrn -Vaters. Der ist ein Mann von Geschmack: er weiß, daß man auch zum Beten -eine würdige Umgebung braucht. Was tut er also? Er läßt einen alten -baufälligen Altar, den sogenannten Schleieraltar, abbrechen und an -den freigewordenen Pfeiler, mitten in der Pfarrkirche, eine richtige -Gebetsloge bauen, -- ~du meilleur goût, je puis l’assurer~, -- mit -Spiegeln, gepolsterten Gebetstühlen und einer bequemen Rückenlehne, --- den Vorhang nicht zu vergessen. Es soll ja vorkommen, daß die -Predigten einer hochwürdigen Geistlichkeit, besonders an gewöhnlichen -Sonntagen, hie und da einschläfernd wirken, und da wäre es, ~parbleu~, -eine böse Sache, wenn fromme alte Jungfern plötzlich sähen, daß der -würdige Mund des kurfürstlichen Amtmanns sich während der Messe oder -der Vesper zu etwas anderem öffnete als zu einem Vaterunser oder -einem Ave-Maria. Der Vorhang, der solche mißliche Blicke abhalten -soll, ist aus schwerem violettem Samt, und die rosigen kleinen Engel, -die ihn oben zusammenraffen und festhalten, von der Hand eines -Meisters: ich habe, ~parole d’honneur~, selbst in Venedig oder in -Paris, wo ähnliche Liebesengel allerdings andere Vorhänge vor anderen -Gebetstellen in Ordnung halten, keine besseren gesehen. Ich bin also -nicht nur als Sohn, sondern auch als Kenner gezwungen, meinem Herrn -Vater vollständig recht zu geben. Der hochwürdigste Herr Stadtpfarrer -Ferdinand Bingemer, ~un cafard~, ist allerdings anderer Meinung: er hat -beim erzbischöflichen Kommissariat in Mainz Beschwerde gegen unsere -Familiengebetsloge eingelegt und meinen Vater auch noch durch ein paar -Domherren, die uns, ich weiß nicht warum, nicht riechen können, wegen -anderem mehr weltlicher Art anschwärzen lassen. Und diese Sache soll -ich in Ordnung bringen, was ich auch zu tun gedenke --“ - -Schüchtern wie ein Kapellenglöcklein bemerkte Babette: „Aber es -heißt, es sei bei dem Niederreißen des Altars eine kostbare Reliquie -verschwunden.“ - -„Ah, Mademoiselle meint den sogenannten Schleier der Mutter Gottes? Es -bestand ja allerdings der Glaube, daß der Schleier der jungfräulichen -Mutter Gottes auf dem Altar aufbewahrt wurde, der unserer Gebetsloge -weichen mußte. Aber, ~mesdames~, niemand wird mich persuadieren, daß -die Jungfrau Maria einen solchen Schleier getragen hat: denn ich habe -ihn mit meinen eigenen Augen gesehen und weiß, was ein Schleier ist, -oder sein soll. Das Testament, in welchem sie, wie man sagt, den -Schleier unserer Pfarrkirche vermacht haben soll, hat noch kein Mensch -zu Gesicht bekommen, obwohl die Stadt Messina ja, wie ich auf meiner -Tour in Italien an verschiedenen Orten hörte, ein paar Briefe von -ihrer himmlischen Hand besitzen will. Dieser angebliche Marienschleier -war nämlich aus einem grauen, unscheinbaren Zeug, und ich muß sagen: -wenn ich die Mutter Gottes gewesen wäre, ich hätte einen ganz andern -Schleier getragen, aus venezianischen oder Brüsseler Spitzen, ~qui sont -si délicieuses à chiffonner~. Der verschwundene Schleier war wirklich, -wie mir die Damen glauben dürfen, zu simpel für die künftige Königin -des Himmels, und es ist nicht schade darum.“ - -Jetzt mischte sich der rothaarige Sohn des Bürgermeisters, dessen -tückische Augen vor Ingrimm funkelten, in das Gespräch: „Der Herr -sollte nicht über heilige Dinge spotten,“ zischte er mit bebender -Stimme. - -Der Junker Emmerich öffnete vor Erstaunen seinen Mund und wandte -sich an die Mädchen: „O la la! Ist der Herr am Ende Bürgermeister? -Man wird bald nicht mehr lachen dürfen. Ich hoffe jedoch, seiner -kurfürstlichen Durchlaucht eine angenehme Stunde zu bereiten, indem -ich ihr die Geschichte von dem Schleier erzähle. ~Son Altesse aime à -rire, comme tous les vrais grandseigneurs.~ Übrigens“ -- so fuhr er, -nach einem kräftigen Schluck Steinwein, zu dem Sohne des Bürgermeisters -gewandt, fort -- „haben wir uns nicht schon in Venedig gesehen? Als -ich die Gondel zur Abfahrt nach Padua bestieg -- ich wohnte mit meinem -Hofmeister in der ~Stella d’oro~ --, wurde gerade ein Reisender -verprügelt, der Ihnen aufs Haar glich. Solche Schläge habe ich noch nie -mit angesehen und, ~ma foi~, auch noch nie erhalten. Der Herr darf mir -glauben: es ist auch eine Kunst, Schläge mit Grazie einzustecken! Der -Tanz eines Knüppels erinnert mich immer an gewisse Bauerntänze, die -einer Gavotte gleichsehen wie ein Bär dem Hermelin. Sie waren es also -wirklich nicht, der seine Prügel mit solcher Würde einsackte? Das tut -mir leid -- ~pardon~, ich wollte sagen, ich bedaure ~infiniment~, daß -Sie Venedig noch nicht kennen. Eine einzige Stadt, in der man seine -blauen Wunder erleben kann! Dort wäre meinem Herrn Vater die Geschichte -mit dem Gebetstuhl nicht passiert; aber ich säße auch nicht hier in -diesem aimablen Kreise, ~où la grâce règne en maîtresse~.“ - -Die Mädchen lachten errötend, und der Sohn des Bürgermeisters wurde rot -wie ein abgekanzelter Schuljunge. - -Am obersten Tischende, wo die Ehrengäste beisammensaßen und die Gläser -tiefer klangen, hatte das Gespräch einen anderen Weg betreten: die -Herren sprachen von den Hexenbränden, die, nach langer Zwischenzeit, -hie und da wieder in fränkischen Landen aufflammten, und nickten -nachdenklich mit den weinroten Köpfen: vor zwei Jahren war die -Superiorin Maria Renata Singer in Würzburg verbrannt worden; ein Jahr -darauf fingen die Gerolzhofer, die nicht hinter der Bischofsstadt -zurückbleiben wollten, eine junge Hexe, die Frau eines Ofenmachers, um -sie dem gleichen Schicksal zu überantworten, und nun hieß es, da und -dort sei man einem heimlichen Hexlein auf die Spur geraten und werde, -wie früher, wüste Dinge erleben. - -„Sie glauben wohl auch nicht an Hexen, Herr Baron?“ fragte der Sohn -des Bürgermeisters, der einen Brocken des Hexengesprächs aufgeschnappt -hatte, den angeheiterten Junker mit scharfer und hämischer Stimme. - -Dieser lachte: „O doch! Ich habe in Paris Hexen kennen gelernt, -die auch dem hartgesottensten Philosophen den Glauben an das Hexen -beizubringen vermochten; aber dort denkt kein Mensch an Hexenbrand, -sondern die Männer, die Männer, mein Herr, verbrennen im Feuer einer -Liebe, deren Wirkung ich beinah leider auch am eigenen Leib erfahren -hätte. An andere Hexen, von denen es heißt, daß sie Schloßenwetter -machen und andere Zaubereien verüben können, glaube ich nie und nimmer.“ - -Kaspar Lienlein fuhr fort, indem er den Junker herausfordernd mit den -Blicken maß: „Die Ofenmacherin in Gerolzhofen hat ihre Hexereien selber -eingestanden, Herr Baron! Sie ist selbst zum Hexenrichter gekommen und -hat sich der Hexerei bezichtigt: sie habe vor sechs Jahren Gott und -allen Heiligen abgeschworen; sie sei ganz arm und ohne Brot gewesen, -da sei der Böse zu ihr gekommen in einem schönen grünen Kleid. Er -habe sich Federkiel genannt und habe ihr versprochen, wenn sie sein -Eigentum sein wolle, wolle er ihr Geld geben. Er habe ihr auch einen -Vierbätzner gegeben, wofür sie sich Brot gekauft habe; dann habe sie -einen Fastentanz auf dem Galgensteig mitgemacht, wo auch die Pfarrmagd -Margret und eine Beckin aus Grünsfeld mitgetanzt hätten. Der grüne -Pfeifer sei mitten in der Linde gesessen und habe den Burlebanz -gepfiffen. Den Wein hat man in ledernen Flaschen gebracht, und dazu -haben sie gebratene Vöglein, wie Spatzen und Finken, doch ohne Salz, -gegessen. Die Ofenmacherin hat von dem Grünen eine Hexensalbe in -einem hölzernen Büchslein erhalten. Das Ammenfräulein hatte solche -verfertigt. Dazu hat sie ein uneheliches Pfaffenkind aus dem Kirchhof -ausgegraben, in ein Tuch gewickelt und zu Haus gesotten. Mit der Salbe -hat sie zu Weihnachten ein Kieselwetter gemacht, indem sie in des -Teufels Namen Kornähren, Weinaugen, Birnen- und Apfelknospen in den -Main geworfen hat.“ - -Bei jeder dieser Feststellungen, die der Bürgermeisterssohn mit Ingrimm -hervorstieß, fuhr er auch mit dem Finger nach vorn, als ob er seinen -Gegner aufspießen wolle. Babette aber begleitete den Rhythmus dieser -Erregung mit einem goldenen Kuchenmesserchen, indem sie es ganz leicht -auf dem damastnen Tischtuch tanzen ließ. -- - -Der Junker von Collenberg aber spitzte seinen vollen Mund und fragte -mit dem Ernste eines Schalks: „Der Herr hat einen Tanz erwähnt, der mir -neu ist. Ich kenne Gavotten, Sarabanden und -- Allemandes, die auch -ihre Vorzüge haben; aber der Burlebanz ist mir unbekannt. Ich entnehme -übrigens Ihrer geschätzten Mitteilung, daß unsere hiesigen Hexen Musik -und Tanz lieben. Das macht der Stadt, ~où le sexe est si aimable~, alle -Ehre. Wissen Sie vielleicht, Herr Hexenrichter, auf welchem Instrument -der Grüne diesen famosen -- wie sagten Sie? -- Burlebanz geblasen oder -gepfiffen hat?“ - -„Ein Hörnchen war’s!“ - -„Nein, ein Flötchen!“ rief Babette lachend. Sie hatte ein wenig zu viel -von dem schweren Steinwein genippt und wiederholte nun, halb singend, -im Übermut: „Ein Flötchen war’s! Ein Flötchen! Ein kleines goldenes -Flötchen --“ - -Der Junker Emmerich fragte lachend: „Woher wissen Sie denn das?“ - -Babette warf dem Kanzler Lerch, der mürrisch in sein volles Glas -stierte, einen flüchtigen Blick zu und lachte: „Woher ich das weiß? O, -vielleicht bin ich auch schon bei einem Hexentänzchen gewesen --“ - -Der Stadtschreiber Lerch runzelte die Stirn und sah mit gestrenger -Miene zu der Übermütigen herüber, die indessen keinen Blick mehr für -ihn übrig zu haben schien, sondern dem Junker mit lachenden Wangen -zuzwinkerte. Dieser aber erhob sich und zog die Fingerspitzen Babettens -an seinen Mund: „Wenn das so ist, möchte ich die Demoiselle bitten, mit -mir zu einem Hexentänzchen anzutreten.“ - -Die andern jungen Leute standen ebenfalls vom Tische auf; denn ein -Wink des Domherrn von Hutten bezeigte, daß die Tafel aufgehoben sei. -Nur die älteren Festgäste waren noch nicht gesonnen, so bald schon -von den trefflichen Prälatenweinen Abschied zu nehmen; sie blieben -schwatzend und trinkend an der gedeckten Tafel sitzen, und auch die -vier Musikanten, die in den Pausen dem Wein kräftig zusprachen, blieben -auf ihren Stühlen hocken und bliesen von Zeit zu Zeit ihre alten Weisen -weiter. Die Mädchen aber flogen auf verschiedensten Wegen auseinander, -und bald tauchte da und dort ein helles Gewand unter den alten Buchen -des Waldhangs auf, den nah und fern helles Gelächter mit seinem Hall -erfüllte. Der junge Herr von Collenberg trat einen Augenblick zu dem -Domherrn von Hutten, um ihm für das schöne Fest zu danken, das er einem -glücklichen Reisezufall verdankte. Als er sich aber umwandte, um nach -seiner Nachbarin zu spähen, war Babette verschwunden, und er wußte -nicht, welchen Weg er einschlagen sollte, um sie zu erreichen, da der -ganze grüne Maienwald von Sang und Lachen widerhallte. - -Babette aber war, von einem plötzlichen Ernst erfaßt, auf einem kleinen -Wiesenpfade, neben dem ein silberklares Forellenbächlein auf grünem -Kressengrund herlief, taleinwärts gegangen. Es bedrückte sie, daß -Friedrich Lerch, für den sie doch im Grunde dieses ganze Lustspiel -an der Tafel aufgeführt, ihr während des ganzen Festes keinen lieben -Blick gegönnt hatte, und ein leiser Groll gegen den Stillen quoll -mählich in ihr empor, während sie bald langsam, bald schneller für sich -dahinging und hie und da eine Kuckucksblume oder ein Maiglöckchen aus -dem Untergebüsch des Waldhangs herausholte. Als sie nach einer Weile -langsamen Gehens unwillig umkehren wollte, stand plötzlich Kaspar -Lienlein vor ihr; der Rothaarige atmete hastig, während er stotternd -und mit flehendem Blicke fragte: „Darf ich der Jungfer Babette Geleit -geben?“ - -Babette entgegnete schnippisch: „Der Weg ist für alle da!“ Und sie -schlug eine schnellere Gangart an, wobei sie unverwandt auf das -schwatzende Wässerlein zur Rechten blickte, in dem die Forellen -sprangen. - -Da wurde die Stimme Kaspar Lienleins weich und stockend: „Ich -- ich -würde die Jungfer auf den Händen tragen.“ - -Babette blieb stumm und blickte den Sohn des Bürgermeisters von der -Seite an; sie sah nur die Häßlichkeit des Menschen, der mit glühendem -Gesicht neben ihr atmete, und es empörte sie, daß er es wagte, von -Liebe zu sprechen, während ihr der andere, dessen ernste Augen nun wie -ein Vorwurf vor ihrer Seele standen, fernblieb. „Dich nehm ich nicht,“ -schrie sie mit zornfunkelnden Augen, „und wenn du der Kaiser wärst, du -roter Fuchs, mit deinen Roßmucken [Sommersprossen] auf der Hand.“ - -Und ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie wie ein Windspiel davon, -um zu der Gesellschaft ihrer Freundinnen zurückzukehren, deren ferner -Gesang aus den dunkelnden Tiefen des Buchenwaldes sehnsüchtig und -gedämpft zu ihr herüberklang. - -Der Abgewiesene blieb wie angewurzelt an der Stelle stehen, wo ihm -Babette seine Rothaarigkeit vorgeworfen hatte; seine Lippen bewegten -sich mechanisch. „Wart, wart,“ sagte er ein über das andere Mal, -während ein paar Mädchen, lachend und schäkernd, an dem Erstarrten -vorbeihuschten und ihn im Vorbeigehen mit frisch gepflückten -Distelschossen bewarfen: denn Kaspar Lienlein galt als halber Tölpel, -vor dessen tückischer Gemütsart sich indessen die halbe Stadt fürchtete. - -Babette aber lief, ehe sie an den Festplatz gelangte, wo Friedrich -Lerch mit seinem verschlossenen Amtsgesicht in der Gesellschaft der -würdigsten Ehrengäste auf und ab wandelte, dem alten Ratsherrn und -Spitalpfleger Christopher Kemmeter in die Arme. Der lange dürre Kauz -stellte sich breitbeinig über den Weg, als Babette mit glühendem -Gesichtchen daherstürmte, und spitzte seinen faltigen Mund, als -wolle er sie mit einem Kusse aufspießen. Sie mußte lachen, als sie -den Alten gewahrte, der nun sein linkes Aug zusammenkniff und mit -seinem rechten Daumen über die Achsel nach dem Festplatz deutete. Der -Spitalpfleger war ihr, wie der ganzen Gegend, von Jugend her wegen -seiner Absonderlichkeiten bekannt: er trug an Werkeltagen niemals -eine andere Tracht als das Gewand eines fränkischen Weinbauern, gelbe -hirschlederne Hosen, grobe Schnallenschuhe, einen langen Tuchrock mit -breiten Silberknöpfen und einen abgeschabten Dreispitz, auf den er, -wenn es nur ging, eine Blume, eine Nelke, eine Rose oder eine Kornrade, -zu stecken pflegte. Auf der Straße schritt er stets mit gesenktem Kopf -und vor sich hinmurmelnd einher, wobei er von Zeit zu Zeit mit seinem -Krückstock nach rechts und links ausschlug, als wolle er die Beine -seiner Feinde und Widersacher absäbeln. Er besaß die besten Weinberge -der Stadt und trieb einen schwunghaften Handel mit Südweinen aus Zypern -und Spanien, die er durch einen Mainzer Hofjuden in Venedig oder Genua -einkaufen ließ. Im Herbste, wenn die Lesewagen mit den schweren Kufen -in die Keltern fuhren, wich er nicht von der Seite seiner Winzer, die -Tag für Tag eine ausgesuchte Nahrung und einen guten Trank aus seinem -Keller erhielten, damit sie beim Lesen weniger Trauben schmausten. In -der Stadt und im Rat besaß er wenig Freunde: er galt als reich und -filzig, und seine Feinde behaupteten, alle Dinge, in die der ehemalige -Armenadvokat die Hand stecke, verfilzten sich zu einem unauflösbaren -Knäuel, von dem man am besten die Hände lasse. Babette wußte, daß -ihm Friedrich Lerch seine Ernennung zum Ratsschreiber verdankte: -Christoph Kemmeter gehörte zwar der Augsburger Konfession an; aber -er war seit Jahren mit dem protestantischen Stadtpfarrer und Propst -Veit Schlegelmilch verfeindet und tat, was er nur konnte, um seine -Glaubensgenossen und deren Seelenhirten bei jeder Gelegenheit zu -ärgern. So hatte er es auch durchgesetzt, daß der katholische Friedrich -Lerch, dessen Vater dem Fürsten von Weiningen als Kammerdirektor -gedient hatte, gegen jedes Herkommen zum Kanzler gewählt wurde. -- - -Als er bemerkte, daß Babettens Blicke über ihn weg nach dem Festplatz -flogen, fragte er: „Hat die Jungfer Babett gesehen, wie die Forellen -springen? Weiß Sie, was das bedeutet? Entweder kommt ein Wetter, oder -es ist ein Hecht unter die Fische geraten. Junge Hechte sind gefräßig -und haben viel Gräten!“ - -Babette wußte nicht, was sie zu dieser Feststellung sagen solle. Da -beschloß sie, den Stier bei den Hörnern zu packen, indem sie plötzlich -fragte: „Werden sie den neuen Stadtschreiber bestätigen?“ - -Der Ratsherr lachte: „Wenn die Jungfer mir ein Küßchen gibt, will ich -ihr den Beschluß des Geheimen Rats wortwörtlich sagen.“ - -„Das Küßchen erhält der Herr nach meiner Hochzeit,“ sagte Babette -lachend. - -Der Spitalpfleger verzog den Mund: „Das ist, wie hier die Hasen -laufen, ein unsicherer Wechsel. Aber ich will Ihr glauben und mich -zufriedengeben.“ - -Er kannte Babette seit ihrer frühesten Kindheit, und schon an dem -Kinde war ihm, wenn er nach Weiningen kam, um dem regierenden Fürsten -seine Aufwartung zu machen und seine Freunde unter den fürstlichen -Beamten zu besuchen, die bezaubernde Anmut, aber auch eine seltsame -Eigenwilligkeit und spielerische Gemütsart des kleinen Mädchens -aufgefallen. - -Als er eines Tages die Gewächshäuser in Weiningen durchschritt, um bei -dem fürstlichen Hofgärtner Tulpenzwiebeln für seinen Blumengarten zu -bestellen, gewahrte er die kleine Babette, die heftig auf den jüngsten -Sohn des Kammerdirektors, den kleinen Friedrich Lerch, einsprach: das -kleine Frauenzimmerchen, das in seiner Puppenhaftigkeit doch schon -etwas Frauliches in seinem Wesen hatte, deutete auf eine Orange, die -im Gezweig eines Topfbaumes hing, und verlangte, daß der Knabe sie -vom Aste breche. Dieser starrte wie gebannt auf die goldene Frucht, -ohne die Hand zu rühren, und sagte nur leise: „Das darf man nicht.“ -Da bemerkte der Zuschauer, daß die Kleine über diese Weigerung in -die hellste Wut geriet; sie stampfte mit den Füßen, sie schlug den -Spielgenossen mit den Blumen, die sie im Händchen trug, und sprang wie -eine Wilde an dem Stamm empor, ohne die Frucht zu erreichen. Selbst -die belehrende Verweisung, die der herzutretende Zuschauer der kleinen -Wilden zuteil werden ließ, vermochte ihren Groll nicht zu stillen: sie -blieb mit zusammengekniffenem Gesichtchen stehen und lief plötzlich -wie ein Wiesel davon, um ihrer Beschämung zu entgehen. Später, auf -dem Heimweg von der Gärtnerei, bekam der Ratsherr die beiden Kinder -noch einmal zu Gesicht: Friedrich zog ein Wägelchen, in dem die kleine -Babette, mit einem Kränzlein in dem Blondhaar, saß und wie eine -kleine Göttin um sich blickte, die in einem Triumphwagen einherfährt. -Im Schimmer dieser Erinnerungen erhob der alte Kemmeter den Finger, -um Babetten zu drohen, und dann geleitete er sie zur Tafel, wo die -älteren Herren noch immer beim Weine saßen und den Worten des Domherrn -von Hutten lauschten. Dieser ließ den Schloßbau mit seinen Hallen, -Gärten, Tempelchen, Bosketts und Springbrunnen vor den Augen der -weinseligen Zuhörer erstehen und verfehlte nicht, die Vorteile, die -der Gegend aus der Bautätigkeit des Kirchenfürsten und der Anwesenheit -des durchlauchtigen jungen Fürsten Franz Lothar erwachsen würden, -ins hellste Licht zu stellen. Als besonderen Spaß tischte er die -Neuigkeit auf, daß der Fürstbischof Adam Friedrich beschlossen habe, -seinen seligen Hofnarren in Stein aushauen und das Standbild über dem -Zufahrtstore aufstellen zu lassen. Die Frankenthaler zwinkerten und -nickten beifällig mit den Köpfen: solche Späße gehörten in das Reich -der eigenen Lustbarkeiten, von deren Schwankhaftigkeit Geschlecht um -Geschlecht zehrte. Dazwischen aber überlegte der eine und der andere, -wie man die Anwesenheit des italienischen Baumeisters, der wie ein -Aal unter den Festgästen umherschlüpfte, zu eigenem Nutz und Fromm -verwenden könnte. Der eine besaß einen geräumigen Ziergarten, in dem -sich ein kleines Lusthaus mit breiten Fenstern und Muschelnischen gut -ausnehmen würde; ein anderer wohnte in einem Hause, dessen Vorderseite -der Erneuerung bedurfte, und jener träumte im Schweifen des Gesprächs -von einer gelb lackierten Kutsche, wie sie mit Bereitern und Läufern -die Welt auf glatten Herrenstraßen durchsausten. So blickten sie im -Bann des schweren Weins in eine neue Zeit, deren Grundstein dort unter -Rosen versteckt in der Erde ruhte und der wachsenden Mauern harrte. -- - -Der Ratsherr Kemmeter nahm am Tische Platz und hob seine Hand ans Ohr, -um nur ja kein Wort der kostbaren Rede zu verlieren. Auch Babette -blieb einen Augenblick lauschend stehen; als sie aber bemerkte, daß -der ehrfurchtsvoll lauschende Friedrich Lerch mit seiner würdigen -Amtsmiene noch immer ihren Blicken auswich, rümpfte sie das Näschen -und ging auf den Junker Collenberg zu, der sie mit einer französischen -Verbeugung begrüßte und ihr die Hand zu einem Tanze auf dem Rasen vor -dem Zelte bot. Und da die Bläser einen deutschen Tanz anstimmten, -flog sie im Nu mit dem Junker im Tanz dahin. Sie schloß die Augen, -um im Arm ihres Tänzers nur die Raserei des Schwebens zu empfinden, -und als die Bläser absetzten, huschte sie auf die Musikanten zu und -bat sie mit fliegenden Worten um die Wiederholung des Tanzes. Sie -merkte nicht, daß ihre Gespielinnen, hämisch flüsternd und tuschelnd, -die Köpfe zusammensteckten; sie sah auch nicht, daß Kaspar Lienlein -neben seiner Mutter unter der Zeltöffnung stand und jede Bewegung der -Tanzenden mit gierigem Blick verschlang. Sie verlor ihren rechten -Schuh und tanzte im weißen Strumpfe auf dem Rasen weiter; sie spürte -es nicht, daß sich ihr Busentuch löste und wie ein geblähtes Segel zu -den Füßen gestrenger Mütter hinfiel; sie fühlte im rasenden Drehen und -Schweben nur das eine: daß eine seltsame Traurigkeit in ihr aufquoll, -durch die ein bitterer Groll wie ein Wässerlein unter Steinen in ihr -emporsickerte. Und als ihr Tänzer sie ins Zelt zurückbegleitete, blieb -sie mit gesenkten Augen vor der Tafel stehen, wo die Herren noch immer -beim Weine saßen und würdige Gespräche pflogen. Sie atmete erst auf, -als dumpfes Grollen ein nahendes Gewitter verkündete und die ganze -Gesellschaft in das Zelt zusammenscheuchte. Da die Festkutschen erst -gegen Abend aus der Stadt erwartet wurden, mußten die Gäste vor dem -Unwetter in einem nahen Bauernhause Schutz suchen, und die Mädchen -kamen erst zu Beginn der Dämmerung wie durchnäßte Mäuse vor dem -Tore an, wo sie kichernd und lachend auseinanderhuschten. Der Junker -Emmerich bekam Babette nicht mehr zu Gesicht; er nahm feierlichen -Abschied von dem Domherrn von Hutten und gab seinem Kutscher Befehl, -mit dem Reisewagen in einer Stunde vorzufahren. - -Als Babette das alte Haus am Lochgraben, in dem sie mit ihrer Tante -Lioba Hippler, der Witwe des städtischen Kellers [Rentmeisters] wohnte, -in der Dämmerung betrat, fand sie die alte Frau in heller Aufregung. -Die Lioba Hippler war seit zehn Jahren auf beiden Augen blind und -pflegte ihre ganze Zeit mit Spinnen zu verbringen. Sie saß dabei mit -ihrem mächtigen Spinnrad auf einem erhöhten Fenstersitz, von wo aus sie -alle Geräusche des stillen Stadtwinkels hören konnte. Jeder Ton, den -sie vernahm, ging wie ein Licht oder ein Zucken über das friedliche -Gesicht der alten Frau, die jeden Nachbarn an seinem Schritt erkannte. -Heute aber fand Babette ihre Tante in seltsamer Unruhe: „Gott sei Dank, -daß du nur da bist,“ sagte die Alte, die ihr bis an die Tür entgegenkam -und dann sofort auf ihren Fenstersitz zuging, um das geliebte Spinnrad -wieder in Bewegung zu setzen. „Ich hab mit einem Male eine solche Angst -gefühlt, wie wenn dir was passiert wär.“ - -Babette strich ihr zärtlich über die Backen und erzählte mit ruhigen -Worten von dem herrlichen Feste, ohne des Junkers von Collenberg mit -einem Worte zu erwähnen; dann huschte sie, leicht wie ein Hauch, die -Bodentreppe hinauf in ihr Gemach, um ein anderes Kleid anzuziehen. -Sie blieb ein Weilchen im bloßen Hemd vor ihrem Spiegel stehen, -legte ein feines Kettlein, an dem ein Herzchen mit Haaren von ihrer -verstorbenen Mutter hing, um den Hals, probierte eine Stutzhaube, -deren breite Atlasbänder bis an ihre Kniee niederwallten, und zog aus -dem schadhaften Haubenboden einen vergoldeten Draht heraus, den sie -mit versonnenem Lächeln um ihren linken Zeigefinger wickelte. Dann -warf sie einen Blick in den gefüllten Schrank, in dem das duftige -Linnenzeug ihrer Ausstattung gehäuft beisammenlag, und fuhr mit -zärtlichen Fingern über die blühweißen Tücher, die alle von ihrer -Mutter stammten. Während sie dann in dem schmalen Giebelgelasse wieder -vor dem Spiegel saß, zuckte es wieder wie ein feines Possenspiel -um ihr schmollendes Mündchen: sie probierte die Miene, mit der sie -Friedrich Lerch am Abend, wenn er käme, zu empfangen gedachte, und das -Armesünderbewußtsein, das sich, fast gegen ihren Willen, für einen -Augenblick auf ihre Züge legte, erfüllte sie jählings mit solchem -Übermut, daß sie hell auflachte und voll seliger Unrast aufstand, um in -dem schmalen Gemach, wo ihre ganze mütterliche Habe in Schränken und -Kommoden verwahrt lag, in halbem Tanzschritt auf und ab zu schreiten. -Sie zweifelte keinen Augenblick, daß der neue Stadtschreiber auch -heute, wie gewöhnlich gegen acht Uhr, kommen werde, um ein Stündchen -bei ihr und ihrer blinden Tante zu versitzen; sie hielt schon ihre -schönsten Blicke für ihn bereit und nahm sich vor, ihn auch noch dahin -zu bringen, daß er sie um Verzeihung für sein mürrisches Wesen bat, das -doch allein schuld an ihrem Spiel mit dem lustigen Junker war. Während -eine geheime Zärtlichkeit ihr Aug mit sehnsüchtigem Leuchten füllte, -beschloß sie, ihn auch noch ein Weilchen mit allerlei Anspielungen auf -den vornehmen Courmacher zu quälen, und ihm dann, zum Seelentrost, ein -Schälchen voll eingemachter Kirschen vorzusetzen, die der Schlecker -gerne aß, und ihm ihr eigenes Kinderlöffelchen dazu zu geben. Als -jedoch plötzlich über die abendlichen Dächer her das Horn eines -Postillions aufklang, der das alte Lied blies: - - Komm heraus, komm heraus, du schöne, schöne Braut, - Deine guten Tage sind alle, alle aus, - O weiele weh! - -da schnitt Babette eine Fratze und lief, die Melodie vor sich -hinsingend, im schönsten Sommerstaat zu ihrer Tante herab, die noch -immer vor ihrem Spinnrad saß. Es war ihr, als sie das dunkle Gemach -betrat, so wohlig zumute wie seit langem nicht, obwohl eine leise -Sehnsucht ihr Herz mit seltsamer Unruh erfüllte. Die Blinde fuhr ihr, -nach ihrer Gewohnheit, zum Gruß über das rosige Gesichtchen, und als -ihre Hände nichts Besonderes fanden, netzte sie den Finger an ihrem -welken Munde, um schweigend weiterzuspinnen. Das leise Schnurren des -Rades erfüllte den Raum mit einem Laut, der Babettes Gedanken, die mit -der sinkenden Dämmerung immer ernster wurden, wie eine leise Musik -begleitete und ihre Erwartung immer sehnsüchtiger stimmte. So saß sie, -mäuschenstill und auf nahende Schritte lauschend, auf einem niederen -Stühlchen da; und nur einmal schlich sie auf den Zehenspitzen an das -Fenster, um auf die Gasse zu spähen, aus deren Dunkel ein leises -Mädchenlachen zu ihr emporklang. Als jedoch der Abend weiter vorrückte -und Friedrich Lerch noch immer nicht kam, riß sie in jäh aufwallender -Wut ihr Batisttüchlein von den Schultern und nahm sich vor, dem -Unverschämten das nächste Mal, und wenn er auch als reuiger Sünder -käme, überhaupt keinen Blick zu gönnen. -- - -Doch Friedrich Lerch ließ sich weder an diesem noch an den folgenden -Tagen in dem alten Hause am Lochgraben sehen, und es war nicht Groll, -was ihn von der Geliebten fernhielt, sondern ein kummervolles Gefühl -der Scham, weil jene gegen das Bild gefrevelt hatte, das er von ihr in -seiner Seele trug. -- - -Babette aber verlor mit einem Male die Lust am Singen, und in -Frankenthal trugen sich, von heute auf morgen, ganz seltsame Dinge -zu: am Montag streckte die beste Milchkuh des Büchsenmachers Kaspar -Bundschuh plötzlich alle viere von sich, und die Augen, mit denen -die Verreckte vor sich hinstarrte, zeigten jedem, der etwas von der -Sache verstand, klipp und klar, daß sie den leibhaftigen Bösen vorher -gesehen hatten; am Dienstag weigerten sich die Geißen des lutherischen -Totengräbers Johannes Felgentreff, Milch zu geben, und weder -gütliches Zureden, noch das beste Grünfutter vermochte die meckernde -Gesellschaft von ihrer höllischen Halsstarrigkeit abzubringen; in der -Nacht von Mittwoch auf den Donnerstag entstand in dem Hühnerstall -des Brückenbecken Wiedehopf ein solcher Aufruhr, daß die ganze -Nachbarschaft aus dem Schlafe aufgeschreckt wurde, und als die Beckin -am Morgen das aufgeregt gackernde Hühnervolk aus dem Stalle ließ, fand -sie, daß die gelegten Eier samt und sonders hohl waren. - -Am meisten Anlaß zu Gerede bot das Verhalten des Bürgermeistersohnes -Kaspar Lienlein: der saß wie von einem bösen Geist besessen stumm -und stöckisch in einem Winkel seines Zimmers, und wenn seine Mutter -mit seinen Lieblingsspeisen kam, um ihn zu trösten, sah er sie mit -bösen Augen an oder fletschte seine Zähne wie ein Hund, dem man seinen -Mittagsfraß stört. Dazu brachte jeder Tag, trotzdem der Mai noch nicht -zu Ende war, ein Unwetter nach dem andern, und alte und junge Weiber -schwelgten in dem Geraun und Gerede, daß solche Kieselwetter teuflisch -Hexenwerk seien. In ganz Kleinfranken, in Gerolzhofen, in Prozelten, -in Freudenberg und anderen Orten waren die Teufelsweiber am Werke, -und im niederen Volke zweifelte bald niemand, daß auch Frankenthal -eine Hexe beherbergte. Bald wurde auch der Name der Hexe, der Stadt -und Gegend die alltäglichen Kieselwetter verdankte, heimlich genannt, -und die Brückenbeckin erzählte jedem, der es hören wollte, daß sie -selbst in der Nacht vor dem ersten Mai ein faselnacktes Hexlein um -den Türmersturm habe fliegen sehen: es sei ganz zusammengekauert -auf einem langen Besenstiel gehockt, und sein loses Haar sei wie -ein feuriger Schweif hinter ihm dreingeflogen, als es mit ein paar -feueräugigen Eulen hinter dem Stadtwald, dem Stöckicht, verschwand. -Aber die schlimmste Verhexung war doch, wie alle munkelten, dem Sohn -des Bürgermeisters Lienlein, dem roten Kaspar, passiert, der wie -zerschlagen in der Stadt herumging und jeden mit Augen anschaute, aus -denen der leibhaftige Teufel in die Welt guckte. -- - -Nach acht Tagen waren alle Hexengläubigen darüber einig, daß die Stadt -in der Babette Glock ein ausbündiges Hexlein bekommen habe, und schon -fingen die kleinen Buben an, „Hexle, hex“ hinter ihr herzuschreien, -wenn sie mit ihrem Körbchen am Arm durch die Gassen ging, um eine -Freundin zu besuchen oder Gewürz beim Krämer einzukaufen. - -An einem heißen Juniabend, am Tage vor Fronleichnam, ließ sich -endlich auch der Kanzler Friedrich Lerch bei der blinden Hipplerin -sehen. Babette, die gerade an einem Kuchenteig knetete, gönnte ihm -keinen Blick, als er eintrat und sich, nach einem scheuen Gruße, zu -der Blinden setzte. Diese streichelte ihm das Gesicht und verlangte -zu wissen, warum er so lange weggeblieben sei. Der Stadtschreiber -entschuldigte sein Fernbleiben mit Arbeit und der Sorge um seine -Stellung; denn seine Bestätigung war noch immer nicht erfolgt, und noch -immer sah er sich einer ungewissen Zukunft gegenüber. Als Babette einen -Augenblick hinausging, um den Teig an einen warmen Ort zu stellen, -folgte ihr Friedrich Lerch auf den Flur, wo er stehen blieb, bis sie -aus der Küche zurückkam. - -„Der Herr Stadtschreiber will schon gehen?“ sagte sie schnippisch, -während sie ihre Hand an ihrer weißen Schürze abwischte. - -„Die Jungfer Babett hat Verwandte in Aschaffenburg,“ entgegnete er, -indem er scheu auf die Seite blickte. „Ich würde Ihr raten, eine -Sommerreise dahin zu machen.“ - -Diese feierliche Haltung und der Umstand, daß er sie nicht mehr duzte, -erbitterte Babette aufs heftigste; sie höhnte: „Wenn ich das tät, -bekäme ich den Herrn Stadtschreiber nicht mehr zu sehen, und das bräch -mir das Herz.“ Sie funkelte ihn dabei mit zornigen Augen an; er aber -überlegte, ob er das wilde Wesen seinem Schicksal überlassen solle oder -nicht, und sagte dann: „Es gibt in der Stadt alte Weiber, die an Hexen -glauben.“ - -Sie lachte höhnisch: „So sag Er doch gleich, daß ich eine Hex bin! -Hat Er nicht gehört, daß ich erst vorgestern auf der Galgenweide -beim Hexentanz gewesen bin? Und weiß Er auch, daß der Grüne, der ein -Flötchen, nein, ein Hörnchen -- ein Hörnchen geblasen hat, Ihm ähnlich -sieht? Ja -- ja --.“ - -Friedrich Lerchs Gemüt wurde weich: „Jungfer Babett,“ sagte er leise, -„man soll mit dem Unglück nicht spaßen.“ - -Dieses gedrückte Wesen brachte Babette noch mehr auf; sie lachte: „Wenn -ich nur wüßt, wo eine Hexenschul wär, ging ich noch heut hinein. Kann -Er mir keinen Rat geben? Er ist doch in der Welt 'rumgekommen --“ - -Da ging Friedrich Lerch, den dieses Wesen in der Seele quälte, ohne ein -Wort weiterer Entgegnung die hölzerne Treppe hinunter: er gedachte, -eine günstigere Stunde abzuwarten, um Babette zu warnen und zu einer -Reise zu bewegen. Babette blieb jäh verstummend an der Treppe stehen: -sie wußte nicht, was sie von dieser Flucht halten sollte, und dachte -einen Augenblick daran, den Jugendgespielen zurückzurufen; aber sie -brachte es nicht über sich, ein Wort zu sagen, und der Stadtschreiber -hörte beim Beschreiten der Haustürschwelle nur ein gelles Lachen, das -ihn auf seinem Gang durch die Stadt verfolgte. -- - -Am nächsten Morgen aber, in aller Frühe, kamen zwei Stadtknechte, um -die Barbara Glock, die noch im Schlummer lag und just von ihrer eigenen -Hochzeit träumte, aus dem Bett zu holen und in Gewahrsam zu nehmen. -Sie schrie und heulte und stampfte mit dem Fuße, als die Knechte mit -dem Befehl des Rates in ihr Stübchen drangen und sie aus dem Bette -zerrten; allein kein Weinen und kein Bitten half, und auch die blinde -Hipplerin, über deren runzelige Backen die dicksten Tränen herabliefen, -versuchte vergeblich, ihre Nichte loszubitten. Die Gefangene wurde -mit gebundenen Händen in den Hexenturm gebracht, wo sie der städtische -Stockmeister sofort mit einer langen Eisenkette an einen Mauerring -anschloß. Sie konnte sich in kleinem Umkreis umherbewegen und sich am -Tisch, der nicht weit von der tiefen Fensternische in einer dunklen -Ecke stand, auf einen Stuhl setzen. Sonst geschah ihr vorerst nichts; -denn die Frankenthaler pflegten ihre Hexen, zum Unterschied von anderen -Städten, gut zu behandeln, solange sie noch nicht des Vergehens der -Hexerei geständig oder überführt waren. - -Da saß nun die lachende Babette und hatte Zeit, über ihr Schicksal -nachzudenken. Sie ahnte, von welcher Seite der Schlag kam, der sie aus -heiterem Himmel traf; aber sie war empörter gegen den Stadtschreiber -als gegen den rothaarigen Sohn des Bürgermeisters, dem sie es doch -verdankte, daß sie gefesselt und gefangen im Hexenturme saß. Wenn -sie des Gefühls gedachte, das jener verschmäht hatte, stürzten ihr -Tränen der Wut in die Augen, und jedesmal, wenn sie sich eines lieben -Augenblicks in seiner Gesellschaft erinnerte, stampfte sie mit dem -Fuße und warf einen Blick nach der Türe, als ob er jeden Augenblick -hereintreten müßte, um seine Strafe in Empfang zu nehmen. Aber es -kam niemand, und der lange Tag erschien ihr wie eine öde Ewigkeit. -Erst gegen Abend, als es schon dämmerte, trat der Stockmeister, -ein klapperdürres Hutzelmännchen mit schielenden Triefaugen, ein -und setzte ein gebranntes Mehlsüpplein als Hexenfutter auf den -wurmstichigen Holztisch. Er zwinckerte vergnügt vor sich hin, als er -Babette mit einer Handbewegung einlud, das Schüsselchen auszulöffeln; -denn in seiner Erinnerung glänzte noch das letzte Hexenmahl, das -der Rat, altem Brauch zufolge, den Stadtknechten und dem Türmer nach -der Verbrennung zu geben verpflichtet war, als herrlichstes der -Frankenthaler Feste her: es hatte einundzwanzig Gulden gekostet, -und der Stockmeister schnalzte im Gedanken an die Leckerbissen, die -damals aufgefahren wurden, noch jetzt mit der Zunge. Babette floh in -die tiefe Fensternische zurück und starrte mit wütenden Augen auf -den verhutzelten Hexentürmer, der nah und näher an sie herantrat. -Hundertmal war sie früher an dem Hexenturm vorbeigegangen und hatte den -Stockmeister gesehen, wie er mit seiner Frau, einer kahlköpfigen Alten, -zankend und keifend auf einem hölzernen Bänklein vor der Turmtür saß; -nun erfüllte sie der Blick des schielenden Alten mit Wut und Abscheu; -sie stampfte mit dem Fuße und schrie: „Geh, geh, du Aff!“ - -Doch der Türmer blieb vor der Nische stehen und zwinkerte sie -liebäugelnd an: „Wo hast denn das Hexen gelernt, Mädle?“ fragte er mit -meckernder Stimme; „hätt net gedacht, daß ich auf meine alten Täg noch -mal erleb, daß man eine Hex fängt. Die Hexen werden immer rarer. Am -Himmelfahrtstag sind’s fünfunddreißig Jahr her, seit wir die letzte -auf dem Marktplatz verbrannt haben. Wenn ich dir einen Rat geben därf, -so gesteh nur gleich. Was sein muß, muß sein. Hihi, wir Frankenthaler -haben noch keine Hex verbrannt, ohne daß sie gestanden hätt. Verbietet -auch die hochnotpeinliche Gerichtsordnung, daß eine Hex ans Feuerlein -kommt, ehe sie alles bis auf das Tipfele gestanden hat, hehe. Ich weiß, --- ich bin net dumm, -- ich weiß, du denkst: die können lang warten, -bis ich sag, was ich weiß. Aber da legen sie dir die Daumenschrauben -an: die pressen dir die Knöchle, daß du alle Engel im Himmel singen -hörst. Dann wirst du in die spanischen Stiefel geschnürt. Wenn ich dich -aus der Stube lassen dürft, könnt ich dir das gekerbte Brettle zeigen, -das sich beim Zuschrauben ans Schienbein legt. Und wenn du dann noch -nicht sagst, wann du’s letztemal mit dem Junker Federkiel getanzt hast, -kommst du auf die Leiter, die ist ärger wie’s Fegfeuer. Du wirst mit -Winden in die Höh gezogen, und an die Füß hängt man dir ein volles -Essigfäßle. -- Ich hab in meiner Jugend baumstarke Männer gesehen, wo -von der Leiter runterkommen sind und gestöhnt haben: Wir wöllen lieber -zehnmal sterben als einmal die Leiter besteigen! Und wenn du von der -Leiter 'runterkommst und immer noch dein Hexengöschle hältst, bekommst -du den gespickten Hasen zu schmecken. --“ - -Babette hörte nicht mehr, was der Türmer sprach; sie hielt sich -die Ohren zu und blickte durch das verstaubte Gitterfensterchen -auf den Stadtwall, wo in der sinkenden Dämmerung ein paar Dutzend -Gassenbuben standen und warteten, ob das eingetürmte Hexlein vielleicht -geneigt sei, seine Künste zu zeigen und einen Ausflug zu wagen. Die -schadenfrohe Lustigkeit der Stadtjugend erschien ihr erträglicher als -die Folteraugen des Alten, der nun mit einem Mal zu jammern begann: -„Ja, ja, die Zeiten werden immer schlechter, und die Taxordnung is kein -Hellerle wert. Weißt, Mädle, was ich fürs Ohrabschneiden bekomm? Zwei -Schilling und sechs Pfennig. Und für jeden Brand zwei Schilling zwölf -Pfennig. Fürs Auspeitschen gibt mir der Rat nur den Gotteslohn, und -wenn ich nicht am Salben was verdienen tät, könnt ich kein Schöpple -Gützberger trinken --“ - -Nun aber fuhr Babette mit solchen Augen auf das Männlein los, daß -dieses den Rückzug antrat und vor sich hinmeckernd die schmale -Gefängnistür mit den mächtigen Riegeln verschloß. Sie lehnte ihre Wange -an die verstaubten Scheiben und ließ ihre Tränen stillschweigend auf -ihre Hände herunterfallen, die gekreuzt in ihrem Schoße lagen. So blieb -sie die ganze Nacht hindurch sitzen, als ob alles, alles Leben aus -ihr geflohen wäre, und erst am Morgen warf sie sich auf den hölzernen -Schragen, der anstatt eines Bettes in einem Winkel des Turmgemaches -stand. - -Obwohl sich die Frankenthaler sonst zu allem Zeit und Ruhe ließen, -schien es dem hochmögenden Rate doch geboten, das Verhör der Barbara -Glock schon am nächsten Morgen zu beginnen. In aller Herrgottsfrühe -durchschritt ein Ratsknecht mit der Schelle die Straßen, um den -Einwohnern die hochnotpeinliche Vernehmung anzukündigen, indem er mit -lauter Stimme zu den Fenstern der Gerichtsherren hinaufsang: - - „Höret, ihr Ratsherrn, jung und alten, - Heut früh wird Halsgericht gehalten - Über eine gefangene Person, - Die große Übeltat geton! - Zu solchem Rechtstag sollt ihr kommen, - Gemeinem Wesen zu Nutz und Frommen.“ - -Als der Spitalpfleger Christopher Kemmeter die Ratsschelle hörte, -befahl er seiner Schwester Margret, die ihm den Haushalt führte, -ein starkes Weinsüpplein zu kochen und, zu besonderer Süßung, -gehörig Zimt und Zucker hineinzutun. Dann zog er seinen Bürgerrock -an, stopfte sich eine holländische Kreidepfeife und nahm ein altes -Buch zur Hand, in dem die besonderen Rechtsfälle der Stadt seit dem -Jahre 1594 verzeichnet standen. Nicht ohne Seufzen öffnete er das -dickleibige Werk: er wußte, was er von der Frankenthaler Festfreude -erwarten durfte, wenn die Leidenschaft des Volkes erregt war, und -hegte keinen Zweifel, daß dieser Streich gegen das hübsche Babettle -von den Anhängern des Bürgermeisters Lienlein ausging, den er nicht -riechen konnte; denn der Gestrenge trug die Schuld, daß er mit seiner -Schwester als Junggeselle hausen mußte, weil er ihm, als er auf -Freiersfüßen ging, sein Schätzlein, die ehrsame Jungfer Katharina -Ziegenspeck, vor der Nase wegstibitzt hatte. Von diesem Erlebnis war -ihm nicht nur ein alter Groll gegen den regierenden Herrn, sondern -auch eine Geringschätzung der Weiber geblieben, denen er lange Haare -und kurze Gedanken nachsagte, obwohl er seiner leiblichen Schwester -einen scharfen Verstand zubilligen mußte: von der Jungfer Margret -Kemmeter hieß es in der Stadt, sie sei mit Haaren auf den Zähnen auf -die Welt gekommen und schlafe wie ein Drache auf dem Strumpf, in dem -sie ihre Reichstaler verwahre. Als die Schwester des Ratsherrn mit -dem dampfenden Weinsüpplein in das Zimmer trat, sah sie, daß die -Runzeln in dem Gesicht ihres Bruders seltsam zuckten: sie kannte -dieses Schelmengesicht, auf dem das Lachen nicht zum Ausbruch kam, -und gab dem vergnügten Kracher einen Rippenstoß, den er mit einem -meckernden Gelächter beantwortete; aber er war nicht zu bewegen, das -Geheimnis, das ihn in heimliches Behagen versetzte, preiszugeben, und -als er sein süßes Süppchen ausgelöffelt hatte, nahm er sofort Hut und -Stock, um, wie er sagte, auf die Ratsstube zu gehen und da vor der -Hexengerichtssitzung noch einen Herrenschoppen zu stechen und für -die Kehlenklärung des hochweisen Gerichtskollegiums zu sorgen. Er -machte aber, da es noch zeitig am Tage war und er nicht tief in die -Kanne zu steigen gedachte, einen Umweg durch die Talgärten, wo er dem -staatsmäßig in schwarzen Strümpfen und mit dem Dreispitz unterm Arm -einherwandelnden Stadtschreiber Lerch begegnete. - -„Er sucht sich wohl ein Taubenhaus aus, wo Er nach der Hochzeit mit -Seiner Lalage schnäbeln kann?“ fragte er den Trübseligen, und fügte -dann hinzu: - - „Es geht doch, sagt mir, was ihr wollt, - Nichts über Wald- und Gartenleben, - Und schlürfen ein dein trinkbar Gold, - O Morgensonn’, und sorglos schweben - Daher im frischen Blumenduft - Und mit dem sanften Weben - Der freien Luft, - Als wie aus tausend offnen Sinnen - Dich in sich ziehn, Natur, und ganz in dir zerrinnen.“ - -„Es ist schrecklich,“ entgegnete der Stadtschreiber. - -„Meint Er das alamodische Carmen?“ entgegnete der Alte, den das -gedrückte Wesen seines Schützlings reizte. Und plötzlich fuhr er auf: -„Seh Er sich nach einem andern Schätzchen um. Was hat Er an dem kecken -Ding? Ein hübsches Lärvchen und ein Spatzenseelchen, weiter nichts.“ - -„Sie werden sie verbrennen,“ seufzte Friedrich Lerch wieder. - -„Hat Er’s aus hochmögendem Mund gehört, oder hat Er’s aus den Akten -herausgefischt, daß die Frankenthaler noch jede Hexe verbrannt haben? -Er ist ein gewissenhafter Mensch; deswegen sollte Er auch wissen, daß -es noch viele andere hübsche Frauenzimmer in der Welt gibt. Ob Er nun -hier oder sonstwo an eine Hexe gerät, ist gleich: denn Hexen sind sie -alle. Ich bin in meinem Leben mindestens zehnmal verhext worden, aber -durch die Gnade unseres Herrgotts immer heil und gesund davongekommen.“ - -Friedrich Lerch lächelte säuerlich, um seinem Gönner zu zeigen, daß er -dessen Scherze verstehe und zu würdigen wisse; aber in Wirklichkeit war -ihm wund und weh zumute: denn seit Babette im Hexenturm gefangen saß, -quälte ihn die Frage, ob er ihr im Geist doch nicht unrecht getan habe, -in einem fort, und die Erinnerung an die Stunden stummen Glücks, da er -beim Surren des Spinnrades an ihrer Seite gesessen, erfüllte ihn mit -quälender Sehnsucht. - -Als der Ratsherr sah, daß sein Schützling zu keinem Gespräch zu -bringen war, ließ er ihn unwirsch stehen, um noch einen Blick in -die Ratstrinkstube zu werfen, wo die zwölf Gerichtsherren vor der -Sitzung jeweils einen gehörigen Frühtrunk zu tun pflegten. Er fand die -Trinkstube voll wie an höchsten Festtagen. Es saßen da würdige Männer, -die mit ihrer Meinung, daß sich die Stadt mit dieser Hexengeschichte -ein böses Süpplein eingebrockt und, zum mindesten, lächerlich gemacht -habe, nicht hinterm Zaun hielten; aber dafür fehlte es unter den alten -Hochmögenden auch nicht an solchen, die sich im Auftischen saftiger -Hexenstücklein gar nicht genug tun konnten, und wer von ihnen selbst -nicht behext worden war, wußte zu berichten, daß wenigstens sein -Urgroßvater oder dessen Geschwisterkind die schönsten Hexen, wie es -keine mehr gebe, gekannt habe. - -Der Ratsherr Kemmeter hängte seinen Dreispitz an einen Nagel und -stopfte umständlich seine holländische Pfeife; dann ließ er sich von -dem Ratsküfer einen Becher Faßwein reichen und ging von einem der -alten Stecher zum andern, und sein Becher klang beim Anstoßen so klar -und regelrecht wie die kleinen Glocken der Kilianskirche. Aber jeder -der Herren, mit dem er anstieß, bekam eine Bosheit zu hören, ohne daß -die Kracher aus dem Häuschen gerieten: denn sie kannten die Gewohnheit -des alten Spitalpflegers, allen Leuten einen Floh ins Ohr zu setzen, -und die Alten lasen aus den Mienen Kemmeters einen Spaß heraus, von -dem sie sicher waren, daß er zu dem bevorstehenden Hexenspektakel -paßte. Die Gerichtsherren waren samt und sonders voll süßen und sauern -Weins, als sie endlich auf schwankenden Ratsherrnbeinen in die große -Gerichtsstube hinaufstiegen, wo der neue Kanzler Friedrich Lerch, dem -auch das Amt eines Zehntschreibers oblag, mit käseweißem Gesicht schon -hinter seinem Amtstische saß. Er hielt eine neugeschnittene Rabenfeder -in der Hand, und auf seinen Zügen lag ein solcher Kummer, daß der alte -Kemmeter auf ihn zuging und ihn derb am Ohre zupfte. -- - -Babette war schon vorher, nach altem Frankenthaler Rechtsbrauche, aus -dem Hexenturm in eine „feine Stube“ des Rathauses verbracht worden, wo -der Dekan Lotter ihrer wartete, um sie durch geistlichen Zuspruch auf -das Verhör in dem Hexenrichtercollegio vorzubereiten. Der geistliche -Herr nahm es gelassen hin, daß sein Beichtkind alle Schuld bestritt; -aber es mißstimmte ihn, daß Babette allem Zuspruch ein hartnäckiges -Schweigen entgegensetzte, die Hand, mit der er ihr die Backe streicheln -wollte, voller Abscheu wegschlug und sich mit gesenktem Köpfchen an die -Tür stellte, wo der Stockmeister auf einem hölzernen Stühlchen hockte. -Die Tränen liefen ihr noch wie helle Perlen über die Wangen, als sie, -von zwei Ratsknechten geführt, in die Gerichtsstube trat, wo die zwölf -Richter hinter einem langen Tische beisammen saßen. Auf Befragen des -uralten Hexenrichters Götz Schlegelmilch erklärte sie schluchzend, daß -jedermann sie kenne: sie sei von ihrer Tante in christlicher Zucht und -Ehrbarkeit erzogen worden; sie habe wohl gehört, daß es Hexen gebe; -aber sie wisse nicht, was Hexerei sei, und glaube auch nicht, daß in -Frankenthal Hexen zu finden seien. Da erhob sich der Gerichtsherr -Valtin Zipfel und sagte stammelnd aus, als er aus der Trinkstube -gekommen, habe er plötzlich, im Vorraum vor dem Gerichtssaal, einen -solchen unterirdischen Ruch von Rosen um sich gespürt, daß er vermeine, -solches könne nur die Frucht des teuflischen Hexenwerks sein. - -Darauf erklärte der Ratsherr Kemmeter, auch er habe diesen Ruch -mit seiner Nase wahrgenommen; aber der sei, wie er beim Evangelio -beschwören könne, aus den zinnernen Bechern der Ratsstube -emporgestiegen, von einem Jahrgang Wein, den er, vor zehn Jahren, -zu sechs Gulden das Fuder und also um einen Jammerpreis, an den -hochmögenden Rat geliefert habe. Im übrigen müsse er bemerken, daß der -Stechheber, mit dem der Ratsküfer den Schoppenwein aus den hahnenlosen -Fässern ziehe, schon längst schadhaft sei, weil er nicht genug geputzt -und gescheuert werde; er selbst habe hie und da mit Abscheu beim ersten -Schluck ein vermischtes Geschmäcklein auf der Zunge verschmeckt, was, -gegen alles städtische Herkommen, aus zwei Fässern zugleich stammte, -und eine solche Schlamperei sei dazu angetan, Geschmack und Wein der -Stadt in schlechten Geruch bei den Nachbarn zu bringen. - -Dies brachte den Hexenrichter Götz Schlegelmilch in Harnisch: er -bekundete, daß er jüngst, als er von einem Nachttrunk heimgekehrt, aus -der Hottenlochgasse ein solch teuflisches Getöse, Toben, Schreien, -Singen vernommen, daß er nicht anders meine, als diese Lustbarkeit sei -von dem Erzfeind und Teufel wider alles Verbot der Obrigkeit angestellt -worden, um eine Hexe zu feiern und sein Reich zu heben. Worauf der -Ratsherr Kemmeter zwinkernd im Kreis umherblickte und erklärte: Daß -Weinsümpfe doppelt sähen, habe er gewußt; daß sie doppelt hörten, habe -er nun erfahren. Im übrigen rühre aber dies Geschrei, das guten Bürgern -die Nachtruhe störe, von den welschen Arbeitern am Schloßbau her, die -mit ihren Menschern die halbe Nacht durchtanzten und das Messer los im -Sacke trügen. - -Doch der Gerichtsherr Schlegelmilch blieb bei seiner Aussage und -verlangte, daß die Malefikantin Barbara Glock alsogleich, nach altem -Brauch, zu Recht nackt ausgezogen, auf ihre Hexenmale untersucht und, -wenn solche nicht gefunden würden, mit Schrauben gepreßt werde. - -Worauf der Ratsherr Christopher Kemmeter erwiderte: Er müsse die Schuld -an besagter Augentrübung des Hexenrichters noch einmal auf den schlecht -gehaltenen Wein schieben, der es bewirkt habe, daß er seine eigenen -Miträte auf dem Vorplatz für Hexenmeister genommen habe; er schlage -vor, den Ratsküfer ~edictaliter~ zu zitieren, um ihn zu christlicher -Verwaltung seines Amtes zu vermahnen, die Füllung der Weinfässer durch -ein wohlbestalltes Kollegium prüfen zu lassen und zwei Stechheber, -einen für die Katholiken und einen für die Evangelischen, auf Kosten -der Republik Frankenthal anzuschaffen. - -Während die Ratsherren die Köpfe zusammensteckten, um über die -vorgebrachten Anträge zu beraten, ließ der Stadtschreiber Friedrich -Lerch Babette nicht aus dem Auge. Der Anblick des blassen Köpfchens, -das seinen Blicken auswich, erfüllte ihn mit unendlichem Mitleid, und -immer wieder gedachte er der Augenblicke, wo ihm das Licht ihrer Augen -das wunderbarste Glück verhieß. - -Das eifrige Getuschel und Gerede der Gerichtsherren fand jedoch -ein jähes Ende, als sich der alte Kemmeter wieder erhob und mit -flötenweicher Stimme erklärte, er müsse, noch ehe ein Bescheid des -Hohen Collegii ergehe, die hochmögenden Gerichtsherren auf eine alte -Verordnung vom 13. Aprilis de anno 1563 hinweisen, wonach es den -Katholischen nicht erlaubt sei, eine Hexe allein der hochnotpeinlichen -Halsgerichtsbarkeit zu überliefern, sondern wonach es zu Recht bestehe, -daß die Lutherischen ebenfalls eine Hexe beizubringen hätten, wenn -den Katholischen der Fang eines solchen Tierleins gelungen wäre, -und so verlange er, als Bekenner der Augsburger Konfession, daß man -das peinliche Verfahren aussetze, bis es auch den Evangelischen -beliebe, eine Hexe ihres Glaubens aufzustöbern und der von Gott mit -scharfem Verstand begabten Obrigkeit zu peinlicher Rechtfertigung oder -Aburteilung zu übergeben. Seit der Glaube an die höllische Hexenzunft -bestehe, sei in Frankenthal niemals eine Hexe allein geschwemmt oder -verbrannt worden, und dies gleichzeitige Verfahren habe dem Stadtsäckel -manchen Batzen erspart, der dann auf schicklichere Weise, in einem -guten Trunk oder Schmaus, vertan worden sei. Auch sei es in Frankenthal -von alters her der Brauch, daß vor Vernehmung einer beschuldigten -Person ein dreitägiges Fasten für die Gerichtsherren aufzuschreiben -sei, womit verhindert werde, daß üble Dünste aus dem Magen aufwärts -steigen und die Helligkeit des Hirns trüben. Er heische übrigens noch -einmal die Herbeiführung eines Ratskonklusums über die Anschaffung -zweier neuer Stechheber, und falls sie der Ratsküfer in Zukunft nicht -paritätisch blank und sauber halte, solle er, zu Pfingsten und zu -Weihnachten, gestäupt und bei widerspenstiger Beharrung in seiner -Faulheit seines Amtes zu Ungnaden enthoben werden. Die Ratsherren sahen -sich mit langen Gesichtern an: der eine oder der andere hatte von der -alten Verordnung munkeln gehört, und da die Reichsstadt wegen der -Treue, mit der sie an den Verordnungen der Väter hing, in ganz Franken -berühmt war, so erging denn zunächst der Bescheid, daß Babette Glock, -die ob des Gehörten an allen Gliedern zitterte, ohne Verweilen zu -weiterem Gewahrsam in den Hexenturm zurückgebracht werde. -- - -Inzwischen redeten und schrien die Hochmögenden, die nun deutlich in -zwei feindliche Gegnerschaften auseinander traten, mit vorgestreckten -Gesichtern und spitzen Fingern aufeinander ein. Der alte Kemmeter aber -stand wie ein Fels dazwischen, rieb sich die Hände und zwinkerte den -Stadtschreiber Lerch mit vergnügten Äuglein an: er wußte zwar noch -nicht, wie die Regierenden seinen Antrag aufnehmen würden und was -daraus entstehen mochte; allein die Tatsache, daß er den hochmögenden -Herren einen richtigen Kemmeterstreich gespielt und einen Stein in den -Frankenthaler Karpfenteich geworfen habe, erfüllte ihn mit einer wahren -Weinfreude: entweder, so sagte er sich, gingen seine Glaubensgenossen -selbst daran, eine lutherische Hexe in den Turm zu liefern, damit das -hochnotpeinliche Gericht seinen Fortgang nehmen konnte, und dann sah -sich der Propst Schlegelmilch, der aus seinem geläuterten Rationalismus -kein Hehl machte, in einer üblen Lage; oder die Katholiken machten sich -selbst auf die Hexenjagd, um ein evangelisches Hexenstück zu erwischen, -und dann konnte es geschehen, daß Mord und Todschlag einrissen. Zwar -waren die Evangelischen in früheren Zeiten immer von dem löblichsten -Wetteifer geplagt gewesen, nicht weniger Hexen zu liefern als ihre -katholischen Mitbürger; aber sie hatten es stets aus freien Stücken -getan, ohne daß der hie und da aufflammende Glaubenszwist der beiden -Konfessionen bei diesen Hexenstreitigkeiten eine Milderung erlitten -hätte; ja, er war gerade bei derartigen Gelegenheiten in solche -Heftigkeit ausgeartet, daß sogar die Hexen beim Verhör erzählten, es -habe niemals eine lutherische Hexe mit einer katholischen auf einem -Maientanz tanzen mögen. Auch war es vorgekommen, daß die Aussagen der -Hexen über die Gebräuche bei den Walpurgisnachttänzen manchmal, je nach -dem Glauben der Beklagten, ganz wesentlich voneinander abwichen: bei -dem großen Hexenbrand im Jahre 1617 war, wie aus den Aufzeichnungen des -ehrsamen Ratschreibers Veit Unruh hervorging, ein gewaltiger Streit -zwischen den beiden angeklagten Hexen entstanden, weil die lutherische -Hexe steif und fest behauptete, bei dem Hexenmahl sei süßer Wein -getrunken worden, während die katholische selbst in den spanischen -Stiefeln nicht von ihrer Aussage abzubringen war, der Wein, den ein -rothaariger Küfer mit einer Feder hinter dem Ohr auf den Tisch gestellt -habe, sei so sauer gewesen, daß sie ihn heimlich, damit der Grüne es -nicht sehe, weggespien habe. -- - -An den nun folgenden Tagen summte und brummte die alte Reichsstadt -wie ein Bienenkorb vor dem Schwärmen. Meister und Gesellen verließen -ihre Arbeit und standen feiernd an den Straßenecken beieinander. -Die breitesten Gassen rochen wie eine dampfende Wurstküche, und die -zahlreichen Becken, die ein ererbtes Schenkrecht ausübten, sowie die -Zunftküfer und Weinwirte des niederen Volkes mußten ihre ältesten -Fässer anstechen, um den Hexenbrand der Meister und Gesellen zu -löschen, die sich hinter den Kannen mit listigen Äuglein maßen. Die -alten evangelischen Mainfischer schrien in ihrer Mundart, daß sie -sich kein Brotkrümlein von ihrem Rechte abzwicken ließen; denn es -sei eine Frechheit, wenn die Katholischen sich herausnähmen, ein -eigenes Hexenrecht zu schaffen. Die Aufgeklärten, die sich in solche -Konventikel verirrten, suchten die wilden Männer zu beruhigen, indem -sie erklärten, daß es in Frankenthal schon seit einer halben Ewigkeit -keine Hexen mehr gebe, weil die Vorväter, in vorausschauender Weisheit, -die ganze Brut schon längst mit Stumpf und Stiel ausgerottet hätten. -Daraufhin erklärten die Parteigänger des Bürgermeisters Lienlein, daß -man schon eine protestantische Hexe finden könne, wenn man nur wolle: -denn daß noch ungefangene Hexenweiber in Frankenthal herumgingen, -beweise der Umstand, daß der Sohn des Bürgermeisters in der Nacht -zuvor, als er an dem Hexenturm vorbeigegangen, von unsichtbaren Fäusten -so zerbläut worden sei, daß er die blau und gelben Male noch an seinem -Körper trage. Bald hieß es auch, daß Kaspar Lienlein, der seit einer -Woche die halbe Nacht in dem Weinhaus „Zur warmen Wand“ liege, mit -seinen Freunden auf eigene Faust und Gefahr ein evangelisches Hexlein -zu fangen gedenke, damit die eingetürmte Babette Glock endlich dem -Urteil überantwortet und geschwemmt oder zu Asche verbrannt werde. -Indessen ging es auf dieser Jagd dem Sohne des Bürgermeisters schlecht: -er wurde von unbekannten Händen in eine randvolle Jauchengrube -geworfen, und als man den jämmerlich Schreienden herauszog, fand es -sich, daß ihm sein rechtes Auge heraushing. -- - -Da unter solchen Umständen der Bürgerkrieg in Frankenthal drohte, -traten die beiden Geistlichen, der protestantische Propst Ehrwürden -Veit Schlegelmilch und der katholische Dekan Kilian Lotter, zu einer -Beratung zusammen. Die beiden Herren lächelten süß, als sie sich in -einem Ratszimmer trafen, um diese leidige Sache zu erwägen und mit -Gottes Hilfe einen Ausweg zu finden. Der Dekan Lotter, dessen feistes -Prälatengesicht den Himmel auf Erden widerspiegelte, beklagte zunächst -den Umstand, daß man ein Kind seines Glaubens der Hexerei bezichtige; -aber weder seine Miene noch seine Worte verrieten die geringste -Unruhe: er erklärte, er habe dem fürstbischöflichen Kommissariat einen -Bericht erstattet und sehe nun allen Weiterungen mit der Ruhe eines -guten Gewissens entgegen. Da jedoch in jedem geistlichen Gemüt ein -Flickereien Rost glänzt oder ein Tröpfchen Bosheit giert, belehrte er -den Propst, daß schon der Pater Friedrich Spee sein Leben daran gesetzt -habe, den greulichen Hexenwahn zu bekämpfen, und der Eindruck, den -der fromme Priester von dem Elend der Hexenprozesse gewonnen, sei so -groß gewesen, daß sein Haar im schönsten Mannesalter weiß wie frischer -Schnee geworden sei, wie aus seinem Buche „~Cautio criminalis~“ -hervorgehe. Und als Gegenstück zu dieser frommen Lichtgestalt ließ -er den sächsischen Kanzler und Protestanten Carpzow auftauchen, der -allein das Todesurteil von zwanzigtausend Hexen unterzeichnet habe. - -Der Propst Schlegelmilch hörte diese Unterweisung mit mildem -evangelischen Lächeln an; sein Gemüt war zwiespältig: während er einem -gemäßigten Vernunftglauben zuneigte, ging seine Seele heimlich in -verschlossenen Seelengärtchen spazieren, wo Liebeswunder herrnhutischen -Gepräges geschahen und Weltliches und Geistliches wie Rosen- und -Liliendüfte ineinanderflossen. Er bedauerte den Geist der Stadt, der -allzusehr an Altem hänge und nicht davor zurückschrecke, um eines -Festes willen sein Seelenheil aufs Spiel zu setzen; aber im stillen -gelobte er sich, seinem katholischen Amtsbruder die Anspielung auf den -lutherischen Kanzler Carpzow bei Gelegenheit mit Zins und Zinseszinsen -heimzuzahlen und bei der Verteilung des städtischen Deputatholzes -darauf zu sehen, daß die katholischen Holzknechte nicht die schönsten -Scheite ihrem Seelenhirten zu übermäßigen Klaftern schichteten. -- - -So verlief die Unterredung der beiden Geistlichen, ohne eine Wendung -im Schicksal der Babette Glock herbeizuführen. Dafür beschlossen die -beiden Gerichtsherren Unruh und Zipfel, bei dem störrischen Babettchen -selbst auf den Busch zu klopfen, um aus ihrem Munde zu erfahren, -mit welchen Hexen sie zu Pfingsten auf der Galgenweide getanzt und -geschmaust habe. Sie fanden die Gefangene blaß, aber gefaßt in der -Fensternische ihres Turmes sitzen: sie dachte just des Tages, da ihr -Jugendgespiele Friedrich Lerch, von der Akademie heimkehrend, zum -erstenmal in die Stube bei ihrer Tante getreten war, und ein Gefühl -glücklicher Erwartung erquoll aufs neue in ihrer Brust. Als die beiden -Kracher von dem Hexentanz anfingen, flammte das alte Wesen in ihr -auf: sie ging mit geballten Fäusten auf die Alten los, so daß diese -mit aufgehobenen Händen bis an die schwere Eisentür des Verließes -zurückwichen, von wo aus sie erschreckt und zitternd auf das bebende -Mädchen blickten. - -Der Ratsherr Zipfel begann als erster zu lachen: „He, Jungfer Glock, -nichts für ungut, mit Euch möcht ich selbst ein Hexentänzchen wagen.“ -Und er spitzte den Mund, als ob er ein Schmätzlein pflücken wolle. -Im stillen war er jedoch voll Ärgers, daß er nicht allein gekommen -war, um dem schönen Kind das Hexenherzchen schwer zu machen. Er trat, -da Babette ruhig blieb, wieder einen Schritt näher und fuhr meckernd -fort: „Aber so sagt uns doch nur, mit welchen Hexen Ihr beim letzten -Tanz zusammen waret. Ist kein lutherisch Hexle dabei gewesen? Aus der -Hottenlochgasse, wo die Hexen von alters her wachsen? So sagt es doch. -Verbrannt werdet Ihr doch; denn es ist noch niemals erlebt worden, daß -eine Frankenthaler Hexe freigekommen ist.“ - -Da ging Babette in jäh ausbrechender Wut wieder auf die Alten los, -und aus ihren Augen flammte ein solches Licht, daß die Gerichtsherren -zähneklappernd die Flucht ergriffen. Sie vergaßen sogar, die eichene -Gefängnistüre mit dem Schlüssel zu schließen, und keiner wußte zu -sagen, wie er die ausgetretene Wendeltreppe heruntergekommen war. Der -Ratsherr Unruh erzählte am Abend in der Ratsstube, er habe nun auch den -Rosengeruch gespürt, der den Gerichtsherren dazumalen, beim Gang aus -der Ratstrinkstube, in die Nase gestiegen sei; aber es sei ihm dabei -so elendiglich zumute geworden, daß er in seiner Seele nicht mehr froh -geworden, bis er bei seinem ehelichen Weib zu Hause gesessen und drei -Rosenkränze nebst der lauretanischen Litanei gebetet habe. -- - -Unterdessen geschah es in der aufgewühlten Stadt, daß bald diese -oder jene Frankenthalerin als Hexe genannt wurde. Infolge dieses -heimlichen Geredes kam es an verschiedenen Abenden zu blutigen -Schlägereien zwischen Katholiken und Evangelischen, und da auch die -Frankenthalerinnen ihre Zungen gehen ließen, gerieten die Gemüter in -solche Erhitzung, daß bald jede Frau in jeder andern eine heimliche -Hexe sah. - -Indessen saß Babette weltverlassen in ihrem Turm und brütete in -wechselnder Gemütsart vor sich hin. Sie konnte es nicht begreifen, -daß kein Wunder geschah und Tag um Tag verging, ohne daß der Geliebte -erschien, um sie aus dem Jammer fortzuführen. Der Blick, den er -ihr zugeworfen, als sie den Rathaussaal verlassen hatte, wo die -leibhaftigen Teufel in Ratsherrengestalt auf ihren hochlehnigen Stühlen -hockten, glänzte noch immer vor ihr her, und wenn sie unwillig wegen -seiner Schüchternheit werden wollte, die alles verschuldet habe, -löschte dieser lange Blick jeden Groll in ihrer Seele aus. Sie schloß -ihre Augen, um diesen Blick immer wieder mit vollem Herzen zu genießen, -und das Glück, das sie ersehnte, stand dabei so klar vor ihrer Seele, -daß sich ihre Wangen mit brennendem Rot färbten, wenn sie seiner -gedachte. Von einem Augenblicke seligen Beisammenseins spann sich ein -goldenes Fädchen in ähnliche Augenblicke späteren Daseins hinüber, und -wenn sie die Augen aufschlug und das blecherne Eßgeschirr vor sich -stehen sah, floh sie eiligst in die Mauernische, wo sie nur den Schrei -der Dohlen vernahm, die den Knauf des alten Hexenturms umschwärmten. -Dann quoll ein seltsames Mitleid mit sich selbst, das doch nicht ohne -Süße war, in ihrem Herzen auf, und die Gassenbuben, die vom Stadtwall -aus nach dem Hexenturm herüberblickten, erschienen ihr, wie durch einen -Schleier hindurch, zum Greifen nah und doch unendlich ferne. - -Als aber Tag für Tag verfloß, ohne daß der Geliebte ein Zeichen seines -Daseins oder seiner Hilfsbereitschaft gab, flammte wieder die alte -Empörung gegen dessen ganzes Wesen in ihr auf, und nun wandte sich -ihr Sehnen und Denken der Gestalt des Junkers Emmerich zu, dem sie -nun in hellem Trotz alle Mannesherrlichkeit, allen Wagemut und alle -Liebestreue andichtete. Sie durchlebte noch einmal die Stunden des -Festes der Grundsteinlegung mit sehnendem Gemüte, und der Ton der -Stimme, die sie zu hören glaubte, drang wie ein Strahl himmlischer -Wonne in ihr Herz. Sie zweifelte nicht, daß jener auf den ersten Ruf -erscheinen werde, um sie aus diesem Kerker, in dem nur alte triefäugige -Männer Zutritt hatten, hinwegzuführen. Doch die Tage vergingen, ohne -daß ein Zeichen sorgender Liebe in das muffige Düster des Hexengemaches -drang. Als einziges Liebeszeichen legte eines Abends der Stockmeister -ein Stück Kuchen neben die blecherne Suppenschüssel; da wußte sie, daß -die blinde Tante ihrer gedachte, und brach in bittere Tränen aus, die -noch flossen, als sie wie in einem Traum den ersten Biß in den frischen -Kuchen tat. -- - -In der Nische, wo sie tagsüber saß und in das Grün des nahen Waldhangs -hinüberblickte, hausten Spinnen, kleine schwarze Tierlein. Als sie -zum ersten Male ihrer gewahr wurde, hatte sie voller Abscheu ihre -zarten Gewebe zerstört, die wie gebauschte Segel in den verstaubten -Ecken hingen. Als aber die schwarzen Spinnerinnen sofort wieder daran -gingen, einen Faden zu ziehen und ihr Fangnetz in der halben Dämmerung -aufzuhängen, ließ sie die Emsigen gewähren und sah neugierig zu, wie -zuweilen ein Mücklein in das gebauschte Netz geriet und von der Spinne -zu künftigem Fraße eingewickelt wurde. Ja, es regte sich bei diesem -Spiel eine seltsame Grausamkeit in ihr, und diese bösartige Regung -wurde schwärend, als sie eines Tages von ihrer Nische aus drei ihrer -besten Freundinnen erblickte, die Arm in Arm auf dem Waldpfad über dem -Stadtgraben standen und nach dem Fenster des Gemaches herüberäugten, -in dem Babette gefangen saß. Sie floh in den hintersten Winkel des -Hexengemaches zurück, um diesem Anblick zu entgehen, und wünschte, voll -jähen Grimms, wirklich eine Hexe zu sein, um diesen Docken jedes Übel -anzutun; aber das helle Lachen ihrer Freundinnen trieb sie wieder ans -Fenster zurück, und als bald darauf die Mädchen singend weitergingen -und im Wald verschwanden, überfiel sie ein Frösteln, das nicht weichen -wollte. Und wieder suchten ihre Gedanken Trost und Zuflucht bei dem -Junker, dessen Gestalt bei dem Gedanken, daß er in Mainz in Glanz und -Ehren weile, mit überwältigendem Zauber vor ihre Seele trat. -- - -Doch als auch dieser Seelentrost wie ein Schein erblich, regte sich -in ihrer Seele ein seltsam Gären und Schwären: alles was sie an -Spinnabenden von Knechten und Mägden über Hexen und Hexenbräuche, -Marientänze, Salben und Wettermachen gehört hatte, begann ihr Denken -in einen Hexenring zu ziehen. Und wenn sie voll heimlichen Grauens -sich selber fragte, ob es wirklich Frauen gebe, die zum Heuberg oder -zur Galgenweide führen, vermischte sich der Durst nach Rache an ihren -Peinigern wie ein süßes Labsal mit diesem Denken und Sinnen. Und -noch süßer als der Wunsch, die ganze Stadt in einem Kieselwetter zu -ersäufen, erschien ihr der Gedanke, sich dem Geliebten, der sie in -solchem Jammer schmachten ließ, als triumphierende Hexe zu zeigen und -sich an seinem staunenden Entsetzen zu ergötzen und zu laben. Indessen -nahm auch dieses Spiel mit Hohn und Bitterkeit ein Ende, und da der -geifernde Hexentürmer wieder von der Folterung zu faseln begann, geriet -sie in eine verzweiflungsvolle Erwartung unentrinnbar nahen Entsetzens. - -Da fuhr sie, eines Tages, in aller Frühe aus einem bleiern schweren -Schlummer auf: ganz deutlich hörte sie, aus naher Ferne her, das Horn -des Kutschers, der das Lied von der jungen schönen Braut blies, unter -dessen Klängen einst der Junker Emmerich Rüdt von Collenberg aus den -Toren der Stadt gefahren war. Endlich war ihr Retter erschienen! Sie -sprang von dem Schragen auf und lief an die verriegelte Türe und pochte -mit den Füßchen an die dicken Bohlen. Und da der Ton des Posthorns -laut und lauter näher kam, hielt sie fast den Atem an, und ein klarer -Plan reifte jählings in ihrem Gemüt. Als der Hexentürmer gleich darauf -mit dem gebrannten Morgensüpplein daherhumpelte, verlangte sie, -stammelnd vor Hast, vor ihre Richter geführt zu werden. Der Alte, der -ein Geständnis witterte und nun seinen Hexenschmaus ganz nah gerückt -sah, schlurfte eilends davon, und eine Stunde darauf wußte schon die -halbe Stadt, daß die Hexe Babette Glock endlich mürb geworden sei und -ihre Hexereien gestehen wolle. Die Katholiken unter den Hexengläubigen -hofften, endlich zu erfahren, ob nicht doch eine evangelische Hexe -unter ihnen weile, und die Evangelischen versahen sich mit Stöcken und -Prügeln, um lose Mäuler mit ungebrannter Asche zu stopfen. Um neun Uhr -schon waren die zwölf Gerichtsherren und der ganze Rat auf dem Rathaus -versammelt. Wie eine Mauer aber stand das Volk, der Hexe harrend, -links und rechts auf dem Platze vor dem Hexenturm, und als endlich der -Schlüssel knarrte und Babette, bleich und abgezehrt, wie ein Schatten, -über die Schwelle trat, legte sich auf die Harrenden eine atemlose -Stille, in die, über die nahen Dächer her, plötzlich wieder, klar und -kräftig, das Posthorn hereinklang. Die Mütter drückten ihre Kinder an -die Brust, damit der Blick der Hexe ihnen kein Unheil antun könne, und -die männliche Jugend, der beim Anblick der hübschen Babette das Wasser -im Mund zusammenlief, blickte sich zwinkernd an. - -Hinter der Hexe ging der Türmer, mit einem alten Hütchen auf dem -Kopf, und hielt den Strick, an dessen Enden die Hände der Gefangenen -gefesselt waren, in seinen zitternden Fäusten fest. - -Da aber geschah etwas Unerwartetes: das bleiche Mädchen, das vor den -Blicken der Menge den Blick niedergeschlagen und nur zögernd den Fuß -auf die Gasse gesetzt hatte, erhob beim Aufklingen des Posthorns -jählings den Kopf: dieser Ton bedeutete Heil und Rettung, und mit einem -jähen Ruck riß sich Babette los und flog wie eine aufgescheuchte Taube -zwischen der erstarrten Menge hindurch. Niemand wagte es, in der ersten -Überraschung, nach der Fliehenden zu greifen, und erst als sie in -einem Seitengäßchen verschwunden war, brach die Menge zusammenflutend -in ein wildes Geheul aus. Ein altes Männlein schrie, es hätte den Atem -des leibhaftigen Satans gespürt; den jungen Frauen tanzten schon die -Höllenfunken vor den Augen, und die alten guckten gleich in die Höhe, -denn sie zweifelten keinen Augenblick, daß die Hexe sofort ein Wetter -machen werde, um die Stadt in einer Sintflut zu ersäufen. - -Doch nichts von alledem geschah. Wie der Wind durcheilte Babette ein -paar winkelige Gassen und Gäßchen, um den Marktplatz zu erreichen, -wo der Gasthof „Zum Elefanten“ stand, in dem die vornehmen Fremden -abzusteigen pflegten. Auf dem weiten Platze blieb sie einen Augenblick -stehen, um zu verschnaufen. Ihr einziger Gedanke war gewesen, den -Reisewagen des Junkers von Collenberg vor dem Gasthaus zu erreichen; -da aber kein Fuhrwerk vor der Treppe hielt, flog sie weiter, um durch -das Falkentor zu entkommen. Doch schon gellte der Volksruf: „Fangt -die Hexe!“ hinter ihr her und erregte die Aufmerksamkeit einiger -Fuhrknechte, die vor dem halbverschlossenen Tore beieinander standen -und rasch die Arme ausstreckten, um die Fliehende abzufangen. Da bog -sie wie der Wind in ein anderes Seitengäßchen ein; doch überall, wohin -sie sich auch wenden mochte, überall begegnete sie feindseligen oder -lachenden Gesichtern: denn den Frankenthalern war es inzwischen zum -Bewußtsein gekommen, daß für die Hexe kein Türlein zum Entwischen offen -stand, und nun gedachten sie die Atemlose wie eine Maus bis zu letzter -Erschöpfung im Kreise herumzuhetzen und sie erst zu fangen, wenn sie -keinen Fuß mehr heben konnte. - -So gelangte sie in wilder Hatz ein zweites Mal vor das Falkentor, -über dessen Zinnendach nun der Ton des Posthorns noch einmal wie ein -ersterbender Hauch aus weitester Ferne hereinklang. Einen Augenblick -stand die Atemlose still, um sich zu besinnen: da hörte sie, wie sich -das Gejohl und Geschrei ihrer Verfolger nah und näher wälzte, wie -es gellend und pfeifend aus allen Gassen zusammenbrauste und über -den Dächern zusammenschlug. In jäher Todesangst floh sie in den Turm -und stürmte die schmale Holztreppe empor, die aus der Torhalle auf -den uralten Wehrgang hinter der Stadtmauer führte, und eilte unter -der niederen Bedachung des Umgangs weiter. Und wie ein himmlischer -Schutzort glänzte ganz plötzlich das Haus des Ratsherrn Kemmeter vor -ihr her, dessen Garten, wie ihr nun einfiel, an die Stadtmauer grenzte. -Sie mußte allerdings, um in den Garten zu gelangen, einen Sprung in -die Tiefe wagen. Da sie aber schon die Tritte der Verfolger zu hören -glaubte, ließ sie sich ohne langes Besinnen von der hölzernen Brüstung -des Wehrganges auf ein umgegrabenes Beet fallen und gelangte, bis zum -Tode erschöpft, vor die Hintertüre des Flures, deren Klinke dem Drucke -ihrer Hand nachgab. Margret, die Schwester des Spitalpflegers, die -gerade eine Windel für ein Waisenkindchen säumte, machte große Augen, -als Babette Glock wie ein gehetztes Wild in die Stube stürzte und mit -hauchloser Stimme um einen Zufluchtsort bat. Die alte Jungfer sah -nicht gerade mit liebevollen Augen auf das Mädchen, das als keckes, -mundfertiges Wesen in ihrem Gedächtnis lebte und nun, da sie als -Flüchtige kam, vielleicht Sorge und Belästigung in das Haus brachte. -Da sie nicht wußte, was der nächste Augenblick bringen würde, und sie -gewohnt war, nichts ohne ihren Bruder zu tun, löste sie den Strick von -den Händen der Erschöpften und sperrte, ohne ein Wort zu sagen, das -still vor sich hinweinende Mädchen in eine Bodenkammer. Dann verschloß -sie, der weiteren Dinge harrend, die Gassentüre des Hauses. Nach einer -Weile hörte sie, wie eine johlende Menge in dem Wehrgang über dem -Garten hin und her stürmte; aber es erschien niemand in dem Hause, um -nach der Entflohenen zu spähen, und so hielt sie es für angebracht, -die dumpf vor sich Hinbrütende zu heiligem Schweigen zu mahnen, da die -Magd bald vom Markte heimkäme. Sie fragte unwirsch, ob Babette ein -Gläschen Wein wolle, und brummte wie ein Hausdrache vor sich hin, als -die Erschöpfte mit aufgehobenen Händen und erloschener Stimme nach dem -Ratsherrn verlangte. -- - -Als der Spitalpfleger eine Stunde später nach Hause kam, ließ sich die -Jungfer Margret erst die Flucht der Hexe erzählen, und dann geleitete -sie, ohne einen Muckser von sich zu geben, ihren Bruder in die Kammer, -wo Babette mit weiten Augen und schwer atmend auf einer niedern Truhe -saß. Sie hatte in dem dunklen Gelaß jede Hoffnung auf Rettung verloren -und war gewärtig, jeden Augenblick ergriffen zu werden. - -„Du hast uns da ein hübsches Süpple eingebrockt,“ sagte der Ratsherr -unwirsch, als er gewahrte, wie die Tränen über die Wangen der Gehetzten -niederrannen. „Und ich soll’s ausessen, gelt? Aber so ist die Jugend: -nur wenn sie uns braucht, kommt sie zu uns, damit wir die Fädchen, -an denen sie zappelt, zu einem seidenen Stricklein drehen, um das -Glück an ein rechtes Handgelenk zu binden. Wenn wir aber auch am -Tischle sitzen wollen, wo sie aus vollen Bechern trinkt, dann heißt -es: Geh, du hast dein Teil gehabt! Die Jungfer weiß vielleicht, daß -ich französisch parlieren kann und zwei Jahre auf der Akademie in -Straßburg gemeines und kirchliches Recht studiert hab? Aber Sie weiß -nicht, daß ich mich da auch um andere Dinge gekümmert habe, die auf -keinem Kirschbaum wachsen. Und einen Trost von da hab ich mitgebracht: -Es kommt immer anders! Die Jungfer muß erst Großmutter werden, eh Sie -versteht, was das besagen will. Was aber sollen wir mit Ihr anfangen? -Nun, was das Hexensüpplein anbelangt, so soll mir der Rat beim Essen -helfen und tüchtig blasen, damit er sich die Zunge nicht verbrennt -und, ~vel votando vel consulendo~, lernt, wie Hexenmählchen schmecken. -He, Jungfer Glock, Ihr könnt Euch rühmen, den alten Bienenkorb fein in -Aufruhr gebracht zu haben. Hört Ihr den Lärm? Nun wird sich zeigen, -ob Seine Ehrwürden der Propst recht hat, wenn er behauptet, die Zeit -himmlischer Erleuchtung sei nie näher gewesen als heute, Apokalypse -dies oder jenes Kapitel. Es wäre zum Lachen, wenn ein fliehendes -Frauenzimmerchen den Herren dieses Lichtlein aufgesteckt hätte, damit -sie auch sehen, welches Süpplein sie blasen. Und auch die Zunft der -Bader wird heut zu tun bekommen.“ - -Da Babette schwieg, hob Christopher Kemmeter das Kinn der Sitzenden -empor und lachte dann: „Was seht Ihr mich an? Habt Ihr vielleicht schon -einen schöneren Jüngling gesehen? Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch -bei der keuschen Susanna im Bad ersuchte, meine liebwerte Ehefrau zu -werden? Ich möchte auch einmal, wenn ich abends aus dem Ratskeller nach -Hause komme, von weichen Pfoten gekrault werden. Meine Schwester ist -ein altes Fegefeuer und hat nicht die Hand dazu.“ - -„Der Herr von Collenberg ist durchgefahren?“ fragte Babette, mit einem -Blick, aus dem fast kein Leben leuchtete. - -„Mit einer Braut, die sich der Batzenschmelzer aus Mainz geholt hat. -Laßt ihn fahren; den seht Ihr niemals wieder.“ - -Babette Glock sank auf die Truhe zurück und starrte vor sich hin: was -sie da vernahm, stieß sie wieder in den Jammer öder Hoffnungslosigkeit -zurück, und doch wunderte es sie selbst, daß sie keinen tieferen -Schmerz ob dieser Nachricht empfand. Der Spitalpfleger scherzte -indessen weiter: „Und ich gefall Euch nicht?“ - -Da überkam die Reglose jählings ein Gefühl der Beruhigung, und -plötzlich erwachte die Schelmin in ihr: „Ich will keine Wittib werden,“ -sagte sie seufzend, während ihr die hellen Tränen in die Augen schossen. - -Der Ratsherr zwinkerte mit den Äuglein unter seinen buschigen Brauen: -„Ihr verurteilt mich ja zu einem raschen Sterben! Aber was habt Ihr, -wenn Ihr einen verängstigten Hungerleider nehmt, der nicht lachen kann -und seine Bettelsuppe mit saurem Gesicht ißt?“ - -„Ich hab zuviel gelacht,“ seufzte sie, worauf sie in ihre vorige -Trübsal zurücksank. - -„Wenn es der Geiß zu wohl wird, geht sie gern aufs Eis. Nichts für -ungut, Jungfer: Ihr habt ein Schelmenaug, das schlimmere Dinge verrät, -als ein roter Mädchenmund sagen kann. Ich würde Euch gern einen Mann -schicken, der meine Sache führen soll; aber ich kenne keinen: zu -Frankenthaler Kanzlern nimmt man niemals aufrechte Männer, weil man sie -in diesem Amt nicht brauchen kann.“ - -„Ihr sollt nichts Schlimmes über ihn sagen,“ bat Babette mit leiser -Stimme. - -„Frauenwille, Gotteswille,“ drohte Christoph Kemmeter mit erhobenem -Finger, und in ausbrechender Sorge fügte er hinzu: „Nun aber halt dich -still. Es darf keine Seele erfahren, daß wir ein Hexlein beherbergen. -Und muckse nicht, wenn unsere Magd, die alte Urschel, auf dem Speicher -rumort: den Schlüssel zu der Kammer da hab ich verloren, wenn sie ihn -verlangt. Und deiner Tante will ich zur Gemütsberuhigung sagen, sie -soll uns doch noch einen Hochzeitskuchen, einen echten Frankenthaler -Blatz mit Weinbeeren, backen.“ - -Da saß nun Babette zum zweiten Male in Gefangenschaft und hatte -Muße, über das Wesen der Menschen nachzudenken. Von dem schmalen -Giebelfensterchen aus konnte sie einen Teil des Gartens überblicken, -der sich hinter dem Hause des Spitalpflegers bis an die Mauer -erstreckte, und wenn sie das Köpfchen aus dem Fenster streckte, konnte -sie den Duft der Blumen riechen, der aus der stillen Mauergartenwelt -in ihre Kammer emporstieg. In dem ummauerten Garten herrschte ein -geheimnisvolles Leben: die Amseln huschten zankend über die Beete, -ein Brünnlein perlte in ein zerborstenes Becken, und die ersten Rosen -glühten aus der grünen Tiefe. Einmal sah sie auch den alten Kemmeter, -wie er mit einem Kännchen von Beet zu Beet ging und dann die Faust -gegen den Wehrgang schüttelte, über dessen Brüstung von Zeit zu Zeit -neugierige Gesichter lugten. Da zog sie sich in das Innere zurück. Sie -hatte gehofft, der alte Ratsherr werde in einem Stündchen schon mit -dem Geliebten daherkommen, damit sie gemeinsam berieten, wie sie zu -ihrer Base in Zell entkommen könne; doch die Stunden zogen sich hin, -und erst gegen Abend erschien der Ratsherr mit der Nachricht, der Herr -Stadtschreiber habe sich bei einem Hexengespräch gegen jede Würde -hinreißen lassen, in einer Weinstube die Hand gegen ein paar Laffen aus -der Freundschaft des Bürgermeisters zu erheben, und liege nun mit einer -Stirnwunde zu Bette. - -„Sie hat den Heldengeist in ihm geweckt,“ scherzte der Alte, und -Babette entgegnete leise, aber fest: „Ich werde noch ganz andere Dinge -in ihm wecken.“ Aber sie zeigte, zum Erstaunen des Ratsherrn, weiter -keine Neugier, Näheres über diese Schlägerei zu erfahren, sondern -fragte nur: „Wann kann ich ihn sehen?“ - -Der Alte versprach, ihren Wunsch zu erfüllen; er habe ihr Versteck noch -nicht verraten; aber er werde den Helden am nächsten Tage lebendig oder -tot herbeischaffen, und Babette, die in dieser Nacht zum erstenmal -wieder traumlos ruhig schlief, erbat sich am nächsten Morgen ein -Nähzeug, um ihr Busentuch auszubessern. Die Jungfer Margret sah ihr -dabei ein Weilchen zu und brachte dann ein paar Waisenhemdchen herbei, -die Babette säumen sollte. Sie hatte sich vorgenommen, dem kecken Ding -gehörig auf die Finger zu gucken; aber wenn Babette die leuchtenden -Augen aufschlug, blieben der alten Jungfer die Scheltworte in der Kehle -stecken, und nur ein Knurren der Abziehenden verriet, daß sie mit sich -selber unzufrieden war. - -Mit sinkender Nacht betrat Friedrich Lerch, den Dreispitz tief auf -die Stutzperücke gedrückt, das Haus des Spitalpflegers. Dieser ließ -sich zuerst des weiten und breiten berichten, was die Frankenthaler -über die verschwundene Hexe hin und her redeten und wem das Fell von -Prügeln juckte; dann ging er hüstelnd in dem Gemach auf und ab, guckte -in ein Schränkchen und schloß es wieder zu, stopfte seine holländische -Pfeife und holte endlich aus dem Keller eine Kanne Wein, aus der -er dem Stadtschreiber fleißig einschenkte. Als er selbst ein paar -Gläser getrunken hatte, fing er an: „Friedrich Lerch, ich hab Seinen -Vater gekannt, und weiß Er, was mir mein guter Freund, der selige -Kammerdirektor Lerch, eines Tages, auf einer Schweinshatz, sagte: ‚Ich -hab sieben Buben, und einen, der ist zu allem unbrauchbar. Nicht einmal -zum Haferschneiden weiß er sich anzuschicken.‘ -- Ich tröstete den -Vater dieses Sorgenbuben und sagte: ‚Laßt ihn lateinisch lernen!‘ Hat -Er’s gelernt? Weiß Er, was Horaz vom Tage sagt? ~Carpe diem!~“ - -Ein bitteres Lächeln umflog den Mund des unbestätigten Kanzlers; -doch der Alte fuhr fort: „Hat Er so an den Kosttischen gelächelt, -die Er in Altdorf ausgefressen? Nichts für ungut: daß Er mit Seinen -Brüdern nicht aus dem Vollen schöpfen konnte, kam daher, daß sich mein -getreuer Freund, Sein seliger Vater, zu früh aus dem Staub gemacht -hat in ein besseres Jenseits. Nicht ohne Grund: denn ich könnte -allerlei Geschichten erzählen, wie man an kleinen Höfen lebt und -seine Leute preßt. Als ich das letztemal bei Seinem Herrn Vater in -Weiningen weilte, gab er mir ein Reskript zu lesen, dessen Wortlaut -ich mir eingeprägt habe. ‚Von Gottes Gnaden, Wir Ulrich Ernst, Fürst -von Weiningen (und das und das und so weiter). Lieber, Getreuer! -Nachdem Unsere Fürstliche Gemahlin Durchlaucht eine Reise ins Bad nach -Pyrmont vorzunehmen gnädigst beschlossen haben, hiezu aber noch ein -Reisezuschuß von 500 Dukaten in Gold unumgänglich erforderlich ist, -also befehlen Wir dir in Gnaden, besagte Summe aus deiner Amtskasse, -in Ermanglung deren aber aus eigenen Mitteln, binnen vierundzwanzig -Stunden, bei Vermeidung der Exekution, herbeizuschaffen.‘ - -Und weiß Er, was Sein Vater tat? Er meldete, daß er aus seinem eigenen -Säckel bereits 150 Gulden in die Hofküche gespendet, worauf ihm ein -Schreiben zukam: ‚Wir u. s. w. Lieber, Getreuer! Nachdem Wir aus -deinem untertänigen Bericht ~de dato hesterno et praesentato hodierno~ -in Gnaden ersehen haben, daß ~Pars prima rescripti nostri~ nicht in -Anwendung zu bringen, also hat es bei ~Pars secunda~ desselben sein -unausbleibliches Bewenden.‘ Das wollte besagen, daß die besagten 500 -Dukaten von dem Kammerdirektor Lerch beschafft werden mußten, und daß -Seine Mutter später mit der Rentkasse im Streit lag, um ihren hungrigen -Buben das Vorgeschossene zu erstreiten. Er weiß auch, daß Sein Vater -längere Zeit gelähmt dalag und nur noch das eine Wort ‚Hundsfötter‘ -hervorbringen konnte. Ich weiß nicht, wen er damit meinte, kann mir’s -aber denken. -- Hundsfötter und Herrgötter gibt einen Reim, womit -ich übrigens keine Blasphemie gegen unsern lieben alten Herrgott und -Seligmacher an den Mann gebracht haben möchte. Doch nun frag ich Ihn: -Was gedenkt Er zu tun?“ - -Friedrich Lerch zuckte die Achseln. - -Doch der Alte fuhr fort, und aus seiner Stimme klang es wie Hohn und -Grimm: „Er ist ein studierter Mann. Weiß Er nicht, daß alle Dinge an -ein Fädchen geknüpft und so miteinander verstrickt und verwoben sind, -daß man kein Mäschlein auflösen kann, ohne ein Löchlein in das Geweb zu -machen? Und daß, wer A sagt, auch B sagen muß? Und daß des Herrgotts -Boten so leis zur Tür hereinkommen, daß wir gar keine Zeit finden, sie -hinauszuwerfen, ehe sie ihre Botschaft an den Mann gebracht haben? Er -ist eine brave, aber furchtsame Seele. Hat Er sich’s schon überlegt, -daß man damit den Weibsen nicht in die Augen sticht?“ - -Friedrich Lerch seufzte. - -„So denkt Er immer noch an die Hexe? Schlag Er sich das Frauenzimmer -aus dem Sinn. Er ist nicht gemacht, um mit Hexen zu leben. Ich rate -Ihm, eine gestandene Jungfer zu nehmen, die eine doppelte Aussteuer in -ihrer Kammer, einen Gültbrief in ihrem Laden und hundert Kronentaler in -ihrem Strumpf versteckt hat. Zwölf Kinder soll Er bekommen, und beim -dreizehnten kann Er mich zum Dot bitten.“ - -„Sie werden sie wieder fangen,“ seufzte der Stadtschreiber, der in -einem fort an Babette dachte. - -„O, la la,“ lachte der Alte. - -„Und ich könnte sie alle an den Galgen bringen, wenn es noch Recht und -Gerechtigkeit gäbe,“ schrie Friedrich Lerch, in dem nun der Wein zu -wirken begann, ganz plötzlich auf. „Ich habe erst einen Blick in die -Vetterleswirtschaft am Ort getan und weiß doch schon, daß sie alle, die -hochmögenden Herren, Taschen mit doppelten Böden haben. Der hat einen -Sohn und jener eine Tochter, die alle meinen, es schmecke kein Kuchen -so süß als der, den sie aus dem Stadtmehl backen. --“ - -Der Ratsherr lachte aus vollem Halse: „Er ist toll. Weiß Er am End -auch schon, daß man am weichsten auf dem Leder geht, das man aus -dem Rücken der anderen schneidet? Hat Er darüber nachgedacht, warum -wir von der gleichen Konfession die gleiche Anzahl Ratsherren, -Pfaffen, Stadtausrufer, Hochzeitansager, Büchsenmacher, Glockengießer, -Apotheker, Ärzte und Scharfrichter haben, warum aber nur ein -Bürgermeister regiert? Hat Er noch nicht bemerkt, daß der katholische -Totengräber seine Leute mit einem anderen Gesicht eingräbt als der -lutherische? Und was will Er machen, wenn Er, wie ich als Armenadvokat, -eines Tages zum Waisenvater und Rentmeister des Waisenhauses zugleich -ernannt wird und in die seltsamste Zwickmühle gerät? Setz Er den -Fall, der Waisenvater -- Er -- befehle dem Rentmeister -- Ihm --, den -unglücklichen Waisenkindern einen Osterkuchen aus Weizenmehl backen zu -lassen, und der Rentmeister weigere sich, Seinem Befehl zu gehorchen, -weil kein Geld in der Kasse ist? Wird Er den Lümmel nicht koramisieren? -Wird Er -- als Waisenvater -- dulden, daß der Rentmeister Ihm auf -ein ungeschriebenes ~Promemoria~ von hundert Seiten keine Antwort -gibt, sondern Ihn vielleicht gar auf die immerwährende Frankenthaler -Kirchweih lädt? Wenn Er in solchen Lagen, wie ich sie zu hundert -Malen durchgemacht habe, nicht zum voraus Bescheid weiß, versteht -Er nichts ~in politicis~, und ich rat Ihm als guter Freund, lieber -heut als morgen eine gut dotierte Stellung in dem Utopien des weiland -Kanzlers Morus zu suchen, nicht aber in einer paritätischen Republik, -deren Verfassung auf dem Westfälischen Frieden gutgeheißen wurde und -dem kaiserlichen Hofrat in Wien auch heut noch zuweilen den heiligen -Amtsschlaf stört. Ich will Ihm, falls Er als Scriba beim Amt zu -bleiben und das Juramentum zu leisten gedenkt, einen guten Rat geben: -Trag Er nur fein immer den Hut in der Hand, wenn Er dem regierenden -Herrn Bürgermeister oder einem hochmögenden Ratsherrn begegnet, und -katzenbuckle Er wie ein Hungerleider, der Schlehen für Pflaumen frißt, -wenn die Not an den Mann geht. Und wenn von der hochmögenden Obrigkeit -die Rede ist, die, wie ich jüngst in einem alten Hexenurteil gelesen, -von Gott eingesetzt und mit scharfem Verstand begabt ist, so sitz Er -mit ehrfürchtigem Gesicht da und laß Er Seine Ohren hängen, wie es die -bockigen Esel tun. Sollte Er zufällig ein Weinglas vor sich stehen -haben, so kann Er trinken; aber Er lasse es nicht merken, daß Er es -vielleicht tut, um Seinen Ärger hinabzuspülen. Vor allem aber mach -Er sich nie mit der Geistlichkeit zu schaffen; denn da wird Er, wie -ich Ihm auf Eid und Treu versichern kann, immer den kürzeren ziehen, -obwohl ich Leute kenne, welche die wohlehrwürdigen, großachtbaren und -hochgelahrten Herren mit und ohne Beffchen zu eigenem Gaudio hie und -da hübsch gezaust haben, hihi. Und wenn Er Geld hat, laß Er es nie -merken, sondern sperre Seine errackerten Kronentaler in einen Strumpf -ohne Loch; denn die Strümpfe sind nicht dazu da, daß man darauf gehe, -sondern daß man sie voller Batzen im Bettstroh verstecke. Und wenn Er, -was nicht immer ein Glück ist, Söhne bekommt, so laß Er sie nicht in -den metaphysischen ~Terris incognitis~ herumvagieren, sondern laß Er -sie wieder Stadtschreiber werden, welches Amt mit Gehalt und Gefällen -seinen Mann redlich und kümmerlich nährt in Ewigkeit. Amen.“ - -„Sie hat keinen Menschen auf der Welt,“ jammerte der Stadtschreiber, -der immer wieder an Babette dachte, weiter. - -„Will Er um eines Weibsbilds willen auf die schönste Stadtschreiberei -in der schönsten Stadt Kleinfrankens verzichten, über deren Rathaustor -die vielsagenden Buchstaben ~S. P. Q. F.~, das heißt ~Senatus -Populusque Frankenthalensis~, eingemeißelt stehen? Weiß Er, wie Hunger -tut, und wie kleine Kinder schreien, wenn sie kein Brot haben? Meint -Er, Verliebte leben von Nektar und Ambrosia? Oder will Er wirklich in -der Welt draußen Seinen gelahrten Mann stellen und sehen, wie Er sich -in den Händeln ein Haus zimmert?“ - -„Den Bettel werf ich ihnen vor die Füße,“ schrie der Kanzler. - -„Weiß Er, daß man an weltlichen Höfen kriechen und an geistlichen ein -Aug zudrücken muß, falls man eine schöne Frau mitbringt?“ - -„Heut noch geh ich aus der Stadt.“ - -„Will Er das wirklich? Nun, vielleicht ist Er der Mann, um an einem -geistlichen Hof besser fortzukommen als in dieser Stadt, von der ihre -Nachbarn seit Methusalems Zeiten absonderliche Schwänke erzählen. -Es heißt, unter dem Krummstab ist gut wohnen, und die hochgeborenen -Domherren in Mainz, Würzburg oder Bamberg haben Leute, die nach dem -Verse ‚~On trouve avec le ciel des accommodements~‘ leben, nicht ungern -um sich. Aber wenn Er solche Pläne in Seinem Cerebro wälzt, so nehm -Er sich auch gefälligst eine gute Lehre von dem Mohren mit, der auf -unserem alten Wachturm dem ganzen heiligen römischen Reich die Zunge -zeigt und den Leuten mit dieser Geste verkündet, was ein Biedermann von -ihnen und der Welt ~sub rosa~ zu denken hat. Aber eh Er Seine Höhle -aufsucht, will ich Ihm noch etwas Hübsches zeigen.“ - -Ehe er sich erhob, blickte Christopher Kemmeter mit gespitztem Mund in -die Kanne, um zu sehen, ob sie leer sei, und dann nahm er den wild -dreinblickenden Kanzler am Arm, führte ihn eine knarrende Holztreppe -hinauf und stieß ihn in eine Gerümpelkammer, wo Babette blaß und gefaßt -bei einer geschnäbelten Öllampe am Tische saß und ein Waisenhemdlein -säumte. Sie wollte aufflammen, als Friedrich Lerch stolpernd eintrat; -als sie aber sein gedrücktes Wesen bemerkte, warf sie sich in seine -Arme und brach in herzzerreißendes Weinen aus. Er streichelte ihr -zärtlich die blassen abgemagerten Backen; aber er wagte noch lange kein -Wort zu reden, bis sie endlich tief aufseufzte und fragte: „Was soll -nun werden?“ - -Da erwachte der Mann in Friedrich Lerch, und er besaß mit einem Male -eine Menge von Talenten und Schlichen, mit deren Hilfe er es zu einem -schönen Ämtchen in einem der zahllosen Ländchen des Gaus zu bringen -gedachte. Er tat, als ob er zeit seines Lebens nur mit Domherren, -Kammerdirektoren, Rentmeistern und Sekretären Umgang gepflogen hätte, -und ließ sein Rößlein immer wilder steigen. Babette hörte ernsthaft -zu; als er aber mit dem Auskramen seiner Pläne fertig war und wieder -in seine alte Mutlosigkeit zurücksinken wollte, gab sie ihm einen -zärtlichen Rippenstoß, und als er ihre schimmernden Augen gewahrte, -empfand er die tröstliche Gewißheit, daß die alte Babette noch lebe, -und glückselig schloß er die Erglühende zum erstenmal in seinem Leben -in die Arme. - -So saßen sie eine Weile wortlos da, bis die wie ein Vögelein sich -duckende Babette sich plötzlich losmachte und fragte: „Wenn ich nun -aber doch ein Hexle wär?“ Und als Friedrich Lerch leise lachte, verzog -sie schmollend ihr blühendes Mündchen und seufzte: „Ach ja, das kommt -davon!“ - -Die Wahl des Friedrich Lerch zum Stadtschreiber wurde von den -hochmögenden Regierenden in Frankenthal nicht bestätigt. Die -Evangelischen setzten es durch, daß, nach altem Recht und Brauch, -einer der Ihrigen an die Stelle kam, und zu ihrem Erstaunen erhob der -Spitalpfleger Christopher Kemmeter keine Einsprache. Er wurde überhaupt -in diesen Tagen selten in der Stadt und im Rat gesehen, und wenn Gaffer -kamen, um nach ihm zu sehen, erzählte er ihnen des langen und breiten, -daß sein guter Freund, der Abt von Fulda, drei Fässer Zypernwein bei -ihm bestellt habe, die er in nächster Zeit zu liefern gedenke. Wenn die -Rede auf die verschwundene Hexe kam, spielte er den Schwerhörigen, und -wenn ihm einer auf den Kopf zusagte, daß er bei dem Handel die Hand -im Spiele habe, brummte er, ihm tue nur leid, daß die Gerichtsherren -um ihr dreitägig Fasten gekommen seien. Er wußte, daß die Anhänger -des Bürgermeisters sein Haus umschlichen und auch draußen, vor den -Mauern, ihre Späher hatten; allein die Späher fanden es doch in der -Ordnung, daß eine Woche nach dem Verschwinden Babettes ein Wagen mit -drei Fässern vor dem Keller des Ratsherrn hielt, und kein Mensch ahnte, -daß Babette unter dem mittleren, das keinen Boden hatte, saß und mit -angstvollen Ohren dem Spiel des Postillions lauschte, der eine fromme -Weise blies, als er langsam aus dem Falkentore fuhr. -- - -Friedrich Lerch selbst war eines Tages ohne Sang und Klang aus der -Stadt verschwunden, und ein Gerücht wollte bald darauf wissen, er sei -mit der Hexe Babette Glock in Bischofsheim gesehen worden. - -Der Ratsherr Christoph Kemmeter erbot sich daraufhin, bei dem -kurmainzischen Oberamtmann, dem Herrn Hans Rüdt von Collenberg, Klage -zu erheben, falls das Gerücht von dem sündhaften Hexenschutz auf -Wahrheit beruhen sollte. Als er in einem alten Roquelaure, der seit -zwanzig Jahren unbenützt im Schranke hing und da und dort Mottenlöcher -sehen ließ, in den Postwagen steigen wollte, hörte er, daß zwei -Wäscherinnen im Nachbarsgarten die Hexe Babette Glock gesehen haben -wollten, wie sie, mit fliegendem Haar und auf einem Besenstiel reitend, -dreimal um den Türmersturm geflogen sei und dem zungenreckenden Mohren -ihr spitzes Zünglein gezeigt habe. Die beiden Gevatterinnen schwuren -hoch und teuer, daß ihnen das Luder nicht mehr entwischen werde, wenn -sie sie wieder fangen würden. Der Herr Spitalpfleger ließ sich die -Geschichte zweimal erzählen und bemerkte dann, die Nürnberger hätten -noch nie eine Hexe verbrannt, ohne sie zu haben, und so riet er auch -den beiden Gevatterinnen, doch ja den Rat dafür zu stimmen, daß dieser -löbliche Rechtsbrauch der Nürnberger nicht in Verfall gerate. - -In der alten Tauberstadt ging er erst seinen Weingeschäften nach und -ließ sich dann bei dem Junker Emmerich melden, den er in dem schmalen -Schloßgarten zwischen zwei geputzten Frauenzimmern auf und ab wandelnd -fand: es waren die junge Freifrau Ottilie und Babette, die nun ganz -französisch ausstaffiert war und ein bemaltes Fächerchen in der Hand -trug, an der ein goldenes Ringlein glänzte. Sie lief leichtfüßig auf -den alten Ratsherrn zu, gab ihm einen Kuß und flüsterte ihm ins Ohr: -„Wir halten übermorgen Hochzeit. Und dann will ich _ihn_ ziehen.“ -Und dann floh sie wieder zu ihrer neuen Freundin und faßte sie, wie -Zuflucht suchend, am Arm, während der Junker seine Fahrt an den Hof zu -Mainz erzählte und dem Gast den beklagten Gebetsstuhl der Familie von -Collenberg zur Verfügung stellte. -- - -Da in diesem Augenblicke Friedrich Lerch aus der Rentstube daherkam, -um seinen Gönner zu begrüßen, benützte dieser die Gelegenheit zu einem -Scherze; er rief: „Er kommt gelegen. Er kennt doch die Geschichte von -dem Gebetsstuhl, den mir der Herr Baron soeben zum Gebrauch für eine -Hochzeit angeboten? So sag Er mir doch, welchen Bescheid Er hätte -ergehen lassen, wenn Er Geheimer Rat des durchlauchtigsten Erzkanzlers -gewesen wär.“ - -Friedrich Lerch sah Babette an und entgegnete nach einer Weile: „Wir -Johann Karl Friedrich von Gottes Gnaden, des Heiligen Römischen Reiches -durch Germanien Erzkanzler und Kurfürst etc. fügen Unserm lieben -getreuen Amtmann zu wissen, daß der beklagte Gebetsstuhl in Unserer -Pfarrkirche zu Bischofsheim an seinem Platz zu bleiben hat; aber Wir -geben ihm den wohlmeinenden Rat, den Vorhang offen zu halten, wenn -der Herr Dekan predigt oder das Hochamt zelebriert, und die beklagte -Schließung des Vorhangs, die Wir seiner christlichen Demut zugute -halten wollen, für die Predigten und stillen Messen der Vikare und -Kapläne zu versparen --“ - -Der Ratsherr lachte: „Er hat etwas gelernt! Er wird Sein Glück an einem -Hof machen.“ - -Doch da mischte sich Babette ins Gespräch: „Und wie haben wir uns im -Betstuhl zu verhalten?“ - -Der Frankenthaler Ratsherr entgegnete: „Die Jungfer wird nie das -Gelüsten haben, den Vorhang zuzuziehen; denn die Frauenzimmer wollen -auch beim Beten gesehen werden.“ - -Babette knickste und ergriff die Hand ihres Liebsten, um mit der -Gesellschaft den Gang in die Kirche anzutreten, wo der Betstuhl in -seiner funkelnagelneuen Pracht mitten in dem Hauptgang vor dem Chore -stand. -- - -Christopher Kemmeter kam erst nach einer vollen Woche mit einem -Hochzeitssträußchen an seinem Roquelaure und einem verschmitzten -Gesicht heim. Er sprach zuerst bei der Margret Hippler vor, die wie -sonst mit friedlichem Gesicht an ihrem Spinnrad saß, und erzählte dann -in der Trinkstube und im Geheimen Rat, daß er in der Stadt der heiligen -Lioba zwar auch einen festen, runden Hexenturm, aber keine Hexe darin -gefunden habe, da die Hexen im Taubergrunde gründlich ausgestorben -seien. - -Friedrich Lerch half dem kurmainzischen Amtmann Collenberg eine -Zeitlang bei dessen Amtsgeschäften, und später, als der Graf Stadion -den Junker Emmerich als Rat des Erzkanzlers nach Mainz zog, begleitete -er den jungen Herrn an den kurfürstlichen Hof, wo er selbst bald darauf -eine Stellung als Geheimschreiber fand und durch Josef II. in den -Adelsstand erhoben wurde. Babette Glock schenkte ihm ein einziges -Töchterchen, das sich im Blütenalter von sechzehn Jahren mit dem -Hauptmann Ignaz von Schreckenbach vermählte und sieben Söhne zur Welt -brachte, die nach Wien gerieten und da in kaiserliche Dienste traten. -Sie hatten alle sieben das Gemüt ihrer Großmutter geerbt, und wenn es -heute unter den vielgepriesenen Wienerinnen noch viele heimliche Hexen -gibt, so ist diese Wesenheit gewiß zu einem kleinen Teil auf das Blut -der letzten Frankenthaler Hexe zurückzuführen. - - - - - Im Insel-Verlag zu Leipzig - - erschienen von - - Wilhelm Weigand - - - - - Die Frankenthaler. Roman. 11.-15. Tausend. - - Der Ring. Ein Novellenkreis. - - Wendelins Heimkehr. Eine Erzählung aus der Fremdenlegion. - (Insel-Bücherei Nr. 167.) - - Der verschlossene Garten. Gedichte aus den Jahren 1901-1909. - - Könige. Ein Schauspiel in fünf Akten. - - Psyches Erwachen. Ein Schauspiel in drei Akten. - - Stendhal und Balzac. Essays. - - -Druck von Ernst Hedrich Nachf., G. m. b. H., Leipzig - -*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE HEXE *** - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the -United States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for an eBook, except by following -the terms of the trademark license, including paying royalties for use -of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for -copies of this eBook, complying with the trademark license is very -easy. 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Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. 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Es galt, der Grundsteinlegung -des Schlosses Monrepos anzuwohnen, das der -Fürstbischof Adam Friedrich von Helmstätt nach den Plänen -Johann Balthasar Neumanns für seinen Neffen, den jungen -Fürsten Lothar Franz von Weiningen, der sich just auf -seiner Kavalierstour durch Europa befand, an der Stelle -eines alten Jagdhauses errichten ließ. Am Vorabend des -bedeutsamen Ereignisses war der Domherr Withold von -Hutten als Vertreter seines Herrn, der in Würzburg an -der Gicht darniederlag, mit einem würdigen Gefolge von -Weltgeistlichen und bischöflichen Beamten in Frankenthal -angelangt, um die Ehrengäste auf dem Bauplatze zu begrüßen -und nach der Grundsteinlegung unter einem offenen -Zelte zu bewirten. Auf der Herreise war er in dem Wallfahrtsorte -Walldürn mit einem Sohne des kurmainzischen -Oberamtmanns zu Bischofsheim, dem jungen Freiherrn -Emmerich Rüdt von Collenberg, zusammengetroffen, der in -einer Familienangelegenheit an den Hof nach Mainz ging -und die berühmte Reichsstadt nur auf der Durchreise zu berühren -gedachte. Doch das Unglück wollte es, daß der -vorausfahrende Kutscher des Freiherrn, ein gewalttätiger -Bursche, in der engen Torgasse gegen einen Prellstein fuhr -und die Achse seines Reisewagens brach. Der junge Herr -gab dem Tölpel einen Fußtritt; aber er mußte sich, trotz -aller Eile, wohl oder übel entschließen, bis zur Ausbesserung -des Schadens in der Stadt zu verweilen, und der Domherr -zeigte sich hocherfreut, unter den zahlreichen Gästen einen -Bekannten zu wissen, dessen Späße ihm die Fahrt kurzweilig -gemacht hatten. Der junge Fant machte kein Hehl -aus seinem Wesen: er war für den Hofdienst in Mainz bestimmt; -er war in Venedig und in Paris gewesen, und was -er von dem Leben der guten Gesellschaft an diesen Lustorten -der höhern Welt zu erzählen wußte, ließ die kleinen Äuglein -des beleibten geistlichen Herrn bei der Erinnerung an dieses -festliche Treiben immer wieder erglänzen. —</p> -</div> -<p>In der ersten Festkutsche fuhr der Domherr mit dem -Bürgermeister Adam Lienlein und zwei geistlichen Herren, -dem katholischen Dekan Lotter und dem evangelischen Propst -Veit Schlegelmilch, einher; in einer zweiten folgte die -Bürgermeisterin mit den Gattinnen dreier Ratsherren; die -dritte Kutsche war vollbepackt mit Jugend und Schönheit: -unter den vier geputzten Mädchen, die da lachend und -kichernd in den Morgen hineinfuhren, saß ein blondes elfenhaftes -Wesen, die Tochter des verstorbenen Oberförsters -von Weiningen, Babette Glock, aufrecht wie eine junge -Königin auf dem Rücksitz und wechselte schelmische Blicke -mit dem Junker Emmerich Rüdt, der in französischem Reitrock -neben der bemalten Kutsche einherritt und unter seinem -Federhut mit den Augen eines glücklichen Siegers auf die -zwitschernde Weiblichkeit in dem Wagen herabsah. Je lustiger -aber das Lachen der Mädchen klang, desto finsterer blickten -die jungen Herren drein, die in einem wackeligen Gefährt hinter -dem dritten Wagen einherrasselten: da saß, außer zwei -Ratsherrnsöhnen, der einzige Sohn des Bürgermeisters, -Kaspar Lienlein, der im Frühjahr von der Akademie zu -Mainz nach Hause gekommen war, neben dem neuen Stadtschreiber -oder Kanzler Friedrich Lerch, den der große Rat -just am Tag zuvor erst gewählt hatte und der nun der Bestätigung -seiner Wahl nicht ohne Bangen entgegensah: denn -es war, von alters her, der Brauch in Frankenthal, daß -auf einen katholischen Stadtschreiber ein evangelischer -folgte, und Friedrich Lerch war, wie sein Vorgänger, im -katholischen Glauben geboren und erzogen und zudem kein -Frankenthaler Kind. Der lustige Junker Emmerich, der -hoch zu Roß neben den jungen Demoiselles einherritt, war -den jungen Frankenthaler Herren ein Dorn im Auge: sie -betrachteten den Sohn des kurfürstlichen Amtmanns als -Eindringling in ein Reich, wo die Frankenthaler von jeher -keinen Nebenbuhler zu dulden geneigt waren, und sannen -mit gerunzelten Stirnen darüber nach, welchen Possen sie -dem verfluchten Windhund, der nach Ambra und Moschus -duftete, vor seiner Abreise spielen könnten. —</p> - -<p>Als die Kutschen an dem Bauplatz vorfuhren, begann -zunächst ein würdiges Komplimentieren und Begrüßen, -wobei sich der Junker Collenberg wie ein frisch ausgeschlüpfter -Schmetterling unter den Gästen umherbewegte. -Er küßte alten und jungen Damen die Fingerspitzen mit -einer Grazie, vor deren Leichtigkeit die jungen Frankenthaler -Herren vor Neid erblaßten, und sein dünner Zierdegen -stach wie ein Blitz in die Luft, wenn er sich auf eine -Frauenhand niederbeugte, um seine gespitzten Lippen draufzudrücken. -Da der Meister Neumann studierenshalber in -Paris weilte und zurzeit dort krank zu Bette lag, geleitete -sein Gehilfe, ein in schwarze Seide gekleideter Italiener, -die Herrschaften beim Klange eines Festmarsches zu den -Fundamenten, wo der Stadtpfarrer die Weihe vornahm, -worauf der Domherr von Hutten den Bau dem Schutz der -jungfräulichen Himmelsmutter, der Patronin Frankens, -anempfahl und im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit -den ersten Hammerschlag tat. Die Bürgermeisterin Lienlein, -als die erste Frau des festlichen Kreises, versenkte sodann -ein versiegeltes Dokument und eine gehäufte Schale voller -silberner und goldener Münzen in den Stein, worauf ihn -die anwesenden Mädchen mit den ersten Rosen des Jahres -bewarfen. Während von den Ehrengästen jeder sein Hammerschläglein -tat, bliesen vier Hornisten, die abseits auf einer -Wiese standen, einen Choral und stimmten sodann einen -Marsch an, als die Gesellschaft in feierlicher Stimmung -nach dem Zelte aufbrach, wo eine schweigende Dienerschaft -in der bischöflichen Haustracht um die geschmückte Festtafel -bereitstand. Der Domherr von Hutten gedachte, seinen -jungen Reisefreund bei Tisch in seine Nähe zu ziehen; aber -der Fant zog es vor, sich an das andere Ende, zu den jungen -Mädchen, zu setzen, von wo sofort, als die Diener süßen -Wein in spitzen Gläsern reichten, helles und dunkles Lachen -wie ein vielstimmiges Glockengeläute über die festlich schimmernde -Tafel hereinbrach.</p> - -<p>Das elfenhafte Fräulein Babette Glock saß anfangs -schweigend und wie von innerem Glücke glühend unter ihren -Freundinnen da. Sie hielt ihre Augenlider gesenkt; aber -wenn sie ihre großen blauen Augen aufschlug, ging ein -Leuchten über ihr Gesicht und blieb als Lächeln stehen, wenn -ihre Blicke zu dem Kanzler Friedrich Lerch hinüberschweiften, -auf dessen ernstem Gesicht der Abglanz seiner künftigen -Amtswürde lag. Der Junker Emmerich aber führte das -große Wort; er behauptete, die zierlichsten Füße der Welt -habe er in Frankenthal zu Gesicht bekommen, und als endlich, -gegen Ende der Festmahlzeit, einige besonders edle alte -Weine aus dem ehrwürdigen Juliusspitalkeller in die Römer -flossen, erklomm die Lustigkeit des jungen Freiherrn, -der sich unter den lachenden Frauen mehr und mehr als -Hahn im Korbe fühlte, die höchste Staffel. Beim ersten -Anstoßen mit dem schweren Tranke neigte er sich zu seiner -Nachbarin und raunte ihr eine leise Mitteilung ins Ohr. -Babette Glock hielt den Blick gesenkt, während ihr Nachbar -sein Geheimnis preisgab, und nahm die Miene eines -erstaunten Kindes an, als sie mit sanftester Stimme entgegnete: -„Ich kann es fast nicht glauben, daß der Herr nur -dieser Sache wegen nach Mainz geht!“</p> - -<p>Der Junker lachte und tat erstaunt: „Hat die Demoiselle -von der Sache läuten hören? Ich mache die Gesellschaft -zum Richter meines Herrn Vaters. Der ist ein Mann von -Geschmack: er weiß, daß man auch zum Beten eine würdige -Umgebung braucht. Was tut er also? Er läßt einen alten -baufälligen Altar, den sogenannten Schleieraltar, abbrechen -und an den freigewordenen Pfeiler, mitten in der Pfarrkirche, -eine richtige Gebetsloge bauen, — <span class="antiqua">du meilleur goût, -je puis l’assurer</span>, — mit Spiegeln, gepolsterten Gebetstühlen -und einer bequemen Rückenlehne, — den Vorhang -nicht zu vergessen. Es soll ja vorkommen, daß die Predigten -einer hochwürdigen Geistlichkeit, besonders an gewöhnlichen -Sonntagen, hie und da einschläfernd wirken, und da wäre -es, <span class="antiqua">parbleu</span>, eine böse Sache, wenn fromme alte Jungfern -plötzlich sähen, daß der würdige Mund des kurfürstlichen -Amtmanns sich während der Messe oder der Vesper zu etwas -anderem öffnete als zu einem Vaterunser oder einem Ave-Maria. -Der Vorhang, der solche mißliche Blicke abhalten -soll, ist aus schwerem violettem Samt, und die rosigen kleinen -Engel, die ihn oben zusammenraffen und festhalten, von -der Hand eines Meisters: ich habe, <span class="antiqua">parole d’honneur</span>, selbst -in Venedig oder in Paris, wo ähnliche Liebesengel allerdings -andere Vorhänge vor anderen Gebetstellen in Ordnung -halten, keine besseren gesehen. Ich bin also nicht nur -als Sohn, sondern auch als Kenner gezwungen, meinem -Herrn Vater vollständig recht zu geben. Der hochwürdigste -Herr Stadtpfarrer Ferdinand Bingemer, <span class="antiqua">un cafard</span>, ist -allerdings anderer Meinung: er hat beim erzbischöflichen -Kommissariat in Mainz Beschwerde gegen unsere Familiengebetsloge -eingelegt und meinen Vater auch noch durch ein -paar Domherren, die uns, ich weiß nicht warum, nicht riechen -können, wegen anderem mehr weltlicher Art anschwärzen -lassen. Und diese Sache soll ich in Ordnung -bringen, was ich auch zu tun gedenke —“</p> - -<p>Schüchtern wie ein Kapellenglöcklein bemerkte Babette: -„Aber es heißt, es sei bei dem Niederreißen des Altars eine -kostbare Reliquie verschwunden.“</p> - -<p>„Ah, Mademoiselle meint den sogenannten Schleier der -Mutter Gottes? Es bestand ja allerdings der Glaube, daß -der Schleier der jungfräulichen Mutter Gottes auf dem -Altar aufbewahrt wurde, der unserer Gebetsloge weichen -mußte. Aber, <span class="antiqua">mesdames</span>, niemand wird mich persuadieren, -daß die Jungfrau Maria einen solchen Schleier getragen -hat: denn ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen und -weiß, was ein Schleier ist, oder sein soll. Das Testament, in -welchem sie, wie man sagt, den Schleier unserer Pfarrkirche -vermacht haben soll, hat noch kein Mensch zu Gesicht bekommen, -obwohl die Stadt Messina ja, wie ich auf meiner -Tour in Italien an verschiedenen Orten hörte, ein paar -Briefe von ihrer himmlischen Hand besitzen will. Dieser -angebliche Marienschleier war nämlich aus einem grauen, -unscheinbaren Zeug, und ich muß sagen: wenn ich die Mutter -Gottes gewesen wäre, ich hätte einen ganz andern Schleier -getragen, aus venezianischen oder Brüsseler Spitzen, <span class="antiqua">qui -sont si délicieuses à chiffonner</span>. Der verschwundene Schleier -war wirklich, wie mir die Damen glauben dürfen, zu simpel -für die künftige Königin des Himmels, und es ist nicht -schade darum.“</p> - -<p>Jetzt mischte sich der rothaarige Sohn des Bürgermeisters, -dessen tückische Augen vor Ingrimm funkelten, in das Gespräch: -„Der Herr sollte nicht über heilige Dinge spotten,“ -zischte er mit bebender Stimme.</p> - -<p>Der Junker Emmerich öffnete vor Erstaunen seinen -Mund und wandte sich an die Mädchen: „O la la! Ist der -Herr am Ende Bürgermeister? Man wird bald nicht mehr -lachen dürfen. Ich hoffe jedoch, seiner kurfürstlichen Durchlaucht -eine angenehme Stunde zu bereiten, indem ich ihr -die Geschichte von dem Schleier erzähle. <span class="antiqua">Son Altesse aime -à rire, comme tous les vrais grandseigneurs.</span> Übrigens“ -— so fuhr er, nach einem kräftigen Schluck Steinwein, zu -dem Sohne des Bürgermeisters gewandt, fort — „haben -wir uns nicht schon in Venedig gesehen? Als ich die Gondel -zur Abfahrt nach Padua bestieg — ich wohnte mit -meinem Hofmeister in der <span class="antiqua">Stella d’oro</span> —, wurde gerade -ein Reisender verprügelt, der Ihnen aufs Haar glich. -Solche Schläge habe ich noch nie mit angesehen und, <span class="antiqua">ma -foi</span>, auch noch nie erhalten. Der Herr darf mir glauben: -es ist auch eine Kunst, Schläge mit Grazie einzustecken! -Der Tanz eines Knüppels erinnert mich immer an gewisse -Bauerntänze, die einer Gavotte gleichsehen wie ein Bär -dem Hermelin. Sie waren es also wirklich nicht, der seine -Prügel mit solcher Würde einsackte? Das tut mir leid — -<span class="antiqua">pardon</span>, ich wollte sagen, ich bedaure <span class="antiqua">infiniment</span>, daß Sie -Venedig noch nicht kennen. Eine einzige Stadt, in der man -seine blauen Wunder erleben kann! Dort wäre meinem -Herrn Vater die Geschichte mit dem Gebetstuhl nicht passiert; -aber ich säße auch nicht hier in diesem aimablen Kreise, <span class="antiqua">où -la grâce règne en maîtresse</span>.“</p> - -<p>Die Mädchen lachten errötend, und der Sohn des -Bürgermeisters wurde rot wie ein abgekanzelter Schuljunge.</p> - -<p>Am obersten Tischende, wo die Ehrengäste beisammensaßen -und die Gläser tiefer klangen, hatte das Gespräch -einen anderen Weg betreten: die Herren sprachen von den -Hexenbränden, die, nach langer Zwischenzeit, hie und da -wieder in fränkischen Landen aufflammten, und nickten nachdenklich -mit den weinroten Köpfen: vor zwei Jahren war -die Superiorin Maria Renata Singer in Würzburg verbrannt -worden; ein Jahr darauf fingen die Gerolzhofer, -die nicht hinter der Bischofsstadt zurückbleiben wollten, eine -junge Hexe, die Frau eines Ofenmachers, um sie dem gleichen -Schicksal zu überantworten, und nun hieß es, da und -dort sei man einem heimlichen Hexlein auf die Spur geraten -und werde, wie früher, wüste Dinge erleben.</p> - -<p>„Sie glauben wohl auch nicht an Hexen, Herr Baron?“ -fragte der Sohn des Bürgermeisters, der einen Brocken -des Hexengesprächs aufgeschnappt hatte, den angeheiterten -Junker mit scharfer und hämischer Stimme.</p> - -<p>Dieser lachte: „O doch! Ich habe in Paris Hexen kennen -gelernt, die auch dem hartgesottensten Philosophen den -Glauben an das Hexen beizubringen vermochten; aber dort -denkt kein Mensch an Hexenbrand, sondern die Männer, -die Männer, mein Herr, verbrennen im Feuer einer Liebe, -deren Wirkung ich beinah leider auch am eigenen Leib erfahren -hätte. An andere Hexen, von denen es heißt, daß sie -Schloßenwetter machen und andere Zaubereien verüben -können, glaube ich nie und nimmer.“</p> - -<p>Kaspar Lienlein fuhr fort, indem er den Junker herausfordernd -mit den Blicken maß: „Die Ofenmacherin in Gerolzhofen -hat ihre Hexereien selber eingestanden, Herr Baron! -Sie ist selbst zum Hexenrichter gekommen und hat -sich der Hexerei bezichtigt: sie habe vor sechs Jahren Gott -und allen Heiligen abgeschworen; sie sei ganz arm und ohne -Brot gewesen, da sei der Böse zu ihr gekommen in einem -schönen grünen Kleid. Er habe sich Federkiel genannt und -habe ihr versprochen, wenn sie sein Eigentum sein wolle, -wolle er ihr Geld geben. Er habe ihr auch einen Vierbätzner -gegeben, wofür sie sich Brot gekauft habe; dann -habe sie einen Fastentanz auf dem Galgensteig mitgemacht, -wo auch die Pfarrmagd Margret und eine Beckin aus -Grünsfeld mitgetanzt hätten. Der grüne Pfeifer sei mitten -in der Linde gesessen und habe den Burlebanz gepfiffen. -Den Wein hat man in ledernen Flaschen gebracht, und dazu -haben sie gebratene Vöglein, wie Spatzen und Finken, -doch ohne Salz, gegessen. Die Ofenmacherin hat von dem -Grünen eine Hexensalbe in einem hölzernen Büchslein erhalten. -Das Ammenfräulein hatte solche verfertigt. Dazu -hat sie ein uneheliches Pfaffenkind aus dem Kirchhof ausgegraben, -in ein Tuch gewickelt und zu Haus gesotten. -Mit der Salbe hat sie zu Weihnachten ein Kieselwetter gemacht, -indem sie in des Teufels Namen Kornähren, Weinaugen, -Birnen- und Apfelknospen in den Main geworfen -hat.“</p> - -<p>Bei jeder dieser Feststellungen, die der Bürgermeisterssohn -mit Ingrimm hervorstieß, fuhr er auch mit dem Finger -nach vorn, als ob er seinen Gegner aufspießen wolle. Babette -aber begleitete den Rhythmus dieser Erregung mit -einem goldenen Kuchenmesserchen, indem sie es ganz leicht -auf dem damastnen Tischtuch tanzen ließ. —</p> - -<p>Der Junker von Collenberg aber spitzte seinen vollen -Mund und fragte mit dem Ernste eines Schalks: „Der -Herr hat einen Tanz erwähnt, der mir neu ist. Ich kenne -Gavotten, Sarabanden und — Allemandes, die auch ihre -Vorzüge haben; aber der Burlebanz ist mir unbekannt. -Ich entnehme übrigens Ihrer geschätzten Mitteilung, daß -unsere hiesigen Hexen Musik und Tanz lieben. Das macht -der Stadt, <span class="antiqua">où le sexe est si aimable</span>, alle Ehre. Wissen -Sie vielleicht, Herr Hexenrichter, auf welchem Instrument -der Grüne diesen famosen — wie sagten Sie? — Burlebanz -geblasen oder gepfiffen hat?“</p> - -<p>„Ein Hörnchen war’s!“</p> - -<p>„Nein, ein Flötchen!“ rief Babette lachend. Sie hatte -ein wenig zu viel von dem schweren Steinwein genippt -und wiederholte nun, halb singend, im Übermut: „Ein -Flötchen war’s! Ein Flötchen! Ein kleines goldenes Flötchen -—“</p> - -<p>Der Junker Emmerich fragte lachend: „Woher wissen -Sie denn das?“</p> - -<p>Babette warf dem Kanzler Lerch, der mürrisch in sein -volles Glas stierte, einen flüchtigen Blick zu und lachte: -„Woher ich das weiß? O, vielleicht bin ich auch schon bei -einem Hexentänzchen gewesen —“</p> - -<p>Der Stadtschreiber Lerch runzelte die Stirn und sah -mit gestrenger Miene zu der Übermütigen herüber, die indessen -keinen Blick mehr für ihn übrig zu haben schien, -sondern dem Junker mit lachenden Wangen zuzwinkerte. -Dieser aber erhob sich und zog die Fingerspitzen Babettens -an seinen Mund: „Wenn das so ist, möchte ich die Demoiselle -bitten, mit mir zu einem Hexentänzchen anzutreten.“</p> - -<p>Die andern jungen Leute standen ebenfalls vom Tische -auf; denn ein Wink des Domherrn von Hutten bezeigte, -daß die Tafel aufgehoben sei. Nur die älteren Festgäste -waren noch nicht gesonnen, so bald schon von den trefflichen -Prälatenweinen Abschied zu nehmen; sie blieben schwatzend -und trinkend an der gedeckten Tafel sitzen, und auch die vier -Musikanten, die in den Pausen dem Wein kräftig zusprachen, -blieben auf ihren Stühlen hocken und bliesen von Zeit zu -Zeit ihre alten Weisen weiter. Die Mädchen aber flogen -auf verschiedensten Wegen auseinander, und bald tauchte -da und dort ein helles Gewand unter den alten Buchen -des Waldhangs auf, den nah und fern helles Gelächter mit -seinem Hall erfüllte. Der junge Herr von Collenberg trat -einen Augenblick zu dem Domherrn von Hutten, um ihm -für das schöne Fest zu danken, das er einem glücklichen -Reisezufall verdankte. Als er sich aber umwandte, um nach -seiner Nachbarin zu spähen, war Babette verschwunden, -und er wußte nicht, welchen Weg er einschlagen sollte, um -sie zu erreichen, da der ganze grüne Maienwald von Sang -und Lachen widerhallte.</p> - -<p>Babette aber war, von einem plötzlichen Ernst erfaßt, -auf einem kleinen Wiesenpfade, neben dem ein silberklares -Forellenbächlein auf grünem Kressengrund herlief, taleinwärts -gegangen. Es bedrückte sie, daß Friedrich Lerch, -für den sie doch im Grunde dieses ganze Lustspiel an der -Tafel aufgeführt, ihr während des ganzen Festes keinen -lieben Blick gegönnt hatte, und ein leiser Groll gegen den -Stillen quoll mählich in ihr empor, während sie bald langsam, -bald schneller für sich dahinging und hie und da eine -Kuckucksblume oder ein Maiglöckchen aus dem Untergebüsch -des Waldhangs herausholte. Als sie nach einer Weile -langsamen Gehens unwillig umkehren wollte, stand plötzlich -Kaspar Lienlein vor ihr; der Rothaarige atmete hastig, -während er stotternd und mit flehendem Blicke fragte: „Darf -ich der Jungfer Babette Geleit geben?“</p> - -<p>Babette entgegnete schnippisch: „Der Weg ist für alle -da!“ Und sie schlug eine schnellere Gangart an, wobei sie -unverwandt auf das schwatzende Wässerlein zur Rechten -blickte, in dem die Forellen sprangen.</p> - -<p>Da wurde die Stimme Kaspar Lienleins weich und -stockend: „Ich — ich würde die Jungfer auf den Händen -tragen.“</p> - -<p>Babette blieb stumm und blickte den Sohn des Bürgermeisters -von der Seite an; sie sah nur die Häßlichkeit des -Menschen, der mit glühendem Gesicht neben ihr atmete, und -es empörte sie, daß er es wagte, von Liebe zu sprechen, -während ihr der andere, dessen ernste Augen nun wie ein -Vorwurf vor ihrer Seele standen, fernblieb. „Dich nehm -ich nicht,“ schrie sie mit zornfunkelnden Augen, „und wenn -du der Kaiser wärst, du roter Fuchs, mit deinen Roßmucken [Sommersprossen] -auf der Hand.“</p> - -<p>Und ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie wie ein -Windspiel davon, um zu der Gesellschaft ihrer Freundinnen -zurückzukehren, deren ferner Gesang aus den dunkelnden -Tiefen des Buchenwaldes sehnsüchtig und gedämpft zu ihr -herüberklang.</p> - -<p>Der Abgewiesene blieb wie angewurzelt an der Stelle -stehen, wo ihm Babette seine Rothaarigkeit vorgeworfen -hatte; seine Lippen bewegten sich mechanisch. „Wart, wart,“ -sagte er ein über das andere Mal, während ein paar Mädchen, -lachend und schäkernd, an dem Erstarrten vorbeihuschten -und ihn im Vorbeigehen mit frisch gepflückten -Distelschossen bewarfen: denn Kaspar Lienlein galt als halber -Tölpel, vor dessen tückischer Gemütsart sich indessen die -halbe Stadt fürchtete.</p> - -<p>Babette aber lief, ehe sie an den Festplatz gelangte, wo -Friedrich Lerch mit seinem verschlossenen Amtsgesicht in der -Gesellschaft der würdigsten Ehrengäste auf und ab wandelte, -dem alten Ratsherrn und Spitalpfleger Christopher Kemmeter -in die Arme. Der lange dürre Kauz stellte sich breitbeinig -über den Weg, als Babette mit glühendem Gesichtchen -daherstürmte, und spitzte seinen faltigen Mund, als -wolle er sie mit einem Kusse aufspießen. Sie mußte lachen, -als sie den Alten gewahrte, der nun sein linkes Aug zusammenkniff -und mit seinem rechten Daumen über die Achsel -nach dem Festplatz deutete. Der Spitalpfleger war ihr, -wie der ganzen Gegend, von Jugend her wegen seiner Absonderlichkeiten -bekannt: er trug an Werkeltagen niemals -eine andere Tracht als das Gewand eines fränkischen -Weinbauern, gelbe hirschlederne Hosen, grobe Schnallenschuhe, -einen langen Tuchrock mit breiten Silberknöpfen und -einen abgeschabten Dreispitz, auf den er, wenn es nur ging, -eine Blume, eine Nelke, eine Rose oder eine Kornrade, zu -stecken pflegte. Auf der Straße schritt er stets mit gesenktem -Kopf und vor sich hinmurmelnd einher, wobei er von Zeit zu -Zeit mit seinem Krückstock nach rechts und links ausschlug, als -wolle er die Beine seiner Feinde und Widersacher absäbeln. -Er besaß die besten Weinberge der Stadt und trieb einen -schwunghaften Handel mit Südweinen aus Zypern und -Spanien, die er durch einen Mainzer Hofjuden in Venedig -oder Genua einkaufen ließ. Im Herbste, wenn die Lesewagen -mit den schweren Kufen in die Keltern fuhren, wich -er nicht von der Seite seiner Winzer, die Tag für Tag eine -ausgesuchte Nahrung und einen guten Trank aus seinem -Keller erhielten, damit sie beim Lesen weniger Trauben -schmausten. In der Stadt und im Rat besaß er wenig -Freunde: er galt als reich und filzig, und seine Feinde -behaupteten, alle Dinge, in die der ehemalige Armenadvokat -die Hand stecke, verfilzten sich zu einem unauflösbaren -Knäuel, von dem man am besten die Hände lasse. Babette -wußte, daß ihm Friedrich Lerch seine Ernennung zum Ratsschreiber -verdankte: Christoph Kemmeter gehörte zwar der -Augsburger Konfession an; aber er war seit Jahren mit dem -protestantischen Stadtpfarrer und Propst Veit Schlegelmilch -verfeindet und tat, was er nur konnte, um seine Glaubensgenossen -und deren Seelenhirten bei jeder Gelegenheit -zu ärgern. So hatte er es auch durchgesetzt, daß der katholische -Friedrich Lerch, dessen Vater dem Fürsten von Weiningen -als Kammerdirektor gedient hatte, gegen jedes -Herkommen zum Kanzler gewählt wurde. —</p> - -<p>Als er bemerkte, daß Babettens Blicke über ihn weg -nach dem Festplatz flogen, fragte er: „Hat die Jungfer -Babett gesehen, wie die Forellen springen? Weiß Sie, -was das bedeutet? Entweder kommt ein Wetter, oder es -ist ein Hecht unter die Fische geraten. Junge Hechte sind -gefräßig und haben viel Gräten!“</p> - -<p>Babette wußte nicht, was sie zu dieser Feststellung sagen -solle. Da beschloß sie, den Stier bei den Hörnern zu packen, -indem sie plötzlich fragte: „Werden sie den neuen Stadtschreiber -bestätigen?“</p> - -<p>Der Ratsherr lachte: „Wenn die Jungfer mir ein Küßchen -gibt, will ich ihr den Beschluß des Geheimen Rats -wortwörtlich sagen.“</p> - -<p>„Das Küßchen erhält der Herr nach meiner Hochzeit,“ -sagte Babette lachend.</p> - -<p>Der Spitalpfleger verzog den Mund: „Das ist, wie hier -die Hasen laufen, ein unsicherer Wechsel. Aber ich will Ihr -glauben und mich zufriedengeben.“</p> - -<p>Er kannte Babette seit ihrer frühesten Kindheit, und schon -an dem Kinde war ihm, wenn er nach Weiningen kam, um dem -regierenden Fürsten seine Aufwartung zu machen und seine -Freunde unter den fürstlichen Beamten zu besuchen, die bezaubernde -Anmut, aber auch eine seltsame Eigenwilligkeit und -spielerische Gemütsart des kleinen Mädchens aufgefallen.</p> - -<p>Als er eines Tages die Gewächshäuser in Weiningen -durchschritt, um bei dem fürstlichen Hofgärtner Tulpenzwiebeln -für seinen Blumengarten zu bestellen, gewahrte -er die kleine Babette, die heftig auf den jüngsten Sohn des -Kammerdirektors, den kleinen Friedrich Lerch, einsprach: -das kleine Frauenzimmerchen, das in seiner Puppenhaftigkeit -doch schon etwas Frauliches in seinem Wesen hatte, -deutete auf eine Orange, die im Gezweig eines Topfbaumes -hing, und verlangte, daß der Knabe sie vom Aste breche. -Dieser starrte wie gebannt auf die goldene Frucht, ohne -die Hand zu rühren, und sagte nur leise: „Das darf man -nicht.“ Da bemerkte der Zuschauer, daß die Kleine über -diese Weigerung in die hellste Wut geriet; sie stampfte mit -den Füßen, sie schlug den Spielgenossen mit den Blumen, -die sie im Händchen trug, und sprang wie eine Wilde an -dem Stamm empor, ohne die Frucht zu erreichen. Selbst -die belehrende Verweisung, die der herzutretende Zuschauer -der kleinen Wilden zuteil werden ließ, vermochte ihren -Groll nicht zu stillen: sie blieb mit zusammengekniffenem -Gesichtchen stehen und lief plötzlich wie ein Wiesel davon, -um ihrer Beschämung zu entgehen. Später, auf dem Heimweg -von der Gärtnerei, bekam der Ratsherr die beiden -Kinder noch einmal zu Gesicht: Friedrich zog ein Wägelchen, -in dem die kleine Babette, mit einem Kränzlein in dem -Blondhaar, saß und wie eine kleine Göttin um sich blickte, -die in einem Triumphwagen einherfährt. Im Schimmer -dieser Erinnerungen erhob der alte Kemmeter den Finger, -um Babetten zu drohen, und dann geleitete er sie zur Tafel, -wo die älteren Herren noch immer beim Weine saßen und -den Worten des Domherrn von Hutten lauschten. Dieser -ließ den Schloßbau mit seinen Hallen, Gärten, Tempelchen, -Bosketts und Springbrunnen vor den Augen der -weinseligen Zuhörer erstehen und verfehlte nicht, die Vorteile, -die der Gegend aus der Bautätigkeit des Kirchenfürsten -und der Anwesenheit des durchlauchtigen jungen -Fürsten Franz Lothar erwachsen würden, ins hellste Licht -zu stellen. Als besonderen Spaß tischte er die Neuigkeit -auf, daß der Fürstbischof Adam Friedrich beschlossen habe, -seinen seligen Hofnarren in Stein aushauen und das Standbild -über dem Zufahrtstore aufstellen zu lassen. Die Frankenthaler -zwinkerten und nickten beifällig mit den Köpfen: -solche Späße gehörten in das Reich der eigenen Lustbarkeiten, -von deren Schwankhaftigkeit Geschlecht um Geschlecht -zehrte. Dazwischen aber überlegte der eine und der -andere, wie man die Anwesenheit des italienischen Baumeisters, -der wie ein Aal unter den Festgästen umherschlüpfte, -zu eigenem Nutz und Fromm verwenden könnte. Der eine -besaß einen geräumigen Ziergarten, in dem sich ein kleines -Lusthaus mit breiten Fenstern und Muschelnischen gut ausnehmen -würde; ein anderer wohnte in einem Hause, dessen -Vorderseite der Erneuerung bedurfte, und jener träumte im -Schweifen des Gesprächs von einer gelb lackierten Kutsche, -wie sie mit Bereitern und Läufern die Welt auf glatten -Herrenstraßen durchsausten. So blickten sie im Bann des -schweren Weins in eine neue Zeit, deren Grundstein dort -unter Rosen versteckt in der Erde ruhte und der wachsenden -Mauern harrte. —</p> - -<p>Der Ratsherr Kemmeter nahm am Tische Platz und -hob seine Hand ans Ohr, um nur ja kein Wort der kostbaren -Rede zu verlieren. Auch Babette blieb einen Augenblick -lauschend stehen; als sie aber bemerkte, daß der ehrfurchtsvoll -lauschende Friedrich Lerch mit seiner würdigen -Amtsmiene noch immer ihren Blicken auswich, rümpfte -sie das Näschen und ging auf den Junker Collenberg zu, -der sie mit einer französischen Verbeugung begrüßte und -ihr die Hand zu einem Tanze auf dem Rasen vor dem -Zelte bot. Und da die Bläser einen deutschen Tanz anstimmten, -flog sie im Nu mit dem Junker im Tanz dahin. -Sie schloß die Augen, um im Arm ihres Tänzers nur die -Raserei des Schwebens zu empfinden, und als die Bläser -absetzten, huschte sie auf die Musikanten zu und bat sie mit -fliegenden Worten um die Wiederholung des Tanzes. Sie -merkte nicht, daß ihre Gespielinnen, hämisch flüsternd und -tuschelnd, die Köpfe zusammensteckten; sie sah auch nicht, -daß Kaspar Lienlein neben seiner Mutter unter der Zeltöffnung -stand und jede Bewegung der Tanzenden mit gierigem -Blick verschlang. Sie verlor ihren rechten Schuh -und tanzte im weißen Strumpfe auf dem Rasen weiter; -sie spürte es nicht, daß sich ihr Busentuch löste und wie ein -geblähtes Segel zu den Füßen gestrenger Mütter hinfiel; -sie fühlte im rasenden Drehen und Schweben nur das eine: -daß eine seltsame Traurigkeit in ihr aufquoll, durch die ein -bitterer Groll wie ein Wässerlein unter Steinen in ihr -emporsickerte. Und als ihr Tänzer sie ins Zelt zurückbegleitete, -blieb sie mit gesenkten Augen vor der Tafel stehen, -wo die Herren noch immer beim Weine saßen und würdige -Gespräche pflogen. Sie atmete erst auf, als dumpfes Grollen -ein nahendes Gewitter verkündete und die ganze Gesellschaft -in das Zelt zusammenscheuchte. Da die Festkutschen erst -gegen Abend aus der Stadt erwartet wurden, mußten die -Gäste vor dem Unwetter in einem nahen Bauernhause -Schutz suchen, und die Mädchen kamen erst zu Beginn der -Dämmerung wie durchnäßte Mäuse vor dem Tore an, wo -sie kichernd und lachend auseinanderhuschten. Der Junker -Emmerich bekam Babette nicht mehr zu Gesicht; er nahm -feierlichen Abschied von dem Domherrn von Hutten und -gab seinem Kutscher Befehl, mit dem Reisewagen in einer -Stunde vorzufahren.</p> - -<p>Als Babette das alte Haus am Lochgraben, in dem sie mit -ihrer Tante Lioba Hippler, der Witwe des städtischen Kellers [Rentmeisters] -wohnte, in der Dämmerung betrat, fand sie die alte Frau in -heller Aufregung. Die Lioba Hippler war seit zehn Jahren -auf beiden Augen blind und pflegte ihre ganze Zeit mit Spinnen -zu verbringen. Sie saß dabei mit ihrem mächtigen -Spinnrad auf einem erhöhten Fenstersitz, von wo aus sie alle -Geräusche des stillen Stadtwinkels hören konnte. Jeder Ton, -den sie vernahm, ging wie ein Licht oder ein Zucken über -das friedliche Gesicht der alten Frau, die jeden Nachbarn -an seinem Schritt erkannte. Heute aber fand Babette ihre -Tante in seltsamer Unruhe: „Gott sei Dank, daß du nur -da bist,“ sagte die Alte, die ihr bis an die Tür entgegenkam -und dann sofort auf ihren Fenstersitz zuging, um das geliebte -Spinnrad wieder in Bewegung zu setzen. „Ich hab -mit einem Male eine solche Angst gefühlt, wie wenn dir -was passiert wär.“</p> - -<p>Babette strich ihr zärtlich über die Backen und erzählte -mit ruhigen Worten von dem herrlichen Feste, ohne des -Junkers von Collenberg mit einem Worte zu erwähnen; -dann huschte sie, leicht wie ein Hauch, die Bodentreppe -hinauf in ihr Gemach, um ein anderes Kleid anzuziehen. -Sie blieb ein Weilchen im bloßen Hemd vor ihrem Spiegel -stehen, legte ein feines Kettlein, an dem ein Herzchen mit -Haaren von ihrer verstorbenen Mutter hing, um den Hals, -probierte eine Stutzhaube, deren breite Atlasbänder bis an -ihre Kniee niederwallten, und zog aus dem schadhaften -Haubenboden einen vergoldeten Draht heraus, den sie mit -versonnenem Lächeln um ihren linken Zeigefinger wickelte. -Dann warf sie einen Blick in den gefüllten Schrank, in dem -das duftige Linnenzeug ihrer Ausstattung gehäuft beisammenlag, -und fuhr mit zärtlichen Fingern über die blühweißen -Tücher, die alle von ihrer Mutter stammten. Während -sie dann in dem schmalen Giebelgelasse wieder vor dem -Spiegel saß, zuckte es wieder wie ein feines Possenspiel um -ihr schmollendes Mündchen: sie probierte die Miene, mit -der sie Friedrich Lerch am Abend, wenn er käme, zu empfangen -gedachte, und das Armesünderbewußtsein, das sich, -fast gegen ihren Willen, für einen Augenblick auf ihre Züge -legte, erfüllte sie jählings mit solchem Übermut, daß sie hell -auflachte und voll seliger Unrast aufstand, um in dem schmalen -Gemach, wo ihre ganze mütterliche Habe in Schränken -und Kommoden verwahrt lag, in halbem Tanzschritt auf -und ab zu schreiten. Sie zweifelte keinen Augenblick, daß der -neue Stadtschreiber auch heute, wie gewöhnlich gegen acht -Uhr, kommen werde, um ein Stündchen bei ihr und ihrer -blinden Tante zu versitzen; sie hielt schon ihre schönsten Blicke -für ihn bereit und nahm sich vor, ihn auch noch dahin zu -bringen, daß er sie um Verzeihung für sein mürrisches Wesen -bat, das doch allein schuld an ihrem Spiel mit dem lustigen -Junker war. Während eine geheime Zärtlichkeit ihr -Aug mit sehnsüchtigem Leuchten füllte, beschloß sie, ihn auch -noch ein Weilchen mit allerlei Anspielungen auf den vornehmen -Courmacher zu quälen, und ihm dann, zum Seelentrost, -ein Schälchen voll eingemachter Kirschen vorzusetzen, -die der Schlecker gerne aß, und ihm ihr eigenes Kinderlöffelchen -dazu zu geben. Als jedoch plötzlich über die abendlichen -Dächer her das Horn eines Postillions aufklang, der -das alte Lied blies:</p> - -<div class="poetry-container"> -<div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse indent0">Komm heraus, komm heraus, du schöne, schöne Braut,</div> - <div class="verse indent0">Deine guten Tage sind alle, alle aus,</div> - <div class="verse indent0">O weiele weh!</div> - </div> -</div> -</div> - -<p>da schnitt Babette eine Fratze und lief, die Melodie vor sich -hinsingend, im schönsten Sommerstaat zu ihrer Tante herab, -die noch immer vor ihrem Spinnrad saß. Es war ihr, als sie -das dunkle Gemach betrat, so wohlig zumute wie seit langem -nicht, obwohl eine leise Sehnsucht ihr Herz mit seltsamer -Unruh erfüllte. Die Blinde fuhr ihr, nach ihrer Gewohnheit, -zum Gruß über das rosige Gesichtchen, und als ihre -Hände nichts Besonderes fanden, netzte sie den Finger an -ihrem welken Munde, um schweigend weiterzuspinnen. Das -leise Schnurren des Rades erfüllte den Raum mit einem -Laut, der Babettes Gedanken, die mit der sinkenden Dämmerung -immer ernster wurden, wie eine leise Musik begleitete -und ihre Erwartung immer sehnsüchtiger stimmte. So saß sie, -mäuschenstill und auf nahende Schritte lauschend, auf einem -niederen Stühlchen da; und nur einmal schlich sie auf den -Zehenspitzen an das Fenster, um auf die Gasse zu spähen, aus -deren Dunkel ein leises Mädchenlachen zu ihr emporklang. -Als jedoch der Abend weiter vorrückte und Friedrich Lerch -noch immer nicht kam, riß sie in jäh aufwallender Wut ihr -Batisttüchlein von den Schultern und nahm sich vor, dem -Unverschämten das nächste Mal, und wenn er auch als -reuiger Sünder käme, überhaupt keinen Blick zu gönnen. —</p> - -<p>Doch Friedrich Lerch ließ sich weder an diesem noch an -den folgenden Tagen in dem alten Hause am Lochgraben -sehen, und es war nicht Groll, was ihn von der Geliebten -fernhielt, sondern ein kummervolles Gefühl der Scham, -weil jene gegen das Bild gefrevelt hatte, das er von ihr in -seiner Seele trug. —</p> - -<p>Babette aber verlor mit einem Male die Lust am Singen, -und in Frankenthal trugen sich, von heute auf morgen, ganz -seltsame Dinge zu: am Montag streckte die beste Milchkuh -des Büchsenmachers Kaspar Bundschuh plötzlich alle viere -von sich, und die Augen, mit denen die Verreckte vor sich -hinstarrte, zeigten jedem, der etwas von der Sache verstand, -klipp und klar, daß sie den leibhaftigen Bösen vorher gesehen -hatten; am Dienstag weigerten sich die Geißen des -lutherischen Totengräbers Johannes Felgentreff, Milch zu -geben, und weder gütliches Zureden, noch das beste Grünfutter -vermochte die meckernde Gesellschaft von ihrer höllischen -Halsstarrigkeit abzubringen; in der Nacht von Mittwoch -auf den Donnerstag entstand in dem Hühnerstall des -Brückenbecken Wiedehopf ein solcher Aufruhr, daß die ganze -Nachbarschaft aus dem Schlafe aufgeschreckt wurde, und -als die Beckin am Morgen das aufgeregt gackernde Hühnervolk -aus dem Stalle ließ, fand sie, daß die gelegten Eier -samt und sonders hohl waren.</p> - -<p>Am meisten Anlaß zu Gerede bot das Verhalten des -Bürgermeistersohnes Kaspar Lienlein: der saß wie von -einem bösen Geist besessen stumm und stöckisch in einem -Winkel seines Zimmers, und wenn seine Mutter mit seinen -Lieblingsspeisen kam, um ihn zu trösten, sah er sie mit bösen -Augen an oder fletschte seine Zähne wie ein Hund, dem man -seinen Mittagsfraß stört. Dazu brachte jeder Tag, trotzdem -der Mai noch nicht zu Ende war, ein Unwetter nach dem -andern, und alte und junge Weiber schwelgten in dem Geraun -und Gerede, daß solche Kieselwetter teuflisch Hexenwerk -seien. In ganz Kleinfranken, in Gerolzhofen, in Prozelten, -in Freudenberg und anderen Orten waren die Teufelsweiber -am Werke, und im niederen Volke zweifelte -bald niemand, daß auch Frankenthal eine Hexe beherbergte. -Bald wurde auch der Name der Hexe, der Stadt und -Gegend die alltäglichen Kieselwetter verdankte, heimlich -genannt, und die Brückenbeckin erzählte jedem, der es hören -wollte, daß sie selbst in der Nacht vor dem ersten Mai ein -faselnacktes Hexlein um den Türmersturm habe fliegen -sehen: es sei ganz zusammengekauert auf einem langen -Besenstiel gehockt, und sein loses Haar sei wie ein feuriger -Schweif hinter ihm dreingeflogen, als es mit ein paar feueräugigen -Eulen hinter dem Stadtwald, dem Stöckicht, verschwand. -Aber die schlimmste Verhexung war doch, wie -alle munkelten, dem Sohn des Bürgermeisters Lienlein, -dem roten Kaspar, passiert, der wie zerschlagen in der Stadt -herumging und jeden mit Augen anschaute, aus denen der -leibhaftige Teufel in die Welt guckte. —</p> - -<p>Nach acht Tagen waren alle Hexengläubigen darüber -einig, daß die Stadt in der Babette Glock ein ausbündiges -Hexlein bekommen habe, und schon fingen die kleinen Buben -an, „Hexle, hex“ hinter ihr herzuschreien, wenn sie mit ihrem -Körbchen am Arm durch die Gassen ging, um eine Freundin -zu besuchen oder Gewürz beim Krämer einzukaufen.</p> - -<p>An einem heißen Juniabend, am Tage vor Fronleichnam, -ließ sich endlich auch der Kanzler Friedrich Lerch bei der -blinden Hipplerin sehen. Babette, die gerade an einem -Kuchenteig knetete, gönnte ihm keinen Blick, als er eintrat -und sich, nach einem scheuen Gruße, zu der Blinden setzte. -Diese streichelte ihm das Gesicht und verlangte zu wissen, -warum er so lange weggeblieben sei. Der Stadtschreiber -entschuldigte sein Fernbleiben mit Arbeit und der Sorge -um seine Stellung; denn seine Bestätigung war noch immer -nicht erfolgt, und noch immer sah er sich einer ungewissen -Zukunft gegenüber. Als Babette einen Augenblick hinausging, -um den Teig an einen warmen Ort zu stellen, folgte -ihr Friedrich Lerch auf den Flur, wo er stehen blieb, bis sie -aus der Küche zurückkam.</p> - -<p>„Der Herr Stadtschreiber will schon gehen?“ sagte sie -schnippisch, während sie ihre Hand an ihrer weißen Schürze -abwischte.</p> - -<p>„Die Jungfer Babett hat Verwandte in Aschaffenburg,“ -entgegnete er, indem er scheu auf die Seite blickte. „Ich -würde Ihr raten, eine Sommerreise dahin zu machen.“</p> - -<p>Diese feierliche Haltung und der Umstand, daß er sie -nicht mehr duzte, erbitterte Babette aufs heftigste; sie höhnte: -„Wenn ich das tät, bekäme ich den Herrn Stadtschreiber -nicht mehr zu sehen, und das bräch mir das Herz.“ Sie -funkelte ihn dabei mit zornigen Augen an; er aber überlegte, -ob er das wilde Wesen seinem Schicksal überlassen solle -oder nicht, und sagte dann: „Es gibt in der Stadt alte -Weiber, die an Hexen glauben.“</p> - -<p>Sie lachte höhnisch: „So sag Er doch gleich, daß ich -eine Hex bin! Hat Er nicht gehört, daß ich erst vorgestern -auf der Galgenweide beim Hexentanz gewesen bin? Und -weiß Er auch, daß der Grüne, der ein Flötchen, nein, ein -Hörnchen — ein Hörnchen geblasen hat, Ihm ähnlich sieht? -Ja — ja —.“</p> - -<p>Friedrich Lerchs Gemüt wurde weich: „Jungfer Babett,“ -sagte er leise, „man soll mit dem Unglück nicht spaßen.“</p> - -<p>Dieses gedrückte Wesen brachte Babette noch mehr auf; -sie lachte: „Wenn ich nur wüßt, wo eine Hexenschul wär, -ging ich noch heut hinein. Kann Er mir keinen Rat geben? -Er ist doch in der Welt 'rumgekommen —“</p> - -<p>Da ging Friedrich Lerch, den dieses Wesen in der Seele -quälte, ohne ein Wort weiterer Entgegnung die hölzerne -Treppe hinunter: er gedachte, eine günstigere Stunde abzuwarten, -um Babette zu warnen und zu einer Reise zu -bewegen. Babette blieb jäh verstummend an der Treppe -stehen: sie wußte nicht, was sie von dieser Flucht halten -sollte, und dachte einen Augenblick daran, den Jugendgespielen -zurückzurufen; aber sie brachte es nicht über sich, ein -Wort zu sagen, und der Stadtschreiber hörte beim Beschreiten -der Haustürschwelle nur ein gelles Lachen, das ihn -auf seinem Gang durch die Stadt verfolgte. —</p> - -<p>Am nächsten Morgen aber, in aller Frühe, kamen zwei -Stadtknechte, um die Barbara Glock, die noch im Schlummer -lag und just von ihrer eigenen Hochzeit träumte, aus dem -Bett zu holen und in Gewahrsam zu nehmen. Sie schrie -und heulte und stampfte mit dem Fuße, als die Knechte mit -dem Befehl des Rates in ihr Stübchen drangen und sie -aus dem Bette zerrten; allein kein Weinen und kein Bitten -half, und auch die blinde Hipplerin, über deren runzelige -Backen die dicksten Tränen herabliefen, versuchte vergeblich, -ihre Nichte loszubitten. Die Gefangene wurde mit gebundenen -Händen in den Hexenturm gebracht, wo sie der städtische -Stockmeister sofort mit einer langen Eisenkette an einen -Mauerring anschloß. Sie konnte sich in kleinem Umkreis -umherbewegen und sich am Tisch, der nicht weit von der -tiefen Fensternische in einer dunklen Ecke stand, auf einen -Stuhl setzen. Sonst geschah ihr vorerst nichts; denn die -Frankenthaler pflegten ihre Hexen, zum Unterschied von -anderen Städten, gut zu behandeln, solange sie noch nicht -des Vergehens der Hexerei geständig oder überführt waren.</p> - -<p>Da saß nun die lachende Babette und hatte Zeit, über -ihr Schicksal nachzudenken. Sie ahnte, von welcher Seite -der Schlag kam, der sie aus heiterem Himmel traf; aber -sie war empörter gegen den Stadtschreiber als gegen den -rothaarigen Sohn des Bürgermeisters, dem sie es doch verdankte, -daß sie gefesselt und gefangen im Hexenturme saß. -Wenn sie des Gefühls gedachte, das jener verschmäht hatte, -stürzten ihr Tränen der Wut in die Augen, und jedesmal, -wenn sie sich eines lieben Augenblicks in seiner Gesellschaft -erinnerte, stampfte sie mit dem Fuße und warf einen -Blick nach der Türe, als ob er jeden Augenblick hereintreten -müßte, um seine Strafe in Empfang zu nehmen. Aber es -kam niemand, und der lange Tag erschien ihr wie eine öde -Ewigkeit. Erst gegen Abend, als es schon dämmerte, trat -der Stockmeister, ein klapperdürres Hutzelmännchen mit -schielenden Triefaugen, ein und setzte ein gebranntes Mehlsüpplein -als Hexenfutter auf den wurmstichigen Holztisch. -Er zwinckerte vergnügt vor sich hin, als er Babette mit einer -Handbewegung einlud, das Schüsselchen auszulöffeln; denn -in seiner Erinnerung glänzte noch das letzte Hexenmahl, das -der Rat, altem Brauch zufolge, den Stadtknechten und dem -Türmer nach der Verbrennung zu geben verpflichtet war, -als herrlichstes der Frankenthaler Feste her: es hatte einundzwanzig -Gulden gekostet, und der Stockmeister schnalzte -im Gedanken an die Leckerbissen, die damals aufgefahren -wurden, noch jetzt mit der Zunge. Babette floh in die tiefe -Fensternische zurück und starrte mit wütenden Augen auf den -verhutzelten Hexentürmer, der nah und näher an sie herantrat. -Hundertmal war sie früher an dem Hexenturm vorbeigegangen -und hatte den Stockmeister gesehen, wie er mit seiner -Frau, einer kahlköpfigen Alten, zankend und keifend auf -einem hölzernen Bänklein vor der Turmtür saß; nun erfüllte -sie der Blick des schielenden Alten mit Wut und Abscheu; sie -stampfte mit dem Fuße und schrie: „Geh, geh, du Aff!“</p> - -<p>Doch der Türmer blieb vor der Nische stehen und zwinkerte -sie liebäugelnd an: „Wo hast denn das Hexen gelernt, -Mädle?“ fragte er mit meckernder Stimme; „hätt -net gedacht, daß ich auf meine alten Täg noch mal erleb, -daß man eine Hex fängt. Die Hexen werden immer rarer. -Am Himmelfahrtstag sind’s fünfunddreißig Jahr her, seit -wir die letzte auf dem Marktplatz verbrannt haben. Wenn -ich dir einen Rat geben därf, so gesteh nur gleich. Was sein -muß, muß sein. Hihi, wir Frankenthaler haben noch keine -Hex verbrannt, ohne daß sie gestanden hätt. Verbietet auch -die hochnotpeinliche Gerichtsordnung, daß eine Hex ans -Feuerlein kommt, ehe sie alles bis auf das Tipfele gestanden -hat, hehe. Ich weiß, — ich bin net dumm, — ich weiß, -du denkst: die können lang warten, bis ich sag, was ich weiß. -Aber da legen sie dir die Daumenschrauben an: die pressen -dir die Knöchle, daß du alle Engel im Himmel singen -hörst. Dann wirst du in die spanischen Stiefel geschnürt. -Wenn ich dich aus der Stube lassen dürft, könnt ich dir das -gekerbte Brettle zeigen, das sich beim Zuschrauben ans -Schienbein legt. Und wenn du dann noch nicht sagst, wann -du’s letztemal mit dem Junker Federkiel getanzt hast, kommst -du auf die Leiter, die ist ärger wie’s Fegfeuer. Du wirst -mit Winden in die Höh gezogen, und an die Füß hängt -man dir ein volles Essigfäßle. — Ich hab in meiner Jugend -baumstarke Männer gesehen, wo von der Leiter runterkommen -sind und gestöhnt haben: Wir wöllen lieber zehnmal -sterben als einmal die Leiter besteigen! Und wenn du von -der Leiter 'runterkommst und immer noch dein Hexengöschle -hältst, bekommst du den gespickten Hasen zu schmecken. —“</p> - -<p>Babette hörte nicht mehr, was der Türmer sprach; sie -hielt sich die Ohren zu und blickte durch das verstaubte -Gitterfensterchen auf den Stadtwall, wo in der sinkenden -Dämmerung ein paar Dutzend Gassenbuben standen und -warteten, ob das eingetürmte Hexlein vielleicht geneigt sei, -seine Künste zu zeigen und einen Ausflug zu wagen. Die -schadenfrohe Lustigkeit der Stadtjugend erschien ihr erträglicher -als die Folteraugen des Alten, der nun mit einem -Mal zu jammern begann: „Ja, ja, die Zeiten werden immer -schlechter, und die Taxordnung is kein Hellerle wert. Weißt, -Mädle, was ich fürs Ohrabschneiden bekomm? Zwei Schilling -und sechs Pfennig. Und für jeden Brand zwei Schilling -zwölf Pfennig. Fürs Auspeitschen gibt mir der Rat -nur den Gotteslohn, und wenn ich nicht am Salben was -verdienen tät, könnt ich kein Schöpple Gützberger trinken —“</p> - -<p>Nun aber fuhr Babette mit solchen Augen auf das Männlein -los, daß dieses den Rückzug antrat und vor sich hinmeckernd -die schmale Gefängnistür mit den mächtigen Riegeln -verschloß. Sie lehnte ihre Wange an die verstaubten -Scheiben und ließ ihre Tränen stillschweigend auf ihre -Hände herunterfallen, die gekreuzt in ihrem Schoße lagen. -So blieb sie die ganze Nacht hindurch sitzen, als ob alles, -alles Leben aus ihr geflohen wäre, und erst am Morgen -warf sie sich auf den hölzernen Schragen, der anstatt eines -Bettes in einem Winkel des Turmgemaches stand.</p> - -<p>Obwohl sich die Frankenthaler sonst zu allem Zeit und -Ruhe ließen, schien es dem hochmögenden Rate doch geboten, -das Verhör der Barbara Glock schon am nächsten -Morgen zu beginnen. In aller Herrgottsfrühe durchschritt -ein Ratsknecht mit der Schelle die Straßen, um den Einwohnern -die hochnotpeinliche Vernehmung anzukündigen, -indem er mit lauter Stimme zu den Fenstern der Gerichtsherren -hinaufsang:</p> - -<div class="poetry-container"> -<div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse indent0">„Höret, ihr Ratsherrn, jung und alten,</div> - <div class="verse indent0">Heut früh wird Halsgericht gehalten</div> - <div class="verse indent0">Über eine gefangene Person,</div> - <div class="verse indent0">Die große Übeltat geton!</div> - <div class="verse indent0">Zu solchem Rechtstag sollt ihr kommen,</div> - <div class="verse indent0">Gemeinem Wesen zu Nutz und Frommen.“</div> - </div> -</div> -</div> - -<p>Als der Spitalpfleger Christopher Kemmeter die Ratsschelle -hörte, befahl er seiner Schwester Margret, die ihm -den Haushalt führte, ein starkes Weinsüpplein zu kochen -und, zu besonderer Süßung, gehörig Zimt und Zucker hineinzutun. -Dann zog er seinen Bürgerrock an, stopfte sich eine -holländische Kreidepfeife und nahm ein altes Buch zur Hand, -in dem die besonderen Rechtsfälle der Stadt seit dem Jahre -1594 verzeichnet standen. Nicht ohne Seufzen öffnete er -das dickleibige Werk: er wußte, was er von der Frankenthaler -Festfreude erwarten durfte, wenn die Leidenschaft des -Volkes erregt war, und hegte keinen Zweifel, daß dieser -Streich gegen das hübsche Babettle von den Anhängern -des Bürgermeisters Lienlein ausging, den er nicht riechen -konnte; denn der Gestrenge trug die Schuld, daß er mit -seiner Schwester als Junggeselle hausen mußte, weil er ihm, -als er auf Freiersfüßen ging, sein Schätzlein, die ehrsame -Jungfer Katharina Ziegenspeck, vor der Nase wegstibitzt -hatte. Von diesem Erlebnis war ihm nicht nur ein alter -Groll gegen den regierenden Herrn, sondern auch eine Geringschätzung -der Weiber geblieben, denen er lange Haare -und kurze Gedanken nachsagte, obwohl er seiner leiblichen -Schwester einen scharfen Verstand zubilligen mußte: von -der Jungfer Margret Kemmeter hieß es in der Stadt, sie -sei mit Haaren auf den Zähnen auf die Welt gekommen -und schlafe wie ein Drache auf dem Strumpf, in dem sie -ihre Reichstaler verwahre. Als die Schwester des Ratsherrn -mit dem dampfenden Weinsüpplein in das Zimmer -trat, sah sie, daß die Runzeln in dem Gesicht ihres Bruders -seltsam zuckten: sie kannte dieses Schelmengesicht, auf -dem das Lachen nicht zum Ausbruch kam, und gab dem vergnügten -Kracher einen Rippenstoß, den er mit einem meckernden -Gelächter beantwortete; aber er war nicht zu bewegen, -das Geheimnis, das ihn in heimliches Behagen versetzte, -preiszugeben, und als er sein süßes Süppchen ausgelöffelt -hatte, nahm er sofort Hut und Stock, um, wie er sagte, auf -die Ratsstube zu gehen und da vor der Hexengerichtssitzung -noch einen Herrenschoppen zu stechen und für die Kehlenklärung -des hochweisen Gerichtskollegiums zu sorgen. Er -machte aber, da es noch zeitig am Tage war und er nicht -tief in die Kanne zu steigen gedachte, einen Umweg durch die -Talgärten, wo er dem staatsmäßig in schwarzen Strümpfen -und mit dem Dreispitz unterm Arm einherwandelnden -Stadtschreiber Lerch begegnete.</p> - -<p>„Er sucht sich wohl ein Taubenhaus aus, wo Er nach -der Hochzeit mit Seiner Lalage schnäbeln kann?“ fragte er -den Trübseligen, und fügte dann hinzu:</p> - -<div class="poetry-container"> -<div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse indent0">„Es geht doch, sagt mir, was ihr wollt,</div> - <div class="verse indent0">Nichts über Wald- und Gartenleben,</div> - <div class="verse indent0">Und schlürfen ein dein trinkbar Gold,</div> - <div class="verse indent0">O Morgensonn’, und sorglos schweben</div> - <div class="verse indent0">Daher im frischen Blumenduft</div> - <div class="verse indent0">Und mit dem sanften Weben</div> - <div class="verse indent0">Der freien Luft,</div> - <div class="verse indent0">Als wie aus tausend offnen Sinnen</div> - <div class="verse indent0">Dich in sich ziehn, Natur, und ganz in dir zerrinnen.“</div> - </div> -</div> -</div> - -<p>„Es ist schrecklich,“ entgegnete der Stadtschreiber.</p> - -<p>„Meint Er das alamodische Carmen?“ entgegnete der -Alte, den das gedrückte Wesen seines Schützlings reizte. -Und plötzlich fuhr er auf: „Seh Er sich nach einem andern -Schätzchen um. Was hat Er an dem kecken Ding? Ein -hübsches Lärvchen und ein Spatzenseelchen, weiter nichts.“</p> - -<p>„Sie werden sie verbrennen,“ seufzte Friedrich Lerch -wieder.</p> - -<p>„Hat Er’s aus hochmögendem Mund gehört, oder hat -Er’s aus den Akten herausgefischt, daß die Frankenthaler -noch jede Hexe verbrannt haben? Er ist ein gewissenhafter -Mensch; deswegen sollte Er auch wissen, daß es noch viele -andere hübsche Frauenzimmer in der Welt gibt. Ob Er -nun hier oder sonstwo an eine Hexe gerät, ist gleich: denn -Hexen sind sie alle. Ich bin in meinem Leben mindestens -zehnmal verhext worden, aber durch die Gnade unseres -Herrgotts immer heil und gesund davongekommen.“</p> - -<p>Friedrich Lerch lächelte säuerlich, um seinem Gönner zu -zeigen, daß er dessen Scherze verstehe und zu würdigen -wisse; aber in Wirklichkeit war ihm wund und weh zumute: -denn seit Babette im Hexenturm gefangen saß, quälte ihn -die Frage, ob er ihr im Geist doch nicht unrecht getan habe, -in einem fort, und die Erinnerung an die Stunden stummen -Glücks, da er beim Surren des Spinnrades an ihrer Seite -gesessen, erfüllte ihn mit quälender Sehnsucht.</p> - -<p>Als der Ratsherr sah, daß sein Schützling zu keinem -Gespräch zu bringen war, ließ er ihn unwirsch stehen, um -noch einen Blick in die Ratstrinkstube zu werfen, wo die -zwölf Gerichtsherren vor der Sitzung jeweils einen gehörigen -Frühtrunk zu tun pflegten. Er fand die Trinkstube -voll wie an höchsten Festtagen. Es saßen da würdige Männer, -die mit ihrer Meinung, daß sich die Stadt mit dieser -Hexengeschichte ein böses Süpplein eingebrockt und, zum -mindesten, lächerlich gemacht habe, nicht hinterm Zaun hielten; -aber dafür fehlte es unter den alten Hochmögenden -auch nicht an solchen, die sich im Auftischen saftiger Hexenstücklein -gar nicht genug tun konnten, und wer von ihnen -selbst nicht behext worden war, wußte zu berichten, daß -wenigstens sein Urgroßvater oder dessen Geschwisterkind die -schönsten Hexen, wie es keine mehr gebe, gekannt habe.</p> - -<p>Der Ratsherr Kemmeter hängte seinen Dreispitz an einen -Nagel und stopfte umständlich seine holländische Pfeife; dann -ließ er sich von dem Ratsküfer einen Becher Faßwein reichen -und ging von einem der alten Stecher zum andern, und -sein Becher klang beim Anstoßen so klar und regelrecht wie -die kleinen Glocken der Kilianskirche. Aber jeder der Herren, -mit dem er anstieß, bekam eine Bosheit zu hören, ohne daß -die Kracher aus dem Häuschen gerieten: denn sie kannten -die Gewohnheit des alten Spitalpflegers, allen Leuten -einen Floh ins Ohr zu setzen, und die Alten lasen aus den -Mienen Kemmeters einen Spaß heraus, von dem sie sicher -waren, daß er zu dem bevorstehenden Hexenspektakel paßte. -Die Gerichtsherren waren samt und sonders voll süßen -und sauern Weins, als sie endlich auf schwankenden Ratsherrnbeinen -in die große Gerichtsstube hinaufstiegen, wo -der neue Kanzler Friedrich Lerch, dem auch das Amt eines -Zehntschreibers oblag, mit käseweißem Gesicht schon hinter -seinem Amtstische saß. Er hielt eine neugeschnittene Rabenfeder -in der Hand, und auf seinen Zügen lag ein solcher -Kummer, daß der alte Kemmeter auf ihn zuging und ihn -derb am Ohre zupfte. —</p> - -<p>Babette war schon vorher, nach altem Frankenthaler -Rechtsbrauche, aus dem Hexenturm in eine „feine Stube“ -des Rathauses verbracht worden, wo der Dekan Lotter ihrer -wartete, um sie durch geistlichen Zuspruch auf das Verhör -in dem Hexenrichtercollegio vorzubereiten. Der geistliche -Herr nahm es gelassen hin, daß sein Beichtkind alle Schuld -bestritt; aber es mißstimmte ihn, daß Babette allem Zuspruch -ein hartnäckiges Schweigen entgegensetzte, die Hand, -mit der er ihr die Backe streicheln wollte, voller Abscheu -wegschlug und sich mit gesenktem Köpfchen an die Tür stellte, -wo der Stockmeister auf einem hölzernen Stühlchen hockte. -Die Tränen liefen ihr noch wie helle Perlen über die Wangen, -als sie, von zwei Ratsknechten geführt, in die Gerichtsstube -trat, wo die zwölf Richter hinter einem langen Tische beisammen -saßen. Auf Befragen des uralten Hexenrichters -Götz Schlegelmilch erklärte sie schluchzend, daß jedermann -sie kenne: sie sei von ihrer Tante in christlicher Zucht und -Ehrbarkeit erzogen worden; sie habe wohl gehört, daß es -Hexen gebe; aber sie wisse nicht, was Hexerei sei, und glaube -auch nicht, daß in Frankenthal Hexen zu finden seien. Da -erhob sich der Gerichtsherr Valtin Zipfel und sagte stammelnd -aus, als er aus der Trinkstube gekommen, habe er -plötzlich, im Vorraum vor dem Gerichtssaal, einen solchen -unterirdischen Ruch von Rosen um sich gespürt, daß er vermeine, -solches könne nur die Frucht des teuflischen Hexenwerks -sein.</p> - -<p>Darauf erklärte der Ratsherr Kemmeter, auch er habe -diesen Ruch mit seiner Nase wahrgenommen; aber der sei, -wie er beim Evangelio beschwören könne, aus den zinnernen -Bechern der Ratsstube emporgestiegen, von einem Jahrgang -Wein, den er, vor zehn Jahren, zu sechs Gulden das -Fuder und also um einen Jammerpreis, an den hochmögenden -Rat geliefert habe. Im übrigen müsse er bemerken, daß der -Stechheber, mit dem der Ratsküfer den Schoppenwein aus -den hahnenlosen Fässern ziehe, schon längst schadhaft sei, -weil er nicht genug geputzt und gescheuert werde; er selbst -habe hie und da mit Abscheu beim ersten Schluck ein vermischtes -Geschmäcklein auf der Zunge verschmeckt, was, gegen -alles städtische Herkommen, aus zwei Fässern zugleich -stammte, und eine solche Schlamperei sei dazu angetan, -Geschmack und Wein der Stadt in schlechten Geruch bei -den Nachbarn zu bringen.</p> - -<p>Dies brachte den Hexenrichter Götz Schlegelmilch in -Harnisch: er bekundete, daß er jüngst, als er von einem -Nachttrunk heimgekehrt, aus der Hottenlochgasse ein solch -teuflisches Getöse, Toben, Schreien, Singen vernommen, -daß er nicht anders meine, als diese Lustbarkeit sei von dem -Erzfeind und Teufel wider alles Verbot der Obrigkeit angestellt -worden, um eine Hexe zu feiern und sein Reich zu -heben. Worauf der Ratsherr Kemmeter zwinkernd im Kreis -umherblickte und erklärte: Daß Weinsümpfe doppelt sähen, -habe er gewußt; daß sie doppelt hörten, habe er nun erfahren. -Im übrigen rühre aber dies Geschrei, das guten -Bürgern die Nachtruhe störe, von den welschen Arbeitern -am Schloßbau her, die mit ihren Menschern die halbe -Nacht durchtanzten und das Messer los im Sacke trügen.</p> - -<p>Doch der Gerichtsherr Schlegelmilch blieb bei seiner -Aussage und verlangte, daß die Malefikantin Barbara -Glock alsogleich, nach altem Brauch, zu Recht nackt ausgezogen, -auf ihre Hexenmale untersucht und, wenn solche -nicht gefunden würden, mit Schrauben gepreßt werde.</p> - -<p>Worauf der Ratsherr Christopher Kemmeter erwiderte: -Er müsse die Schuld an besagter Augentrübung des Hexenrichters -noch einmal auf den schlecht gehaltenen Wein schieben, -der es bewirkt habe, daß er seine eigenen Miträte auf dem -Vorplatz für Hexenmeister genommen habe; er schlage vor, -den Ratsküfer <span class="antiqua">edictaliter</span> zu zitieren, um ihn zu christlicher -Verwaltung seines Amtes zu vermahnen, die Füllung der -Weinfässer durch ein wohlbestalltes Kollegium prüfen zu -lassen und zwei Stechheber, einen für die Katholiken und -einen für die Evangelischen, auf Kosten der Republik Frankenthal -anzuschaffen.</p> - -<p>Während die Ratsherren die Köpfe zusammensteckten, -um über die vorgebrachten Anträge zu beraten, ließ der -Stadtschreiber Friedrich Lerch Babette nicht aus dem Auge. -Der Anblick des blassen Köpfchens, das seinen Blicken auswich, -erfüllte ihn mit unendlichem Mitleid, und immer -wieder gedachte er der Augenblicke, wo ihm das Licht ihrer -Augen das wunderbarste Glück verhieß.</p> - -<p>Das eifrige Getuschel und Gerede der Gerichtsherren -fand jedoch ein jähes Ende, als sich der alte Kemmeter wieder -erhob und mit flötenweicher Stimme erklärte, er müsse, noch -ehe ein Bescheid des Hohen Collegii ergehe, die hochmögenden -Gerichtsherren auf eine alte Verordnung vom 13. Aprilis -de anno 1563 hinweisen, wonach es den Katholischen nicht -erlaubt sei, eine Hexe allein der hochnotpeinlichen Halsgerichtsbarkeit -zu überliefern, sondern wonach es zu Recht -bestehe, daß die Lutherischen ebenfalls eine Hexe beizubringen -hätten, wenn den Katholischen der Fang eines solchen Tierleins -gelungen wäre, und so verlange er, als Bekenner der -Augsburger Konfession, daß man das peinliche Verfahren -aussetze, bis es auch den Evangelischen beliebe, eine -Hexe ihres Glaubens aufzustöbern und der von Gott mit -scharfem Verstand begabten Obrigkeit zu peinlicher Rechtfertigung -oder Aburteilung zu übergeben. Seit der Glaube -an die höllische Hexenzunft bestehe, sei in Frankenthal niemals -eine Hexe allein geschwemmt oder verbrannt worden, -und dies gleichzeitige Verfahren habe dem Stadtsäckel manchen -Batzen erspart, der dann auf schicklichere Weise, in -einem guten Trunk oder Schmaus, vertan worden sei. -Auch sei es in Frankenthal von alters her der Brauch, daß -vor Vernehmung einer beschuldigten Person ein dreitägiges -Fasten für die Gerichtsherren aufzuschreiben sei, womit -verhindert werde, daß üble Dünste aus dem Magen aufwärts -steigen und die Helligkeit des Hirns trüben. Er heische -übrigens noch einmal die Herbeiführung eines Ratskonklusums -über die Anschaffung zweier neuer Stechheber, und -falls sie der Ratsküfer in Zukunft nicht paritätisch blank und -sauber halte, solle er, zu Pfingsten und zu Weihnachten, gestäupt -und bei widerspenstiger Beharrung in seiner Faulheit -seines Amtes zu Ungnaden enthoben werden. Die Ratsherren -sahen sich mit langen Gesichtern an: der eine oder -der andere hatte von der alten Verordnung munkeln gehört, -und da die Reichsstadt wegen der Treue, mit der sie an den -Verordnungen der Väter hing, in ganz Franken berühmt -war, so erging denn zunächst der Bescheid, daß Babette -Glock, die ob des Gehörten an allen Gliedern zitterte, ohne -Verweilen zu weiterem Gewahrsam in den Hexenturm zurückgebracht -werde. —</p> - -<p>Inzwischen redeten und schrien die Hochmögenden, die -nun deutlich in zwei feindliche Gegnerschaften auseinander -traten, mit vorgestreckten Gesichtern und spitzen Fingern -aufeinander ein. Der alte Kemmeter aber stand wie ein -Fels dazwischen, rieb sich die Hände und zwinkerte den -Stadtschreiber Lerch mit vergnügten Äuglein an: er wußte -zwar noch nicht, wie die Regierenden seinen Antrag aufnehmen -würden und was daraus entstehen mochte; allein -die Tatsache, daß er den hochmögenden Herren einen richtigen -Kemmeterstreich gespielt und einen Stein in den -Frankenthaler Karpfenteich geworfen habe, erfüllte ihn mit -einer wahren Weinfreude: entweder, so sagte er sich, gingen -seine Glaubensgenossen selbst daran, eine lutherische Hexe -in den Turm zu liefern, damit das hochnotpeinliche Gericht -seinen Fortgang nehmen konnte, und dann sah sich der Propst -Schlegelmilch, der aus seinem geläuterten Rationalismus -kein Hehl machte, in einer üblen Lage; oder die Katholiken -machten sich selbst auf die Hexenjagd, um ein evangelisches -Hexenstück zu erwischen, und dann konnte es geschehen, daß -Mord und Todschlag einrissen. Zwar waren die Evangelischen -in früheren Zeiten immer von dem löblichsten -Wetteifer geplagt gewesen, nicht weniger Hexen zu liefern -als ihre katholischen Mitbürger; aber sie hatten es stets aus -freien Stücken getan, ohne daß der hie und da aufflammende -Glaubenszwist der beiden Konfessionen bei diesen Hexenstreitigkeiten -eine Milderung erlitten hätte; ja, er war gerade -bei derartigen Gelegenheiten in solche Heftigkeit ausgeartet, -daß sogar die Hexen beim Verhör erzählten, es habe niemals -eine lutherische Hexe mit einer katholischen auf einem -Maientanz tanzen mögen. Auch war es vorgekommen, daß -die Aussagen der Hexen über die Gebräuche bei den Walpurgisnachttänzen -manchmal, je nach dem Glauben der Beklagten, -ganz wesentlich voneinander abwichen: bei dem großen -Hexenbrand im Jahre 1617 war, wie aus den Aufzeichnungen -des ehrsamen Ratschreibers Veit Unruh hervorging, -ein gewaltiger Streit zwischen den beiden angeklagten Hexen -entstanden, weil die lutherische Hexe steif und fest behauptete, -bei dem Hexenmahl sei süßer Wein getrunken worden, während -die katholische selbst in den spanischen Stiefeln nicht -von ihrer Aussage abzubringen war, der Wein, den ein -rothaariger Küfer mit einer Feder hinter dem Ohr auf den -Tisch gestellt habe, sei so sauer gewesen, daß sie ihn heimlich, -damit der Grüne es nicht sehe, weggespien habe. —</p> - -<p>An den nun folgenden Tagen summte und brummte die -alte Reichsstadt wie ein Bienenkorb vor dem Schwärmen. -Meister und Gesellen verließen ihre Arbeit und standen -feiernd an den Straßenecken beieinander. Die breitesten -Gassen rochen wie eine dampfende Wurstküche, und die zahlreichen -Becken, die ein ererbtes Schenkrecht ausübten, sowie -die Zunftküfer und Weinwirte des niederen Volkes -mußten ihre ältesten Fässer anstechen, um den Hexenbrand -der Meister und Gesellen zu löschen, die sich hinter den Kannen -mit listigen Äuglein maßen. Die alten evangelischen -Mainfischer schrien in ihrer Mundart, daß sie sich kein Brotkrümlein -von ihrem Rechte abzwicken ließen; denn es sei -eine Frechheit, wenn die Katholischen sich herausnähmen, -ein eigenes Hexenrecht zu schaffen. Die Aufgeklärten, die -sich in solche Konventikel verirrten, suchten die wilden Männer -zu beruhigen, indem sie erklärten, daß es in Frankenthal -schon seit einer halben Ewigkeit keine Hexen mehr gebe, -weil die Vorväter, in vorausschauender Weisheit, die ganze -Brut schon längst mit Stumpf und Stiel ausgerottet hätten. -Daraufhin erklärten die Parteigänger des Bürgermeisters -Lienlein, daß man schon eine protestantische Hexe finden -könne, wenn man nur wolle: denn daß noch ungefangene -Hexenweiber in Frankenthal herumgingen, beweise der Umstand, -daß der Sohn des Bürgermeisters in der Nacht zuvor, -als er an dem Hexenturm vorbeigegangen, von unsichtbaren -Fäusten so zerbläut worden sei, daß er die blau und gelben -Male noch an seinem Körper trage. Bald hieß es auch, daß -Kaspar Lienlein, der seit einer Woche die halbe Nacht in -dem Weinhaus „Zur warmen Wand“ liege, mit seinen -Freunden auf eigene Faust und Gefahr ein evangelisches -Hexlein zu fangen gedenke, damit die eingetürmte Babette -Glock endlich dem Urteil überantwortet und geschwemmt -oder zu Asche verbrannt werde. Indessen ging es auf dieser -Jagd dem Sohne des Bürgermeisters schlecht: er wurde -von unbekannten Händen in eine randvolle Jauchengrube -geworfen, und als man den jämmerlich Schreienden herauszog, -fand es sich, daß ihm sein rechtes Auge heraushing. —</p> - -<p>Da unter solchen Umständen der Bürgerkrieg in Frankenthal -drohte, traten die beiden Geistlichen, der protestantische -Propst Ehrwürden Veit Schlegelmilch und der katholische -Dekan Kilian Lotter, zu einer Beratung zusammen. Die -beiden Herren lächelten süß, als sie sich in einem Ratszimmer -trafen, um diese leidige Sache zu erwägen und mit Gottes -Hilfe einen Ausweg zu finden. Der Dekan Lotter, dessen -feistes Prälatengesicht den Himmel auf Erden widerspiegelte, -beklagte zunächst den Umstand, daß man ein Kind seines -Glaubens der Hexerei bezichtige; aber weder seine Miene -noch seine Worte verrieten die geringste Unruhe: er erklärte, -er habe dem fürstbischöflichen Kommissariat einen Bericht -erstattet und sehe nun allen Weiterungen mit der Ruhe -eines guten Gewissens entgegen. Da jedoch in jedem geistlichen -Gemüt ein Flickereien Rost glänzt oder ein Tröpfchen -Bosheit giert, belehrte er den Propst, daß schon der Pater -Friedrich Spee sein Leben daran gesetzt habe, den greulichen -Hexenwahn zu bekämpfen, und der Eindruck, den der fromme -Priester von dem Elend der Hexenprozesse gewonnen, sei so -groß gewesen, daß sein Haar im schönsten Mannesalter -weiß wie frischer Schnee geworden sei, wie aus seinem -Buche „<span class="antiqua">Cautio criminalis</span>“ hervorgehe. Und als Gegenstück -zu dieser frommen Lichtgestalt ließ er den sächsischen -Kanzler und Protestanten Carpzow auftauchen, der allein -das Todesurteil von zwanzigtausend Hexen unterzeichnet -habe.</p> - -<p>Der Propst Schlegelmilch hörte diese Unterweisung mit -mildem evangelischen Lächeln an; sein Gemüt war zwiespältig: -während er einem gemäßigten Vernunftglauben -zuneigte, ging seine Seele heimlich in verschlossenen Seelengärtchen -spazieren, wo Liebeswunder herrnhutischen Gepräges -geschahen und Weltliches und Geistliches wie Rosen- -und Liliendüfte ineinanderflossen. Er bedauerte den Geist -der Stadt, der allzusehr an Altem hänge und nicht davor -zurückschrecke, um eines Festes willen sein Seelenheil aufs -Spiel zu setzen; aber im stillen gelobte er sich, seinem katholischen -Amtsbruder die Anspielung auf den lutherischen Kanzler -Carpzow bei Gelegenheit mit Zins und Zinseszinsen heimzuzahlen -und bei der Verteilung des städtischen Deputatholzes -darauf zu sehen, daß die katholischen Holzknechte nicht -die schönsten Scheite ihrem Seelenhirten zu übermäßigen -Klaftern schichteten. —</p> - -<p>So verlief die Unterredung der beiden Geistlichen, ohne -eine Wendung im Schicksal der Babette Glock herbeizuführen. -Dafür beschlossen die beiden Gerichtsherren Unruh -und Zipfel, bei dem störrischen Babettchen selbst auf den -Busch zu klopfen, um aus ihrem Munde zu erfahren, mit -welchen Hexen sie zu Pfingsten auf der Galgenweide getanzt -und geschmaust habe. Sie fanden die Gefangene blaß, aber -gefaßt in der Fensternische ihres Turmes sitzen: sie dachte -just des Tages, da ihr Jugendgespiele Friedrich Lerch, von -der Akademie heimkehrend, zum erstenmal in die Stube -bei ihrer Tante getreten war, und ein Gefühl glücklicher -Erwartung erquoll aufs neue in ihrer Brust. Als die beiden -Kracher von dem Hexentanz anfingen, flammte das alte -Wesen in ihr auf: sie ging mit geballten Fäusten auf die -Alten los, so daß diese mit aufgehobenen Händen bis an -die schwere Eisentür des Verließes zurückwichen, von wo -aus sie erschreckt und zitternd auf das bebende Mädchen -blickten.</p> - -<p>Der Ratsherr Zipfel begann als erster zu lachen: „He, -Jungfer Glock, nichts für ungut, mit Euch möcht ich selbst -ein Hexentänzchen wagen.“ Und er spitzte den Mund, als -ob er ein Schmätzlein pflücken wolle. Im stillen war er -jedoch voll Ärgers, daß er nicht allein gekommen war, um -dem schönen Kind das Hexenherzchen schwer zu machen. -Er trat, da Babette ruhig blieb, wieder einen Schritt näher -und fuhr meckernd fort: „Aber so sagt uns doch nur, mit -welchen Hexen Ihr beim letzten Tanz zusammen waret. Ist -kein lutherisch Hexle dabei gewesen? Aus der Hottenlochgasse, -wo die Hexen von alters her wachsen? So sagt es -doch. Verbrannt werdet Ihr doch; denn es ist noch niemals -erlebt worden, daß eine Frankenthaler Hexe freigekommen -ist.“</p> - -<p>Da ging Babette in jäh ausbrechender Wut wieder auf -die Alten los, und aus ihren Augen flammte ein solches -Licht, daß die Gerichtsherren zähneklappernd die Flucht ergriffen. -Sie vergaßen sogar, die eichene Gefängnistüre -mit dem Schlüssel zu schließen, und keiner wußte zu sagen, -wie er die ausgetretene Wendeltreppe heruntergekommen -war. Der Ratsherr Unruh erzählte am Abend in der Ratsstube, -er habe nun auch den Rosengeruch gespürt, der den -Gerichtsherren dazumalen, beim Gang aus der Ratstrinkstube, -in die Nase gestiegen sei; aber es sei ihm dabei so -elendiglich zumute geworden, daß er in seiner Seele nicht -mehr froh geworden, bis er bei seinem ehelichen Weib zu -Hause gesessen und drei Rosenkränze nebst der lauretanischen -Litanei gebetet habe. —</p> - -<p>Unterdessen geschah es in der aufgewühlten Stadt, daß -bald diese oder jene Frankenthalerin als Hexe genannt -wurde. Infolge dieses heimlichen Geredes kam es an verschiedenen -Abenden zu blutigen Schlägereien zwischen Katholiken -und Evangelischen, und da auch die Frankenthalerinnen -ihre Zungen gehen ließen, gerieten die Gemüter in -solche Erhitzung, daß bald jede Frau in jeder andern eine -heimliche Hexe sah.</p> - -<p>Indessen saß Babette weltverlassen in ihrem Turm und -brütete in wechselnder Gemütsart vor sich hin. Sie konnte -es nicht begreifen, daß kein Wunder geschah und Tag um -Tag verging, ohne daß der Geliebte erschien, um sie aus dem -Jammer fortzuführen. Der Blick, den er ihr zugeworfen, -als sie den Rathaussaal verlassen hatte, wo die leibhaftigen -Teufel in Ratsherrengestalt auf ihren hochlehnigen Stühlen -hockten, glänzte noch immer vor ihr her, und wenn sie unwillig -wegen seiner Schüchternheit werden wollte, die alles -verschuldet habe, löschte dieser lange Blick jeden Groll in -ihrer Seele aus. Sie schloß ihre Augen, um diesen Blick -immer wieder mit vollem Herzen zu genießen, und das -Glück, das sie ersehnte, stand dabei so klar vor ihrer Seele, -daß sich ihre Wangen mit brennendem Rot färbten, wenn sie -seiner gedachte. Von einem Augenblicke seligen Beisammenseins -spann sich ein goldenes Fädchen in ähnliche Augenblicke -späteren Daseins hinüber, und wenn sie die Augen aufschlug -und das blecherne Eßgeschirr vor sich stehen sah, floh -sie eiligst in die Mauernische, wo sie nur den Schrei der -Dohlen vernahm, die den Knauf des alten Hexenturms umschwärmten. -Dann quoll ein seltsames Mitleid mit sich selbst, -das doch nicht ohne Süße war, in ihrem Herzen auf, und -die Gassenbuben, die vom Stadtwall aus nach dem Hexenturm -herüberblickten, erschienen ihr, wie durch einen Schleier -hindurch, zum Greifen nah und doch unendlich ferne.</p> - -<p>Als aber Tag für Tag verfloß, ohne daß der Geliebte -ein Zeichen seines Daseins oder seiner Hilfsbereitschaft gab, -flammte wieder die alte Empörung gegen dessen ganzes -Wesen in ihr auf, und nun wandte sich ihr Sehnen und -Denken der Gestalt des Junkers Emmerich zu, dem sie nun -in hellem Trotz alle Mannesherrlichkeit, allen Wagemut -und alle Liebestreue andichtete. Sie durchlebte noch einmal -die Stunden des Festes der Grundsteinlegung mit sehnendem -Gemüte, und der Ton der Stimme, die sie zu hören glaubte, -drang wie ein Strahl himmlischer Wonne in ihr Herz. Sie -zweifelte nicht, daß jener auf den ersten Ruf erscheinen -werde, um sie aus diesem Kerker, in dem nur alte triefäugige -Männer Zutritt hatten, hinwegzuführen. Doch die Tage -vergingen, ohne daß ein Zeichen sorgender Liebe in das -muffige Düster des Hexengemaches drang. Als einziges -Liebeszeichen legte eines Abends der Stockmeister ein Stück -Kuchen neben die blecherne Suppenschüssel; da wußte sie, -daß die blinde Tante ihrer gedachte, und brach in bittere -Tränen aus, die noch flossen, als sie wie in einem Traum -den ersten Biß in den frischen Kuchen tat. —</p> - -<p>In der Nische, wo sie tagsüber saß und in das Grün des -nahen Waldhangs hinüberblickte, hausten Spinnen, kleine -schwarze Tierlein. Als sie zum ersten Male ihrer gewahr -wurde, hatte sie voller Abscheu ihre zarten Gewebe zerstört, -die wie gebauschte Segel in den verstaubten Ecken hingen. -Als aber die schwarzen Spinnerinnen sofort wieder daran -gingen, einen Faden zu ziehen und ihr Fangnetz in der halben -Dämmerung aufzuhängen, ließ sie die Emsigen gewähren -und sah neugierig zu, wie zuweilen ein Mücklein in das gebauschte -Netz geriet und von der Spinne zu künftigem Fraße -eingewickelt wurde. Ja, es regte sich bei diesem Spiel eine -seltsame Grausamkeit in ihr, und diese bösartige Regung -wurde schwärend, als sie eines Tages von ihrer Nische aus -drei ihrer besten Freundinnen erblickte, die Arm in Arm auf -dem Waldpfad über dem Stadtgraben standen und nach -dem Fenster des Gemaches herüberäugten, in dem Babette -gefangen saß. Sie floh in den hintersten Winkel des Hexengemaches -zurück, um diesem Anblick zu entgehen, und -wünschte, voll jähen Grimms, wirklich eine Hexe zu sein, -um diesen Docken jedes Übel anzutun; aber das helle Lachen -ihrer Freundinnen trieb sie wieder ans Fenster zurück, und -als bald darauf die Mädchen singend weitergingen und im -Wald verschwanden, überfiel sie ein Frösteln, das nicht -weichen wollte. Und wieder suchten ihre Gedanken Trost -und Zuflucht bei dem Junker, dessen Gestalt bei dem Gedanken, -daß er in Mainz in Glanz und Ehren weile, mit -überwältigendem Zauber vor ihre Seele trat. —</p> - -<p>Doch als auch dieser Seelentrost wie ein Schein erblich, -regte sich in ihrer Seele ein seltsam Gären und Schwären: -alles was sie an Spinnabenden von Knechten und Mägden -über Hexen und Hexenbräuche, Marientänze, Salben und -Wettermachen gehört hatte, begann ihr Denken in einen -Hexenring zu ziehen. Und wenn sie voll heimlichen Grauens -sich selber fragte, ob es wirklich Frauen gebe, die zum Heuberg -oder zur Galgenweide führen, vermischte sich der Durst -nach Rache an ihren Peinigern wie ein süßes Labsal mit -diesem Denken und Sinnen. Und noch süßer als der -Wunsch, die ganze Stadt in einem Kieselwetter zu ersäufen, -erschien ihr der Gedanke, sich dem Geliebten, der sie in solchem -Jammer schmachten ließ, als triumphierende Hexe zu -zeigen und sich an seinem staunenden Entsetzen zu ergötzen -und zu laben. Indessen nahm auch dieses Spiel mit Hohn -und Bitterkeit ein Ende, und da der geifernde Hexentürmer -wieder von der Folterung zu faseln begann, geriet sie in -eine verzweiflungsvolle Erwartung unentrinnbar nahen -Entsetzens.</p> - -<p>Da fuhr sie, eines Tages, in aller Frühe aus einem -bleiern schweren Schlummer auf: ganz deutlich hörte sie, -aus naher Ferne her, das Horn des Kutschers, der das -Lied von der jungen schönen Braut blies, unter dessen Klängen -einst der Junker Emmerich Rüdt von Collenberg aus den -Toren der Stadt gefahren war. Endlich war ihr Retter -erschienen! Sie sprang von dem Schragen auf und lief an -die verriegelte Türe und pochte mit den Füßchen an die dicken -Bohlen. Und da der Ton des Posthorns laut und lauter -näher kam, hielt sie fast den Atem an, und ein klarer Plan -reifte jählings in ihrem Gemüt. Als der Hexentürmer gleich -darauf mit dem gebrannten Morgensüpplein daherhumpelte, -verlangte sie, stammelnd vor Hast, vor ihre Richter -geführt zu werden. Der Alte, der ein Geständnis witterte -und nun seinen Hexenschmaus ganz nah gerückt sah, schlurfte -eilends davon, und eine Stunde darauf wußte schon die -halbe Stadt, daß die Hexe Babette Glock endlich mürb geworden -sei und ihre Hexereien gestehen wolle. Die Katholiken -unter den Hexengläubigen hofften, endlich zu erfahren, -ob nicht doch eine evangelische Hexe unter ihnen weile, -und die Evangelischen versahen sich mit Stöcken und Prügeln, -um lose Mäuler mit ungebrannter Asche zu stopfen. -Um neun Uhr schon waren die zwölf Gerichtsherren und der -ganze Rat auf dem Rathaus versammelt. Wie eine Mauer -aber stand das Volk, der Hexe harrend, links und rechts auf -dem Platze vor dem Hexenturm, und als endlich der Schlüssel -knarrte und Babette, bleich und abgezehrt, wie ein Schatten, -über die Schwelle trat, legte sich auf die Harrenden eine -atemlose Stille, in die, über die nahen Dächer her, plötzlich -wieder, klar und kräftig, das Posthorn hereinklang. Die -Mütter drückten ihre Kinder an die Brust, damit der Blick -der Hexe ihnen kein Unheil antun könne, und die männliche -Jugend, der beim Anblick der hübschen Babette das Wasser -im Mund zusammenlief, blickte sich zwinkernd an.</p> - -<p>Hinter der Hexe ging der Türmer, mit einem alten Hütchen -auf dem Kopf, und hielt den Strick, an dessen Enden -die Hände der Gefangenen gefesselt waren, in seinen zitternden -Fäusten fest.</p> - -<p>Da aber geschah etwas Unerwartetes: das bleiche Mädchen, -das vor den Blicken der Menge den Blick niedergeschlagen -und nur zögernd den Fuß auf die Gasse gesetzt -hatte, erhob beim Aufklingen des Posthorns jählings den -Kopf: dieser Ton bedeutete Heil und Rettung, und mit -einem jähen Ruck riß sich Babette los und flog wie eine -aufgescheuchte Taube zwischen der erstarrten Menge hindurch. -Niemand wagte es, in der ersten Überraschung, nach der -Fliehenden zu greifen, und erst als sie in einem Seitengäßchen -verschwunden war, brach die Menge zusammenflutend -in ein wildes Geheul aus. Ein altes Männlein -schrie, es hätte den Atem des leibhaftigen Satans gespürt; -den jungen Frauen tanzten schon die Höllenfunken vor den -Augen, und die alten guckten gleich in die Höhe, denn sie -zweifelten keinen Augenblick, daß die Hexe sofort ein Wetter -machen werde, um die Stadt in einer Sintflut zu ersäufen.</p> - -<p>Doch nichts von alledem geschah. Wie der Wind durcheilte -Babette ein paar winkelige Gassen und Gäßchen, um -den Marktplatz zu erreichen, wo der Gasthof „Zum Elefanten“ -stand, in dem die vornehmen Fremden abzusteigen pflegten. -Auf dem weiten Platze blieb sie einen Augenblick stehen, um -zu verschnaufen. Ihr einziger Gedanke war gewesen, den -Reisewagen des Junkers von Collenberg vor dem Gasthaus -zu erreichen; da aber kein Fuhrwerk vor der Treppe hielt, -flog sie weiter, um durch das Falkentor zu entkommen. Doch -schon gellte der Volksruf: „Fangt die Hexe!“ hinter ihr her -und erregte die Aufmerksamkeit einiger Fuhrknechte, die -vor dem halbverschlossenen Tore beieinander standen und -rasch die Arme ausstreckten, um die Fliehende abzufangen. -Da bog sie wie der Wind in ein anderes Seitengäßchen -ein; doch überall, wohin sie sich auch wenden mochte, überall -begegnete sie feindseligen oder lachenden Gesichtern: denn -den Frankenthalern war es inzwischen zum Bewußtsein -gekommen, daß für die Hexe kein Türlein zum Entwischen -offen stand, und nun gedachten sie die Atemlose wie eine -Maus bis zu letzter Erschöpfung im Kreise herumzuhetzen -und sie erst zu fangen, wenn sie keinen Fuß mehr heben -konnte.</p> - -<p>So gelangte sie in wilder Hatz ein zweites Mal vor das -Falkentor, über dessen Zinnendach nun der Ton des Posthorns -noch einmal wie ein ersterbender Hauch aus weitester -Ferne hereinklang. Einen Augenblick stand die Atemlose -still, um sich zu besinnen: da hörte sie, wie sich das Gejohl -und Geschrei ihrer Verfolger nah und näher wälzte, wie -es gellend und pfeifend aus allen Gassen zusammenbrauste -und über den Dächern zusammenschlug. In jäher Todesangst -floh sie in den Turm und stürmte die schmale Holztreppe -empor, die aus der Torhalle auf den uralten Wehrgang -hinter der Stadtmauer führte, und eilte unter der -niederen Bedachung des Umgangs weiter. Und wie ein -himmlischer Schutzort glänzte ganz plötzlich das Haus des -Ratsherrn Kemmeter vor ihr her, dessen Garten, wie ihr -nun einfiel, an die Stadtmauer grenzte. Sie mußte allerdings, -um in den Garten zu gelangen, einen Sprung in -die Tiefe wagen. Da sie aber schon die Tritte der Verfolger -zu hören glaubte, ließ sie sich ohne langes Besinnen von der -hölzernen Brüstung des Wehrganges auf ein umgegrabenes -Beet fallen und gelangte, bis zum Tode erschöpft, vor die -Hintertüre des Flures, deren Klinke dem Drucke ihrer Hand -nachgab. Margret, die Schwester des Spitalpflegers, die -gerade eine Windel für ein Waisenkindchen säumte, machte -große Augen, als Babette Glock wie ein gehetztes Wild in -die Stube stürzte und mit hauchloser Stimme um einen -Zufluchtsort bat. Die alte Jungfer sah nicht gerade mit -liebevollen Augen auf das Mädchen, das als keckes, mundfertiges -Wesen in ihrem Gedächtnis lebte und nun, da sie -als Flüchtige kam, vielleicht Sorge und Belästigung in das -Haus brachte. Da sie nicht wußte, was der nächste Augenblick -bringen würde, und sie gewohnt war, nichts ohne ihren -Bruder zu tun, löste sie den Strick von den Händen der -Erschöpften und sperrte, ohne ein Wort zu sagen, das still -vor sich hinweinende Mädchen in eine Bodenkammer. Dann -verschloß sie, der weiteren Dinge harrend, die Gassentüre -des Hauses. Nach einer Weile hörte sie, wie eine johlende -Menge in dem Wehrgang über dem Garten hin und her -stürmte; aber es erschien niemand in dem Hause, um nach -der Entflohenen zu spähen, und so hielt sie es für angebracht, -die dumpf vor sich Hinbrütende zu heiligem Schweigen zu -mahnen, da die Magd bald vom Markte heimkäme. Sie -fragte unwirsch, ob Babette ein Gläschen Wein wolle, und -brummte wie ein Hausdrache vor sich hin, als die Erschöpfte -mit aufgehobenen Händen und erloschener Stimme nach -dem Ratsherrn verlangte. —</p> - -<p>Als der Spitalpfleger eine Stunde später nach Hause -kam, ließ sich die Jungfer Margret erst die Flucht der Hexe -erzählen, und dann geleitete sie, ohne einen Muckser von sich -zu geben, ihren Bruder in die Kammer, wo Babette mit -weiten Augen und schwer atmend auf einer niedern Truhe -saß. Sie hatte in dem dunklen Gelaß jede Hoffnung auf -Rettung verloren und war gewärtig, jeden Augenblick ergriffen -zu werden.</p> - -<p>„Du hast uns da ein hübsches Süpple eingebrockt,“ sagte -der Ratsherr unwirsch, als er gewahrte, wie die Tränen -über die Wangen der Gehetzten niederrannen. „Und ich -soll’s ausessen, gelt? Aber so ist die Jugend: nur wenn sie -uns braucht, kommt sie zu uns, damit wir die Fädchen, an -denen sie zappelt, zu einem seidenen Stricklein drehen, um -das Glück an ein rechtes Handgelenk zu binden. Wenn wir -aber auch am Tischle sitzen wollen, wo sie aus vollen Bechern -trinkt, dann heißt es: Geh, du hast dein Teil gehabt! Die -Jungfer weiß vielleicht, daß ich französisch parlieren kann -und zwei Jahre auf der Akademie in Straßburg gemeines -und kirchliches Recht studiert hab? Aber Sie weiß nicht, daß -ich mich da auch um andere Dinge gekümmert habe, die auf -keinem Kirschbaum wachsen. Und einen Trost von da hab -ich mitgebracht: Es kommt immer anders! Die Jungfer -muß erst Großmutter werden, eh Sie versteht, was das besagen -will. Was aber sollen wir mit Ihr anfangen? Nun, -was das Hexensüpplein anbelangt, so soll mir der Rat beim -Essen helfen und tüchtig blasen, damit er sich die Zunge nicht -verbrennt und, <span class="antiqua">vel votando vel consulendo</span>, lernt, wie -Hexenmählchen schmecken. He, Jungfer Glock, Ihr könnt -Euch rühmen, den alten Bienenkorb fein in Aufruhr gebracht -zu haben. Hört Ihr den Lärm? Nun wird sich zeigen, ob -Seine Ehrwürden der Propst recht hat, wenn er behauptet, -die Zeit himmlischer Erleuchtung sei nie näher gewesen als -heute, Apokalypse dies oder jenes Kapitel. Es wäre zum -Lachen, wenn ein fliehendes Frauenzimmerchen den Herren -dieses Lichtlein aufgesteckt hätte, damit sie auch sehen, welches -Süpplein sie blasen. Und auch die Zunft der Bader -wird heut zu tun bekommen.“</p> - -<p>Da Babette schwieg, hob Christopher Kemmeter das Kinn -der Sitzenden empor und lachte dann: „Was seht Ihr mich -an? Habt Ihr vielleicht schon einen schöneren Jüngling gesehen? -Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch bei der keuschen -Susanna im Bad ersuchte, meine liebwerte Ehefrau zu -werden? Ich möchte auch einmal, wenn ich abends aus dem -Ratskeller nach Hause komme, von weichen Pfoten gekrault -werden. Meine Schwester ist ein altes Fegefeuer und hat -nicht die Hand dazu.“</p> - -<p>„Der Herr von Collenberg ist durchgefahren?“ fragte -Babette, mit einem Blick, aus dem fast kein Leben leuchtete.</p> - -<p>„Mit einer Braut, die sich der Batzenschmelzer aus Mainz -geholt hat. Laßt ihn fahren; den seht Ihr niemals wieder.“</p> - -<p>Babette Glock sank auf die Truhe zurück und starrte vor -sich hin: was sie da vernahm, stieß sie wieder in den Jammer -öder Hoffnungslosigkeit zurück, und doch wunderte es sie -selbst, daß sie keinen tieferen Schmerz ob dieser Nachricht -empfand. Der Spitalpfleger scherzte indessen weiter: „Und -ich gefall Euch nicht?“</p> - -<p>Da überkam die Reglose jählings ein Gefühl der Beruhigung, -und plötzlich erwachte die Schelmin in ihr: „Ich -will keine Wittib werden,“ sagte sie seufzend, während ihr -die hellen Tränen in die Augen schossen.</p> - -<p>Der Ratsherr zwinkerte mit den Äuglein unter seinen -buschigen Brauen: „Ihr verurteilt mich ja zu einem raschen -Sterben! Aber was habt Ihr, wenn Ihr einen verängstigten -Hungerleider nehmt, der nicht lachen kann und seine Bettelsuppe -mit saurem Gesicht ißt?“</p> - -<p>„Ich hab zuviel gelacht,“ seufzte sie, worauf sie in ihre -vorige Trübsal zurücksank.</p> - -<p>„Wenn es der Geiß zu wohl wird, geht sie gern aufs -Eis. Nichts für ungut, Jungfer: Ihr habt ein Schelmenaug, -das schlimmere Dinge verrät, als ein roter Mädchenmund -sagen kann. Ich würde Euch gern einen Mann -schicken, der meine Sache führen soll; aber ich kenne keinen: -zu Frankenthaler Kanzlern nimmt man niemals aufrechte -Männer, weil man sie in diesem Amt nicht brauchen kann.“</p> - -<p>„Ihr sollt nichts Schlimmes über ihn sagen,“ bat Babette -mit leiser Stimme.</p> - -<p>„Frauenwille, Gotteswille,“ drohte Christoph Kemmeter -mit erhobenem Finger, und in ausbrechender Sorge fügte -er hinzu: „Nun aber halt dich still. Es darf keine Seele -erfahren, daß wir ein Hexlein beherbergen. Und muckse -nicht, wenn unsere Magd, die alte Urschel, auf dem Speicher -rumort: den Schlüssel zu der Kammer da hab ich verloren, -wenn sie ihn verlangt. Und deiner Tante will ich zur Gemütsberuhigung -sagen, sie soll uns doch noch einen Hochzeitskuchen, -einen echten Frankenthaler Blatz mit Weinbeeren, -backen.“</p> - -<p>Da saß nun Babette zum zweiten Male in Gefangenschaft -und hatte Muße, über das Wesen der Menschen nachzudenken. -Von dem schmalen Giebelfensterchen aus konnte -sie einen Teil des Gartens überblicken, der sich hinter dem -Hause des Spitalpflegers bis an die Mauer erstreckte, und -wenn sie das Köpfchen aus dem Fenster streckte, konnte sie -den Duft der Blumen riechen, der aus der stillen Mauergartenwelt -in ihre Kammer emporstieg. In dem ummauerten -Garten herrschte ein geheimnisvolles Leben: die Amseln -huschten zankend über die Beete, ein Brünnlein perlte in ein -zerborstenes Becken, und die ersten Rosen glühten aus der -grünen Tiefe. Einmal sah sie auch den alten Kemmeter, -wie er mit einem Kännchen von Beet zu Beet ging und -dann die Faust gegen den Wehrgang schüttelte, über dessen -Brüstung von Zeit zu Zeit neugierige Gesichter lugten. Da -zog sie sich in das Innere zurück. Sie hatte gehofft, der -alte Ratsherr werde in einem Stündchen schon mit dem -Geliebten daherkommen, damit sie gemeinsam berieten, wie -sie zu ihrer Base in Zell entkommen könne; doch die Stunden -zogen sich hin, und erst gegen Abend erschien der Ratsherr -mit der Nachricht, der Herr Stadtschreiber habe sich bei -einem Hexengespräch gegen jede Würde hinreißen lassen, in -einer Weinstube die Hand gegen ein paar Laffen aus der -Freundschaft des Bürgermeisters zu erheben, und liege nun -mit einer Stirnwunde zu Bette.</p> - -<p>„Sie hat den Heldengeist in ihm geweckt,“ scherzte der -Alte, und Babette entgegnete leise, aber fest: „Ich werde -noch ganz andere Dinge in ihm wecken.“ Aber sie zeigte, -zum Erstaunen des Ratsherrn, weiter keine Neugier, Näheres -über diese Schlägerei zu erfahren, sondern fragte nur: -„Wann kann ich ihn sehen?“</p> - -<p>Der Alte versprach, ihren Wunsch zu erfüllen; er habe -ihr Versteck noch nicht verraten; aber er werde den Helden -am nächsten Tage lebendig oder tot herbeischaffen, und Babette, -die in dieser Nacht zum erstenmal wieder traumlos -ruhig schlief, erbat sich am nächsten Morgen ein Nähzeug, -um ihr Busentuch auszubessern. Die Jungfer Margret sah -ihr dabei ein Weilchen zu und brachte dann ein paar Waisenhemdchen -herbei, die Babette säumen sollte. Sie hatte sich -vorgenommen, dem kecken Ding gehörig auf die Finger zu -gucken; aber wenn Babette die leuchtenden Augen aufschlug, -blieben der alten Jungfer die Scheltworte in der Kehle -stecken, und nur ein Knurren der Abziehenden verriet, daß -sie mit sich selber unzufrieden war.</p> - -<p>Mit sinkender Nacht betrat Friedrich Lerch, den Dreispitz -tief auf die Stutzperücke gedrückt, das Haus des Spitalpflegers. -Dieser ließ sich zuerst des weiten und breiten -berichten, was die Frankenthaler über die verschwundene -Hexe hin und her redeten und wem das Fell von Prügeln -juckte; dann ging er hüstelnd in dem Gemach auf und ab, -guckte in ein Schränkchen und schloß es wieder zu, stopfte -seine holländische Pfeife und holte endlich aus dem Keller -eine Kanne Wein, aus der er dem Stadtschreiber fleißig -einschenkte. Als er selbst ein paar Gläser getrunken hatte, -fing er an: „Friedrich Lerch, ich hab Seinen Vater gekannt, -und weiß Er, was mir mein guter Freund, der selige -Kammerdirektor Lerch, eines Tages, auf einer Schweinshatz, -sagte: ‚Ich hab sieben Buben, und einen, der ist zu allem -unbrauchbar. Nicht einmal zum Haferschneiden weiß er sich -anzuschicken.‘ — Ich tröstete den Vater dieses Sorgenbuben -und sagte: ‚Laßt ihn lateinisch lernen!‘ Hat Er’s gelernt? -Weiß Er, was Horaz vom Tage sagt? <span class="antiqua">Carpe diem!</span>“</p> - -<p>Ein bitteres Lächeln umflog den Mund des unbestätigten -Kanzlers; doch der Alte fuhr fort: „Hat Er so an den Kosttischen -gelächelt, die Er in Altdorf ausgefressen? Nichts für -ungut: daß Er mit Seinen Brüdern nicht aus dem Vollen -schöpfen konnte, kam daher, daß sich mein getreuer Freund, -Sein seliger Vater, zu früh aus dem Staub gemacht hat -in ein besseres Jenseits. Nicht ohne Grund: denn ich könnte -allerlei Geschichten erzählen, wie man an kleinen Höfen -lebt und seine Leute preßt. Als ich das letztemal bei Seinem -Herrn Vater in Weiningen weilte, gab er mir ein Reskript -zu lesen, dessen Wortlaut ich mir eingeprägt habe. ‚Von -Gottes Gnaden, Wir Ulrich Ernst, Fürst von Weiningen -(und das und das und so weiter). Lieber, Getreuer! Nachdem -Unsere Fürstliche Gemahlin Durchlaucht eine Reise ins -Bad nach Pyrmont vorzunehmen gnädigst beschlossen haben, -hiezu aber noch ein Reisezuschuß von 500 Dukaten in Gold -unumgänglich erforderlich ist, also befehlen Wir dir in Gnaden, -besagte Summe aus deiner Amtskasse, in Ermanglung -deren aber aus eigenen Mitteln, binnen vierundzwanzig -Stunden, bei Vermeidung der Exekution, herbeizuschaffen.‘</p> - -<p>Und weiß Er, was Sein Vater tat? Er meldete, daß -er aus seinem eigenen Säckel bereits 150 Gulden in die -Hofküche gespendet, worauf ihm ein Schreiben zukam: ‚Wir -u. s. w. Lieber, Getreuer! Nachdem Wir aus deinem untertänigen -Bericht <span class="antiqua">de dato hesterno et praesentato hodierno</span> -in Gnaden ersehen haben, daß <span class="antiqua">Pars prima rescripti nostri</span> -nicht in Anwendung zu bringen, also hat es bei <span class="antiqua">Pars secunda</span> -desselben sein unausbleibliches Bewenden.‘ Das -wollte besagen, daß die besagten 500 Dukaten von dem Kammerdirektor -Lerch beschafft werden mußten, und daß Seine -Mutter später mit der Rentkasse im Streit lag, um ihren -hungrigen Buben das Vorgeschossene zu erstreiten. Er -weiß auch, daß Sein Vater längere Zeit gelähmt dalag und -nur noch das eine Wort ‚Hundsfötter‘ hervorbringen konnte. -Ich weiß nicht, wen er damit meinte, kann mir’s aber denken. -— Hundsfötter und Herrgötter gibt einen Reim, womit -ich übrigens keine Blasphemie gegen unsern lieben alten -Herrgott und Seligmacher an den Mann gebracht haben -möchte. Doch nun frag ich Ihn: Was gedenkt Er zu tun?“</p> - -<p>Friedrich Lerch zuckte die Achseln.</p> - -<p>Doch der Alte fuhr fort, und aus seiner Stimme klang -es wie Hohn und Grimm: „Er ist ein studierter Mann. -Weiß Er nicht, daß alle Dinge an ein Fädchen geknüpft und -so miteinander verstrickt und verwoben sind, daß man kein -Mäschlein auflösen kann, ohne ein Löchlein in das Geweb -zu machen? Und daß, wer A sagt, auch B sagen muß? -Und daß des Herrgotts Boten so leis zur Tür hereinkommen, -daß wir gar keine Zeit finden, sie hinauszuwerfen, ehe -sie ihre Botschaft an den Mann gebracht haben? Er ist eine -brave, aber furchtsame Seele. Hat Er sich’s schon überlegt, -daß man damit den Weibsen nicht in die Augen sticht?“</p> - -<p>Friedrich Lerch seufzte.</p> - -<p>„So denkt Er immer noch an die Hexe? Schlag Er sich -das Frauenzimmer aus dem Sinn. Er ist nicht gemacht, -um mit Hexen zu leben. Ich rate Ihm, eine gestandene -Jungfer zu nehmen, die eine doppelte Aussteuer in ihrer -Kammer, einen Gültbrief in ihrem Laden und hundert -Kronentaler in ihrem Strumpf versteckt hat. Zwölf Kinder -soll Er bekommen, und beim dreizehnten kann Er mich zum -Dot bitten.“</p> - -<p>„Sie werden sie wieder fangen,“ seufzte der Stadtschreiber, -der in einem fort an Babette dachte.</p> - -<p>„O, la la,“ lachte der Alte.</p> - -<p>„Und ich könnte sie alle an den Galgen bringen, wenn -es noch Recht und Gerechtigkeit gäbe,“ schrie Friedrich Lerch, -in dem nun der Wein zu wirken begann, ganz plötzlich auf. -„Ich habe erst einen Blick in die Vetterleswirtschaft am -Ort getan und weiß doch schon, daß sie alle, die hochmögenden -Herren, Taschen mit doppelten Böden haben. Der hat -einen Sohn und jener eine Tochter, die alle meinen, es -schmecke kein Kuchen so süß als der, den sie aus dem Stadtmehl -backen. —“</p> - -<p>Der Ratsherr lachte aus vollem Halse: „Er ist toll. -Weiß Er am End auch schon, daß man am weichsten auf -dem Leder geht, das man aus dem Rücken der anderen -schneidet? Hat Er darüber nachgedacht, warum wir von -der gleichen Konfession die gleiche Anzahl Ratsherren, -Pfaffen, Stadtausrufer, Hochzeitansager, Büchsenmacher, -Glockengießer, Apotheker, Ärzte und Scharfrichter haben, -warum aber nur ein Bürgermeister regiert? Hat Er noch -nicht bemerkt, daß der katholische Totengräber seine Leute -mit einem anderen Gesicht eingräbt als der lutherische? Und -was will Er machen, wenn Er, wie ich als Armenadvokat, -eines Tages zum Waisenvater und Rentmeister des Waisenhauses -zugleich ernannt wird und in die seltsamste Zwickmühle -gerät? Setz Er den Fall, der Waisenvater — Er -— befehle dem Rentmeister — Ihm —, den unglücklichen -Waisenkindern einen Osterkuchen aus Weizenmehl backen -zu lassen, und der Rentmeister weigere sich, Seinem Befehl -zu gehorchen, weil kein Geld in der Kasse ist? Wird Er -den Lümmel nicht koramisieren? Wird Er — als Waisenvater -— dulden, daß der Rentmeister Ihm auf ein ungeschriebenes -<span class="antiqua">Promemoria</span> von hundert Seiten keine Antwort -gibt, sondern Ihn vielleicht gar auf die immerwährende -Frankenthaler Kirchweih lädt? Wenn Er in solchen Lagen, -wie ich sie zu hundert Malen durchgemacht habe, nicht zum -voraus Bescheid weiß, versteht Er nichts <span class="antiqua">in politicis</span>, und -ich rat Ihm als guter Freund, lieber heut als morgen eine -gut dotierte Stellung in dem Utopien des weiland Kanzlers -Morus zu suchen, nicht aber in einer paritätischen Republik, -deren Verfassung auf dem Westfälischen Frieden gutgeheißen -wurde und dem kaiserlichen Hofrat in Wien auch heut noch -zuweilen den heiligen Amtsschlaf stört. Ich will Ihm, falls -Er als Scriba beim Amt zu bleiben und das Juramentum -zu leisten gedenkt, einen guten Rat geben: Trag Er nur -fein immer den Hut in der Hand, wenn Er dem regierenden -Herrn Bürgermeister oder einem hochmögenden Ratsherrn -begegnet, und katzenbuckle Er wie ein Hungerleider, der -Schlehen für Pflaumen frißt, wenn die Not an den Mann -geht. Und wenn von der hochmögenden Obrigkeit die Rede -ist, die, wie ich jüngst in einem alten Hexenurteil gelesen, -von Gott eingesetzt und mit scharfem Verstand begabt ist, -so sitz Er mit ehrfürchtigem Gesicht da und laß Er Seine -Ohren hängen, wie es die bockigen Esel tun. Sollte Er -zufällig ein Weinglas vor sich stehen haben, so kann Er -trinken; aber Er lasse es nicht merken, daß Er es vielleicht -tut, um Seinen Ärger hinabzuspülen. Vor allem aber -mach Er sich nie mit der Geistlichkeit zu schaffen; denn da -wird Er, wie ich Ihm auf Eid und Treu versichern kann, -immer den kürzeren ziehen, obwohl ich Leute kenne, welche -die wohlehrwürdigen, großachtbaren und hochgelahrten -Herren mit und ohne Beffchen zu eigenem Gaudio hie und -da hübsch gezaust haben, hihi. Und wenn Er Geld hat, laß -Er es nie merken, sondern sperre Seine errackerten Kronentaler -in einen Strumpf ohne Loch; denn die Strümpfe sind -nicht dazu da, daß man darauf gehe, sondern daß man sie -voller Batzen im Bettstroh verstecke. Und wenn Er, was -nicht immer ein Glück ist, Söhne bekommt, so laß Er sie -nicht in den metaphysischen <span class="antiqua">Terris incognitis</span> herumvagieren, -sondern laß Er sie wieder Stadtschreiber werden, -welches Amt mit Gehalt und Gefällen seinen Mann redlich -und kümmerlich nährt in Ewigkeit. Amen.“</p> - -<p>„Sie hat keinen Menschen auf der Welt,“ jammerte der -Stadtschreiber, der immer wieder an Babette dachte, weiter.</p> - -<p>„Will Er um eines Weibsbilds willen auf die schönste -Stadtschreiberei in der schönsten Stadt Kleinfrankens verzichten, -über deren Rathaustor die vielsagenden Buchstaben -<span class="antiqua">S. P. Q. F.</span>, das heißt <span class="antiqua">Senatus Populusque Frankenthalensis</span>, -eingemeißelt stehen? Weiß Er, wie Hunger tut, und -wie kleine Kinder schreien, wenn sie kein Brot haben? Meint -Er, Verliebte leben von Nektar und Ambrosia? Oder will Er -wirklich in der Welt draußen Seinen gelahrten Mann stellen -und sehen, wie Er sich in den Händeln ein Haus zimmert?“</p> - -<p>„Den Bettel werf ich ihnen vor die Füße,“ schrie der -Kanzler.</p> - -<p>„Weiß Er, daß man an weltlichen Höfen kriechen und -an geistlichen ein Aug zudrücken muß, falls man eine schöne -Frau mitbringt?“</p> - -<p>„Heut noch geh ich aus der Stadt.“</p> - -<p>„Will Er das wirklich? Nun, vielleicht ist Er der Mann, -um an einem geistlichen Hof besser fortzukommen als in -dieser Stadt, von der ihre Nachbarn seit Methusalems -Zeiten absonderliche Schwänke erzählen. Es heißt, unter -dem Krummstab ist gut wohnen, und die hochgeborenen -Domherren in Mainz, Würzburg oder Bamberg haben Leute, -die nach dem Verse ‚<span class="antiqua">On trouve avec le ciel des accommodements</span>‘ -leben, nicht ungern um sich. Aber wenn Er solche -Pläne in Seinem Cerebro wälzt, so nehm Er sich auch gefälligst -eine gute Lehre von dem Mohren mit, der auf unserem -alten Wachturm dem ganzen heiligen römischen Reich -die Zunge zeigt und den Leuten mit dieser Geste verkündet, -was ein Biedermann von ihnen und der Welt <span class="antiqua">sub rosa</span> zu -denken hat. Aber eh Er Seine Höhle aufsucht, will ich Ihm -noch etwas Hübsches zeigen.“</p> - -<p>Ehe er sich erhob, blickte Christopher Kemmeter mit gespitztem -Mund in die Kanne, um zu sehen, ob sie leer sei, -und dann nahm er den wild dreinblickenden Kanzler am -Arm, führte ihn eine knarrende Holztreppe hinauf und stieß -ihn in eine Gerümpelkammer, wo Babette blaß und gefaßt -bei einer geschnäbelten Öllampe am Tische saß und ein -Waisenhemdlein säumte. Sie wollte aufflammen, als Friedrich -Lerch stolpernd eintrat; als sie aber sein gedrücktes -Wesen bemerkte, warf sie sich in seine Arme und brach in -herzzerreißendes Weinen aus. Er streichelte ihr zärtlich die -blassen abgemagerten Backen; aber er wagte noch lange -kein Wort zu reden, bis sie endlich tief aufseufzte und fragte: -„Was soll nun werden?“</p> - -<p>Da erwachte der Mann in Friedrich Lerch, und er besaß -mit einem Male eine Menge von Talenten und Schlichen, -mit deren Hilfe er es zu einem schönen Ämtchen in einem -der zahllosen Ländchen des Gaus zu bringen gedachte. Er -tat, als ob er zeit seines Lebens nur mit Domherren, Kammerdirektoren, -Rentmeistern und Sekretären Umgang gepflogen -hätte, und ließ sein Rößlein immer wilder steigen. -Babette hörte ernsthaft zu; als er aber mit dem Auskramen -seiner Pläne fertig war und wieder in seine alte Mutlosigkeit -zurücksinken wollte, gab sie ihm einen zärtlichen Rippenstoß, -und als er ihre schimmernden Augen gewahrte, empfand -er die tröstliche Gewißheit, daß die alte Babette noch -lebe, und glückselig schloß er die Erglühende zum erstenmal -in seinem Leben in die Arme.</p> - -<p>So saßen sie eine Weile wortlos da, bis die wie ein -Vögelein sich duckende Babette sich plötzlich losmachte und -fragte: „Wenn ich nun aber doch ein Hexle wär?“ Und als -Friedrich Lerch leise lachte, verzog sie schmollend ihr blühendes -Mündchen und seufzte: „Ach ja, das kommt davon!“</p> - -<p>Die Wahl des Friedrich Lerch zum Stadtschreiber wurde -von den hochmögenden Regierenden in Frankenthal nicht -bestätigt. Die Evangelischen setzten es durch, daß, nach altem -Recht und Brauch, einer der Ihrigen an die Stelle kam, -und zu ihrem Erstaunen erhob der Spitalpfleger Christopher -Kemmeter keine Einsprache. Er wurde überhaupt in diesen -Tagen selten in der Stadt und im Rat gesehen, und wenn -Gaffer kamen, um nach ihm zu sehen, erzählte er ihnen des -langen und breiten, daß sein guter Freund, der Abt von -Fulda, drei Fässer Zypernwein bei ihm bestellt habe, die er -in nächster Zeit zu liefern gedenke. Wenn die Rede auf die -verschwundene Hexe kam, spielte er den Schwerhörigen, und -wenn ihm einer auf den Kopf zusagte, daß er bei dem Handel -die Hand im Spiele habe, brummte er, ihm tue nur leid, -daß die Gerichtsherren um ihr dreitägig Fasten gekommen -seien. Er wußte, daß die Anhänger des Bürgermeisters -sein Haus umschlichen und auch draußen, vor den Mauern, -ihre Späher hatten; allein die Späher fanden es doch in -der Ordnung, daß eine Woche nach dem Verschwinden Babettes -ein Wagen mit drei Fässern vor dem Keller des Ratsherrn -hielt, und kein Mensch ahnte, daß Babette unter dem -mittleren, das keinen Boden hatte, saß und mit angstvollen -Ohren dem Spiel des Postillions lauschte, der eine fromme -Weise blies, als er langsam aus dem Falkentore fuhr. —</p> - -<p>Friedrich Lerch selbst war eines Tages ohne Sang und -Klang aus der Stadt verschwunden, und ein Gerücht wollte -bald darauf wissen, er sei mit der Hexe Babette Glock in -Bischofsheim gesehen worden.</p> - -<p>Der Ratsherr Christoph Kemmeter erbot sich daraufhin, -bei dem kurmainzischen Oberamtmann, dem Herrn Hans -Rüdt von Collenberg, Klage zu erheben, falls das Gerücht -von dem sündhaften Hexenschutz auf Wahrheit beruhen -sollte. Als er in einem alten Roquelaure, der seit zwanzig -Jahren unbenützt im Schranke hing und da und dort Mottenlöcher -sehen ließ, in den Postwagen steigen wollte, hörte er, -daß zwei Wäscherinnen im Nachbarsgarten die Hexe Babette -Glock gesehen haben wollten, wie sie, mit fliegendem -Haar und auf einem Besenstiel reitend, dreimal um den -Türmersturm geflogen sei und dem zungenreckenden Mohren -ihr spitzes Zünglein gezeigt habe. Die beiden Gevatterinnen -schwuren hoch und teuer, daß ihnen das Luder nicht mehr entwischen -werde, wenn sie sie wieder fangen würden. Der Herr -Spitalpfleger ließ sich die Geschichte zweimal erzählen und -bemerkte dann, die Nürnberger hätten noch nie eine Hexe -verbrannt, ohne sie zu haben, und so riet er auch den beiden -Gevatterinnen, doch ja den Rat dafür zu stimmen, daß dieser -löbliche Rechtsbrauch der Nürnberger nicht in Verfall gerate.</p> - -<p>In der alten Tauberstadt ging er erst seinen Weingeschäften -nach und ließ sich dann bei dem Junker Emmerich -melden, den er in dem schmalen Schloßgarten zwischen zwei -geputzten Frauenzimmern auf und ab wandelnd fand: es -waren die junge Freifrau Ottilie und Babette, die nun ganz -französisch ausstaffiert war und ein bemaltes Fächerchen in -der Hand trug, an der ein goldenes Ringlein glänzte. Sie -lief leichtfüßig auf den alten Ratsherrn zu, gab ihm einen -Kuß und flüsterte ihm ins Ohr: „Wir halten übermorgen -Hochzeit. Und dann will ich <em class="gesperrt">ihn</em> ziehen.“ Und dann floh sie -wieder zu ihrer neuen Freundin und faßte sie, wie Zuflucht -suchend, am Arm, während der Junker seine Fahrt an den -Hof zu Mainz erzählte und dem Gast den beklagten Gebetsstuhl -der Familie von Collenberg zur Verfügung stellte. —</p> - -<p>Da in diesem Augenblicke Friedrich Lerch aus der Rentstube -daherkam, um seinen Gönner zu begrüßen, benützte -dieser die Gelegenheit zu einem Scherze; er rief: „Er kommt -gelegen. Er kennt doch die Geschichte von dem Gebetsstuhl, -den mir der Herr Baron soeben zum Gebrauch für eine -Hochzeit angeboten? So sag Er mir doch, welchen Bescheid -Er hätte ergehen lassen, wenn Er Geheimer Rat des durchlauchtigsten -Erzkanzlers gewesen wär.“</p> - -<p>Friedrich Lerch sah Babette an und entgegnete nach einer -Weile: „Wir Johann Karl Friedrich von Gottes Gnaden, -des Heiligen Römischen Reiches durch Germanien Erzkanzler -und Kurfürst etc. fügen Unserm lieben getreuen Amtmann zu -wissen, daß der beklagte Gebetsstuhl in Unserer Pfarrkirche zu -Bischofsheim an seinem Platz zu bleiben hat; aber Wir geben -ihm den wohlmeinenden Rat, den Vorhang offen zu halten, -wenn der Herr Dekan predigt oder das Hochamt zelebriert, -und die beklagte Schließung des Vorhangs, die Wir seiner -christlichen Demut zugute halten wollen, für die Predigten -und stillen Messen der Vikare und Kapläne zu versparen —“</p> - -<p>Der Ratsherr lachte: „Er hat etwas gelernt! Er wird -Sein Glück an einem Hof machen.“</p> - -<p>Doch da mischte sich Babette ins Gespräch: „Und wie -haben wir uns im Betstuhl zu verhalten?“</p> - -<p>Der Frankenthaler Ratsherr entgegnete: „Die Jungfer -wird nie das Gelüsten haben, den Vorhang zuzuziehen; denn -die Frauenzimmer wollen auch beim Beten gesehen werden.“</p> - -<p>Babette knickste und ergriff die Hand ihres Liebsten, um -mit der Gesellschaft den Gang in die Kirche anzutreten, wo -der Betstuhl in seiner funkelnagelneuen Pracht mitten in -dem Hauptgang vor dem Chore stand. —</p> - -<p>Christopher Kemmeter kam erst nach einer vollen Woche -mit einem Hochzeitssträußchen an seinem Roquelaure und -einem verschmitzten Gesicht heim. Er sprach zuerst bei der -Margret Hippler vor, die wie sonst mit friedlichem Gesicht -an ihrem Spinnrad saß, und erzählte dann in der Trinkstube -und im Geheimen Rat, daß er in der Stadt der heiligen -Lioba zwar auch einen festen, runden Hexenturm, aber keine -Hexe darin gefunden habe, da die Hexen im Taubergrunde -gründlich ausgestorben seien.</p> - -<p>Friedrich Lerch half dem kurmainzischen Amtmann Collenberg -eine Zeitlang bei dessen Amtsgeschäften, und später, -als der Graf Stadion den Junker Emmerich als Rat des -Erzkanzlers nach Mainz zog, begleitete er den jungen Herrn -an den kurfürstlichen Hof, wo er selbst bald darauf eine -Stellung als Geheimschreiber fand und durch Josef II. in -den Adelsstand erhoben wurde. Babette Glock schenkte -ihm ein einziges Töchterchen, das sich im Blütenalter von -sechzehn Jahren mit dem Hauptmann Ignaz von Schreckenbach -vermählte und sieben Söhne zur Welt brachte, die -nach Wien gerieten und da in kaiserliche Dienste traten. -Sie hatten alle sieben das Gemüt ihrer Großmutter geerbt, -und wenn es heute unter den vielgepriesenen Wienerinnen -noch viele heimliche Hexen gibt, so ist diese Wesenheit gewiß -zu einem kleinen Teil auf das Blut der letzten Frankenthaler -Hexe zurückzuführen.</p> - -<div class="chapter"> -<p class="center spaced gesperrt">Im Insel-Verlag zu Leipzig</p> -<hr /> -<p class="center">erschienen von</p> - -<p class="title">Wilhelm Weigand</p> -</div> -<hr class="tb" /> - -<p class="book">Die Frankenthaler.<span class="sp"> Roman. 11.-15. Tausend.</span></p> - -<p class="book">Der Ring. <span class="sp">Ein Novellenkreis.</span></p> - -<p class="book">Wendelins Heimkehr. <span class="sp">Eine Erzählung aus der -Fremdenlegion. (Insel-Bücherei Nr. 167.)</span></p> - -<p class="book">Der verschlossene Garten. <span class="sp">Gedichte aus den -Jahren 1901-1909.</span></p> - -<p class="book">Könige. <span class="sp">Ein Schauspiel in fünf Akten.</span></p> - -<p class="book">Psyches Erwachen. <span class="sp">Ein Schauspiel in drei Akten.</span></p> - -<p class="book">Stendhal und Balzac. <span class="sp">Essays.</span></p> - -<hr class="full"/> -<p class="center small">Druck von Ernst Hedrich Nachf., G. m. b. H., Leipzig</p> - -<div lang='en' xml:lang='en'> -<div style='display:block; margin-top:4em'>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK <span lang='de' xml:lang='de'>DIE HEXE</span> ***</div> -<div style='text-align:left'> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Updated editions will replace the previous one—the old editions will -be renamed. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ -concept and trademark. 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Information about the Mission of Project Gutenberg™ -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s -goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg™ and future -generations. 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Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread -public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine-readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. 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