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| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-02-05 05:31:52 -0800 |
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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Die Majoratsherren - -Author: Achim von Arnim - -Illustrator: Alfred Kubin - -Release Date: January 3, 2016 [EBook #50833] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE MAJORATSHERREN *** - - - - -Produced by Jens Sadowski - - - - - - Achim von Arnim - Die Majoratsherren - - Achim von Arnim - - - - - Die Majoratsherren - - - Mit 24 Federzeichnungen - von - Alfred Kubin - - Avalun-Verlag · Wien und Leipzig - - Alle Rechte vorbehalten - -Wir durchblätterten eben einen ältern Kalender, dessen Kupferstiche -manche Torheiten seiner Zeit abspiegeln. Liegt sie doch jetzt schon wie -eine Fabelwelt hinter uns! Wie reich erfüllt war damals die Welt, ehe -die allgemeine Revolution, welche von Frankreich den Namen erhielt, alle -Formen zusammenstürzte; wie gleichförmig arm ist sie geworden! -Jahrhunderte scheinen seit jener Zeit vergangen, und nur mit Mühe -erinnern wir uns, daß unsere früheren Jahre ihr zugehörten. Aus der -Tiefe dieser Seltsamkeiten, die uns Chodowieckis Meisterhand bewahrt -hat, läßt sich die damalige Höhe geistiger Klarheit erraten; diese -ermißt sich sogar am leichtesten an den Schattenbildern derer, die ihr -im Wege standen, und die sie riesenhaft über die Erde hingezeichnet hat. -Welche Gliederung und Abstufung, die sich nicht bloß im Äußern der -Gesellschaft zeigte! Jeder einzelne war wieder auch in seinem Ansehn, in -seiner Kleidung eine eigene Welt, jeder richtete sich gleichsam für die -Ewigkeit auf dieser Erde ein, und wie für alle gesorgt war, so -befriedigten auch Geisterbeschwörer und Geisterseher, geheime -Gesellschaften und geheimnisvolle Abenteurer, Wundärzte und prophetische -Kranke die tiefgeheime Sehnsucht des Herzens, aus der verschlossenen -Brusthöhle hinausblicken zu können. Beachten wir den Reichtum dieser -Erscheinungen, so drängt sich die Vermutung auf, als ob jenes -Menschengeschlecht sich zu voreilig einer höheren Welt genahet habe und, -geblendet vom Glanze der halbentschleierten, zur dämmernden Zukunft in -frevelnder Selbstvernichtung fortgedrängt, durch die Notdurft an die -Gegenwart der Erde gebunden werden mußte, die aller Kraft bedarf und uns -in ruhiger Folge jede Anstrengung belohnt. - -Mit wie vielen Jahrhunderten war jene Zeit durch Stiftungen aller Art -verbunden, die alle ernst und wichtig gegen jede Änderung geschützt -wurden! So stand in der großen Stadt ... das Majoratshaus der Herren von -..., obgleich seit dreißig Jahren unbewohnt, doch nach dem Inhalte der -Stiftung mit Möbeln und Gerät so vollständig erhalten, zu niemands -Gebrauch und zu jedermanns Anschauen, daß es, trotz seiner -Altertümlichkeit, noch immer für eine besondere Merkwürdigkeit der Stadt -gelten konnte. Da wurde jährlich, der Stiftung gemäß, eine bestimmte -Summe zur Vermehrung des Silbergeschirrs, des Tischzeugs, der Gemälde, -kurz zu allem dem verwendet, was in der Einrichtung eines Hauses auf -Dauer Anspruch machen kann, und vor allem hatte sich ein Reichtum der -kostbarsten, ältesten Weine in den Kellern gesammelt. Der Majoratsherr -lebte mit seiner Mutter in der Fremde und brauchte bei dem übrigen -Umfange seiner Einnahme nicht zu vermissen, was er in diesem Hause -unbenutzt ließ. Der Haushofmeister zog der Stiftung gemäß alle Uhren auf -und fütterte eine bestimmte Zahl von Katzen, welche die nagenden Mäuse -wegfangen sollten, und teilte jeden Sonnabend eine gewisse Zahl von -Pfennigen an die Armen im Hofe aus. Leicht hätten sich unter diesen -Armen, wenn sie sich dessen nicht geschämt hätten, die Verwandten dieses -Hauses einfinden können, dessen jüngere Linien bei der Bildung des -großen Majorats völlig vergessen worden waren. Überhaupt schien das -Majorat wenig Segen zu bringen, denn die reichen Besitzer waren selten -ihres Reichtums froh geworden, während die Nichtbesitzer mit Neid zu -ihnen aufblickten. - -So ging täglich vor dem Majoratsgebäude zu bestimmter Stunde ein Vetter -des jetzigen Besitzers, ihm durch dreißig Jahre überlegen, aber an -Vermögen ihm sehr untergeordnet, mit ernsten Schritten vorbei und -schüttelte den Kopf und nahm eine Prise Tabak. Niemand war vielleicht so -bekannt bei alt und jung in der ganzen Stadt, wie dieser alte, rotnasige -Herr, der gleich dem eisernen Ritter an der Rathausuhr durch sein -Heraustreten, noch ehe die Glocke angeschlagen, den Knaben zur -Erinnerung der Schulstunde diente, den älteren Bürgern aber als -wandernde Probeuhr, um ihre hölzernen Kuckucksuhren darnach zu stellen. -Er trug bei den verschiedenartigen Klassen von Leuten verschiedene -Namen. Bei den Vornehmen hieß er der Vetter, weil seine Verwandtschaft -mit den ersten Familien des Reiches unleugbar und er diese einzige, ihm -übrig gebliebene Ehre auch gern mit dieser Anrede geltend machte. Unter -den gemeinen Leuten hieß er nur der Leutnant, weil er diese Stelle in -seinen jungen Jahren bekleidet hatte, sowie sie ihn noch jetzt bekleiden -mußte. Es schien ihm nämlich völlig unbekannt, daß der Kleiderschnitt -sich in den dreißig Jahren, die seitdem verflossen, gar sehr verändert -hatte. Etwas stärker mochte das Tuch damals wohl noch gearbeitet werden, -das zeigten jetzt die mächtigen, wohlgedrehten Fäden, nachdem die Wolle -abgetragen war. Der rote Kragen war schon mehr verdorben und gleichsam -lackiert; die Knöpfe aber hatten die Kupferröte seiner Nase angenommen. -Gleiche Farbe zeigte auch der fuchsrote, dreieckige Militärhut mit der -wollenen Feder. Das Bedenklichste des ganzen Anzuges war aber das -Portepee, weil es nur mit einem Faden am Schwerte, wie das Schwert über -dem Haupte des Tyrannen am Haare, hing. Das Schwert hatte leider das -Unglück des armen Teufels gemacht und den Lebensfaden eines vom Hofe -begünstigten Nebenbuhlers in den Bewerbungen bei einer Hofdame -durchschnitten; und diese unglückliche Ehrensache, bei welcher ihm doch -niemand mehr Schuld als seinem Gegner zumessen konnte, hatte seine -militärische Laufbahn versperrt. Wie er sich seitdem durch die Welt -fortgeholfen, war freilich seltsam, aber es war ihm doch gelungen. Er -hatte eine höchst vollständige Wappensammlung mit unablässig dreistem -Fordern und unermüdlichem Briefschreiben zusammengebracht, verstand -diese in verschiedenen Massen nachzuformen, auch abzumalen, wo jenes -nicht gelang, sauber aufzukleben, und verkaufte diese Sammlungen durch -Vermittlung eines Buchhändlers zu hohen Preisen, sowohl zum Bedürfnisse -der Erwachsenen als der Kinder eingerichtet. Nebenher war es eine -Liebhaberei von ihm, Truthähne und anderes Federvieh zu mästen und -Raubtauben über die Stadt auszusenden, die immer mit einigen -Überfliegenden in die geheime Öffnung seines Daches heimkehrten. Diesen -Handel besorgte ihm seine Aufwärterin Ursula, eine treue Seele; ihm -durfte niemand von diesem Handel sprechen, ohne sich Händel zuzuziehen. -Von dem Erworbenen hatte er sich ein elendes, finsteres Haus im -schlechtesten Teile der Stadt, neben der Judengasse, und vielerlei alten -Kram gekauft, womit die Auktionen seine Zimmer geschmückt hatten, die er -dabei in einer Ordnung erhielt und in einer Einsamkeit, daß niemand -wußte, wie es eigentlich darin aussehe. Übrigens war er ein fleißiger -Kirchengänger und setzte sich da einer Wand gegenüber, die mit alten -Wappen von Erbbegräbnissen geschmückt war, machte aber übrigens alles -mit wie andere Menschen, welche in die Kirche zum Zuhören gehen. Nach -der Kirche aber pflegte er jedesmal bei der alten Hofdame anzutreten, -vor deren Tür er an anderen Tagen mit einer Prise Schneeberger -Schnupftabak, auf die er wohl funfzig Male niesen mußte, den -geckenhaften schöntuenden Hahnentritt und Stutzerlauf sich vertrieb, der -ihn in das Haus hineinzutreiben drohte, während ihm dabei der Degen, den -er nach alter Art durch die Rocktasche gesteckt hatte, zwischen die -Beine schlenkerte. Diese alte, hochauf frisierte, schneeweiß -eingepuderte, feurig geschminkte, mit Schönpflästerchen beklebte Hofdame -übte auch nach jenem unglücklichen Zweikampfe seit dreißig Jahren -dieselbe zärtliche Gewalt über ihn aus, ohne daß sie ihm je ein -entscheidendes Zeichen der Erwiderung gegeben hatte. Er besang sie fast -täglich in allerlei erdichteten Verhältnissen, in kernhaften Reimen, -wagte es aber nie, ihr diese Ergießungen seiner Muse vorzulegen, weil er -vor ihrem Geist besondere Furcht hegte. Ihren großen, schwarzen Pudel -Sonntags in ihrer Nähe unter hergebrachten Fragen zu kämmen, war der -ganze Gewinn des heiß erflehten Sonntags; aber ihr Dank dafür, dies -angenehme Lächeln, war auch ein reicher Lohn, -- wer ihn nur zu schätzen -wußte. Andern Leuten schien dies starre, in weiß und rot mit blauen -Adern gemalte Antlitz, das am Fenster unbeweglich auf eine Filetarbeit -oder in den Spiegel der nahen Toilette blickte, eher wie ein seltsames -Wirtsschild. Sie lebte übrigens sehr anständig von den Pensionen zweier -Prinzessinnen, die sie bedient und überlebt hatte, und die Besuche von -Hofleuten und Diplomaten an ihrer silbernen Toilette, während welcher -sie vielerlei Brühen zur Erhaltung ihrer Schönheit zu genießen pflegte, -waren zu einer herkömmlichen Feierlichkeit geworden und zugleich zu -einer Gelegenheit, die Neuigkeiten des Tages auszutauschen. - -Es geschah aber an einem Frühlingssonntage, daß die Hofdame durch ein -Zusammenlaufen der Leute in der Straße auf eine außerordentliche -Neuigkeit aufmerksam gemacht wurde. Diese Außerordentlichkeit war aber -diesmal der Leutnant, oder vielmehr sein vom Frühling verjüngtes Laub. -Ein neuer, moderner Hut mit einer Feder statt der Wolle, ein glänzendes -Degengehenk, eine neue Uniform mit geschmälerten Rockschößen, verkürzten -Taschen an der Weste und neue, schwarze Samthosen verkündeten eine neue -Periode der Weltgeschichte. Auch trat der Leutnant bald mit frohem -Gesichte ins Zimmer und mit dem Berichte ihr entgegen: »Liebe Kusine, -der Majoratsherr kommt in diesen Tagen; seine Mutter ist gestorben, ihm -ist von einer prophetischen Kranken geraten, hierher zu gehen, wo er -seine Ruhe finden werde, nachdem ihn ein heftiges Fieber um seine -Gesundheit gebracht hat. Nun denken Sie sich, der junge Mann hat aus den -Erzählungen der Mutter einen Abscheu gegen das Majoratshaus; er will -durchaus bei mir wohnen und hat mich ersucht, ihm bei mir ein Zimmer -recht bequem einzurichten, wozu er mir ein Kapital übermache. Mein -Häuschen ist für einen so verwöhnten, reichen Herrn nicht eingerichtet; -in unsern hohen Familien ist es leider wie bei den Katzen, ein junges -wird als erstgebornes gut aufgefüttert, und alle jüngern Geschwister -werden ins Wasser geworfen.« -- »Sie waren einmal schon recht nahe, das -Majorat zu erhalten?« sagte die Hofdame. -- »Freilich,« antwortete er, -»ich war dreißig Jahre alt, mein Oheim sechzig und hatte in erster Ehe -keine Kinder bekommen. Da fällt es ihm ein, noch einmal ein junges -Fräulein zu heiraten. Umso besser, dachte ich, die Junge ist des Alten -Tod. Aber umso schlechter gings; sie brachte ihm kurz vor seinem Tode -einen jungen Sohn, diesen Majoratsherrn, -- und ich hatte nichts!« -- -»Wenn der junge Mann stürbe, würden Sie Majoratsherr,« sagte ruhig die -Hofdame; »junge Leute können sterben, alte Leute müssen sterben.« -- -»Leider!« antwortete der Leutnant; »der Prediger sprach heute auch davon -auf der Kanzel.« -- »Was wurde denn gesungen?« fragte die Hofdame; »ich -wollte es zu meiner Hausandacht wissen.« -- Der Leutnant schlug die -Lieder auf; sie sang leise, und er kämmte den Pudel nach Gewohnheit, -indem er ihr mit Bewunderung zuhörte. -- Als er sich empfahl, trug ihm -die Hofdame auf, den jungen Vetter doch gleich, wenn er angekommen, bei -ihr einzuführen. - -Als der Leutnant zu Hause kam, trat ihm ein großer, bleicher, junger -Mann entgegen, in einer Kleidung, wie er sie noch nicht gesehen: seine -Haare waren phantastisch ohne strenge Ordnung emporfrisiert, und -Figaroslocken in leichten, dünnen Röhren umliefen wie ein Halbkreis die -Ohren. Hinten vereinigte ein dicker Katillon die Haare, welche in einer -Locke hinübergekämmt waren. Ein streifiger Rock mit prächtigen -Stahlknöpfen und große silberne Schuhschnallen verrieten ihm den -Reichtum des Majoratsherrn. Auch dieser hatte aus den Briefen an die -Mutter gleich den Vetter erraten und berichtete ihm, daß er Tag und -Nacht mit Kurierpferden gereist sei und ihm nicht genug sein -Wohlgefallen über das Haus ausdrücken könne, das ganz nach seinem -Geschmack sei, nur müsse er ihm erlauben, daß er neben dem für ihn -bereiteten großen Zimmer auch ein kleines nehme, das nach der engen -Gasse hinaussehe; denn da er nie oder selten ausgehe, so liebe er vor -allem diese Beweglichkeit der engen Straßen. -- Der Vetter bewilligte -ihm gern das schlechte Zimmer an der Judengasse und wollte gleich -Anstalt machen, die trüben, von der Sonne verbrannten Fenster durch -andere mit großen Scheiben zu ersetzen. -- »Mein lieber Herr Vetter!« -rief der Majoratsherr, »diese trüben Scheiben sind meine Wonne; denn -sehen Sie, durch diese eine helle Stelle seh ich einem Mädchen ins -Zimmer, das mich in jeder Miene und Bewegung an meine Mutter erinnert, -ohne daß sie mich bemerken kann.« -- »Ei, das gesteh ich,« sagte der -Vetter und setzte sich in die Schultern und fing an gegen das Fenster zu -streichen, mit seinem Liebestritt, daß er in Eil eine Prise nahm, nieste -und kaltblütig sagte: »Die da ist ein Schickselchen.« -- »Mein -Schicksal?« fragte der Majoratsherr bestürzt. »Wie Sie es nennen -wollen,« fuhr der Vetter fort, »ein Schicksalchen also, ein -Judenmädchen; sie heißt Esther, hat unten in der Gasse ihren Laden, eine -gebildete Jüdin, hat sonst mit ihrem Vater, der ein großer Roßtäuscher -war, alle Städte besucht, alle vornehme Herren bei sich gesehen, spricht -alle Sprachen; das war eine Pracht, wenn sie hier ankam, und die -Stiefmutter Vasthi mit den jüngern Kindern ging ihnen in Schmutz -entgegen. Es konnte niemand was dagegen sagen; die Ursach, warum? Weil -sie mit ihrem Wesen dem Vater gute Käufer anlockte. Aber zuletzt hatte -der Vater großes Unglück durch einen Handelsgenossen, der ihm mit dem -Vermögen durchging. Da gings ihm knapp; das konnt er nicht vertragen und -starb. Dieser Tochter erster Ehe, der Esther, hinterließ er ein kleines -Kapital, damit sie von der Stiefmutter nicht zu Tode gequält würde; aber -das läßt sich die alte Vasthi doch nicht nehmen.« -- »Das ist ja -entsetzlich!« sagte der Majoratsherr, »zwei Leute, die sich hassen, die -sich totärgern, in einem Hause! Ich habe die alte Vasthi auch schon am -Fenster gesehen: ein schrecklich Gesicht!« -- »Sie wohnen wohl in einem -Hause,« antwortete der Vetter, »aber jede hat ihren besonderen Laden und -Wohnung.« -- »Ich will ihr bald etwas zu verdienen geben,« sagte der -Majoratsherr. »Es scheinen hier viele Juden zu wohnen.« »Nichts als -Juden,« rief der Vetter, »das ist die Judengasse, da sind sie -zusammengedrängt wie die Ameisen; das ist ein ewig Schachern und Zanken -und Zeremonienmachen, und immer haben sie so viel Plackerei mit ihrem -bißchen Essen; bald ist es ihnen verboten, bald ist es ihnen befohlen, -bald sollen sie kein Feuer anmachen; kurz der Teufel ist bei ihnen immer -los.« -- »Nein, lieber Vetter, Sie irren sich darin,« sagte der -Majoratsherr und drückte ihm die Hände. »Wenn Sie gesehen hätten, was -ich in Paris bei meiner Kranken sah, Sie könnten den Teufel nicht für -den Vater des Glaubens ansehen; nein, ich versichere es Ihnen, er ist -der Feind allen Glaubens! Aller Glaube, der geglaubt wird, kommt von -Gott und ist wahr, und ich schwöre Ihnen, selbst die heidnischen Götter, -die wir jetzt nur als eine lächerliche Verzierung ansehen, leben noch -jetzt, haben freilich nicht mehr ihre alte Macht, aber sie wirken doch -immer etwas mehr als gewöhnliche Menschen, und ich möchte von keinem -schlecht sprechen. Ich habe sie alle mit meinem zweiten Augenpaar -gesehen, sogar gesprochen.« -- »Ei der Tausend, da erstaune ich,« rief -der Vetter, »das könnte uns erstaunliches Gewicht bei Hofe geben, wenn -wir sie den hohen Herrschaften zeigen könnten.« -- »So geht das nicht, -lieber Vetter,« antwortete jener ernst, »der Mensch, der sie sieht, muß -noch mehr darauf vorbereitet sein durch jahrelanges Nachdenken, als jene -Geister, die ihm erscheinen sollen; sonst entsetzen sich beide -voreinander, und der sterbliche Teil erträgt es nicht. Aber wer auch bis -zu der innern Welt vorgedrungen, -- wenn auch noch scheinbar lebend wie -ich -- ist dennoch abgestorben bei ihrem Bestreben, ihrer Tätigkeit. Das -wußte meine Mutter von mir und war darum so unruhig auf ihrem -Totenbette, was aus mir werden sollte. Sie hatte bis dahin alle -Geschäfte mit großer Einsicht und Ordnung betrieben, während ich mich -den Studien und der Beschauung hingab. Ich habe meine Zeit mit großer -Anstrengung genutzt, ich habe gerungen wie keiner, ich habe erreicht, -was wenigen zuteil geworden. Aber verloren war ich, erdrückt, bis zum -Wahnsinn zerstreut von den Geschäften, die nach dem Tode der Mutter auf -mich eindrangen, ich wollte mich bezwingen, das Höhere dem Niedern zu -opfern; die Qual brachte mich um meine Gesundheit. Eine Kranke, deren -Blick weit reicht, sagte mir zu, daß ich hier Ruhe finden würde bei -Ihnen, Vetter; Sie hätten ein seltenes Geschick für das praktische -Leben, mein Vermögen würde sich unter Ihrer Spekulation verdreifachen. O -Vetter! nehmen Sie mir die Last des Geldes und der Güter ab, genießen -Sie des Reichtums, ich brauche wenig, und auch auf den Fall, daß ich den -Luftgeist der Erde wieder binden könnte, daß Kinder mein Haus füllten, -soll Ihnen die Hälfte meiner Einnahmen für die Besorgung des Ganzen -bleiben.« -- Bei diesem Vortrage flossen zwei edle Tränen aus den Augen -des Majoratsherrn, während die großen Augen des Vetters mit -heraufgezogenen Augenbrauen ihn verwunderlich von der Seite anstierten, -ohne dem köstlichen Vortrage Glauben beimessen zu können. Dann fuhr der -Majoratsherr, um das Gespräch zu ändern, fort: »Als ich mit schwellendem -Gefühl, was mir in der Stadt bevorstehe, in welcher der Kreis meines -Lebens angefangen, die große Straße herabfuhr, da begegneten mir -ausgemergelte Leute, die sich kaum zu den Kaffeehäusern hinbewegen -konnten, denn sie wurden fast gewaltsam an den Röcken von unglücklichen -Seelen zurückgezogen, die wegen ungeendigter Prozesse nicht zur Ruhe -kommen konnten und jammervolle Vorstellungen ihnen nachtrugen. Auch -meinen Vater sah ich dabei wegen des einen Konkursprozesses, dessen Ende -wohl keiner erleben wird. Schaffen Sie Ruhe seiner Seele, lieber Vetter, -ich bin zu schwach.« -- »Wahrhaftig,« rief der Vetter, »zu dem Tore -gehen Sonntags die Räte, Schreiber und Kalkulatoren des großen Gerichts -gewöhnlich mit ihren Frauen und Kindern zum Kaffeegarten hinaus.« -- -»Der Postillon meinte auch, das wären Kinder, die sich ihnen an die -Röcke gehangen«, fuhr der Majoratsherr fort, »aber solche jammervolle -Gesichter haben Kinder nicht, das sind die Plagegeister, die sie wegen -ihrer Nachlässigkeit umgeben. Lieber Vetter! befriedigen Sie meines -Vaters, Ihres Oheims, arme Seele.« -- Der Vetter sah sich ängstlich in -dem trüben Zimmer um, ihm war es zumute, als ob die Geister, wie der -Schnupfen, in der Luft lägen. »Alles, alles will ich tun, was sie -wünschen, bester Vetter«, rief er dann, »ich bin nicht glücklich, wenn -ich nicht so etwas zu betreiben habe. Prozesse sind mir lieber als -Liebeshistorien, und Ihre Angelegenheiten sollen bald in eine Ordnung -kommen wie meine Wappensammlung.« Bei diesen Worten führte er ihn in ein -Vorderzimmer und hoffte, den Majoratsherrn durch den Anblick seiner -zierlichen, gebohnten Schiebkasten, in welchen die Wappen, zum Teil mit -Zinnober abgedrückt, die Namen in Frakturschrift beigefügt, glänzten, zu -zerstreuen und zu befriedigen. Der Majoratsherr schien auch hierin, wie -in allen Kenntnissen wohlbewandert; der Vetter mußte seine Bemerkungen -achten. Als er aber den Schrank mit dem französischen Wappen eröffnete, -da fuhr der Majoratsherr auf: »Gott! welch ein Lärmen! Wie die alten -Ritter nach ihren Helmen suchen, und sie sind ihnen zu klein, und ihre -Wappen sind mottenfräßig, ihre Schilde vom Rost durchlöchert; das bricht -zusammen, ich halte es nicht aus, mir schwindelt, und mein Herz kann den -Jammer nicht ertragen!« Der Vetter rückte den unglücklichen Schrank fort -und führte den Majoratsherrn ans Fenster, daß er Luft schöpfen möchte. -»Und wer fährt dort?« rief er, »der Tod sitzt auf dem Bocke, Hunger und -Schmerz zwischen den Pferden, einbeinige und einarmige Geister fliegen -um den Wagen und fordern Arme und Beine von dem Grausamen zurück, der -sie mit kannibalischer Begierde ansieht. Seine Ankläger laufen mit -Geschrei hinter ihm drein; es sind die Seelen, die er vorzeitig der Welt -entriß -- bester Vetter! ist denn hier keine Polizei?« -- »Ich will den -Mann rufen, lieber Vetter, daß er Ihren Puls fühle,« entgegnete der -Vetter, »es ist unser bester Arzt und Chirurgus. Sie haben ihn gewiß an -seinem schmalen, einsitzigen Wagen erkannt; sein Kutscher ist freilich -mager und seine Pferde abgetrieben, aber die den Wagen umflattern, sind -Sperlinge, und die ihm nachbellen, Gassenhunde.« -- »Nein,« antwortete -der Majoratsherr, »um Gotteswillen rufen Sie keinen Arzt! Wenn die -meinen Puls fühlen, der immer in abwechselnden Takten sich bewegt, dann -ganz stille steht, so schreien alle, ich sei schon gestorben; und am -Ende haben sie recht, denn mich erhält nur der Gedanke einer guten -Seele, die auch krank ist. Übrigens habe ich Sie diesmal ohne Grund -erschreckt, lieber Vetter, meine Worte drückten nur die Gefahr aus, -worin sich der französische Adel befindet; ich bildete mir die Unruhe -ein, die Frankreich in den alten Schlössern von den Geistern erfahren -muß, Ihre Sammlung ist Geist-los. Ich kann genau unterscheiden, was ich -mit dem Auge der Wahrheit sehen muß, oder was ich mir gestalte; wirklich -bin ich ein guter Beobachter meiner selbst, und die Physik der Geister -war von je mein Lieblingsstudium.« - -Der Leutnant, der mit dieser Physik der Geister durchaus nichts zu tun -haben mochte, brachte die Rede auf häusliche Einrichtungen. Der -Majoratsherr erklärte, daß er nur wenig Aufwartung bedürfe, nur die -wenigsten um sich leiden könne und deshalb sich selbst frisiere und -rasiere, auch alle Dienerschaft entlassen habe. »Die Aufwärterin hier«, -sagte er, »ist eine herrliche Seele, sie trägt nicht mit Unrecht diesen -Heiligenschein um ihr Haupt.« -- »Heiligenschein?« brummte der Vetter -vor sich, »das ist wohl das weiße Tuch, womit sie sich den Kopf -eingebunden hat!« Dann sprach er laut: »Wenn Gott aus der eine Heil'ge -schnitzeln wollte, die ginge wohl ganz in die Späne!« Noch berichtete -der Majoratsherr, daß er gewöhnlich bei Tag schlafe und erst, wenn die -Sonne im Sinken, aus dem Bette aufzustehen und seine stille Arbeit zu -betreiben pflege, wogegen der Vetter heimlich brummte: »Davon kommt der -Geisterspuk im Kopfe; er lebt ja wie die Nachteulen.« - -Nachdem das Abendessen eingenommen, hatte sich der Vetter mit einer -guten Nacht empfohlen. Auch die Aufwärterin war zu Bette gegangen, -während der Majoratsherr sein großes Zimmer mit Wachskerzen tageshell -erleuchtet hatte, um seine Bücher und Handschriften, auf- und abgehend, -mit gleicher Bequemlichkeit zu durchlaufen und die Hauptarbeit seines -Lebens, sein Tagebuch, fortzuführen. Dieser glänzende Kerzenschein war -eine neue Erscheinung für die Bewohner der Gegend und die erste Unruhe, -die er ihnen machte; denn bei der Sparsamkeit des Leutnants mußten sie -vermuten, daß dort ein Feuer ausgebrochen sei. Als sie sich aber vor dem -Hause sammelten und die klagenden Töne einer Flöte durch das offene -Fenster erschallen hörten, beruhigten sie sich wieder und freuten sich -des neuen Lichtes, das ihnen den Schmutz der Straße deutlich machte. Der -Flötenspieler war der Majoratsherr, aber seine Töne sollten sich -eigentlich zu Esther hinrichten, die er am Fenster des dunklen -Nebenzimmers belauschte, wie sie ihre Kleider abwarf und im zierlichsten -Nachtkleide vor einem eleganten Spiegeltische ihre Haare flocht. Der -enge Bau jener Gasse, in welche die Balkenlagen jedes Stockwerkes immer -weiter hinausragten, um den Zimmern noch etwas Raum zu gewinnen, brachte -ihm ihr Fenster so nahe, daß er mit einem kühnen Sprunge zu ihr hinüber -hätte fliegen können. Aber das Springen war nicht seine Sache; dagegen -übte er die seltene Feinheit seines Ohres, das auf bedeutende Entfernung -ihm hörbar machte, was jedem andern verhallte. Er hörte zuerst einen -Schuß oder einen ähnlichen Schlag; da sprang sie auf und las ein -italienisches Gedicht mit vielem Ausdruck, in welchem der Dienst der -Liebesgötter bei einem Putztische beschrieben wurde; und gleich sah er -unzählige dieser zartbeflügelten Gestalten das Zimmer beleben, wie sie -ihr Kamm und Bänder reichten und ein zierliches Trinkgefäß, wie sie die -abgeworfenen Kleider ordneten, alles nach dem Winken ihrer Hände, dann -aber, als sie sich in ihr Bett gestreckt, wie ein gaukelnder Kreis um -ihr Haupt schwebten, bis sie immer blässer und blässer sich im Dampfe -der erlöschenden Nachtlampe verloren, in welchem ihm dagegen die Gestalt -seiner Mutter erschien, die von der Stirn des Mädchens eine kleine -beflügelte Lichtgestalt aufhob und in ihre Arme nahm, -- wie das Bild -der Nacht, die das Kindlein Schlaf in ihrem Gewande trägt -- und in dem -Zimmer bis zur Mitternacht damit auf- und niederschwebte, als wenn sie -ihm die unruhigen Träume vertreiben wollte, es dann aber über den -schwindelnden Straßengrund dicht an das Auge des Staunenden trug, der -Esthers verklärte Züge in der Lichtgestalt deutlich erblickte, sie aber -mit einem Schrei des Staunens unwiderruflich zerstreute. Denn mit diesem -Schrei war er aus dem höheren Seelenzustande, aus dem Kern in die Schale -zurückgesunken, und kein Wunsch führte ihm diesen seligen Anblick -zurück. Er sah Esther in ihrem Bett nicht mehr liegen, ihr Zimmer war -dunkel, nichts regte sich in der Gasse als die Ratten, die eine muntere -Jagd unter den Brücken der Gossen hielten, auch hustete die alte Vasthi -mit hoher Pelzmütze aus einem Fenster und fing an zu beten, als ein -Stier in der Nähe ein heftiges Gebrüll erhob. Diesem Gebrüll ging der -Majoratsherr im Hause nach und erblickte durch ein Hinterfenster beim -Schein des aufgehenden Mondes auf grüner, mit Leichensteinen besetzten, -ummauerten Fläche einen Stier von ungeheurer Größe und Dicke, der an -einem Grabsteine wühlte, während zwei Ziegenböcke mit seltsamen -Kreuzsprüngen durch die Luft sich über sein Wesen zu verwundern -schienen. Hier stand dem Majoratsherrn der Verstand still; diese -schreckliche Wirtschaft auf einem Gottesacker empörte ihn, er klingelte -der Aufwärterin. Sie erschien bald und fragte ihn, was er befehle? -»Nichts, gar nichts,« antwortete er, »aber was deutet dieser Spuk?« -- -Die Frau trat ans Fenster und sagte: »Ich sehe nichts als die -Majoratsherren der Juden, das sind die erstgebornen Tiere, welche sie -nach dem Befehle ihres Gesetzes dem Herrn weihen, die werden hier -köstlich gefüttert, sie brauchen nichts zu tun; wenn sie aber ein Christ -erschlägt, so tut er den Juden einen rechten Gefallen, weil er ihnen die -Ausgabe spart.« -- »Die unglücklichen Majoratsherren,« seufzte er in -sich, »und warum haben sie Nachts keine Ruhe?« -- »Die Juden sagen, daß -einer aus der Sippschaft stirbt, wo sie nachts so wühlen am Grabe,« -antwortete die Frau; »hier, wo dieser wühlt, ist der Vater der Esther, -der große Roßtäuscher, begraben.« -- »O Gott nein!« rief er und ging in -den betrübtesten Gefühlen auf sein Zimmer und suchte sich wieder mit -heftigem Flötenspiel zu zerstreuen. - -Endlich wurde es Tag; die großen Schatten der Häuser lagerten sich unter -dem hellen Himmel, die Mägde sprangen frisch geschuht, als ob sie sich -an diesem Tage durchaus nicht beschmutzen wollten, von einem trocknen -Stein zum andern, die Schwalben dagegen kreuzten hin zu dem köstlichen -Baumörtel, den ihnen der gestrige Regen bereitet hatte, und füllten -damit alle Lücken der menschlichen Architektur. Auch an dem Fenster, das -zu Esther blickte, hatten sich heute zwei von den zwitschernden -Grauröcken eingefunden und wollten ihr Nest gerade da ankleben, wo er -durch die einzige helle Scheibe zu Esther hinblickte. Da stand der -Majoratsherr zweifelnd, ob er sie stören, ob er alles abwarten solle, -was ihm so bedeutend erschien. Seine Sinnesart überwog für das Abwarten. -Nun ihm Esther verborgen, konnte er sich an den lieben Geschöpfen, an -ihrer Lust, an ihrem Fleiße nicht satt sehen, es war ihm zumute, als ob -er sich selbst da anbaue, als hänge sein Glück davon ab, daß sie fertig -würden, und ehe er sich zu Bette legte, sang er noch zu seiner -Mandoline: - - Die Sonne scheinet an die Wand, - Die Schwalbe baut daran; - O Sonne, halt nur heute Stand, - Daß sie recht bauen kann. - Es ward ihr Nest so oft zerstört, - Noch eh es fertig war, - Und dennoch baut sie wie betört, - Die Sonne scheint so klar! - - So süß und töricht ist der Sinn, - Der hier ein Haus sich baut, -- - Im hohen Flug ist kein Gewinn, - Der fern aus Lüften schaut, - Und ging er auch zur Ewigkeit, - Er paßt nicht in die Zeit, - Er ist von ihrer Freudigkeit - Verschieden himmelweit. - -Den Abend, als er aufwachte, fand er den Vetter schon mit einem guten -Abendessen in seinem Zimmer, auch sprach er von einer unangenehmen -Überraschung, die er ihm gemacht. -- Deswegen führte er ihn in das -Nebenzimmer, von wo er die Gasse beobachten könnte, und der Majoratsherr -fand es mit Sofa und Stühlen, mit Schränken und Tischen geschmückt, auch -war das Fenster gewaschen -- aber die Schwalben waren herabgestoßen. -»Meine guten schützenden Engel sind vertrieben«, dachte der -Majoratsherr. »Ich soll sie sehen, meinen Todesengel, soll den ganzen -Traum durchleben, der mich plagte; denn eins ist schon erfüllt, was ich -im Schlafe sah.« -- »Warum so traurig, Vetter?« fragte der Leutnant. -- -»Ich habe unruhig geschlafen,« antwortete der Majoratsherr, »und mir -träumte von der Esther, sie sei mein Todesengel. Närrisches Zeug! Ihr -Kleid hatte unzählige Augen, und sie reichte mir einen Schmerzensbecher, -einen Todesbecher, und ich trank ihn aus bis zum letzten Tropfen!« -- -»Sie hatten Durst im Schlafe,« sagte der Leutnant. »Setzen Sie sich zum -Essen, da steht guter Wein, echter Unger, ich habe ihn selbst gemacht, -aus Rosinen und schwarzem Brote. Apropos, Sie müssen die gute alte -Hofdame bald einmal besuchen; sie hat mich heute halbtot gequält, daß -ich Sie zu ihr bringe, sie wäre eine Freundin Ihrer Eltern.« -- »Dazu -muß ich einen Tag leben, und ich verschlafe meine Tage viel lieber,« -antwortete der Majoratsherr. »Lassen wir das, nehmen Sie meinen Dank für -die Ausschmückung des Zimmers! Eins möchte ich mir noch kaufen, seidene -Vorhänge vor jenes Fenster; Sie haben die Scheiben so hell polieren -lassen, daß ich nicht mehr versteckt bin, wenn ich in die Gasse schaue.« --- »Die finden Sie gleich unten bei der schönen Esther,« rief der -Vetter, »da können Sie ihre Bekanntschaft viel näher machen als durch -die Fensterscheiben. Alle unsere Majoratsherren waren verliebter -Komplexion, Sie müssen keine Ausnahme machen, bester Vetter! Ich will -Sie auch begleiten, damit Sie im Handel nicht betrogen werden, und daß -Sie sich nicht abschrecken lassen, wenn das Mädchen sehr spröde tut.« So -gingen beide, der Majoratsherr vom Leutnant fortgezogen, in die Gasse, -und der letztere konnte sich eines Schauers nicht erwehren; ihm wars, -als wären die hohen, hölzernen Häuser nur aus Pappdeckeln -zusammengebaut, und die Menschen hingen wie ein Spielzeug der Kinder an -Fäden und regten sich, wie es das Umdrehen der großen Sonnenwalze ihnen -geboten. Jetzt fingen sie an, ihre Läden zu schließen, räumten auf, -zählten den Gewinn, und der Majoratsherr wagte in dem Lärmen, in dem -Dufte nicht aufzublicken. - -»Hier, hier!« rief der Leutnant, und der Majoratsherr wollte eben in -einen Laden treten, als er statt der Esther ein grimmig Judenweib, mit -einer Nase wie ein Adler, mit Augen wie Karfunkel, einer Haut wie -geräucherte Gänsebrust, einem Bauch wie ein Bürgermeister, darin -erblickte. Sie hatte sich ihm schon mit ihren Waren empfohlen und -gefragt, ob sie auf sein Zimmer kommen solle, sie wolle ihm das Schönste -zeigen, auch wenn er keine Elle kaufen möchte; denn er sei ein schöner -Herr! -- Schon wollte er eintreten, als der Leutnant ihn am Rock zupfte -und zuflüsterte: »Hier im andern Laden ist die schöne Esther!« -- Da -wendete er sich fort und sagte verlegen, er wolle nichts kaufen, er -hätte sich nur nach einem Komödienzettel an der Ecke umgesehen, und mit -diesen Worten wandte er sich nach dem Nebenladen, wo er Esther zu sehen -erwartete. Aber die alte Jüdin ließ ihn noch nicht los. Sie rief eifrig: -»Junger Herr! hier im Winkel ist auch ein Zettel, ich habe vielleicht -auch einen im Laden! Treten Sie ein, ich habe auch den Zettel von den -spanischen Reitern!« Der Majoratsherr ward dadurch gestört und blickte -sich um, erschrak aber, daß die Jüdin einen schwarzen Raben auf dem -Kopfe trug, und verweilte. Unterdessen hatte der Leutnant schon ein -Gespräch mit Esther angeknüpft, welche ihm ohne Zudringlichkeit Bescheid -gegeben. Dieser zog den Majoratsherrn in den Laden der Esther, und nun -erschallte hinter ihm ein fürchterliches Rabengekrächze aus dem Munde -der alten Jüdin. In halb hebräischen Schimpfreden und im verzerrtesten -Judendialekt zeihte sie die arme Tochter der Unkeuschheit, mit der sie -Christen in ihren Laden locke, um ihrer eigenen Mutter den Verdienst zu -rauben, und verfluchte sie dabei zu allen Martern. Endlich ließ der Atem -des wütenden Weibes nach, der trotz der warmen Luft wie im Winter -geraucht hatte, und sie hetzte vergeblich ein paar vorübergehende kleine -Buben auf, daß sie ihr sollten schimpfen helfen, wofür sie ihnen Kuchen -versprach. Esther glühte von Schamröte, aber sie erwiderte nichts. -Endlich lief die Alte fort, weil ein Käufer kam. Der Majoratsherr -fragte, wer die grimmige Alte mit dem Raben auf dem Kopfe gewesen? -- -»Meine Stiefmutter,« antwortete Esther, »haben Sie vielleicht das -schwarze Tuch mit den langen Zipfeln für einen Raben angesehn?« -- Der -Klang der Stimme schien dem Majoratsherrn nun erst bekannt, nun er sie -so nahe hörte; noch deutlicher als aus dem Fenster durchdrang ihn die -Ähnlichkeit mit seiner Mutter. Esther war nicht frischer, aber -jugendlicher; eine schmerzliche Blässe hatte das zarte Antlitz, selbst -die feingeformten Lippen, wie ein schädlicher Frühlingsnebel überzogen; -auch ihre Augen schienen dem Lichte zu schwach und verengten sich -unwillkürlich, wie Blumen gegen Abend die Blätter um ihren Sonnenkelch -zusammenziehen. Während sie mit Eilfertigkeit seidene Zeuge entrollte, -suchte sie der Leutnant in ziemlich ungeschickter Art zu trösten, indem -er ihr die Hoffnung zusicherte, ihre Stiefmutter werde bald sterben. -- -»Ich wünsche ihr langes Leben,« antwortete die Gute, »sie hat noch -Kinder, für die sie sorgen muß. Wer weiß, wer zuerst den bittern Tropfen -des Todesengels kosten muß. Ich fühle mich heute in allen Nerven so -gereizt und schwach.« -- Der Majoratsherr meinte einen Todesengel nicht -nur fliegen zu sehen, sondern auch sein Flügelsausen zu hören: »Wie -schrecklich seine Flügel sausen!« -- Aber Esther sprang nach einer -Hintertür, schlug sie zu und entschuldigte sich wegen des heftigen -Zuges; ihr kleiner Bruder habe die Tür offen gelassen. Der Majoratsherr -wählte nun unter den Zeugen, fragte aber nach einer Farbe, die nicht im -Vorrate war. Gleich sprang Esther zu ihrer Mutter nach dem andern Laden, -und diese brachte mit fröhlichem Antlitz den verlangten Stoff, als ob -der Gewittervorhang mit einem Hauche fortgezogen worden wäre. Der -Leutnant wollte viel abdingen; aber der Majoratsherr warf das Geld hin, -was verlangt worden. Da gab ihm Esther einige Taler heraus, denn soviel -betrüge ihr Vorschlag; darüber fing die Mutter wieder an zu wettern, -aber diesmal ganz hebräisch. Als Esther wieder geduldig die Augen -niederschlug, antwortete der Leutnant ihr auf Hebräisch, so daß die -Alte, ganz erstaunt über seine seltene Fertigkeit, das Feld räumte und -sich in ihr Schneckenhaus verkroch. Esther schien sich darüber noch mehr -zu kränken als über den Schimpf, den sie erdulden müssen, und der -Majoratsherr zog aus Schonung den Vetter, der schon Triumph ausrufen -wollte, mit sich fort, indem er zugleich das seidene Zeug unter dem Arme -selbst forttrug. - -Als sie zu Hause, fragte er den Leutnant, woher er das Hebräische wisse? --- »Das brauchte ich zu meinem Verkehr mit den Juden,« antwortete er, -»und was es mir kostet an Büchern und Lehrmeistern, hat es mir reichlich -wieder eingebracht, denn ich konnte nun alle ihre Heimlichkeiten -verstehen. Sehen Sie, Vetter, in dem Schranke sind lauter jüdische -Sagenbücher und Beschreibung ihrer Sitten und Gebräuche. Wissen Sie, was -die Alte zuletzt sagte? Sie freue sich darauf, wenn Esther stürbe, da -würde es eine schöne Auktion geben! Wirklich ist sie auch aus dem -Nachlasse ihres Vaters mit allen eleganten Möbeln versorgt, und die -Leute erzählen, weil nun die feinen Herren nicht mehr, wie bei ihres -Vaters Lebzeiten, zu ihr kommen, daß sie sich abends prächtig anputze -und Tee mache, als ob sie Gesellschaft sehe, und dabei in allen Sprachen -rede.« -- Aber der Majoratsherr hörte wenig mehr darauf, denn er war mit -ganzer Seele über die Sagenbücher hergefallen. Der Leutnant wünschte ihm -gute Nacht, und kaum hatte er ihn verlassen, so sah der Majoratsherr -beim Lesen der alten Bücher in seinem Zimmer alle Patriarchen und -Propheten, alle Rabbinen und ihre wunderlichen Geschichten aus den -Sagenbüchern hervorgehen, daß die Stube zu eng schien für die ungeheure -Zahl. Aber der Todesengel schlug sie endlich alle mit seinen Flügeln -hinweg, und er konnte sich nicht satt lesen an seiner Geschichte: »Lilis -war die Mitgeschaffne Adams im Paradiese; aber er war zu scheu und sie -zu keusch, und so gestanden sie einander nie ihr Gefühl, und da erschuf -ihm der Herr im Drange seines Lebens ein Weib aus seiner Rippe, wie er -es sich im Schlafe träumte. Aus Gram über diese Mitgenossin ihrer Liebe -floh Lilis den Adam und übernahm nach dem Sündenfalle des ersten -Menschen das Geschäft eines Todesengels, bedrohte die Kinder Edens schon -in der Geburt mit Tod und umlauert sie bis zum letzten Augenblicke, wo -sie den bittern Tropfen von ihrem Schwert ihnen in den Mund fallen -lassen kann. Tod bringt der Tropfen, und Tod bringt das Wasser, in -welchem der Todesengel sein Schwert abwäscht.« - -Unruhig lief der Majoratsherr bei diesen Worten im Zimmer umher, dann -sprach er heftig: »Jeder Mensch fängt die Welt an, und jeder endet sie. -Auch ich liebte scheu und fromm eine keusche Lilis, sie war meine -Mutter; in ihrer ungeteilten Liebe ruhte das Glück meiner Jugend. Esther -ist meine Eva, sie entzieht mich ihr und gibt mich dem Tode hin!« -- Er -hielt es nicht aus bei dem Anblick des Todesengels, den er immer hinter -sich lauernd zu schauen glaubte; er eilte auf die Straße im Mantel -verhüllt, um sich an dem Nachhall des Tages zu zerstreuen. Endlich -setzte er sich ermüdet hinter das Fußgestell einer Bildsäule, die in der -Nische eines hohen Hauses stand, und sah den eiligen Läufern zu, die mit -Fackelglanz einem rollenden Wagen vorleuchteten; die Lilis zog hinter -ihm her. Jubelnde Gesellschaften zogen lärmend aus der Trinkstube nach -Hause und klapperten noch mit den Nägeln gegen die Saiten, die sie so -lange hatten schwingen lassen; aber auch ihnen zog der Todesengel nach -und -- blies sie an aus einem Nachtwächterhorn. Und es wurden der -Todesengel so viele vor seinen Augen, daß sie zueinander traten und -paarweis wie Liebende nebeneinander gingen in traulichen Gesprächen. Und -er horchte ihnen zu, damit er wüßte, wie er zu Esther reden müsse, um -ihr seine Liebe kund zu tun. Aber die Liebenden wurden von den -Geschäftigen verdrängt, und er mochte nicht eher zuhören, bis ihm die -Stimme der Vasthi auffiel, die mit einem alten Rabbiner vorüberging und -ihm sagte: - -»Was soll ich die Esther schonen; ist sie doch nicht das Kind meines -Mannes, sondern ein angenommenes Christenkind, der er den größten Teil -seines Geldes zugewendet hat.« -- »Sei Sie still,« sagte der Rabbiner, -»weiß Sie denn, wieviel der Mann mit dem Kinde bekommen hat?« »Alles. Er -hatte nichts und konnte damit anlegen großen Handel. Was kann das -Mädchen dafür, daß ihm sein Geld ist gestohlen worden?« -- Hier kamen -sie ihm aus dem Bereich seines scharfen Gehörs, er eilte ihnen nach, -aber sie hatten sich schon in irgend ein Haus begeben. Auch hier war er, -wie gewöhnlich, zu spät zu einem Entschluß gekommen, doch war ihm der -Fingerzeig seltsam bedeutend und führte ihn sinnend hin in sein Haus. - -Als er sich kaum ein paar Minuten ausgeruht hatte, hörte er einen Schuß, -er sah zum Fenster hinaus, aber niemand schien es gehört zu haben. -Beruhigt rückte er auf seine Warte am Fenster und wagte es, einen -Fensterflügel zu öffnen, so daß er noch genauer, als die Nacht vorher, -das Zimmer der, schönen Esther übersehen konnte. -- Da hatte sich vieles -verändert, die Kappen der Stühle waren abgenommen, und sie glänzten in -weißem Atlas um einen prachtvollen Teetisch, auf welchem eine silberne -Teemaschine dampfte. Esther schüttete wohlriechendes Wasser auf eine -glühende Schippe, dann sprach sie in die Luft: »Nanni, es ist höchste -Zeit, daß ich meine Locken mache, meine Gäste müssen bald kommen.« -Esther antwortete darauf mit veränderter Stimme: »Gnädiges Fräulein, es -ist alles bereit.« -- Im Augenblicke des Worts stand eine zierliche -Kammerjungfer vor Esther und half ihr die Locken ausziehen und ordnen. -Dann reichte sie Esther den Spiegel, und diese klagte: »Gott, wie bin -ich bleich! Hat es denn nicht Zeit mit dem Erbleichen, bis ich tot bin? -Du sagst, ich soll mich schminken. Nein, dann gefalle ich dem -Majoratsherrn nicht, denn er ist auch blaß wie ich, gut wie ich, -unglücklich wie ich; wenn er nur heut käme, die Gesellschaft macht mir -ohne ihn keine Freude.« Nun war alles im Zimmer geordnet, und Esther, -sehr elegant angezogen, legte einige schön gebundene englische Bücher -aufs Sofa und begrüßte auch englisch das erste Nichts, dem sie in ihrer -Gesellschaftskomödie die Tür öffnete. Kaum antwortete sie englisch in -seinem Namen, so stand da ein langer, finsterer Engländer vor ihr, mit -der Art Freiheit und Anstand, die sie damals vor allen Nationen in -Europa auszeichnete. Mit solchen Luftbildern von Franzosen, Polen, -Italienern, endlich auch mit einem kantischen Philosophen, einem -deutschen Fürsten, der Roßhändler geworden, einem jungen aufgeklärten -Theologen und einigen Edelleuten auf Reisen belebte sich der Teetisch. -Sie war in einer unerschöpflichen Bewegung durch alle Sprachen. Es -entspann sich ein Streit über die Angelegenheiten Frankreichs. Der -Kantianer demonstrierte, aber der Franzose wütete. Sie suchte sehr -gewandt die Streitenden auseinander zu halten und schüttete endlich, als -ob sie angestoßen wäre, eine Tasse heißen Tee dem Kantianer auf die -Unterkleider, um eine Diversion zu machen. Das gelang auch; es wurde -entschuldigt, abgewischt, und sie versicherte, den Tritt des -Majoratsherrn zu hören, eine neue Bekanntschaft, die sie erst jetzt -gemacht, ein ausgezeichneter junger Mann, der Frankreich erst kürzlich -verlassen habe und jene streitigen Fragen am besten beantworten könne. --- Bei diesen Worten durchgriff eine kalte Hand den Majoratsherrn. Er -fürchtete, sich selbst eintreten zu sehen; es war ihm, als ob er wie ein -Handschuh im Herabziehen von sich selbst umgekehrt würde. Zu seiner -Beruhigung sah er gar nichts auf dem Stuhle, den Esther ihm hinrückte, -aber den andern Mitgliedern der eleganten Gesellschaft mußte sein -Ansehen etwas Unheimliches haben, und während Esther zu ihm flüsterte, -empfahlen sich diese, aber einer nach dem andern. Als alle sich entfernt -hatten, sprach Esther lauter zu dem leeren Stuhle: »Sie haben mir in -aller Kürze gesagt, ich sei nicht, was ich zu sein -- scheine, und ich -entgegne darauf, daß auch Sie nicht sind, was Sie scheinen.« Darauf -antwortete Esther, indem sie zum Staunen des aufhorchenden Majoratsherrn -seine Stimme täuschend nachahmte: »Ich will mich erklären: Sie sind -nicht die Tochter dessen, den die Welt Ihren Vater nennt, Sie sind ein -geraubtes Christenkind, Ihren wahren Eltern, Ihrem wahren Glauben -geraubt, und mein Entschluß, Sie dahin zurückzuführen, hat mich -bestimmt, Ihnen meine Aufwartung zu machen. Erklären Sie sich mir jetzt -auch deutlicher.« -- Esther: »Es sei. Ich bin Sie und Sie sind ich; -sollte aber die Sache wieder in Ordnung gebracht werden, so zweifle ich, -daß ich dabei gewinnen kann, Sie aber verlören unglaublich viel, und nur -der schreckliche, rotnasige Vetter würde zu einer schwindelnden Höhe -erhoben.« - -Sie schwieg und flehte sich selbst mit der Stimme des Majoratsherrn an, -weiter zu reden, denn eine Ähnlichkeit mit der geliebten Mutter -enthüllte ihm nun halb das Geheimnis. -- Dann fuhr sie fort: »Ist Ihnen -denn der Eigensinn eines alten Majoratsherrn, der von seinem Vetter, dem -Leutnant, mehrmals gekränkt worden, einem eignen Sohne die geliebten -Reichtümer überlassen möchte, so geheimnisvoll? Nehmen Sie an, daß die -Erfüllung dieser Hoffnung ihm nahe bevorstand, daß seine Frau in Wochen -kommen sollte, daß ihn aber die Furcht quälte, die Geburt eines Mädchens -könne alles vereiteln. Wenn diese oft geäußerte Furcht eine listige -Hofdame benutzt, um ihm einen Knaben aufzuschwatzen, den sie eine Woche -früher insgeheim geboren: bedarf es da mehr als einer oft bestochenen -Hebamme, wenn nun die Furcht erfüllt wird, und ich statt eines Knaben -geboren werde? Ich werde einem dienstbaren Juden überliefert, der, außer -dem Vorteil, auch seiner Religion dadurch etwas zuzuwenden hofft. Haben -Sie Nathan den Weisen gelesen?« -- Majoratsherr: »Nein!« -- Esther: »Nun -gut, Sie werden der Mutter an die Brust gegeben, wie die Nachtigall auch -Kuckuckseier ausbrütet, doch es versteht sich, ohne etwas Böses damit -sagen zu wollen. Und daß ich dies alles weiß, danke ich der Sterbestunde -meines Pflegevaters; er versicherte mir noch dabei, daß jenes Kapital, -was er mir zurücklasse, mehr betrage, als was ich nach der Stiftung des -Majorats fordern könne; er habe aber wohl das Dreifache vom alten -Majoratsherrn empfangen, um das Geheimnis zu bewahren, es sei die -Grundlage seines großen Handelsverkehrs geworden. Sie verstummen, Sie -zweifeln, was zu tun sei? Sie verfluchen die Eitelkeit des männlichen -Geschlechts, seinen Namen allein in Ansehen erhalten zu wollen? Aber was -ist zu tun? Lassen Sie denn den alten, lächerlichen Vetter Ihres -Reichtums mit froh werden, wie Sie schon jetzt getan; meine Bahn ist -bald durchlaufen, und ich ertrage keinen großen Wechsel der Witterung. -Aber Sie lieben mich, sagen Sie. Ach ich habe Ihre Augen beim ersten -Anblick verstanden, aber unsre Liebe ist nicht von dieser Welt; diese -Welt hat mich mit aller ihrer Torheit zerstört. Freund, nicht alle -Männer meinten es mit mir so ehrlich wie Sie, und sie umstrickten mich -mit jeder Eitelkeit des kindischen Verstandes. Scheiden wir für heute, -denn es kostet mir viel Zeit, Ihnen zu sagen, daß ich Ihnen kein ganzes -Herz mehr schenken kann; es brach, es ging in Stücken, und nur dort -heilt sich der Riß.« -- Bei diesen Worten verfinsterte eine Tränenflut -die Augen des Majoratsherrn. Als er aufblickte, lag Esther, nachdem sie -das Nachtlicht ausgelöscht, in ihrem Hemdchen im Fenster und atmete -heftig die kalte Nachtluft ein; dann ging sie zu Bette, und er setzte -sich zu seinem Tagebuche, um alles Wunderbare, so treu er vermochte, -aufzuzeichnen. - -Gegen Mittag kam der Vetter, wie gewöhnlich, vor sein Bette und fragte -ihn, ob er nicht endlich Lust habe, die Hofdame zu besuchen. Der -Majoratsherr überraschte ihn mit einem vernehmlichen Ja, hätte aber gern -hinzugefügt, daß er lieber allein den Besuch gemacht hätte. Er kleidete -sich schnell an und machte sich mit dem Vetter auf den Weg, der sich -darüber freute, daß sie jetzt gewiß noch allein sei. Wie sie sich dem -Hause näherten, pochte dem Majoratsherrn das Herz. »Was ist das für ein -schrecklich großer Menschenkasten dort,« fragte er, »mit den -Spiegelscheiben? In dieser Nische habe ich einmal nachts hinter der -Statue in der Nische gesessen!« -- »Kennen Sie noch nicht Ihr eigenes -Majoratshaus?« fragte der Vetter, »da ließe es sich besser wohnen als in -meinem kleinen Neste!« -- »Bewahre der Himmel,« antwortete der -Majoratsherr, »ich wollte, daß ich es nie gesehen hätte; die großen -Steine scheinen mit Hunger und Kummer zusammengemauert.« -- »Freilich, -der es baute, hat sich kaum satt zu essen gewagt, und Ihr Vater war -nicht auf sonderliche Ausgaben eingerichtet, hat mir einmal, als ich -knapp von einem Tage zum andern lebte, einen Prozeß gemacht, weil ich -eine Schneiderrechnung, die er für mich ausgelegt, am festgesetzten Tage -ihm nicht wieder gezahlt hatte.« -- »Gott, das ist hart,« sagte der -Majoratsherr, »das kann den Erben keinen Segen bringen!« - -Unter solchen Gesprächen waren sie in das Vorzimmer der Hofdame -getreten, die darum bitten ließ, daß die Herren eine halbe Stunde warten -möchten, sie hätte noch einige Worte zu schreiben. Der Vetter sah an -seiner Uhr, daß er nicht so lange warten könne, wegen seines -regelmäßigen Spazierganges, und ließ den Majoratsherrn allein. Diesem -ward sehr unheimlich in dem Zimmer. Der schreiende Laubfrosch auf der -kleinen Leiter schien von einem fatalen Geiste beseelt; auch die Blumen -in den Töpfen hatten kein recht unschuldiges Ansehen; aus dem Potpourri -glaubte er ein Dutzend abgelebte Diplomaten heraufhorchen zu sehen. Aber -mehr als alles quälte ihn der schwarze Pudel, obgleich sich dieser vor -ihm zu fürchten schien; er hielt ihn für eine Inkarnation des Teufels. -Als nun endlich die Hofdame wie ein chinesisches Feuerwerk mit dem -steifen Wechsel ihrer Farben aus dem andern Zimmer hervortrat, da -vergingen ihm fast die Sinne, denn ihm stand's vor der Seele, daß die -Abscheuliche seine Mutter sei. »Mutter,« sagte er, und sah sie scharf -an, »deinem Sohn ist sehr wehe!« Er dachte, sie würde erschrecken, ihn -für einen Toren erklären; aber sie setzte sich ruhig zu ihm und sagte: -»Sohn, deiner Mutter ist sehr wohl.« Sie wollte ihm ein emailliertes, -großes Riechfläschchen reichen, aber er scheute sich davor und sagte: -»Da sehe ich eine Seele eingesperrt!« Sie legte es leise beiseite und -sagte: »Wenn darin eine Seele, so ist es die Seele deines Vaters, des -Schönen; ich reichte es ihm, als er vom Leutnant, dem Vetter, -durchstochen ward, im unerwarteten Zweikampf vor meiner Türe.« -- »Ich -lebe mit dem Mörder meines Vaters unter einem Dache, und du bist seine -geliebte Freundin?« -- »Du weißt zuviel, mein Sohn,« fuhr sie fort, »als -daß du nicht alles wissen solltest, wieviel du mir zu danken, was ich -für dich getan habe. Dein Vater hieß der schöne ... in der ganzen Stadt; -dieser Ruf machte, daß ich gegen ihn alle Vorsicht vergaß. Unser -Liebeshandel blieb zwar heimlich; aber bei den Folgen, die ich trug, -mußte ich auf Verbannung vom Hofe gefaßt sein, wenn ich diese Folgen -nicht verheimlichen könnte, nachdem dein Vater erstochen war, ehe er -sein Versprechen, mich zu heiraten, erfüllen können. Das gelang mir.« -- -»Ich weiß es.« -- »Und zugleich rächte ich deinen Vater an seinem -Mörder, indem ich dir das Vermögen zuwandte, was jenem mit allem Rechte -zugefallen wäre. Ich tat noch mehr. Durch meinen Einfluß am Hofe hemmte -ich jeden seiner Versuche, sich in Ehren fortzuarbeiten, und erhielt ihn -dabei in den Netzen meiner Reize. Weder seinem Verstande noch seinem -Mute wurde gerechte Anerkennung; so veraltete er in sinnlosem Treiben -und quälenden Nahrungsspekulationen, ein lächerliches Spottgesicht aller -Welt, während die ältern Leute noch mit Entzücken von der Schönheit -deines Vaters reden, ihn noch als Sprichwort brauchen, um Schönheit zu -bezeichnen. Wenn ich dich in deinem Reichtum edel, sorgenfrei -aufgewachsen sehe, allem Höheren zugewendet, und den Vetter denke, wie -er da täglich unter schielenden Seitenblicken der Alten und mit -Hohnlachen der Gassenbuben in lächerlichen Hahnentritten vor meinem -Fenster vorübertrippelt, oder Sonntags meinen Hund kämmen muß, dann -fühle ich, daß ich deinen Vater gerächt, ihm ein rechtes Totenopfer -gebracht habe. Oder soll ich noch mehr tun, um den Vetter zu kränken, -soll ich ihn heiraten, ihn in seinem Stundenlauf durch die Stadt stören, -seine Wappensammlung zusammenwerfen?« -- Der Majoratsherr hatte auf das -alles nicht gehört, sonst möchte sein Widerspruch sie früher -unterbrochen haben. Er sprach halbträumend in sich hinein: »Also ward -ich der Edlen nur als ein Dieb an die Mutterbrust gelegt. Und wo ist das -unglückliche Kind, das meinetwegen verstoßen wurde? Ich weiß es, Esther -ist es, die unglückliche, geistreiche, von der Gemeinheit der Ihren, von -dem Fluch ihres Glaubens niedergebeugte Esther!« -- »Darüber kann ich -dir keine Antwort geben,« sagte die Hofdame, »der alte Majoratsherr -allein führte die Sache aus; ich war beruhigt, als ich dich aus der -Schande unehelicher Geburt zu dem glänzendsten Schicksale erhoben sah. -Du dankst mir nicht dafür?« -- Er saß in sich versunken und hörte nicht, -sondern sprach halblaut: »Ich sollte reich sein auf Unkosten einer -Armen? Habe ich nicht manches gelernt, was mir einen Unterhalt -verschaffen kann? Ich spiele mehrere Instrumente so fertig wie -irgendeiner; ich male, ich kann in mancher Sprache Unterricht geben. -Fort mit der Sündenlast des Reichtums, sie hat mich nie beglückt!« -- -Die Hofdame hörte ihm aufmerksam zu und sprach mit ihrem Pudel, der -seine Vorderpfoten auf ihre Knie stützte und ihr ans Ohr den Kopf -ausstreckte, dann nahm sie die Hand des Majoratsherrn und sagte: »Du -bist deiner Mutter wenigstens Gehorsam schuldig, und was ich fordere, -ist nicht unbillig; nur vierundzwanzig Stunden bewahre das Geheimnis -deiner Geburt und schiebe jeden Entschluß auf, den es in dir erregen -könnte; darauf gib mir Hand und Wort!« -- Der Majoratsherr war froh, daß -er in vierundzwanzig Stunden zu keinem Entschluß zu kommen brauchte, -schlug ein, küßte die Hand, empfahl sich ihr und eilte nach Hause, um zu -einer ruhigen Fassung zu gelangen. - -Aber eine neue Veranlassung zur tiefsten Beunruhigung seines Gemüts -mußte er dort vorfinden. Er sah vor dem Hause der Esther eine große -Versammlung von Juden und Jüdinnen, die heftig miteinander redeten. Weil -er sich nicht darunter mischen wollte, so ging er in sein Haus und -befragte die alte Aufwärterin. Sie berichtete ihm, daß der Verlobte der -schönen Esther vor einer Stunde ganz zerlumpt von einer Reise nach -England zurückgekommen sei; er habe alles das Seine verloren. Die alte -Vasthi habe ihm darauf erklärt, daß er ihre Schwelle nie betreten, an -ihre Stieftochter nicht denken solle; aber Esther habe laut versichert, -daß sie gerade jetzt ihre Zusage erfüllen wolle, den Unglücklichen zu -heiraten, weil er ihrer bedürfe, sonst hätte sie wegen ihrer -Kränklichkeit das Verlöbnis aufgelöst. Darüber sei eine schreckliche Wut -der Mutter Vasthi ausgebrochen, die kaum durch das Zwischentreten der -ältesten Nachbarn beschwichtigt worden sei. Jedermann gebe ihr laut -schuld, daß sie nicht aus Vorsorge für die Stieftochter, sondern aus -Verlangen, sie zu beerben, weil sie sehr kränklich, die Heirat zu -hindern suche. - -So war nun ein Mittel der Ausgleichung, wenn er selbst, der -Majoratsherr, die verstoßene Esther geheiratet hätte, fast verloren, und -seine Neigung schien ihm jetzt sträflich. Er sah Esther, die bleich und -erstarrt wie eine Tote auf ihrem Sofa lag, während der Verlobte, ein -jammervoller Mensch, ihr seine unglücklichen Begebenheiten erzählte. Es -wurde Licht angezündet; sie schien sich zu erholen, tröstete ihn, -versprach ihm ihren Handel zu überlassen, wenn sie verheiratet wären, -aber er dürfe dann nie ihr Zimmer betreten. Er beschwor alle -Bedingungen, die sie ihm machen wolle, wenn sie ihn aus dem Elend reißen -und vor dem Zorn der grausamen Vasthi bewahren wolle. »Sie ist der -Würgengel, der Todesengel,« sagte er, »ich weiß es gewiß; sie wird -abends gerufen, daß die toten Leute nicht über Nacht im Hause bleiben -müssen, und saugt ihnen den Atem aus, daß sie sich nicht lange quälen -und den Ihren zur Last fallen. Ich hab's gesehen, als sie von meiner -Mutter fortschlich, und als ich ans Bette kam, war sie tot; ich hab es -gehört von meinem Schwager, es darf nur keiner davon reden. Es ist eine -Sache der Milde, aber ich scheue mich davor.« Esther suchte es ihm -auszureden, endlich sagte sie: »Bedenk Er sich wohl! Wenn Er sich -allzusehr vor ihr fürchtet, so heirate Er mich nicht. Mir ist es -einerlei, ich tue es nur, um Ihn aus dem Elend zu retten; das bedenk Er -sich und geh Er und laß Er mich allein.« Der Verlobte ging. Kaum war er -fort, so stand Esther mit Mühe auf, erschrak, als sie sich im Spiegel -erblickte, und rang die Hände. - -Der Majoratsherr beschaute den schmalen Raum, der sie trennte; er -glaubte sie trösten zu müssen. Aber ehe er entschlossen, ob er sich -einem kühnen Sprunge hingeben oder durch ein Brett beide Fenster in -aller Sicherheit vereinigen könnte, hörte er, wie alle Abende, einen -Schuß, und es überfiel der gesellige Wahnsinn die schöne Esther schon -wieder. Sie schlüpfte mit Eile in ein kurzes Ballkleid und warf darüber -einen feuerfarbenen Maskenmantel, nahm auch eine Maske vor, und so -erwartete sie die übrigen Masken zu dem Balle. Es ging wie am vorigen -Tage, nur viel wilder. Groteske Verkleidungen, Teufel, Schornsteinfeger, -Ritter, große Hähne schnarrten und schrien in allen Sprachen, er sah die -Gestalten, sowie ihre Stimme sie belebte. Sie war schlagend witzig gegen -alle Angriffe, die sie sich selbst machte, und scheute in diesen -Spottreden keine ihrer Schwächen, die sie je gehabt hatte; aber sie -wußte auch von allem die beste Seite zu zeigen. Nur einer Maske wußte -sie nichts zu antworten, die ihr vorwarf, so nahe ihrer Hochzeit solchen -Leichtsinn zu treiben. »Nennen Sie dieses Almosen, das ich dem armen -Jungen reiche, keine Hochzeit. Ich bin verlassen; der Majoratsherr wird -sich immerdar zu lange in Unschlüssigkeit bedenken, ehe er etwas für -mich tut, meine Pulse schlagen bald die letzte Stunde, kurz David tanzte -vor der Bundeslade, und ich tanze dem höheren Bunde entgegen.« Bei -diesen Worten ergriff sie die Maske und raste einen schnellen Walzer, -welchem Beispiel die anderen Masken folgten, während ihr Mund mit -seltener Fertigkeit Violinen, Bässe, Hoboen und Waldhörner tanzend -nachzuahmen wußte. Kaum war dieser allgemeine Tanz beendet, so wurde sie -angefleht, die Fandango zu tanzen. Sie warf die Maske und auch das -Ballkleid von sich, ergriff die Kastagnetten und tanzte mit einer -Zierlichkeit den zierlichsten Tanz, daß dem Majoratsherrn alle anderen -Gedanken in Wonne des Anschauens untergingen. Als ihr nun alle für diese -Kunst ihren Dank zollten und sie nur mit Mühe wieder zu Atem kam, sah -sie mit Schrecken einen kleinen Mann eintreten, den auch der -Majoratsherr, sobald sie ihn genannt, in einer sehr abgetragenen Maske -die Herren begrüßen sah. »Gott, das ist mein armer Bräutigam,« sagte -sie, »der will mit seinen Kunststücken Geld verdienen.« Diese armselige -Maske trug einen kleinen Tisch und Stuhl auf dem Rücken, empfahl seine -Kunststücke, ließ einen Teller umhergehen, um für sich einzusammeln, und -eröffnete den Schauplatz mit sehr geschickten Kartenkünsten; dann -brachte er Becher, Ringe, Beutel, Leuchter und ähnliche -Schnurrpfeifereien vor, mit denen er das größte Entzücken in der ganzen -Gesellschaft erregte. Zuletzt sprang er in einem leichten, weißen -Anzuge, doch wieder maskiert, wie eine Seele aus dem schmutzigen -Maskenmantel heraus und versicherte, mit seinem Körper seltsame -Kunststücke machen zu wollen, legte sich auf den Bauch und drehte sich -wie ein angestochener Käfer umher. Aber Esther faßte einen so gräßlichen -Widerwillen gegen ihn in dieser Verzerrung, daß sie mit zugehaltenen -Augen in Krämpfen auf ihr Bett stürzte. Im Augenblicke waren dem -Majoratsherrn alle Gestalten verschwunden; er sah die Geliebte, die -Unterdrückte im schrecklichsten Leiden verlassen; er beschloß, zu ihr zu -eilen. Er sprang die Treppe hinunter; aber er fehlte die Tür und trat in -ein Zimmer, das er nie betreten. Und ihm und seiner Laterne entgegen -drängten sich ungeheure gefiederte Gestalten, denen rote Nasen wie -Nachtmützen über die Schnäbel hingen. Er flieht zurück und steigt zum -Dache empor, indem er sein Zimmer sucht. Er blickt umher in dem Raume, -und still umsitzen ihn heilige Gestalten, fromme Symbole, weiße Tauben; -und das Gefühl, wie er zwischen Himmel und Hölle wohne, und die -Sehnsucht nach dem himmlischen Frieden, dessen Sinnbilder ihn umgaben, -stillte wie Öl die Sturmeswellen, die ihn durchbebten, und eine Ahnung, -daß er ihm nahe, daß es seiner auf Erden nicht mehr bedürfe, drängte -seine aufglimmende Tätigkeit für Esther wieder zurück. - -Doch diesem höheren Traum stellte sich die Wirklichkeit mit spitzer -Nachtmütze, einem bunten Band darum gebunden, eine Brille auf der roten -Nase, einen japanischen, bunten Schlafrock am Leibe, mit bloßem Schwerte -entgegen; natürlich der Vetter, der, von dem Geräusch im Hause erwacht, -den Majoratsherrn mit den Worten begrüßte: »Sind Sie es, lieber Vetter, -oder Ihr Geist?« -- »Mein Geist,« antwortete der Majoratsherr verlegen, -»denn kaum weiß ich, wie ich hier unter die Engel versetzt bin.« -- -»Kommen Sie in Ihr Zimmer zurück,« entgegnete der Vetter, »sonst -verlassen die Tauben ihre Eier; meine Puthähne unten wollen sich ohnehin -nicht zufrieden geben, Sie waren gewiß auch dort, ich konnte mir dieses -Treppensteigen, den Lärm bei den Tieren nicht anders erklären, als daß -ein Dieb von der Judengasse eingestiegen sei. Nun ist es mir nur lieb, -daß Sie es sind. Vielleicht etwas mondsüchtig, lieber Vetter? Das weiß -ich zu kurieren.« -- Unter solchen Gesprächen führte er den -Majoratsherrn in sein Zimmer zurück. Dieser aber faßte den Entschluß, -dem Vetter zu erzählen, daß er Esther in Krämpfen ganz verlassen aus -seinem Fenster gesehen habe, und daß er in der Eil', ihr zu Hilfe zu -kommen, die Türen verfehlt habe. -- »Welch ein Glück,« rief der Vetter, -»denn wenn die Türe der Gasse offen gewesen, Sie wären nicht ohne -Unglück oder Schimpf hinausgekommen.« -- Der Majoratsherr war an das -Fenster gegangen und sagte: »Sie scheint jetzt zu schlummern, der -schreckliche Anfall ist vorüber.« Der Leutnant erzählte aber weiter: -»Vor einem Jahre hätten Sie die Esther sehen sollen, da war sie schön; -da kam der Sohn eines Regimentskameraden vom Lande hieher unter die -Dragoner. Er war das einzige Gut der Mutter, seitdem der Vater in einem -Scharmützel geblieben; denn die sind oft gefährlicher als die großen -Schlachten. Ich sah es, wie sie ihm das letzte Hemde zu seiner -Equipierung nähte; sie dachte nicht, daß es sein Sterbehemde werden -sollte. Aber der Mensch war unbesonnen, ich sah es ihm gleich beim -Reiten an: er wollte immer Kunststücke auf den Straßen machen und dachte -nicht daran, daß da Leute neben ihm gingen. Genug, der verliebt sich in -die schöne Esther, und sie in ihn, und mein junger Herr will abends zu -ihr schleichen, und wie die armen Juden außer ihrer Gasse mißhandelt -werden, so meinen sie die Christen drinnen auch mißhandeln zu können, -und fallen über ihn her, -- besonders die alte Vasthi, die hätte ihn -fast erwürgt. Die Sache ward laut, die Offiziere wollten nicht mit dem -jungen Fähndrich weiter dienen. Er kam zu mir: was er tun sollte? Ich -sagte ihm: schießt Euch tot, weiter ist nichts zu tun. Und der Mensch -nimmt das Wort buchstäblich und schießt sich tot. Da hatte ich Mühe, es -der Mutter auf gute Art beizubringen. Die Esther aber bekommt seitdem -abends um die Zeit, wo er sich erschossen, einen Eindruck, als ob ein -Pistolenschuß in der Nähe fiele, -- andre hören es nicht, -- und dann -ein Anfall von Reden, Tanzen, daß kein Mensch aus ihr klug wird; und die -andern im Hause lassen sie allein und scheuen sich vor ihr!« -- Entsetzt -von dem kaltblütigen Vortrage rief der Majoratsherr: »Welche Klüfte -trennen die arme Menschheit, die sich immer nach Vereinigung liebend -sehnt! Wie hoch muß ihre Bestimmung sein, daß sie solcher Fundamente -bedarf, daß solche Opfer von der ewigen Liebe gefordert werden, solche -Zeichen, -- die, mehr als Wunder, die Wahrheit der heiligen Geschichte -bewähren? O, sie sind alle wahr, die heiligen Geschichten aller Völker!« --- Nach einer Pause fragte er: »Ist denn die Vasthi wirklich der -Würgengel? Die Leute sagen, daß sie den Sterbenden den Todesdruck gebe.« --- »Wenn das der Fall ist,« sagte der Vetter, »so ist es Milde, daß sie -nicht lebend begraben werden, weil ein törichtes Gesetz gebietet, die -Toten nach dreien Stunden aus dem Hause zu schaffen.« Es habe ihm ein -Arzt versichert, daß er deswegen einem, der an Krämpfen gelitten, -schwören mußte, bei ihm zu bleiben, daß er nicht erstickt würde, wenn -man ihn für tot hielte. Und da sah er, wie die Verwandten ihn verlegen -bereden wollten, fortzugehen, der Tote sei tot; aber er blieb und -rettete das Leben des Erstarrten, der ihm noch lange dankte. Da sollte -die Obrigkeit ein Einsehen haben und das frühe Beerdigen verbieten. -»Aber lassen Sie uns von angenehmeren Dingen reden,« fuhr der Vetter -fort. »Ich habe Ihnen vielen Dank zu sagen, Sie haben mein Glück -gemacht. Meine vortreffliche Herzens- und Hofdame fühlt eine so gütige, -mütterliche Zärtlichkeit gegen Sie, daß sie mir die seit dreißig Jahren -versagte Hand reichen will, insofern ich Sie verpflichten kann, als ein -geliebter Sohn in ihrer Nähe zu bleiben und unser nahendes Alter zu -unterstützen. Da Sie nun, lieber Vetter, Ihr ganzes äußeres Dasein mit -der Verwaltung des Majorats mir übertragen haben, ich auch aus der -näheren Kenntnis der Verhandlungen ersehe, daß Sie viel zu abstrakt in -Ihren Studien sind, um Ihrem Vermögen selbst vorstehen zu können, so -habe ich, gleichsam als Ihr natürlicher Vormund, Ihr Wort dazu gegeben.« - -Der Majoratsherr fühlte sich in den Willen des Vetters ebenso -hingegeben, wie Esther in den Willen der Vasthi; er kam ihm auch vor wie -ein Würgengel, und er konnte sich denken, daß er ihm ebenso gleichgültig -wie dem jungen Dragoner die Pistole reichen würde, wenn er das Geheimnis -des Majorats erführe. Der Majoratsherr liebte aber sein Leben wie alle -Kranke und Leidende, und es schien ihm ein milder Ausweg, den die -Hofdame ersonnen, ihn durch diese Heirat als Sohn dem Hause dergestalt -zu verknüpfen, daß bei der Unwahrscheinlichkeit, in ihrem Alter noch -andre Kinder zu bekommen, er allein die Aussicht und der Mittelpunkt -aller Hoffnungen beider werden müßte. So fand er sich gezwungen, dem -Vetter zur Heirat Glück zu wünschen und ihm seine kindliche Ergebenheit -gegen die Hofdame zu versichern; auch versprach er ihm, künftig mit ihm -im Majoratshause zu wohnen, Gesellschaften zu sehen und am Hofe sein -Glück zu suchen. Dann las ihm der Vetter einige wohlgereimte Gedichte -vor, in denen er dieses Glück besungen hatte, und empfahl sich erst spät -dem schlaftrunkenen Majoratsherrn, der heimlich allen Versen -abgeschworen, seitdem er die edle Reimkunst mit so fataler nichtiger -Fertigkeit hatte handhaben hören. Und doch konnte er es nicht lassen, -einige Reime bis zum Verzweifeln sich zu wiederholen, und wußte auch -nicht, wo er sie gehört hatte, doch meinte er damals, als er die alte -Vasthi hinter der Bildsäule belauerte. - - Es war eine alte Jüdin, - Ein grimmig gelbes Weib; - Sie hat eine schöne Tochter - Ihr Haar war schön geflochten - Mit Perlen, soviel sie mochte, - Zu ihrem Hochzeitskleid. - - »Ach liebste, liebste Mutter, - Wie tut mirs Herz so weh; -- - In meinem geblümten Kleide - Ach laß mich eine Weile - Spazieren auf grüner Heide, - Bis an die blaue See. - - Gut Nacht! Gut Nacht, Herzmutter, - Du siehst mich nimmermehr; - Zum Meere will ich laufen, - Und sollt ich auch ersaufen, - Es muß mich heute taufen; - Es stürmet gar zu sehr!« - -Spät entschlafen unter diesen wiederkehrenden Reimen, wurde er erst -gegen Abend durch den Pistolenschuß erweckt, der sich zur gewohnten -Stunde hören ließ. Fast zugleich trat die alte, gute Aufwärterin leise -ein, und als sie ihn wachend fand, fragte sie: ob er nicht der -Judenhochzeit aus dem Hinterfenster zusehen wolle. -- »Wer wird -verheiratet?« fuhr er auf. -- »Die schöne Esther, mit dem armen Lump, -der gestern zurückgekehrt ist.« -- Zum Glück war der Majoratsherr -unausgekleidet auf seinem Sofa eingeschlafen, denn Zeit konnte er nicht -verlieren, mit solcher Heftigkeit sprang er nach den hinteren Fenstern -des Hauses, aus denen er den Begräbnisort mit den wilden Tieren gesehen -hatte. Lange Häuserschatten und zwischendurch strahlende Abendlichter -streiften über den grünen Platz neben dem Begräbnisort, der mit einem -schrecklichen Gewirre schmutziger Kinder eingehegt war. Die Art der -Musik, welche jetzt anhub, erinnerte an das Morgenland, auch der -reichgestickte Baldachin, der von vier Knaben vorausgetragen wurde. -Ebenso fremdartig waren alle Zeichen der Lustigkeit unter den -Zuschauern, welche Nachtigallen und Wachteln künstlich nachahmten, -einander zwickten und Gesichter schnitten, und endlich, zum Teil mit -künstlichen Sprüngen, den Bräutigam begrüßten, der wie ein -Schornsteinfeger ein schwarzes Tuch um den Kopf trug und mit einer Zahl -befreundeter Männer eintrat. Und welche Ungeduld, wie viele seltsame -Einfälle unter den Leuten, als die Braut länger als erlaubt auf sich -warten ließ. Aber endlich kam händeringend ein Weib und schrie -unbarmherzig: »Esther ist tot!« - -Die Musik der Zimbeln und kleinen Pauken schwieg, die Knaben ließen den -Thronhimmel fallen, der wilde Stier brüllte schrecklich oder wurde jetzt -erst gehört. Der Majoratsherr allein, während alles lief zu schauen, -blieb erstarrt in seiner Fensterecke liegen, bis die Tauben heimkehrend -es mit lautem Flügel umflogen, und die Aufwärterin sagte: »Ach Gott! da -haben sie wieder eine mitgebracht; wer weiß, welchem armen Menschen sie -gehört hat, und wieviele sich darum grämen!« -- »Sie ists,« rief der -Majoratsherr, »die himmlische Taube, und ich werde nicht lange um sie -weinen!« Er ging auf sein Zimmer zurück und wagte es nach ihrem Fenster -hinzublicken. Schon waren alle aus ihrem Zimmer entflohen, aus Furcht -der Einwirkung eines Toten. Der Verlobte zerriß sein Kleid vor dem Hause -und überließ sich allen Rasereien des Schmerzes, während die Ältesten -von der Beerdigung redeten. Sie lag auf ihrem Bette. Der Kopf hing -herab, und die Haarflechten rollten aufgelöst zum Boden. Ein Topf mit -blühenden Zweigen aller Art stand neben ihr und ein Becher mit Wasser, -aus dem sie wohl die letzte Kühlung im heißen Lebenskampfe mochte -empfangen haben. -- »Wohin seid ihr nun entrückt,« rief er nun zum -Himmel, »ihr himmlischen Gestalten, die ahnend sie umgaben? Wo bist du, -schöner Todesengel, Abbild meiner Mutter! So ist der Glaube nur ein -zweifelhaft Schauen zwischen Schlaf und Wachen, ein Morgennebel, der das -schmerzliche Licht zerstreut! Wo ist die geflügelte Seele, der ich mich -einst in reinster Umgebung zu nahen hoffte? Und wenn ich mir alles -abstreite, wer legt Zeugnis ab für jene höhere Welt? Die Männer vor dem -Hause reden vom Begräbnis, und dann ist alles abgetan. Immer dunkler -wird ihr Zimmer, die geliebten Züge verschwinden darin.« - -Während er in tränenlosem Wahnsinn so vor sich hinredete, trat die alte -Vasthi mit einer Diebeslaterne in das Zimmer, öffnete einen Schrank und -nahm einige Beutel heraus, die sie in ihre lange Seitentasche steckte. -Dann nahm sie den Brautschmuck der Erstarrten vom Kopfe und maß mit -einem Bande ihre Länge, wohl nicht zu einem Kleide, sondern zur Auswahl -des Sarges. Und nun setzte sie sich auf das Bett, und es schien, als ob -sie bete. Und der Majoratsherr vergab ihr den Diebstahl für dies Gebet -und betete mit ihr. Und wie sie gebetet hatte, zogen sich alle Züge -ihres Antlitzes in lauter Schatten zusammen, wie die ausgeschnittenen -Kartengesichter, welche, einem Lichte entgegengestellt, mit dem -durchscheinenden Lichte ein menschliches Bild darstellen, das sie doch -selbst nicht zu erkennen geben: sie erschien nicht wie ein menschliches -Wesen, sondern wie ein Geier, der, lange von Gottes Sonne gnädig -beschienen, mit der gesammelten Glut auf eine Taube niederstößt. So -setzte sie sich wie ein Alpdruck auf die Brust der armen Esther und -legte ihre Hände an ihren Hals. Der Majoratsherr meinte einige -Bewegungen am Kopf, an Händen und Füßen der schönen Esther zu sehen; -aber Wille und Entschluß lagen ihm wie immer fern, der Anblick ergriff -ihn, daß er es nicht meinte überleben zu können. »Der grimmige Geier, -die arme Taube!« -- Und wie Esther das Ringen aufgab und ihre Arme über -den Kopf ausstreckte, da erlosch das Licht, und aus der Tiefe des -Zimmers erschienen mit mildem Gruße die Gestalten der ersten reinen -Schöpfung, Adam und Eva, unter dem verhängnisvollen Baume und blickten -tröstend zu der Sterbenden aus dem Frühlingshimmel des wiedergewonnenen -Paradieses, während der Todesengel zu ihrem Haupte mit traurigem Antlitz -in einem Kleide voll Augen mit glänzendem, gesenktem Flammenschwerte -lauerte, den letzten, bittern Tropfen ihren Lippen einzuflößen. So saß -der Engel wartend, tiefsinnig, wie ein Erfinder am Schlusse seiner -mühevollen Arbeit. Aber Esther sprach mit gebrochener Stimme zu Adam und -Eva: »Euretwegen muß ich so viel leiden!« -- Und jene erwiderten: »Wir -taten nur eine Sünde, und hast du auch nur eine getan?« -- Da seufzte -Esther, und wie sich ihr Mund öffnete, fiel der bittre Tropfen von dem -Schwerte des Todesengels in ihren Mund, und mit Unruhe lief ihr Geist -durch alle Glieder getrieben und nahm Abschied von dem schmerzlich -geliebten Aufenthaltsorte. Der Todesengel wusch aber die Spitze seines -Schwertes in dem offenen Wasserbecher vor dem Bette ab und steckte es in -die Scheide und empfing dann die geflügelte, lauschende Seele von den -Lippen der schönen Esther, ihr feines Ebenbild. Und die Seele stellte -sich auf die Zehen in seine Hand und faltete die Hände zum Himmel, und -so entschwanden beide, als ob das Haus ihrem Fluge kein Hindernis sei, -und es erschien überall durch den Bau dieser Welt eine höhere, welche -den Sinnen nur in der Phantasie erkenntlich wird: in der Phantasie, die -zwischen beiden Welten als Vermittlerin steht und immer neu den toten -Stoff der Umhüllung zu lebender Gestaltung vergeistigt, indem sie das -Höhere verkörpert. Die alte Vasthi schien aber von all der Herrlichkeit -nichts zu erkennen und zu sehen; ihre Augen waren abgewandt, und als -sich der Todeskampf gestillt hatte, nahm sie noch einigen Schmuck zu -sich und hob das Bild von Adam und Eva von der Wand und schleppte es -auch mit fort. - -Erst jetzt fiel dem Majoratsherrn ein, daß etwas Wirkliches auch für -diese Welt an allem dem sein könne, was er gesehen, und mit dem Schrei: -»Um Gottes Gnade willen, die Alte hat sie erwürgt,« sprang er, seiner -selbst unbewußt, auf das Fenster und glücklich hinüber in das offene -Fenster der Esther. Sein Schrei hatte die Totengräber und den Verlobten -ins Haus gerufen. Sie kamen in das Zimmer, wo sie den Majoratsherrn, den -keiner kannte, beschäftigt fanden, der armen Esther Leben einzuhauchen. -Aber vergebens. Mit Mühe sagte er ihnen, was er gesehen, wie Vasthi sie -erwürgt habe. Der Verlobte rief: »Es ist gewißlich wahr, ich sah sie -hinaufschleichen und sah sie herunterschleichen, aber ich fürchtete mich -vor ihr!« Die Totenbegleiter verwiesen ihm aber solche frevelhafte -Gedanken, der Fremde sei ein Rasender, vielleicht ein Dieb, der solche -Lügen ersonnen, um sich der Strafe zu entziehen. Da ergriff der -Majoratsherr den Becher mit Wasser und sprach: »So gewiß der Tod in -diesem Wasser sein Schwert gewaschen und es tödlich vergiftet hat, so -gewiß hat Vasthi die arme Esther vor meinen Augen erwürgt!« -- Bei -diesen Worten trank er den Becher aus und sank am Bette nieder. -- Alle -sahen an dem Glanze seiner Augen, an der Bleichheit seiner Lippen, daß -ihm sehr wehe sei, und sie hörten seinen gebrochenen Reden zu. »Sie -würgte an ihr schon manches Jahr,« sagte er, »und Esther starb in einem -Abbilde ihres Lebens, das mit seinem eiteln Schmuck noch in dem Tode die -Raubgier der Alten und vergebliche Liebe in mir regte. Sie ist dem -Himmel ihres Glaubens nicht entzogen, sie hat ihn gefunden, und auch ich -werde meinen Himmel, die Ruhe und Unbeweglichkeit des ewigen Blaus -finden, das mich aufnimmt in seiner Unendlichkeit, sein jüngstes Kind, -wie seine Erstgeborenen, alle in gleicher Seligkeit!« - -Bald wurden seine Worte undeutlicher, und er bewegte kaum noch die -Lippen. Und die Juden alle sagten, daß das Wasser in einem Sterbezimmer -gefährlich und selbst öfter als tödlich erfunden sei bei gewaltsamen -Todesfällen. Sie trugen ihn in das Haus des Leutnants und erzählten, was -er ihnen von den Ereignissen berichtet hätte. Dieser versicherte ihnen, -der Sterbende sei schon lange sehr kränklich gewesen, und rief eben den -Arzt in das Haus, den der Majoratsherr zuerst erblickt hatte, wie der -Tod auf seinem Wagen gesessen und die beiden Rosse, Hunger und Schmerz, -gelenkt habe. Dieser zuckte die Achseln, machte Versuche mit Stechen und -Brennen und einigen heftigen Mitteln; aber er konnte die Ruhe des -Unglücklichen nicht mehr stören, sondern beschleunigte nur seinen Tod. - -Noch am Abend nahm der Leutnant Besitz von dem Majoratshause und schlief -seine erste selige Nacht in dem Prachtbette des Hauses. Seine glänzende -Bedienung, sein Geschmack in der Pracht zeigte sich zur allgemeinen -Bewunderung bei dem Leichenbegängnisse des Majoratsherrn. Er gab mehrere -große Mittagessen, und es verging keine Woche und jedermann war -erstaunt, wie dem Manne Unrecht geschehen. Viele rühmten seinen echt -praktischen Verstand, wie er sich durch alle Not des Lebens -durchgearbeitet habe; andre erinnerten sich jetzt, wie viele Proben -seines Mutes er im Kriege gegeben; einige verehrten sogar seine Gedichte -und erboten sich, sie herauszugeben. Bald trat er nach seinem -Dienstalter in die Armee ein und reichte als General der alten Hofdame -seine Hand, nachdem er durch die glückliche Erfindungsgabe jenes Arztes -von seiner roten Nase kuriert war. - -Dem Hochzeitstage zu Ehren wurde alles Geflügel geschlachtet, das er im -kleinen Hause so lange verpflegt hatte. Die hohen Herrschaften beehrten -ihn selbst mit ihrer Gegenwart, und jedermann rühmte die Fröhlichkeit -und die Pracht dieses Festes. Um so unruhiger war die Nacht. Die Ärzte -behaupteten, der Vetter habe sich im Weine übernommen; die Leute im -Hause aber berichteten, die Hofdame habe im zu Bette gehen ein -emailliertes Riechfläschchen zerbrochen, worin der Geist ihres -erstochenen Freundes eingeschlossen gewesen. Dieser Geist habe ihr Bett -gegen ihn mit dem Degen verteidigt, und beide hätten die ganze Nacht -gefochten, bis endlich der Herr ermüdet sich vor ihm zurückgezogen. Die -Hofdame verhöhnte ihn am Morgen als einen törichten Geisterseher, und -als er ihr im Zorne antwortete, drohte sie die Geschichte zu seinem -Schimpfe am Hofe bekannt zu machen. Zu ihren Füßen flehte er, daß sie -schweigen möchte, und sie versprach es unter der Bedingung, daß er sie -in keiner ihrer Launen stören wolle. So mußte er es ruhig dulden, daß -die Hunde der Frau, als diese die Wappensammlung besehen und offen -stehen lassen, mit den kostbarsten Wappen spielten und sie im Spiel -zerbissen. Auch mit der Ordnung seiner Zeit hatte es ein Ende, denn die -Frau verstellte und verdrehte ihm alle Uhren, wenn die Hunde zum -Mittagessen früher eine Lust bezeigten. Auch hatte er zum Spazierengehen -nun so wenig Zeit übrig, seit ihm die Frau eine gewisse Anzahl junger -Hühnerhunde und Hetzhunde zum Abrichten übergeben hatte. Die gute alte -Ursula wagte es, zuzureden, ihn zum Widerstand aufzumuntern; aber er -fürchtete schon bei dem bloßen Gedanken, daß sie in der nächsten Nacht -den Geist aus dem emaillierten Riechfläschchen loslassen möchte, und -jagte sie aus seinem Dienste; er trug die physische Angst in seinem -Herzen, wie ein gebissener Hahn, der einmal vor seinem Gegner flüchtig -geworden ist. - -Die Frau kannte diese schwache Seite und trieb ihn mit dieser Furcht aus -allen guten Zimmern des großen Hauses auf ein Bodenzimmer, um ihre neuen -Kolonien von Hunderassen aller Art in den Prachtzimmern wohl -unterzubringen. Ungeachtet seiner Ehrenstellen wagte er sich unter -solchen beschämenden Umständen nicht in die Welt, die sich der Frau -wegen der allmählich verbreiteten Geschichte ihrer heimlichen -Niederkunft und des Kindertausches ohnehin verschloß. Um so ungestörter -gab sie sich ihrer Liebhaberei zu Tieren aller Art und gestattete -niemand den Eintritt in das Innere ihres Hauses. Neugierige Leute -lauerten wohl abends vor dem Fenster, wenn sie durch die Ritzen der -Fensterladen die Kronleuchter hell brennen sahen, und kletterten auch -wohl hinan, um etwas von diesem seltsamen Feste zu ersehen. Sie -erzählten dann, daß sie unzählige Hunde und Katzen an großen -wohlbedeckten Tischen hätten tafeln sehen, und wie der Herr General -hinter dem Stuhle des Lieblingshundes mit einem Teller unter dem Arme -aufgewartet habe, während sie alle mit den artigsten französischen -Worten zum Essen überredet habe. Sie erzählten, wie sie als einen -artigen Einfall belacht habe, als ein paar Hunde die schmutzigen Pfoten -an dem großen Wappen des Majoratsdamastgedeckes abgewischt hätten, -während der Teller des Eheherrn hinter dem Stuhle des Hundes vom Zittern -des unterdrückten Zornes an den Uniformknöpfen den hellsten Triller -geschlagen habe. »Wir sind jetzt alle bei recht guter Laune«, hatte sie -da befragt gesagt, »lesen Sie uns Ihr Gedicht auf den Namenstag meines -Kartusch vor!« Als der Horcher bei diesen Worten laut auflachte, brachte -dies dem ganzen Feste eine Störung. Die Frau schalt, die Hunde bellten, -der General schickte seine Leute hinaus. Alle Zuschauer flüchteten, und -am anderen Tage wurde das Haus mit einem hohen, eisernen Gitter umgeben, -so daß niemand mehr diesen Heimlichkeiten zusehen konnte. - -Mit diesem Gitter schließen sich auch, zufällig oder historisch, je -nachdem man es ansehen will, die Nachrichten von den Majoratsherren. Die -Stadt hatte während des Revolutionskrieges sehr bald Gelegenheit, andere -Leutnants und Generale zu beobachten. Es war eine so unruhige Zeit, daß -die alten Leute gar nicht mehr mitkommen konnten und deswegen unbemerkt -abstarben. So erging es wenigstens dem Majoratsherrn, seiner Frau und -ihren Hunden nach einigen heftigen Auftritten, in denen einer der -fremden Offiziere, der eine bessere Hausordnung zu stiften sich berufen -glaubte, die Hunde auf gewaltsame Weise aus dem Staatszimmer hetzte und -den alten Majoratsherrn in seine Rechte auf die Hausherrschaft wieder -einzusetzen strebte. Bald darauf kam die Stadt unter die Herrschaft der -Fremden; die Lehnsmajorate wurden aufgehoben, die Juden aus der engen -Gasse befreit, der Kontinent aber wie ein überwiesener Verbrecher -eingesperrt. Da gab es viel heimlichen Handelsverkehr auf Schleichwegen, -und Vasthi soll ihre Zeit so wohl benutzt haben, daß sie das -ausgestorbene Majoratshaus durch Gunst der neuen Regierung zur Anlegung -einer Salmiakfabrik für eine Kleinigkeit erkaufte, welche durch den -Verkauf einiger darin übernommenen Bilder völlig wiedererstattet war. So -erhielt das Majoratshaus eine den Nachbarn zwar unangenehme, aber doch -sehr nützliche Bestimmung, und es trat der Kredit an die Stelle des -Lehnrechtes. - - Achim von Arnim's »Die Majoratsherren« - mit den Zeichnungen von Alfred Kubin - wurde im Auftrage des Avalun-Verlages, - Wien, neunzehnhundertzweiundzwanzig - bei Jakob Hegner in Hellerau bei Dresden - in Jean-Paul-Fraktur auf Bütten gedruckt. - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Die folgenden Fehler wurden wie hier aufgeführt korrigiert -(vorher/nachher): - - [S. 15]: - ... in ununsern ... - ... in unsern ... - - [S. 22]: - ... von den Grausamen zurück, der sie mit kannibalischer Begierde - ansieht. ... - ... von dem Grausamen zurück, der sie mit kannibalischer Begierde - ansieht. ... - - [S. 46]: - ... beschwichtigt worden sei. Jederman gebe ihr laut schuld, daß ... - ... beschwichtigt worden sei. Jedermann gebe ihr laut schuld, daß ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Die Majoratsherren, by Achim von Arnim - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE MAJORATSHERREN *** - -***** This file should be named 50833-8.txt or 50833-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/0/8/3/50833/ - -Produced by Jens Sadowski -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. 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Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - diff --git a/old/50833-8.zip b/old/50833-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index ab05bf3..0000000 --- a/old/50833-8.zip +++ /dev/null diff --git a/old/50833-h.zip b/old/50833-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index decb79d..0000000 --- a/old/50833-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/50833-h/50833-h.htm b/old/50833-h/50833-h.htm deleted file mode 100644 index f5dff8d..0000000 --- a/old/50833-h/50833-h.htm +++ /dev/null @@ -1,2171 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" -"http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> -<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" lang="de" xml:lang="de"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" /> -<title>The Project Gutenberg eBook of Die Majoratsherren, by Achim von Arnim</title> - <link rel="coverpage" href="images/cover-page.jpg" /> - <!-- TITLE="Die Majoratsherren" --> - <!-- AUTHOR="Achim von Arnim" --> - <!-- ILLUSTRATOR="Alfred Kubin" --> - <!-- LANGUAGE="de" --> - <!-- PUBLISHER="Avalun, Wien und München" --> - <!-- DATE="1922" --> - <!-- COVER="images/cover-page.jpg" --> - -<style type='text/css'> - -body { margin-left:15%; 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Die Majoratsherren - -Author: Achim von Arnim - -Illustrator: Alfred Kubin - -Release Date: January 3, 2016 [EBook #50833] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE MAJORATSHERREN *** - - - - -Produced by Jens Sadowski - - - - - -</pre> - - -<div class="centerpic" id="img-cover-page"> -<img src="images/cover-page.jpg" alt="" /></div> - -<div class="titlematter"> -<div class="centerpic logo" id="img-logo"> -<img src="images/logo.jpg" alt="" /></div> - -</div> - -<div class="titlematter"> -<p class="half"> -Achim von Arnim<br /> -Die Majoratsherren -</p> - -</div> - -<div class="titlematter"> -<p class="aut"> -Achim von Arnim -</p> - -<h1 class="title"> -Die Majoratsherren -</h1> - -<p class="ill"> -<span class="line1">Mit 24 Federzeichnungen</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">Alfred Kubin</span> -</p> - -<p class="pub"> -Avalun-Verlag · Wien und Leipzig -</p> - -</div> - -<div class="titlematter"> -<p class="cop"> -Alle Rechte vorbehalten -</p> - -</div> - -<div class="ulshapepic pbb" id="img-007"> -<div class="boxu box007u"> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a><img src="images/007.jpg" alt="" /> -</div> -<div class="boxl box007l"></div> -</div> - -<p class="drop_w"> -<span class="drop">W</span>ir durchblätterten eben einen ältern Kalender, -dessen Kupferstiche manche Torheiten -seiner Zeit abspiegeln. Liegt sie -doch jetzt schon wie eine Fabelwelt hinter -uns! Wie reich erfüllt war damals -die Welt, ehe die allgemeine Revolution, -welche von Frankreich den Namen -erhielt, alle Formen zusammenstürzte; -wie gleichförmig arm ist sie geworden! -Jahrhunderte scheinen -seit jener Zeit vergangen, und -nur mit Mühe erinnern wir uns, -daß unsere früheren Jahre ihr -zugehörten. Aus der Tiefe dieser -Seltsamkeiten, die uns Chodowieckis -Meisterhand bewahrt hat, läßt sich die damalige Höhe geistiger -Klarheit erraten; diese ermißt sich sogar am leichtesten an -den Schattenbildern derer, die ihr im Wege standen, und die sie -riesenhaft über die Erde hingezeichnet hat. Welche Gliederung und -Abstufung, die sich nicht bloß im Äußern der Gesellschaft zeigte! -Jeder einzelne war wieder auch in seinem Ansehn, in seiner Kleidung -eine eigene Welt, jeder richtete sich gleichsam für die Ewigkeit -auf dieser Erde ein, und wie für alle gesorgt war, so befriedigten -auch Geisterbeschwörer und Geisterseher, geheime Gesellschaften -und geheimnisvolle Abenteurer, Wundärzte und prophetische -Kranke die tiefgeheime Sehnsucht des Herzens, aus der verschlossenen -Brusthöhle hinausblicken zu können. Beachten wir den Reichtum -dieser Erscheinungen, so drängt sich die Vermutung auf, als -ob jenes Menschengeschlecht sich zu voreilig einer höheren Welt -genahet habe und, geblendet vom Glanze der halbentschleierten, -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> -zur dämmernden Zukunft in frevelnder Selbstvernichtung fortgedrängt, -durch die Notdurft an die Gegenwart der Erde gebunden -werden mußte, die aller Kraft bedarf und uns in ruhiger Folge -jede Anstrengung belohnt. -</p> - -<p> -Mit wie vielen Jahrhunderten war jene Zeit durch Stiftungen aller -Art verbunden, die alle ernst und wichtig gegen jede Änderung geschützt -wurden! So stand in der großen Stadt ... das Majoratshaus -der Herren von ..., obgleich seit dreißig Jahren unbewohnt, -doch nach dem Inhalte der Stiftung mit Möbeln und Gerät so vollständig -erhalten, zu niemands Gebrauch und zu jedermanns Anschauen, -daß es, trotz seiner Altertümlichkeit, noch immer für eine -besondere Merkwürdigkeit der Stadt gelten konnte. Da wurde jährlich, -der Stiftung gemäß, eine bestimmte Summe zur Vermehrung -des Silbergeschirrs, des Tischzeugs, der Gemälde, kurz zu allem -dem verwendet, was in der Einrichtung eines Hauses auf Dauer -Anspruch machen kann, und vor allem hatte sich ein Reichtum der -kostbarsten, ältesten Weine in den Kellern gesammelt. Der Majoratsherr -lebte mit seiner Mutter in der Fremde und brauchte bei -dem übrigen Umfange seiner Einnahme nicht zu vermissen, was -er in diesem Hause unbenutzt ließ. Der Haushofmeister zog der -Stiftung gemäß alle Uhren auf und fütterte eine bestimmte Zahl -von Katzen, welche die nagenden Mäuse wegfangen sollten, und -teilte jeden Sonnabend eine gewisse Zahl von Pfennigen an die Armen -im Hofe aus. Leicht hätten sich unter diesen Armen, wenn sie -sich dessen nicht geschämt hätten, die Verwandten dieses Hauses einfinden -können, dessen jüngere Linien bei der Bildung des großen -Majorats völlig vergessen worden waren. Überhaupt schien das -Majorat wenig Segen zu bringen, denn die reichen Besitzer waren -selten ihres Reichtums froh geworden, während die Nichtbesitzer -mit Neid zu ihnen aufblickten. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-009"> -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a><img src="images/009.jpg" alt="" /></div> - -<p class="noindent"> -So ging täglich vor dem Majoratsgebäude zu bestimmter Stunde -ein Vetter des jetzigen Besitzers, ihm durch dreißig Jahre überlegen, -aber an Vermögen ihm sehr untergeordnet, mit ernsten Schritten -vorbei und schüttelte den Kopf und nahm eine Prise Tabak. Niemand -war vielleicht so bekannt bei alt und jung in der ganzen -Stadt, wie dieser alte, rotnasige Herr, der gleich dem eisernen Ritter -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -an der Rathausuhr durch sein Heraustreten, noch ehe die Glocke -angeschlagen, den Knaben zur Erinnerung der Schulstunde diente, -den älteren Bürgern aber als wandernde Probeuhr, um ihre hölzernen -Kuckucksuhren darnach zu stellen. Er trug bei den verschiedenartigen -Klassen von Leuten verschiedene Namen. Bei den Vornehmen -hieß er der Vetter, weil seine Verwandtschaft mit den ersten -Familien des Reiches unleugbar und er diese einzige, ihm übrig -gebliebene Ehre auch gern mit dieser Anrede geltend machte. Unter -den gemeinen Leuten hieß er nur der Leutnant, weil er diese Stelle -in seinen jungen Jahren bekleidet hatte, sowie sie ihn noch jetzt -bekleiden mußte. Es schien ihm nämlich völlig unbekannt, daß -der Kleiderschnitt sich in den dreißig Jahren, die seitdem verflossen, -gar sehr verändert hatte. Etwas stärker mochte das Tuch damals -wohl noch gearbeitet werden, das zeigten jetzt die mächtigen, wohlgedrehten -Fäden, nachdem die Wolle abgetragen war. Der rote -Kragen war schon mehr verdorben und gleichsam lackiert; die -Knöpfe aber hatten die Kupferröte seiner Nase angenommen. -Gleiche Farbe zeigte auch der fuchsrote, dreieckige Militärhut mit -der wollenen Feder. Das Bedenklichste des ganzen Anzuges war -aber das Portepee, weil es nur mit einem Faden am Schwerte, wie -das Schwert über dem Haupte des Tyrannen am Haare, hing. Das -Schwert hatte leider das Unglück des armen Teufels gemacht und -den Lebensfaden eines vom Hofe begünstigten Nebenbuhlers in -den Bewerbungen bei einer Hofdame durchschnitten; und diese unglückliche -Ehrensache, bei welcher ihm doch niemand mehr Schuld -als seinem Gegner zumessen konnte, hatte seine militärische Laufbahn -versperrt. Wie er sich seitdem durch die Welt fortgeholfen, -war freilich seltsam, aber es war ihm doch gelungen. Er hatte eine -höchst vollständige Wappensammlung mit unablässig dreistem -Fordern und unermüdlichem Briefschreiben zusammengebracht, -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -verstand diese in verschiedenen Massen nachzuformen, auch abzumalen, -wo jenes nicht gelang, sauber aufzukleben, und verkaufte -diese Sammlungen durch Vermittlung eines Buchhändlers -zu hohen Preisen, sowohl zum Bedürfnisse der Erwachsenen als -der Kinder eingerichtet. -<span class="centerpic"><img src="images/011.jpg" alt="" /></span> -Nebenher war es eine Liebhaberei von -ihm, Truthähne und anderes Federvieh zu mästen und Raubtauben -über die Stadt auszusenden, die immer mit einigen Überfliegenden -in die geheime Öffnung seines Daches heimkehrten. Diesen -Handel besorgte ihm seine Aufwärterin Ursula, eine treue Seele; -ihm durfte niemand von diesem Handel sprechen, ohne sich Händel -zuzuziehen. Von dem Erworbenen hatte er sich ein elendes, finsteres -Haus im schlechtesten Teile der Stadt, neben der Judengasse, und -vielerlei alten Kram gekauft, womit die Auktionen seine Zimmer -geschmückt hatten, die er dabei in einer Ordnung erhielt und in -einer Einsamkeit, daß niemand wußte, wie es eigentlich darin aussehe. -Übrigens war er ein fleißiger Kirchengänger und setzte sich -da einer Wand gegenüber, die mit alten Wappen von Erbbegräbnissen -geschmückt war, machte aber übrigens alles mit wie andere -Menschen, welche in die Kirche zum Zuhören gehen. Nach der -Kirche aber pflegte er jedesmal bei der alten Hofdame anzutreten, -vor deren Tür er an anderen Tagen mit einer Prise Schneeberger -Schnupftabak, auf die er wohl funfzig Male niesen mußte, -den geckenhaften schöntuenden Hahnentritt und Stutzerlauf sich -vertrieb, der ihn in das Haus hineinzutreiben drohte, während -ihm dabei der Degen, den er nach alter Art durch die Rocktasche -gesteckt hatte, zwischen die Beine schlenkerte. Diese alte, hochauf -frisierte, schneeweiß eingepuderte, feurig geschminkte, mit Schönpflästerchen -beklebte Hofdame übte auch nach jenem unglücklichen -Zweikampfe seit dreißig Jahren dieselbe zärtliche Gewalt -über ihn aus, ohne daß sie ihm je ein entscheidendes Zeichen der -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -Erwiderung gegeben hatte. -<span class="centerpic"><img src="images/013.jpg" alt="" /></span> -Er besang sie fast täglich in allerlei -erdichteten Verhältnissen, in kernhaften Reimen, wagte es aber nie, -ihr diese Ergießungen seiner Muse vorzulegen, weil er vor ihrem -Geist besondere Furcht hegte. Ihren großen, schwarzen Pudel -Sonntags in ihrer Nähe unter hergebrachten Fragen zu kämmen, -war der ganze Gewinn des heiß erflehten Sonntags; aber ihr -Dank dafür, dies angenehme Lächeln, war auch ein reicher Lohn, — -wer ihn nur zu schätzen wußte. Andern Leuten schien dies starre, -in weiß und rot mit blauen Adern gemalte Antlitz, das am Fenster -unbeweglich auf eine Filetarbeit oder in den Spiegel der nahen -Toilette blickte, eher wie ein seltsames Wirtsschild. Sie lebte übrigens -sehr anständig von den Pensionen zweier Prinzessinnen, die -sie bedient und überlebt hatte, und die Besuche von Hofleuten und -Diplomaten an ihrer silbernen Toilette, während welcher sie vielerlei -Brühen zur Erhaltung ihrer Schönheit zu genießen pflegte, -waren zu einer herkömmlichen Feierlichkeit geworden und zugleich -zu einer Gelegenheit, die Neuigkeiten des Tages auszutauschen. -</p> - -<div class="ulshapepic" id="img-015"> -<div class="boxu box015u"> -<img src="images/015.jpg" alt="" /> -</div> -<div class="boxl box015l"></div> -</div> - -<p> -Es geschah aber an einem Frühlingssonntage, daß die Hofdame -durch ein Zusammenlaufen der Leute in der Straße auf eine außerordentliche -Neuigkeit aufmerksam gemacht wurde. Diese Außerordentlichkeit -war aber diesmal der Leutnant, oder vielmehr sein vom -Frühling verjüngtes Laub. Ein neuer, moderner Hut mit einer Feder -statt der Wolle, ein glänzendes Degengehenk, eine neue Uniform -mit geschmälerten Rockschößen, verkürzten Taschen an der -Weste und neue, schwarze Samthosen verkündeten eine neue Periode -der Weltgeschichte. Auch trat der Leutnant bald mit frohem -Gesichte ins Zimmer und mit dem Berichte ihr entgegen: „Liebe -Kusine, der Majoratsherr kommt in diesen Tagen; seine Mutter -ist gestorben, ihm ist von einer prophetischen Kranken geraten, hierher -zu gehen, wo er seine Ruhe finden werde, nachdem ihn ein -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -heftiges Fieber um seine -Gesundheit gebracht hat. -Nun denken Sie sich, der -junge Mann hat aus den -Erzählungen der Mutter -einen Abscheu gegen das -Majoratshaus; er will -durchaus bei mir wohnen -und hat mich ersucht, ihm -bei mir ein Zimmer recht -bequem einzurichten, -wozu er -mir ein Kapital -übermache. -Mein Häuschen -ist für -einen so verwöhnten, -reichen -Herrn -nicht eingerichtet; -in <a id="corr-0"></a>unsern -hohen Familien ist es leider wie bei den Katzen, ein junges -wird als erstgebornes gut aufgefüttert, und alle jüngern Geschwister -werden ins Wasser geworfen.“ — „Sie waren einmal schon recht -nahe, das Majorat zu erhalten?“ sagte die Hofdame. — „Freilich,“ -antwortete er, „ich war dreißig Jahre alt, mein Oheim sechzig und -hatte in erster Ehe keine Kinder bekommen. Da fällt es ihm ein, -noch einmal ein junges Fräulein zu heiraten. Umso besser, dachte -ich, die Junge ist des Alten Tod. Aber umso schlechter gings; sie -brachte ihm kurz vor seinem Tode einen jungen Sohn, diesen Majoratsherrn, -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -— und ich hatte nichts!“ — „Wenn der junge Mann -stürbe, würden Sie Majoratsherr,“ sagte ruhig die Hofdame; -„junge Leute können sterben, alte Leute müssen sterben.“ — „Leider!“ -antwortete der Leutnant; „der Prediger sprach heute auch davon -auf der Kanzel.“ — „Was wurde denn gesungen?“ fragte die Hofdame; -„ich wollte es zu meiner Hausandacht wissen.“ — Der Leutnant -schlug die Lieder auf; sie sang leise, und er kämmte den Pudel -nach Gewohnheit, indem er ihr mit Bewunderung zuhörte. — Als -er sich empfahl, trug ihm die Hofdame auf, den jungen Vetter doch -gleich, wenn er angekommen, bei ihr einzuführen. -</p> - -<p> -Als der Leutnant zu Hause kam, trat ihm ein großer, bleicher, -junger Mann entgegen, in einer Kleidung, wie er sie noch nicht -gesehen: seine Haare waren phantastisch ohne strenge Ordnung -emporfrisiert, und Figaroslocken in leichten, dünnen Röhren umliefen -wie ein Halbkreis die Ohren. Hinten vereinigte ein dicker -Katillon die Haare, welche in einer Locke hinübergekämmt waren. -Ein streifiger Rock mit prächtigen Stahlknöpfen und große silberne -Schuhschnallen verrieten ihm den Reichtum des Majoratsherrn. -Auch dieser hatte aus den Briefen an die Mutter gleich den Vetter -erraten und berichtete ihm, daß er Tag und Nacht mit Kurierpferden -gereist sei und ihm nicht genug sein Wohlgefallen über das -Haus ausdrücken könne, das ganz nach seinem Geschmack sei, nur -müsse er ihm erlauben, daß er neben dem für ihn bereiteten großen -Zimmer auch ein kleines nehme, das nach der engen Gasse -hinaussehe; denn da er nie oder selten ausgehe, so liebe er vor -allem diese Beweglichkeit der engen Straßen. — Der Vetter bewilligte -ihm gern das schlechte Zimmer an der Judengasse und wollte -gleich Anstalt machen, die trüben, von der Sonne verbrannten -Fenster durch andere mit großen Scheiben zu ersetzen. — -<span class="centerpic"><img src="images/017.jpg" alt="" /></span> -„Mein -lieber Herr Vetter!“ rief der Majoratsherr, „diese trüben Scheiben -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -sind meine Wonne; denn sehen Sie, durch diese eine helle Stelle -seh ich einem Mädchen ins Zimmer, das mich in jeder Miene und -Bewegung an meine Mutter erinnert, ohne daß sie mich bemerken -kann.“ — „Ei, das gesteh ich,“ sagte der Vetter und setzte sich in die -Schultern und fing an gegen das Fenster zu streichen, mit seinem -Liebestritt, daß er in Eil eine Prise nahm, nieste und kaltblütig -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -sagte: „Die da ist ein Schickselchen.“ — „Mein Schicksal?“ fragte der -Majoratsherr bestürzt. „Wie Sie es nennen wollen,“ fuhr der Vetter -fort, „ein Schicksalchen also, ein Judenmädchen; sie heißt Esther, -hat unten in der Gasse ihren Laden, eine gebildete Jüdin, hat sonst -mit ihrem Vater, der ein großer Roßtäuscher war, alle Städte besucht, -alle vornehme Herren bei sich gesehen, spricht alle Sprachen; -das war eine Pracht, wenn sie hier ankam, und die Stiefmutter Vasthi -mit den jüngern Kindern ging ihnen in Schmutz entgegen. Es -konnte niemand was dagegen sagen; die Ursach, warum? Weil -sie mit ihrem Wesen dem Vater gute Käufer anlockte. Aber zuletzt -hatte der Vater großes Unglück durch einen Handelsgenossen, der -ihm mit dem Vermögen durchging. Da gings ihm knapp; das -konnt er nicht vertragen und starb. Dieser Tochter erster Ehe, der -Esther, hinterließ er ein kleines Kapital, damit sie von der Stiefmutter -nicht zu Tode gequält würde; aber das läßt sich die alte -Vasthi doch nicht nehmen.“ — „Das ist ja entsetzlich!“ sagte der Majoratsherr, -„zwei Leute, die sich hassen, die sich totärgern, in einem -Hause! Ich habe die alte Vasthi auch schon am Fenster gesehen: -ein schrecklich Gesicht!“ — „Sie wohnen wohl in einem Hause,“ antwortete -der Vetter, „aber jede hat ihren besonderen Laden und Wohnung.“ -— „Ich will ihr bald etwas zu verdienen geben,“ sagte der -Majoratsherr. „Es scheinen hier viele Juden zu wohnen.“ „Nichts -als Juden,“ rief der Vetter, „das ist die Judengasse, da sind sie zusammengedrängt -wie die Ameisen; das ist ein ewig Schachern und -Zanken und Zeremonienmachen, und immer haben sie so viel Plackerei -mit ihrem bißchen Essen; bald ist es ihnen verboten, bald ist -es ihnen befohlen, bald sollen sie kein Feuer anmachen; kurz der -Teufel ist bei ihnen immer los.“ — „Nein, lieber Vetter, Sie irren sich -darin,“ sagte der Majoratsherr und drückte ihm die Hände. „Wenn -Sie gesehen hätten, was ich in Paris bei meiner Kranken sah, Sie -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -könnten den Teufel nicht für den Vater des Glaubens ansehen; -nein, ich versichere es Ihnen, er ist der Feind allen Glaubens! Aller -Glaube, der geglaubt wird, kommt von Gott und ist wahr, und ich -schwöre Ihnen, selbst die heidnischen Götter, die wir jetzt nur als -eine lächerliche Verzierung ansehen, leben noch jetzt, haben freilich -nicht mehr ihre alte Macht, aber sie wirken doch immer etwas mehr -als gewöhnliche Menschen, und ich möchte von keinem schlecht -sprechen. Ich habe sie alle mit meinem zweiten Augenpaar gesehen, -sogar gesprochen.“ — „Ei der Tausend, da erstaune ich,“ rief der -Vetter, „das könnte uns erstaunliches Gewicht bei Hofe geben, -wenn wir sie den hohen Herrschaften zeigen könnten.“ — „So geht -das nicht, lieber Vetter,“ antwortete jener ernst, „der Mensch, der -sie sieht, muß noch mehr darauf vorbereitet sein durch jahrelanges -Nachdenken, als jene Geister, die ihm erscheinen sollen; sonst entsetzen -sich beide voreinander, und der sterbliche Teil erträgt es nicht. -Aber wer auch bis zu der innern Welt vorgedrungen, — wenn auch -noch scheinbar lebend wie ich — ist dennoch abgestorben bei ihrem -Bestreben, ihrer Tätigkeit. Das wußte meine Mutter von mir und -war darum so unruhig auf ihrem Totenbette, was aus mir -werden sollte. Sie hatte bis dahin alle Geschäfte mit großer Einsicht -und Ordnung betrieben, während ich mich den Studien und -der Beschauung hingab. Ich habe meine Zeit mit großer Anstrengung -genutzt, ich habe gerungen wie keiner, ich habe erreicht, was -wenigen zuteil geworden. Aber verloren war ich, erdrückt, bis zum -Wahnsinn zerstreut von den Geschäften, die nach dem Tode der -Mutter auf mich eindrangen, ich wollte mich bezwingen, das Höhere -dem Niedern zu opfern; die Qual brachte mich um meine Gesundheit. -Eine Kranke, deren Blick weit reicht, sagte mir zu, daß ich -hier Ruhe finden würde bei Ihnen, Vetter; Sie hätten ein seltenes -Geschick für das praktische Leben, mein Vermögen würde sich unter -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -Ihrer Spekulation verdreifachen. O Vetter! nehmen Sie mir die -Last des Geldes und der Güter ab, genießen Sie des Reichtums, -ich brauche wenig, und auch auf den Fall, daß ich den Luftgeist -der Erde wieder binden könnte, daß Kinder mein Haus füllten, soll -Ihnen die Hälfte meiner Einnahmen für die Besorgung des Ganzen -bleiben.“ — Bei diesem Vortrage flossen zwei edle Tränen aus -den Augen des Majoratsherrn, während die großen Augen des -Vetters mit heraufgezogenen Augenbrauen ihn verwunderlich von -der Seite anstierten, ohne dem köstlichen Vortrage Glauben beimessen -zu können. Dann fuhr der Majoratsherr, um das Gespräch -zu ändern, fort: „Als ich mit schwellendem Gefühl, was mir in der -Stadt bevorstehe, in welcher der Kreis meines Lebens angefangen, -die große Straße herabfuhr, da begegneten mir ausgemergelte -Leute, die sich kaum zu den Kaffeehäusern hinbewegen konnten, -denn sie wurden fast gewaltsam an den Röcken von unglücklichen -Seelen zurückgezogen, die wegen ungeendigter Prozesse nicht zur -Ruhe kommen konnten und jammervolle Vorstellungen ihnen -nachtrugen. Auch meinen Vater sah ich dabei wegen des einen -Konkursprozesses, dessen Ende wohl keiner erleben wird. Schaffen -Sie Ruhe seiner Seele, lieber Vetter, ich bin zu schwach.“ — „Wahrhaftig,“ -rief der Vetter, „zu dem Tore gehen Sonntags die Räte, -Schreiber und Kalkulatoren des großen Gerichts gewöhnlich mit -ihren Frauen und Kindern zum Kaffeegarten hinaus.“ — „Der Postillon -meinte auch, das wären Kinder, die sich ihnen an die Röcke -gehangen“, fuhr der Majoratsherr fort, „aber solche jammervolle -Gesichter haben Kinder nicht, das sind die Plagegeister, die sie wegen -ihrer Nachlässigkeit umgeben. Lieber Vetter! befriedigen Sie -meines Vaters, Ihres Oheims, arme Seele.“ — Der Vetter sah sich -ängstlich in dem trüben Zimmer um, ihm war es zumute, als ob -die Geister, wie der Schnupfen, in der Luft lägen. „Alles, alles will -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -ich tun, was sie wünschen, bester Vetter“, rief er dann, „ich bin -nicht glücklich, wenn ich nicht so etwas zu betreiben habe. -Prozesse sind mir lieber als Liebeshistorien, und Ihre Angelegenheiten sollen -bald in eine Ordnung kommen wie meine Wappensammlung.“ -<span class="centerpic"><img src="images/021.jpg" alt="" /></span> -Bei diesen Worten führte er ihn in ein Vorderzimmer und hoffte, -den Majoratsherrn durch den Anblick seiner zierlichen, gebohnten -Schiebkasten, in welchen die Wappen, zum Teil mit Zinnober abgedrückt, -die Namen in Frakturschrift beigefügt, glänzten, zu zerstreuen -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -und zu befriedigen. Der Majoratsherr schien auch hierin, -wie in allen Kenntnissen wohlbewandert; der Vetter mußte seine -Bemerkungen achten. Als er aber den Schrank mit dem französischen -Wappen eröffnete, da fuhr der Majoratsherr auf: „Gott! -welch ein Lärmen! Wie die alten Ritter nach ihren Helmen suchen, -und sie sind ihnen zu klein, und ihre Wappen sind mottenfräßig, -ihre Schilde vom Rost durchlöchert; das bricht zusammen, ich halte -es nicht aus, mir schwindelt, und mein Herz kann den Jammer -nicht ertragen!“ Der Vetter rückte den unglücklichen Schrank fort -und führte den Majoratsherrn ans Fenster, daß er Luft schöpfen -möchte. „Und wer fährt dort?“ rief er, „der Tod sitzt auf dem Bocke, -Hunger und Schmerz zwischen den Pferden, einbeinige und einarmige -Geister fliegen um den Wagen und fordern Arme und Beine -von <a id="corr-2"></a>dem Grausamen zurück, der sie mit kannibalischer Begierde ansieht. -Seine Ankläger laufen mit Geschrei hinter ihm drein; es sind -die Seelen, die er vorzeitig der Welt entriß — bester Vetter! ist denn -hier keine Polizei?“ — „Ich will den Mann rufen, lieber Vetter, daß -er Ihren Puls fühle,“ entgegnete der Vetter, „es ist unser bester Arzt -und Chirurgus. Sie haben ihn gewiß an seinem schmalen, einsitzigen -Wagen erkannt; sein Kutscher ist freilich mager und seine -Pferde abgetrieben, aber die den Wagen umflattern, sind Sperlinge, -und die ihm nachbellen, Gassenhunde.“ — „Nein,“ antwortete der -Majoratsherr, „um Gotteswillen rufen Sie keinen Arzt! Wenn die -meinen Puls fühlen, der immer in abwechselnden Takten sich bewegt, -dann ganz stille steht, so schreien alle, ich sei schon gestorben; -und am Ende haben sie recht, denn mich erhält nur der Gedanke -einer guten Seele, die auch krank ist. Übrigens habe ich Sie diesmal -ohne Grund erschreckt, lieber Vetter, meine Worte drückten nur -die Gefahr aus, worin sich der französische Adel befindet; ich bildete -mir die Unruhe ein, die Frankreich in den alten Schlössern von -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -den Geistern erfahren muß, Ihre Sammlung ist Geist-los. Ich kann -genau unterscheiden, was ich mit dem Auge der Wahrheit sehen -muß, oder was ich mir gestalte; wirklich bin ich ein guter Beobachter -meiner selbst, und die Physik der Geister war von je mein Lieblingsstudium.“ -</p> - -<div class="centerpic" id="img-023"> -<img src="images/023.jpg" alt="" /></div> - -<p class="noindent"> -Der Leutnant, der mit dieser Physik der Geister durchaus nichts zu -tun haben mochte, brachte die Rede auf häusliche Einrichtungen. -Der Majoratsherr erklärte, daß er nur wenig Aufwartung bedürfe, -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -nur die wenigsten um sich leiden könne und deshalb sich selbst frisiere -und rasiere, auch alle Dienerschaft entlassen habe. „Die Aufwärterin -hier“, sagte er, „ist eine herrliche Seele, sie trägt nicht mit -Unrecht diesen Heiligenschein um ihr Haupt.“ — „Heiligenschein?“ -brummte der Vetter vor sich, „das ist wohl das weiße Tuch, womit -sie sich den Kopf eingebunden hat!“ Dann sprach er laut: „Wenn -Gott aus der eine Heil’ge schnitzeln wollte, die ginge wohl ganz in -die Späne!“ Noch berichtete der Majoratsherr, daß er gewöhnlich -bei Tag schlafe und erst, wenn die Sonne im Sinken, aus dem -Bette aufzustehen und seine stille Arbeit zu betreiben pflege, wogegen -der Vetter heimlich brummte: „Davon kommt der Geisterspuk -im Kopfe; er lebt ja wie die Nachteulen.“ -</p> - -<p> -Nachdem das Abendessen eingenommen, hatte sich der Vetter mit -einer guten Nacht empfohlen. Auch die Aufwärterin war zu Bette -gegangen, während der Majoratsherr sein großes Zimmer mit -Wachskerzen tageshell erleuchtet hatte, um seine Bücher und Handschriften, -auf- und abgehend, mit gleicher Bequemlichkeit zu durchlaufen -und die Hauptarbeit seines Lebens, sein Tagebuch, fortzuführen. -Dieser glänzende Kerzenschein war eine neue Erscheinung -für die Bewohner der Gegend und die erste Unruhe, die er ihnen -machte; denn bei der Sparsamkeit des Leutnants mußten sie vermuten, -daß dort ein Feuer ausgebrochen sei. Als sie sich aber vor -dem Hause sammelten und die klagenden Töne einer Flöte durch -das offene Fenster erschallen hörten, beruhigten sie sich wieder und -freuten sich des neuen Lichtes, das ihnen den Schmutz der Straße -deutlich machte. Der Flötenspieler war der Majoratsherr, aber -seine Töne sollten sich eigentlich zu Esther hinrichten, die er am -Fenster des dunklen Nebenzimmers belauschte, wie sie ihre Kleider -abwarf und im zierlichsten Nachtkleide vor einem eleganten Spiegeltische -ihre Haare flocht. Der enge Bau jener Gasse, in welche die -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -Balkenlagen jedes Stockwerkes immer weiter hinausragten, um -den Zimmern noch etwas Raum zu gewinnen, brachte ihm ihr -Fenster so nahe, daß er mit einem kühnen Sprunge zu ihr hinüber -hätte fliegen können. -<span class="centerpic"><img src="images/025.jpg" alt="" /></span> -Aber das Springen war nicht seine Sache; -dagegen übte er die seltene Feinheit seines Ohres, das auf bedeutende -Entfernung ihm hörbar machte, was jedem andern verhallte. -Er hörte zuerst einen Schuß oder einen ähnlichen Schlag; da sprang -sie auf und las ein italienisches Gedicht mit vielem Ausdruck, in -welchem der Dienst der Liebesgötter bei einem Putztische beschrieben -wurde; und gleich sah er unzählige dieser zartbeflügelten Gestalten -das Zimmer beleben, wie sie ihr Kamm und Bänder reichten und -ein zierliches Trinkgefäß, wie sie die abgeworfenen Kleider ordneten, -alles nach dem Winken ihrer Hände, dann aber, als sie sich in -ihr Bett gestreckt, wie ein gaukelnder Kreis um ihr Haupt schwebten, -bis sie immer blässer und blässer sich im Dampfe der erlöschenden -Nachtlampe verloren, in welchem ihm dagegen die Gestalt seiner -Mutter erschien, die von der Stirn des Mädchens eine kleine -beflügelte Lichtgestalt aufhob und in ihre Arme nahm, — wie das -Bild der Nacht, die das Kindlein Schlaf in ihrem Gewande trägt — -und in dem Zimmer bis zur Mitternacht damit auf- und niederschwebte, -als wenn sie ihm die unruhigen Träume vertreiben -wollte, es dann aber über den schwindelnden Straßengrund dicht -an das Auge des Staunenden trug, der Esthers verklärte Züge -in der Lichtgestalt deutlich erblickte, sie aber mit einem Schrei des -Staunens unwiderruflich zerstreute. Denn mit diesem Schrei war er -aus dem höheren Seelenzustande, aus dem Kern in die Schale zurückgesunken, -und kein Wunsch führte ihm diesen seligen Anblick -zurück. Er sah Esther in ihrem Bett nicht mehr liegen, ihr Zimmer -war dunkel, nichts regte sich in der Gasse als die Ratten, die -eine muntere Jagd unter den Brücken der Gossen hielten, auch hustete -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -die alte Vasthi mit hoher Pelzmütze aus einem Fenster und -fing an zu beten, als ein Stier in der Nähe ein heftiges Gebrüll -erhob. -<span class="centerpic"><img src="images/027.jpg" alt="" /></span> -Diesem Gebrüll ging der Majoratsherr im Hause nach und -erblickte durch ein Hinterfenster beim Schein des aufgehenden Mondes -auf grüner, mit Leichensteinen besetzten, ummauerten Fläche -einen Stier von ungeheurer Größe und Dicke, der an einem Grabsteine -wühlte, während zwei Ziegenböcke mit seltsamen Kreuzsprüngen -durch die Luft sich über sein Wesen zu verwundern schienen. -Hier stand dem Majoratsherrn der Verstand still; diese schreckliche -Wirtschaft auf einem Gottesacker empörte ihn, er klingelte der Aufwärterin. -Sie erschien bald und fragte ihn, was er befehle? „Nichts, -gar nichts,“ antwortete er, „aber was deutet dieser Spuk?“ — Die -Frau trat ans Fenster und sagte: „Ich sehe nichts als die Majoratsherren -der Juden, das sind die erstgebornen Tiere, welche sie nach -dem Befehle ihres Gesetzes dem Herrn weihen, die werden hier köstlich -gefüttert, sie brauchen nichts zu tun; wenn sie aber ein Christ -erschlägt, so tut er den Juden einen rechten Gefallen, weil er ihnen -die Ausgabe spart.“ — „Die unglücklichen Majoratsherren,“ seufzte -er in sich, „und warum haben sie Nachts keine Ruhe?“ — „Die Juden -sagen, daß einer aus der Sippschaft stirbt, wo sie nachts so -wühlen am Grabe,“ antwortete die Frau; „hier, wo dieser wühlt, -ist der Vater der Esther, der große Roßtäuscher, begraben.“ — „O Gott -nein!“ rief er und ging in den betrübtesten Gefühlen auf sein Zimmer -und suchte sich wieder mit heftigem Flötenspiel zu zerstreuen. -</p> - -<p> -Endlich wurde es Tag; die großen Schatten der Häuser lagerten -sich unter dem hellen Himmel, die Mägde sprangen frisch geschuht, -als ob sie sich an diesem Tage durchaus nicht beschmutzen wollten, -von einem trocknen Stein zum andern, die Schwalben dagegen -kreuzten hin zu dem köstlichen Baumörtel, den ihnen der gestrige -Regen bereitet hatte, und füllten damit alle Lücken der menschlichen -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -Architektur. Auch an dem Fenster, das zu Esther blickte, hatten sich -heute zwei von den zwitschernden Grauröcken eingefunden und wollten -ihr Nest gerade da ankleben, wo er durch die einzige helle Scheibe -zu Esther hinblickte. Da stand der Majoratsherr zweifelnd, ob er sie -stören, ob er alles abwarten solle, was ihm so bedeutend erschien. -Seine Sinnesart überwog für das Abwarten. Nun ihm Esther verborgen, -konnte er sich an den lieben Geschöpfen, an ihrer Lust, an ihrem -Fleiße nicht satt sehen, es war ihm zumute, als ob er sich selbst -da anbaue, als hänge sein Glück davon ab, daß sie fertig würden, -und ehe er sich zu Bette legte, sang er noch zu seiner Mandoline: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Die Sonne scheinet an die Wand,</p> - <p class="verse">Die Schwalbe baut daran;</p> - <p class="verse">O Sonne, halt nur heute Stand,</p> - <p class="verse">Daß sie recht bauen kann.</p> - <p class="verse">Es ward ihr Nest so oft zerstört,</p> - <p class="verse">Noch eh es fertig war,</p> - <p class="verse">Und dennoch baut sie wie betört,</p> - <p class="verse">Die Sonne scheint so klar!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So süß und töricht ist der Sinn,</p> - <p class="verse">Der hier ein Haus sich baut, —</p> - <p class="verse">Im hohen Flug ist kein Gewinn,</p> - <p class="verse">Der fern aus Lüften schaut,</p> - <p class="verse">Und ging er auch zur Ewigkeit,</p> - <p class="verse">Er paßt nicht in die Zeit,</p> - <p class="verse">Er ist von ihrer Freudigkeit</p> - <p class="verse">Verschieden himmelweit.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Den Abend, als er aufwachte, fand er den Vetter schon mit einem -guten Abendessen in seinem Zimmer, auch sprach er von einer unangenehmen -Überraschung, die er ihm gemacht. — Deswegen führte -er ihn in das Nebenzimmer, von wo er die Gasse beobachten könnte, -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -und der Majoratsherr fand es mit Sofa und Stühlen, mit -Schränken und Tischen geschmückt, auch war das Fenster gewaschen -— aber die Schwalben waren herabgestoßen. „Meine guten -schützenden Engel sind vertrieben“, dachte der Majoratsherr. „Ich -soll sie sehen, meinen Todesengel, soll den ganzen Traum durchleben, -der mich plagte; denn eins ist schon erfüllt, was ich im Schlafe -sah.“ — „Warum so traurig, Vetter?“ fragte der Leutnant. — „Ich -habe unruhig geschlafen,“ antwortete der Majoratsherr, „und mir -träumte von der Esther, sie sei mein Todesengel. Närrisches Zeug! -Ihr Kleid hatte unzählige Augen, und sie reichte mir einen Schmerzensbecher, -einen Todesbecher, und ich trank ihn aus bis zum letzten -Tropfen!“ — „Sie hatten Durst im Schlafe,“ sagte der Leutnant. -„Setzen Sie sich zum Essen, da steht guter Wein, echter Unger, ich -habe ihn selbst gemacht, aus Rosinen und schwarzem Brote. Apropos, -Sie müssen die gute alte Hofdame bald einmal besuchen; sie -hat mich heute halbtot gequält, daß ich Sie zu ihr bringe, sie wäre -eine Freundin Ihrer Eltern.“ — „Dazu muß ich einen Tag leben, -und ich verschlafe meine Tage viel lieber,“ antwortete der Majoratsherr. -„Lassen wir das, nehmen Sie meinen Dank für die Ausschmückung -des Zimmers! Eins möchte ich mir noch kaufen, seidene -Vorhänge vor jenes Fenster; Sie haben die Scheiben so hell -polieren lassen, daß ich nicht mehr versteckt bin, wenn ich in die -Gasse schaue.“ — „Die finden Sie gleich unten bei der schönen Esther,“ -rief der Vetter, „da können Sie ihre Bekanntschaft viel näher machen -als durch die Fensterscheiben. Alle unsere Majoratsherren -waren verliebter Komplexion, Sie müssen keine Ausnahme machen, -bester Vetter! Ich will Sie auch begleiten, damit Sie im Handel -nicht betrogen werden, und daß Sie sich nicht abschrecken lassen, -wenn das Mädchen sehr spröde tut.“ So gingen beide, der Majoratsherr -vom Leutnant fortgezogen, in die Gasse, und der letztere -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -konnte sich eines Schauers nicht erwehren; ihm wars, als wären -die hohen, hölzernen Häuser nur aus Pappdeckeln zusammengebaut, -und die Menschen hingen wie ein Spielzeug der Kinder an -Fäden und regten sich, wie es das Umdrehen der großen Sonnenwalze -ihnen geboten. Jetzt fingen sie an, ihre Läden zu schließen, -räumten auf, zählten den Gewinn, und der Majoratsherr wagte -in dem Lärmen, in dem Dufte nicht aufzublicken. -</p> - -<p> -„Hier, hier!“ rief der Leutnant, und der Majoratsherr wollte eben -in einen Laden treten, als er statt der Esther ein grimmig Judenweib, -mit einer Nase wie ein Adler, mit Augen wie Karfunkel, einer -Haut wie geräucherte Gänsebrust, einem Bauch wie ein Bürgermeister, -darin erblickte. Sie hatte sich ihm schon mit ihren Waren empfohlen -und gefragt, ob sie auf sein Zimmer kommen solle, sie wolle -ihm das Schönste zeigen, auch wenn er keine Elle kaufen möchte; -denn er sei ein schöner Herr! — Schon wollte er eintreten, als der -Leutnant ihn am Rock zupfte und zuflüsterte: „Hier im andern Laden -ist die schöne Esther!“ — Da wendete er sich fort und sagte verlegen, -er wolle nichts kaufen, er hätte sich nur nach einem Komödienzettel -an der Ecke umgesehen, und mit diesen Worten wandte er sich -nach dem Nebenladen, wo er Esther zu sehen erwartete. Aber die -alte Jüdin ließ ihn noch nicht los. Sie rief eifrig: „Junger Herr! -hier im Winkel ist auch ein Zettel, ich habe vielleicht auch einen im -Laden! Treten Sie ein, ich habe auch den Zettel von den spanischen -Reitern!“ Der Majoratsherr ward dadurch gestört und blickte sich -um, erschrak aber, daß die Jüdin einen schwarzen Raben auf dem -Kopfe trug, und verweilte. Unterdessen hatte der Leutnant schon -ein Gespräch mit Esther angeknüpft, welche ihm ohne Zudringlichkeit -Bescheid gegeben. Dieser zog den Majoratsherrn in den Laden -der Esther, und nun erschallte hinter ihm ein fürchterliches Rabengekrächze -aus dem Munde der alten Jüdin. In halb hebräischen -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -Schimpfreden und im verzerrtesten Judendialekt zeihte sie die arme -Tochter der Unkeuschheit, mit der sie Christen in ihren Laden locke, -um ihrer eigenen Mutter den Verdienst zu rauben, und verfluchte -sie dabei zu allen Martern. Endlich ließ der Atem des wütenden -Weibes nach, der trotz der warmen Luft wie im Winter geraucht -hatte, und sie hetzte vergeblich ein paar vorübergehende kleine Buben -auf, daß sie ihr sollten schimpfen helfen, wofür sie ihnen Kuchen -versprach. Esther glühte von Schamröte, aber sie erwiderte -nichts. Endlich lief die Alte fort, weil ein Käufer kam. Der Majoratsherr -fragte, wer die grimmige Alte mit dem Raben auf dem -Kopfe gewesen? — „Meine Stiefmutter,“ antwortete Esther, „haben -Sie vielleicht das schwarze Tuch mit den langen Zipfeln für einen -Raben angesehn?“ — Der Klang der Stimme schien dem Majoratsherrn -nun erst bekannt, nun er sie so nahe hörte; noch deutlicher als -aus dem Fenster durchdrang ihn die Ähnlichkeit mit seiner Mutter. -Esther war nicht frischer, aber jugendlicher; eine schmerzliche Blässe -hatte das zarte Antlitz, selbst die feingeformten Lippen, wie ein -schädlicher Frühlingsnebel überzogen; auch ihre Augen schienen -dem Lichte zu schwach und verengten sich unwillkürlich, wie Blumen -gegen Abend die Blätter um ihren Sonnenkelch zusammenziehen. -Während sie mit Eilfertigkeit seidene Zeuge entrollte, suchte -sie der Leutnant in ziemlich ungeschickter Art zu trösten, indem er ihr -die Hoffnung zusicherte, ihre Stiefmutter werde bald sterben. — „Ich -wünsche ihr langes Leben,“ antwortete die Gute, „sie hat noch Kinder, -für die sie sorgen muß. Wer weiß, wer zuerst den bittern Tropfen -des Todesengels kosten muß. Ich fühle mich heute in allen -Nerven so gereizt und schwach.“ — Der Majoratsherr meinte einen -Todesengel nicht nur fliegen zu sehen, sondern auch sein Flügelsausen -zu hören: „Wie schrecklich seine Flügel sausen!“ — Aber Esther -sprang nach einer Hintertür, schlug sie zu und entschuldigte sich wegen -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -des heftigen Zuges; ihr kleiner Bruder habe die Tür offen gelassen. -Der Majoratsherr wählte nun unter den Zeugen, fragte aber nach -einer Farbe, die nicht im Vorrate war. -<span class="centerpic"><img src="images/033.jpg" alt="" /></span> -Gleich sprang Esther zu ihrer -Mutter nach dem andern Laden, und diese brachte mit fröhlichem -Antlitz den verlangten Stoff, als ob der Gewittervorhang mit einem -Hauche fortgezogen worden wäre. Der Leutnant wollte viel abdingen; -aber der Majoratsherr warf das Geld hin, was verlangt worden. -Da gab ihm Esther einige Taler heraus, denn soviel betrüge -ihr Vorschlag; darüber fing die Mutter wieder an zu wettern, aber -diesmal ganz hebräisch. Als Esther wieder geduldig die Augen niederschlug, -antwortete der Leutnant ihr auf Hebräisch, so daß die -Alte, ganz erstaunt über seine seltene Fertigkeit, das Feld räumte -und sich in ihr Schneckenhaus verkroch. Esther schien sich darüber -noch mehr zu kränken als über den Schimpf, den sie erdulden müssen, -und der Majoratsherr zog aus Schonung den Vetter, der -schon Triumph ausrufen wollte, mit sich fort, indem er zugleich -das seidene Zeug unter dem Arme selbst forttrug. -</p> - -<p> -Als sie zu Hause, fragte er den Leutnant, woher er das Hebräische -wisse? — „Das brauchte ich zu meinem Verkehr mit den Juden,“ antwortete -er, „und was es mir kostet an Büchern und Lehrmeistern, -hat es mir reichlich wieder eingebracht, denn ich konnte nun alle -ihre Heimlichkeiten verstehen. Sehen Sie, Vetter, in dem Schranke -sind lauter jüdische Sagenbücher und Beschreibung ihrer Sitten -und Gebräuche. Wissen Sie, was die Alte zuletzt sagte? Sie freue -sich darauf, wenn Esther stürbe, da würde es eine schöne Auktion -geben! Wirklich ist sie auch aus dem Nachlasse ihres Vaters mit allen -eleganten Möbeln versorgt, und die Leute erzählen, weil nun die -feinen Herren nicht mehr, wie bei ihres Vaters Lebzeiten, zu ihr kommen, -daß sie sich abends prächtig anputze und Tee mache, als ob -sie Gesellschaft sehe, und dabei in allen Sprachen rede.“ — Aber der -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -Majoratsherr hörte wenig mehr darauf, denn er war mit ganzer -Seele über die Sagenbücher hergefallen. -<span class="centerpic"><img src="images/035.jpg" alt="" /></span> -Der Leutnant wünschte -ihm gute Nacht, und kaum hatte er ihn verlassen, so sah der Majoratsherr -beim Lesen der alten Bücher in seinem Zimmer alle Patriarchen -und Propheten, alle Rabbinen und ihre wunderlichen Geschichten -aus den Sagenbüchern hervorgehen, daß die Stube zu -eng schien für die ungeheure Zahl. Aber der Todesengel schlug sie -endlich alle mit seinen Flügeln hinweg, und er konnte sich nicht -satt lesen an seiner Geschichte: „Lilis war die Mitgeschaffne Adams -im Paradiese; aber er war zu scheu und sie zu keusch, und so gestanden -sie einander nie ihr Gefühl, und da erschuf ihm der Herr -im Drange seines Lebens ein Weib aus seiner Rippe, wie er es sich -im Schlafe träumte. Aus Gram über diese Mitgenossin ihrer Liebe -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -floh Lilis den Adam und übernahm nach dem Sündenfalle des -ersten Menschen das Geschäft eines Todesengels, bedrohte die -Kinder Edens schon in der Geburt mit Tod und umlauert sie bis -zum letzten Augenblicke, wo sie den bittern Tropfen von ihrem -Schwert ihnen in den Mund fallen lassen kann. Tod bringt der -Tropfen, und Tod bringt das Wasser, in welchem der Todesengel -sein Schwert abwäscht.“ -</p> - -<p> -Unruhig lief der Majoratsherr bei diesen Worten im Zimmer umher, -dann sprach er heftig: „Jeder Mensch fängt die Welt an, und -jeder endet sie. Auch ich liebte scheu und fromm eine keusche Lilis, -sie war meine Mutter; in ihrer ungeteilten Liebe ruhte das Glück -meiner Jugend. Esther ist meine Eva, sie entzieht mich ihr und gibt -mich dem Tode hin!“ — Er hielt es nicht aus bei dem Anblick des -Todesengels, den er immer hinter sich lauernd zu schauen glaubte; -er eilte auf die Straße im Mantel verhüllt, um sich an dem Nachhall -des Tages zu zerstreuen. Endlich setzte er sich ermüdet hinter -das Fußgestell einer Bildsäule, die in der Nische eines hohen Hauses -stand, und sah den eiligen Läufern zu, die mit Fackelglanz -einem rollenden Wagen vorleuchteten; die Lilis zog hinter ihm her. -Jubelnde Gesellschaften zogen lärmend aus der Trinkstube nach -Hause und klapperten noch mit den Nägeln gegen die Saiten, die -sie so lange hatten schwingen lassen; aber auch ihnen zog der Todesengel -nach und — blies sie an aus einem Nachtwächterhorn. -Und es wurden der Todesengel so viele vor seinen Augen, daß sie -zueinander traten und paarweis wie Liebende nebeneinander gingen -in traulichen Gesprächen. Und er horchte ihnen zu, damit er -wüßte, wie er zu Esther reden müsse, um ihr seine Liebe kund zu -tun. Aber die Liebenden wurden von den Geschäftigen verdrängt, -und er mochte nicht eher zuhören, bis ihm die Stimme der Vasthi -auffiel, die mit einem alten Rabbiner vorüberging und ihm sagte: -</p> - -<div class="leftpic" id="img-037"> -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a><img src="images/037.jpg" alt="" /></div> - -<p class="noindent"> -„Was soll ich die Esther schonen; -ist sie doch nicht das Kind meines -Mannes, sondern ein angenommenes -Christenkind, der er den größten -Teil seines Geldes zugewendet -hat.“ — „Sei Sie still,“ sagte der -Rabbiner, „weiß Sie denn, wieviel -der Mann mit dem Kinde -bekommen hat?“ „Alles. Er hatte -nichts und konnte damit anlegen -großen Handel. Was kann das -Mädchen dafür, daß ihm sein -Geld ist gestohlen worden?“ — Hier -kamen sie ihm aus dem Bereich seines -scharfen Gehörs, er eilte ihnen -nach, aber sie hatten sich schon in -irgend ein Haus begeben. Auch -hier war er, wie gewöhnlich, zu -spät zu einem Entschluß gekommen, -doch war ihm der Fingerzeig -seltsam bedeutend und führte ihn sinnend hin in sein Haus. -</p> - -<p> -Als er sich kaum ein paar Minuten ausgeruht hatte, hörte er einen -Schuß, er sah zum Fenster hinaus, aber niemand schien es gehört -zu haben. Beruhigt rückte er auf seine Warte am Fenster und wagte -es, einen Fensterflügel zu öffnen, so daß er noch genauer, als -die Nacht vorher, das Zimmer der, schönen Esther übersehen konnte. -— Da hatte sich vieles verändert, die Kappen der Stühle waren -abgenommen, und sie glänzten in weißem Atlas um einen prachtvollen -Teetisch, auf welchem eine silberne Teemaschine dampfte. -Esther schüttete wohlriechendes Wasser auf eine glühende Schippe, -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> -dann sprach sie in die Luft: „Nanni, es ist höchste Zeit, daß ich -meine Locken mache, meine Gäste müssen bald kommen.“ Esther -antwortete darauf mit veränderter Stimme: „Gnädiges Fräulein, -es ist alles bereit.“ — Im Augenblicke des Worts stand eine zierliche -Kammerjungfer vor Esther und half ihr die Locken ausziehen und -ordnen. Dann reichte sie Esther den Spiegel, und diese klagte: -„Gott, wie bin ich bleich! Hat es denn nicht Zeit mit dem Erbleichen, -bis ich tot bin? Du sagst, ich soll mich schminken. Nein, dann -gefalle ich dem Majoratsherrn nicht, denn er ist auch blaß wie ich, -gut wie ich, unglücklich wie ich; wenn er nur heut käme, die Gesellschaft -macht mir ohne ihn keine Freude.“ Nun war alles im Zimmer -geordnet, und Esther, sehr elegant angezogen, legte einige -schön gebundene englische Bücher aufs Sofa und begrüßte auch -englisch das erste Nichts, dem sie in ihrer Gesellschaftskomödie die -Tür öffnete. Kaum antwortete sie englisch in seinem Namen, so -stand da ein langer, finsterer Engländer vor ihr, mit der Art Freiheit -und Anstand, die sie damals vor allen Nationen in Europa -auszeichnete. Mit solchen Luftbildern von Franzosen, Polen, Italienern, -endlich auch mit einem kantischen Philosophen, einem -deutschen Fürsten, der Roßhändler geworden, einem jungen aufgeklärten -Theologen und einigen Edelleuten auf Reisen belebte sich -der Teetisch. Sie war in einer unerschöpflichen Bewegung durch -alle Sprachen. Es entspann sich ein Streit über die Angelegenheiten -Frankreichs. Der Kantianer demonstrierte, aber der Franzose -wütete. Sie suchte sehr gewandt die Streitenden auseinander zu -halten und schüttete endlich, als ob sie angestoßen wäre, eine Tasse -heißen Tee dem Kantianer auf die Unterkleider, um eine Diversion -zu machen. Das gelang auch; es wurde entschuldigt, abgewischt, -und sie versicherte, den Tritt des Majoratsherrn zu hören, eine neue -Bekanntschaft, die sie erst jetzt gemacht, ein ausgezeichneter junger -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -Mann, der Frankreich erst kürzlich verlassen habe und jene streitigen -Fragen am besten beantworten könne. — Bei diesen Worten -durchgriff eine kalte Hand den Majoratsherrn. Er fürchtete, sich -selbst eintreten zu sehen; es war ihm, als ob er wie ein Handschuh -im Herabziehen von sich selbst umgekehrt würde. Zu seiner Beruhigung -sah er gar nichts auf dem Stuhle, den Esther ihm hinrückte, -aber den andern Mitgliedern der eleganten Gesellschaft mußte sein -Ansehen etwas Unheimliches haben, und während Esther zu -ihm flüsterte, empfahlen sich diese, aber einer nach dem andern. -Als alle sich entfernt hatten, sprach Esther lauter zu dem leeren -Stuhle: „Sie haben mir in aller Kürze gesagt, ich sei nicht, was ich -zu sein — scheine, und ich entgegne darauf, daß auch Sie nicht -sind, was Sie scheinen.“ Darauf antwortete Esther, indem sie zum -Staunen des aufhorchenden Majoratsherrn seine Stimme täuschend -nachahmte: „Ich will mich erklären: Sie sind nicht die Tochter -dessen, den die Welt Ihren Vater nennt, Sie sind ein geraubtes -Christenkind, Ihren wahren Eltern, Ihrem wahren Glauben geraubt, -und mein Entschluß, Sie dahin zurückzuführen, hat mich -bestimmt, Ihnen meine Aufwartung zu machen. Erklären Sie sich -mir jetzt auch deutlicher.“ — Esther: „Es sei. Ich bin Sie und Sie -sind ich; sollte aber die Sache wieder in Ordnung gebracht werden, -so zweifle ich, daß ich dabei gewinnen kann, Sie aber verlören -unglaublich viel, und nur der schreckliche, rotnasige Vetter würde -zu einer schwindelnden Höhe erhoben.“ -</p> - -<p> -Sie schwieg und flehte sich selbst mit der Stimme des Majoratsherrn -an, weiter zu reden, denn eine Ähnlichkeit mit der geliebten -Mutter enthüllte ihm nun halb das Geheimnis. — Dann fuhr sie -fort: „Ist Ihnen denn der Eigensinn eines alten Majoratsherrn, -der von seinem Vetter, dem Leutnant, mehrmals gekränkt worden, -einem eignen Sohne die geliebten Reichtümer überlassen möchte, -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -so geheimnisvoll? Nehmen Sie an, daß die Erfüllung dieser Hoffnung -ihm nahe bevorstand, daß seine Frau in Wochen kommen -sollte, daß ihn aber die Furcht quälte, die Geburt eines Mädchens -könne alles vereiteln. Wenn diese oft geäußerte Furcht eine listige -Hofdame benutzt, um ihm einen Knaben aufzuschwatzen, den sie -eine Woche früher insgeheim geboren: bedarf es da mehr als einer -oft bestochenen Hebamme, wenn nun die Furcht erfüllt wird, und -ich statt eines Knaben geboren werde? Ich werde einem dienstbaren -Juden überliefert, der, außer dem Vorteil, auch seiner Religion -dadurch etwas zuzuwenden hofft. Haben Sie Nathan den -Weisen gelesen?“ — Majoratsherr: „Nein!“ — Esther: „Nun gut, Sie -werden der Mutter an die Brust gegeben, wie die Nachtigall auch -Kuckuckseier ausbrütet, doch es versteht sich, ohne etwas Böses damit -sagen zu wollen. Und daß ich dies alles weiß, danke ich der -Sterbestunde meines Pflegevaters; er versicherte mir noch dabei, -daß jenes Kapital, was er mir zurücklasse, mehr betrage, als was -ich nach der Stiftung des Majorats fordern könne; er habe aber -wohl das Dreifache vom alten Majoratsherrn empfangen, um -das Geheimnis zu bewahren, es sei die Grundlage seines großen -Handelsverkehrs geworden. Sie verstummen, Sie zweifeln, was -zu tun sei? Sie verfluchen die Eitelkeit des männlichen Geschlechts, -seinen Namen allein in Ansehen erhalten zu wollen? Aber was ist -zu tun? Lassen Sie denn den alten, lächerlichen Vetter Ihres Reichtums -mit froh werden, wie Sie schon jetzt getan; meine Bahn ist -bald durchlaufen, und ich ertrage keinen großen Wechsel der Witterung. -Aber Sie lieben mich, sagen Sie. Ach ich habe Ihre Augen -beim ersten Anblick verstanden, aber unsre Liebe ist nicht von dieser -Welt; diese Welt hat mich mit aller ihrer Torheit zerstört. Freund, -nicht alle Männer meinten es mit mir so ehrlich wie Sie, und sie -umstrickten mich mit jeder Eitelkeit des kindischen Verstandes. Scheiden -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -wir für heute, denn es kostet mir viel Zeit, Ihnen zu sagen, -daß ich Ihnen kein ganzes Herz mehr schenken kann; es brach, es -ging in Stücken, und nur dort heilt sich der Riß.“ — Bei diesen Worten -verfinsterte eine Tränenflut die Augen des Majoratsherrn. Als -er aufblickte, lag Esther, nachdem sie das Nachtlicht ausgelöscht, in -ihrem Hemdchen im Fenster und atmete heftig die kalte Nachtluft -ein; dann ging sie zu Bette, und er setzte sich zu seinem Tagebuche, -um alles Wunderbare, so treu er vermochte, aufzuzeichnen. -</p> - -<p> -Gegen Mittag kam der Vetter, wie gewöhnlich, vor sein Bette und -fragte ihn, ob er nicht endlich Lust habe, die Hofdame zu besuchen. -Der Majoratsherr überraschte ihn mit einem vernehmlichen Ja, -hätte aber gern hinzugefügt, daß er lieber allein den Besuch gemacht -hätte. Er kleidete sich schnell an und machte sich mit dem -Vetter auf den Weg, der sich darüber freute, daß sie jetzt gewiß -noch allein sei. Wie sie sich dem Hause näherten, pochte dem Majoratsherrn -das Herz. „Was ist das für ein schrecklich großer Menschenkasten -dort,“ fragte er, „mit den Spiegelscheiben? In dieser -Nische habe ich einmal nachts hinter der Statue in der Nische gesessen!“ -— „Kennen Sie noch nicht Ihr eigenes Majoratshaus?“ -fragte der Vetter, „da ließe es sich besser wohnen als in meinem -kleinen Neste!“ — „Bewahre der Himmel,“ antwortete der Majoratsherr, -„ich wollte, daß ich es nie gesehen hätte; die großen Steine -scheinen mit Hunger und Kummer zusammengemauert.“ — „Freilich, -der es baute, hat sich kaum satt zu essen gewagt, und Ihr Vater -war nicht auf sonderliche Ausgaben eingerichtet, hat mir einmal, -als ich knapp von einem Tage zum andern lebte, einen Prozeß gemacht, -weil ich eine Schneiderrechnung, die er für mich ausgelegt, -am festgesetzten Tage ihm nicht wieder gezahlt hatte.“ — „Gott, das -ist hart,“ sagte der Majoratsherr, „das kann den Erben keinen -Segen bringen!“ -</p> - -<div class="leftpic" id="img-042"> -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a><img src="images/042.jpg" alt="" /></div> - -<p class="noindent"> -Unter solchen Gesprächen waren sie in -das Vorzimmer der Hofdame getreten, -die darum bitten ließ, daß die Herren -eine halbe Stunde warten möchten, sie -hätte noch einige Worte zu schreiben. -Der Vetter sah an seiner Uhr, daß er -nicht so lange warten könne, wegen -seines regelmäßigen Spazierganges, -und ließ den Majoratsherrn allein. -Diesem ward sehr unheimlich in dem Zimmer. Der schreiende -Laubfrosch auf der kleinen Leiter schien von einem fatalen Geiste -beseelt; auch die Blumen in den Töpfen hatten kein recht unschuldiges -Ansehen; aus dem Potpourri glaubte er ein Dutzend -abgelebte Diplomaten heraufhorchen zu sehen. Aber mehr -als alles quälte ihn der schwarze Pudel, obgleich sich dieser vor -ihm zu fürchten schien; er hielt ihn für eine Inkarnation des Teufels. -Als nun endlich die Hofdame wie ein chinesisches Feuerwerk -mit dem steifen Wechsel ihrer Farben aus dem andern Zimmer -hervortrat, da vergingen ihm fast die Sinne, denn ihm stand’s vor -der Seele, daß die Abscheuliche seine Mutter sei. „Mutter,“ sagte er, -und sah sie scharf an, „deinem Sohn ist sehr wehe!“ Er dachte, sie -würde erschrecken, ihn für einen Toren erklären; aber sie setzte sich -ruhig zu ihm und sagte: „Sohn, deiner Mutter ist sehr wohl.“ Sie -wollte ihm ein emailliertes, großes Riechfläschchen reichen, aber er -scheute sich davor und sagte: „Da sehe ich eine Seele eingesperrt!“ -Sie legte es leise beiseite und sagte: „Wenn darin eine Seele, so ist -es die Seele deines Vaters, des Schönen; ich reichte es ihm, als er -vom Leutnant, dem Vetter, durchstochen ward, im unerwarteten -Zweikampf vor meiner Türe.“ — „Ich lebe mit dem Mörder meines -Vaters unter einem Dache, und du bist seine geliebte Freundin?“ — -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -„Du weißt zuviel, mein Sohn,“ fuhr sie fort, „als daß du nicht -alles wissen solltest, wieviel du mir zu danken, was ich für dich getan -habe. Dein Vater hieß der schöne ... in der ganzen Stadt; dieser -Ruf machte, daß ich gegen ihn alle Vorsicht vergaß. Unser -Liebeshandel blieb zwar heimlich; aber bei den Folgen, die ich trug, -mußte ich auf Verbannung vom Hofe gefaßt sein, wenn ich diese -Folgen nicht verheimlichen könnte, nachdem dein Vater erstochen -war, ehe er sein Versprechen, mich zu heiraten, erfüllen können. -Das gelang mir.“ — „Ich weiß es.“ — „Und zugleich rächte ich deinen -Vater an seinem Mörder, indem ich dir das Vermögen zuwandte, -was jenem mit allem Rechte zugefallen wäre. Ich tat noch -mehr. Durch meinen Einfluß am Hofe hemmte ich jeden seiner Versuche, -sich in Ehren fortzuarbeiten, und erhielt ihn dabei in den -Netzen meiner Reize. Weder seinem Verstande noch seinem Mute -wurde gerechte Anerkennung; so veraltete er in sinnlosem Treiben -und quälenden Nahrungsspekulationen, ein lächerliches Spottgesicht -aller Welt, während die ältern Leute noch mit Entzücken von -der Schönheit deines Vaters reden, ihn noch als Sprichwort brauchen, -um Schönheit zu bezeichnen. Wenn ich dich in deinem Reichtum -edel, sorgenfrei aufgewachsen sehe, allem Höheren zugewendet, -und den Vetter denke, wie er da täglich unter schielenden Seitenblicken -der Alten und mit Hohnlachen der Gassenbuben in lächerlichen -Hahnentritten vor meinem Fenster vorübertrippelt, oder -Sonntags meinen Hund kämmen muß, dann fühle ich, daß ich -deinen Vater gerächt, ihm ein rechtes Totenopfer gebracht habe. -Oder soll ich noch mehr tun, um den Vetter zu kränken, soll ich ihn -heiraten, ihn in seinem Stundenlauf durch die Stadt stören, seine -Wappensammlung zusammenwerfen?“ — Der Majoratsherr hatte -auf das alles nicht gehört, sonst möchte sein Widerspruch sie früher -unterbrochen haben. Er sprach halbträumend in sich hinein: „Also -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -ward ich der Edlen nur als ein Dieb an die Mutterbrust gelegt. -Und wo ist das unglückliche Kind, das meinetwegen verstoßen -wurde? Ich weiß es, Esther ist es, die unglückliche, geistreiche, von -der Gemeinheit der Ihren, von dem Fluch ihres Glaubens niedergebeugte -Esther!“ — „Darüber kann ich dir keine Antwort geben,“ -sagte die Hofdame, „der alte Majoratsherr allein führte die Sache -aus; ich war beruhigt, als ich dich aus der Schande unehelicher -Geburt zu dem glänzendsten Schicksale erhoben sah. Du dankst mir -nicht dafür?“ — Er saß in sich versunken und hörte nicht, sondern -sprach halblaut: „Ich sollte reich sein auf Unkosten einer Armen? -Habe ich nicht manches gelernt, was mir einen Unterhalt verschaffen -kann? Ich spiele mehrere Instrumente so fertig wie irgendeiner; -ich male, ich kann in mancher Sprache Unterricht geben. Fort mit -der Sündenlast des Reichtums, sie hat mich nie beglückt!“ — Die -Hofdame hörte ihm aufmerksam zu und sprach mit ihrem Pudel, -der seine Vorderpfoten auf ihre Knie stützte und ihr ans Ohr den -Kopf ausstreckte, dann nahm sie die Hand des Majoratsherrn und -sagte: „Du bist deiner Mutter wenigstens Gehorsam schuldig, und -was ich fordere, ist nicht unbillig; nur vierundzwanzig Stunden -bewahre das Geheimnis deiner Geburt und schiebe jeden Entschluß -auf, den es in dir erregen könnte; darauf gib mir Hand und -Wort!“ — Der Majoratsherr war froh, daß er in vierundzwanzig -Stunden zu keinem Entschluß zu kommen brauchte, schlug ein, -küßte die Hand, empfahl sich ihr und eilte nach Hause, um zu -einer ruhigen Fassung zu gelangen. -</p> - -<p> -Aber eine neue Veranlassung zur tiefsten Beunruhigung seines Gemüts -mußte er dort vorfinden. Er sah vor dem Hause der Esther -eine große Versammlung von Juden und Jüdinnen, die heftig -miteinander redeten. Weil er sich nicht darunter mischen wollte, -so ging er in sein Haus und befragte die alte Aufwärterin. Sie -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -berichtete ihm, daß der Verlobte der schönen Esther vor einer Stunde -ganz zerlumpt von einer Reise nach England zurückgekommen sei; -er habe alles das Seine verloren. -<span class="centerpic"><img src="images/045.jpg" alt="" /></span> -Die alte Vasthi habe ihm darauf -erklärt, daß er ihre Schwelle nie betreten, an ihre Stieftochter nicht -denken solle; aber Esther habe laut versichert, daß sie gerade jetzt -ihre Zusage erfüllen wolle, den Unglücklichen zu heiraten, weil er -ihrer bedürfe, sonst hätte sie wegen ihrer Kränklichkeit das Verlöbnis -aufgelöst. Darüber sei eine schreckliche Wut der Mutter Vasthi -ausgebrochen, die kaum durch das Zwischentreten der ältesten Nachbarn -beschwichtigt worden sei. <a id="corr-4"></a>Jedermann gebe ihr laut schuld, daß -sie nicht aus Vorsorge für die Stieftochter, sondern aus Verlangen, sie -zu beerben, weil sie sehr kränklich, die Heirat zu hindern suche. -</p> - -<p> -So war nun ein Mittel der Ausgleichung, wenn er selbst, der Majoratsherr, -die verstoßene Esther geheiratet hätte, fast verloren, und -seine Neigung schien ihm jetzt sträflich. Er sah Esther, die bleich und -erstarrt wie eine Tote auf ihrem Sofa lag, während der Verlobte, -ein jammervoller Mensch, ihr seine unglücklichen Begebenheiten -erzählte. Es wurde Licht angezündet; sie schien sich zu erholen, -tröstete ihn, versprach ihm ihren Handel zu überlassen, wenn sie -verheiratet wären, aber er dürfe dann nie ihr Zimmer betreten. Er -beschwor alle Bedingungen, die sie ihm machen wolle, wenn sie -ihn aus dem Elend reißen und vor dem Zorn der grausamen Vasthi -bewahren wolle. „Sie ist der Würgengel, der Todesengel,“ sagte -er, „ich weiß es gewiß; sie wird abends gerufen, daß die toten -Leute nicht über Nacht im Hause bleiben müssen, und saugt ihnen -den Atem aus, daß sie sich nicht lange quälen und den Ihren zur -Last fallen. Ich hab’s gesehen, als sie von meiner Mutter fortschlich, -und als ich ans Bette kam, war sie tot; ich hab es gehört von meinem -Schwager, es darf nur keiner davon reden. Es ist eine Sache -der Milde, aber ich scheue mich davor.“ -<span class="centerpic"><img src="images/047.jpg" alt="" /></span> -Esther suchte es ihm auszureden, -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -endlich sagte sie: „Bedenk Er sich wohl! Wenn Er sich allzusehr -vor ihr fürchtet, so heirate Er mich nicht. Mir ist es einerlei, -ich tue es nur, um Ihn aus dem Elend zu retten; das bedenk Er -sich und geh Er und laß Er mich allein.“ Der Verlobte ging. Kaum -war er fort, so stand Esther mit Mühe auf, erschrak, als sie sich im -Spiegel erblickte, und rang die Hände. -</p> - -<p> -Der Majoratsherr beschaute den schmalen Raum, der sie trennte; -er glaubte sie trösten zu müssen. Aber ehe er entschlossen, ob er sich -einem kühnen Sprunge hingeben oder durch ein Brett beide Fenster -in aller Sicherheit vereinigen könnte, hörte er, wie alle Abende, -einen Schuß, und es überfiel der gesellige Wahnsinn die schöne -Esther schon wieder. Sie schlüpfte mit Eile in ein kurzes Ballkleid -und warf darüber einen feuerfarbenen Maskenmantel, nahm auch -eine Maske vor, und so erwartete sie die übrigen Masken zu dem -Balle. Es ging wie am vorigen Tage, nur viel wilder. Groteske Verkleidungen, -Teufel, Schornsteinfeger, Ritter, große Hähne schnarrten -und schrien in allen Sprachen, er sah die Gestalten, sowie ihre -Stimme sie belebte. Sie war schlagend witzig gegen alle Angriffe, -die sie sich selbst machte, und scheute in diesen Spottreden keine ihrer -Schwächen, die sie je gehabt hatte; aber sie wußte auch von allem -die beste Seite zu zeigen. Nur einer Maske wußte sie nichts zu antworten, -die ihr vorwarf, so nahe ihrer Hochzeit solchen Leichtsinn -zu treiben. „Nennen Sie dieses Almosen, das ich dem armen Jungen -reiche, keine Hochzeit. Ich bin verlassen; der Majoratsherr wird -sich immerdar zu lange in Unschlüssigkeit bedenken, ehe er etwas -für mich tut, meine Pulse schlagen bald die letzte Stunde, kurz David -tanzte vor der Bundeslade, und ich tanze dem höheren Bunde -entgegen.“ Bei diesen Worten ergriff sie die Maske und raste einen -schnellen Walzer, welchem Beispiel die anderen Masken folgten, -während ihr Mund mit seltener Fertigkeit Violinen, Bässe, Hoboen -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -und Waldhörner tanzend nachzuahmen wußte. -<span class="centerpic"><img src="images/049.jpg" alt="" /></span> -Kaum war dieser -allgemeine Tanz beendet, so wurde sie angefleht, die Fandango -zu tanzen. Sie warf die Maske und auch das Ballkleid von sich, -ergriff die Kastagnetten und tanzte mit einer Zierlichkeit den zierlichsten -Tanz, daß dem Majoratsherrn alle anderen Gedanken in -Wonne des Anschauens untergingen. Als ihr nun alle für diese -Kunst ihren Dank zollten und sie nur mit Mühe wieder zu Atem -kam, sah sie mit Schrecken einen kleinen Mann eintreten, den auch -der Majoratsherr, sobald sie ihn genannt, in einer sehr abgetragenen -Maske die Herren begrüßen sah. „Gott, das ist mein armer -Bräutigam,“ sagte sie, „der will mit seinen Kunststücken Geld verdienen.“ -Diese armselige Maske trug einen kleinen Tisch und Stuhl -auf dem Rücken, empfahl seine Kunststücke, ließ einen Teller umhergehen, -um für sich einzusammeln, und eröffnete den Schauplatz -mit sehr geschickten Kartenkünsten; dann brachte er Becher, Ringe, -Beutel, Leuchter und ähnliche Schnurrpfeifereien vor, mit denen er -das größte Entzücken in der ganzen Gesellschaft erregte. Zuletzt -sprang er in einem leichten, weißen Anzuge, doch wieder maskiert, -wie eine Seele aus dem schmutzigen Maskenmantel heraus und -versicherte, mit seinem Körper seltsame Kunststücke machen zu wollen, -legte sich auf den Bauch und drehte sich wie ein angestochener -Käfer umher. Aber Esther faßte einen so gräßlichen Widerwillen -gegen ihn in dieser Verzerrung, daß sie mit zugehaltenen Augen -in Krämpfen auf ihr Bett stürzte. Im Augenblicke waren dem Majoratsherrn -alle Gestalten verschwunden; er sah die Geliebte, die -Unterdrückte im schrecklichsten Leiden verlassen; er beschloß, zu ihr -zu eilen. Er sprang die Treppe hinunter; aber er fehlte die Tür und -trat in ein Zimmer, das er nie betreten. Und ihm und seiner Laterne -entgegen drängten sich ungeheure gefiederte Gestalten, denen -rote Nasen wie Nachtmützen über die Schnäbel hingen. Er flieht -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -zurück und steigt zum Dache empor, indem er sein Zimmer sucht. -<span class="centerpic"><img src="images/051.jpg" alt="" /></span> -Er blickt umher in dem Raume, und still umsitzen ihn heilige Gestalten, -fromme Symbole, weiße Tauben; und das Gefühl, wie er -zwischen Himmel und Hölle wohne, und die Sehnsucht nach dem -himmlischen Frieden, dessen Sinnbilder ihn umgaben, stillte wie -Öl die Sturmeswellen, die ihn durchbebten, und eine Ahnung, daß -er ihm nahe, daß es seiner auf Erden nicht mehr bedürfe, drängte -seine aufglimmende Tätigkeit für Esther wieder zurück. -</p> - -<p> -Doch diesem höheren Traum stellte sich die Wirklichkeit mit spitzer -Nachtmütze, einem bunten Band darum gebunden, eine Brille auf -der roten Nase, einen japanischen, bunten Schlafrock am Leibe, -mit bloßem Schwerte entgegen; natürlich der Vetter, der, von dem -Geräusch im Hause erwacht, den Majoratsherrn mit den Worten -begrüßte: „Sind Sie es, lieber Vetter, oder Ihr Geist?“ — „Mein -Geist,“ antwortete der Majoratsherr verlegen, „denn kaum weiß -ich, wie ich hier unter die Engel versetzt bin.“ — „Kommen Sie in -Ihr Zimmer zurück,“ entgegnete der Vetter, „sonst verlassen die -Tauben ihre Eier; meine Puthähne unten wollen sich ohnehin -nicht zufrieden geben, Sie waren gewiß auch dort, ich konnte mir -dieses Treppensteigen, den Lärm bei den Tieren nicht anders erklären, -als daß ein Dieb von der Judengasse eingestiegen sei. Nun -ist es mir nur lieb, daß Sie es sind. Vielleicht etwas mondsüchtig, -lieber Vetter? Das weiß ich zu kurieren.“ — Unter solchen Gesprächen -führte er den Majoratsherrn in sein Zimmer zurück. Dieser -aber faßte den Entschluß, dem Vetter zu erzählen, daß er Esther in -Krämpfen ganz verlassen aus seinem Fenster gesehen habe, und -daß er in der Eil’, ihr zu Hilfe zu kommen, die Türen verfehlt -habe. — „Welch ein Glück,“ rief der Vetter, „denn wenn die Türe -der Gasse offen gewesen, Sie wären nicht ohne Unglück oder Schimpf -hinausgekommen.“ — Der Majoratsherr war an das Fenster gegangen -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -und sagte: „Sie scheint jetzt zu schlummern, der schreckliche -Anfall ist vorüber.“ -<span class="centerpic"><img src="images/053.jpg" alt="" /></span> -Der Leutnant erzählte aber weiter: „Vor einem -Jahre hätten Sie die Esther sehen sollen, da war sie schön; da kam -der Sohn eines Regimentskameraden vom Lande hieher unter die -Dragoner. Er war das einzige Gut der Mutter, seitdem der Vater -in einem Scharmützel geblieben; denn die sind oft gefährlicher als -die großen Schlachten. Ich sah es, wie sie ihm das letzte Hemde zu -seiner Equipierung nähte; sie dachte nicht, daß es sein Sterbehemde -werden sollte. Aber der Mensch war unbesonnen, ich sah es ihm -gleich beim Reiten an: er wollte immer Kunststücke auf den Straßen -machen und dachte nicht daran, daß da Leute neben ihm gingen. -Genug, der verliebt sich in die schöne Esther, und sie in ihn, -und mein junger Herr will abends zu ihr schleichen, und wie die -armen Juden außer ihrer Gasse mißhandelt werden, so meinen sie -die Christen drinnen auch mißhandeln zu können, und fallen über -ihn her, — besonders die alte Vasthi, die hätte ihn fast erwürgt. Die -Sache ward laut, die Offiziere wollten nicht mit dem jungen Fähndrich -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -weiter dienen. Er kam zu mir: was er tun sollte? Ich sagte -ihm: schießt Euch tot, weiter ist nichts zu tun. Und der Mensch -nimmt das Wort buchstäblich und schießt sich tot. Da hatte ich -Mühe, es der Mutter auf gute Art beizubringen. Die Esther aber -bekommt seitdem abends um die Zeit, wo er sich erschossen, einen -Eindruck, als ob ein Pistolenschuß in der Nähe fiele, — andre -hören es nicht, — und dann ein Anfall von Reden, Tanzen, daß -kein Mensch aus ihr klug wird; und die andern im Hause lassen sie -allein und scheuen sich vor ihr!“ — Entsetzt von dem kaltblütigen -Vortrage rief der Majoratsherr: „Welche Klüfte trennen die arme -Menschheit, die sich immer nach Vereinigung liebend sehnt! Wie -hoch muß ihre Bestimmung sein, daß sie solcher Fundamente bedarf, -daß solche Opfer von der ewigen Liebe gefordert werden, solche -Zeichen, — die, mehr als Wunder, die Wahrheit der heiligen Geschichte -bewähren? O, sie sind alle wahr, die heiligen Geschichten -aller Völker!“ — Nach einer Pause fragte er: „Ist denn die Vasthi -wirklich der Würgengel? Die Leute sagen, daß sie den Sterbenden -den Todesdruck gebe.“ — „Wenn das der Fall ist,“ sagte der Vetter, -„so ist es Milde, daß sie nicht lebend begraben werden, weil -ein törichtes Gesetz gebietet, die Toten nach dreien Stunden aus -dem Hause zu schaffen.“ Es habe ihm ein Arzt versichert, daß er -deswegen einem, der an Krämpfen gelitten, schwören mußte, bei -ihm zu bleiben, daß er nicht erstickt würde, wenn man ihn für tot -hielte. Und da sah er, wie die Verwandten ihn verlegen bereden -wollten, fortzugehen, der Tote sei tot; aber er blieb und rettete das -Leben des Erstarrten, der ihm noch lange dankte. Da sollte die -Obrigkeit ein Einsehen haben und das frühe Beerdigen verbieten. -„Aber lassen Sie uns von angenehmeren Dingen reden,“ fuhr der -Vetter fort. „Ich habe Ihnen vielen Dank zu sagen, Sie haben -mein Glück gemacht. Meine vortreffliche Herzens- und Hofdame -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -fühlt eine so gütige, mütterliche Zärtlichkeit gegen Sie, daß sie mir -die seit dreißig Jahren versagte Hand reichen will, insofern ich Sie -verpflichten kann, als ein geliebter Sohn in ihrer Nähe zu bleiben -und unser nahendes Alter zu unterstützen. Da Sie nun, lieber Vetter, -Ihr ganzes äußeres Dasein mit der Verwaltung des Majorats -mir übertragen haben, ich auch aus der näheren Kenntnis der Verhandlungen -ersehe, daß Sie viel zu abstrakt in Ihren Studien sind, -um Ihrem Vermögen selbst vorstehen zu können, so habe ich, gleichsam -als Ihr natürlicher Vormund, Ihr Wort dazu gegeben.“ -</p> - -<p> -Der Majoratsherr fühlte sich in den Willen des Vetters ebenso hingegeben, -wie Esther in den Willen der Vasthi; er kam ihm auch vor -wie ein Würgengel, und er konnte sich denken, daß er ihm ebenso -gleichgültig wie dem jungen Dragoner die Pistole reichen würde, -wenn er das Geheimnis des Majorats erführe. Der Majoratsherr -liebte aber sein Leben wie alle Kranke und Leidende, und es schien -ihm ein milder Ausweg, den die Hofdame ersonnen, ihn durch diese -Heirat als Sohn dem Hause dergestalt zu verknüpfen, daß bei der -Unwahrscheinlichkeit, in ihrem Alter noch andre Kinder zu bekommen, -er allein die Aussicht und der Mittelpunkt aller Hoffnungen -beider werden müßte. So fand er sich gezwungen, dem Vetter zur -Heirat Glück zu wünschen und ihm seine kindliche Ergebenheit gegen -die Hofdame zu versichern; auch versprach er ihm, künftig mit -ihm im Majoratshause zu wohnen, Gesellschaften zu sehen und -am Hofe sein Glück zu suchen. Dann las ihm der Vetter einige -wohlgereimte Gedichte vor, in denen er dieses Glück besungen -hatte, und empfahl sich erst spät dem schlaftrunkenen Majoratsherrn, -der heimlich allen Versen abgeschworen, seitdem er die edle -Reimkunst mit so fataler nichtiger Fertigkeit hatte handhaben -hören. Und doch konnte er es nicht lassen, einige Reime bis zum -Verzweifeln sich zu wiederholen, und wußte auch nicht, wo er sie -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -gehört hatte, doch meinte er damals, als er die alte Vasthi hinter -der Bildsäule belauerte. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Es war eine alte Jüdin,</p> - <p class="verse">Ein grimmig gelbes Weib;</p> - <p class="verse">Sie hat eine schöne Tochter</p> - <p class="verse">Ihr Haar war schön geflochten</p> - <p class="verse">Mit Perlen, soviel sie mochte,</p> - <p class="verse">Zu ihrem Hochzeitskleid.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">„Ach liebste, liebste Mutter,</p> - <p class="verse">Wie tut mirs Herz so weh; —</p> - <p class="verse">In meinem geblümten Kleide</p> - <p class="verse">Ach laß mich eine Weile</p> - <p class="verse">Spazieren auf grüner Heide,</p> - <p class="verse">Bis an die blaue See.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Gut Nacht! Gut Nacht, Herzmutter,</p> - <p class="verse">Du siehst mich nimmermehr;</p> - <p class="verse">Zum Meere will ich laufen,</p> - <p class="verse">Und sollt ich auch ersaufen,</p> - <p class="verse">Es muß mich heute taufen;</p> - <p class="verse">Es stürmet gar zu sehr!“</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Spät entschlafen unter diesen wiederkehrenden Reimen, wurde er -erst gegen Abend durch den Pistolenschuß erweckt, der sich zur gewohnten -Stunde hören ließ. Fast zugleich trat die alte, gute Aufwärterin -leise ein, und als sie ihn wachend fand, fragte sie: ob er -nicht der Judenhochzeit aus dem Hinterfenster zusehen wolle. — „Wer -wird verheiratet?“ fuhr er auf. — „Die schöne Esther, mit dem armen -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -Lump, der gestern zurückgekehrt ist.“ — Zum Glück war der Majoratsherr -unausgekleidet auf seinem Sofa eingeschlafen, denn Zeit -konnte er nicht verlieren, mit solcher Heftigkeit sprang er nach den -hinteren Fenstern des Hauses, aus denen er den Begräbnisort mit -den wilden Tieren gesehen hatte. Lange Häuserschatten und zwischendurch -strahlende Abendlichter streiften über den grünen Platz -neben dem Begräbnisort, der mit einem schrecklichen Gewirre schmutziger -Kinder eingehegt war. Die Art der Musik, welche jetzt anhub, erinnerte -an das Morgenland, auch der reichgestickte Baldachin, der -von vier Knaben vorausgetragen wurde. Ebenso fremdartig waren -alle Zeichen der Lustigkeit unter den Zuschauern, welche Nachtigallen -und Wachteln künstlich nachahmten, einander zwickten und Gesichter -schnitten, und endlich, zum Teil mit künstlichen Sprüngen, den -Bräutigam begrüßten, der wie ein Schornsteinfeger ein schwarzes -Tuch um den Kopf trug und mit einer Zahl befreundeter Männer -eintrat. Und welche Ungeduld, wie viele seltsame Einfälle unter den -Leuten, als die Braut länger als erlaubt auf sich warten ließ. Aber -endlich kam händeringend ein Weib und schrie unbarmherzig: -„Esther ist tot!“ -</p> - -<p> -Die Musik der Zimbeln und kleinen Pauken schwieg, die Knaben -ließen den Thronhimmel fallen, der wilde Stier brüllte schrecklich -oder wurde jetzt erst gehört. Der Majoratsherr allein, während -alles lief zu schauen, blieb erstarrt in seiner Fensterecke liegen, bis -die Tauben heimkehrend es mit lautem Flügel umflogen, und die -Aufwärterin sagte: „Ach Gott! da haben sie wieder eine mitgebracht; -wer weiß, welchem armen Menschen sie gehört hat, und wieviele -sich darum grämen!“ — „Sie ists,“ rief der Majoratsherr, „die -himmlische Taube, und ich werde nicht lange um sie weinen!“ Er -ging auf sein Zimmer zurück und wagte es nach ihrem Fenster hinzublicken. -Schon waren alle aus ihrem Zimmer entflohen, aus -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -Furcht der Einwirkung eines Toten. Der Verlobte zerriß sein Kleid -vor dem Hause und überließ sich allen Rasereien des Schmerzes, -während die Ältesten von der Beerdigung redeten. Sie lag auf ihrem -Bette. Der Kopf hing herab, und die Haarflechten rollten aufgelöst -zum Boden. Ein Topf mit blühenden Zweigen aller Art stand neben -ihr und ein Becher mit Wasser, aus dem sie wohl die letzte Kühlung -im heißen Lebenskampfe mochte empfangen haben. — „Wohin seid -ihr nun entrückt,“ rief er nun zum Himmel, „ihr himmlischen Gestalten, -die ahnend sie umgaben? Wo bist du, schöner Todesengel, -Abbild meiner Mutter! So ist der Glaube nur ein zweifelhaft Schauen -zwischen Schlaf und Wachen, ein Morgennebel, der das schmerzliche -Licht zerstreut! Wo ist die geflügelte Seele, der ich mich einst in -reinster Umgebung zu nahen hoffte? Und wenn ich mir alles abstreite, -wer legt Zeugnis ab für jene höhere Welt? Die Männer vor dem -Hause reden vom Begräbnis, und dann ist alles abgetan. Immer -dunkler wird ihr Zimmer, die geliebten Züge verschwinden darin.“ -</p> - -<p> -Während er in tränenlosem Wahnsinn so vor sich hinredete, trat -die alte Vasthi mit einer Diebeslaterne in das Zimmer, öffnete einen -Schrank und nahm einige Beutel heraus, die sie in ihre lange Seitentasche -steckte. Dann nahm sie den Brautschmuck der Erstarrten -vom Kopfe und maß mit einem Bande ihre Länge, wohl nicht zu -einem Kleide, sondern zur Auswahl des Sarges. Und nun setzte -sie sich auf das Bett, und es schien, als ob sie bete. Und der Majoratsherr -vergab ihr den Diebstahl für dies Gebet und betete mit -ihr. Und wie sie gebetet hatte, zogen sich alle Züge ihres Antlitzes in -lauter Schatten zusammen, wie die ausgeschnittenen Kartengesichter, -welche, einem Lichte entgegengestellt, mit dem durchscheinenden -Lichte ein menschliches Bild darstellen, das sie doch selbst nicht zu -erkennen geben: sie erschien nicht wie ein menschliches Wesen, sondern -wie ein Geier, der, lange von Gottes Sonne gnädig beschienen, -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -mit der gesammelten Glut auf eine Taube niederstößt. -<span class="centerpic"><img src="images/059.jpg" alt="" /></span> -So setzte -sie sich wie ein Alpdruck auf die Brust der armen Esther und legte -ihre Hände an ihren Hals. Der Majoratsherr meinte einige Bewegungen -am Kopf, an Händen und Füßen der schönen Esther -zu sehen; aber Wille und Entschluß lagen ihm wie immer fern, der -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -Anblick ergriff ihn, daß er es nicht meinte überleben zu können. -„Der grimmige Geier, die arme Taube!“ — Und wie Esther das Ringen -aufgab und ihre Arme über den Kopf ausstreckte, da erlosch -das Licht, und aus der Tiefe des Zimmers erschienen mit mildem -Gruße die Gestalten der ersten reinen Schöpfung, Adam und Eva, -unter dem verhängnisvollen Baume und blickten tröstend zu der -Sterbenden aus dem Frühlingshimmel des wiedergewonnenen -Paradieses, während der Todesengel zu ihrem Haupte mit traurigem -Antlitz in einem Kleide voll Augen mit glänzendem, gesenktem -Flammenschwerte lauerte, den letzten, bittern Tropfen ihren Lippen -einzuflößen. So saß der Engel wartend, tiefsinnig, wie ein Erfinder -am Schlusse seiner mühevollen Arbeit. Aber Esther sprach mit -gebrochener Stimme zu Adam und Eva: „Euretwegen muß ich so -viel leiden!“ — Und jene erwiderten: „Wir taten nur eine Sünde, -und hast du auch nur eine getan?“ — Da seufzte Esther, und wie sich -ihr Mund öffnete, fiel der bittre Tropfen von dem Schwerte des -Todesengels in ihren Mund, und mit Unruhe lief ihr Geist durch -alle Glieder getrieben und nahm Abschied von dem schmerzlich geliebten -Aufenthaltsorte. Der Todesengel wusch aber die Spitze seines -Schwertes in dem offenen Wasserbecher vor dem Bette ab und -steckte es in die Scheide und empfing dann die geflügelte, lauschende -Seele von den Lippen der schönen Esther, ihr feines Ebenbild. -Und die Seele stellte sich auf die Zehen in seine Hand und faltete -die Hände zum Himmel, und so entschwanden beide, als ob das -Haus ihrem Fluge kein Hindernis sei, und es erschien überall durch -den Bau dieser Welt eine höhere, welche den Sinnen nur in der -Phantasie erkenntlich wird: in der Phantasie, die zwischen beiden -Welten als Vermittlerin steht und immer neu den toten Stoff der -Umhüllung zu lebender Gestaltung vergeistigt, indem sie das Höhere -verkörpert. Die alte Vasthi schien aber von all der Herrlichkeit -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -nichts zu erkennen und zu sehen; ihre Augen waren abgewandt, -und als sich der Todeskampf gestillt hatte, nahm sie noch einigen -Schmuck zu sich und hob das Bild von Adam und Eva von der -Wand und schleppte es auch mit fort. -</p> - -<p> -Erst jetzt fiel dem Majoratsherrn ein, daß etwas Wirkliches auch -für diese Welt an allem dem sein könne, was er gesehen, und mit -dem Schrei: „Um Gottes Gnade willen, die Alte hat sie erwürgt,“ -sprang er, seiner selbst unbewußt, auf das Fenster und glücklich -hinüber in das offene Fenster der Esther. Sein Schrei hatte die Totengräber -und den Verlobten ins Haus gerufen. Sie kamen in das -Zimmer, wo sie den Majoratsherrn, den keiner kannte, beschäftigt -fanden, der armen Esther Leben einzuhauchen. Aber vergebens. -Mit Mühe sagte er ihnen, was er gesehen, wie Vasthi sie erwürgt -habe. Der Verlobte rief: „Es ist gewißlich wahr, ich sah sie hinaufschleichen -und sah sie herunterschleichen, aber ich fürchtete mich vor -ihr!“ Die Totenbegleiter verwiesen ihm aber solche frevelhafte Gedanken, -der Fremde sei ein Rasender, vielleicht ein Dieb, der solche -Lügen ersonnen, um sich der Strafe zu entziehen. Da ergriff der -Majoratsherr den Becher mit Wasser und sprach: „So gewiß der -Tod in diesem Wasser sein Schwert gewaschen und es tödlich vergiftet -hat, so gewiß hat Vasthi die arme Esther vor meinen Augen -erwürgt!“ — Bei diesen Worten trank er den Becher aus und sank -am Bette nieder. — Alle sahen an dem Glanze seiner Augen, an der -Bleichheit seiner Lippen, daß ihm sehr wehe sei, und sie hörten seinen -gebrochenen Reden zu. „Sie würgte an ihr schon manches -Jahr,“ sagte er, „und Esther starb in einem Abbilde ihres Lebens, -das mit seinem eiteln Schmuck noch in dem Tode die Raubgier der -Alten und vergebliche Liebe in mir regte. Sie ist dem Himmel ihres -Glaubens nicht entzogen, sie hat ihn gefunden, und auch ich werde -meinen Himmel, die Ruhe und Unbeweglichkeit des ewigen Blaus -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -finden, das mich aufnimmt in seiner Unendlichkeit, sein jüngstes -Kind, wie seine Erstgeborenen, alle in gleicher Seligkeit!“ -</p> - -<p> -Bald wurden seine Worte undeutlicher, und er bewegte kaum noch -die Lippen. Und die Juden alle sagten, daß das Wasser in einem -Sterbezimmer gefährlich und selbst öfter als tödlich erfunden sei bei -gewaltsamen Todesfällen. Sie trugen ihn in das Haus des Leutnants -und erzählten, was er ihnen von den Ereignissen berichtet -hätte. Dieser versicherte ihnen, der Sterbende sei schon lange sehr -kränklich gewesen, und rief eben den Arzt in das Haus, den der -Majoratsherr zuerst erblickt hatte, wie der Tod auf seinem Wagen -gesessen und die beiden Rosse, Hunger und Schmerz, gelenkt habe. -Dieser zuckte die Achseln, machte Versuche mit Stechen und Brennen -und einigen heftigen Mitteln; aber er konnte die Ruhe des Unglücklichen -nicht mehr stören, sondern beschleunigte nur seinen Tod. -</p> - -<p> -Noch am Abend nahm der Leutnant Besitz von dem Majoratshause -und schlief seine erste selige Nacht in dem Prachtbette des Hauses. -Seine glänzende Bedienung, sein Geschmack in der Pracht zeigte -sich zur allgemeinen Bewunderung bei dem Leichenbegängnisse des -Majoratsherrn. Er gab mehrere große Mittagessen, und es verging -keine Woche und jedermann war erstaunt, wie dem Manne -Unrecht geschehen. Viele rühmten seinen echt praktischen Verstand, -wie er sich durch alle Not des Lebens durchgearbeitet habe; andre -erinnerten sich jetzt, wie viele Proben seines Mutes er im Kriege -gegeben; einige verehrten sogar seine Gedichte und erboten sich, sie -herauszugeben. Bald trat er nach seinem Dienstalter in die Armee -ein und reichte als General der alten Hofdame seine Hand, nachdem -er durch die glückliche Erfindungsgabe jenes Arztes von seiner -roten Nase kuriert war. -</p> - -<p> -Dem Hochzeitstage zu Ehren wurde alles Geflügel geschlachtet, das -er im kleinen Hause so lange verpflegt hatte. Die hohen Herrschaften -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> -beehrten ihn selbst mit ihrer Gegenwart, und jedermann rühmte -die Fröhlichkeit und die Pracht dieses Festes. -<span class="centerpic"><img src="images/063.jpg" alt="" /></span> -Um so unruhiger -war die Nacht. Die Ärzte behaupteten, der Vetter habe sich im Weine -übernommen; die Leute im Hause aber berichteten, die Hofdame -habe im zu Bette gehen ein emailliertes Riechfläschchen zerbrochen, -worin der Geist ihres erstochenen Freundes eingeschlossen gewesen. -Dieser Geist habe ihr Bett gegen ihn mit dem Degen verteidigt, und -beide hätten die ganze Nacht gefochten, bis endlich der Herr ermüdet -sich vor ihm zurückgezogen. Die Hofdame verhöhnte ihn am -Morgen als einen törichten Geisterseher, und als er ihr im Zorne -antwortete, drohte sie die Geschichte zu seinem Schimpfe am Hofe -bekannt zu machen. Zu ihren Füßen flehte er, daß sie schweigen -möchte, und sie versprach es unter der Bedingung, daß er sie in -keiner ihrer Launen stören wolle. So mußte er es ruhig dulden, -daß die Hunde der Frau, als diese die Wappensammlung besehen -und offen stehen lassen, mit den kostbarsten Wappen spielten und -sie im Spiel zerbissen. Auch mit der Ordnung seiner Zeit hatte es ein -Ende, denn die Frau verstellte und verdrehte ihm alle Uhren, wenn -die Hunde zum Mittagessen früher eine Lust bezeigten. Auch hatte -er zum Spazierengehen nun so wenig Zeit übrig, seit ihm die Frau -eine gewisse Anzahl junger Hühnerhunde und Hetzhunde zum Abrichten -übergeben hatte. Die gute alte Ursula wagte es, zuzureden, -ihn zum Widerstand aufzumuntern; aber er fürchtete schon bei dem -bloßen Gedanken, daß sie in der nächsten Nacht den Geist aus dem -emaillierten Riechfläschchen loslassen möchte, und jagte sie aus seinem -Dienste; er trug die physische Angst in seinem Herzen, wie ein gebissener -Hahn, der einmal vor seinem Gegner flüchtig geworden ist. -</p> - -<p> -Die Frau kannte diese schwache Seite und trieb ihn mit dieser Furcht -aus allen guten Zimmern des großen Hauses auf ein Bodenzimmer, -um ihre neuen Kolonien von Hunderassen aller Art in den -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -Prachtzimmern wohl unterzubringen. -<span class="centerpic"><img src="images/065.jpg" alt="" /></span> -Ungeachtet seiner Ehrenstellen -wagte er sich unter solchen beschämenden Umständen nicht in -die Welt, die sich der Frau wegen der allmählich verbreiteten Geschichte -ihrer heimlichen Niederkunft und des Kindertausches ohnehin -verschloß. Um so ungestörter gab sie sich ihrer Liebhaberei zu -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -Tieren aller Art und gestattete niemand den Eintritt in das Innere -ihres Hauses. Neugierige Leute lauerten wohl abends vor dem -Fenster, wenn sie durch die Ritzen der Fensterladen die Kronleuchter -hell brennen sahen, und kletterten auch wohl hinan, um etwas -von diesem seltsamen Feste zu ersehen. Sie erzählten dann, daß sie -unzählige Hunde und Katzen an großen wohlbedeckten Tischen -hätten tafeln sehen, und wie der Herr General hinter dem Stuhle -des Lieblingshundes mit einem Teller unter dem Arme aufgewartet -habe, während sie alle mit den artigsten französischen Worten -zum Essen überredet habe. Sie erzählten, wie sie als einen artigen -Einfall belacht habe, als ein paar Hunde die schmutzigen Pfoten -an dem großen Wappen des Majoratsdamastgedeckes abgewischt -hätten, während der Teller des Eheherrn hinter dem Stuhle des -Hundes vom Zittern des unterdrückten Zornes an den Uniformknöpfen -den hellsten Triller geschlagen habe. „Wir sind jetzt alle -bei recht guter Laune“, hatte sie da befragt gesagt, „lesen Sie uns -Ihr Gedicht auf den Namenstag meines Kartusch vor!“ Als der -Horcher bei diesen Worten laut auflachte, brachte dies dem ganzen -Feste eine Störung. Die Frau schalt, die Hunde bellten, der General -schickte seine Leute hinaus. Alle Zuschauer flüchteten, und am anderen -Tage wurde das Haus mit einem hohen, eisernen Gitter umgeben, -so daß niemand mehr diesen Heimlichkeiten zusehen konnte. -</p> - -<p> -Mit diesem Gitter schließen sich auch, zufällig oder historisch, je nachdem -man es ansehen will, die Nachrichten von den Majoratsherren. -Die Stadt hatte während des Revolutionskrieges sehr bald -Gelegenheit, andere Leutnants und Generale zu beobachten. Es -war eine so unruhige Zeit, daß die alten Leute gar nicht mehr mitkommen -konnten und deswegen unbemerkt abstarben. -<span class="centerpic"><img src="images/067.jpg" alt="" /></span> -So erging -es wenigstens dem Majoratsherrn, seiner Frau und ihren Hunden -nach einigen heftigen Auftritten, in denen einer der fremden -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -Offiziere, der eine bessere Hausordnung zu stiften sich berufen glaubte, -die Hunde auf gewaltsame Weise aus dem Staatszimmer hetzte -und den alten Majoratsherrn in seine Rechte auf die Hausherrschaft -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -wieder einzusetzen strebte. Bald darauf kam die Stadt unter -die Herrschaft der Fremden; die Lehnsmajorate wurden aufgehoben, -die Juden aus der engen Gasse befreit, der Kontinent aber -wie ein überwiesener Verbrecher eingesperrt. Da gab es viel heimlichen -Handelsverkehr auf Schleichwegen, und Vasthi soll ihre Zeit so -wohl benutzt haben, daß sie das ausgestorbene Majoratshaus durch -Gunst der neuen Regierung zur Anlegung einer Salmiakfabrik für -eine Kleinigkeit erkaufte, welche durch den Verkauf einiger darin übernommenen -Bilder völlig wiedererstattet war. So erhielt das Majoratshaus -eine den Nachbarn zwar unangenehme, aber doch sehr nützliche -Bestimmung, und es trat der Kredit an die Stelle des Lehnrechtes. -</p> - -<div class="centerpic" id="img-068"> -<img src="images/068.jpg" alt="" /></div> - -<p class="printer"> -Achim von Arnim’s „Die Majoratsherren“ -mit den Zeichnungen von Alfred Kubin -wurde im Auftrage des Avalun-Verlages, -Wien, neunzehnhundertzweiundzwanzig -bei Jakob Hegner in Hellerau bei Dresden -in Jean-Paul-Fraktur auf Bütten gedruckt. -</p> - - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="part"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p> -Die folgenden Fehler wurden wie hier aufgeführt korrigiert (vorher/nachher): -</p> - -<ul> - -<li> -... in <span class="underline">ununsern</span> ...<br /> -... in <a href="#corr-0"><span class="underline">unsern</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... von <span class="underline">den</span> Grausamen zurück, der sie mit kannibalischer Begierde ansieht. ...<br /> -... von <a href="#corr-2"><span class="underline">dem</span></a> Grausamen zurück, der sie mit kannibalischer Begierde ansieht. ...<br /> -</li> - -<li> -... beschwichtigt worden sei. <span class="underline">Jederman</span> gebe ihr laut schuld, daß ...<br /> -... beschwichtigt worden sei. <a href="#corr-4"><span class="underline">Jedermann</span></a> gebe ihr laut schuld, daß ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Die Majoratsherren, by Achim von Arnim - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE MAJORATSHERREN *** - -***** This file should be named 50833-h.htm or 50833-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/0/8/3/50833/ - -Produced by Jens Sadowski -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive -specific permission. If you do not charge anything for copies of this -eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook -for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, -performances and research. They may be modified and printed and given -away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks -not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org - - - -Section 3. 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Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate - -Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. - -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - - - -</pre> - -</body> -</html> diff --git a/old/50833-h/images/007.jpg b/old/50833-h/images/007.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index cd00d05..0000000 --- a/old/50833-h/images/007.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/50833-h/images/009.jpg b/old/50833-h/images/009.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index aae563d..0000000 --- a/old/50833-h/images/009.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/50833-h/images/011.jpg b/old/50833-h/images/011.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 781af5b..0000000 --- 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