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You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org/license - - -Title: Das Paradies - Geschichten und Betrachtungen - -Author: Francis Jammes - -Translator: Emil Alphons Rheinhardt - -Release Date: April 26, 2016 [EBook #51871] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS PARADIES *** - - - - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - - - - Das Paradies - - - Geschichten und Betrachtungen - von - Francis Jammes - - Kurt Wolff Verlag / Leipzig - - Bücherei »_Der jüngste Tag_«, Bd. 58/59 - - Gedruckt bei E. Haberland, Leipzig - - Berechtigte Übertragung von E. A. Rheinhardt - - - - - DAS PARADIES - - -Der Dichter sah seine Freunde an, die Anverwandten, den Priester, den -Arzt und den kleinen Hund, alle, die in seinem Zimmer versammelt waren --- und starb. Auf ein Stück Papier wurde sein Name geschrieben und sein -Alter: er war achtzehn Jahre alt. - -Da ihn die Freunde und Anverwandten auf die Stirne küßten, fühlten sie, -daß er kalt geworden war. Er aber empfand ihre Lippen nicht mehr, denn -er war im Himmel. Und nun fragte er sich auch nicht mehr, wie er es auf -Erden immer getan hatte, wie denn dieser Himmel eigentlich sei. Da er -darinnen war, verlangte es ihn nach nichts anderem mehr. Seine Eltern, -die vielleicht (wer weiß das?) vor ihm gestorben waren, kamen ihm -entgegen. Sie weinten nicht, und auch er weinte nicht, denn sie hatten, -alle drei, einander niemals verlassen. - -Seine Mutter sagte ihm: »Geh, kühl den Wein ein! Wir werden dann gleich -in der Laube des Paradiesgartens mit dem lieben Gott zum Mittagessen -gehn.« - -Sein Vater sagte ihm: »Geh dort unten Obst pflücken! Hier gibt es keine -giftigen Früchte. Und die Bäume reichen dir gern ihre Früchte. Ihre -Blätter und Zweige leiden nicht unter deinem Pflücken, denn sie sind -unerschöpflich.« - -Der Dichter wurde von Freude erfüllt, da er nun wieder seinen Eltern -gehorchen konnte. Als er aus dem Obstgarten zurückkam und die Weinkrüge -in das Wasser gestellt hatte, erblickte er seine alte Hündin, die vor -ihm gestorben war. Zärtlich schweifwedelnd lief sie herbei und leckte -ihm die Hände und er streichelte sie. Und mit ihr waren alle Tiere da, -die ihm auf Erden die liebsten gewesen waren: ein kleiner rothaariger -Kater, zwei junge graue Kater, zwei schneeweiße Kätzchen, ein Gimpel und -zwei Goldfische. - -Er sah den Tisch gedeckt und an ihm sitzend den lieben Gott, den Vater -und die Mutter und neben ihnen ein schönes junges Mädchen, das er unten -auf der Erde liebgehabt hatte, und das ihm in den Himmel gefolgt war, -obwohl es nicht gestorben war. Und nun erkannte er mit einem Male, daß -der Paradiesgarten der Garten seines irdischen Vaterhauses sei, in dem -wie ehdem und immer die Lilien und Granatbäume blühten und der Kohl -wuchs. - -Der liebe Gott hatte seinen Stock und seinen Hut auf den Boden gelegt. -Er war angetan wie die Armen der großen Landstraßen, die einen Wecken -Brotes in ihrem Quersacke tragen und die die Obrigkeit an den Eingängen -der Städte anhalten und ins Gefängnis werfen läßt, weil sie nichts -haben, was für sie bürgt. Seine Haare und sein Bart waren weiß wie das -große Licht des Tages und seine Augen tief und dunkel wie die Nacht. - -Er sprach -- und seine Stimme war sanft --: »Die Engel sollen kommen und -uns bedienen, denn es ist ihr Glück, zu dienen.« Da kamen auch schon auf -allen Wegen des himmlischen Gartens die Heerscharen herangeeilt. Und das -waren die treuen Dienstboten, die im irdischen Leben den Dichter und -seine Familie geliebt hatten. Da kam nun der alte Johann, der ertrunken -war, als er einen kleinen Jungen retten wollte, die alte Marie, die an -einem Sonnenstiche gestorben war, da war der humpelnde Peter, Johanna -war da und noch eine andere Johanna. Und der Dichter erhob sich von -seinem Sitze, um ihnen die Ehre zu erweisen, und er sprach zu ihnen: -»Setzt euch auf meinen Platz, denn ihr müßt neben Gott sitzen.« Gott -lächelte, da er ihre Antwort schon wußte, noch ehe sie geredet hatten. -Sie aber sagten: »Unser Glück ist, zu dienen. Und so sind wir bei Gott. -Dienst du selber nicht auch deinem Vater und deiner Mutter? Und dienen -sie wiederum nicht IHM, der uns dient?« - -Mit einem Male sah er nun den Tisch anwachsen und neue Gäste sich daran -niederlassen. Das waren Vater und Mutter seines Vaters und seiner Mutter -und die Geschlechter alle, die ihnen vorangegangen waren. - -Es wurde Abend. Die Ältesten schliefen ein. Der Dichter und seine -Freundin hatten einander lieb. Und Gott, den sie empfangen hatten, ging -seiner Wege, gleich jenen Armen der großen Landstraßen, die einen Wecken -Brotes in ihrem Quersacke tragen und die die Obrigkeit an den Eingängen -der großen Städte anhalten und ins Gefängnis werfen läßt, weil sie -nichts haben, das für sie bürgt. - - - - - DAS PARADIES DER TIERE - - -Ein armes altes Pferd stand mit seinem Wagen träumend vor der Tür eines -elenden Wirtshauses, in dem Weiber kreischten und Männer gröhlten. Es -regnete, Mitternacht war nahe. Das arme dürre Pferd wartete nun hier -todtraurig mit herabgesunkenem Kopfe und schwachen Beinen, daß ihm das -Vergnügen der wüsten Menschen da drinnen endlich erlauben möchte, in -seinen elenden stinkenden Stall zurückzukommen. Schreiende Zoten von -Männern und Weibern klangen ihm in seinen halben Schlaf. Mit Mühe hatte -es sich in der langen Zeit daran gewöhnt und verstand nun mit seinem -armen Hirn, daß der Schrei der Dirnen nichts Bedeutsameres sei als der -ewig gleiche Lärm des Rades, das sich dreht. - -Diese Nacht nun träumte ihm verschwommen von einem kleinen Füllen, das -es einmal gewesen war, von einer Wiese, auf der es, noch ganz rosig, -seine Sprünge gemacht hatte, und von seiner Mutter, die ihm zu trinken -gegeben hatte. Da stürzte das alte Pferd plötzlich tot hin auf das -schmutzige Pflaster. - -Das Pferd kam an das Tor des Himmels. Ein großer Weiser stand davor und -wartete, daß Sankt Petrus käme und ihm öffne. Er sagte zu dem Pferde: -»Was willst du denn hier? Du hast kein Recht, in den Himmel zu kommen. -Ich habe das Recht, denn ich bin von einer Frau geboren worden.« Das -alte Pferd erwiderte ihm: »Meine Mutter war eine liebe Stute. Sie war -alt und ausgesogen von den Blutsaugern, als sie starb. Ich komme jetzt, -um den lieben Gott zu fragen, ob sie hier ist.« Da öffnete das Tor des -Himmels seine beiden Flügel den Einlaßheischenden und das Paradies der -Tiere lag vor ihnen. Das alte Pferd erkannte sogleich seine Mutter, und -auch diese erkannte es, und sie begrüßten einander wiehernd. Da sie nun -beide auf der großen himmlischen Wiese standen, hatte das Pferd eine -große Freude, denn es erblickte alle seine Gefährten aus dem einstigen -Elend wieder und es sah, daß sie für immer glücklich waren. Alle waren -da: die, die ausgleitend und stolpernd einst auf dem Pflaster der Städte -Steine geschleppt hatten und lahmgeschlagen vor den Lastwagen -zusammengebrochen waren. Die waren da, die mit verbundenen Augen zehn -Stunden im Tage im Karussell die Holzpferde gedreht hatten, und die -Stuten, die bei den Stierkämpfen an den jungen Mädchen vorbeigerast -waren, die rosig vor Freude sahen, wie die Leidenskreaturen ihre -Eingeweide durch den glühenden Sand der Arena schleiften. Und viele, -viele andere noch waren da. Und alle gingen nun in Ewigkeit über das -große Gefilde der göttlichen Stille. - -Alle Tiere waren glücklich. Zierlich und geheimnisvoll. Selbst dem -lieben Gott, der ihnen lächelnd zusah, ungehorsam, spielten die Katzen -mit einem Knäuel Bindfaden, den sie mit leichter Pfote weiterrollten, -voll des Gefühles geheimer Wichtigkeit, die sie nicht mitteilen wollten. -Die Hündinnen, die guten Mütter, verbrachten ihre Zeit damit, ihre -winzigen Jungen zu säugen. Die Fische schwammen ohne Angst vor dem -Fischer dahin. Der Vogel flog, ohne den Jäger zu fürchten. Und so war -alles. Und nicht einen Menschen gab es in diesem Paradiese. - - - - - DIE GÜTE DES LIEBEN GOTTES - - -Sie war ein hübsches und zartes kleines Geschöpf und arbeitete in einem -Laden. Sie war nicht sehr klug, wenn man das so sagen will, aber sie -hatte dunkle Augen voll Sanftheit, die einen ein bißchen traurig -anschauten und sich dann gleich senkten. Viel Zärtlichkeit war in ihr -und jene schlichte Alltäglichkeit, die nur die Dichter verstehn können, -und die einzig das Reinsein von allem Hasse mit sich bringt. - -Sie sah so einfach aus wie das bescheidene Zimmer, darin sie mit ihrer -kleinen Katze, die ihr jemand geschenkt hatte, wohnte. Jeden Morgen, -bevor sie zu ihrer Arbeit ging, ließ sie ein Näpfchen Milch für die -Katze zurück. Diese hatte ebenso wie ihre Herrin gute, traurige Augen. -Sie wärmte sich in der Sonne auf dem Fensterbrette, auf dem ein -Basiliumstöckchen stand, oder sie leckte sich ihre kleinen Pfoten wie -einen Pinsel glatt und kraute sich die kurzen Kopfhaare, oder sie hielt -eine Maus vor sich fest. - -Eines Tages waren Katze und Herrin schwanger, die eine von einem schönen -Herrn, der sie verlassen hatte, die andere von einem schönen Kater, der -sich nicht mehr sehen ließ. Der Unterschied war nur, daß das arme -Mädchen krank und kränker wurde und schluchzend seine Zeit hinbrachte, -während die Katze sich in der Sonne mit allerlei fröhlichen Drehungen -und Wendungen vergnügte und ihr weißer, spaßhaft aufgetriebener Bauch -schimmerte. Die Katze hatte ihre Liebeszeit nach der des Mädchens -gehabt, was die Dinge so gestaltete, daß beide um den gleichen Zeitpunkt -ihre Niederkunft zu erwarten hatten. - -Die kleine Arbeiterin erhielt nun in diesen Tagen einen Brief von dem -schönen Herrn, der sie verlassen hatte. Er sandte ihr fünfundzwanzig -Franken und erzählte ihr dazu, wie herrlich großmütig er sei. Sie kaufte -ein Kohlenbecken, Kohlen, für einen Sou Zündhölzer -- und tötete sich. - -Als sie im Himmel ankam, in den einzutreten sie erst ein junger Priester -hatte hindern wollen, zitterte das hübsche zarte kleine Geschöpf zuerst -in dem Gedanken, daß sie schwanger sei und Gott sie verdammen könne. -Aber der liebe Gott sprach zu ihr: »Meine Freundin, ich habe dir ein -hübsches Zimmer vorbereitet. Geh hin und bring darin dein Kindlein zur -himmlischen Welt! Hier im Himmel geht alles gut vorüber, und du wirst -nicht mehr sterben müssen. Ich liebe die Kinder -- lasset sie zu mir -kommen!« - -Als sie das Zimmerchen betrat, das sie im Hause der himmlischen Güte -erwartete, sah sie, daß ihr der liebe Gott eine Überraschung bereitet -hatte. - -Er hatte ihr in einem schönen Körbchen die Katze, die sie liebte, dahin -bringen lassen. Und auf dem Fensterbrette stand ein Basiliumstöckchen. -Sie ging zu Bett. Und sie bekam ein schönes blondes kleines Mädchen und -die Katze bekam vier schöne schwarze köstliche kleine Kater. - - - - - DER WEG DES LEBENS - - -Ein Dichter setzte sich eines Tages an seinen Tisch, um eine Geschichte -zu schreiben. Aber es wollte ihm kein einziger Einfall kommen. Dennoch -war ihm fröhlich zumute, denn die Sonne überglänzte den Geraniumstock -auf seinem Fensterbrette und inmitten des offenen blauen Fensters flog -surrend eine Fliege auf und nieder. Und da sah er mit einem Male sein -Leben vor sich. Es war eine weite weiße Straße, die, ausgehend von einem -dunklen Haine, darin die Wasser murmelten, bis an einen kleinen stillen -Grabhügel führte, den Dornsträucher, Nesseln und Seifwurz überwucherten. -In dem dunklen Wäldchen erblickte er den Schutzengel seiner Kindheit. -Der hatte goldene Flügel wie eine Wespe, blondes Haar und ein Antlitz so -still wie das Wasser eines Brunnens an einem Sommertage. - -Der Schutzengel sprach zu dem Dichter: »Erinnerst du dich der Zeit, da -du noch klein warst? Du kamst mit deinem Vater und deiner Mutter, die -hier angeln wollten, hierher. Die Wiese da war heiß, viele Blumen gab es -und Heuschrecken. Weißt du noch, daß die Heuschrecken aussahen wie -abgebrochene Halme, die sich bewegten? Mein Freund, willst du den Ort -wiedersehen?« Der Dichter sagte: »Ja.« Und sie gelangten zusammen an das -blaue Ufer, darüber blau der Himmel und schwarz die Haselnußsträucher -hingen. »Sieh deine Kindheit!« sprach der Engel. Der Dichter sah auf das -Wasser nieder, weinte und sagte: »Ich sehe nicht mehr die sanften -Gesichter meiner Mutter und meines Vaters sich hier spiegeln. Hier haben -sie sich immer ans Ufer gesetzt. O, sie waren still, gütig und -glücklich! Ich trug eine weiße Schürze, die ich immer schmutzig machte -und die mir die Mutter dann mit dem Taschentuche sauber rieb. Lieber -Engel, sag mir, wo sind die Spiegelbilder ihrer sanften Gesichter? Ich -sehe sie nicht mehr, ich sehe sie nicht mehr!« In diesem Augenblicke -löste sich ein schönes Sträußchen Haselnüsse von einem der Sträucher, -schwamm und wurde von der Strömung davongetragen. Da sprach der Engel zu -dem Dichter: »Das Spiegelbild deines Vaters und deiner Mutter ist von -der Strömung des Wassers davongetragen worden wie dieses Sträußchen -Früchte. Denn alles geht dahin, die Dinge und die Erscheinungen. Das -Bildnis deiner Eltern ist im Wasser vergangen, und was davon übrig -blieb, heißt Erinnerung. Besinne dich und bete, und du wirst die -geliebten Bilder wiederfinden!« Als in diesem Augenblicke ein azurblauer -Eisvogel über das Schilf dahinflog, schrie der Dichter auf: »O Engel, -sehe ich nicht in den blauen Flügeln dieses Vogels die Augen meiner -Mutter wieder!« Und das himmlische Wesen sagte: »So ist es. Doch sieh -weiter!« Und aus dem Wipfel eines Baumes, auf dem eine Turteltaube ihr -Nest gebaut hatte, flatterte eine Feder leicht und weiß, sich drehend, -zur Erde nieder. Und der Dichter schrie auf: »Ist dieser weiße Flaum -nicht die reine Sanftheit meiner Mutter?« Und das himmlische Wesen -sagte: »So ist es!« Ein leichter Hauch kräuselte das Wasser und rauschte -durch das Laub. Und der Dichter fragte: »Höre ich nicht die milde und -dunkle Stimme meines Vaters?« Und das himmlische Wesen sagte: »So ist -es!« - -Sie gingen zusammen weiter auf dem Wege, der aus dem Wäldchen kam und -das Ufer entlang führte. Mit einem Male wurde unter der Sonne die weite -Straße blendend weiß. Sie war nun wie das Linnen auf dem heiligen -Abendmahlstische. Und zur Rechten und zur Linken klangen verborgene -Wasser wie heilige Glocken. Da fragte der Engel: »Kennst du diese Stelle -deines Lebens?« »Hier ist«, sagte der Dichter, »der Tag meiner ersten -Kommunion. Ich denke an die Kirche, an die glücklichen Gesichter meiner -Mutter und meiner Großmutter. O, ich war traurig und glücklich zugleich. -Wie glühend habe ich mich hingekniet! Schauer liefen mir über die Haut -des Kopfes. Abends beim Familienmahle küßten sie mich und sagten: Du -warst der Schönste!« In dieser Erinnerung verging der Dichter -aufschluchzend. Und also weinend war er schön wie am Tage der heiligen -Feier, und seine Tränen fielen auf seine Hände wie Weihwasser. Und sie -gingen zusammen die Straße weiter. - -Der Tag neigte sich schon. Die hohen Pappeln am Straßenrande bogen sich -sacht. Eine von ihnen, die ferne inmitten einer Wiese stand, glich einem -großen jungen Mädchen. Und der Himmel war nun so wunderbar in Blässe und -Blau getönt, daß er aussah wie die Schläfe einer Jungfrau. Der Dichter -gedachte der ersten Frau, die er geliebt hatte. Und der Schutzengel -sprach zu ihm: »Diese Liebe war so rein und so voll der Schmerzen, daß -sie mich nicht betrübt.« Indes sie nun weiterschritten, wuchs sanfter -Schatten um sie und eine Herde Lämmer zog an ihnen vorbei. Da das -himmlische Wesen das Leiden des Dichters sah, hatte es ein Lächeln auf -seinem Antlitze, schwer und süß wie das Lächeln einer kranken Mutter. -Und seine goldenen Flügel verwehten den schauernden Hauch von Abend. - -Bald entzündeten sich die Sterne hoch oben im Schweigen. Da glich der -Himmel dem Totenbette eines Vaters, umgeben von Kerzen und stummer -Klage. Und die Nacht war wie eine große Witwe, die auf der Erde kniet. -»Erkennst du das?« fragte der Engel. Der Dichter redete nicht und kniete -nieder. - -Endlich gelangten sie dahin, wo die Straße bei dem kleinen Grabhügel, -den Dornsträucher, Nesseln und Seifwurz überwucherten, zu Ende ging. Und -der Engel sprach zu dem Dichter: »Ich wollte dir deinen Weg zeigen: hier -ist der Ort, an dem du ruhen wirst, hier, nicht ferne den Wassern. Sie -werden dir Tag um Tag das Bild deiner Erinnerungen bringen, das azurne -Blau des Eisvogels, das den Augen deiner Mutter gleicht, den weißen -Flaum der Turteltaube, der sanft ist wie sie, das Rauschen des Laubes, -das wie die milde und dunkle Stimme deines Vaters ist, das Leuchten der -Straße, weiß wie deine erste Kommunion, und die pappelschlanke Gestalt -der ersten Frau, die du geliebt hast. Und endlich werden dir die Wasser -die große leuchtende Nacht bringen.« - - - - - DIE KLEINE NEGERIN - - -Manchmal haftet mein Gedanke an dem Vergilben der alten Seekarten und -ich höre das Brausen der Monsune im Fieber meines Hirns. Aber wie? Muß -ich denn, um für dieses Leben etwas übrig zu haben, auch jenes -heraufholen, das ich vielleicht vor meiner Geburt zwischen zweien -schwarzen Sonnen geführt habe? Die ungewisse Landschaft rollte Sterne -dahin in das zerrissene Stöhnen eines Ozeans ... - -Jemand kratzte an meiner Tür. Ich rief: »Herein!« Es war eine junge -Negerin in einem blauen Überwurfe, der bis zur Hälfte der Schenkel -reichte. Sie setzte sich auf den Boden und streckte ihre gefalteten -Hände gegen mich; und ich sah, daß auf ihren nackten Armen -Peitschenstriemen waren. »Wer hat dir das getan?« fragte ich sie. Sie -antwortete nicht und zitterte an allen Gliedern. Sie verstand mich nicht -und fragte sich vielleicht, ob auch ich sie mißhandeln wolle. - -Ganz sachte schob ich ihr Kleid zur Seite und sah, daß auch ihr Rücken -wund war. Ich wusch sie. Aber sie flüchtete, entsetzt von dieser Güte, -unter den Tisch meiner Hütte. Ich hatte Tränen in den Augen. Ich -versuchte, sie zu rufen. Aber ihre Blicke, wie die einer geschlagenen -Hündin, flohen mich. Ich hatte da ein paar Kartoffeln und ein wenig -Butter. Ich zerdrückte sie mit einem Holzlöffel in einem Napfe, machte -eine Brühe davon und stellte sie in einiger Entfernung von der -Hingekauerten auf den Boden hin. Dann zündete ich meine Pfeife an. Aber -wie groß war mein Erstaunen, als sie plötzlich auf allen Vieren zu einer -Ecke der Stube kroch, wo ich ein paar Blumen liegen gelassen hatte. Sie -richtete sich jäh auf und griff mit einer lebhaften Bewegung danach. - -Seit jenem Abenteuer mochten etwa hundertfünfzig Jahre vergangen sein, -als ich ihr von neuem begegnete. Ich wenigstens war davon überzeugt, daß -sie es war. Es war im peruanischen Speisehause in Bordeaux. Sie wischte -hier an dem Glase eines mürrischen Studenten, der gefunden hatte, es sei -nicht sauber genug. - - - - - RONSARD - - -Meine Mutter hat ein altes Glas bekommen, ein Glas, wie das gewesen sein -muß, aus dem Ronsard dem Jean Brinon einen Trunk geboten hat. Wie mag -Ronsard gewesen sein? Sicherlich hat er ein Gewand aus Hermelin -getragen. Und während die großen Regen der alten Zeiten die -Haselnußsträucher am Loir peitschten, saß er mit einem dicken alten -Folianten in der Kaminecke seines Schlosses. Es muß ein -Sonntagnachmittag um drei Uhr gewesen sein. Ein Frosch quakte in seiner -Lache, in die die Lanzen des Regens splitterndes Licht spritzten. Marie -oder Genoveva oder eine andere betrat das Gemach und setzte sich zu ihm. -Und er legte, ohne das Buch zu schließen, sanft seine freie Hand auf das -Knie der Geliebten. Und er lächelte. Er dachte an Odysseus, der über die -grauen Meere irrt, an Helena, an das Urteil des Paris, an Troja und an -die Bogenschützen, die nackt und helmtragend an der Mauerbrüstung knien -und den Bogen auf antikische Art spannen. - -Wenn die Wasser der Pyrenäenbäche meinen Namen in die Nachwelt tragen -wie die Wasser der Vendôme den des Ronsard, wenn je ein Jüngling, dem -das Herz schwer und beklommen ist vom Dufte der Nelken, die ein -Schulmädel an der Brust trägt, sich fragen sollte, wie ich gewesen sein -mag, möge er sich antworten: »An diesem regengrauen Allerheiligentage -hatte Francis Jammes sein Herz gar nicht schwer und beklommen vom Dufte -der Nelken, die ein Schulmädchen an der Brust trägt. (Übrigens gibt es -ja im Herbste keine Nelken!) Er rauchte vielmehr seine Pfeife und -pflanzte Sauerklee in einen Blumentopf, um den Schlaf der Pflanzen zu -studieren.« An der einen Wand seines Zimmers hing ein Epinaler -Bilderbogen, der das »einzige wahrhaftige Bild des ewigen Juden« -darstellte. Er zeigte den ewigen Juden mit einem wunderlichen Hute, -einem Mantel, in blauen Pantoffeln, und einem roten Gewande, wie ihm -gerade Brabanter Bürger einen Krug schäumenden Bieres reichen. Das -Wirtshaus darauf ist wirklich poetisch; Reben ranken daran empor und -große Rosen beugen sich zum Erdboden nieder -- -- wie die Armen, die -Bettellieder singen und sich zur Erde beugen. Und das alles ist im -Lichte des Abendrotes gegen Ende des friedlichen Sommers dargestellt. - -An diesem Tage nun warf Francis Jammes einen kurzen Blick auf seinen -Ruhm. Dieser ganze Ruhm lag auf seinem Tische und bestand in dem -Umschlag eines Briefes, den ihm ein Mönch aus Deutschland geschrieben -hatte, aus dem Briefe eines ihm unbekannten Holländers, der Walch hieß, -und dem Briefe eines jungen Mädchens. Francis Jammes lächelte. Dann -klopfte er an seinem Finger die Asche aus der Pfeife -- -- -- und war -entschlossen, den Toten Ehre zu erweisen. - - - - - ROBINSON CRUSOE - - -Ich setze diese Verse hierher; sie sind aus einem Gedichte, das ich in -Holland geschrieben habe: - - Robinson Crusoe hat (so glaub ich), da er heimfuhr - Von seinem grünen schattigen Eiland, das - Voll frischer Kokosnüsse war, auch Amsterdam berührt. - Wie hat es ihn gepackt, als er die ungeheuren - Tore mit ihren wuchtigen Klopfern schimmern sah! - Stand er voll Neugier hier vor den Gewölben, - In denen Schreiber über Rechnungsbüchern saßen? - Mußte er weinen, da sein lieber Papagei - Ihm einfiel und der plumpe Sonnenschirm, - Der Schutz war auf dem milden traurigen Eiland? - - »Gepriesen seist du, ewiger Gott!« so rief er, - Als er die tulpenübermalten Truhen sah. - Allein sein Herz, betrübt in Heimkehrfreude, - Sehnte sich nach dem Lama, das allein im Weinberg - Des Eilandes zurückgeblieben, das vielleicht gestorben war. - -Was aus den Worten und Bildern dieses Buches seit der Kindheit am -lebendigsten vor mir steht, das ist nicht die Schönheit der Weinreben, -die so tiefen Schatten gaben, noch ist es der Fisch, den er mit einer -Schnur und einem Haken daran gefangen hat, nicht die einsame Kokospalme -in der blauen Glut des Morgens ist es, noch auch sind es die rosigen und -purpurnen Flecken der Meeresküste bei Ebbe, voll des Seegetiers, nicht -das gebratene Zicklein, das er mit Salz aus einer Felsmulde gesalzen -hat, ist es, was mich so ganz ergriffen hat; auch die Eier der -schläfrigen Schildkröten sind es nicht. Noch ist es die Fieberkrankheit, -die der Trunk Wassers, darein er Rum getan hatte, allmählich gelindert -hat, weder der Papagei ist es, noch die Freundschaft mit dem Hund und -der Katze, nicht der verzweifelte Glanz der Sonne, die er auf den Kompaß -gemalt hatte, und nicht die Quelle süßen Wassers ist es, es sind auch -nicht die Speisen, die er sich so kunstlos bereitet hat (obwohl ich mich -gerade ihrer vielleicht am häufigsten erinnert habe!), all das hat mich -nicht so erschüttert wie Robinson Crusoes Alter. - -Immer wieder muß ich an die Zeit seines Lebens denken, da er wieder in -der Menge verschwunden war und dann, zweiundsiebzig Jahre alt geworden, -einsamer ist, als er es je zuvor war. In einem Gewande aus -blumendurchwirktem Sammet saß er in seinem düsteren kleinen Gemache in -London, das eine unendliche Güte gleich dem matten Licht in Sturmwettern -erfüllte, und wußte nichts mehr zu erwarten als den Frieden des Todes. - -Ich grüße dich, mein Bruder Crusoe! Auch mich haben die Orkane des -Lebens auf eine wüste Insel geworfen; und nun, wohin immer ich schaue, -gewahre ich nichts mehr als das betäubende und eintönige Wasser. -Zuweilen trägt es mir treibende Trümmer zu, die ich dann einen -Augenblick lang schweigend betrachte. Bald aber ergreift mich mein -Träumen wieder, das nun seinen Frieden gemacht hat mit dem großen -Dröhnen des unendlichen Meeres, und manchmal schon findet sich ein -Lächeln in mein Gesicht. Wie der Zyklon still wird! - -O mögen in meinem Alter Gottes Palmen mein Herz wie die friedliche -Weinlaube deines Eilandes überschatten! - - - - - DAS GRABMAL DES DICHTERS - - -Wenn ich an meiner Dichtung mit derselben Sorgfalt gearbeitet habe wie -ein ordentlicher Schuster an seinem Stücke Leder, dann betrachte ich den -schönen Baum im Garten des Hauses, in dem Alfred de Vigny gewohnt hat, -als er in Orthez Soldat war. Der Handlungsreisende, der seinen -Musterkoffer in die Apotheke oder den Buchladen trägt, weiß so wenig, -daß hier der Dichter Alfred de Vigny gewohnt hat, wie das Rind, das zur -Weide trottet, oder der Distelfink, der an seinen Futterhalmen pickt. - -Diese Unwissenheit der Städte in allem, was ihre großen Männer angeht, -hat ihren guten Grund. Sie bewahren von ihnen nur das in ihrer -Erinnerung, was im Einklange mit ihrem eigenen Wesen stand. Wenn nur -Cervantes, der groß ist wie Homer, einmal wiederkehren wollte in die -Francosgasse zu Madrid, in der er gestorben ist, und den Schatten seiner -dereinstigen Hauswirtin fragte: »Habt Ihr einen Dichter des Namens -Miguel Cervantes de Saavedra gekannt, der den Don Quichote geschrieben -hat?« Er bekäme zweifellos zur Antwort: »Wenn Ihr einen Einarmigen -meint, den hab' ich gekannt, aber einen Dichter nicht.« - -Fordert nicht Gott selber durch diese Unwissenheit, daß man die Toten -ruhen lasse in Frieden und ihnen nicht allerorten marmorne Denksteine -errichte? Stolzer ist kein Denkmal der Toten als das, das sich -tagtäglich rings um uns erhebt. Ein jeder Pfirsichbaum, der in der Blüte -steht oder die Last seiner Früchte trägt, ist Denkmal eines Dichters so -wie jeder Sperling und jede Ameise. Daß im Garten des Dichters des Eloah -der Tulpenbaum golden aufglänzt, daß dort bei den Akazien, wo der -Brunnen fließt, die Ziegen den Schatten der Mauer entlang gehen, ist das -rechte Grabmal. - -Ich weiß bestimmt, daß die, die (wie Valéry Larbaud, André Gide und -Guillaumin) sich um das Andenken eines Dichters wie Charles Louis -Philippe mühen, nur den edelsten Gefühlen gehorchen. Aber sie sollten -doch nicht die Büste, die Bourdelle dem Dichter gemeißelt hat, dem -Denkmale gegenüberstehen lassen, das Gott selbst ihm in Cérilly -errichtet hat: der Werkstattbude (die wie der Himmel nur eine Türe hat), -darin ein Handwerker Holzschuhe macht. Ich weiß wohl, daß das Erz -widerstandskräftig ist, wie die zähe Unbeirrbarkeit des Dichters, dessen -Beruf es ist (in diesem Sinne gleicht er dem des Fliegers), -niederzustürzen aus höchster Höhe und sich, wenn er den Sturz überlebt, -noch höher zu erheben. Aber das Erz, das unser Gedenken weiterleben -sieht, wird von der Zeit versehrt. Dreihundert Jahre werden hingehn; -diese Bergketten werden nicht mehr sein und für ihr einstiges Dasein -wird nur mehr die menschliche Logik Zeugnis ablegen, denn sie werden -abgetragen und in die Winde verweht sein -- und wie sie wird auch die -Büste aus Erz dem Erdboden gleich geworden sein. Dableiben aber wird der -Geruch des Buchen- oder Nußholzes, eine alte Frau wird da sein, eine -kleine Katze, die sich in der Sonne wärmt, eine abgetretene Türschwelle -und der Azur des Himmels, und all das Bleibende wird Zeugnis ablegen für -Charles Louis Philippe wie dieser Tulpenbaum hier für Alfred de Vigny. -Und der Wanderer künftiger Jahrhunderte, der die feierlichen Rhythmen -des Einen oder das schlichte Wort des Anderen im Herzen trägt, wird, -wenn sein Weg Orthez oder Cérilly berührt, auch nicht einmal mehr daran -denken, daß es je eine Büste des Einen oder Anderen habe geben können. -Aber mit einem Male werden die beiden Dichter ihm erscheinen: Vigny in -einem goldenen Baume, wie ein Römer im Sturme sprechend, Philippe in -einer kleinen Werkstatt, die nach Suppe riecht, und deren Tür kreischt, -wenn sie sich öffnet. - - - - - VON DER BARMHERZIGKEIT GEGEN DIE TIERE - - -Tief im Blicke der Tiere leuchtet ein Licht sanfter Traurigkeit, das -mich mit solcher Liebe erfüllt, daß mein Herz sich als ein Hospiz auftut -allem Leiden der Kreatur. - -Das elende Pferd, das im Nachtregen mit bis zur Erde herabgesunkenem -Kopfe vor einem Kaffeehause schläft, der Todeskampf der von einem Wagen -zerfleischten Katze, der verwundete Sperling, der in einem Mauerloche -Zuflucht sucht -- all diese Leidenden haben für immer in meinem Herzen -ihre Stätte. Verböte das nicht die Achtung für den Menschen, ich kniete -nieder vor solcher Geduld in all den Qualen, denn eine Erscheinung zeigt -mir, daß ein Glorienschein über dem Haupte einer jeden dieser -Leidenskreaturen schwebt, ein wirklicher Glorienschein, groß wie das -All, den Gott über sie ausgegossen hat. - -Gestern sah ich auf dem Jahrmarkte zu, wie die hölzernen Tiere im -Karussell sich drehten. Unter ihnen gab es auch einen Esel. Als ich ihn -erblickte, habe ich weinen müssen, weil er mich an seine lebendigen -Brüder, die gemartert werden, erinnerte. Und ich mußte beten: »Kleiner -Esel, du bist mein Bruder! Sie nennen dich dumm, weil du nicht imstande -bist, Böses zu tun. Du gehst mit so kleinen Schritten, und du siehst -aus, als ob du im Gehen dächtest: »Schaut mich doch an, ich kann ja -nicht schneller gehen ... Meine Dienste brauchen die Armen, weil sie mir -nicht viel zu essen geben müssen.« Mit dem Dornstocke wirst du -geschlagen, kleiner Esel! Du beeilst dich ein bißchen, aber nicht viel, -du kannst ja nicht schneller .. Und manchmal stürzest du hin. Dann -schlagen sie auf dich los und zerren so fest an dem Leitseile, daß deine -Lefzen sich aufheben und deine armseligen gelben Zähne zeigen.« - -Auf demselben Jahrmarkte hörte ich einen schreienden Dudelsack. Mein -Freund fragte mich: »Erinnert er dich nicht an afrikanische Musik?« -»Ja,« antwortete ich ihm, »in Tuggurt näseln die Dudelsäcke so. Das muß -ein Araber sein, der hier bläst.« »Gehen wir doch hinein in die Bude,« -sagte mein Freund, »es sind Dromedare zu sehen.« - -Zusammengepreßt wie Sardinen in der Schachtel drehten sich hier ein -Dutzend kleiner Kamele in einer Art Grube. Sie, die ich wie Wellen -dahinziehen gesehen habe inmitten der Sahara, da es um sie nichts -anderes gab als Gott und den Tod, mußte ich nun hier finden, o Elend -meines Herzens! Sie drehten sich, drehten sich immerzu in dem würgenden -Raume, und der Jammer, der von ihnen ausging, war wie ein Erbrechen über -die Menschen. Sie gingen, gingen immerzu, stolz wie arme Schwäne und in -einer Glorie der Verzweiflung, mit grotesken Negerlappen bedeckt, -verhöhnt von den Weibern, die hier tanzten, und hoben ihren armen -Wurmhals empor, Gott und den wunderbaren Blättern einer Oase des -Wahnsinns entgegen. - -O Erniedrigung der Geschöpfe Gottes! In der Nähe der Kamele gab es -Kaninchen in Käfigen, daneben, als Lotteriegewinste zur Schau gestellt, -schwammen Goldfische in Glasballons mit so engem Halse, daß mein Freund -mich fragte: »Wie hat man sie nur da hineinbringen können?« »Indem man -sie ein bißchen zusammengedrückt hat,« antwortete ich ihm. Anderswo -wieder wurden lebende Hühner, gleichfalls Lotteriegewinste, vom Kreisen -einer Drehscheibe mitgeschleppt. In ihrer Mitte lag, von grauenhafter -Angst gepackt, ein kleines Milchschweinchen auf dem Bauche. Schwindel -befiel die Hühner und Hähne, sie schrien und hackten in ihrem Wahnsinn -aufeinander los. Nun machte mich mein Begleiter darauf aufmerksam, daß -tote und gerupfte Hühner inmitten ihrer lebendigen Schwestern aufgehängt -waren. - -Mein Herz wallt heiß auf in diesen Erinnerungen und unendliches Mitleid -ergreift mich. - -O Dichter, nimm die gequälten Tiere in dein Herz auf, laß sie darin -wieder erwarmen und leben in ewigem Glücke! Geh hin und künde das -schlichte Wort, das die Unwissenden die Güte lehrt! - - - - - BETRACHTUNG ÜBER DIE DINGE - - -Ich trete in ein großes Viereck sich bewegenden Schattens ein. Ein Mann -sitzt hier und klopft beim Licht einer bunten Kerze Nägel in eine -Schuhsohle. Zwei Kinder strecken die Hände gegen den Herd aus. Eine -Amsel schläft in dem Rohrkäfige. Das Wasser brodelt im irdenen -rauchschwarzen Topfe, aus dem ein Geruch von ranziger Suppe steigt und -sich mit dem nach Gerberlohe und Leder mengt. Ein Hund sitzt vor dem -Herde und starrt in die Glut. - -Diese Wesen und Dinge tragen in all ihrer Armseligkeit eine solche -Sanftmut in sich, daß ich mich gar nicht frage, ob ihr Dasein einen -anderen Sinn habe als eben diese Sanftmut, noch, ob ich mir ihre -Dürftigkeit mit irgendeiner Schönheit schmücken solle. - -Hier wacht der Gott der Armen, der schlichte Gott, an den ich glaube. -Er, der aus einem Körnlein eine Ähre werden läßt, der das Wasser vom -Lande scheidet, das Land von der Luft, die Luft vom Feuer und das Feuer -von der Nacht; der die Leiber beseelt, der das Laub macht, Blatt um -Blatt, wie wir es nie werden machen können, worein wir aber unser -Vertrauen setzen wie in die Arbeit eines vorzüglichen Arbeiters. - -Ohne Sehnsucht nach Menschenwissen denke ich nach; und so kann es -geschehen, daß Gott sich mir offenbart. In der Hütte des Schuhflickers -öffnen sich mir die Augen so einfach wie dem Hunde, der da sitzt. Und -nun sehe ich, sehe in Wahrheit, was wenige sehen werden: das Bewußtsein -der Dinge, zum Beispiel die Opferwilligkeit dieses rauchenden Lichtes, -ohne das der Hammer des Arbeiters kein Brot schaffen könnte. - -Fast während all unserer Zeit nahen wir uns leichtfertig den Dingen, die -doch gleich uns leiden und glücklich sind. Wenn ich eine kranke Ähre -unter den gesunden erblicke, wenn ich die fahlen Flecken an ihren -Körnern gesehen habe, dann schaue ich sehr klar den Schmerz dieses -Dinges. Und in mir selber fühle ich das Leiden der Pflanzenzellen -wieder. Ich verstehe, wie schwer sie es haben, auf dem Flecke, der ihnen -zugewiesen ist, zu wachsen, ohne einander zu erdrücken, und mich erfaßt -heiß der Wunsch, mein Taschentuch zu zerreißen und daraus einen Verband -für die kranke Ähre zu machen. Dann denke ich freilich, daß das kein -rechtes Heilmittel für eine bloße Kornähre sei, und daß eine solche -Behandlung in den Augen der Menschen, denen ich schon sonderbar genug -vorkomme mit meinen Fürsorgen für einen Vogel oder eine Grille, eine -arge Narretei sein müßte. Doch von dem Leiden dieser Körner habe ich -Gewißheit, denn ich fühle es mit. - -Eine schöne Rose wiederum flößt mir ihre Lebensfreude ein. Ich fühle, -wie glücklich sie an ihrem Stiele ist. Wenn jemand einfach die Worte: -»Es ist schade, sie zu brechen!« ausspricht, bekennt er damit, daß er -das Glück der Blume mitempfindet, und daß er es ihr bewahren will. - -Ich erinnere mich noch ganz genau, wie sich mir zum ersten Male das -Leiden eines Dinges geoffenbart hat. Ich war drei Jahre alt. In meinem -Heimatsdorfe fiel ein kleiner Junge beim Spielen auf einen Glasscherben -und starb an seiner Wunde. Wenige Tage später kam ich in das Haus, in -dem das Kind gewohnt hatte. Seine Mutter weinte in der Küche. Auf dem -Kamine lag ein armseliges kleines Spielzeug. Ich sehe deutlich vor mir, -daß es ein kleines Pferd aus Zinn oder Blei, vor ein Blechfäßchen auf -Rädern gespannt, war. Die Mutter sagte mir: »Dieser Wagen hat meinem -armen kleinen Louis gehört, der tot ist. Soll ich dir ihn schenken?« Da -ging eine Flut von Zärtlichkeit über mein Herz. Ich fühlte, daß dieses -Ding seinen Freund, seinen Herrn nicht mehr hatte, und daß es daran -litt. Ich nahm das Spielzeug und empfand solches Mitleid mit ihm, daß -ich schluchzte, während ich es nach Hause trug. Ich weiß es noch ganz -bestimmt, daß ich weder ein Gefühl für den Tod des kleinen Jungen noch -für die Verzweiflung der Mutter hatte, wozu ich wohl noch zu jung war. -Ich hatte nur Mitleid mit dem bleiernen Tiere, das mir dort auf dem -Kamin ganz verzweifelt erschien und für immer ausgeschlossen aus dem -Leben, da es den verloren hatte, den es liebte. Ich erinnere mich an all -das, als ob es gestern geschehen wäre, und kann als sicher behaupten, -daß der Wunsch, das Spielzeug zu besitzen, um mich damit zu vergnügen, -mir gar nicht gekommen ist. Das ist gewiß wahr, denn ich habe, als ich -weinend heimkam, das Pferd mit dem kleinen Fasse meiner Mutter gegeben, -die übrigens das Ganze vergessen hat. - -Die Gewißheit von der Beseeltheit der Dinge lebt in den Kindern, den -Tieren und den schlichten Herzen. Ich habe erlebt, daß Kinder ein rohes -Stück Holz oder einen Stein so sehr mit allen Eigenschaften lebender -Wesen begabt glaubten, daß sie ihnen eine Handvoll Gras brachten, und -dann, nachdem ich das Gras heimlich weggenommen hatte, nicht daran -zweifelten, daß das Holz oder der Stein das Gras aufgegessen hätten. Die -Tiere machen keinen Unterschied in dem, was ihnen geschieht. Ich habe -Katzen gesehen, die lange Zeit hindurch etwas, das ihnen zu heiß gewesen -war, zerkratzten. Das spricht dafür, daß die Tiere eine Vorstellung vom -Kampf gegen die Dinge haben und für sie die Möglichkeit sehen, -nachzugeben -- und vielleicht auch zu sterben. - -Ich meine, daß nur die Erziehung durch eine falsche Eitelkeit es mit -sich bringt, daß der Mensch sich solch eines Glaubens beraubt. - -Für mich unterscheidet sich die Handlung des Kindes, das einem Stück -Holze zu essen gibt, gar nicht von gewissen Opferbräuchen der -Urreligionen. Und schließlich bedeutet der Glaube, daß Bäume, die an dem -Tage, an dem Kinder geboren wurden, gepflanzt worden sind, siechen und -vertrocknen, wenn die Kinder kränkeln und sterben, nichts anderes, als -daß man Bäumen ein tieferes Verbundensein mit uns als mit dem Leben -zuschreibt. - -Ich habe leidende Dinge gekannt, und ich weiß von solchen, die an ihrem -Leiden gestorben sind. Das traurige Kleiderwerk, das von unseren -Abgeschiedenen zurückbleibt, verfällt rasch. Oftmals hat es die -Krankheiten, an denen die litten, die es getragen haben; denn es hat -seine Sympathien. Oft habe ich Gegenstände in ihrem Zugrundegehen -betrachtet. Ihre Auflösung gleicht völlig der unseren. Auch sie haben -ihren Knochenfraß, ihre Geschwülste und ihre Wahnsinne. Ein -wurmzerfressenes Möbelstück, ein Gewehr mit gebrochenem Verschlusse, -eine Lade, die sich wirft, eine Geige, die ihre Stimme verloren hat, -sehe ich an Krankheiten leiden, vor denen ich erschüttert stehe. - -Warum sollen wir glauben, daß nur wir Dinge lieb haben können und den -Dingen die Liebe zu uns absprechen? Wer bürgt denn dafür, daß die Dinge -der Liebe nicht fähig sind, wer zeugt dafür, daß sie kein Bewußtsein -haben? - -Hatte der Bildhauer nicht recht, der sich mit einem Klumpen Ton in den -Händen begraben ließ, von jenem Ton, der seinen Träumen so gehorsam -gewesen war. Dieser Ton hatte ihm doch immer die Aufopferung eines guten -Dieners, wie wir sie am meisten bewundern, bewiesen: sich schweigend -darzubringen, ohne etwas dafür zu erwarten, hingegeben gläubig. Voll -Glanz und Erhabenheit ist ein solches Bild, das dem Menschen also dient, -wie der Mensch Gott dient. Jener Künstler wußte nicht mehr als sein Ton -davon, welchem Geheiße er untertan war. Von dem Augenblicke an, da sie -beide die gleiche Erleuchtung empfangen hatten, glaube ich auf gleiche -Weise an ihr Bewußtsein und liebe sie beide mit derselben Liebe. - -Unendlich ist die Traurigkeit in den Dingen, die keinem Gebrauche mehr -dienen. Auf dem Dachboden dieses Hauses, dessen Bewohner ich nicht -gekannt habe, liegt das Kleid eines kleinen Mädchens und eine Puppe, der -Verzweiflung verfallen. Vor der jahrealten Einsamkeit der Dinge hier -fühle ich die Gewißheit, daß der eisenbeschlagene Stock dort, der einst -fest in die Erde der grünen Hügel gebissen hat, ebenso glücklich wäre, -wenn er noch einmal die kühle Frische von Moos empfinden dürfte wie der -Sommerhut, der nun trüb erleuchtet vom armen Lichte einer Dachluke -daliegt, wenn er noch einmal einen Sommerhimmel sehen dürfte. - -Die Dinge aber, die wir liebevoll bewahren, erhalten uns ihre -Dankbarkeit und sind immer bereit, uns ihre Seele darzubringen, auf daß -sie sich an uns verjünge. Sie sind wie die Rosen in sandigem Grunde, die -unendlich erblühen, wenn nur ein wenig Wasser sie der Azure ihrer -verlorenen Brunnen gemahnt. - -In meinem bescheidenen Wohnzimmer habe ich einen Kindersessel stehen. -Auf ihm saß mein Vater und spielte, als er in seinem siebenten Jahre die -Überfahrt von Guadeloupe nach Frankreich machte. Er erinnerte sich noch -gut daran, wie er auf ihm im Schiffssalon saß und die Bilder ansah, die -ihm der Kapitän geliehen hatte. Das Holz von jenen Inseln muß sehr fest -sein, denn es hat den Spielen eines kleinen Jungen standgehalten. Dieses -kleine Möbelstück, das in meinem Wohnzimmer einen Hafen gefunden hat, -schlief hier lange fast vergessen. In langen Jahren hat es seine Seele -nicht geoffenbart, denn das Kind, dem es gedient hatte, gab es nun nicht -mehr, und andere Kinder kamen nicht, um sich wie Vögel daraufzusetzen. -Doch neuerdings ist das Haus fröhlich geworden; meine kleine Nichte ist -da, die eben sieben Jahre alt wurde. Sie hat sich auf meinem -Arbeitstische eines alten botanischen Atlas bemächtigt. Und da ich in -das Wohnzimmer komme, finde ich sie im Lampenlichte auf dem kleinen -Sessel sitzen und, wie dereinst ihr seliger Großvater, die schönen -sanften Bilder anschauen. Da sagte ich mir, daß einzig dieses kleine -Mädchen den Sessel habe neu beleben können, und daß seine dienensfrohe -Seele sachte das arglose Kind dazu gelockt habe. Zwischen dem Kinde und -dem Dinge war ein geheimnisvolles Spiel von Anziehungskräften am Werke: -das Mädchen hätte es nicht vermocht, nicht zu dem Sessel zu gehen, der -einzig dadurch hatte wieder zu Leben kommen können. - -Die Dinge sind sanft. Aus eigenem Antriebe tun sie niemals Böses. Sie -sind die Geschwister der Geister. Sie nehmen uns in sich auf, und wir -bringen ihnen unsere Gedanken, die Sehnsucht nach ihnen haben wie die -Düfte nach den Blumen, zu denen sie gehören. - -Der Gefangene, den keine Menschenseele trösten kommt, muß seine -Zärtlichkeit zu seiner Pritsche und zu seinem irdenen Kruge tragen. Da -ihm von seinesgleichen alles versagt wird, schenkt ihm sein armes Lager -den Schlaf und stillt ihm sein Krug den Durst. Und selbst die nackten -Mauern, die ihn doch von der ganzen Welt trennen, werden ihm lieb, weil -sie zwischen ihm und seinen Peinigern stehen. - -Das gezüchtigte Kind liebt den Polster, auf dem es weint. Da an einem -solchen Abende alles ihm gegrollt und wehgetan hat, tröstet es die -schweigende Seele des Federkissens wie ein Freund, der mit seinem -Schweigen dem Freunde Ruhe schenken möchte. - -Doch nicht allein ihr Stummsein ist es, das uns ihre Zuneigung empfinden -läßt. Sie klingen in so verschwiegenen Akkorden, mögen sie nun in dem -Forste klagen, den René mit seiner gewitternden Seele erfüllt, oder sie -hinsingen über den See, an dem ein anderer Dichter in Betrachtungen -versunken ist. Es gibt Stunden und Zeiten, in denen manche dieser -Akkorde ein stärkeres Leben haben, in denen die tausend Stimmen der -Dinge lauter zu hören sind. Zwei oder dreimal in meinem Leben habe ich -den Ruf dieser Geheimniswelt vernommen. - -Gegen Ende August um Mitternacht nach einem sehr heißen Tage geht über -die hingeknieten Dörfer ein ungewisses Raunen. Es klingt anders als das -der Bäche und Quellen oder das des Windes, anders ist es als das -Geräusch, mit dem die Tiere das Gras zermalmen oder das ihrer Ketten, an -denen sie über den Krippen zerren, anders ist es als die Laute der -unruhigen Wachhunde, der Vögel oder der Schiffchen an den Webstühlen. So -mild sind diese Klänge dem Ohre, wie dem Auge der Schimmer der -Morgenröte ist. Nun regt sich eine ungeheure und sanfte Welt; die -Grashalme lehnen sich bis zum Morgen aneinander, unhörbar rauscht der -Tau, und mit jedem Sekundenschlage ändert das große Keimen völlig das -Antlitz der Gefilde. Nur die Seele kann diese Seelen erfassen, den -Blütenstaub in der Glückseligkeit der Blumenkronen ahnen und die Rufe -und das Schweigen vernehmen, darin das göttliche Unbekannte sich -vollzieht. Es ist so, als ob man sich mit einem Male in einem völlig -fremden Lande befände und hier von der sehnsüchtigen Schwermut der -Sprache zart ergriffen würde, ohne doch genau zu verstehen, was sie -ausdrückt. - -Aber ich kann doch tiefer in den Sinn des Raunens der Dinge eindringen -als in den einer Menschensprache, die mir unbekannt ist. Ich fühle, daß -ich verstehe, und daß es dazu gar keiner großen Anstrengung bedarf. -Vielleicht ist mein Dichten manchmal so weit, den Willen dieser -verborgenen Seelen zu übersetzen und einige ihrer Lebensäußerungen auf -eine faßliche Art aufzuzeichnen. Ich verstehe es schon, diesem -unbestimmten Raunen innerlich Antwort zu geben, wie ich es verstehe, mit -Schweigen verständlich die Fragen einer Freundin zu beantworten. - -Aber diese Sprache der Dinge ist nicht völlig und einzig mit dem Ohre -vernehmbar. Sie bedient sich auch anderer Zeichen, die blaß über unsere -Seele hinhuschen und sich allzu schwach noch einprägen, die aber -vielleicht deutlicher wiederkommen werden, wenn wir bereiter sind, Gott -in uns aufzunehmen. - -Es gibt Dinge, die mich in den wehevollsten Umständen meines Lebens -getröstet haben. Etliche unter ihnen zogen in solchen Zeiten auf -sonderbare Art meine Blicke auf sich. Und ich, der ich mich nie vor den -Menschen beugen konnte, habe mich demütig diesen Dingen hingegeben. Da -brach ein Strahlen aus ihnen -- doch nicht nur aus den Erinnerungen, die -mich mit ihnen verknüpfen -- und durchdrang mich wie Schauer der -Freundschaft. - -Ich fühlte sie und fühle sie rings um mich leben, leben in meinem -verborgenen Reiche, und ich bin ihnen verantwortlich wie einem älteren -Bruder. Im Augenblicke, da ich dies schreibe, empfinde ich, daß voll -Liebe und Vertrauen die Seelen dieser göttlichen Schwestern auf mir -ruhn. Der Sessel da, der Schrank, die Feder, sie sind mit mir. Ich -glaube an sie über alle Systeme hinaus, über alles Verstehen und jede -Deutung hinaus glaube ich an sie. Sie geben mir eine Überzeugung, wie -kein Genie sie mir geben könnte. Jedes System wird eitel sein und alle -Deutung Irrtum in dem Augenblicke, in dem ich in meiner Seele die -Gewißheit dieser Seelen leben fühle. - -Als ich bei dem Schuhflicker eintrat, habe ich mich, mit den Kindern und -dem Hunde beim Herde sitzend, unvermittelt aufgenommen gefühlt und habe -meine Seele den tausend unbekannten Stimmen der Dinge aufgetan. In -dieser andächtigen Besinnung wurde aus dem Niederfall einer -halbverwelkten Ranke, aus dem Knirschen des Schürhakens, aus dem Schlage -des Hammers und dem Flackern der Kerze, wurde aus dem schwarzen -geblähten Flecke, als den ich die eingeschlafene Amsel sah, und aus dem -Auf- und Niedergehen des Deckels auf dem Kochtopfe eine geheiligte -Sprache, die meinem Lauschen verständlicher war als die Rede der meisten -Menschen. Diese Laute und Farben waren nichts anderes als die Gebärde -der Gegenstände, deren sie sich als Ausdrucksweise bedienen wie wir der -Stimme und der Blicke. Brüderlich fühlte ich mich diesen demütigen -Dingen verbunden. Und ich erkannte, wie armselig es sei, die Reiche der -Natur voneinander zu scheiden, da es doch nur das eine Reich Gottes -gibt. - -Wie darf man behaupten, daß die Dinge uns niemals Zeichen ihrer -Zuneigung geben? Rostet nicht das Werkzeug, dessen sich die Hand des -Arbeiters nicht mehr bedient, ebenso wie der Mann, der das Werkzeug -feiern läßt? - -Ich habe einen Schmied gekannt; er war fröhlich in den Zeiten seiner -Kraft, und der blaue Himmel leuchtete an strahlenden Mittagen in seine -schwarze Schmiede. Lustig gab der Amboß seinem Hammer Antwort. Der -Hammer, den der Meister von Herzen schwang, war das Herz des Amboß. Wenn -die Nacht hereinbrach, erhellte er die Schmiede mit seinem bloßen -Schimmer und dem Blicke seiner Augen, die unter dem ledernen Blasbalge -als Kohlenglut glommen. Eine erhabene Liebe verband die Seele dieses -Mannes mit der Seele seiner Dinge. Wenn er sich an den heiligen Tagen -zur Andacht sammelte, betete die Schmiede, die er schon am Abende vorher -gesäubert hatte, schweigend mit ihm. Dieser Schmied war mein Freund. Oft -stand ich an der schwarzen Schwelle und rief ihm eine Frage zu -- und -die ganze Schmiede gab mir Antwort. Die Funken lachten über die Kohlen -hin, und metallen klingende Silben wurden zu einer tiefen und -geheimnisvollen Sprache, die mich ergriff wie Worte von Pflicht. Hier -widerfuhr mir fast das Gleiche wie bei dem armen Flickschuster. - -Eines Tages wurde der Schmied krank. Sein Atem ging kurz; wenn er jetzt -an der Kette des Blasbalges, der vordem so stark gewesen war, zog, -merkte ich deutlich, daß dieser keuchte und allmählich von der Krankheit -seines Herrn befallen wurde. Sprungweise und ungleich ging nun das Herz -des Mannes, und auch der Hammer, den er über dem Amboße schwang, fiel -verstört auf das Eisen nieder. Und im gleichen Maße, wie das Licht in -den Menschenaugen abnahm, leuchtete auch das Feuer in der Esse weniger -und weniger. Abends flackerte sie dann noch weiter, und an den Wänden -und der Decke erblich lange das Zucken ihres Vergehens. - -Eines Tages fühlte der Schmied bei der Arbeit seine Hände und Füße kalt -werden, und am Abend starb er. - -Ich betrat die Schmiede; sie war kalt wie ein Körper ohne Leben. Ein -bißchen Glut nur fand ich im Kamine als eine armselige Totenwache neben -dem Sterbebette glimmen, an dem zwei Frauen beteten. - -Drei Monate nachher kam ich wieder in die verlassene Werkstätte, um an -der Schätzung ihrer geringen Einrichtung teilzunehmen. Alles war feucht -und schwarz wie in einem Grabe. Das Leder des Blasbalges war angefault -und löchrig geworden und löste sich, da jemand an der Kette ziehen -wollte, von seinem Holzrahmen los. - -Die einfachen Leute, die mit mir die Schätzung vornahmen, erklärten: -»Der Amboß und der Hammer haben ausgedient. Sie haben mit ihrem Meister -zu leben aufgehört.« - -Ich stand erschüttert. Denn ich hörte den geheimen Sinn dieser Worte. - - - - - LOB DER STEINE - - -Strahlende Schwestern der Bergströme, denen ich am Ufer des Alpensees -begegnet bin: Steine, Geliebte der Iris und des kalten Azurs, ihr, auf -die sich das Salz niederschlägt, das die Lämmer auflecken; ihr Spiegel -voll Helle, schillernd wie der Hals der Taube, ihr, die ihr mehr Augen -habt als der Pfau! Im großen Feuer seid ihr Kristalle geworden, und eure -schneeigen Adern sind ewig, ihr Gefährten der Urzeitfluten; seit -Anbeginn hat die Meerflut euch gebadet und gewiegt bis zu der Stunde, in -der die Taube aus der Arche voll Liebe aufgurrte, da sie euch erblickte. - -Bald ist das leuchtende Korn eures Fleisches blaugeädert weiß wie eine -Kinderfaust, bald schimmert es kupfergolden wie die Hüfte einer schönen -schwerblütigen Frau; zuweilen blinkt der Glimmer darin silbrig wie eine -Wange in der Sonne, dann wieder ist es bräunlich wie die Haut der -Frauen, der das goldene Rot der Mandarine und das stumpfe Blond des -Tabaks die Farbe gab. - -Ihre Steine, aus dem Herzen des Bergstroms gebrochen, -gegeneinandergeschmettert, dahingerissen durch den Seidelbast der -Schluchten, gepeitscht von den Rauhfrostwettern, von den Lawinen -begraben, von der Sonne wieder ans Licht geholt, vom Fuße der Gemse -losgebrochen: ihr seid kühl und schön -- und ihr seid, über all das -hinaus, rein. - -Ich kenne eure Schwestern in Indien wenig; es gibt solche unter ihnen, -deren Klarheit mit dem Wasser, das aus dem Marmor quillt, wettstreitet, -andere, die mich an das leuchtende Grün der Wiesen in den Talen meiner -Heimat denken machen, welche wieder, die wie erstarrte Tropfen Blutes -sind, und endlich die, die Kristall gewordenes Sonnenlicht sind. - -Aber ich ziehe euch diesen vor, obwohl ihr nicht so kostbar seid, ihr, -die ihr zuweilen die Balken der Strohdächer tragen müßt und so das -Sprühen der Sterne spiegeln könnt, und ihr anderen, auf die sich der -Schäferhund hinstreckt und traurig nun über seine Herde wacht. - -Empfanget tief im Äther, wo ihr auf den Gipfeln ruht, weiter die -reinliche Nahrung, die eurem friedlichen Reiche zugemessen ist. Das -Licht möge eure unbekannten Zellen durchdringen, und die leichten -wirbelnden Flocken sollen sie tränken. Das Schwirren der Winde mache sie -erklingen, und endlich mögen sie jene vollkommene Nahrung empfangen, von -der einst Maria Magdalena in einer Felshöhle gestillt worden ist. Rings -um euch werden eure Freunde blühen, die reinsten Blütenkronen dieses -Gestirns: aber auch sie werden nicht so keusch sein wie ihr, denn sie -duften nach Schnee. - -Arme graue Schwestern in den Rinnsalen, denen ich in den Ebenen begegnet -bin, traurige Steine ohne Glanz, ihr, die ihr den Regen sammelt, auf daß -der Sperling zu trinken habe; ihr, über die die Füße der Eselin -stolpern, ihr armseligen Wächter, die ihr die elenden Gärten umfriedet, -die ihr die hohlgetretenen Schwellen seid und die Brunnengeländer, -glattgerieben von der Eimerkette, ihr Bettler, blank wie das Eisen der -Ackergeräte! Ihr werdet heiß gemacht im Armenherde, auf daß ihr die Füße -der Großeltern erwärmet, ihr werdet ausgehöhlt für die niedrigsten -Verrichtungen, und ihr müßt in eurer Armseligkeit Tisch sein für den -Hund und das Schwein. Durchbohrt werdet ihr und müßt, zu Mühlsteinen -geworden, das knirschende Korn mahlen. O ihr, die ihr fortgeholt werdet, -und ihr, die ihr liegen bleibt: o ihr, auf denen der Irrgegangene -schlafen wird -- o ihr, unter denen ich schlafen werde! - -Ihr habt euch nicht wie eure Gefährten in den großen Gebirgen eure -Freiheit wahren können, aber ich achte euch darob nicht geringer, ihr -meine Freunde. Ihr seid schön wie alle Dinge, die im Schatten sind. - - - - - BETRACHTUNG ÜBER EINE SCHNEPFE - - -»Ich bin eine Schnepfe. Um die Zeit, in der der herbstliche Ozean -fürchterlich wird und die Schiffe im gelben und schwarzen Himmel tanzen, -wohne ich hier, denn ich mische mich nicht ein in die verschiedenen -großen Angelegenheiten der Natur, ich Schnepfe, die ich nicht weiß, daß -tausend und tausend Kreolenjungfrauen jetzt verblüht sind wie feurige -Rosen im zerstörenden Hauche eines Vulkans. Hier wohne ich, zwischen den -Binsen und einer Lache, in der Gleichförmigkeit von Tag um Tag. Mein Tal -zieht von Norden nach Süden, es ist morastig, waldverwachsen und -traurig. Aber es stimmt recht hübsch überein mit meinem Kleide, das wie -ein totes Blatt gefärbt ist, und man könnte mich schon für eine Dame -nehmen, wenn ich da mit meinem Stocke, der mein Schnabel ist, -spazierengehe ... Man weiß von mir auch, daß ich die schönsten Augen auf -der Welt habe, und daß von ihnen die Sage geht, sie weinten, bevor ich -sterbe.« - -»Kommen Sie und sehen sie mich in meinem Salon an! Wissen Sie denn, wie -der Salon einer Schnepfe aussieht? Die Jäger mögen Ihnen davon erzählt -haben. Haben Sie Ihnen aber auch gesagt, was ein Schnepfenspiegel ist? -Das ist nämlich etwas, das ein bißchen schwierig zu erklären ist. Meine -Spiegel sind aus blankem Silber und haben einen dunklen Punkt in der -Mitte .... sie sind das, was ich hinter mir fallen lasse. Mein Parfüm -ist das frischgeschlagene Holz. Lieben Sie den Geruch von Heu? O, in der -Natur sind alle Gerüche vereinigt. Würziger aber riecht doch nichts als -der Saft der Erle, den der Holzhauer abzapft. Das ist ein Geruch, der -schön ist, während doch Gerüche für gewöhnlich nur gut sind. Aber dieser -Duft ist schön wie das Blut, das in der stillen Stunde aufsteigt in die -Wangen des Heidekrautes, wenn die Sonne müde ihre Haare auflöst und sich -lang über den Hügel hinstreckt. Wenn ich meine Füße auf das setzte, was -von einem Erlenstamme am Erdboden übrigbleibt, kommt es mir vor, als ob -ich auf duftenden Purpur trete und ich die Königin von Saba bin.« - -»Die Wohnung, die ich habe, ist gottlob recht brauchbar. Ein paar -Verbesserungen täten ihr freilich schon not: der Wind hat nämlich die -Dachschindel aus Blättern, die mir der Dachdecker Frühling darauf gelegt -hat, schon wieder zerblasen. Der Herr Herbst hat sie durch -Klematisfrüchte ersetzt -- aber die saugen mit ihrem Flaum den Regen aus -der Luft.« - -»Ich habe nur ein Erdgeschoß. Der Flur ist ein Wassergraben, dunkel -genug, daß ich darin ordentlich sehe. Man weiß ja, daß meine Augen das -grelle Licht schlecht vertragen. Mir ist auch ein einfacher Stern lieber -als die beste Kerze. Der Herr hat mir gesagt: >Geh, kleine Schnepfe. Ich -schenke dir alle Sterne des Himmels, daß sie dir leuchten.<« - -»Mein Park ist unermeßlich, er schließt die ganze Welt in sich. Aber ich -gehe doch erst in die Berge, mir kleine Eisstückchen zu holen, wenn die -große Hitze kommt. Denn man muß es verstehen, seine Wünsche -einzuschränken -- sonst muß man die Geschichte vom Weinberge des Naboth -wieder von frischem beginnen. Ich wohne also hier, sage ich Ihnen, -zwischen diesen Binsen und der Lache, und ich komme auch kaum fort von -meinem runden moosigen Platze da und von der Quelle, deren Wasser ein -Hirt in einen Dachziegel geleitet hat, von dem jetzt, durch einen Stein -festgehalten, ein Kastanienblatt herunterhängt. Man darf aber nicht -vielleicht glauben, daß es da weiter unten nicht eine herrliche -Landschaft gibt: die Ufer und Inseln des Wildbaches, wo inmitten von -rosa Nebeln der Herr Reiher auftaucht und wieder verschwindet, je -nachdem der Nebel sich hebt oder sich ausbreitet. Und in einiger -Entfernung von ihm unter dem silbernen Himmel schnellen über das -silberne Wasser die Silberfische, auf die er lauert, empor.« - -»Ich wünsche mir, glücklich und verborgen wie ein Veilchen zu leben. -Eine Schnecke in der Schale genügt für mein erstes Frühstück, -währenddessen ich entzückt bin von all dem Nebel, der von jedem Zweige -fällt wie ein Hagelschauer aus lauter Regenbogen. Was brauche ich auch -Luxus und Eitelkeit? Wenn ich doch lieber das große Buch der Natur lesen -könnte, das Buch, von dem ich selber ein bescheidenes Exemplar bin. -Sehen nicht wirklich meine Rückenfedern aus wie der Ledereinband eines -ganz alten Folianten -- und die Federn auf meiner Brust wie seine bunten -Ränder? Ja, ich lese in mir selber, in dem wirklichen Buche, das ich -bin, und ich muß nicht meine Zuflucht zu all den Mitteln nehmen, deren -sich die unwissenden Dichter bedienen. Was ich weiß, weiß ich -ordentlich, weil ich es mir nicht nur vorstelle, sondern es mit dem -Schnabel und den Füßen angreifen kann, und weil es doch die Frucht -meiner Erfahrungen und meiner Weisheit ist.« - -»Was ich weiß? Ich weiß, daß ich gerade vor mich hinmarschiere, die Füße -auf der Erde und den Kopf im Himmel. Ich weiß, daß es ganz gewöhnliche -Sachen gibt, über die man sich doch sehr wundern muß. Und ich weiß, daß -die Welt zusammengesetzt ist aus lauter Schnepfen, die gar keine -Schnepfen sind. Ich weiß, daß ich leide, wenn man mir Blei in meine -Flügel schießt. Ich weiß, daß ich glücklich bin, wenn ich im Mondschein -durch das sanfte Gras der Waldränder irre, mit gezählten Schritten, den -Kopf nach rechts und links drehend und bereit, mit der Spitze des -Schnabels die Würmer aufzupicken. O, von was für wunderbaren Nächten -habe ich nicht schon die Quellen singen gehört, wenn ich mir in ihnen -säuberlich die Füße wasche! O das fließende Blau, das die Schatten des -Gebüsches liebkost, bis sie zittern und den ersten Himmelschlüsseln -weichen!« - -»Ich weiß, daß >es muß sein< ein großes Wort ist, und daß danach mein -ganzes armes Tierleben abgewandelt wird. Es muß sein, daß ich, wenn es -April wird, diese wunderbaren Täler verlasse und es meinem Fluge -anheimgebe, dahin zu fliegen, wohin er fühlt, daß nun geflogen werden -muß. Das habe ich verstehen gelernt, daß so einfach dahinzureisen besser -ist, als sich abzuquälen mit Landkarten, Kompaß und Sextant, mit alldem, -wodurch die Menschen Schiffbruch leiden. Es muß sein, sage ich, ist ein -großes Wort! Darum habe ich Schnepfe mir auch nicht mein Dasein durch -Weltkarten, Luftballons, Dampfmaschinen und Theorien verwirrt, denn es -mußte sein, daß ich Flügel habe. Und so ist meine ganze Wissenschaft -ganz einfach die, daß ich mich auf meinen Schnabel, meine einzige -Bussole, verlassen kann, um inmitten der Schneefelder (die die -Orangenblütenhaine des Gebirges sind) die süßeste Braut wiederzufinden.« - -So spricht die kleine Schnepfe. Und ich beneide die kleine Schnepfe um -ihren guten Sinn und um ihr Glück. Kleine Schnepfe, es gibt noch anderes -Blei als das, das dir durch die Flügel schlägt: das Blei, das ich im -Herzen trage. Und andere Stechpalmen gibt es als die, die sich mit Moos -umgeben, so daß du verlockt bist, darauf auszuruhen: die Stechpalmen, -die meine Schläfen kränzen und die mein einziger Lorbeer sind. - -O, warum hat Gott mir nicht wie dir Flügel gegeben? O, warum kann ich, -wenn der Duft des Flieders den liebesbleichen Frühling in seinem Gewande -schwanken und hinsinken macht, und wenn der Seidelbast wieder blüht, -nicht am Rande der durchstürmten Schlucht die erwarten, von der ich -getrennt bin? O kleine Schnepfe, warum bin ich nicht lieber in deinem -kleinen Salon aus welken Blättern geblieben, um im langen Regnen dem -Seufzen der Winterwinde zuzuhören, anstatt in diesem Zimmer zu sitzen -und meinen Betrachtungen nachzuhängen, indes der Herd braust wie der -Ozean und mir im Uhrenschlagen geschieht, als ob ich eine reine und -traurige Stimme wiederhörte. - -Kleine Schnepfe, möge das wilde Wetter mit dir gnädig verfahren! Die -Windstöße sollen deine Spuren verwischen, so daß der Hund sie morgen -nicht spüren kann, sich von seinem Herrn prügeln lassen muß und endlich -schlammbeschmiert, verdutzt, den Schweif eingeklemmt, zurückkommt, ohne -dich gefunden zu haben! - - - - - BETRACHTUNGEN ÜBER EIN SPEISEZIMMER - - -Nicht das Familienspeisezimmer ist es, über das ich jetzt sprechen will. -Zwar war das wie ein Spiegel im Schatten und roch nach Obst, nach Wein -und dem Wachse des Fußbodens, und wenn man eintrat, glitt man aus und -fiel hin. In diesem Zimmer wurde ein jeder zu Eis so wie in Gegenwart -meiner hugenottischen Großtante, die in ihre Bibel den Spruch des -Psalmisten geschrieben hatte: »Wahrlich, Schein ist es, darinnen der -Mensch wandelt. Wahrlich, eitel ist, was er treibt.« - -Dieser Raum hatte einst bessere Tage gesehen. Aber um die Zeit, von der -ich jetzt spreche, wohnte nur mehr ein schmerzliches Schweigen darin, -das wie das Schweigen der Abwesenden, die voll Traurigkeit den Kopf -schüttelten, anmutete. Man hat mir hier eine Ecke gezeigt, in der mein -Vater nach seiner Ankunft aus Guadeloupe (er war damals sieben Jahre -alt) allerlei Grimassen versucht hat, um seine Eltern zu erheitern, und -vielleicht auch, um sich selber zu erheitern. Armes verstörtes Kind, das -noch traumtrunken war von den grünen Kokosnüssen, von zärtlich rosigen -Blumen und dem klingenden Schimmern der Kolibris. - -Das Speisezimmer von heute liegt gegen Osten, auf den Garten hinaus, der -sich längs der Straße hinzieht. Es ist ohne allen Luxus eingerichtet und -ein rechtes Durchschnittszimmer, aber die Götter besuchen mich darin, -und ein paarmal haben Göttinnen, müde der Welt, hier mein grobes Brot -gegessen. Man kann dieses Speisezimmer gar nicht besser als mit den -Versen des Mong-Kao-Jen beschreiben: - - ... Ein alter Freund reicht mir ein Huhn und Reis dazu. - ... Und unser Horizont sind blaue Berge, deren Gipfel - Aus blauem Glanz des Himmels ausgeschnitten sind. - Im offenen Saal ist uns der Tisch gedeckt. - Nun überschauen wir den Garten meines Gastfreunds, - Nun reichen wir einander die gefüllten Becher. - Wir reden sacht von Hanf und Maulbeerbaum. - Wir warten auf den Herbst: dann werden hier im Garten - Die Chrysanthemen blühn. - -Hier in diesem Raume geschieht es mir zweimal im Tage, daß ich mir der -Dinge bewußt werde, sei es dadurch, daß aus dem Brote die Seele des -fahlen Korns, das unter dem Hundsstern des Juli knirscht, mich -durchdringt, sei es, daß aus dem Weine mich die purpurne Landschaft der -Weinlese überkommt und die Fröhlichkeit der Mädchen, die singend die -dunklen Trauben schnitten. Und ein jedes Gericht wird mir geheiligt um -alles dessen willen, was es an Kraft dichterischer Ahnung in mein Blut -schickt. So muß ich auch nicht den demütigen Küchengarten mißachten, in -dem die duftende Goldrübe wuchs, noch das herbe Gras der erlengesäumten -Wiese, auf der das Rind gelebt hat, dessen Fleisch ich esse, nicht die -von welken Blättern bedeckte Hütte, verkrochen im innersten Gebirge, in -der dieser Käse entstanden ist, noch endlich den Obstgarten, wo in der -betäubenden Glut der Sommerferien ein Schulmädchen es über sich gebracht -hat, inmitten von bläulichen und granatroten Himbeersträuchern (deren -Früchte ich genieße) ihren brennenden Mund lange auf dem Munde eines -Jungen zu vergessen. - -Ich kenne die Einsamkeiten, in denen das Wasser, das ich trinke, -entspringt, und die traurigen Forste, die sie umgeben. Dort bin ich dem -fröhlichen alten Manne begegnet, dessen Hühner ich in einem Gedichte -besungen habe, und jenem anderen Greise, der den Wahnsinn seiner Tochter -beweinte. - -Ich muß mir aber auch zu Bewußtsein bringen, daß die Schüsseln, die alle -diese Gerichte bergen, irgendwoher stammen, und zwar ebenso aus der Erde -wie ihr Inhalt, und daß die Früchte da in der Schale aus Steingut mir in -einem Gefäße aus dem Urstoffe selber dargebracht werden. Und ich muß -mich endlich auch daran erinnern, daß das Glas der Wasserflasche, in der -das Wasser eben schwankend ins Gleichgewicht strebt, aus dem Wasser -selber hervorgegangen ist, aus dem natriumreichen sandigen Meere, das -ihm seine Durchsichtigkeit gegeben hat. - -Speisezimmer, du göttliche Vorratskammer, in dir gibt es die Feige mit -den Bißspuren der Amsel und die Kirsche, die der Sperling angepickt hat. -Der Hering liegt da, der die Korallen und die Schwämme des Meeres -gesehen hat, und die Wachtel, die durch die Nacht der Minze geschluchzt -hat; in dir ist der Herbsthonig aufbewahrt, den die Bienen in der schon -bräunlichen Sonne eingeheimst, und der Akazienhonig, den sie im fahlen -Lichte einer Tränenallee gesammelt haben. Das Öl, das die Lampen der -Provence speist, ist da, das Salz, das perlmuttern schimmert, und der -Pfeffer, den die Kauffahrer auf ihren Galeeren geheimnisvoll lächelnd -gebracht haben. - -Mein Speisezimmer, ich habe dich oft aus der Beute meiner -Botanisiergänge geschmückt und deine Luft mit dem Geruche der Feldblumen -erfüllt. - -Und dann warst du eines Tages mit Sträußen seltener Blumen geschmückt, -mit denen eine Frau deine Bescheidenheit geehrt hat. Aber du hast es -verstanden, du selbst zu bleiben, nicht allzu geschmeichelt noch auch -abweisend. Als die erlesenen Blumen auf deinem Tische standen, hast du -sie durch deine Schlichtheit so sehr entzückt, daß sie schön erschienen -wie ihre ländlichen Schwestern. - -Du bist es, mein Speisezimmer, das, nahe der Straße, meine Heimkehr vom -Walde erwartet, wenn die Stunde gekommen ist, in der mein Hund in Nacht -verschwimmt und sich das Paffen meiner Pfeife mit dem Nebel, der meinen -Bart feuchtet, mischt. Da horchst du wie eine brave Dienerin auf den -Tritt meiner benagelten Schuhe. Ich erkenne dein brennendes Herz, du -Hüterin ohne Makel: die Lampe, die zu Ende flackt wie diese meine -Träumerei. Da ich an dich denke, schwingt meine Seele sich auf, und ich -möchte Hosianna! rufen und mich vor deine Knie hinwerfen, auf deine -Schwelle, du Bewahrerin der Dinge, die mir die Vorsehung bescheert hat. -Mit gekreuzten Armen verharrest du über der Straße, auf der die Bettler -dahinziehen, wenn die Stunde gekommen ist, in der das Aveläuten in -verzweiflungsvoller Liebe zittert und gleich Weihrauchfässern die -elendsten Hütten aus der Finsternis ihren Rauch emporschicken zu den -Füßen Gottes. - - - - - BETRACHTUNGEN ÜBER EINEN TAUTROPFEN - - -Das anbetungswürdige alte Fräulein starb in einem kleinen Schlößchen, -das einst Jean Jaques Rousseau gefallen hat. Ein Wildbach schauerte an -den Grundmauern des Türmchens vorbei, das überblüht war von gelben -Rosen, und der nahe Teich einer verlassenen Mühle machte die Gegend mit -ihren schattigen Baumgruppen vollends poetisch. Reiche Äcker dehnten -sich da und dort. Einst, als der Tag zu Ende ging, sah ich an der Ecke -eines Feldes auf dem Marksteine einen alten Mann sitzen. Er stützte sich -auf einen Stock mit einem Schnabelgriffe. Von seinem Platze aus -überwachte er gemach die Erntearbeit. Ich wünsche mir sehnlich dieses -Alter herbei, in dem die stillen Blicke nur mehr nahe trauliche Dinge -vor sich haben. Vielleicht wird das Gewesene dann zur Gegenwart? Dieser -friedliche Greis, der mich eines anderen Greises gedenken ließ, jener -edlen Gestalt aus »Paul und Virginie«, rief sich vielleicht, da er die -schönen Schnitterinnen betrachtete, die Zeit wieder empor, in der noch -die Bücher seiner Jugend über ihn Gewalt gehabt hatten ... Vielleicht -erschien ihm Ruth, mit Kornblumen und Ähren bekränzt, oder die -myrthenduftende Chloe, wie sie ihren Ziegen Salz reicht. - - * * * * * - -Lange, bevor ich die Heiterkeit des Tages, der hier über dem Patriarchen -zu Ende ging, erlebte, war das alte Fräulein gestorben. Sie hatte hier -ihre ganze Jugendzeit verbracht, und sie wohnte auch später fast immer -hier. Denn ihr oblag, nachdem sie Waise geworden war, die ganze Sorge um -ihre wahnsinnige Schwester. Nur ein paarmal war sie fortgewesen: als sie -einige Jahre hintereinander eine Zeit in Paris verbrachte. Wenn ich an -sie denke, wie ich sie als Achtzigjährige gekannt habe, mit ihren -schneeweißen Scheiteln, die stets mit Parmaveilchen geschmückt waren, -der großen Nase, dem spitzen aufwärtsgebogenen Kinn und den feurigen -Augen, wird es mir nicht allzu schwer, mir vorzustellen, wie sie als -Achtzehnjährige gewesen sein mag: Da sehe ich sie mit einem biegsamen -großen, mit Feldblumen geschmückten Hute, in einem Mousselinkleide, das -sich in ihren Knicksen bauscht, und mit einem Gürtel aus einer -kolibrifarbenen Schleife. - - * * * * * - -In diesem Schlosse nun habe ich in den letzten Tagen langsam und voll -Zärtlichkeit das Album durchgeblättert, darein das Fräulein Sophie F. -von B. seine Herzensdinge geschrieben hat, und ein unsagbares Heimweh -nach der Vergangenheit überkam mich. - -Während sie in Paris lebte, das muß um 1840 gewesen sein, nahm sie -Botanikunterricht im Jardin des Plantes. O, von wie viel Liebreiz -umgeben sie mir jetzt erscheint! Wer weiß, wie schönheitsentflammt die -Seele dieses jungen Provinzmädchens war, das hier nun die strahlenden -Farben und den Duftatem irgendwelcher neuer Blütendolden, die vielleicht -Laurent de Jussien eben erst von wilden Inseln gebracht hatte, genoß! -Ich glaube dieses Mädchen der alten Zeit vor mir zu sehen, wie es sich -in einer Allee des Botanischen Gartens auf die Spitze seiner -fliederfarbigen Schuhe erhebt, um das Innere einer zottigen Blumenglocke -zu erforschen. - -Diesem Album, in das sie sorgsam wunderbare Sträußchen gezeichnet und -gemalt hat, hat sie ihr Herz anvertraut. Ich nenne ihre Malereien -wunderbar, aber ich will damit gewiß nicht sagen, daß sie etwa das Genie -besessen habe, in der Wiedergabe der Blumenkronen auch das Geheimnis der -Säfte mitzugestalten; ich will vielmehr damit ausdrücken, daß diese -Rokokomalereien, fern von jeder künstlerischen Absicht, die Spuren einer -hohen und reinen Seele tragen, und daß kein noch so berühmtes Kunstwerk -mich mehr ergreifen wird als sie. - - * * * * * - -Man müßte sich einzeln jeden der Tage wieder emporrufen, in deren Kelch -diese zarte und zage Seele ein wenig von ihrer Ewigkeit geträufelt hat. -Was man auch von ihrem Verlobten redet und geredet haben mag, ich -glaube, daß sie nur aus Opferwilligkeit für ihre früher erwähnte -Schwester von ihm nichts wissen wollte. Das hat sie den glühenden -Blumen, die sie malte, gebeichtet. Das sagen die schwellenden Rosen, die -emportaumeln wollen aus ihren Kelchen wie die Herzen der erwachenden -Mädchen in den Verzückungen der Maiabende. Von ihren Rosen hat eine -besonders und schmerzlich zu mir gesprochen. Die hat sie sicherlich an -einem leuchtenden Morgen gemalt, da sie Gott um Gnade gebeten hatte. -Kein Wort vermöchte die leidenschaftliche Reinheit dieser Blumenblätter -wiederzugeben, aus denen langsam eine Tauträne rollt. O, wie habe ich -diese Träne verstanden! - - * * * * * - -Du junges Mädchen des hingegangenen Jahrhunderts, hättest du, als dir in -deinem immer schattigen Salon diese Träne niederfiel, gedacht, daß eines -Tages ich ihrer voll Verehrung gedenken würde? Ich habe sie aufgefangen, -und nichts mehr wird ihr köstliches Wasser trüben. Dieser Edelstein voll -des Glanzes aus deinem Herzen -- O mögest du in Frieden ruhen an der -Brust des Herrn! -- ist von würdigen und andächtigen Händen in dem -chinesischen Schränkchen des großen Salons aufbewahrt worden, und nur -zuweilen komme ich und bitte die Freunde, die ihn verwahren, ihn mir zu -zeigen. O du, vielleicht hast du an demselben Weh gelitten, davon auch -ich ergriffen bin, an der sinnlosen und schweigenden Leidenschaft, die -einzig deine Zeitgenossen in ihrer müden Anmut und scheuen Reinheit -verstehen konnten! - - * * * * * - -Was wissen wir, wie viele Kalvarienberge es gibt, und wie oft schon der -Kreuzweg beschritten worden ist! Wenn uns unter Fingerhüten, Scheeren, -Stückchen von Stickerei und Seidenfleckchen, zwischen kleinen Spiegeln, -Haarlocken und Kinderzähnen, unter künstlichen Blumen, Fläschchen und -längst aus der Mode gekommenen Schmucksachen eine alte »Nachfolge -Christi« in die Hände kommt, erscheint es uns, als ob der Duft des -Abgeschlossenen, der an den Seiten haftet, nur eine unendliche Sanftheit -in sich trüge. Und doch, wie mögen Hände, die jung waren, und die es -nicht mehr waren, vor Warten und vor Weh gezittert haben, während sie -dieses Buch hielten! - -In der Morgenröte ihres Geschickes mag das junge Mädchen diese Seiten -wohl noch in der geheimen Hoffnung aufgeschlagen haben, daß an den -Bitternissen doch nicht alle Menschen teilhaben müßten, und daß -vielleicht gerade ihr das Schicksal sie ersparen werde. Nur in einem -entzückenden Gefühle von Pietät streckte sie damals im Erwachen die -schon kräftigen Arme nach der »Nachfolge« aus. Erst später, in der Mitte -ihres Lebens kam sie wieder zu diesem Buche zurück. Die früchteschweren -Apfelbäume waren nicht mehr fröhlich wie ehedem ... eine Freudigkeit -(ich weiß nicht, was für eine) hatte sie verlassen. Und jenen bunten -Schmetterling, der sich vor ihr im heißen Glanze der Tage in den großen -Ferien gewiegt hat, den hat sie später nie mehr über den Wiesen -erblickt. - -Das Alter kam. Und siehe, nun in der Neige ihres Seins hörte sie kaum -mehr auf, in dem Buche zu lesen. Es war sieben Uhr abends, draußen -schneite es. Die Lampe, die aufzuckend der Stille den Takt schlug, -erleuchtete den großen Spiegel, in dem sich das alte Fräulein als das -getrübte Bildnis der menschlichen Wandlungen erblickte. Nun sah sie -nichts mehr von dem honiggoldenen Haar, das sie sich einst spielend um -die zarte Faust gewunden hatte ... Ihre Scheitel waren weiß und streng -wie die Binden, in die man die Toten hüllt. Und ihre Wangen, auf deren -Erblühen einst viel helles Lächeln wie Apriltage über die Gärten -gestrahlt hatte, waren voll der tiefen Furchen, die allgemach der -bittere Niederfall der Tränen eingräbt. - - * * * * * - -Möge Gottes Frieden sich auf diese Leben der alten Zeit herniedersenken! -O, sie haben für mich immer noch die Jugend der Rose, auf der ein -Tropfen in solcher Reinheit schimmert, daß man zweifelt, ob er ein -Tautropfen oder die Träne eines Kindes, das sein erstes Weh verstört -hat, sei. Man tut gut daran, die Toten zu verehren und täglich ihrer zu -gedenken! Kein Regenguß rauscht nieder auf die Kronen des Waldes, kein -Regenbogen wölbt sich über das wolkendüstere Dorf, keiner Hirtenflöte -Klang geht im Herbstwinde verloren, ohne mir Gegenstand für meine -Betrachtungen zu werden. Hier, so denke ich, in dieser kleinen Höhle mit -ihrem Teppiche aus Farnkraut und Veilchen, mögen sie zuweilen Zuflucht -vor den Regenschauern gesucht haben. Hier muß es auch gewesen sein, wo -der letzte Guß des Gewitters die Schleife mit den Irismustern -davongetragen hat. Und hier, so sage ich mir weiter, in diesem -entlegensten Winkel des Parkes, mag das Mädchen vielleicht von ihm -geträumt haben, der ihr dort in der Grotte als der Bezauberndste -erschienen war. Und wenn sie dann ihre Schwermut fragte, hat ihr nur die -Glocke eines verirrten Lammes geantwortet. - - * * * * * - -O wie wird jede Kleinigkeit zu einer Welt, wenn man in ihr nicht nur ein -poetisches Spiel sucht, sondern die Spuren Gottes in den geringsten -Geschehnissen des Alltags. Dächte nicht ein jeder, es sei keine Sache -von Bedeutung, um welche Stunde und an welchem Tage ein Kind im Walde -Erdbeeren pflückt? Und ist es nicht doch voll Bedeutung, daß an einem -Morgen, von dem ich nichts weiß, ein Mädchen in vergangener Zeit -unwissentlich einen Tropfen Tau auf einer Rose schimmern ließ und so den -Anlaß gab zu dieser meiner Träumerei, die nun zu Ende geht? - - - - - BETRACHTUNG ÜBER ASTROLOGIE - - -Was kann das sein, das mich so bedrückt? Aus welcher Ferne kommt das -Schwere, das sich auf mein Herz legt und es bitter macht, wie die Frucht -war, die ich eines Morgens im Sande der Sahara gefunden habe? - -Der Rosenkäfer ist der Rose untertan, die Rose dem Mädchen, das Mädchen -der Liebe und die Liebe wiederum den großen Kreisen der Kräfte, das das -Auf und Nieder meines Atmens in Einklang mit dem Meere bringt. - -Dem Monde ist die Macht gegeben, über die großen Wasser zu herrschen und -sie stöhnen oder singen zu machen; welches Gestirn aber in der Tiefe der -himmlischen Abgründe vermag es, gerade meine Gedanken stöhnen oder -singen zu machen? - -Sicher ist eins: wenn meine Seele in ihrer Verstörtheit übereinstimmt -mit einem Sterne, den ich gar nicht kenne, dann muß dieser Stern seit -Jahren den schrecklichsten Ausbrüchen, Erschütterungen und Erdbeben -preisgegeben sein. - -Es macht mir Freude, mir auszumalen, daß das ganze Wesen eines Menschen -dem Charakter des Planeten entspräche, dessen tyrannischem Geheiße er -untertan ist: dann untersteht Edgar Poe sicherlich irgendeiner Welt, die -an den äußersten Grenzen eines düsteren und schneereichen Himmels -kreist, und auf der die grünen Tale voll blühender Lilien, Hyazinthen -und Anemonen nur in den Fernen jenseits wattiger Nebelbänke erscheinen. -Und Lamartine muß einem Gestirne gehorcht haben, das kein Ozean -ausgehöhlt hat, darauf es nur einen himmlischen See gibt, über den die -sanfte Brise mit Erzengelfingern hinstreicht und an die zitternden -lyrageschwungenen Flügel der Schwäne rührt. - -Der Stern, mit dem dieses junge Mädchen verwandt ist, lacht und weint in -tausend Wasserfällen. Murmelt das Wasser dieser Wasserfälle gerade jetzt -mehr als sonst? Denn das Mädchen hört nicht auf zu plappern, solange die -Schneeschmelze da oben die Wildbäche des Sterns so überreichlich füllt. -Säumt der Schaum der Wildbäche den Azur, unter dem er schauert, jetzt -mit köstlicheren Spitzen? Das Mädchen zieht ein Kleid von zartem Blau -an, das es mit quellenden Spitzen, die durchsichtiger sind als die -Wasser der Felsen oder böhmische Gläser, ziert. Sind die Quellen jetzt, -austrocknend in der glühenden Sonne, verstummt? Das Mädchen wird -schweigsam. Und wenn da oben die Wasser zu schluchzen beginnen, -entströmen dem Mädchen die Tränen, die man hier auf Erden sinnlose -Tränen nennt. Das Mädchen errötet plötzlich: das kommt daher, daß auf -seinem Sterne eine Pfingstrose aufblüht. Es erbleicht -- denn dort oben -ist eine Lilie aufgegangen. - -Sind die Bezeichnungen: ein Mensch hat einen finsteren oder klaren oder -verbitterten Charakter nicht dem Horoskope dessen, auf den man sie -anwendet, entnommen? Was wohl die Astrologen damit ausdrücken wollten, -daß sie die alte Selenographie mit solchen dichterischen Bezeichnungen -schmückten, wie da sind: das Meer der Krisen, das Meer der Feuchtigkeit, -das Meer der Tränen, der Golf der Verzweiflung? Ich vermute, daß sie -jene menschlichen Veränderungen, die sie dann mit Recht die lunatischen -nannten, von den Umwälzungen auf unserem Satelliten ableiteten. Das Meer -der Krisen beginnt unruhig zu werden -- und alle Gichtkranken, -Asthmatiker, Hypochonder und Narren werden von ihren Übeln befallen. Ein -Zyklon wirbelte über das Meer der Feuchtigkeit dahin -- und die -Wassersüchtigen fühlen ihre Anschwellungen wachsen. Der Sturm wütete -über dem Meere der Tränen -- und alle kleinen Kinder weinen. Wenn aber -der Golf der Verzweiflung sich verdüsterte, geschieht dem Herzen eines -jeden Menschen ein Gleiches. - -Nach dieser Betrachtung des Einflusses der Gestirne auf die Menschen -wollen wir erforschen, wie eine solche Einwirkung auch auf die Pflanzen -möglich wäre. Wir stellen also die Hypothese auf (die wir untersuchen -wollen,) daß Mensch und Pflanze der gleichen Ausstrahlung untertan sind, -und schließen, daß es eine schicksalhafte Sympathie zwischen ihnen geben -müsse. - -Die Theorie des Professors Philipp van Tieghem ist bekannt: sie -ermächtigt uns, zu denken, daß der Pflanzenwuchs der Erde von Samen -abstammt, die von Meteoriten auf sie herabgebracht worden sind. (Beim -Lesen einer bestimmten Stelle dieses Forschers kam mir einmal nachts der -belustigende Einfall, meine Hände gegen den Mond zu strecken, um den -Flug bestimmter Arten von Mohn aufzuhalten, deren hinfällige Blüten -freilich in der Berührung mit meinen Fingern hätten zerstieben müssen.) - -Mit dieser Hypothese wollen wir nun die Darwinsche verbinden, nach der -wir Pflanzen waren, ehe wir Menschen geworden sind. Daraus ergibt sich -freilich für jeden das Recht, zu fragen, was für eine Feuerkugel ihn -denn auf die Erde gebracht, und was für eine Konstellation diese -sonderbare Saat bewirkt habe. - -Nun gibt es aber zweifellos Menschen, deren ganzes Leben im Gegensatze -steht zu dem aller anderen Menschen -- was demnach auf eine -Sternenherkunft von besonderer Art schließen lassen müßte --, genau so, -wie gewisse Pflanzen in ihrem Verhalten dem sämtlicher anderer Pflanzen -widersprechen. - -Von jener Regel zum Beispiel, die den Stengeln der Schlingpflanzen zu -gebieten scheint, der Drehung der Erde folgend von links nach rechts zu -ranken, sind Hopfen, Geißblatt, Stickwurz, Schildkrötenkraut sowie das -knotige und das Kletter-Polygonum ausgenommen, die alle, Newton und -Laplace mißachtend, sich von rechts nach links winden. Rührt das daher, -daß diese Pflanzen von Gestirnen stammen, die sich in entgegengesetztem -Sinne drehen wie die Erde? - -Übrigens, wenn Rose und Iris, Orchydee und Seerose, solcherart auf -unsere Erdkugel gelangt, von den unbekannten Gesetzen ihrer vorherigen -Heimat geleitet werden -- sei die nun Mars oder Venus oder ein ganz -anderer Planet --, ist es reizvoll, sich vorzustellen, daß die Blüte der -Wunderblume nicht eher sich schließen und einschlafen mag, bevor sich -nicht der Abend auf ihren Heimatstern gesenkt hat, das heißt ehe es -nicht Tag geworden ist auf der Erde. - -Das früher Gesagte vorausgesetzt, wäre es unterhaltend, die Blume oder -den Baum zu kennen, die jeder einzelne bevorzugt, und zu beobachten, ob -die Menschen, die Sympathie für die gleiche Blume haben, nicht denselben -Sterneneinflüssen unterworfen sind wie diese Blumen. Was mich anlangt, -so liebe ich die Pflanzen zu sehr, um mich für die eine oder die andere -zu entscheiden -- denn das schiene mir eine Untreue gegen alle übrigen -zu sein. Aber einen Strauch und eine Blume kann ich doch angeben, deren -Anblick mich in eine unerklärliche Erregung versetzt: die lagerstroemia -Indica und die amaryllis belladonna. Die lagerstroemia blüht gegen Ende -des Sommers. Ich habe sie einmal in einem Prosagedichte »Flieder einer -anderen Welt« getauft. Sie ist ein Strauch ohne Rinde. Ihr glatter Stamm -breitet nur im Schlafe die Zweige aus, was ihr das unglückliche Aussehen -eines Besens oder einer riesenhaften Rose von Jericho verleiht. Aber -ihre Blüten! Unter den azurnen August- und Septemberhimmeln heben sie -sich aus ihrem Laube, das fremdartig grün ist und sehr ähnlich dem des -Granat- und des Spindelbaumes, und bilden Szepter von einem unsagbaren -Rosa, das nie der Erde angehört hat, einem Rosa voll schwermutschönen -Heimwehs nach einem verlorenen Paradiese. Warum liebe ich diesen Baum -mit solcher Liebe? Es gibt eine lagerstroemia, die ich Jahr für Jahr -besuche, und die in jedes neue Blühen meine Trauer oder meine Freude -mitempfängt. Sie schmückt mit ihren geheimnisvollen Korallen einen -Garten im nördlichen Spanien. Auf meine Bitte hat man mir erlaubt, durch -eine kleine Tür ihr sorglich verschlossenes Reich zu betreten. Und ich -bin, einer sonderbaren Unruhe verfallen, durch die Alleen geirrt, die -ihre glorreiche Majestät zu verdunkeln schien. - -Die amaryllis belladonna ist vom Kap der guten Hoffnung zu uns gebracht -worden. Inmitten eines Büschels schwertförmiger Blätter, die sich weich -nach außen biegen, strebt ihre rosige Lilie empor. Aber ihr Rosa hat -nichts von dem außerirdischen der lagerstroemia, es ist samtig wie -Aprikosen, es gleicht dem der Wassermelone, der Meerfrüchte oder des -Lachses. Ein paar von diesen Pflanzen sind meine Freunde: die stehen -nicht in dem spanischen Garten, von dem ich früher gesprochen habe, -sondern in einem alten kleinen Garten in Frankreich. Er wölbt sich wie -ein Dach über die Landstraße, auf der dereinst die Postkutschen, in -denen die Mädchen der alten Zeiten mit wehenden Hüten durch den Glanz -der untergehenden Sonne gegen Paris fuhren, hinholperten .... - -Ich empfinde eine trübe und schmerzliche Freude, wenn meine Blicke über -diese rosigen Kelche hingehen. Wer wird mir die sonderbaren Gefühle, die -mir diese beiden Pflanzen einflößen, erklären? Ihr Anblick verwirrt -meinen Verstand und läßt im Spiegel meiner Seele das Bild eines ganz -traurigen Traumes erstehen: auf einem Sterne erwartet mich widerwillig -und sehnlich zugleich ein dunkelhaariges Mädchen in einem amaryllisrosa -Kleide. Sie sitzt unter einer lagerstroemia an einem Grabhügel, über dem -in unbekannten Zeichen ein Name, vielleicht der meine, geschrieben -steht. - -Meine Freundin, eines Abends wirst du mich aus der Tiefe des Tales -kommen sehen, und ich werde dir deine Lieblingsblumen bringen. Es wird -schon spät sein. Mit meiner grünen Trommel auf dem Rücken werde ich den -ganzen Tag ohne Rast auf der Suche gewesen sein, das Herz voll Tränen, -und werde unter den Blicken Gottes mit meinem kleinen Spaten in allen -Einsamkeiten die Erde durchwühlt haben. Werde ich aber die Pflanze, die -unser beider Geschicke einen muß, wirklich gewünscht haben? Schon ahne -ich, wie ein Edelsteinsucher, den ein geheimnisvoller Sinn leitet, deine -liebste Blume voraus. Sie wächst nicht im Schnee, nicht auf den -Gletschern noch unter den Lärchen der Alpen, nicht am Rande der -Kressebeete noch auch in der lügnerischen Sahara, deren Spiegelungen -meinen Fieberdurst heimgesucht haben. Sie erblüht in meiner Seele. - - - - - NOTIZEN - - - I. - -Ich habe mir oft den Himmel ausgemalt. In der Kindheit war er mir die -Hütte, die sich ein alter Mann in unserer Gegend hatte auf der Höhe -eines steilen Bergweges errichten lassen, und die »das Paradies« genannt -wurde. Mein Vater pflegte um die Stunde, in der das schwarze Heidekraut -der Hügel golden wird wie eine Kirche, mit mir dahin zu gehen. Am Ende -jedes dieser Spaziergänge wartete ich darauf, Gott in der Sonne, die -oben am Kamme des steinigen Steiges einzuschlafen schien, sitzen zu -sehen. Habe ich mich getäuscht? - -Weniger leicht kommt es mir an, mir das katholische Paradies mit seinen -azurnen Harfen und dem rosigen Schnee der himmlischen Heerscharen in den -reinen Regenbogen vorzustellen. So halte ich mich doch immer noch an -mein erstes Gesicht. Aber seitdem ich die Liebe kennen gelernt habe, -habe ich zu dem himmlischen Bereiche vor der Hütte des alten Mannes noch -eine sonnenwarme Bergwiese, auf der ein junges Mädchen Blumen pflückt, -dazugetan. - - - II. - -Ich habe die Seele eines Fauns und zugleich die eines ganz jungen -Mädchens. Wenn ich eine Frau betrachte, empfinde ich eine völlig andere -Art von Erregung als beim Anblicke eines Mädchens. Wenn man sich mit -Hilfe von Blumen und Früchten verständlich machen könnte, würde ich -einer Frau glühende Pfirsiche, die rosigen Glocken der Tollkirsche und -schwere Rosen reichen, dem Mädchen aber Kirschen, Himbeeren, -Quittenblüten, Heckenrosen und Gaisblatt. - -Es gibt kaum ein Gefühl, das ich erlebe, ohne daß es vom Bilde einer -Blume oder Frucht begleitet wäre. Wenn ich an Martha denke, sehe ich -Gentianen vor mir, Lucie ist mir mit den weißen japanischen Anemonen -verbunden, Marie mit Maiglöckchen und eine andere wieder mit einer -Zedratfrucht, die aber ganz durchsichtig ist. - -Zum ersten Rendezvous, das ich mit einer Freundin hatte, habe ich -Schwertlilien mit aprikosenrosa Halse mitgebracht. Wir stellten sie über -Nacht ins Fenster, und dort vergaß ich sie, um mich nur meiner Freundin -zu erinnern. Heute wollte ich gerne der Freundin vergessen und nur mehr -der Schwertlilien gedenken. - -All meine Erinnerungen gehören also sozusagen der Pflanzenwelt an. -Bäume, Blüten und Früchte sind meine Merkzeichen für Menschen und -Gefühle. - -Die Pflanzen, aber auch die Tiere und die Steine haben meine Kindheit -mit geheimnisvoller Lieblichkeit erfüllt. - -Als ich vier Jahre alt war, stand ich und betrachtete die Haufen -zerschlagener Bergkiesel am Straßenrande. Wenn man diese Steine in der -Dämmerung gegeneinanderschlug, gaben sie Feuer -- rieb man sie -aneinander, dann rochen sie verbrannt. Die geäderten hob ich auf: sie -waren schwer, als ob sie Wasser in sich verborgen hielten. Der Glimmer -im Granit bezauberte meine Neugier so sehr, daß nun nichts anderes mehr -sie stillen konnte. Ich fühlte, daß da etwas war, das niemand mir zu -erzählen vermochte: das Leben der Steine. - -Um dieselbe Zeit war man einmal böse mit mir, weil ich die künstlichen -Käfer von einem Hute meiner Mutter weggenommen hatte. Das war meine -Leidenschaft: Tiere aufzuheben, und ich war so voll Freundschaft zu -ihnen, daß ich weinte, wenn ich sie unglücklich glaubte. Noch heute -erlebe ich die namenlose Angst wieder, wenn ich daran denke, wie die -kleinen Nachtigallen, die mir jemand geschenkt hatte, in unserem -Speisezimmer zugrunde gingen. In dieser Zeit mußte man mir, damit ich -einschlafe, das Glas mit meinem Laubfrosche in meine Nähe stellen. Ich -fühlte, daß er mein treuer Freund war und mich auch gegen Diebe -verteidigt hätte. Als ich das erstemal einen Hirschkäfer sah, war ich -von der Schönheit seiner Geweihzangen so ergriffen, daß die Begierde, -einen zu besitzen, mich krank machte. - -Meine Leidenschaft für die Pflanzen zeigte sich später, als ich gegen -neun Jahre alt war. Die rechte Einsicht in ihr Leben aber fing erst an, -als ich ins fünfzehnte Jahr ging -- ich erinnere mich noch, unter -welchen Umständen. An einem Donnerstage, einem lähmend heißen -Sommernachmittage, ging ich mit meiner Mutter durch den botanischen -Garten einer großen Stadt. Weißblendende Sonne, dicke blaue Schatten und -schwere zähe Gerüche machten aus diesem fast verlassenen Orte das Reich, -dessen Pforte ich nun endlich überschritt. Im lauen goldkäferfarbigen -Wasser der Bassins gediehen kümmerlich allerlei Pflanzen, lederige graue -und hohe weiche, durchsichtige. Aber aus der Mitte dieser armen -traurigen Wassergewächse erhoben sich in den großen Azur grüne -Lanzenschäfte und hielten die Anmut ihrer weißen und rosigen Dolden in -den lodernden Tag: die Wasserlilien über ihren Blättern, in -vertrauensvollen Schlaf versunken. Mit den Wasserpflanzen hielten die -Pflanzen der Erde stumme Zwiesprache. Ich erinnere mich einer Allee, in -der Studenten, ein Sacktuch im Nacken, unter der Schönheit der Blätter -begraben lagen. Das war die Allee der Ombelliferen. Fenchel und -Steckenkraut drehten ihre Kronen über die Stengel, deren Blattscheiden -platzten, empor. Schweigend unterredeten sich die Düfte miteinander, -stumme Verständigung wob fühlbar von Pflanze zu Pflanze, und über dem -vereinsamten Reiche schwebte Entsagung. - -Seit damals verstehe ich die Pflanzen: ich weiß, daß ihre Familien sich -miteinander verschwägern, und daß sie alle von Natur aus einander -lieben. Aber ich weiß auch, daß diese Verwandtschaften nicht da sind, um -den Klassifikationen zur Unterstützung unseres trägen Gedächtnisses zu -dienen. - -Die Pflanzen sind lebendige, tätige Geometrie, die irgendwelchen -Auflösungen zustrebt -- wie die sein werden, weiß ich nicht. Da läßt -sich nun ein reizvolles Geheimnis beobachten: die Arten, die in -denselben geologischen Epochen vorkamen, haben einander ihre Sympathien -geschenkt und bleiben auch heute noch im Wechsel der Jahreszeiten -einander nahe. Wie vermöchte sonst das Wesen der frierenden schneeigen -Winterliliaceen mit dem der purpurnen Herbstnachtschatten so -zusammenzustimmen? - -Es gibt noch andere Pflanzengemeinschaften, die nicht so sehr durch -Menschenbemühungen als dadurch zustandekommen, daß gewisse Arten andere -als Freunde bei sich haben mögen und sich nach ihnen sehnen. Wie schön -sind die Bauerngärten, in denen die strahlende Lilie -- gleich den -Göttern, die die Niedrigen besuchen -- zwischen Kohlköpfen, Knoblauch -und Zwiebeln (die in den Töpfen der Armen kochen werden) wächst! O, wie -liebe ich diese ländlichen Küchengärten, wenn mittags der traurige blaue -Schatten der Gemüse auf den Vierecken körniger weißer Erde einschläft, -der Hahnenruf das Schweigen noch tiefer macht und das geduckte Huhn -unter dem schrägen gewundenen Fluge des Habichts aufgluckst! Da wachsen -die Blumen der schlichten Liebenden, die Blumen der jungen Frauen, die -den blauen Lavendel trocknen und zwischen ihr grobes Leinen legen. Da -wächst auch der treue Buchsbaum, an dem jedes Blättchen ein Spiegel von -Azur ist, und die Stockrose, an der die sanfte reine Flamme der Blüten -sich in Schwermut verzehrt: fromme Blumen, dem Schweigen und der -Entsagung geweiht. - -Ich liebe auch die Wiesenblumen: die Königin der Fluren, schaukelnd in -leichten Winden und vom Glucksen des Baches in den Schlaf gewiegt. Ihre -duftende Krone schmückt sich mit Wasserkäfern schimmernder als der Hals -der Kolibris. Sie ist die Geliebte der Halden, die Braut der grasigen -Lichtungen. - -Tief in den verlorenen alten Parks aber gibt es die geheimnisvollen -Pflanzen: da gedeihen die _alten_ Blumen, der Erdflieder, die amaryllis -belladonna und die Kaiserkrone. Anderswo müßten sie sterben, hier aber -beharren sie, behütet von den Vorbildern der jahrhundertealten -einzigartigen Bäume mit den verschollenen Namen. Diese vornehmen, -verwöhnten und gezierten Blumen erheben ihre schwanken Köpfe nur, wenn -der Wind durch die Amberbäume und Ahorne streicht und aufseufzt wie -einst Chateaubriand. - - - III. - -Die Traurigkeit der kleinen Stadt tut mir wohl: die Gassen mit ihren -finsteren Laden, die abgetretenen Türschwellen, die Gärten, die in der -schönen Zeit des Jahres über einem Grunde von blauem Brodem schwimmen, -über dem Gewirre von Stockrosen, Glyzinien und Weinreben -- und dann -jene anderen Gärtchen, räudig wie Esel, mit schwärigen Buchsbaumhecken, -darauf Lumpen zum Trocknen liegen, und das Rinnsal der Gerber, das den -dünnen Perlmutterglanz des Himmels mitschleppt und zwischen seinen -Schlammpflanzen hart die Dächer widerspiegelt, o -- und der Wildbach, -der die Felsen höhlt, sich windet und eilig dahinblinkt! Der kleine -Stadtplatz ist hübsch, ob die Zikaden in den sommerlichen Buchen -schrein, ob der Herbstwind auf ihm scharrt oder die Regen ihn -zerkritzeln. Es gibt auch einen kleinen Stadtpark da, von dem Bernhardin -de Saint Pierre entzückt gewesen wäre: unter seinen Kastanienbäumen sind -die Mainächte tief, blau und sanft. - -Ich komme seit Jahren in diese Stadt, die einst mein Großvater und mein -Großoheim verlassen haben, um die überblühten Antillen zu suchen. Dann -haben sie das Brausen des Meeres gehört, musselinene Kleider glitten -unter ihren Veranden dahin -- und als sie starben, waren sie vielleicht -voll Sehnsucht nach diesen Gassen mit ihren Laden, den Gärten hier, den -Rinnsalen und diesem Wildbache. - -Wenn ich dann meinen kleinen Meierhof aufsuche, denke ich daran, daß sie -einst hier gewesen sind. O, ihre Ausflüge! Das Frühstück trugen sie in -einem Körbchen mit und einer hatte eine Gitarre umgehängt. Leichten -Ganges folgten ihnen die jungen Mädchen; zwischen taufeuchten Hecken -summte eine Romanze auf und erschreckte die Vögel mit einer -unaussprechlichen Liebe. Die Maulbeeren waren noch grün. Man marschierte -im Takte. Der Schrei eines Mädchens zitterte durch die Luft, an einer -Wegecke wurde ein großer Hut geschwungen, und ein kühles Lachen flog -zwischen den regenversehrten Heckenrosen empor. - -Diese Gitarre habe ich im Hofe meiner hugenottischen Großtanten an einem -Sommerabende gehört, als ich vier Jahre alt war. Der Hof schlief in -weißer Dämmerung, und von den Dächern sank eine unbekannte Zärtlichkeit -auf die Rosenstöcke und das helle Pflaster. Meine Verwandten saßen auf -einem Balken, waren froh und lachten darüber, daß ich so ein kleines -Kind war und eine weiße Schürze anhatte. Dann sang mein Großonkel ein -Lied aus der Hauptstadt. Ich seh ihn noch mit vorgestrecktem Kopfe -stehen. Die Luft zitterte sacht. Am Ende einer Koloratur machte er eine -komische nette Verbeugung. - -Ich segne dich, kleine Stadt, in der kein Mensch mich versteht, wo ich -meinen Stolz, mein Weh und meine Freude in mir verberge und ich keine -andere Zerstreuung habe, als meine alte Hündin kläffen zu hören oder -arme Gesichter anzuschauen. Aber dann steige ich die Hügel empor, wo der -dornige Stechginster wächst -- und dort erlebe ich in der Betrachtung -meiner Kümmernisse das sanfte Glück, das Verzichten heißt. Jetzt quält -mich nicht mehr das rohe und verächtliche Lachen der Leute noch auch das -Zweifeln an allem. Das Lachen derer, die mich verachten, ist verstummt --- und ich werde gleichgültig gegen alles, was ich bin. Aber ich bin -indessen ernst geworden gegen mich selber und die andern. Mit -furchtsamer Freude sehe ich nun die Sorglosigkeit der Glücklichen. Ich -habe verstehen gelernt, wieviel Leiden aus der Liebe wachsen kann und -wie tiefe Blindheit aus einem Blicke. Und um dieser meiner Leiden willen -möchte ich eine traurige zarte Liebkosung denen schenken, die noch -nichts anderes wissen als das Glück. - - - IV. - -Im Garten tut mir der Duft des Flieders plötzlich weh, denn ich bin -todtraurig. - -Flieder, seit der Kindheit bist du mir teuer. Damals habe ich -deine Blütensträuße angeschaut, die schönen Bilder, auf eine -Spielzeugschachtel gemalt. In dem vertrauten Obstgarten meiner -Jugendzeit blühtest du auch. O, in diesem Garten gab es Igel! Sie -glitten die alten Balken entlang -- wie unschuldig und sanft sind die -Igel trotz ihrer Stacheln. Ich erinnere mich noch meiner Erregung, als -ich an einem Winterabende einen auf der Schwelle unserer Küche fand. Der -Schnee hatte ihn vertrieben und nun steckte er seinen kleinen Rüssel in -die Abfälle, die da liegengeblieben waren. - - - V. - -Ich liebe die Wesen der Nacht, die Käuzchen mit hauchendem Fluge, die -Fledermäuse, die Dachse -- alle ängstlichen Tiere, die durch die Luft -und das Gras gleiten, und die wir so wenig kennen. Was für Feste mögen -sie wohl unter den Pflanzen, ihren Schwestern, feiern? - -In der Stunde, da der Mensch ruht, springen die Kaninchen silberig von -Tau über die Minze der Gräben hin und halten ihre geheimen Versammlungen -ab; die Frösche quaken und platschen in den Pfützen, aus den -Glühwürmchen sickert der weiche gelbe, feuchte Schimmer, der Maulwurf -bohrt sich unter den Wiesen hin, die Nachtigall schluchzt auf wie ein -Springbrunnen, und die Schleiereule läßt ihr trauriges Lachen hören, als -ob sie sich in ihrer Furchtsamkeit zu der Freude Gottes gesellen wollte. - -Wie oft habe ich mir gewünscht, ein solches Wesen der Nacht zu sein! Ein -schauerndes Kaninchen unter der Weißdornhecke oder ein Dachs, von den -saftigen grünen Blättern gestreichelt. So hätte ich keine anderen Sorgen -gekannt als die um meine leibliche Verteidigung -- und ich hätte nicht -lieben müssen und nicht hoffen. - - ENDE - - - - - INHALT - - - Seite - Das Paradies 3 - Das Paradies der Tiere 6 - Die Güte des lieben Gottes 8 - Der Weg des Lebens 11 - Die kleine Negerin 15 - Ronsard 17 - Robinson Crusoe 19 - Das Grabmal des Dichters 21 - Von der Barmherzigkeit gegen die Tiere 24 - Betrachtung über die Dinge 27 - Lob der Steine 40 - Betrachtung über eine Schnepfe 43 - Betrachtungen über ein Speisezimmer 49 - Betrachtungen über einen Tautropfen 53 - Betrachtung über Astrologie 60 - Notizen 68 - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Hervorhebungen, die im Original g e s p e r r t sind, wurden mit -Unterstrichen wie _hier_ gekennzeichnet. - -Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt -(vorher/nachher): - - [S. 38]: - ... Hammer Anwort. Der Hammer, den der Meister ... - ... Hammer Antwort. Der Hammer, den der Meister ... - - [S. 38]: - ... vom Herzen schwang, war das Herz des Amboß. ... - ... von Herzen schwang, war das Herz des Amboß. ... - - [S. 64]: - ... ehe wir Menschen geworden sind. Daraus ergibt ... - ... ehe wir Menschen geworden sind. Daraus ergibt sich ... - - [S. 65]: - ... blüht gegen Ende des Sommer. Ich habe ... - ... blüht gegen Ende des Sommers. Ich habe ... - - [S. 75]: - ... die Luft, an eine Wegecke wurde ein großer Hut ... - ... die Luft, an einer Wegecke wurde ein großer Hut ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Das Paradies, by Francis Jammes - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS PARADIES *** - -***** This file should be named 51871-8.txt or 51871-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/1/8/7/51871/ - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. 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Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License (available with this file or online at -http://gutenberg.org/license). - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org/license - - -Title: Das Paradies - Geschichten und Betrachtungen - -Author: Francis Jammes - -Translator: Emil Alphons Rheinhardt - -Release Date: April 26, 2016 [EBook #51871] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS PARADIES *** - - - - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - - -<div class="frontmatter"> -<h1 class="title"> -Das Paradies -</h1> - -<p class="aut"> -<span class="line1">Geschichten und Betrachtungen</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">Francis Jammes</span> -</p> - -<p class="pub"> -<span class="line1">Kurt Wolff Verlag / Leipzig</span> -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="ser"> -Bücherei „<em>Der jüngste Tag</em>“, Bd. 58/59 -</p> - -<p class="printer"> -Gedruckt bei E. Haberland, Leipzig -</p> - -<p class="trn"> -Berechtigte Übertragung von E. A. Rheinhardt -</p> - -</div> - -<h2 class="pbb chapter" id="chapter-0-1"> -<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a> -DAS PARADIES -</h2> - -<p class="first"> -Der Dichter sah seine Freunde an, die Anverwandten, -den Priester, den Arzt und den kleinen -Hund, alle, die in seinem Zimmer versammelt -waren — und starb. Auf ein Stück Papier wurde -sein Name geschrieben und sein Alter: er war achtzehn -Jahre alt. -</p> - -<p> -Da ihn die Freunde und Anverwandten auf die -Stirne küßten, fühlten sie, daß er kalt geworden -war. Er aber empfand ihre Lippen nicht mehr, -denn er war im Himmel. Und nun fragte er sich -auch nicht mehr, wie er es auf Erden immer -getan hatte, wie denn dieser Himmel eigentlich -sei. Da er darinnen war, verlangte es ihn nach -nichts anderem mehr. Seine Eltern, die vielleicht -(wer weiß das?) vor ihm gestorben waren, kamen -ihm entgegen. Sie weinten nicht, und auch er -weinte nicht, denn sie hatten, alle drei, einander -niemals verlassen. -</p> - -<p> -Seine Mutter sagte ihm: „Geh, kühl den Wein -ein! Wir werden dann gleich in der Laube des -Paradiesgartens mit dem lieben Gott zum Mittagessen -gehn.“ -</p> - -<p> -Sein Vater sagte ihm: „Geh dort unten Obst -<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a> -pflücken! Hier gibt es keine giftigen Früchte. -Und die Bäume reichen dir gern ihre Früchte. -Ihre Blätter und Zweige leiden nicht unter deinem -Pflücken, denn sie sind unerschöpflich.“ -</p> - -<p> -Der Dichter wurde von Freude erfüllt, da er -nun wieder seinen Eltern gehorchen konnte. Als -er aus dem Obstgarten zurückkam und die Weinkrüge -in das Wasser gestellt hatte, erblickte er -seine alte Hündin, die vor ihm gestorben war. -Zärtlich schweifwedelnd lief sie herbei und leckte -ihm die Hände und er streichelte sie. Und mit -ihr waren alle Tiere da, die ihm auf Erden die -liebsten gewesen waren: ein kleiner rothaariger -Kater, zwei junge graue Kater, zwei schneeweiße -Kätzchen, ein Gimpel und zwei Goldfische. -</p> - -<p> -Er sah den Tisch gedeckt und an ihm sitzend -den lieben Gott, den Vater und die Mutter und -neben ihnen ein schönes junges Mädchen, das er -unten auf der Erde liebgehabt hatte, und das ihm in -den Himmel gefolgt war, obwohl es nicht gestorben -war. Und nun erkannte er mit einem Male, daß -der Paradiesgarten der Garten seines irdischen -Vaterhauses sei, in dem wie ehdem und immer -die Lilien und Granatbäume blühten und der Kohl -wuchs. -</p> - -<p> -Der liebe Gott hatte seinen Stock und seinen -Hut auf den Boden gelegt. Er war angetan wie -die Armen der großen Landstraßen, die einen -Wecken Brotes in ihrem Quersacke tragen und -<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a> -die die Obrigkeit an den Eingängen der Städte anhalten -und ins Gefängnis werfen läßt, weil sie nichts -haben, was für sie bürgt. Seine Haare und sein Bart -waren weiß wie das große Licht des Tages und -seine Augen tief und dunkel wie die Nacht. -</p> - -<p> -Er sprach — und seine Stimme war sanft —: -„Die Engel sollen kommen und uns bedienen, -denn es ist ihr Glück, zu dienen.“ Da kamen auch -schon auf allen Wegen des himmlischen Gartens -die Heerscharen herangeeilt. Und das waren die -treuen Dienstboten, die im irdischen Leben den -Dichter und seine Familie geliebt hatten. Da kam -nun der alte Johann, der ertrunken war, als er -einen kleinen Jungen retten wollte, die alte Marie, -die an einem Sonnenstiche gestorben war, da war -der humpelnde Peter, Johanna war da und noch -eine andere Johanna. Und der Dichter erhob sich -von seinem Sitze, um ihnen die Ehre zu erweisen, -und er sprach zu ihnen: „Setzt euch auf meinen -Platz, denn ihr müßt neben Gott sitzen.“ Gott -lächelte, da er ihre Antwort schon wußte, noch -ehe sie geredet hatten. Sie aber sagten: „Unser -Glück ist, zu dienen. Und so sind wir bei Gott. -Dienst du selber nicht auch deinem Vater und -deiner Mutter? Und dienen sie wiederum nicht -IHM, der uns dient?“ -</p> - -<p> -Mit einem Male sah er nun den Tisch anwachsen -und neue Gäste sich daran niederlassen. Das -waren Vater und Mutter seines Vaters und seiner -<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a> -Mutter und die Geschlechter alle, die ihnen vorangegangen -waren. -</p> - -<p> -Es wurde Abend. Die Ältesten schliefen ein. -Der Dichter und seine Freundin hatten einander -lieb. Und Gott, den sie empfangen hatten, ging -seiner Wege, gleich jenen Armen der großen -Landstraßen, die einen Wecken Brotes in ihrem -Quersacke tragen und die die Obrigkeit an den -Eingängen der großen Städte anhalten und ins -Gefängnis werfen läßt, weil sie nichts haben, das -für sie bürgt. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-2"> -DAS PARADIES DER TIERE -</h2> - -<p class="first"> -Ein armes altes Pferd stand mit seinem Wagen -träumend vor der Tür eines elenden Wirtshauses, -in dem Weiber kreischten und Männer gröhlten. -Es regnete, Mitternacht war nahe. Das arme dürre -Pferd wartete nun hier todtraurig mit herabgesunkenem -Kopfe und schwachen Beinen, daß ihm -das Vergnügen der wüsten Menschen da drinnen -endlich erlauben möchte, in seinen elenden stinkenden -Stall zurückzukommen. Schreiende Zoten -von Männern und Weibern klangen ihm in seinen -halben Schlaf. Mit Mühe hatte es sich in der langen -Zeit daran gewöhnt und verstand nun mit -seinem armen Hirn, daß der Schrei der Dirnen -nichts Bedeutsameres sei als der ewig gleiche -Lärm des Rades, das sich dreht. -</p> - -<p> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -Diese Nacht nun träumte ihm verschwommen -von einem kleinen Füllen, das es einmal gewesen -war, von einer Wiese, auf der es, noch ganz rosig, -seine Sprünge gemacht hatte, und von seiner -Mutter, die ihm zu trinken gegeben hatte. Da -stürzte das alte Pferd plötzlich tot hin auf das -schmutzige Pflaster. -</p> - -<p> -Das Pferd kam an das Tor des Himmels. Ein -großer Weiser stand davor und wartete, daß Sankt -Petrus käme und ihm öffne. Er sagte zu dem -Pferde: „Was willst du denn hier? Du hast kein -Recht, in den Himmel zu kommen. Ich habe das -Recht, denn ich bin von einer Frau geboren worden.“ -Das alte Pferd erwiderte ihm: „Meine Mutter -war eine liebe Stute. Sie war alt und ausgesogen -von den Blutsaugern, als sie starb. Ich -komme jetzt, um den lieben Gott zu fragen, ob -sie hier ist.“ Da öffnete das Tor des Himmels seine -beiden Flügel den Einlaßheischenden und das Paradies -der Tiere lag vor ihnen. Das alte Pferd erkannte -sogleich seine Mutter, und auch diese erkannte -es, und sie begrüßten einander wiehernd. -Da sie nun beide auf der großen himmlischen -Wiese standen, hatte das Pferd eine große Freude, -denn es erblickte alle seine Gefährten aus dem -einstigen Elend wieder und es sah, daß sie für -immer glücklich waren. Alle waren da: die, die -ausgleitend und stolpernd einst auf dem Pflaster -der Städte Steine geschleppt hatten und lahmgeschlagen -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> -vor den Lastwagen zusammengebrochen -waren. Die waren da, die mit verbundenen Augen -zehn Stunden im Tage im Karussell die Holzpferde -gedreht hatten, und die Stuten, die bei den Stierkämpfen -an den jungen Mädchen vorbeigerast -waren, die rosig vor Freude sahen, wie die Leidenskreaturen -ihre Eingeweide durch den glühenden -Sand der Arena schleiften. Und viele, viele -andere noch waren da. Und alle gingen nun in -Ewigkeit über das große Gefilde der göttlichen -Stille. -</p> - -<p> -Alle Tiere waren glücklich. Zierlich und geheimnisvoll. -Selbst dem lieben Gott, der ihnen lächelnd -zusah, ungehorsam, spielten die Katzen mit einem -Knäuel Bindfaden, den sie mit leichter Pfote weiterrollten, -voll des Gefühles geheimer Wichtigkeit, -die sie nicht mitteilen wollten. Die Hündinnen, -die guten Mütter, verbrachten ihre Zeit damit, -ihre winzigen Jungen zu säugen. Die Fische -schwammen ohne Angst vor dem Fischer dahin. -Der Vogel flog, ohne den Jäger zu fürchten. Und -so war alles. Und nicht einen Menschen gab es -in diesem Paradiese. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-3"> -DIE GÜTE DES LIEBEN GOTTES -</h2> - -<p class="first"> -Sie war ein hübsches und zartes kleines Geschöpf -und arbeitete in einem Laden. Sie war nicht sehr -klug, wenn man das so sagen will, aber sie hatte -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -dunkle Augen voll Sanftheit, die einen ein bißchen -traurig anschauten und sich dann gleich senkten. Viel -Zärtlichkeit war in ihr und jene schlichte Alltäglichkeit, -die nur die Dichter verstehn können, und die -einzig das Reinsein von allem Hasse mit sich bringt. -</p> - -<p> -Sie sah so einfach aus wie das bescheidene Zimmer, -darin sie mit ihrer kleinen Katze, die ihr jemand -geschenkt hatte, wohnte. Jeden Morgen, -bevor sie zu ihrer Arbeit ging, ließ sie ein Näpfchen -Milch für die Katze zurück. Diese hatte -ebenso wie ihre Herrin gute, traurige Augen. Sie -wärmte sich in der Sonne auf dem Fensterbrette, -auf dem ein Basiliumstöckchen stand, oder sie -leckte sich ihre kleinen Pfoten wie einen Pinsel -glatt und kraute sich die kurzen Kopfhaare, oder -sie hielt eine Maus vor sich fest. -</p> - -<p> -Eines Tages waren Katze und Herrin schwanger, -die eine von einem schönen Herrn, der sie verlassen -hatte, die andere von einem schönen Kater, -der sich nicht mehr sehen ließ. Der Unterschied -war nur, daß das arme Mädchen krank und kränker -wurde und schluchzend seine Zeit hinbrachte, -während die Katze sich in der Sonne mit allerlei -fröhlichen Drehungen und Wendungen vergnügte -und ihr weißer, spaßhaft aufgetriebener Bauch -schimmerte. Die Katze hatte ihre Liebeszeit nach -der des Mädchens gehabt, was die Dinge so gestaltete, -daß beide um den gleichen Zeitpunkt ihre -Niederkunft zu erwarten hatten. -</p> - -<p> -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -Die kleine Arbeiterin erhielt nun in diesen -Tagen einen Brief von dem schönen Herrn, der -sie verlassen hatte. Er sandte ihr fünfundzwanzig -Franken und erzählte ihr dazu, wie herrlich großmütig -er sei. Sie kaufte ein Kohlenbecken, Kohlen, -für einen Sou Zündhölzer — und tötete sich. -</p> - -<p> -Als sie im Himmel ankam, in den einzutreten -sie erst ein junger Priester hatte hindern wollen, -zitterte das hübsche zarte kleine Geschöpf zuerst -in dem Gedanken, daß sie schwanger sei und Gott -sie verdammen könne. Aber der liebe Gott sprach -zu ihr: „Meine Freundin, ich habe dir ein hübsches -Zimmer vorbereitet. Geh hin und bring darin -dein Kindlein zur himmlischen Welt! Hier im -Himmel geht alles gut vorüber, und du wirst nicht -mehr sterben müssen. Ich liebe die Kinder — lasset -sie zu mir kommen!“ -</p> - -<p> -Als sie das Zimmerchen betrat, das sie im Hause -der himmlischen Güte erwartete, sah sie, daß ihr -der liebe Gott eine Überraschung bereitet hatte. -</p> - -<p> -Er hatte ihr in einem schönen Körbchen die -Katze, die sie liebte, dahin bringen lassen. Und -auf dem Fensterbrette stand ein Basiliumstöckchen. -Sie ging zu Bett. Und sie bekam ein schönes -blondes kleines Mädchen und die Katze bekam -vier schöne schwarze köstliche kleine Kater. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-4"> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -DER WEG DES LEBENS -</h2> - -<p class="first"> -Ein Dichter setzte sich eines Tages an seinen -Tisch, um eine Geschichte zu schreiben. Aber es -wollte ihm kein einziger Einfall kommen. Dennoch -war ihm fröhlich zumute, denn die Sonne überglänzte -den Geraniumstock auf seinem Fensterbrette -und inmitten des offenen blauen Fensters -flog surrend eine Fliege auf und nieder. Und da -sah er mit einem Male sein Leben vor sich. Es war -eine weite weiße Straße, die, ausgehend von einem -dunklen Haine, darin die Wasser murmelten, bis -an einen kleinen stillen Grabhügel führte, den -Dornsträucher, Nesseln und Seifwurz überwucherten. -In dem dunklen Wäldchen erblickte er den -Schutzengel seiner Kindheit. Der hatte goldene -Flügel wie eine Wespe, blondes Haar und ein Antlitz -so still wie das Wasser eines Brunnens an -einem Sommertage. -</p> - -<p> -Der Schutzengel sprach zu dem Dichter: „Erinnerst -du dich der Zeit, da du noch klein warst? -Du kamst mit deinem Vater und deiner Mutter, -die hier angeln wollten, hierher. Die Wiese da -war heiß, viele Blumen gab es und Heuschrecken. -Weißt du noch, daß die Heuschrecken aussahen -wie abgebrochene Halme, die sich bewegten? Mein -Freund, willst du den Ort wiedersehen?“ Der -Dichter sagte: „Ja.“ Und sie gelangten zusammen -an das blaue Ufer, darüber blau der Himmel und -schwarz die Haselnußsträucher hingen. „Sieh deine -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -Kindheit!“ sprach der Engel. Der Dichter sah auf -das Wasser nieder, weinte und sagte: „Ich sehe -nicht mehr die sanften Gesichter meiner Mutter -und meines Vaters sich hier spiegeln. Hier haben -sie sich immer ans Ufer gesetzt. O, sie waren still, -gütig und glücklich! Ich trug eine weiße Schürze, -die ich immer schmutzig machte und die mir die -Mutter dann mit dem Taschentuche sauber rieb. -Lieber Engel, sag mir, wo sind die Spiegelbilder -ihrer sanften Gesichter? Ich sehe sie nicht mehr, -ich sehe sie nicht mehr!“ In diesem Augenblicke -löste sich ein schönes Sträußchen Haselnüsse von -einem der Sträucher, schwamm und wurde von -der Strömung davongetragen. Da sprach der Engel -zu dem Dichter: „Das Spiegelbild deines Vaters -und deiner Mutter ist von der Strömung des Wassers -davongetragen worden wie dieses Sträußchen -Früchte. Denn alles geht dahin, die Dinge und -die Erscheinungen. Das Bildnis deiner Eltern ist -im Wasser vergangen, und was davon übrig blieb, -heißt Erinnerung. Besinne dich und bete, und du -wirst die geliebten Bilder wiederfinden!“ Als in -diesem Augenblicke ein azurblauer Eisvogel über -das Schilf dahinflog, schrie der Dichter auf: „O -Engel, sehe ich nicht in den blauen Flügeln dieses -Vogels die Augen meiner Mutter wieder!“ Und -das himmlische Wesen sagte: „So ist es. Doch sieh -weiter!“ Und aus dem Wipfel eines Baumes, auf -dem eine Turteltaube ihr Nest gebaut hatte, flatterte -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -eine Feder leicht und weiß, sich drehend, zur -Erde nieder. Und der Dichter schrie auf: „Ist dieser -weiße Flaum nicht die reine Sanftheit meiner -Mutter?“ Und das himmlische Wesen sagte: „So -ist es!“ Ein leichter Hauch kräuselte das Wasser -und rauschte durch das Laub. Und der Dichter -fragte: „Höre ich nicht die milde und dunkle -Stimme meines Vaters?“ Und das himmlische -Wesen sagte: „So ist es!“ -</p> - -<p> -Sie gingen zusammen weiter auf dem Wege, -der aus dem Wäldchen kam und das Ufer entlang -führte. Mit einem Male wurde unter der Sonne die -weite Straße blendend weiß. Sie war nun wie das -Linnen auf dem heiligen Abendmahlstische. Und -zur Rechten und zur Linken klangen verborgene -Wasser wie heilige Glocken. Da fragte der Engel: -„Kennst du diese Stelle deines Lebens?“ „Hier ist“, -sagte der Dichter, „der Tag meiner ersten Kommunion. -Ich denke an die Kirche, an die glücklichen -Gesichter meiner Mutter und meiner Großmutter. -O, ich war traurig und glücklich zugleich. Wie -glühend habe ich mich hingekniet! Schauer liefen -mir über die Haut des Kopfes. Abends beim Familienmahle -küßten sie mich und sagten: Du warst -der Schönste!“ In dieser Erinnerung verging der -Dichter aufschluchzend. Und also weinend war er -schön wie am Tage der heiligen Feier, und seine -Tränen fielen auf seine Hände wie Weihwasser. -Und sie gingen zusammen die Straße weiter. -</p> - -<p> -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -Der Tag neigte sich schon. Die hohen Pappeln -am Straßenrande bogen sich sacht. Eine von ihnen, -die ferne inmitten einer Wiese stand, glich einem -großen jungen Mädchen. Und der Himmel war nun -so wunderbar in Blässe und Blau getönt, daß er -aussah wie die Schläfe einer Jungfrau. Der Dichter -gedachte der ersten Frau, die er geliebt hatte. Und -der Schutzengel sprach zu ihm: „Diese Liebe war -so rein und so voll der Schmerzen, daß sie mich -nicht betrübt.“ Indes sie nun weiterschritten, wuchs -sanfter Schatten um sie und eine Herde Lämmer -zog an ihnen vorbei. Da das himmlische Wesen -das Leiden des Dichters sah, hatte es ein Lächeln auf -seinem Antlitze, schwer und süß wie das Lächeln -einer kranken Mutter. Und seine goldenen Flügel -verwehten den schauernden Hauch von Abend. -</p> - -<p> -Bald entzündeten sich die Sterne hoch oben im -Schweigen. Da glich der Himmel dem Totenbette -eines Vaters, umgeben von Kerzen und stummer -Klage. Und die Nacht war wie eine große Witwe, -die auf der Erde kniet. „Erkennst du das?“ -fragte der Engel. Der Dichter redete nicht und -kniete nieder. -</p> - -<p> -Endlich gelangten sie dahin, wo die Straße bei -dem kleinen Grabhügel, den Dornsträucher, Nesseln -und Seifwurz überwucherten, zu Ende ging. Und -der Engel sprach zu dem Dichter: „Ich wollte dir -deinen Weg zeigen: hier ist der Ort, an dem du -ruhen wirst, hier, nicht ferne den Wassern. Sie -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -werden dir Tag um Tag das Bild deiner Erinnerungen -bringen, das azurne Blau des Eisvogels, das den -Augen deiner Mutter gleicht, den weißen Flaum -der Turteltaube, der sanft ist wie sie, das Rauschen -des Laubes, das wie die milde und dunkle Stimme -deines Vaters ist, das Leuchten der Straße, weiß -wie deine erste Kommunion, und die pappelschlanke -Gestalt der ersten Frau, die du geliebt hast. Und -endlich werden dir die Wasser die große leuchtende -Nacht bringen.“ -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-5"> -DIE KLEINE NEGERIN -</h2> - -<p class="first"> -Manchmal haftet mein Gedanke an dem Vergilben -der alten Seekarten und ich höre das Brausen -der Monsune im Fieber meines Hirns. Aber wie? Muß -ich denn, um für dieses Leben etwas übrig zu haben, -auch jenes heraufholen, das ich vielleicht vor meiner -Geburt zwischen zweien schwarzen Sonnen geführt -habe? Die ungewisse Landschaft rollte Sterne dahin -in das zerrissene Stöhnen eines Ozeans ... -</p> - -<p> -Jemand kratzte an meiner Tür. Ich rief: „Herein!“ -Es war eine junge Negerin in einem blauen Überwurfe, -der bis zur Hälfte der Schenkel reichte. -Sie setzte sich auf den Boden und streckte ihre -gefalteten Hände gegen mich; und ich sah, daß -auf ihren nackten Armen Peitschenstriemen waren. -„Wer hat dir das getan?“ fragte ich sie. Sie antwortete -nicht und zitterte an allen Gliedern. Sie -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -verstand mich nicht und fragte sich vielleicht, ob -auch ich sie mißhandeln wolle. -</p> - -<p> -Ganz sachte schob ich ihr Kleid zur Seite und -sah, daß auch ihr Rücken wund war. Ich wusch -sie. Aber sie flüchtete, entsetzt von dieser Güte, -unter den Tisch meiner Hütte. Ich hatte Tränen -in den Augen. Ich versuchte, sie zu rufen. Aber -ihre Blicke, wie die einer geschlagenen Hündin, -flohen mich. Ich hatte da ein paar Kartoffeln und -ein wenig Butter. Ich zerdrückte sie mit einem -Holzlöffel in einem Napfe, machte eine Brühe davon -und stellte sie in einiger Entfernung von der -Hingekauerten auf den Boden hin. Dann zündete -ich meine Pfeife an. Aber wie groß war mein Erstaunen, -als sie plötzlich auf allen Vieren zu einer -Ecke der Stube kroch, wo ich ein paar Blumen -liegen gelassen hatte. Sie richtete sich jäh auf und -griff mit einer lebhaften Bewegung danach. -</p> - -<p> -Seit jenem Abenteuer mochten etwa hundertfünfzig -Jahre vergangen sein, als ich ihr von -neuem begegnete. Ich wenigstens war davon überzeugt, -daß sie es war. Es war im peruanischen -Speisehause in Bordeaux. Sie wischte hier an dem -Glase eines mürrischen Studenten, der gefunden -hatte, es sei nicht sauber genug. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-6"> -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -RONSARD -</h2> - -<p class="first"> -Meine Mutter hat ein altes Glas bekommen, -ein Glas, wie das gewesen sein muß, aus dem -Ronsard dem Jean Brinon einen Trunk geboten -hat. Wie mag Ronsard gewesen sein? Sicherlich -hat er ein Gewand aus Hermelin getragen. Und -während die großen Regen der alten Zeiten die -Haselnußsträucher am Loir peitschten, saß er mit -einem dicken alten Folianten in der Kaminecke -seines Schlosses. Es muß ein Sonntagnachmittag -um drei Uhr gewesen sein. Ein Frosch quakte in -seiner Lache, in die die Lanzen des Regens splitterndes -Licht spritzten. Marie oder Genoveva oder -eine andere betrat das Gemach und setzte sich zu -ihm. Und er legte, ohne das Buch zu schließen, -sanft seine freie Hand auf das Knie der Geliebten. -Und er lächelte. Er dachte an Odysseus, der über -die grauen Meere irrt, an Helena, an das Urteil -des Paris, an Troja und an die Bogenschützen, die -nackt und helmtragend an der Mauerbrüstung -knien und den Bogen auf antikische Art spannen. -</p> - -<p> -Wenn die Wasser der Pyrenäenbäche meinen -Namen in die Nachwelt tragen wie die Wasser -der Vendôme den des Ronsard, wenn je ein Jüngling, -dem das Herz schwer und beklommen ist vom -Dufte der Nelken, die ein Schulmädel an der Brust -trägt, sich fragen sollte, wie ich gewesen sein mag, -möge er sich antworten: „An diesem regengrauen -Allerheiligentage hatte Francis Jammes sein Herz -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -gar nicht schwer und beklommen vom Dufte der -Nelken, die ein Schulmädchen an der Brust trägt. -(Übrigens gibt es ja im Herbste keine Nelken!) -Er rauchte vielmehr seine Pfeife und pflanzte -Sauerklee in einen Blumentopf, um den Schlaf -der Pflanzen zu studieren.“ An der einen Wand -seines Zimmers hing ein Epinaler Bilderbogen, -der das „einzige wahrhaftige Bild des ewigen -Juden“ darstellte. Er zeigte den ewigen Juden mit -einem wunderlichen Hute, einem Mantel, in blauen -Pantoffeln, und einem roten Gewande, wie ihm -gerade Brabanter Bürger einen Krug schäumenden -Bieres reichen. Das Wirtshaus darauf ist wirklich -poetisch; Reben ranken daran empor und große -Rosen beugen sich zum Erdboden nieder — — wie die -Armen, die Bettellieder singen und sich zur Erde -beugen. Und das alles ist im Lichte des Abendrotes -gegen Ende des friedlichen Sommers dargestellt. -</p> - -<p> -An diesem Tage nun warf Francis Jammes einen -kurzen Blick auf seinen Ruhm. Dieser ganze Ruhm -lag auf seinem Tische und bestand in dem Umschlag -eines Briefes, den ihm ein Mönch aus Deutschland -geschrieben hatte, aus dem Briefe eines ihm -unbekannten Holländers, der Walch hieß, und dem -Briefe eines jungen Mädchens. Francis Jammes -lächelte. Dann klopfte er an seinem Finger die -Asche aus der Pfeife — — — und war entschlossen, den -Toten Ehre zu erweisen. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-7"> -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -ROBINSON CRUSOE -</h2> - -<p class="first"> -Ich setze diese Verse hierher; sie sind aus einem -Gedichte, das ich in Holland geschrieben habe: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Robinson Crusoe hat (so glaub ich), da er heimfuhr</p> - <p class="verse">Von seinem grünen schattigen Eiland, das</p> - <p class="verse">Voll frischer Kokosnüsse war, auch Amsterdam berührt.</p> - <p class="verse">Wie hat es ihn gepackt, als er die ungeheuren</p> - <p class="verse">Tore mit ihren wuchtigen Klopfern schimmern sah!</p> - <p class="verse">Stand er voll Neugier hier vor den Gewölben,</p> - <p class="verse">In denen Schreiber über Rechnungsbüchern saßen?</p> - <p class="verse2">Mußte er weinen, da sein lieber Papagei</p> - <p class="verse">Ihm einfiel und der plumpe Sonnenschirm,</p> - <p class="verse">Der Schutz war auf dem milden traurigen Eiland?</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">„Gepriesen seist du, ewiger Gott!“ so rief er,</p> - <p class="verse">Als er die tulpenübermalten Truhen sah.</p> - <p class="verse">Allein sein Herz, betrübt in Heimkehrfreude,</p> - <p class="verse">Sehnte sich nach dem Lama, das allein im Weinberg</p> - <p class="verse">Des Eilandes zurückgeblieben, das vielleicht gestorben war.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Was aus den Worten und Bildern dieses Buches -seit der Kindheit am lebendigsten vor mir steht, -das ist nicht die Schönheit der Weinreben, die so -tiefen Schatten gaben, noch ist es der Fisch, den er -mit einer Schnur und einem Haken daran gefangen -hat, nicht die einsame Kokospalme in der -blauen Glut des Morgens ist es, noch auch sind es -die rosigen und purpurnen Flecken der Meeresküste -bei Ebbe, voll des Seegetiers, nicht das gebratene -Zicklein, das er mit Salz aus einer Felsmulde -gesalzen hat, ist es, was mich so ganz ergriffen -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -hat; auch die Eier der schläfrigen Schildkröten -sind es nicht. Noch ist es die Fieberkrankheit, -die der Trunk Wassers, darein er Rum getan -hatte, allmählich gelindert hat, weder der Papagei -ist es, noch die Freundschaft mit dem Hund und -der Katze, nicht der verzweifelte Glanz der Sonne, -die er auf den Kompaß gemalt hatte, und nicht -die Quelle süßen Wassers ist es, es sind auch nicht -die Speisen, die er sich so kunstlos bereitet hat -(obwohl ich mich gerade ihrer vielleicht am häufigsten -erinnert habe!), all das hat mich nicht so -erschüttert wie Robinson Crusoes Alter. -</p> - -<p> -Immer wieder muß ich an die Zeit seines Lebens -denken, da er wieder in der Menge verschwunden -war und dann, zweiundsiebzig Jahre alt geworden, -einsamer ist, als er es je zuvor war. In einem Gewande -aus blumendurchwirktem Sammet saß er in -seinem düsteren kleinen Gemache in London, das -eine unendliche Güte gleich dem matten Licht in -Sturmwettern erfüllte, und wußte nichts mehr zu -erwarten als den Frieden des Todes. -</p> - -<p> -Ich grüße dich, mein Bruder Crusoe! Auch mich -haben die Orkane des Lebens auf eine wüste Insel -geworfen; und nun, wohin immer ich schaue, gewahre -ich nichts mehr als das betäubende und -eintönige Wasser. Zuweilen trägt es mir treibende -Trümmer zu, die ich dann einen Augenblick lang -schweigend betrachte. Bald aber ergreift mich -mein Träumen wieder, das nun seinen Frieden -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -gemacht hat mit dem großen Dröhnen des unendlichen -Meeres, und manchmal schon findet sich -ein Lächeln in mein Gesicht. Wie der Zyklon -still wird! -</p> - -<p> -O mögen in meinem Alter Gottes Palmen mein -Herz wie die friedliche Weinlaube deines Eilandes -überschatten! -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-8"> -DAS GRABMAL DES DICHTERS -</h2> - -<p class="first"> -Wenn ich an meiner Dichtung mit derselben -Sorgfalt gearbeitet habe wie ein ordentlicher -Schuster an seinem Stücke Leder, dann betrachte -ich den schönen Baum im Garten des Hauses, in -dem Alfred de Vigny gewohnt hat, als er in Orthez -Soldat war. Der Handlungsreisende, der seinen -Musterkoffer in die Apotheke oder den Buchladen -trägt, weiß so wenig, daß hier der Dichter Alfred -de Vigny gewohnt hat, wie das Rind, das zur -Weide trottet, oder der Distelfink, der an seinen -Futterhalmen pickt. -</p> - -<p> -Diese Unwissenheit der Städte in allem, was -ihre großen Männer angeht, hat ihren guten Grund. -Sie bewahren von ihnen nur das in ihrer Erinnerung, -was im Einklange mit ihrem eigenen Wesen -stand. Wenn nur Cervantes, der groß ist wie Homer, -einmal wiederkehren wollte in die Francosgasse -zu Madrid, in der er gestorben ist, und den Schatten -seiner dereinstigen Hauswirtin fragte: „Habt Ihr -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -einen Dichter des Namens Miguel Cervantes de -Saavedra gekannt, der den Don Quichote geschrieben -hat?“ Er bekäme zweifellos zur Antwort: „Wenn -Ihr einen Einarmigen meint, den hab’ ich gekannt, -aber einen Dichter nicht.“ -</p> - -<p> -Fordert nicht Gott selber durch diese Unwissenheit, -daß man die Toten ruhen lasse in Frieden und -ihnen nicht allerorten marmorne Denksteine errichte? -Stolzer ist kein Denkmal der Toten als das, -das sich tagtäglich rings um uns erhebt. Ein jeder -Pfirsichbaum, der in der Blüte steht oder die Last -seiner Früchte trägt, ist Denkmal eines Dichters -so wie jeder Sperling und jede Ameise. Daß im -Garten des Dichters des Eloah der Tulpenbaum -golden aufglänzt, daß dort bei den Akazien, wo -der Brunnen fließt, die Ziegen den Schatten der -Mauer entlang gehen, ist das rechte Grabmal. -</p> - -<p> -Ich weiß bestimmt, daß die, die (wie Valéry -Larbaud, André Gide und Guillaumin) sich um -das Andenken eines Dichters wie Charles Louis -Philippe mühen, nur den edelsten Gefühlen gehorchen. -Aber sie sollten doch nicht die Büste, -die Bourdelle dem Dichter gemeißelt hat, dem -Denkmale gegenüberstehen lassen, das Gott selbst -ihm in Cérilly errichtet hat: der Werkstattbude -(die wie der Himmel nur eine Türe hat), darin -ein Handwerker Holzschuhe macht. Ich weiß wohl, -daß das Erz widerstandskräftig ist, wie die zähe -Unbeirrbarkeit des Dichters, dessen Beruf es ist -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -(in diesem Sinne gleicht er dem des Fliegers), -niederzustürzen aus höchster Höhe und sich, wenn -er den Sturz überlebt, noch höher zu erheben. -Aber das Erz, das unser Gedenken weiterleben -sieht, wird von der Zeit versehrt. Dreihundert -Jahre werden hingehn; diese Bergketten werden -nicht mehr sein und für ihr einstiges Dasein wird -nur mehr die menschliche Logik Zeugnis ablegen, -denn sie werden abgetragen und in die Winde -verweht sein — und wie sie wird auch die Büste -aus Erz dem Erdboden gleich geworden sein. Dableiben -aber wird der Geruch des Buchen- oder -Nußholzes, eine alte Frau wird da sein, eine kleine -Katze, die sich in der Sonne wärmt, eine abgetretene -Türschwelle und der Azur des Himmels, -und all das Bleibende wird Zeugnis ablegen -für Charles Louis Philippe wie dieser Tulpenbaum -hier für Alfred de Vigny. Und der Wanderer -künftiger Jahrhunderte, der die feierlichen Rhythmen -des Einen oder das schlichte Wort des Anderen -im Herzen trägt, wird, wenn sein Weg Orthez -oder Cérilly berührt, auch nicht einmal mehr daran -denken, daß es je eine Büste des Einen oder Anderen -habe geben können. Aber mit einem Male werden -die beiden Dichter ihm erscheinen: Vigny in einem -goldenen Baume, wie ein Römer im Sturme -sprechend, Philippe in einer kleinen Werkstatt, die -nach Suppe riecht, und deren Tür kreischt, wenn -sie sich öffnet. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-9"> -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -VON DER BARMHERZIGKEIT GEGEN DIE -TIERE -</h2> - -<p class="first"> -Tief im Blicke der Tiere leuchtet ein Licht -sanfter Traurigkeit, das mich mit solcher Liebe -erfüllt, daß mein Herz sich als ein Hospiz auftut -allem Leiden der Kreatur. -</p> - -<p> -Das elende Pferd, das im Nachtregen mit bis -zur Erde herabgesunkenem Kopfe vor einem Kaffeehause -schläft, der Todeskampf der von einem -Wagen zerfleischten Katze, der verwundete Sperling, -der in einem Mauerloche Zuflucht sucht — -all diese Leidenden haben für immer in meinem -Herzen ihre Stätte. Verböte das nicht die Achtung -für den Menschen, ich kniete nieder vor solcher -Geduld in all den Qualen, denn eine Erscheinung -zeigt mir, daß ein Glorienschein über dem Haupte -einer jeden dieser Leidenskreaturen schwebt, ein -wirklicher Glorienschein, groß wie das All, den -Gott über sie ausgegossen hat. -</p> - -<p> -Gestern sah ich auf dem Jahrmarkte zu, wie die -hölzernen Tiere im Karussell sich drehten. Unter -ihnen gab es auch einen Esel. Als ich ihn erblickte, -habe ich weinen müssen, weil er mich an seine -lebendigen Brüder, die gemartert werden, erinnerte. -Und ich mußte beten: „Kleiner Esel, du -bist mein Bruder! Sie nennen dich dumm, weil -du nicht imstande bist, Böses zu tun. Du gehst -mit so kleinen Schritten, und du siehst aus, als ob -du im Gehen dächtest: „Schaut mich doch an, ich -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> -kann ja nicht schneller gehen ... Meine Dienste -brauchen die Armen, weil sie mir nicht viel zu -essen geben müssen.“ Mit dem Dornstocke wirst -du geschlagen, kleiner Esel! Du beeilst dich ein -bißchen, aber nicht viel, du kannst ja nicht schneller .. -Und manchmal stürzest du hin. Dann schlagen -sie auf dich los und zerren so fest an dem Leitseile, -daß deine Lefzen sich aufheben und deine -armseligen gelben Zähne zeigen.“ -</p> - -<p> -Auf demselben Jahrmarkte hörte ich einen -schreienden Dudelsack. Mein Freund fragte mich: -„Erinnert er dich nicht an afrikanische Musik?“ -„Ja,“ antwortete ich ihm, „in Tuggurt näseln die -Dudelsäcke so. Das muß ein Araber sein, der hier -bläst.“ „Gehen wir doch hinein in die Bude,“ sagte -mein Freund, „es sind Dromedare zu sehen.“ -</p> - -<p> -Zusammengepreßt wie Sardinen in der Schachtel -drehten sich hier ein Dutzend kleiner Kamele in -einer Art Grube. Sie, die ich wie Wellen dahinziehen -gesehen habe inmitten der Sahara, da es um -sie nichts anderes gab als Gott und den Tod, mußte -ich nun hier finden, o Elend meines Herzens! Sie -drehten sich, drehten sich immerzu in dem würgenden -Raume, und der Jammer, der von ihnen -ausging, war wie ein Erbrechen über die Menschen. -Sie gingen, gingen immerzu, stolz wie arme -Schwäne und in einer Glorie der Verzweiflung, -mit grotesken Negerlappen bedeckt, verhöhnt von -den Weibern, die hier tanzten, und hoben ihren -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -armen Wurmhals empor, Gott und den wunderbaren -Blättern einer Oase des Wahnsinns entgegen. -</p> - -<p> -O Erniedrigung der Geschöpfe Gottes! In der -Nähe der Kamele gab es Kaninchen in Käfigen, -daneben, als Lotteriegewinste zur Schau gestellt, -schwammen Goldfische in Glasballons mit so engem -Halse, daß mein Freund mich fragte: „Wie hat -man sie nur da hineinbringen können?“ „Indem -man sie ein bißchen zusammengedrückt hat,“ antwortete -ich ihm. Anderswo wieder wurden lebende -Hühner, gleichfalls Lotteriegewinste, vom Kreisen -einer Drehscheibe mitgeschleppt. In ihrer Mitte -lag, von grauenhafter Angst gepackt, ein kleines -Milchschweinchen auf dem Bauche. Schwindel -befiel die Hühner und Hähne, sie schrien und -hackten in ihrem Wahnsinn aufeinander los. Nun -machte mich mein Begleiter darauf aufmerksam, -daß tote und gerupfte Hühner inmitten ihrer -lebendigen Schwestern aufgehängt waren. -</p> - -<p> -Mein Herz wallt heiß auf in diesen Erinnerungen -und unendliches Mitleid ergreift mich. -</p> - -<p> -O Dichter, nimm die gequälten Tiere in dein -Herz auf, laß sie darin wieder erwarmen und leben -in ewigem Glücke! Geh hin und künde das schlichte -Wort, das die Unwissenden die Güte lehrt! -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-10"> -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -BETRACHTUNG ÜBER DIE DINGE -</h2> - -<p class="first"> -Ich trete in ein großes Viereck sich bewegenden -Schattens ein. Ein Mann sitzt hier und klopft beim -Licht einer bunten Kerze Nägel in eine Schuhsohle. -Zwei Kinder strecken die Hände gegen den -Herd aus. Eine Amsel schläft in dem Rohrkäfige. -Das Wasser brodelt im irdenen rauchschwarzen -Topfe, aus dem ein Geruch von ranziger Suppe -steigt und sich mit dem nach Gerberlohe und -Leder mengt. Ein Hund sitzt vor dem Herde und -starrt in die Glut. -</p> - -<p> -Diese Wesen und Dinge tragen in all ihrer -Armseligkeit eine solche Sanftmut in sich, daß ich -mich gar nicht frage, ob ihr Dasein einen anderen -Sinn habe als eben diese Sanftmut, noch, ob ich -mir ihre Dürftigkeit mit irgendeiner Schönheit -schmücken solle. -</p> - -<p> -Hier wacht der Gott der Armen, der schlichte -Gott, an den ich glaube. Er, der aus einem Körnlein -eine Ähre werden läßt, der das Wasser vom -Lande scheidet, das Land von der Luft, die Luft -vom Feuer und das Feuer von der Nacht; der die -Leiber beseelt, der das Laub macht, Blatt um Blatt, -wie wir es nie werden machen können, worein -wir aber unser Vertrauen setzen wie in die Arbeit -eines vorzüglichen Arbeiters. -</p> - -<p> -Ohne Sehnsucht nach Menschenwissen denke -ich nach; und so kann es geschehen, daß Gott sich -mir offenbart. In der Hütte des Schuhflickers -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -öffnen sich mir die Augen so einfach wie dem -Hunde, der da sitzt. Und nun sehe ich, sehe in -Wahrheit, was wenige sehen werden: das Bewußtsein -der Dinge, zum Beispiel die Opferwilligkeit -dieses rauchenden Lichtes, ohne das der Hammer -des Arbeiters kein Brot schaffen könnte. -</p> - -<p> -Fast während all unserer Zeit nahen wir uns leichtfertig -den Dingen, die doch gleich uns leiden und -glücklich sind. Wenn ich eine kranke Ähre unter -den gesunden erblicke, wenn ich die fahlen Flecken -an ihren Körnern gesehen habe, dann schaue ich -sehr klar den Schmerz dieses Dinges. Und in mir -selber fühle ich das Leiden der Pflanzenzellen -wieder. Ich verstehe, wie schwer sie es haben, -auf dem Flecke, der ihnen zugewiesen ist, zu -wachsen, ohne einander zu erdrücken, und mich -erfaßt heiß der Wunsch, mein Taschentuch zu -zerreißen und daraus einen Verband für die kranke -Ähre zu machen. Dann denke ich freilich, daß -das kein rechtes Heilmittel für eine bloße Kornähre -sei, und daß eine solche Behandlung in den -Augen der Menschen, denen ich schon sonderbar -genug vorkomme mit meinen Fürsorgen für einen -Vogel oder eine Grille, eine arge Narretei sein -müßte. Doch von dem Leiden dieser Körner habe -ich Gewißheit, denn ich fühle es mit. -</p> - -<p> -Eine schöne Rose wiederum flößt mir ihre -Lebensfreude ein. Ich fühle, wie glücklich sie an -ihrem Stiele ist. Wenn jemand einfach die Worte: -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -„Es ist schade, sie zu brechen!“ ausspricht, bekennt -er damit, daß er das Glück der Blume mitempfindet, -und daß er es ihr bewahren will. -</p> - -<p> -Ich erinnere mich noch ganz genau, wie sich -mir zum ersten Male das Leiden eines Dinges geoffenbart -hat. Ich war drei Jahre alt. In meinem Heimatsdorfe -fiel ein kleiner Junge beim Spielen auf -einen Glasscherben und starb an seiner Wunde. -Wenige Tage später kam ich in das Haus, in dem -das Kind gewohnt hatte. Seine Mutter weinte in -der Küche. Auf dem Kamine lag ein armseliges -kleines Spielzeug. Ich sehe deutlich vor mir, daß -es ein kleines Pferd aus Zinn oder Blei, vor ein -Blechfäßchen auf Rädern gespannt, war. Die -Mutter sagte mir: „Dieser Wagen hat meinem -armen kleinen Louis gehört, der tot ist. Soll ich -dir ihn schenken?“ Da ging eine Flut von Zärtlichkeit -über mein Herz. Ich fühlte, daß dieses -Ding seinen Freund, seinen Herrn nicht mehr -hatte, und daß es daran litt. Ich nahm das Spielzeug -und empfand solches Mitleid mit ihm, daß -ich schluchzte, während ich es nach Hause trug. -Ich weiß es noch ganz bestimmt, daß ich weder -ein Gefühl für den Tod des kleinen Jungen noch -für die Verzweiflung der Mutter hatte, wozu ich -wohl noch zu jung war. Ich hatte nur Mitleid -mit dem bleiernen Tiere, das mir dort auf dem -Kamin ganz verzweifelt erschien und für immer -ausgeschlossen aus dem Leben, da es den verloren -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -hatte, den es liebte. Ich erinnere mich an all das, -als ob es gestern geschehen wäre, und kann als -sicher behaupten, daß der Wunsch, das Spielzeug -zu besitzen, um mich damit zu vergnügen, mir -gar nicht gekommen ist. Das ist gewiß wahr, -denn ich habe, als ich weinend heimkam, das -Pferd mit dem kleinen Fasse meiner Mutter gegeben, -die übrigens das Ganze vergessen hat. -</p> - -<p> -Die Gewißheit von der Beseeltheit der Dinge -lebt in den Kindern, den Tieren und den schlichten -Herzen. Ich habe erlebt, daß Kinder ein rohes -Stück Holz oder einen Stein so sehr mit allen -Eigenschaften lebender Wesen begabt glaubten, -daß sie ihnen eine Handvoll Gras brachten, und -dann, nachdem ich das Gras heimlich weggenommen -hatte, nicht daran zweifelten, daß das Holz -oder der Stein das Gras aufgegessen hätten. Die -Tiere machen keinen Unterschied in dem, was -ihnen geschieht. Ich habe Katzen gesehen, die -lange Zeit hindurch etwas, das ihnen zu heiß -gewesen war, zerkratzten. Das spricht dafür, daß -die Tiere eine Vorstellung vom Kampf gegen die -Dinge haben und für sie die Möglichkeit sehen, -nachzugeben — und vielleicht auch zu sterben. -</p> - -<p> -Ich meine, daß nur die Erziehung durch eine -falsche Eitelkeit es mit sich bringt, daß der Mensch -sich solch eines Glaubens beraubt. -</p> - -<p> -Für mich unterscheidet sich die Handlung des -Kindes, das einem Stück Holze zu essen gibt, gar -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -nicht von gewissen Opferbräuchen der Urreligionen. -Und schließlich bedeutet der Glaube, daß -Bäume, die an dem Tage, an dem Kinder geboren -wurden, gepflanzt worden sind, siechen und vertrocknen, -wenn die Kinder kränkeln und sterben, -nichts anderes, als daß man Bäumen ein tieferes -Verbundensein mit uns als mit dem Leben zuschreibt. -</p> - -<p> -Ich habe leidende Dinge gekannt, und ich weiß -von solchen, die an ihrem Leiden gestorben sind. -Das traurige Kleiderwerk, das von unseren Abgeschiedenen -zurückbleibt, verfällt rasch. Oftmals -hat es die Krankheiten, an denen die litten, die es -getragen haben; denn es hat seine Sympathien. -Oft habe ich Gegenstände in ihrem Zugrundegehen -betrachtet. Ihre Auflösung gleicht völlig -der unseren. Auch sie haben ihren Knochenfraß, -ihre Geschwülste und ihre Wahnsinne. Ein wurmzerfressenes -Möbelstück, ein Gewehr mit gebrochenem -Verschlusse, eine Lade, die sich wirft, eine -Geige, die ihre Stimme verloren hat, sehe ich an -Krankheiten leiden, vor denen ich erschüttert stehe. -</p> - -<p> -Warum sollen wir glauben, daß nur wir Dinge -lieb haben können und den Dingen die Liebe zu -uns absprechen? Wer bürgt denn dafür, daß die -Dinge der Liebe nicht fähig sind, wer zeugt dafür, -daß sie kein Bewußtsein haben? -</p> - -<p> -Hatte der Bildhauer nicht recht, der sich mit -einem Klumpen Ton in den Händen begraben -ließ, von jenem Ton, der seinen Träumen so gehorsam -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -gewesen war. Dieser Ton hatte ihm doch -immer die Aufopferung eines guten Dieners, wie -wir sie am meisten bewundern, bewiesen: sich -schweigend darzubringen, ohne etwas dafür zu -erwarten, hingegeben gläubig. Voll Glanz und -Erhabenheit ist ein solches Bild, das dem Menschen -also dient, wie der Mensch Gott dient. Jener -Künstler wußte nicht mehr als sein Ton davon, -welchem Geheiße er untertan war. Von dem -Augenblicke an, da sie beide die gleiche Erleuchtung -empfangen hatten, glaube ich auf gleiche -Weise an ihr Bewußtsein und liebe sie beide mit -derselben Liebe. -</p> - -<p> -Unendlich ist die Traurigkeit in den Dingen, -die keinem Gebrauche mehr dienen. Auf dem -Dachboden dieses Hauses, dessen Bewohner ich -nicht gekannt habe, liegt das Kleid eines kleinen -Mädchens und eine Puppe, der Verzweiflung verfallen. -Vor der jahrealten Einsamkeit der Dinge -hier fühle ich die Gewißheit, daß der eisenbeschlagene -Stock dort, der einst fest in die Erde der -grünen Hügel gebissen hat, ebenso glücklich wäre, -wenn er noch einmal die kühle Frische von Moos -empfinden dürfte wie der Sommerhut, der nun -trüb erleuchtet vom armen Lichte einer Dachluke -daliegt, wenn er noch einmal einen Sommerhimmel -sehen dürfte. -</p> - -<p> -Die Dinge aber, die wir liebevoll bewahren, -erhalten uns ihre Dankbarkeit und sind immer -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -bereit, uns ihre Seele darzubringen, auf daß sie -sich an uns verjünge. Sie sind wie die Rosen in -sandigem Grunde, die unendlich erblühen, wenn -nur ein wenig Wasser sie der Azure ihrer verlorenen -Brunnen gemahnt. -</p> - -<p> -In meinem bescheidenen Wohnzimmer habe -ich einen Kindersessel stehen. Auf ihm saß mein -Vater und spielte, als er in seinem siebenten Jahre -die Überfahrt von Guadeloupe nach Frankreich -machte. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er -auf ihm im Schiffssalon saß und die Bilder ansah, -die ihm der Kapitän geliehen hatte. Das Holz von -jenen Inseln muß sehr fest sein, denn es hat den -Spielen eines kleinen Jungen standgehalten. Dieses -kleine Möbelstück, das in meinem Wohnzimmer -einen Hafen gefunden hat, schlief hier lange fast -vergessen. In langen Jahren hat es seine Seele -nicht geoffenbart, denn das Kind, dem es gedient -hatte, gab es nun nicht mehr, und andere Kinder -kamen nicht, um sich wie Vögel daraufzusetzen. -Doch neuerdings ist das Haus fröhlich geworden; -meine kleine Nichte ist da, die eben sieben Jahre -alt wurde. Sie hat sich auf meinem Arbeitstische -eines alten botanischen Atlas bemächtigt. Und da -ich in das Wohnzimmer komme, finde ich sie im -Lampenlichte auf dem kleinen Sessel sitzen und, -wie dereinst ihr seliger Großvater, die schönen -sanften Bilder anschauen. Da sagte ich mir, daß -einzig dieses kleine Mädchen den Sessel habe neu -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -beleben können, und daß seine dienensfrohe Seele -sachte das arglose Kind dazu gelockt habe. Zwischen -dem Kinde und dem Dinge war ein geheimnisvolles -Spiel von Anziehungskräften am Werke: -das Mädchen hätte es nicht vermocht, nicht zu -dem Sessel zu gehen, der einzig dadurch hatte -wieder zu Leben kommen können. -</p> - -<p> -Die Dinge sind sanft. Aus eigenem Antriebe -tun sie niemals Böses. Sie sind die Geschwister -der Geister. Sie nehmen uns in sich auf, und wir -bringen ihnen unsere Gedanken, die Sehnsucht -nach ihnen haben wie die Düfte nach den Blumen, -zu denen sie gehören. -</p> - -<p> -Der Gefangene, den keine Menschenseele trösten -kommt, muß seine Zärtlichkeit zu seiner Pritsche -und zu seinem irdenen Kruge tragen. Da ihm -von seinesgleichen alles versagt wird, schenkt ihm -sein armes Lager den Schlaf und stillt ihm sein -Krug den Durst. Und selbst die nackten Mauern, -die ihn doch von der ganzen Welt trennen, werden -ihm lieb, weil sie zwischen ihm und seinen Peinigern -stehen. -</p> - -<p> -Das gezüchtigte Kind liebt den Polster, auf dem -es weint. Da an einem solchen Abende alles ihm -gegrollt und wehgetan hat, tröstet es die schweigende -Seele des Federkissens wie ein Freund, der -mit seinem Schweigen dem Freunde Ruhe schenken -möchte. -</p> - -<p> -Doch nicht allein ihr Stummsein ist es, das uns -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -ihre Zuneigung empfinden läßt. Sie klingen in -so verschwiegenen Akkorden, mögen sie nun in -dem Forste klagen, den René mit seiner gewitternden -Seele erfüllt, oder sie hinsingen über den -See, an dem ein anderer Dichter in Betrachtungen -versunken ist. Es gibt Stunden und Zeiten, in -denen manche dieser Akkorde ein stärkeres Leben -haben, in denen die tausend Stimmen der Dinge -lauter zu hören sind. Zwei oder dreimal in meinem -Leben habe ich den Ruf dieser Geheimniswelt -vernommen. -</p> - -<p> -Gegen Ende August um Mitternacht nach einem -sehr heißen Tage geht über die hingeknieten Dörfer -ein ungewisses Raunen. Es klingt anders als -das der Bäche und Quellen oder das des Windes, -anders ist es als das Geräusch, mit dem die Tiere -das Gras zermalmen oder das ihrer Ketten, an denen -sie über den Krippen zerren, anders ist es als die -Laute der unruhigen Wachhunde, der Vögel oder -der Schiffchen an den Webstühlen. So mild sind -diese Klänge dem Ohre, wie dem Auge der -Schimmer der Morgenröte ist. Nun regt sich eine -ungeheure und sanfte Welt; die Grashalme lehnen -sich bis zum Morgen aneinander, unhörbar rauscht -der Tau, und mit jedem Sekundenschlage ändert -das große Keimen völlig das Antlitz der Gefilde. -Nur die Seele kann diese Seelen erfassen, den -Blütenstaub in der Glückseligkeit der Blumenkronen -ahnen und die Rufe und das Schweigen -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -vernehmen, darin das göttliche Unbekannte sich -vollzieht. Es ist so, als ob man sich mit einem -Male in einem völlig fremden Lande befände und -hier von der sehnsüchtigen Schwermut der Sprache -zart ergriffen würde, ohne doch genau zu verstehen, -was sie ausdrückt. -</p> - -<p> -Aber ich kann doch tiefer in den Sinn des -Raunens der Dinge eindringen als in den einer -Menschensprache, die mir unbekannt ist. Ich fühle, -daß ich verstehe, und daß es dazu gar keiner großen -Anstrengung bedarf. Vielleicht ist mein Dichten -manchmal so weit, den Willen dieser verborgenen -Seelen zu übersetzen und einige ihrer Lebensäußerungen -auf eine faßliche Art aufzuzeichnen. -Ich verstehe es schon, diesem unbestimmten Raunen -innerlich Antwort zu geben, wie ich es verstehe, -mit Schweigen verständlich die Fragen einer -Freundin zu beantworten. -</p> - -<p> -Aber diese Sprache der Dinge ist nicht völlig -und einzig mit dem Ohre vernehmbar. Sie bedient -sich auch anderer Zeichen, die blaß über unsere -Seele hinhuschen und sich allzu schwach noch -einprägen, die aber vielleicht deutlicher wiederkommen -werden, wenn wir bereiter sind, Gott in -uns aufzunehmen. -</p> - -<p> -Es gibt Dinge, die mich in den wehevollsten -Umständen meines Lebens getröstet haben. Etliche -unter ihnen zogen in solchen Zeiten auf sonderbare -Art meine Blicke auf sich. Und ich, der ich -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -mich nie vor den Menschen beugen konnte, habe -mich demütig diesen Dingen hingegeben. Da -brach ein Strahlen aus ihnen — doch nicht nur aus -den Erinnerungen, die mich mit ihnen verknüpfen -— und durchdrang mich wie Schauer der -Freundschaft. -</p> - -<p> -Ich fühlte sie und fühle sie rings um mich leben, -leben in meinem verborgenen Reiche, und ich bin -ihnen verantwortlich wie einem älteren Bruder. -Im Augenblicke, da ich dies schreibe, empfinde -ich, daß voll Liebe und Vertrauen die Seelen dieser -göttlichen Schwestern auf mir ruhn. Der Sessel -da, der Schrank, die Feder, sie sind mit mir. Ich -glaube an sie über alle Systeme hinaus, über alles -Verstehen und jede Deutung hinaus glaube ich -an sie. Sie geben mir eine Überzeugung, wie kein -Genie sie mir geben könnte. Jedes System wird -eitel sein und alle Deutung Irrtum in dem Augenblicke, -in dem ich in meiner Seele die Gewißheit -dieser Seelen leben fühle. -</p> - -<p> -Als ich bei dem Schuhflicker eintrat, habe ich -mich, mit den Kindern und dem Hunde beim -Herde sitzend, unvermittelt aufgenommen gefühlt -und habe meine Seele den tausend unbekannten -Stimmen der Dinge aufgetan. In dieser andächtigen -Besinnung wurde aus dem Niederfall einer -halbverwelkten Ranke, aus dem Knirschen des -Schürhakens, aus dem Schlage des Hammers und -dem Flackern der Kerze, wurde aus dem schwarzen -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> -geblähten Flecke, als den ich die eingeschlafene Amsel -sah, und aus dem Auf- und Niedergehen des Deckels -auf dem Kochtopfe eine geheiligte Sprache, -die meinem Lauschen verständlicher war als die -Rede der meisten Menschen. Diese Laute und -Farben waren nichts anderes als die Gebärde der -Gegenstände, deren sie sich als Ausdrucksweise -bedienen wie wir der Stimme und der Blicke. -Brüderlich fühlte ich mich diesen demütigen Dingen -verbunden. Und ich erkannte, wie armselig -es sei, die Reiche der Natur voneinander zu scheiden, -da es doch nur das eine Reich Gottes gibt. -</p> - -<p> -Wie darf man behaupten, daß die Dinge uns -niemals Zeichen ihrer Zuneigung geben? Rostet -nicht das Werkzeug, dessen sich die Hand des -Arbeiters nicht mehr bedient, ebenso wie der Mann, -der das Werkzeug feiern läßt? -</p> - -<p> -Ich habe einen Schmied gekannt; er war fröhlich -in den Zeiten seiner Kraft, und der blaue -Himmel leuchtete an strahlenden Mittagen in seine -schwarze Schmiede. Lustig gab der Amboß seinem -Hammer <a id="corr-0"></a>Antwort. Der Hammer, den der Meister -<a id="corr-1"></a>von Herzen schwang, war das Herz des Amboß. -Wenn die Nacht hereinbrach, erhellte er die -Schmiede mit seinem bloßen Schimmer und dem -Blicke seiner Augen, die unter dem ledernen Blasbalge -als Kohlenglut glommen. Eine erhabene -Liebe verband die Seele dieses Mannes mit der -Seele seiner Dinge. Wenn er sich an den heiligen -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -Tagen zur Andacht sammelte, betete die Schmiede, -die er schon am Abende vorher gesäubert hatte, -schweigend mit ihm. Dieser Schmied war mein -Freund. Oft stand ich an der schwarzen Schwelle -und rief ihm eine Frage zu — und die ganze -Schmiede gab mir Antwort. Die Funken lachten -über die Kohlen hin, und metallen klingende -Silben wurden zu einer tiefen und geheimnisvollen -Sprache, die mich ergriff wie Worte von Pflicht. -Hier widerfuhr mir fast das Gleiche wie bei dem -armen Flickschuster. -</p> - -<p> -Eines Tages wurde der Schmied krank. Sein -Atem ging kurz; wenn er jetzt an der Kette des -Blasbalges, der vordem so stark gewesen war, zog, -merkte ich deutlich, daß dieser keuchte und allmählich -von der Krankheit seines Herrn befallen -wurde. Sprungweise und ungleich ging nun das -Herz des Mannes, und auch der Hammer, den -er über dem Amboße schwang, fiel verstört auf -das Eisen nieder. Und im gleichen Maße, wie -das Licht in den Menschenaugen abnahm, leuchtete -auch das Feuer in der Esse weniger und weniger. -Abends flackerte sie dann noch weiter, und -an den Wänden und der Decke erblich lange das -Zucken ihres Vergehens. -</p> - -<p> -Eines Tages fühlte der Schmied bei der Arbeit -seine Hände und Füße kalt werden, und am Abend -starb er. -</p> - -<p> -Ich betrat die Schmiede; sie war kalt wie ein -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -Körper ohne Leben. Ein bißchen Glut nur fand -ich im Kamine als eine armselige Totenwache -neben dem Sterbebette glimmen, an dem zwei -Frauen beteten. -</p> - -<p> -Drei Monate nachher kam ich wieder in die -verlassene Werkstätte, um an der Schätzung ihrer -geringen Einrichtung teilzunehmen. Alles war -feucht und schwarz wie in einem Grabe. Das -Leder des Blasbalges war angefault und löchrig -geworden und löste sich, da jemand an der Kette -ziehen wollte, von seinem Holzrahmen los. -</p> - -<p> -Die einfachen Leute, die mit mir die Schätzung -vornahmen, erklärten: „Der Amboß und der Hammer -haben ausgedient. Sie haben mit ihrem Meister -zu leben aufgehört.“ -</p> - -<p> -Ich stand erschüttert. Denn ich hörte den geheimen -Sinn dieser Worte. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-11"> -LOB DER STEINE -</h2> - -<p class="first"> -Strahlende Schwestern der Bergströme, denen -ich am Ufer des Alpensees begegnet bin: Steine, -Geliebte der Iris und des kalten Azurs, ihr, auf -die sich das Salz niederschlägt, das die Lämmer auflecken; -ihr Spiegel voll Helle, schillernd wie der -Hals der Taube, ihr, die ihr mehr Augen habt als -der Pfau! Im großen Feuer seid ihr Kristalle geworden, -und eure schneeigen Adern sind ewig, -ihr Gefährten der Urzeitfluten; seit Anbeginn hat -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -die Meerflut euch gebadet und gewiegt bis zu der -Stunde, in der die Taube aus der Arche voll Liebe -aufgurrte, da sie euch erblickte. -</p> - -<p> -Bald ist das leuchtende Korn eures Fleisches -blaugeädert weiß wie eine Kinderfaust, bald schimmert -es kupfergolden wie die Hüfte einer schönen -schwerblütigen Frau; zuweilen blinkt der Glimmer -darin silbrig wie eine Wange in der Sonne, dann -wieder ist es bräunlich wie die Haut der Frauen, -der das goldene Rot der Mandarine und das stumpfe -Blond des Tabaks die Farbe gab. -</p> - -<p> -Ihre Steine, aus dem Herzen des Bergstroms -gebrochen, gegeneinandergeschmettert, dahingerissen -durch den Seidelbast der Schluchten, gepeitscht -von den Rauhfrostwettern, von den -Lawinen begraben, von der Sonne wieder ans -Licht geholt, vom Fuße der Gemse losgebrochen: -ihr seid kühl und schön — und ihr seid, über all -das hinaus, rein. -</p> - -<p> -Ich kenne eure Schwestern in Indien wenig; -es gibt solche unter ihnen, deren Klarheit mit dem -Wasser, das aus dem Marmor quillt, wettstreitet, -andere, die mich an das leuchtende Grün der -Wiesen in den Talen meiner Heimat denken -machen, welche wieder, die wie erstarrte Tropfen -Blutes sind, und endlich die, die Kristall gewordenes -Sonnenlicht sind. -</p> - -<p> -Aber ich ziehe euch diesen vor, obwohl ihr nicht -so kostbar seid, ihr, die ihr zuweilen die Balken -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> -der Strohdächer tragen müßt und so das Sprühen -der Sterne spiegeln könnt, und ihr anderen, auf -die sich der Schäferhund hinstreckt und traurig -nun über seine Herde wacht. -</p> - -<p> -Empfanget tief im Äther, wo ihr auf den Gipfeln -ruht, weiter die reinliche Nahrung, die eurem -friedlichen Reiche zugemessen ist. Das Licht möge -eure unbekannten Zellen durchdringen, und die -leichten wirbelnden Flocken sollen sie tränken. -Das Schwirren der Winde mache sie erklingen, -und endlich mögen sie jene vollkommene Nahrung -empfangen, von der einst Maria Magdalena in -einer Felshöhle gestillt worden ist. Rings um euch -werden eure Freunde blühen, die reinsten Blütenkronen -dieses Gestirns: aber auch sie werden nicht -so keusch sein wie ihr, denn sie duften nach Schnee. -</p> - -<p> -Arme graue Schwestern in den Rinnsalen, -denen ich in den Ebenen begegnet bin, traurige -Steine ohne Glanz, ihr, die ihr den Regen sammelt, -auf daß der Sperling zu trinken habe; ihr, über -die die Füße der Eselin stolpern, ihr armseligen -Wächter, die ihr die elenden Gärten umfriedet, -die ihr die hohlgetretenen Schwellen seid und die -Brunnengeländer, glattgerieben von der Eimerkette, -ihr Bettler, blank wie das Eisen der Ackergeräte! -Ihr werdet heiß gemacht im Armenherde, -auf daß ihr die Füße der Großeltern erwärmet, -ihr werdet ausgehöhlt für die niedrigsten Verrichtungen, -und ihr müßt in eurer Armseligkeit Tisch -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -sein für den Hund und das Schwein. Durchbohrt -werdet ihr und müßt, zu Mühlsteinen geworden, -das knirschende Korn mahlen. O ihr, die ihr fortgeholt -werdet, und ihr, die ihr liegen bleibt: o ihr, -auf denen der Irrgegangene schlafen wird — o ihr, -unter denen ich schlafen werde! -</p> - -<p> -Ihr habt euch nicht wie eure Gefährten in den -großen Gebirgen eure Freiheit wahren können, -aber ich achte euch darob nicht geringer, ihr -meine Freunde. Ihr seid schön wie alle Dinge, die -im Schatten sind. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-12"> -BETRACHTUNG ÜBER EINE SCHNEPFE -</h2> - -<p class="first"> -„Ich bin eine Schnepfe. Um die Zeit, in der der -herbstliche Ozean fürchterlich wird und die Schiffe -im gelben und schwarzen Himmel tanzen, wohne -ich hier, denn ich mische mich nicht ein in die -verschiedenen großen Angelegenheiten der Natur, -ich Schnepfe, die ich nicht weiß, daß tausend und -tausend Kreolenjungfrauen jetzt verblüht sind wie -feurige Rosen im zerstörenden Hauche eines -Vulkans. Hier wohne ich, zwischen den Binsen -und einer Lache, in der Gleichförmigkeit von Tag -um Tag. Mein Tal zieht von Norden nach Süden, -es ist morastig, waldverwachsen und traurig. Aber -es stimmt recht hübsch überein mit meinem Kleide, -das wie ein totes Blatt gefärbt ist, und man könnte -mich schon für eine Dame nehmen, wenn ich da -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -mit meinem Stocke, der mein Schnabel ist, spazierengehe -... Man weiß von mir auch, daß ich die -schönsten Augen auf der Welt habe, und daß von -ihnen die Sage geht, sie weinten, bevor ich sterbe.“ -</p> - -<p> -„Kommen Sie und sehen sie mich in meinem -Salon an! Wissen Sie denn, wie der Salon einer -Schnepfe aussieht? Die Jäger mögen Ihnen davon -erzählt haben. Haben Sie Ihnen aber auch gesagt, -was ein Schnepfenspiegel ist? Das ist nämlich -etwas, das ein bißchen schwierig zu erklären ist. -Meine Spiegel sind aus blankem Silber und haben -einen dunklen Punkt in der Mitte .... sie sind -das, was ich hinter mir fallen lasse. Mein Parfüm -ist das frischgeschlagene Holz. Lieben Sie den Geruch -von Heu? O, in der Natur sind alle Gerüche -vereinigt. Würziger aber riecht doch nichts als der -Saft der Erle, den der Holzhauer abzapft. Das ist -ein Geruch, der schön ist, während doch Gerüche -für gewöhnlich nur gut sind. Aber dieser Duft -ist schön wie das Blut, das in der stillen Stunde -aufsteigt in die Wangen des Heidekrautes, wenn -die Sonne müde ihre Haare auflöst und sich lang -über den Hügel hinstreckt. Wenn ich meine Füße auf -das setzte, was von einem Erlenstamme am Erdboden -übrigbleibt, kommt es mir vor, als ob ich auf duftenden -Purpur trete und ich die Königin von Saba bin.“ -</p> - -<p> -„Die Wohnung, die ich habe, ist gottlob recht -brauchbar. Ein paar Verbesserungen täten ihr freilich -schon not: der Wind hat nämlich die Dachschindel -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> -aus Blättern, die mir der Dachdecker Frühling darauf -gelegt hat, schon wieder zerblasen. Der Herr Herbst -hat sie durch Klematisfrüchte ersetzt — aber die -saugen mit ihrem Flaum den Regen aus der Luft.“ -</p> - -<p> -„Ich habe nur ein Erdgeschoß. Der Flur ist ein -Wassergraben, dunkel genug, daß ich darin ordentlich -sehe. Man weiß ja, daß meine Augen das -grelle Licht schlecht vertragen. Mir ist auch ein -einfacher Stern lieber als die beste Kerze. Der Herr -hat mir gesagt: ‚Geh, kleine Schnepfe. Ich schenke -dir alle Sterne des Himmels, daß sie dir leuchten.‘“ -</p> - -<p> -„Mein Park ist unermeßlich, er schließt die -ganze Welt in sich. Aber ich gehe doch erst in -die Berge, mir kleine Eisstückchen zu holen, wenn -die große Hitze kommt. Denn man muß es verstehen, -seine Wünsche einzuschränken — sonst -muß man die Geschichte vom Weinberge des -Naboth wieder von frischem beginnen. Ich wohne -also hier, sage ich Ihnen, zwischen diesen Binsen -und der Lache, und ich komme auch kaum fort -von meinem runden moosigen Platze da und von -der Quelle, deren Wasser ein Hirt in einen Dachziegel -geleitet hat, von dem jetzt, durch einen -Stein festgehalten, ein Kastanienblatt herunterhängt. -Man darf aber nicht vielleicht glauben, daß es da -weiter unten nicht eine herrliche Landschaft gibt: -die Ufer und Inseln des Wildbaches, wo inmitten -von rosa Nebeln der Herr Reiher auftaucht und -wieder verschwindet, je nachdem der Nebel sich -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -hebt oder sich ausbreitet. Und in einiger Entfernung -von ihm unter dem silbernen Himmel -schnellen über das silberne Wasser die Silberfische, -auf die er lauert, empor.“ -</p> - -<p> -„Ich wünsche mir, glücklich und verborgen -wie ein Veilchen zu leben. Eine Schnecke in der -Schale genügt für mein erstes Frühstück, währenddessen -ich entzückt bin von all dem Nebel, der -von jedem Zweige fällt wie ein Hagelschauer aus -lauter Regenbogen. Was brauche ich auch Luxus -und Eitelkeit? Wenn ich doch lieber das große -Buch der Natur lesen könnte, das Buch, von dem -ich selber ein bescheidenes Exemplar bin. Sehen -nicht wirklich meine Rückenfedern aus wie der -Ledereinband eines ganz alten Folianten — und -die Federn auf meiner Brust wie seine bunten -Ränder? Ja, ich lese in mir selber, in dem wirklichen -Buche, das ich bin, und ich muß nicht meine -Zuflucht zu all den Mitteln nehmen, deren sich -die unwissenden Dichter bedienen. Was ich weiß, -weiß ich ordentlich, weil ich es mir nicht nur -vorstelle, sondern es mit dem Schnabel und den -Füßen angreifen kann, und weil es doch die Frucht -meiner Erfahrungen und meiner Weisheit ist.“ -</p> - -<p> -„Was ich weiß? Ich weiß, daß ich gerade vor -mich hinmarschiere, die Füße auf der Erde und den -Kopf im Himmel. Ich weiß, daß es ganz gewöhnliche -Sachen gibt, über die man sich doch sehr -wundern muß. Und ich weiß, daß die Welt zusammengesetzt -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> -ist aus lauter Schnepfen, die gar -keine Schnepfen sind. Ich weiß, daß ich leide, wenn -man mir Blei in meine Flügel schießt. Ich weiß, -daß ich glücklich bin, wenn ich im Mondschein -durch das sanfte Gras der Waldränder irre, mit -gezählten Schritten, den Kopf nach rechts und -links drehend und bereit, mit der Spitze des -Schnabels die Würmer aufzupicken. O, von was -für wunderbaren Nächten habe ich nicht schon -die Quellen singen gehört, wenn ich mir in ihnen -säuberlich die Füße wasche! O das fließende Blau, -das die Schatten des Gebüsches liebkost, bis sie -zittern und den ersten Himmelschlüsseln weichen!“ -</p> - -<p> -„Ich weiß, daß ‚es muß sein‘ ein großes Wort -ist, und daß danach mein ganzes armes Tierleben -abgewandelt wird. Es muß sein, daß ich, wenn es -April wird, diese wunderbaren Täler verlasse und -es meinem Fluge anheimgebe, dahin zu fliegen, -wohin er fühlt, daß nun geflogen werden muß. -Das habe ich verstehen gelernt, daß so einfach -dahinzureisen besser ist, als sich abzuquälen mit -Landkarten, Kompaß und Sextant, mit alldem, wodurch -die Menschen Schiffbruch leiden. Es muß -sein, sage ich, ist ein großes Wort! Darum habe -ich Schnepfe mir auch nicht mein Dasein durch -Weltkarten, Luftballons, Dampfmaschinen und -Theorien verwirrt, denn es mußte sein, daß ich -Flügel habe. Und so ist meine ganze Wissenschaft -ganz einfach die, daß ich mich auf meinen Schnabel, -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -meine einzige Bussole, verlassen kann, um inmitten -der Schneefelder (die die Orangenblütenhaine des -Gebirges sind) die süßeste Braut wiederzufinden.“ -</p> - -<p> -So spricht die kleine Schnepfe. Und ich beneide -die kleine Schnepfe um ihren guten Sinn und um -ihr Glück. Kleine Schnepfe, es gibt noch anderes -Blei als das, das dir durch die Flügel schlägt: das -Blei, das ich im Herzen trage. Und andere Stechpalmen -gibt es als die, die sich mit Moos umgeben, -so daß du verlockt bist, darauf auszuruhen: die -Stechpalmen, die meine Schläfen kränzen und die -mein einziger Lorbeer sind. -</p> - -<p> -O, warum hat Gott mir nicht wie dir Flügel -gegeben? O, warum kann ich, wenn der Duft des -Flieders den liebesbleichen Frühling in seinem -Gewande schwanken und hinsinken macht, und -wenn der Seidelbast wieder blüht, nicht am Rande -der durchstürmten Schlucht die erwarten, von -der ich getrennt bin? O kleine Schnepfe, warum -bin ich nicht lieber in deinem kleinen Salon aus -welken Blättern geblieben, um im langen Regnen -dem Seufzen der Winterwinde zuzuhören, anstatt -in diesem Zimmer zu sitzen und meinen Betrachtungen -nachzuhängen, indes der Herd braust wie -der Ozean und mir im Uhrenschlagen geschieht, -als ob ich eine reine und traurige Stimme wiederhörte. -</p> - -<p> -Kleine Schnepfe, möge das wilde Wetter mit -dir gnädig verfahren! Die Windstöße sollen deine -Spuren verwischen, so daß der Hund sie morgen -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> -nicht spüren kann, sich von seinem Herrn prügeln -lassen muß und endlich schlammbeschmiert, verdutzt, -den Schweif eingeklemmt, zurückkommt, -ohne dich gefunden zu haben! -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-13"> -BETRACHTUNGEN -ÜBER EIN SPEISEZIMMER -</h2> - -<p class="first"> -Nicht das Familienspeisezimmer ist es, über das -ich jetzt sprechen will. Zwar war das wie ein -Spiegel im Schatten und roch nach Obst, nach -Wein und dem Wachse des Fußbodens, und wenn -man eintrat, glitt man aus und fiel hin. In diesem -Zimmer wurde ein jeder zu Eis so wie in Gegenwart -meiner hugenottischen Großtante, die in ihre -Bibel den Spruch des Psalmisten geschrieben hatte: -„Wahrlich, Schein ist es, darinnen der Mensch -wandelt. Wahrlich, eitel ist, was er treibt.“ -</p> - -<p> -Dieser Raum hatte einst bessere Tage gesehen. -Aber um die Zeit, von der ich jetzt spreche, -wohnte nur mehr ein schmerzliches Schweigen -darin, das wie das Schweigen der Abwesenden, die -voll Traurigkeit den Kopf schüttelten, anmutete. -Man hat mir hier eine Ecke gezeigt, in der mein Vater -nach seiner Ankunft aus Guadeloupe (er war damals -sieben Jahre alt) allerlei Grimassen versucht hat, -um seine Eltern zu erheitern, und vielleicht auch, -um sich selber zu erheitern. Armes verstörtes Kind, -das noch traumtrunken war von den grünen Kokosnüssen, -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -von zärtlich rosigen Blumen und dem -klingenden Schimmern der Kolibris. -</p> - -<p> -Das Speisezimmer von heute liegt gegen Osten, -auf den Garten hinaus, der sich längs der Straße hinzieht. -Es ist ohne allen Luxus eingerichtet und ein -rechtes Durchschnittszimmer, aber die Götter besuchen -mich darin, und ein paarmal haben Göttinnen, -müde der Welt, hier mein grobes Brot gegessen. -Man kann dieses Speisezimmer gar nicht -besser als mit den Versen des Mong-Kao-Jen beschreiben: -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">... Ein alter Freund reicht mir ein Huhn und Reis dazu.</p> - <p class="verse">... Und unser Horizont sind blaue Berge, deren Gipfel</p> - <p class="verse">Aus blauem Glanz des Himmels ausgeschnitten sind.</p> - <p class="verse">Im offenen Saal ist uns der Tisch gedeckt.</p> - <p class="verse">Nun überschauen wir den Garten meines Gastfreunds,</p> - <p class="verse">Nun reichen wir einander die gefüllten Becher.</p> - <p class="verse">Wir reden sacht von Hanf und Maulbeerbaum.</p> - <p class="verse">Wir warten auf den Herbst: dann werden hier im Garten</p> - <p class="verse">Die Chrysanthemen blühn.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="noindent"> -Hier in diesem Raume geschieht es mir zweimal -im Tage, daß ich mir der Dinge bewußt werde, -sei es dadurch, daß aus dem Brote die Seele des -fahlen Korns, das unter dem Hundsstern des Juli -knirscht, mich durchdringt, sei es, daß aus dem -Weine mich die purpurne Landschaft der Weinlese -überkommt und die Fröhlichkeit der Mädchen, -die singend die dunklen Trauben schnitten. Und -ein jedes Gericht wird mir geheiligt um alles -dessen willen, was es an Kraft dichterischer Ahnung -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -in mein Blut schickt. So muß ich auch nicht den -demütigen Küchengarten mißachten, in dem die -duftende Goldrübe wuchs, noch das herbe Gras -der erlengesäumten Wiese, auf der das Rind gelebt -hat, dessen Fleisch ich esse, nicht die von welken -Blättern bedeckte Hütte, verkrochen im innersten -Gebirge, in der dieser Käse entstanden ist, noch -endlich den Obstgarten, wo in der betäubenden -Glut der Sommerferien ein Schulmädchen es über -sich gebracht hat, inmitten von bläulichen und -granatroten Himbeersträuchern (deren Früchte ich -genieße) ihren brennenden Mund lange auf dem -Munde eines Jungen zu vergessen. -</p> - -<p> -Ich kenne die Einsamkeiten, in denen das Wasser, -das ich trinke, entspringt, und die traurigen Forste, -die sie umgeben. Dort bin ich dem fröhlichen -alten Manne begegnet, dessen Hühner ich in einem -Gedichte besungen habe, und jenem anderen Greise, -der den Wahnsinn seiner Tochter beweinte. -</p> - -<p> -Ich muß mir aber auch zu Bewußtsein bringen, -daß die Schüsseln, die alle diese Gerichte bergen, -irgendwoher stammen, und zwar ebenso aus der -Erde wie ihr Inhalt, und daß die Früchte da in -der Schale aus Steingut mir in einem Gefäße aus -dem Urstoffe selber dargebracht werden. Und ich -muß mich endlich auch daran erinnern, daß das -Glas der Wasserflasche, in der das Wasser eben -schwankend ins Gleichgewicht strebt, aus dem -Wasser selber hervorgegangen ist, aus dem natriumreichen -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -sandigen Meere, das ihm seine Durchsichtigkeit -gegeben hat. -</p> - -<p> -Speisezimmer, du göttliche Vorratskammer, in -dir gibt es die Feige mit den Bißspuren der Amsel -und die Kirsche, die der Sperling angepickt hat. Der -Hering liegt da, der die Korallen und die Schwämme -des Meeres gesehen hat, und die Wachtel, die durch -die Nacht der Minze geschluchzt hat; in dir ist der -Herbsthonig aufbewahrt, den die Bienen in der -schon bräunlichen Sonne eingeheimst, und der -Akazienhonig, den sie im fahlen Lichte einer -Tränenallee gesammelt haben. Das Öl, das die -Lampen der Provence speist, ist da, das Salz, das -perlmuttern schimmert, und der Pfeffer, den die -Kauffahrer auf ihren Galeeren geheimnisvoll -lächelnd gebracht haben. -</p> - -<p> -Mein Speisezimmer, ich habe dich oft aus der -Beute meiner Botanisiergänge geschmückt und -deine Luft mit dem Geruche der Feldblumen erfüllt. -</p> - -<p> -Und dann warst du eines Tages mit Sträußen -seltener Blumen geschmückt, mit denen eine Frau -deine Bescheidenheit geehrt hat. Aber du hast es -verstanden, du selbst zu bleiben, nicht allzu geschmeichelt -noch auch abweisend. Als die erlesenen -Blumen auf deinem Tische standen, hast du sie -durch deine Schlichtheit so sehr entzückt, daß sie -schön erschienen wie ihre ländlichen Schwestern. -</p> - -<p> -Du bist es, mein Speisezimmer, das, nahe der -Straße, meine Heimkehr vom Walde erwartet, -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -wenn die Stunde gekommen ist, in der mein Hund -in Nacht verschwimmt und sich das Paffen meiner -Pfeife mit dem Nebel, der meinen Bart feuchtet, -mischt. Da horchst du wie eine brave Dienerin -auf den Tritt meiner benagelten Schuhe. Ich erkenne -dein brennendes Herz, du Hüterin ohne -Makel: die Lampe, die zu Ende flackt wie diese -meine Träumerei. Da ich an dich denke, schwingt -meine Seele sich auf, und ich möchte Hosianna! -rufen und mich vor deine Knie hinwerfen, auf -deine Schwelle, du Bewahrerin der Dinge, die mir -die Vorsehung bescheert hat. Mit gekreuzten -Armen verharrest du über der Straße, auf der die -Bettler dahinziehen, wenn die Stunde gekommen -ist, in der das Aveläuten in verzweiflungsvoller -Liebe zittert und gleich Weihrauchfässern die -elendsten Hütten aus der Finsternis ihren Rauch -emporschicken zu den Füßen Gottes. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-14"> -BETRACHTUNGEN -ÜBER EINEN TAUTROPFEN -</h2> - -<p class="first"> -Das anbetungswürdige alte Fräulein starb in -einem kleinen Schlößchen, das einst Jean Jaques -Rousseau gefallen hat. Ein Wildbach schauerte an -den Grundmauern des Türmchens vorbei, das -überblüht war von gelben Rosen, und der nahe -Teich einer verlassenen Mühle machte die Gegend -mit ihren schattigen Baumgruppen vollends poetisch. -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -Reiche Äcker dehnten sich da und dort. Einst, als -der Tag zu Ende ging, sah ich an der Ecke eines -Feldes auf dem Marksteine einen alten Mann -sitzen. Er stützte sich auf einen Stock mit einem -Schnabelgriffe. Von seinem Platze aus überwachte -er gemach die Erntearbeit. Ich wünsche mir sehnlich -dieses Alter herbei, in dem die stillen Blicke -nur mehr nahe trauliche Dinge vor sich haben. -Vielleicht wird das Gewesene dann zur Gegenwart? -Dieser friedliche Greis, der mich eines anderen -Greises gedenken ließ, jener edlen Gestalt aus -„Paul und Virginie“, rief sich vielleicht, da er die -schönen Schnitterinnen betrachtete, die Zeit wieder -empor, in der noch die Bücher seiner Jugend über -ihn Gewalt gehabt hatten ... Vielleicht erschien -ihm Ruth, mit Kornblumen und Ähren bekränzt, -oder die myrthenduftende Chloe, wie sie ihren -Ziegen Salz reicht. -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -Lange, bevor ich die Heiterkeit des Tages, der -hier über dem Patriarchen zu Ende ging, erlebte, -war das alte Fräulein gestorben. Sie hatte hier ihre -ganze Jugendzeit verbracht, und sie wohnte auch -später fast immer hier. Denn ihr oblag, nachdem -sie Waise geworden war, die ganze Sorge um ihre -wahnsinnige Schwester. Nur ein paarmal war sie -fortgewesen: als sie einige Jahre hintereinander -eine Zeit in Paris verbrachte. Wenn ich an sie -denke, wie ich sie als Achtzigjährige gekannt habe, -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -mit ihren schneeweißen Scheiteln, die stets mit -Parmaveilchen geschmückt waren, der großen -Nase, dem spitzen aufwärtsgebogenen Kinn und -den feurigen Augen, wird es mir nicht allzu schwer, -mir vorzustellen, wie sie als Achtzehnjährige gewesen -sein mag: Da sehe ich sie mit einem biegsamen -großen, mit Feldblumen geschmückten Hute, -in einem Mousselinkleide, das sich in ihren Knicksen -bauscht, und mit einem Gürtel aus einer kolibrifarbenen -Schleife. -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -In diesem Schlosse nun habe ich in den letzten -Tagen langsam und voll Zärtlichkeit das Album -durchgeblättert, darein das Fräulein Sophie F. von B. -seine Herzensdinge geschrieben hat, und ein unsagbares -Heimweh nach der Vergangenheit überkam -mich. -</p> - -<p> -Während sie in Paris lebte, das muß um 1840 -gewesen sein, nahm sie Botanikunterricht im -Jardin des Plantes. O, von wie viel Liebreiz umgeben -sie mir jetzt erscheint! Wer weiß, wie schönheitsentflammt -die Seele dieses jungen Provinzmädchens -war, das hier nun die strahlenden Farben -und den Duftatem irgendwelcher neuer Blütendolden, -die vielleicht Laurent de Jussien eben erst -von wilden Inseln gebracht hatte, genoß! Ich -glaube dieses Mädchen der alten Zeit vor mir zu -sehen, wie es sich in einer Allee des Botanischen -Gartens auf die Spitze seiner fliederfarbigen Schuhe -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -erhebt, um das Innere einer zottigen Blumenglocke -zu erforschen. -</p> - -<p> -Diesem Album, in das sie sorgsam wunderbare -Sträußchen gezeichnet und gemalt hat, hat sie ihr -Herz anvertraut. Ich nenne ihre Malereien wunderbar, -aber ich will damit gewiß nicht sagen, daß -sie etwa das Genie besessen habe, in der Wiedergabe -der Blumenkronen auch das Geheimnis der -Säfte mitzugestalten; ich will vielmehr damit ausdrücken, -daß diese Rokokomalereien, fern von -jeder künstlerischen Absicht, die Spuren einer -hohen und reinen Seele tragen, und daß kein noch -so berühmtes Kunstwerk mich mehr ergreifen -wird als sie. -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -Man müßte sich einzeln jeden der Tage wieder -emporrufen, in deren Kelch diese zarte und zage -Seele ein wenig von ihrer Ewigkeit geträufelt hat. -Was man auch von ihrem Verlobten redet und -geredet haben mag, ich glaube, daß sie nur aus -Opferwilligkeit für ihre früher erwähnte Schwester -von ihm nichts wissen wollte. Das hat sie den -glühenden Blumen, die sie malte, gebeichtet. Das -sagen die schwellenden Rosen, die emportaumeln -wollen aus ihren Kelchen wie die Herzen der erwachenden -Mädchen in den Verzückungen der -Maiabende. Von ihren Rosen hat eine besonders -und schmerzlich zu mir gesprochen. Die hat sie -sicherlich an einem leuchtenden Morgen gemalt, -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -da sie Gott um Gnade gebeten hatte. Kein Wort -vermöchte die leidenschaftliche Reinheit dieser -Blumenblätter wiederzugeben, aus denen langsam -eine Tauträne rollt. O, wie habe ich diese Träne -verstanden! -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -Du junges Mädchen des hingegangenen Jahrhunderts, -hättest du, als dir in deinem immer -schattigen Salon diese Träne niederfiel, gedacht, -daß eines Tages ich ihrer voll Verehrung gedenken -würde? Ich habe sie aufgefangen, und nichts mehr -wird ihr köstliches Wasser trüben. Dieser Edelstein -voll des Glanzes aus deinem Herzen — -O mögest du in Frieden ruhen an der Brust des -Herrn! — ist von würdigen und andächtigen Händen -in dem chinesischen Schränkchen des großen Salons -aufbewahrt worden, und nur zuweilen komme ich -und bitte die Freunde, die ihn verwahren, ihn mir -zu zeigen. O du, vielleicht hast du an demselben -Weh gelitten, davon auch ich ergriffen bin, an der -sinnlosen und schweigenden Leidenschaft, die -einzig deine Zeitgenossen in ihrer müden Anmut -und scheuen Reinheit verstehen konnten! -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -Was wissen wir, wie viele Kalvarienberge es gibt, -und wie oft schon der Kreuzweg beschritten -worden ist! Wenn uns unter Fingerhüten, Scheeren, -Stückchen von Stickerei und Seidenfleckchen, -zwischen kleinen Spiegeln, Haarlocken und Kinderzähnen, -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -unter künstlichen Blumen, Fläschchen und -längst aus der Mode gekommenen Schmucksachen -eine alte „Nachfolge Christi“ in die Hände kommt, -erscheint es uns, als ob der Duft des Abgeschlossenen, -der an den Seiten haftet, nur eine unendliche -Sanftheit in sich trüge. Und doch, wie mögen -Hände, die jung waren, und die es nicht mehr -waren, vor Warten und vor Weh gezittert haben, -während sie dieses Buch hielten! -</p> - -<p> -In der Morgenröte ihres Geschickes mag das -junge Mädchen diese Seiten wohl noch in der geheimen -Hoffnung aufgeschlagen haben, daß an -den Bitternissen doch nicht alle Menschen teilhaben -müßten, und daß vielleicht gerade ihr das Schicksal -sie ersparen werde. Nur in einem entzückenden -Gefühle von Pietät streckte sie damals im Erwachen -die schon kräftigen Arme nach der „Nachfolge“ -aus. Erst später, in der Mitte ihres Lebens kam -sie wieder zu diesem Buche zurück. Die früchteschweren -Apfelbäume waren nicht mehr fröhlich -wie ehedem ... eine Freudigkeit (ich weiß nicht, -was für eine) hatte sie verlassen. Und jenen bunten -Schmetterling, der sich vor ihr im heißen Glanze -der Tage in den großen Ferien gewiegt hat, den -hat sie später nie mehr über den Wiesen erblickt. -</p> - -<p> -Das Alter kam. Und siehe, nun in der Neige -ihres Seins hörte sie kaum mehr auf, in dem Buche -zu lesen. Es war sieben Uhr abends, draußen -schneite es. Die Lampe, die aufzuckend der Stille -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -den Takt schlug, erleuchtete den großen Spiegel, -in dem sich das alte Fräulein als das getrübte -Bildnis der menschlichen Wandlungen erblickte. -Nun sah sie nichts mehr von dem honiggoldenen -Haar, das sie sich einst spielend um die zarte Faust -gewunden hatte ... Ihre Scheitel waren weiß -und streng wie die Binden, in die man die Toten -hüllt. Und ihre Wangen, auf deren Erblühen einst -viel helles Lächeln wie Apriltage über die Gärten -gestrahlt hatte, waren voll der tiefen Furchen, die -allgemach der bittere Niederfall der Tränen eingräbt. -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -Möge Gottes Frieden sich auf diese Leben der -alten Zeit herniedersenken! O, sie haben für mich -immer noch die Jugend der Rose, auf der ein -Tropfen in solcher Reinheit schimmert, daß man -zweifelt, ob er ein Tautropfen oder die Träne -eines Kindes, das sein erstes Weh verstört hat, sei. -Man tut gut daran, die Toten zu verehren und -täglich ihrer zu gedenken! Kein Regenguß rauscht -nieder auf die Kronen des Waldes, kein Regenbogen -wölbt sich über das wolkendüstere Dorf, -keiner Hirtenflöte Klang geht im Herbstwinde -verloren, ohne mir Gegenstand für meine Betrachtungen -zu werden. Hier, so denke ich, in -dieser kleinen Höhle mit ihrem Teppiche aus -Farnkraut und Veilchen, mögen sie zuweilen Zuflucht -vor den Regenschauern gesucht haben. Hier -muß es auch gewesen sein, wo der letzte Guß -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -des Gewitters die Schleife mit den Irismustern -davongetragen hat. Und hier, so sage ich mir -weiter, in diesem entlegensten Winkel des Parkes, -mag das Mädchen vielleicht von ihm geträumt haben, -der ihr dort in der Grotte als der Bezauberndste -erschienen war. Und wenn sie dann ihre Schwermut -fragte, hat ihr nur die Glocke eines verirrten -Lammes geantwortet. -</p> - -<p class="tb"> -* -</p> - -<p class="noindent"> -O wie wird jede Kleinigkeit zu einer Welt, wenn -man in ihr nicht nur ein poetisches Spiel sucht, -sondern die Spuren Gottes in den geringsten Geschehnissen -des Alltags. Dächte nicht ein jeder, es -sei keine Sache von Bedeutung, um welche Stunde -und an welchem Tage ein Kind im Walde Erdbeeren -pflückt? Und ist es nicht doch voll Bedeutung, -daß an einem Morgen, von dem ich nichts -weiß, ein Mädchen in vergangener Zeit unwissentlich -einen Tropfen Tau auf einer Rose schimmern -ließ und so den Anlaß gab zu dieser meiner -Träumerei, die nun zu Ende geht? -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-15"> -BETRACHTUNG ÜBER ASTROLOGIE -</h2> - -<p class="first"> -Was kann das sein, das mich so bedrückt? Aus -welcher Ferne kommt das Schwere, das sich auf -mein Herz legt und es bitter macht, wie die Frucht -war, die ich eines Morgens im Sande der Sahara -gefunden habe? -</p> - -<p> -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -Der Rosenkäfer ist der Rose untertan, die Rose -dem Mädchen, das Mädchen der Liebe und die -Liebe wiederum den großen Kreisen der Kräfte, -das das Auf und Nieder meines Atmens in Einklang -mit dem Meere bringt. -</p> - -<p> -Dem Monde ist die Macht gegeben, über die -großen Wasser zu herrschen und sie stöhnen oder -singen zu machen; welches Gestirn aber in der -Tiefe der himmlischen Abgründe vermag es, gerade -meine Gedanken stöhnen oder singen zu machen? -</p> - -<p> -Sicher ist eins: wenn meine Seele in ihrer Verstörtheit -übereinstimmt mit einem Sterne, den ich -gar nicht kenne, dann muß dieser Stern seit Jahren -den schrecklichsten Ausbrüchen, Erschütterungen -und Erdbeben preisgegeben sein. -</p> - -<p> -Es macht mir Freude, mir auszumalen, daß das -ganze Wesen eines Menschen dem Charakter des -Planeten entspräche, dessen tyrannischem Geheiße -er untertan ist: dann untersteht Edgar Poe sicherlich -irgendeiner Welt, die an den äußersten Grenzen -eines düsteren und schneereichen Himmels kreist, -und auf der die grünen Tale voll blühender Lilien, -Hyazinthen und Anemonen nur in den Fernen -jenseits wattiger Nebelbänke erscheinen. Und -Lamartine muß einem Gestirne gehorcht haben, -das kein Ozean ausgehöhlt hat, darauf es nur einen -himmlischen See gibt, über den die sanfte Brise -mit Erzengelfingern hinstreicht und an die zitternden -lyrageschwungenen Flügel der Schwäne rührt. -</p> - -<p> -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -Der Stern, mit dem dieses junge Mädchen verwandt -ist, lacht und weint in tausend Wasserfällen. -Murmelt das Wasser dieser Wasserfälle gerade jetzt -mehr als sonst? Denn das Mädchen hört nicht auf -zu plappern, solange die Schneeschmelze da oben -die Wildbäche des Sterns so überreichlich füllt. -Säumt der Schaum der Wildbäche den Azur, -unter dem er schauert, jetzt mit köstlicheren -Spitzen? Das Mädchen zieht ein Kleid von -zartem Blau an, das es mit quellenden Spitzen, -die durchsichtiger sind als die Wasser der Felsen -oder böhmische Gläser, ziert. Sind die Quellen jetzt, -austrocknend in der glühenden Sonne, verstummt? -Das Mädchen wird schweigsam. Und wenn da -oben die Wasser zu schluchzen beginnen, entströmen -dem Mädchen die Tränen, die man hier -auf Erden sinnlose Tränen nennt. Das Mädchen -errötet plötzlich: das kommt daher, daß auf seinem -Sterne eine Pfingstrose aufblüht. Es erbleicht — -denn dort oben ist eine Lilie aufgegangen. -</p> - -<p> -Sind die Bezeichnungen: ein Mensch hat einen -finsteren oder klaren oder verbitterten Charakter -nicht dem Horoskope dessen, auf den man sie anwendet, -entnommen? Was wohl die Astrologen -damit ausdrücken wollten, daß sie die alte Selenographie -mit solchen dichterischen Bezeichnungen -schmückten, wie da sind: das Meer der Krisen, -das Meer der Feuchtigkeit, das Meer der Tränen, -der Golf der Verzweiflung? Ich vermute, daß sie -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> -jene menschlichen Veränderungen, die sie dann -mit Recht die lunatischen nannten, von den Umwälzungen -auf unserem Satelliten ableiteten. Das -Meer der Krisen beginnt unruhig zu werden — -und alle Gichtkranken, Asthmatiker, Hypochonder -und Narren werden von ihren Übeln befallen. -Ein Zyklon wirbelte über das Meer der Feuchtigkeit -dahin — und die Wassersüchtigen fühlen ihre -Anschwellungen wachsen. Der Sturm wütete über -dem Meere der Tränen — und alle kleinen Kinder -weinen. Wenn aber der Golf der Verzweiflung -sich verdüsterte, geschieht dem Herzen eines jeden -Menschen ein Gleiches. -</p> - -<p> -Nach dieser Betrachtung des Einflusses der Gestirne -auf die Menschen wollen wir erforschen, -wie eine solche Einwirkung auch auf die Pflanzen -möglich wäre. Wir stellen also die Hypothese auf -(die wir untersuchen wollen,) daß Mensch und -Pflanze der gleichen Ausstrahlung untertan sind, -und schließen, daß es eine schicksalhafte Sympathie -zwischen ihnen geben müsse. -</p> - -<p> -Die Theorie des Professors Philipp van Tieghem -ist bekannt: sie ermächtigt uns, zu denken, daß -der Pflanzenwuchs der Erde von Samen abstammt, -die von Meteoriten auf sie herabgebracht worden -sind. (Beim Lesen einer bestimmten Stelle dieses -Forschers kam mir einmal nachts der belustigende -Einfall, meine Hände gegen den Mond zu strecken, -um den Flug bestimmter Arten von Mohn aufzuhalten, -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> -deren hinfällige Blüten freilich in der Berührung -mit meinen Fingern hätten zerstieben -müssen.) -</p> - -<p> -Mit dieser Hypothese wollen wir nun die Darwinsche -verbinden, nach der wir Pflanzen waren, -ehe wir Menschen geworden sind. Daraus <a id="corr-2"></a>ergibt sich -freilich für jeden das Recht, zu fragen, was für eine -Feuerkugel ihn denn auf die Erde gebracht, und -was für eine Konstellation diese sonderbare Saat -bewirkt habe. -</p> - -<p> -Nun gibt es aber zweifellos Menschen, deren -ganzes Leben im Gegensatze steht zu dem aller -anderen Menschen — was demnach auf eine -Sternenherkunft von besonderer Art schließen -lassen müßte —, genau so, wie gewisse Pflanzen -in ihrem Verhalten dem sämtlicher anderer Pflanzen -widersprechen. -</p> - -<p> -Von jener Regel zum Beispiel, die den Stengeln -der Schlingpflanzen zu gebieten scheint, der Drehung -der Erde folgend von links nach rechts zu -ranken, sind Hopfen, Geißblatt, Stickwurz, Schildkrötenkraut -sowie das knotige und das Kletter-Polygonum -ausgenommen, die alle, Newton und Laplace -mißachtend, sich von rechts nach links winden. -Rührt das daher, daß diese Pflanzen von Gestirnen -stammen, die sich in entgegengesetztem Sinne -drehen wie die Erde? -</p> - -<p> -Übrigens, wenn Rose und Iris, Orchydee und -Seerose, solcherart auf unsere Erdkugel gelangt, -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -von den unbekannten Gesetzen ihrer vorherigen -Heimat geleitet werden — sei die nun Mars oder -Venus oder ein ganz anderer Planet —, ist es reizvoll, -sich vorzustellen, daß die Blüte der Wunderblume -nicht eher sich schließen und einschlafen -mag, bevor sich nicht der Abend auf ihren Heimatstern -gesenkt hat, das heißt ehe es nicht Tag -geworden ist auf der Erde. -</p> - -<p> -Das früher Gesagte vorausgesetzt, wäre es unterhaltend, -die Blume oder den Baum zu kennen, -die jeder einzelne bevorzugt, und zu beobachten, -ob die Menschen, die Sympathie für die gleiche -Blume haben, nicht denselben Sterneneinflüssen -unterworfen sind wie diese Blumen. Was mich -anlangt, so liebe ich die Pflanzen zu sehr, um mich -für die eine oder die andere zu entscheiden — denn -das schiene mir eine Untreue gegen alle übrigen -zu sein. Aber einen Strauch und eine Blume kann -ich doch angeben, deren Anblick mich in eine -unerklärliche Erregung versetzt: die lagerstroemia -Indica und die amaryllis belladonna. Die lagerstroemia -blüht gegen Ende des <a id="corr-3"></a>Sommers. Ich habe -sie einmal in einem Prosagedichte „Flieder einer -anderen Welt“ getauft. Sie ist ein Strauch ohne -Rinde. Ihr glatter Stamm breitet nur im Schlafe -die Zweige aus, was ihr das unglückliche Aussehen -eines Besens oder einer riesenhaften Rose von -Jericho verleiht. Aber ihre Blüten! Unter den -azurnen August- und Septemberhimmeln heben -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -sie sich aus ihrem Laube, das fremdartig grün ist -und sehr ähnlich dem des Granat- und des Spindelbaumes, -und bilden Szepter von einem unsagbaren -Rosa, das nie der Erde angehört hat, einem -Rosa voll schwermutschönen Heimwehs nach einem -verlorenen Paradiese. Warum liebe ich diesen -Baum mit solcher Liebe? Es gibt eine lagerstroemia, -die ich Jahr für Jahr besuche, und die in jedes -neue Blühen meine Trauer oder meine Freude -mitempfängt. Sie schmückt mit ihren geheimnisvollen -Korallen einen Garten im nördlichen Spanien. -Auf meine Bitte hat man mir erlaubt, durch -eine kleine Tür ihr sorglich verschlossenes Reich -zu betreten. Und ich bin, einer sonderbaren Unruhe -verfallen, durch die Alleen geirrt, die ihre glorreiche -Majestät zu verdunkeln schien. -</p> - -<p> -Die amaryllis belladonna ist vom Kap der guten -Hoffnung zu uns gebracht worden. Inmitten eines -Büschels schwertförmiger Blätter, die sich weich -nach außen biegen, strebt ihre rosige Lilie empor. -Aber ihr Rosa hat nichts von dem außerirdischen -der lagerstroemia, es ist samtig wie Aprikosen, es -gleicht dem der Wassermelone, der Meerfrüchte -oder des Lachses. Ein paar von diesen Pflanzen -sind meine Freunde: die stehen nicht in dem spanischen -Garten, von dem ich früher gesprochen -habe, sondern in einem alten kleinen Garten in -Frankreich. Er wölbt sich wie ein Dach über die -Landstraße, auf der dereinst die Postkutschen, in -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -denen die Mädchen der alten Zeiten mit wehenden -Hüten durch den Glanz der untergehenden Sonne -gegen Paris fuhren, hinholperten .... -</p> - -<p> -Ich empfinde eine trübe und schmerzliche Freude, -wenn meine Blicke über diese rosigen Kelche hingehen. -Wer wird mir die sonderbaren Gefühle, -die mir diese beiden Pflanzen einflößen, erklären? -Ihr Anblick verwirrt meinen Verstand und läßt -im Spiegel meiner Seele das Bild eines ganz traurigen -Traumes erstehen: auf einem Sterne erwartet -mich widerwillig und sehnlich zugleich ein dunkelhaariges -Mädchen in einem amaryllisrosa Kleide. -Sie sitzt unter einer lagerstroemia an einem Grabhügel, -über dem in unbekannten Zeichen ein Name, -vielleicht der meine, geschrieben steht. -</p> - -<p> -Meine Freundin, eines Abends wirst du mich -aus der Tiefe des Tales kommen sehen, und ich -werde dir deine Lieblingsblumen bringen. Es wird -schon spät sein. Mit meiner grünen Trommel auf -dem Rücken werde ich den ganzen Tag ohne Rast -auf der Suche gewesen sein, das Herz voll Tränen, -und werde unter den Blicken Gottes mit meinem -kleinen Spaten in allen Einsamkeiten die Erde -durchwühlt haben. Werde ich aber die Pflanze, -die unser beider Geschicke einen muß, wirklich -gewünscht haben? Schon ahne ich, wie ein Edelsteinsucher, -den ein geheimnisvoller Sinn leitet, -deine liebste Blume voraus. Sie wächst nicht im -Schnee, nicht auf den Gletschern noch unter den -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -Lärchen der Alpen, nicht am Rande der Kressebeete -noch auch in der lügnerischen Sahara, deren -Spiegelungen meinen Fieberdurst heimgesucht -haben. Sie erblüht in meiner Seele. -</p> - -<h2 class="chapter" id="chapter-0-16"> -NOTIZEN -</h2> - -<h3 class="no" id="subchap-0-16-1"> -I. -</h3> - -<p class="first"> -Ich habe mir oft den Himmel ausgemalt. In -der Kindheit war er mir die Hütte, die sich ein -alter Mann in unserer Gegend hatte auf der Höhe -eines steilen Bergweges errichten lassen, und die -„das Paradies“ genannt wurde. Mein Vater pflegte -um die Stunde, in der das schwarze Heidekraut -der Hügel golden wird wie eine Kirche, mit mir -dahin zu gehen. Am Ende jedes dieser Spaziergänge -wartete ich darauf, Gott in der Sonne, die -oben am Kamme des steinigen Steiges einzuschlafen -schien, sitzen zu sehen. Habe ich mich getäuscht? -</p> - -<p> -Weniger leicht kommt es mir an, mir das katholische -Paradies mit seinen azurnen Harfen und -dem rosigen Schnee der himmlischen Heerscharen -in den reinen Regenbogen vorzustellen. So halte -ich mich doch immer noch an mein erstes Gesicht. -Aber seitdem ich die Liebe kennen gelernt habe, -habe ich zu dem himmlischen Bereiche vor der -Hütte des alten Mannes noch eine sonnenwarme -Bergwiese, auf der ein junges Mädchen Blumen -pflückt, dazugetan. -</p> - -<h3 class="no" id="subchap-0-16-2"> -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> -II. -</h3> - -<p class="first"> -Ich habe die Seele eines Fauns und zugleich -die eines ganz jungen Mädchens. Wenn ich eine -Frau betrachte, empfinde ich eine völlig andere -Art von Erregung als beim Anblicke eines Mädchens. -Wenn man sich mit Hilfe von Blumen und -Früchten verständlich machen könnte, würde ich -einer Frau glühende Pfirsiche, die rosigen Glocken -der Tollkirsche und schwere Rosen reichen, dem -Mädchen aber Kirschen, Himbeeren, Quittenblüten, -Heckenrosen und Gaisblatt. -</p> - -<p> -Es gibt kaum ein Gefühl, das ich erlebe, ohne -daß es vom Bilde einer Blume oder Frucht begleitet -wäre. Wenn ich an Martha denke, sehe ich Gentianen -vor mir, Lucie ist mir mit den weißen japanischen -Anemonen verbunden, Marie mit Maiglöckchen -und eine andere wieder mit einer Zedratfrucht, -die aber ganz durchsichtig ist. -</p> - -<p> -Zum ersten Rendezvous, das ich mit einer Freundin -hatte, habe ich Schwertlilien mit aprikosenrosa -Halse mitgebracht. Wir stellten sie über Nacht -ins Fenster, und dort vergaß ich sie, um mich nur -meiner Freundin zu erinnern. Heute wollte ich -gerne der Freundin vergessen und nur mehr der -Schwertlilien gedenken. -</p> - -<p> -All meine Erinnerungen gehören also sozusagen -der Pflanzenwelt an. Bäume, Blüten und Früchte -sind meine Merkzeichen für Menschen und Gefühle. -</p> - -<p> -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> -Die Pflanzen, aber auch die Tiere und die Steine -haben meine Kindheit mit geheimnisvoller Lieblichkeit -erfüllt. -</p> - -<p> -Als ich vier Jahre alt war, stand ich und betrachtete -die Haufen zerschlagener Bergkiesel am Straßenrande. -Wenn man diese Steine in der Dämmerung -gegeneinanderschlug, gaben sie Feuer — -rieb man sie aneinander, dann rochen sie verbrannt. -Die geäderten hob ich auf: sie waren schwer, als -ob sie Wasser in sich verborgen hielten. Der Glimmer -im Granit bezauberte meine Neugier so sehr, -daß nun nichts anderes mehr sie stillen konnte. -Ich fühlte, daß da etwas war, das niemand mir zu -erzählen vermochte: das Leben der Steine. -</p> - -<p> -Um dieselbe Zeit war man einmal böse mit mir, -weil ich die künstlichen Käfer von einem Hute -meiner Mutter weggenommen hatte. Das war -meine Leidenschaft: Tiere aufzuheben, und ich -war so voll Freundschaft zu ihnen, daß ich weinte, -wenn ich sie unglücklich glaubte. Noch heute -erlebe ich die namenlose Angst wieder, wenn ich -daran denke, wie die kleinen Nachtigallen, die mir -jemand geschenkt hatte, in unserem Speisezimmer -zugrunde gingen. In dieser Zeit mußte man mir, -damit ich einschlafe, das Glas mit meinem Laubfrosche -in meine Nähe stellen. Ich fühlte, daß er -mein treuer Freund war und mich auch gegen -Diebe verteidigt hätte. Als ich das erstemal einen -Hirschkäfer sah, war ich von der Schönheit seiner -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> -Geweihzangen so ergriffen, daß die Begierde, einen -zu besitzen, mich krank machte. -</p> - -<p> -Meine Leidenschaft für die Pflanzen zeigte sich -später, als ich gegen neun Jahre alt war. Die -rechte Einsicht in ihr Leben aber fing erst an, -als ich ins fünfzehnte Jahr ging — ich erinnere -mich noch, unter welchen Umständen. An einem -Donnerstage, einem lähmend heißen Sommernachmittage, -ging ich mit meiner Mutter durch -den botanischen Garten einer großen Stadt. Weißblendende -Sonne, dicke blaue Schatten und schwere -zähe Gerüche machten aus diesem fast verlassenen -Orte das Reich, dessen Pforte ich nun endlich überschritt. -Im lauen goldkäferfarbigen Wasser der -Bassins gediehen kümmerlich allerlei Pflanzen, -lederige graue und hohe weiche, durchsichtige. -Aber aus der Mitte dieser armen traurigen Wassergewächse -erhoben sich in den großen Azur grüne -Lanzenschäfte und hielten die Anmut ihrer weißen -und rosigen Dolden in den lodernden Tag: die -Wasserlilien über ihren Blättern, in vertrauensvollen -Schlaf versunken. Mit den Wasserpflanzen -hielten die Pflanzen der Erde stumme Zwiesprache. -Ich erinnere mich einer Allee, in der Studenten, -ein Sacktuch im Nacken, unter der Schönheit der -Blätter begraben lagen. Das war die Allee der -Ombelliferen. Fenchel und Steckenkraut drehten -ihre Kronen über die Stengel, deren Blattscheiden -platzten, empor. Schweigend unterredeten sich -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> -die Düfte miteinander, stumme Verständigung -wob fühlbar von Pflanze zu Pflanze, und über dem -vereinsamten Reiche schwebte Entsagung. -</p> - -<p> -Seit damals verstehe ich die Pflanzen: ich weiß, -daß ihre Familien sich miteinander verschwägern, -und daß sie alle von Natur aus einander lieben. -Aber ich weiß auch, daß diese Verwandtschaften -nicht da sind, um den Klassifikationen zur Unterstützung -unseres trägen Gedächtnisses zu dienen. -</p> - -<p> -Die Pflanzen sind lebendige, tätige Geometrie, -die irgendwelchen Auflösungen zustrebt — wie die -sein werden, weiß ich nicht. Da läßt sich nun ein -reizvolles Geheimnis beobachten: die Arten, die -in denselben geologischen Epochen vorkamen, -haben einander ihre Sympathien geschenkt und -bleiben auch heute noch im Wechsel der Jahreszeiten -einander nahe. Wie vermöchte sonst das -Wesen der frierenden schneeigen Winterliliaceen -mit dem der purpurnen Herbstnachtschatten so zusammenzustimmen? -</p> - -<p> -Es gibt noch andere Pflanzengemeinschaften, -die nicht so sehr durch Menschenbemühungen -als dadurch zustandekommen, daß gewisse Arten -andere als Freunde bei sich haben mögen und sich -nach ihnen sehnen. Wie schön sind die Bauerngärten, -in denen die strahlende Lilie — gleich den -Göttern, die die Niedrigen besuchen — zwischen -Kohlköpfen, Knoblauch und Zwiebeln (die in den -Töpfen der Armen kochen werden) wächst! O, wie -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> -liebe ich diese ländlichen Küchengärten, wenn -mittags der traurige blaue Schatten der Gemüse -auf den Vierecken körniger weißer Erde einschläft, -der Hahnenruf das Schweigen noch tiefer macht -und das geduckte Huhn unter dem schrägen gewundenen -Fluge des Habichts aufgluckst! Da -wachsen die Blumen der schlichten Liebenden, -die Blumen der jungen Frauen, die den blauen -Lavendel trocknen und zwischen ihr grobes Leinen -legen. Da wächst auch der treue Buchsbaum, an -dem jedes Blättchen ein Spiegel von Azur ist, und -die Stockrose, an der die sanfte reine Flamme der -Blüten sich in Schwermut verzehrt: fromme Blumen, -dem Schweigen und der Entsagung geweiht. -</p> - -<p> -Ich liebe auch die Wiesenblumen: die Königin -der Fluren, schaukelnd in leichten Winden und -vom Glucksen des Baches in den Schlaf gewiegt. -Ihre duftende Krone schmückt sich mit Wasserkäfern -schimmernder als der Hals der Kolibris. -Sie ist die Geliebte der Halden, die Braut der -grasigen Lichtungen. -</p> - -<p> -Tief in den verlorenen alten Parks aber gibt es -die geheimnisvollen Pflanzen: da gedeihen die -<em>alten</em> Blumen, der Erdflieder, die amaryllis belladonna -und die Kaiserkrone. Anderswo müßten sie -sterben, hier aber beharren sie, behütet von den -Vorbildern der jahrhundertealten einzigartigen -Bäume mit den verschollenen Namen. Diese vornehmen, -verwöhnten und gezierten Blumen erheben -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -ihre schwanken Köpfe nur, wenn der Wind -durch die Amberbäume und Ahorne streicht und -aufseufzt wie einst Chateaubriand. -</p> - -<h3 class="no" id="subchap-0-16-3"> -III. -</h3> - -<p class="first"> -Die Traurigkeit der kleinen Stadt tut mir wohl: -die Gassen mit ihren finsteren Laden, die abgetretenen -Türschwellen, die Gärten, die in der -schönen Zeit des Jahres über einem Grunde von -blauem Brodem schwimmen, über dem Gewirre -von Stockrosen, Glyzinien und Weinreben — und -dann jene anderen Gärtchen, räudig wie Esel, mit -schwärigen Buchsbaumhecken, darauf Lumpen zum -Trocknen liegen, und das Rinnsal der Gerber, -das den dünnen Perlmutterglanz des Himmels -mitschleppt und zwischen seinen Schlammpflanzen -hart die Dächer widerspiegelt, o — und der Wildbach, -der die Felsen höhlt, sich windet und eilig -dahinblinkt! Der kleine Stadtplatz ist hübsch, ob -die Zikaden in den sommerlichen Buchen schrein, -ob der Herbstwind auf ihm scharrt oder die Regen -ihn zerkritzeln. Es gibt auch einen kleinen Stadtpark -da, von dem Bernhardin de Saint Pierre entzückt -gewesen wäre: unter seinen Kastanienbäumen -sind die Mainächte tief, blau und sanft. -</p> - -<p> -Ich komme seit Jahren in diese Stadt, die einst -mein Großvater und mein Großoheim verlassen -haben, um die überblühten Antillen zu suchen. -Dann haben sie das Brausen des Meeres gehört, -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> -musselinene Kleider glitten unter ihren Veranden -dahin — und als sie starben, waren sie vielleicht -voll Sehnsucht nach diesen Gassen mit ihren Laden, -den Gärten hier, den Rinnsalen und diesem Wildbache. -</p> - -<p> -Wenn ich dann meinen kleinen Meierhof aufsuche, -denke ich daran, daß sie einst hier gewesen -sind. O, ihre Ausflüge! Das Frühstück trugen sie -in einem Körbchen mit und einer hatte eine Gitarre -umgehängt. Leichten Ganges folgten ihnen die -jungen Mädchen; zwischen taufeuchten Hecken -summte eine Romanze auf und erschreckte die -Vögel mit einer unaussprechlichen Liebe. Die -Maulbeeren waren noch grün. Man marschierte -im Takte. Der Schrei eines Mädchens zitterte durch -die Luft, an <a id="corr-4"></a>einer Wegecke wurde ein großer Hut -geschwungen, und ein kühles Lachen flog zwischen -den regenversehrten Heckenrosen empor. -</p> - -<p> -Diese Gitarre habe ich im Hofe meiner hugenottischen -Großtanten an einem Sommerabende -gehört, als ich vier Jahre alt war. Der Hof schlief -in weißer Dämmerung, und von den Dächern sank -eine unbekannte Zärtlichkeit auf die Rosenstöcke -und das helle Pflaster. Meine Verwandten saßen -auf einem Balken, waren froh und lachten darüber, -daß ich so ein kleines Kind war und eine weiße -Schürze anhatte. Dann sang mein Großonkel ein -Lied aus der Hauptstadt. Ich seh ihn noch mit -vorgestrecktem Kopfe stehen. Die Luft zitterte sacht. -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> -Am Ende einer Koloratur machte er eine komische -nette Verbeugung. -</p> - -<p> -Ich segne dich, kleine Stadt, in der kein Mensch -mich versteht, wo ich meinen Stolz, mein Weh -und meine Freude in mir verberge und ich keine -andere Zerstreuung habe, als meine alte Hündin -kläffen zu hören oder arme Gesichter anzuschauen. -Aber dann steige ich die Hügel empor, wo der -dornige Stechginster wächst — und dort erlebe ich -in der Betrachtung meiner Kümmernisse das sanfte -Glück, das Verzichten heißt. Jetzt quält mich -nicht mehr das rohe und verächtliche Lachen der -Leute noch auch das Zweifeln an allem. Das Lachen -derer, die mich verachten, ist verstummt — -und ich werde gleichgültig gegen alles, was ich bin. -Aber ich bin indessen ernst geworden gegen mich -selber und die andern. Mit furchtsamer Freude -sehe ich nun die Sorglosigkeit der Glücklichen. -Ich habe verstehen gelernt, wieviel Leiden aus -der Liebe wachsen kann und wie tiefe Blindheit -aus einem Blicke. Und um dieser meiner Leiden -willen möchte ich eine traurige zarte Liebkosung -denen schenken, die noch nichts anderes -wissen als das Glück. -</p> - -<h3 class="no" id="subchap-0-16-4"> -IV. -</h3> - -<p class="first"> -Im Garten tut mir der Duft des Flieders plötzlich -weh, denn ich bin todtraurig. -</p> - -<p> -Flieder, seit der Kindheit bist du mir teuer. Damals -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> -habe ich deine Blütensträuße angeschaut, die -schönen Bilder, auf eine Spielzeugschachtel gemalt. -In dem vertrauten Obstgarten meiner Jugendzeit -blühtest du auch. O, in diesem Garten gab es Igel! -Sie glitten die alten Balken entlang — wie unschuldig -und sanft sind die Igel trotz ihrer Stacheln. -Ich erinnere mich noch meiner Erregung, als ich -an einem Winterabende einen auf der Schwelle -unserer Küche fand. Der Schnee hatte ihn vertrieben -und nun steckte er seinen kleinen Rüssel -in die Abfälle, die da liegengeblieben waren. -</p> - -<h3 class="no" id="subchap-0-16-5"> -V. -</h3> - -<p class="first"> -Ich liebe die Wesen der Nacht, die Käuzchen -mit hauchendem Fluge, die Fledermäuse, die -Dachse — alle ängstlichen Tiere, die durch die -Luft und das Gras gleiten, und die wir so wenig -kennen. Was für Feste mögen sie wohl unter den -Pflanzen, ihren Schwestern, feiern? -</p> - -<p> -In der Stunde, da der Mensch ruht, springen -die Kaninchen silberig von Tau über die Minze -der Gräben hin und halten ihre geheimen Versammlungen -ab; die Frösche quaken und platschen -in den Pfützen, aus den Glühwürmchen sickert der -weiche gelbe, feuchte Schimmer, der Maulwurf bohrt -sich unter den Wiesen hin, die Nachtigall schluchzt -auf wie ein Springbrunnen, und die Schleiereule -läßt ihr trauriges Lachen hören, als ob sie sich in ihrer -Furchtsamkeit zu der Freude Gottes gesellen wollte. -</p> - -<p> -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> -Wie oft habe ich mir gewünscht, ein solches -Wesen der Nacht zu sein! Ein schauerndes Kaninchen -unter der Weißdornhecke oder ein Dachs, -von den saftigen grünen Blättern gestreichelt. So -hätte ich keine anderen Sorgen gekannt als die -um meine leibliche Verteidigung — und ich hätte -nicht lieben müssen und nicht hoffen. -</p> - -<p class="end"> -ENDE -</p> - -<h2 class="pbb chapter" id="chapter-0-17"> -INHALT -</h2> - -<table class="toc" summary="TOC"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col_page">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Das Paradies</td> - <td class="col_page"><a href="#page-3">3</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Das Paradies der Tiere</td> - <td class="col_page"><a href="#page-6">6</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Die Güte des lieben Gottes</td> - <td class="col_page"><a href="#page-8">8</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Der Weg des Lebens</td> - <td class="col_page"><a href="#page-11">11</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Die kleine Negerin</td> - <td class="col_page"><a href="#page-15">15</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Ronsard</td> - <td class="col_page"><a href="#page-17">17</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Robinson Crusoe</td> - <td class="col_page"><a href="#page-19">19</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Das Grabmal des Dichters</td> - <td class="col_page"><a href="#page-21">21</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Von der Barmherzigkeit gegen die Tiere</td> - <td class="col_page"><a href="#page-24">24</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Betrachtung über die Dinge</td> - <td class="col_page"><a href="#page-27">27</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Lob der Steine</td> - <td class="col_page"><a href="#page-40">40</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Betrachtung über eine Schnepfe</td> - <td class="col_page"><a href="#page-43">43</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Betrachtungen über ein Speisezimmer</td> - <td class="col_page"><a href="#page-49">49</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Betrachtungen über einen Tautropfen</td> - <td class="col_page"><a href="#page-53">53</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Betrachtung über Astrologie</td> - <td class="col_page"><a href="#page-60">60</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Notizen</td> - <td class="col_page"><a href="#page-68">68</a></td> - </tr> -</tbody> -</table> - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="chapter"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="handheld-only"> -Im Original -g e s p e r r t -hervorgehobener Text wurde in einem <em>anderen Schriftstil</em> markiert. -</p> - -<p> -Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher): -</p> - -<ul> - -<li> -... Hammer <span class="underline">Anwort</span>. Der Hammer, den der Meister ...<br /> -... Hammer <a href="#corr-0"><span class="underline">Antwort</span></a>. Der Hammer, den der Meister ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">vom</span> Herzen schwang, war das Herz des Amboß. ...<br /> -... <a href="#corr-1"><span class="underline">von</span></a> Herzen schwang, war das Herz des Amboß. ...<br /> -</li> - -<li> -... ehe wir Menschen geworden sind. Daraus <span class="underline">ergibt</span> ...<br /> -... ehe wir Menschen geworden sind. Daraus <a href="#corr-2"><span class="underline">ergibt sich</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... blüht gegen Ende des <span class="underline">Sommer</span>. Ich habe ...<br /> -... blüht gegen Ende des <a href="#corr-3"><span class="underline">Sommers</span></a>. Ich habe ...<br /> -</li> - -<li> -... die Luft, an <span class="underline">eine</span> Wegecke wurde ein großer Hut ...<br /> -... die Luft, an <a href="#corr-4"><span class="underline">einer</span></a> Wegecke wurde ein großer Hut ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Das Paradies, by Francis Jammes - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS PARADIES *** - -***** This file should be named 51871-h.htm or 51871-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/1/8/7/51871/ - -Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. 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It exists -because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from -people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. -To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 -and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive -Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at -http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent -permitted by U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. -Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered -throughout numerous locations. Its business office is located at -809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email -business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact -information can be found at the Foundation's web site and official -page at http://pglaf.org - -For additional contact information: - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To -SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any -particular state visit http://pglaf.org - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. -To donate, please visit: http://pglaf.org/donate - - -Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic -works. - -Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm -concept of a library of electronic works that could be freely shared -with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project -Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. - - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. -unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily -keep eBooks in compliance with any particular paper edition. - - -Most people start at our Web site which has the main PG search facility: - - http://www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - - -</pre> - -</body> -</html> diff --git a/old/51871-h/images/cover-page.jpg b/old/51871-h/images/cover-page.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 2ed0cbd..0000000 --- a/old/51871-h/images/cover-page.jpg +++ /dev/null |
